L 1 KR 126/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 726/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 126/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Krankengeld ab dem 12. August 2016.

Der 1980 geborene Kläger war bei der beklagten Krankenkasse als Teilnehmer an einer von der DRV-Bund bewilligten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (Ausbildung zum Heilpraktiker) versichert und erhielt Übergangsgeld.

Er wurde am 27. Juli 2016 von seiner behandelnden Ärztin Dr. C für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 26. August 2016 arbeitsunfähig krank geschrieben, als Diagnosen waren angegeben B17.1 (akute Virushepatitis) und A60.0 (Infektion durch Herpesviren). Am 30. August 2016 verlängerte die behandelnde Ärztin die ab dem 1. Juli 2016 bestehende Arbeitsunfähigkeit bis zum 30. September 2016, zusätzlich diagnostizierte sie B.24 (HIV), F32.9 (depressive Episode) und K74.6 (Leberzirrhose). Beide Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden der Beklagten am 20. Oktober 2016 vorgelegt. Am 11. Oktober 2016 verlängerte die behandelnde Ärztin die seit dem 1. Juli 2016 bestehende Arbeitsunfähigkeit mit den Diagnosen vom 30. September 2016 ein weiteres Mal bis zum 6. Dezember 2016. Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde der Beklagten am 12. Oktober 2016 vorgelegt.

Durch Bescheid vom 23. November 2016 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab dem 27. August 2016 und für die Zeit vom 12. August 2016 bis zum 26. August 2016 ab. Die weitere Arbeitsunfähigkeit sei erst am 30. August 2016 und damit am Tag nach dem Ende der bisherigen Krankschreibung festgestellt worden, Ab dem 27. August 2016 sei der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Nach dem Ende des Übergangsgeldes wäre Krankengeld gezahlt worden, wenn der Kläger seine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig nachgewiesen hätte. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei aber erst am 12. Oktober 2016 und damit nicht innerhalb einer Woche bei ihr eingegangen.

Der Kläger erhob Widerspruch, mit dem er geltend machte, dass er noch am Freitag, den 26. August 2016 erfolglos versucht habe, die Praxis seiner behandelnden Ärztin telefonisch zu erreichen, was ihm aber erst am Montag, den 29. August 2016 geglückt sei. Ihm sei von der Sprechstundenhilfe bedeutet worden, erst am Dienstag, den 30. September 2016 in die Praxis zu kommen, wenn es sich nur um die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit handele. Es gebe eine zusätzliche Lückenproblematik, weil die weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über den 30. September 2016 hinaus erst am 11. Oktober 2016 ausgestellt worden sei. Das erkläre sich daraus, dass bei ihm am 3. Oktober 2016 eine Virusgrippe aufgetreten sei, die ihm eine Vorsprache in der Praxis erst wieder am 11. Oktober 2016 ermöglicht habe. Auch wenn die Fristversäumnis sein eigenes Verschulden sei, stelle sich die Frage, ob ab dem Datum der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 11. Oktober 2016 ein Anspruch auf Krankengeld bestehe. Seine Ärztin habe ihm bei Ausstellung der ersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Hinblick auf den noch möglichen erfolgreichen Abschluss der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zwischen Oktober und Dezember 2016 angeraten, zunächst abzuwarten, ob nicht eine Selbstheilung eintrete und erst bei deren Ausbleiben von der Krankschreibung Gebrauch zu machen. Aus Angst, die Maßnahme wegen Krankheit zu verlieren, habe er seine Krankheit verspätet gemeldet, erst nachdem er bemerkt habe, dass ein Gelingen der Prüfung wegen der eingetretenen Beeinträchtigung seiner kognitiven Fähigkeiten unwahrscheinlich geworden war. Die Maßnahme sei nun rückwirkend zum 12. August 2016 beendet worden, die DRV-Bund fordere die zunächst bis zum 30. September 2016 weiter gewährten Leistungen zurück.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), ob Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass der Kläger vom 1. Oktober 2016 bis zum 10. Oktober 2016 in seiner Geschäfts- und Handlungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Der MDK verneinte dies am 29. Oktober 2016.

Die Beklagten wies den Widerspruch gegen die Versagung des Krankengelds durch Widerspruchsbescheid vom 22. März 2017 zurück. Sie habe erst am 20. Oktober 2016 und damit verspätet von der ab dem 1. Juli 2016 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Kenntnis erhalten, das gelte auch für die Folgebescheinigung vom 30. August 2016. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme es für den Eintritt des Ruhens nicht darauf an, ob eine Arbeitsunfähigkeit im Einzelfall feststehe oder das Ruhen als adäquate Folge einer säumigen Rechtsanwendung erscheine. Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nach dem 27. August 2016 fehle es an dem lückenlosen Nachweis des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit. Für die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld sei erforderlich, dass weitere Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit jeweils spätestens am nächsten Werktag nach dem Ablauf des vorhergehenden Zeitraums ärztlich festgestellt würden. Nach dem Ende des ersten bis zum 26. August 2016 andauernden Zeitraums der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit sei die weitere Arbeitsunfähigkeit hier aber erst am 30. August 2016 festgestellt und bescheinigt worden.

Mit der am 18. April 2017 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu Zahlung weiteren Krankengeldes. Der Kläger hat im Verfahren vor dem Sozialgericht eine schriftliche Bestätigung aus der Praxis seiner behandelnden Ärztin vorgelegt, dass er sich dort rechtzeitig wegen einer Verlängerung seiner am 26. August 2016 auslaufenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung telefonisch gemeldet, einen Termin aber erst am 30. August 2016 erhalten habe. Am 8. August 2017 hat er dem Sozialgericht eine auf den 26. August 2016 als Tag der Ausstellung datierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Arbeitsunfähigkeitszeitraum vom 1. Juli 2016 bis 30. September 2016 vorgelegt. Er hat erklärt, Leistungen von der Beklagten bis zum 30. April 2017 zu begehren. Er habe sich vom 12. August 2016 bis 31. Oktober 2016 freiwillig versichern und Beiträge in Höhe von 371,88 EUR zahlen müssen. Vom 1. November 2016 bis zum 30. April 2017 seien ihm Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährt worden, weil er aufgrund der Nichtzahlung des Krankengelds seinen Lebensunterhalt nicht habe bestreiten können. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 12. August 2016 bis zum 30. April 2017 gerichtete Klage durch Gerichtbescheid vom 19. März 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld vom 12. August 2016 bis zum 26. August 2016 dem Grunde nach gegeben seien, der Anspruch auf Krankengeld aber ruhe, da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht binnen einer Woche, sondern erst im Oktober 2016 bei der Beklagten eingereicht worden sei. Für die Zeit ab dem 27. Juli 2016 habe ein Anspruch auf Krankengeld bereits dem Grunde nach nicht mehr bestanden. Das Ausbildungsverhältnis, das einen Anspruch auf Krankengeld vermittelte, habe am 11. August 2016 geendet. Das Versicherungsverhältnis habe sich bis zum 26. August 2016 als dem letzten Tag der ärztlich bestätigten Arbeitsunfähigkeit fortgesetzt. Spätestens am 29. August 2016 habe der Kläger wegen der unterbrochenen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit seinen Krankengeldanspruch und damit auch seinen fortbestehenden Versicherungsschutz verloren. Eine Ausnahme zu Gunsten des Klägers greife nicht, da er nicht alles in seiner Macht stehende unternommen habe, um rechtzeitig eine ärztliche Bestätigung seiner fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit zu erlangen. Zwar habe er in der Praxis seines behandelnden Arztes angerufen, jedoch nicht persönlich vorgesprochen. Die telefonische Nachfrage nach einem Termin ersetze nicht die persönliche Vorsprache beim Arzt. Eine Rückabwicklung des Versicherungsverhältnisses mit Erstattung der Beiträge komme nicht in Betracht, da die Versicherung im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft fortgesetzt worden sei.

Gegen den ihm am 23. März 2018 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. April 2018 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Zwar sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst im Herbst 2016 eingereicht worden, was aber nicht auf eine vorsätzliche Handlung von ihm - dem Kläger - zurückgehe. Er habe nicht die Absicht gehabt zu täuschen und sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, sondern entsprechend der Prognose seiner behandelnden Ärztin auf eine Selbstheilung gehofft. Es fehle damit an einer Obliegenheitsverletzung, weil unrichtige Auskünfte und widersprüchliche Verhaltensweisen durch einen Vertragsarzt in die Sphäre der Krankenkassen fielen. Demnach trete ein Ruhen des Anspruchs hier nicht ein. Hilfsweise habe eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erfolgen, die auch bei einer Versäumung der Wochenfrist möglich sei. Zu Unrecht habe das Sozialgericht angenommen, dass eine telefonische Terminnachfrage die persönliche Vorsprache beim Arzt nicht ersetzen könne. Es begründe kein Verschulden des Patienten, wenn ihm sein Arzt keinen früheren Termin anbieten könne. Ein solches Verhalten des Arztes sei ebenfalls der Sphäre der Krankenkassen zuzuordnen. Er - der Kläger - habe auch am 30. August 2016 noch in einem Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld gestanden. Die gegenteilige Auffassung des Gerichts ergebe sich aus der irrigen Annahme, dass ihm - dem Kläger - ein Verschulden vorzuwerfen sei, weil er sich nicht rechtzeitig bei seinem Arzt wieder vorgestellt habe. Tatsächlich habe er aber alles in seiner Macht stehende getan, um rechtzeitig eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Etwas Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 25. Oktober 2018 - B 3 KR 23/17 R, auf das der Senat noch hingewiesen habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 12. August 2016 bis zum 5. Mai 2017 Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Gerichtsbescheid und ihren Widerspruchsbescheid. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme schon deswegen nicht in Betracht, weil die Wochenfrist für die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine Ausschlussfrist sei. Der Kläger habe ihr weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, zunächst eine vom 23. Dezember 2016, die Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis zum 7. Januar 2017 bestätige. In Anschluss daran seien noch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt worden, welche den Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit lückenlos bis zum 5. Mai 2017 bestätigten. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 12. August 2016 bis zum 5. Mai 2017.

Nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der hier maßgeblichen, ab dem 23. Juli 2015 geltenden Fassung haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn sie wegen Krankheit arbeitsunfähig sind oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (in der Fassung ab dem 23. Juli 2015) bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von dem Beginn der Behandlung an, im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsfähigkeit an. Außerhalb eines stationären Aufenthalts ist die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit demnach Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld. Der Kläger erfüllt dem Grunde nach die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankengeld ab dem 12. August 2016 insoweit, als er bis zu diesem Tag Übergangsgeld von der DRV-Bund bezog und damit nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 6, 44 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB V bei der Beklagten mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert war und seine behandelnde Ärztin ihm am 27. Juli 2016 das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit zunächst bis zum 26. August 2016 bestätigt hatte.

Indessen ruht der Anspruch des Klägers auf Krankengeld für den Zeitraum vom 12. August 2016 bis zum 26. August 2016 gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Diese Vorschrift bestimmt, dass der Anspruch auf Krankengeld ruht, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass die Krankenkasse möglichst frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt wird, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des nachfolgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den MDK überprüfen zu lassen, um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und ggf. Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolges und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Auch soll verhindert werden, dass Krankenkassen im Nachhinein auf die Behauptung, in Wirklichkeit habe Arbeitsunfähigkeit bestanden, die oft schwierigen und tatsächlichen Verhältnisse aufklären müssen. Ein Bedürfnis nach Überprüfung besteht bei der erstmaligen und auch bei jeder weiteren Bewilligung von Krankengeld (Urteil des BSG vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R -, zitiert nach juris).

Eingegangen ist die am 27. Juli 2016 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten erst am 20. Oktober 2016. Dieses Datum liegt weit hinter der gesetzlichen Frist von einer Woche nach dem für den 1. Juli 2016 angegebenen Beginn der Arbeitsunfähigkeit und auch nach dem zunächst angegebenen voraussichtlichen Ende der Arbeitsunfähigkeit am 26. August 2016. Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind grundsätzlich von ihm zu tragen. Die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und die Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (Urteil des BSG vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R -, vom 8. November 2005 - B 1 KR 30/04 R - und vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R -, Urteil des BSG vom 25. Oktober 2018 - B 3 KR 23/17 R - juris Rn. 19; BSG v. 5. Dezember 2019 - B 3 KR 5/19 R - juris Rn 15). Damit ist nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ein Ruhen des Krankengeldanspruchs für den Zeitraum der zunächst bis zum 26. August 2016 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit eingetreten.

Ein Ausnahmefall, in dem von der Anwendung der Ruhensvorschrift abgesehen werden könnte, liegt nicht vor. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat als beachtliche Ausnahmefälle bisher nur Konstellationen anerkannt, in denen die Fristüberschreitung auf Umständen beruhte, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fielen und der Versicherte weder wusste noch wissen musste, dass die Krankenkasse von der Arbeitsunfähigkeit keine Kenntnis erlangt hatte, der Versicherte handlungs- oder geschäftsunfähig gewesen ist oder er alles in seiner Macht stehende zur Wahrung seiner Ansprüche unternommen hat, daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretenden Fehlentscheidung gehindert worden ist (BSG v. 25. Oktober 2018 - B 3 KR 23/17 R - juris Rn 22; v. 5. Dezember 2019 - B 3 KR 5/19 R - juris Rn 20). Einen Ausnahmefall hat das BSG zuletzt anerkannt für eine Konstellation, in der die Krankenkasse einem Vertragsarzt Freiumschläge zur Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgehändigt hatte und mit Rücksicht darauf die für die Krankenkasse bestimmte Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Versicherten nicht ausgehändigt worden ist (BSG v. 8. August 2019 - B 3 KR 6/18 R). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar.

Der Kläger macht geltend, an der rechtzeitigen Meldung seiner Arbeitsunfähigkeit deswegen gehindert gewesen zu sein, weil er sich auf die bei Ausstellung der Erstbescheinigung erteilte Auskunft seiner behandelnden Ärztin verlassen habe, mit Rücksicht auf den noch möglichen erfolgreichen Abschluss der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zunächst abzuwarten, ob nicht eine Selbstheilung eintritt. Dieses Vorbringen erklärt schon nicht schlüssig das Verhalten des Klägers, weil er nicht näher erläutert hat, bis wann er noch mit einem erfolgreichen Abschluss der Maßnahme rechnete, ob er trotz der vorliegenden Krankschreibung zunächst noch weiter an der Maßnahme teilgenommen hat und ob und wann seine behandelnde Ärztin sich erneut zum voraussichtlichen Verlauf der Erkrankung positioniert hat. Der Kläger wusste zudem positiv, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Beklagte noch nicht erreicht hatte, was nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG die Annahme eines Ausnahmefalles ausschließt. Selbst soweit das BSG in seinen neueren Entscheidungen unzutreffende ärztliche Ratschläge im weiteren Ausmaß als bisher den gesetzlichen Krankenkassen zurechnet, verlangt es dafür neben der Feststellung eines ärztlichen Fehlverhaltens, dass dieses in der Sphäre des Arztes liegende Fehlverhalten auch den Krankenkassen zuzurechnen ist, was insbesondere im Hinblick auf missverständliche Formulierungen in den vom Gemeinsamen Bundesausschuss formulierten Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien möglich erscheint (BSG v. 26. März 2020 - B 3 KR 9/19 R - juris Rn 27/28). Aus der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (AU-RL) ergibt sich aber kein Anhaltspunkt für das Bestehen der rechtlichen Möglichkeit, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gleichsam auf Vorrat für den Versicherten auszustellen, damit dieser sie zunächst zurückhalten und gegebenenfalls von ihr mit Rückwirkung erst Monate nach ihrer Ausstellung Gebrauch machen kann. Die Möglichkeit einer Rückwirkung für die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit war in § 5 Abs. 3 der damals geltenden Fassung der AU-RL v. 17. Dezember 2015 lediglich für drei Tage vor ihrer Ausstellung vorgesehen.

Eine Wiedereinsetzung des Klägers in den vorigen Stand nach § 27 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch wegen der Versäumung der Wochenfrist für die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die Frist aus § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist (BSG v. 5. Dezember 2019 - B 3 KR 5/19 R - juris Rn 24). Auch kommt wegen einer Versäumung dieser Frist ein Rückgriff auf das richterrechtlich entwickelte Institut der Nachsichtgewährung nicht in Betracht (BSG v. 5. Dezember 2019 - B 3 KR 5/19 R - juris Rn 25).

Für die Zeit vom 27. August 2016 bis zum 30. September 2016 scheitert der Anspruch des Klägers auf Krankengeld jedenfalls erneut an der Ruhensvorschrift in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Der Senat lässt ausdrücklich dahingestellt, ob die Rechtsauffassung der Beklagten und des Sozialgerichts zutreffend ist, dass der Anspruch auf Krankengeld wegen der erst am 30. August 2016 ausgestellten Bescheinigung des Fortbestehens von Arbeitsunfähigkeit vom 1. Juli 2016 über den 26. August 2016 hinaus bis voraussichtlich zum 30. September 2016 schon dem Grunde nach nicht mehr bestand. Allerdings blieb nach der früheren Rechtsprechung des BSG die Versicherung durch einen bereits entstandenen Krankengeldanspruch außerhalb einer stationären Aufnahme nur solange aufrecht erhalten, wie die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des bisherigen Krankengeldabschnitts jeweils erneut ohne Unterbrechung ärztlich festgestellt wurde (BSG, Urt. v. 10. Mai 2012 - B 1 KR 19/11 R - juris Rn. 18; Urt. v. 11. Mai 2017 - B 3 KR 22/15 R - juris Rn. 20). Mit Wirkung ab dem 23. Juli 2015 hat der Gesetzgeber durch die Einfügung einer entsprechenden Regelung in § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB V nunmehr ausdrücklich zur Voraussetzung für den Fortbestand des Krankengeldanspruches erklärt, dass die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit jeweils abschnittsweise bestätigt wird, spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigtem Ende der Arbeitsunfähigkeit. Demnach hätte an sich die weitere Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 26. August 2016 (Freitag) hinaus spätestens bis zum Ablauf des 29. August 2016 (Montag) festgestellt werden müssen, um den Fortbestand des Anspruchs auf Krankengeld zu sichern. Nach dem Gesetz kommt es auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an, nicht auf den Beginn des Zeitraums, für den Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden ist. Die rückwirkende Feststellung von Arbeitsunfähigkeit reicht daher für den Erhalt des Anspruchs auf Krankengeld nicht aus.

Das BSG hat dann aber durch Urteil vom 26. März 2020 (B 3 KR 9/19 R) seine Rechtsprechung dahingehend fortentwickelt, dass es einem rechtzeitigen Arzt-Patienten-Kontakt gleichsteht, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan und rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. –erhaltenden zeitlichen Grenzen versucht hat, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, es dazu aber aus dem Arzt oder der Krankenkasse zurechenbaren Gründen nicht gekommen ist. Es ist also nicht mehr erforderlich, dass es an dem auf das Ende der bisherigen Krankschreibung folgenden Werktag tatsächlich zu einem Arzt-Patienten-Kontakt mit dem Ziel der Ausstellung einer Krankschreibung gekommen ist, sondern schon ausreichend, dass eine eingetretene Verspätung nicht dem Versicherten, sondern dem Arzt oder der Krankenkasse zuzurechnen ist. Dafür hat das BSG (a.a.O.) schon eine Terminverschiebung durch das Sprechstundenpersonal ausreichen lassen. Danach kann der Vortrag des Klägers, bereits am Montag, den 29. August 2016 telefonisch in der Praxis seiner behandelnden Ärztin um einen Termin zur Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit gebeten zu haben, der ihm aber erst am Dienstag, den 30. August 2016 gewährt worden sei, im Rahmen der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld hier durchaus erheblich sein. Das kann aber ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, wie die nachträglich vorgelegte nunmehr auf den 26. August 2016 als Ausstellungsdatum datierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu bewerten ist.

Die Ruhensvorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist auch anzuwenden, wenn dem Versicherten im Rahmen einer Folgebescheinigung das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit über das zunächst angegebene voraussichtliche Enddatum hinaus bestätigt wird (BSG v. 25. Oktober 2018 - B 3 KR 23/17 R - juris Rn 19). Das gilt hier insbesondere deswegen, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Ausstellung der Folgebescheinigung noch keine Kenntnis von der Erstbescheinigung hatte. Der Kläger hat der Beklagten die Folgebescheinigung (ebenso wie die Erstbescheinigung) nicht innerhalb einer Woche nach ihrer Ausstellung bzw. nach dem Beginn des Verlängerungszeitraum vorgelegt und dies auch bis zum Ablauf des in der Bescheinigung bestätigen Arbeitsunfähigkeitszeitraums nicht nachgeholt. Der erste Folgezeitraum endete am 30. September 2016, vorgelegt worden ist die Bescheinigung der Beklagten dagegen erst am 20. Oktober 2016. Damit sind die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 für ein Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld erfüllt. Aus den schon erwähnten Gründen lag kein Ausnahmefall vor, der es erlauben würde, von der Anwendung der Ruhensvorschrift aus besonderen Gründen abzusehen. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht.

Für Zeiträume ab dem 1. Oktober 2016 bis zum 5. Mai 2017 scheitert der Anspruch des Klägers auf Krankengeld daran, dass er (jedenfalls) seit dem 1. Oktober 2016 bei der Beklagten nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert war. Nach § 44 SGB V setzt der Anspruch auf Krankengeld eine Versicherung voraus. Ursprünglich bestand bei dem Kläger eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 SGB V, die einen Anspruch auf Krankengeld beinhaltete. Diese durch den Bezug von Übergangsgeld begründete Versicherung endete nach § 190 Abs. 7 SGB V am 12. August 2016 als dem letzten Tag, für den dem Kläger das zunächst ausgezahlte Übergangsgeld im Rahmen der Fortzahlung belassen worden ist. Die Mitgliedschaft bei der Beklagten hat sich danach gemäß § 192 Abs.1 Nr. 2 SGB V fortgesetzt, solange dem Grunde nach ein Anspruch auf Krankengeld bestand. Das kann nur bis zum 30. September 2016 der Fall gewesen sein, danach ist eine erhebliche Unterbrechung eingetreten. Der Zeitraum der Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld endet im Übrigen auch dann am 30. September 2016, wenn analog § 5 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 SGB V für ausreichend für den Fortbestand der Versicherung wäre, dass das Übergangsgeld dem Kläger tatsächlich zunächst bis zum 30. September 2016 gewährt und erst nachträglich wieder zurückgefordert worden ist.

Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass nach § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB V die Ausstellung von Folgebescheinigungen für weitere Zeiträume über das zunächst bescheinigte voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit hinaus nur dann zum Fortbestand des Krankengeldanspruches, wenn die weitere Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigtem Ende der Arbeitsunfähigkeit bestätigt wird. Der Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit über den 30. September 2016 hinaus ist dem Kläger aber nicht am 4. Oktober 2016 (Dienstag nach Feiertag), sondern erst am 11. Oktober 2016 bescheinigt worden. Ein ärztliches Fehlverhalten, dass zu dieser Verspätung geführt hat und der Beklagten möglicherweise zuzurechnen wäre, scheidet aus, weil der Kläger selbst vorgetragen hat, dass er erst am 11. Oktober 2016 wieder Kontakt mit seiner behandelnden Ärztin aufgenommen habe. Die als Begründung dafür angegebene schwere Grippe reicht zur Entlastung des Klägers nicht aus.

Zwar wird in der Rechtsprechung des BSG als Ausnahmefall, in dem es auf die Nahtlosigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Fortbestand des Anspruchs auf Krankengeld nicht ankommt, neben einer vertragsärztlichen Fehlberatung auch die Konstellation anerkannt, dass ein Versicherte wegen Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit nicht in der Lage war, rechtzeitig innerhalb der für die Verlängerung geltenden Frist einen Arzt zur Feststellung des Fortbestands der Arbeitsunfähigkeit aufzusuchen (Urteil des BSG vom 5. Mai 2009 - B 1 KR 20/08 R, BSG v. 5. Dezember 2019 - B 3 KR 5/19 R - juris Rn 20). Für das Vorliegen von Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Klägers in dem Zeitraum vom 4. Oktober 2016 bis zum 10. Oktober 2016 ist aber nichts ersichtlich. Der von der Beklagten dazu befragte MDK hat solche Einschränkungen nicht gesehen sondern ausgeführt, es sei nicht erkennbar, warum der Versicherte seinen Arzt nicht aufsuchen konnte. Eine gegenteilige ärztliche Einschätzung hat der Kläger nicht vorgelegt und auch nicht weiter ausgeführt, welche Beeinträchtigungen bei ihm in dem fraglichen Zeitraum vorlagen. Die Erkrankung an einer Virusgrippe, die ärztlicherseits zudem nicht bestätigt ist, war für den Kläger nach seinem eigenen Vortrag noch nicht einmal Anlass, sich einem Arzt zur Behandlung vorzustellen und hat auch nicht zu sonstigen, gegebenenfalls von Dritten einzuleitenden Maßnahmen geführt. Dann fehlen jegliche Anhaltspunkte für den Eintritt von Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit, so dass der Senat keine Veranlassung gesehen hat, dieser Frage weiter nachzugehen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG, in der die hier maßgeblichen Fragen bereits entschieden sind.
Rechtskraft
Aus
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