L 10 R 3290/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 4263/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3290/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29.08.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Streit.

Der am 1955 in A. geborene Kläger absolvierte von November 1979 bis November 1983 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) eine "berufliche Qualifizierung" als "Anlagenfahrer für carbochemische Produktionsbereiche" (Bl. 28 ff. VA). Anschließend ging er mit seiner deutschen Ehefrau nach A. zurück und wanderte schließlich im November 1987 mit ihr in die Bundesrepublik Deutschland zu (Bl. 2 VA). Seinen eigenen Angaben nach war er zunächst als Betonhilfsarbeiter, anschließend ab November 1996 als Küchenhilfe im PZN (Psychiatrisches Zentrum N. ) in W. beschäftigt (s. u.a. Bl. 176 SG-Akte S 2 R 680/11, Bl. 90 LSG-Akten L 13 R 2414/14) und ist seit August 2010 arbeitsunfähig (s. Angaben im Rentenantrag ÄT-VA, unblattiert). Das Arbeitsverhältnis wurde erst - wiederum seinen eigenen Angaben nach - im Laufe des Jahres 2018 durch ihn gekündigt (Bl. 17a LSG-Akte). Letztmals im Juli 2012 wurden für den Kläger Pflichtbeiträge entrichtet. Vom 12.07.2012 bis 02.06.2013 war er arbeitslos gemeldet, bezog jedoch kein Arbeitslosengeld (Alg). Vom 01.06.2017 bis 31.10.2017 bezog er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Zeiträume 03.06.2013 bis 31.05.2017 und ab 01.11.2017 sind nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Zur Feststellung sämtlicher Einzelheiten der rentenrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 11.05.2020 (Bl. 27 f. LSG-akte) Bezug genommen. Der Kläger leidet u.a. seit den 90er Jahren an einem Diabetes mellitus (Bl. 223 und 237 SG-Akte S 2 R 680/11) und seit dem Jahr 2006 an einer Epilepsie mit Grand-Mal-Anfällen (Bl. 97 und 261 LSG-Akte L 13 R 2414/14).

Bereits im April 2010 stellte der Kläger einen ersten Rentenantrag, den die Beklagte ablehnte (Bl. 10 ff. SG-Akte S 2 R 680/11). Hiergegen führte er ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG, S 2 R 680/11), das u.a. nach Einholung eines fachneurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie O.-P. (Untersuchungstag 13.11.2012, Bl. 168 ff. SG-Akte S 2 R 680/11) und einem internistischen Sachverständigengutachten bei dem Facharzt u.a. für Innere Medizin und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I des D. Krankenhauses M. Dr. A. (Untersuchungstag 12.07.2013, Bl. 222 ff. SG-Akte S 2 R 680/11) - beide Sachverständige bestätigten eine Leistungsfähigkeit von täglich mindestens sechs Stunden unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen (Bl. 206 und 242 f. SG-Akte S 2 R 680/11) - mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2014 die Klage abwies (Bl. 256 ff. SG-Akte S 2 R 680/11). Die hiergegen erhobene Berufung wies der 13. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (L 13 R 2414/14) mit rechtskräftigem Urteil vom 12.12.2017 (Bl. 444 ff. LSG-Akte L 13 R 2414/14) zurück, nachdem zwei weitere neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. (auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, Untersuchungstag 30.09.2015, Bl. 84 ff. LSG-Akte L 13 R 2414/14) und bei dem Facharzt für Neurologie und Chefarzt der Fachkliniken H. Prof. Dr. A. (Untersuchungstag 27.04.2017, Bl. 249 ff. LSG-Akte L 13 R 2414/14) mit neuropsychologischem Zusatzgutachten der Diplom-Psychologin Dr. B. (Bl. 285 ff. LSG-Akte L 13 R 2414/14) eingeholt worden waren, in denen wiederum beide Sachverständige ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen mit lediglich qualitativen Leistungseinschränkungen (Bl. 113 f. und 280 LSG-Akte L 13 R 2414/14) beschrieben hatten. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat ausdrücklich auf das Urteil des 13. Senats vom 12.12.2017 Bezug.

Bereits während des laufenden Berufungsverfahrens L 13 R 2414/14 stellte der Kläger am 29.04.2016 einen erneuten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (Bl. 1 VA), den die Beklagte nach Zurückweisung dieser Berufung mit Bescheid vom 19.01.2018 (Bl. 89 ff. VA) und Widerspruchsbescheid vom 03.09.2018 (Bl. 128 ff. VA) mangels Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei Annahme eines Leistungsfalls zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 29.04.2016 ablehnte und sich auf das Urteil des 13. Senats vom 12.12.2017 bezog.

Hiergegen hat der Kläger am 25.09.2018 Klage beim SG erhoben, weitere medizinische Unterlagen vorgelegt (Entlassungsbericht des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 14.09.2018 bis zum 06.11.2018, Bl. 48 ff. SG-Akte, Pflegegutachten des MDK vom 16.11.2018, Bl. 71 ff. SG-Akte, Bericht Universitätsklinikum U. , Bl. 80 SG-Akte) und ausgeführt, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und eine Erwerbsminderung nicht vorlägen. Die Beklagte hat dem SG daraufhin mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung letztmalig bei Eintritt eines Leistungsfalles am 31.07.2015 erfüllt gewesen seien (Bl. 52 f. SG-Akte). Mit den rechtskräftigen Urteilen aus dem vorangegangenen Klage- und Berufungsverfahren stehe jedoch zweifelsfrei fest, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht erwerbsgemindert gewesen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.08.2019 - dem Kläger am 03.09.2019 zugestellt - hat das SG die Klage abgewiesen, da die in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt des möglichen Eintritts der Erwerbsminderung nicht erfüllt seien. Nur für den Fall des Eintritts einer Erwerbsminderung im Juli 2015 und davor lägen die erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch vor. Bei einem Leistungsfall im Zeitpunkt der Antragstellung im April 2016 seien die notwendigen Pflichtbeitragsmonate nicht mehr in ausreichendem Umfang vorhanden, da nach Juli 2012 keinerlei Pflichtbeiträge mehr geleistet worden seien und zwischen dem 03.06.2013 und dem 01.06.2017 eine erhebliche unbelegte Lücke vorliege. Erst ab dem 01.06.2017 bis zum 20.11.2017 sei ein sechsmonatiger Bezug von Alg II-Leistungen aufgeführt. Ein Sonderfall, nach dem die Belegung des Fünfjahreszeitraums, der sich ggf. verlängere, mit 36 Pflichtbeitragsmonaten entbehrlich wäre, liege nicht vor. Ein früherer Leistungsfall ergebe sich nach Auswertung der Verfahrensakten S 2 R 680/11 und L 13 R 2414/14 nicht, zumal durch vier Sachverständige festgestellt worden sei, dass eine Erwerbsminderung des Klägers nicht bestehe. Mit diesen Sachverständigengutachten habe sich der 13. Senat des LSG in seinem Urteil vom 12.12.2017 umfassend auseinandergesetzt. Dieser Argumentation hat sich das SG nach eigener Prüfung angeschlossen. Eine Auseinandersetzung mit dem aktuellen Gesundheitszustand des Klägers sei daher nicht erforderlich.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.09.2019 Berufung beim LSG eingelegt und ausgeführt, dass schon vor Juli 2015 eine Erwerbsminderung vorgelegen habe. Außerdem könne es nicht sein, dass ein Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung deshalb abgewiesen werde, weil keinerlei Pflichtbeiträge nach Juli 2012 und zwischen dem 03.06.2013 und dem 01.06.2017 eine erhebliche Lücke vorgelegen habe und lediglich für den Zeitraum 01.06.2017 bis zum 20.11.2017 ein sechsmonatiger Bezug von Alg II-Leistungen ersichtlich sei. Er habe regelmäßig und fortdauernd die zuständige Agentur für Arbeit mittels Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch seine Ehefrau über das Fortbestehen seiner Arbeitsunfähigkeit unterrichtet. Außerdem habe er sein Arbeitsverhältnis erst im Laufe des Jahres 2018 gekündigt. Es sei daher nicht ersichtlich, dass keine Beitragszahlungen zur Rentenversicherung erfolgt und somit Lücken im Versicherungsverlauf entstanden sein sollen. Auch sei er schon lange vor dem Urteil des 13. Senats vom 12.12.2017 erwerbsgemindert gewesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Freiburg vom 29.08.2019 und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 19.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.09.2018 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, dass seit dem 09.07.2012 (Ende der Alg-Leistung) keinerlei Pflicht- oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für den Kläger entrichtet worden seien. Anrechenbare beitragsfreie rentenrechtliche Zeiten lägen seither nur in den Zeiträumen vom 12.07.2012 bis 02.06.2013 (gemeldete Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug) und vom 01.06.2017 bis 31.10.2017 (Anrechnungszeit infolge Alg-II-Bezug) vor. Da diese Zeiträume keine Beitragszeiten darstellten, könnten sie nur die Rahmenfrist aus § 43 Abs. 4 SGB VI verlängern. Aber auch unter Anwendung dieser Verlängerung seien die erforderlichen Mindestpflichtbeiträge von 36 Kalendermonaten nicht aufgebracht (max. 27 Monate, je nach Annahme eines Leistungsfalles). Es sei nicht korrekt, dass der Kläger durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei, da hierfür entsprechende Meldungen an die Rentenversicherung von der Bundesagentur bzw. der Krankenkasse hätten vorgenommen werden müssen, was nicht der Fall sei. Es lägen überhaupt keine Meldungen vor und zwar weder für Arbeitslosigkeit noch für Arbeitsunfähigkeit. Ein "ruhendes" Beschäftigungsverhältnis sei unbedeutend, da während des Ruhens keinerlei sozialversicherungspflichtiges Entgelt zu zahlen und somit auch keine Beitragsleistung an die Rentenversicherung erfolgt sei. Der 13. Senat des LSG Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 12.12.2017 eine Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt, weshalb ein Leistungsfall vor diesem Zeitpunkt nicht vorliege. Selbst wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein Leistungsfall eingetreten wäre, so wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 19.01.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.09.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 SGB VI) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für diese Leistung nicht erfüllt, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Rente letztmals am 31.07.2015 vorgelegen haben, der Kläger jedoch weder zu diesem Zeitpunkt noch davor und auch nicht bis zum Urteil des 13. Senats am 12.12.2017 (L 13 R 2414/14) erwerbsgemindert gewesen ist. Es hat sich dabei zu Recht den Ausführungen des 13. Senats in seinem Urteil vom 12.12.2017 angeschlossen - diese stützen sich v.a. auf die vier Sachverständigengutachten der Fachärztin O.-P. , des Dr. A. , der Dr. E. und des Prof. Dr. A. , die allesamt keine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit des Klägers sahen -, wonach beim Kläger bis zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbsminderung nicht vorlag. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers annähme, dass unmittelbar nach dem Urteil des 13. Senats vom 12.12.2017 - also am 13.12.2017 - eine Erwerbsminderung eingetreten wäre, so lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht vor, da in dem dann nach §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI maßgeblichen Fünfjahreszeitraum - dieser bestimmt sich nach § 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. §§ 187, 188 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und endet am Tag vor dem Eintritt der Erwerbsminderung (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 43 SGB VI Rdnr. 12) - vom 13.12.2012 bis 12.12.2017 keine Pflichtbeiträge erbracht wurden (letzter Pflichtbeitrag: Juli 2012).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers im Berufungsverfahren, wonach er das Nichtvorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen anzweifelt und behauptet, er habe die zuständige Agentur für Arbeit "regelmäßig und fortdauernd" über das Fortbestehen seiner Arbeitsunfähigkeit unterrichtet und entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von seiner Ehefrau vorlegen lassen und außerdem sei sein Arbeitsverhältnis, obwohl er seiner Leistungspflicht auf Grund seiner Erkrankung nicht mehr habe nachkommen können, erst im Laufe des Jahres 2018 gekündigt worden, weshalb nicht ersichtlich sei, warum keine Beitragszahlung zur Rentenversicherung mehr vorgenommen worden sei (Bl. 17a f. LSG-Akte). Dieser Vortrag - seine Richtigkeit unterstellt - ist allenfalls geeignet, den Fünfjahreszeitraum durch Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI oder Arbeitslosigkeit nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI zu verlängern. Andere als die sich aus dem Versicherungsverlauf vom 11.05.2020 (Bl. 27 ff. LSG-Akte) ergebende Pflichtbeitragszeiten begründet er nicht, da - wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat (Bl. 20 f. LSG-Akte) - angesichts des ruhenden Arbeitsverhältnisses weder Arbeitsentgelt noch Pflichtbeiträge durch den Arbeitgeber zu entrichten waren.

Eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn hierdurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst oder ein versichertes Wehrdienstverhältnis besonderer Art unterbrochen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 25.02.2004, B 5 RJ 30/02 R, zitiert - wie alle höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris) ist eine solche Anrechnungszeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und unabhängig davon, ob eine Arbeitslosmeldung erfolgt (BSG, a.a.O., Rdnr. 28) oder Krankengeld bezogen wird (BSG, a.a.O., Rdnr. 22), auf längstens (zur Differenzierung BSG, a.a.O., Rdnr. 26) drei Jahre, gerechnet vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an (BSG, a.a.O., Rdnr. 20), begrenzt. All dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag nicht aufgelöst wird, also bei ruhendem Arbeitsverhältnis (BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 13 R 116/08 R, Rdnr. 18). Dabei sieht § 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI einen solchen Streckungstatbestand nur für nicht mit Pflichtbeiträgen belegte Zeiträume vor. Ausgehend von einer Arbeitsunfähigkeit ab 01.08.2010 - diese Zeitangabe des Klägers (siehe Rentenantrag vom 29.04.2016) legt der erkennende Senat zu seinen Gunsten zugrunde, obwohl der 13. Senat von einer Arbeitsunfähigkeit ab 01.02.2010 ausgegangen ist und der Kläger laut Versicherungsverlauf vom 11.05.2020 (Bl. 28 LSG-Akte) bereits ab dem 15.03.2010 Krankengeld bezog, was für eine Arbeitsunfähigkeit bereits ab 01.02.2010 spricht - kommt somit allenfalls eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum 01.08.2010 bis 31.07.2013 in Betracht. Diese Zeit ist bereits mit 24 Monaten Pflichtbeiträgen belegt (01.08.2010 bis 09.07.2012), so dass die Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit tatsächlich lediglich 12 Monate betragen kann (01.08.2012 bis 31.07.2013).

Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sind auch Zeiten, in denen Versicherte u.a. wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben. Die Arbeitsuchendmeldung hat durch den Arbeitslosen selbst zu erfolgen (BSG, Urteil vom 11.03.2004, B 13 RJ 16/03 R, Rdnr. 27; s. auch Senatsurteil vom 17.11.2016, L 10 R 1624/16, nicht veröffentlicht). Diese Voraussetzung lässt sich lediglich für den sich aus dem Versicherungsverlauf vom 11.05.2020 (Bl. 27 ff. LSG-Akte) ergebenden - von der Bundesagentur für Arbeit an die Beklagte gemeldeten - Zeitraum vom 01.06.2017 bis 31.10.2017 (fünf Monate) bejahen bzw. allenfalls - legt man den Versicherungsverlauf vom 19.01.2018 (Bl. 17 ff. SG-Akte) zu Grunde - für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis 30.11.2017 (sechs Monate). Für andere Zeiträume lässt sich eine persönliche Arbeitsuchendmeldung durch den Kläger nicht feststellen und wird von diesem auch nicht behauptet. Denn er trägt selbst vor, seine Ehefrau und nicht er selbst habe seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingereicht, was bereits dem Gebot der persönlichen Meldung durch ihn widerspricht. Ohnehin stellt die Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen keine Meldung als arbeitssuchend dar.

Der Fünfjahreszeitraum würde somit unter Berücksichtigung von Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeitszeiten um längstens 18 Monate Anrechnungszeiten (zwölf Monate Arbeitsunfähigkeits- und maximal sechs Monate Arbeitslosigkeitszeiten) auf den Zeitraum vom 12.06.2011 bis 12.12.2017 verlängert. Dieser Zeitraum ist jedoch lediglich mit 14 Monaten Pflichtbeiträgen (12.06.2011 bis 09.07.2012) und gerade nicht mit den von §§ 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 SGB VI geforderten 36 Monaten Pflichtbeiträgen belegt.

Daher ist auch eine eventuell während des Berufungsverfahrens eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers, die eine - vom Kläger behauptete - Einweisung in das PZN W. im Februar 2020 erfordert hat, nicht relevant. Selbst wenn man - zu seinen Gunsten - von einem Leistungsfall am 01.02.2020 ausginge, so lägen mangels weiterer Pflichtbeitrags- oder Anrechnungszeiten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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