Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2206/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4758/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.11.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Streit.
Der am 1974 in K. geborene Kläger ist deutscher Staatsbürger und siedelte im Dezember 1990 in die Bundesrepublik Deutschland über (s. Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge Bl. 139 ff. VA, Bl. 7 VA). Seinen eigenen Angaben nach begann er in Kasachstan eine Ausbildung zum Schreiner, die er wegen seiner Übersiedelung nach Deutschland jedoch abbrach (Bl. 12 VA, Bl. 110 SG-Akte). Von April 1995 bis April 1996 absolvierte er - gefördert durch die Bundesagentur für Arbeit - eine berufliche Fortbildungsmaßnahme mit dem Inhalt Holz-Trocken-Innenausbau (Bl. 141 VA). Anschließend übte er unterschiedliche Hilfsarbeitertätigkeiten aus (Bl. 69 VA), zuletzt - seinen eigenen Angaben nach - bis November 2009 als Leiharbeiter bei einem Automobilhersteller (Bl. 19 RMG-VA). In der Folgezeit befand sich der Kläger in Haft, machte anschließend vom 16.06.2011 bis 08.08.2011 eine Langzeitentwöhnungsbehandlung in Form einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im Haus W. am K. und ist seitdem arbeitslos (Bl. 188 f. VA, Versicherungsverlauf vom 17.06.2020, Bl. 153 ff. LSG-Akte und Reha-Entlassungsbericht, Reha-Akte, unblattiert). Für den Kläger wurden u.a. von November 2005 bis November 2009 und von August 2011 bis Dezember 2012 Pflichtbeiträge erbracht; seit dem 20.12.2012 bezieht er durchgehend Arbeitslosengeld II (s. Versicherungsverlauf vom 17.06.2020, Bl. 153 ff. LSG-Akte).
Der Kläger leidet seit Jahren u.a. an einer Suchtmittelabhängigkeit (u.a. Alkohol und Drogen, s. u.a. Reha-Entlassungsbericht Haus W. am K. , Reha-VA, unblattiert) und einer chronischen Hepatitis C-Virusinfektion (Bl. 195 ff. VA) und war an Syphilis (syn. Lues; s. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 267. Auflage, S. 1765) erkrankt (Bl. 53 RMG-VA). Die Langzeitentwöhnungsbehandlung im Haus W. am K. verließ der Kläger am 08.08.2011 u.a. wegen fortgesetzter Regelverstöße vorzeitig auf ärztliche Anordnung mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen auch für körperlich schwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Im Februar 2013 wurde der Kläger durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Beurteilung seiner Arbeitsfähigkeit begutachtet. Dieser beschrieb einen unauffälligen Allgemeinbefund und vermochte auch neben einer zunächst zum depressiven Pol hin verschobenen Stimmung und eingeschränkten Schwingungsfähigkeit - beides besserte sich im Laufe der Exploration - keine wesentlichen psychischen Einschränkungen mitzuteilen. Als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit erachtete er den 30.10.2012, sah jedoch die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf Grund der chronischen Suchterkrankung als gefährdet an (Bl. 199 ff. VA).
Am 07.01.2014 erstellte Dr. Müller - hauptamtlicher Arzt der Agentur für Arbeit N. - eine gutachterliche Äußerung für die Bundesagentur für Arbeit, in der er - ohne Befunderhebung - eine chronische Virushepatitis C, eine Abhängigkeit von Alkohol und eine depressive Störung diagnostizierte und ein voraussichtlich länger als sechs Monate aufgehobenes Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt behauptete (Bl. 192 f. VA). Daraufhin forderte das zuständige Jobcenter den Kläger auf, bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu stellen (Bl. 97 VA), was der Kläger am 28.01.2014 auch tat (Bl. 89 ff. VA). In seinem Rentenantrag gab er an, sich seit dem 16.06.2011 wegen Hepatitis C, psychosomatischer Depression mit Schwindelattacken und Konzentrationsstörungen erwerbsgemindert zu halten und legte Berichte und Atteste der ihn bislang begutachtenden und behandelnden Ärzte vor (u.a. des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. L. , Bl. 245 VA, der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie G.-S. - jetzt: G.-H. -, Bl. 243 und 253 VA, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. , Bl. 257 VA, Bericht des Universitätsklinikums T. , Bl. 195 ff. VA).
Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes u.a. für Neurologie, Psychiatrie und Suchtmedizin Dipl.-med. G. , der darauf hinwies, dass grundsätzlich die medizinische Behandlung der Suchterkrankung im Vordergrund stehe, der Kläger jedoch trotz Empfehlung seines Nervenarztes bislang keine ambulante verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie durchgeführt habe, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12.03.2014 mangels Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen ab (Bl. 1 ff. RMG-VA). Auf den Widerspruch des Klägers (Bl. 7 RMG-VA) und nach Vorlage eines Attests der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G.-H. (Bl. 11 RMG-VA), wonach der Kläger an einer anhaltenden depressiven Störung mit Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und Angstzuständen leide, sie ihn nicht für arbeitsfähig halte und eine Rente wegen Erwerbsminderung befürworte, holte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten bei Dipl.-med. G. ein (Bl. 45 ff. RMG-VA). Dieser untersuchte den Kläger im Mai 2014, beschrieb einen weitgehend unauffälligen körperlichen sowie psychischen Untersuchungsbefund, führte u.a. eigene Labortests durch (Bl. 37 ff. RMG-VA) und diagnostizierte eine psychische und Verhaltensstörung bei bekannter Polytoxikomanie mit anhaltendem Alkohol- und Cannabinoidabusus und einem Z.n. Heroin-i.v.-Abhängigkeit. Er sah den Kläger für sechs Stunden und mehr leistungsfähig für mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an, wobei er Tätigkeiten in alkoholverarbeitenden Betrieben oder mit Zugang zu Medikamenten und häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von schweren Lasten ausschloss (Bl. 55 RMG-VA). Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2014 zurück (Bl. 71 ff. RMG-VA).
Hiergegen hat der Kläger am 01.09.2014 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat die den Kläger behandelnde Dr. G.-H. und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. von M. als sachverständige Zeugen befragt. Dr. G.-H. hat in ihrer Zeugenauskunft vom März 2015 (Bl. 41 f. SG-Akte) darauf hingewiesen, dass der Kläger an psychischen Verhaltensstörungen durch multiple Substanzen, den Gebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen, einem Abhängigkeitssyndrom ohne Anhalt von aktuellem Substanzmissbrauch und einer rezidivierenden depressiven Störung leide, sich letztmals am 09.09.2014 und lediglich im Rahmen der Sprechstunde bei ihr vorgestellt habe und in psychiatrischer Hinsicht weder eine stationäre noch eine ambulante Therapie erfolgt sei. Sie habe beim Kläger auf Grund des klinischen Befundes und seiner Verfassung sowie seiner körperlichen Grunderkrankung eine Rente wegen Erwerbsminderung befürwortet, halte jedoch eine gutachterliche Untersuchung für sinnvoll. Dr. von M. hat im April 2015 mitgeteilt, dass er den Kläger seit Juli 2014 behandele und aktuell keine stabile Arzt-Patienten-Beziehung bestehe. Als Gesundheitsstörungen hat er eine Depression, eine Hepatitis C mit Folgeschäden sowie eine Polytoxikomanie mitgeteilt und entsprechende Befundberichte von u.a. Dr. G.-H. (Bl. 63 SG-Akte), Dr. L. (Bl. 64 SG-Akte) - dieser hat seine Praxis zwischenzeitlich aufgegeben (Bl. 40 SG-Akte) -, dem Universitätsklinikum T. (Bl. 53 ff. SG-Akte) und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T. (Bl. 51 f. SG-Akte) vorgelegt. Dr. von M. hat Zweifel daran geäußert, ob der Kläger wegen seiner psychischen Verfassung und der Substanzabhängigkeit einer regulären Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt nachkommen könne.
Nach Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Fachärztin für Urologie Dr. W.-H. (Bl. 67 ff. SG-Akte), die sich gegen die von der sachverständigen Zeugin Dr. G.-H. geäußerte Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung gewandt und sich der Leistungseinschätzung des Dipl. med. G. angeschlossen hat, hat das SG ein Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. in Auftrag gegeben (Bl. 70 f. SG-Akte). Da der Kläger zweimal nicht zum vereinbarten Begutachtungstermin erschienen ist (Bl. 72 SG-Akte), hat Dr. G. schließlich den Gutachtensauftrag zurückgegeben und lediglich die von ihm bereits erstellte Aktenzusammenfassung an das SG übersandt (Bl. 73 ff. SG-Akte). Das SG hat den Kläger sodann ausdrücklich auf seine Mitwirkungspflichten hingewiesen (Bl. 83 SG-Akte).
Vom 20.06.2016 bis 05.07.2016 ist beim Kläger zur Behandlung seiner Abhängigkeitserkrankung und im Anschluss an eine viertägige Entgiftung (Bl. 108/RS SG-Akte) eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beklagten in der Einrichtung "Four Steps" durchgeführt worden (Bl. 106 ff. SG-Akte), welche der Kläger wiederum mit ärztlichen Einverständnis wegen Reha-Unfähigkeit - der Kläger ist nicht in der Lage gewesen, sich an den klinischen Alltag anzupassen, hat sich überfordert gezeigt und schlampig und nach eigenen Kriterien gearbeitet (Bl. 111 f. SG-Akte) - vorzeitig und aus Sicht der Suchtmedizin vollschichtig leistungsfähig u.a. für Arbeiten aller Schweregrade in allen Körperhaltungen und Schichtformen verlassen hat (Bl. 107/RS, 111/RS SG-Akte). In dem Entlassungsbericht ist jedoch empfohlen worden, das Leistungsbild internistisch-hepatologisch und fachpsychiatrisch erneut zu bewerten (Bl. 107/RS SG-Akte).
Das SG hat daraufhin ein internistisch-hepatologisches Fachgutachten bei dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Pneumologie des K. Stuttgart Prof. Dr. Dr. Z. eingeholt (Bl. 127 ff. SG-Akte). Dieser hat auf seinem Fachgebiet eine chronische Hepatitis C-Virusinfektion ohne Virusnachweis sowie eine Steatosis hepatis Grad I (Fettleber, Pschyrembel, a.a.O., S. 575 und 1713) diagnostiziert und ausgeführt, dass insbesondere wegen aktuell fehlender Viruslast, fehlenden chronischen Leberschädigungen sowie aktuell fehlender Therapieindikation mit möglichen Nebenwirkungen keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit bestehe (Bl. 143 SG-Akte). Auf Grund der vom Kläger anamnestisch angegebenen Metallallergie seien Tätigkeiten im Bereich der Metallverarbeitung zu vermeiden (Bl. 143 SG-Akte). Auf psychiatrischem Fachgebiet liege zudem eine depressive Störung vor, deren Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit jedoch eine fachpsychiatrische Begutachtung erfordere (Bl. 143 SG-Akte).
Das SG hat sodann erneut versucht, ein fachpsychiatrisches Gutachten - diesmal bei dem Facharzt u.a. für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. - einzuholen (Bl. 146 f. SG-Akte). Doch trotz Hinweises auf seine Mitwirkungspflicht durch das SG (Bl. 151/RS und 170 SG-Akte) ist der Kläger mehrmals nicht zu den Gutachtensterminen erschienen (Bl. 149, 151, 174 SG-Akte), so dass Dr. L. seinen Gutachtensauftrag ebenfalls zurückgegeben hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.11.2017 hat das SG schließlich die Klage abgewiesen (Bl. 180 ff. SG-Akte) und sich hierbei auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. Z. , das Gutachten des Dipl.-med. G. und den Entlassungsbericht der Einrichtung "Four Steps" gestützt, die allesamt keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers, sondern lediglich qualitative Leistungseinschränkungen beschrieben hätten. Eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustands des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei an dessen fehlender Mitwirkung gescheitert, ohne dass triftige Gründe erkennbar vorgelegen hätten.
Hiergegen hat der Kläger am 15.12.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und vorgetragen, er sei nur noch unter drei Stunden pro Tag leistungsfähig und leide bereits seit seiner Jugendzeit ununterbrochen an einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung (Bl. 13a f. LSG-Akte), Angst- und Panikattacken (Bl. 24, 85 LSG-Akte). Hierzu hat er u.a. medizinische Unterlagen aus Kasachstan aus den Jahren vor 1990 vorgelegt (Bl. 88 ff. LSG-Akte). Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er an einer chronischen Hepatitis C-Virusinfektion mit hoher Viruslast und einer beginnenden Fibrose und Zirrhose der Leber leide (Bl. 13a LSG-Akte). Auch aus der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. M. für die Bundesagentur für Arbeit vom 04.06.2018 ergebe sich eine tägliche Leistungsfähigkeit von unter drei Stunden (Bl. 29a, 40 ff. LSG-Akte). Er hat darüber hinaus weitere medizinische Unterlagen übersandt
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.11.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2014 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid (Bl. 15 LSG-Akte).
Der Senat hat sachverständige Zeugenauskünfte des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. (Bl. 69 f. LSG-Akte) und der Dr. G.-H. (Bl. 100 LSG-Akte) eingeholt. Dr. E. hat in seiner Zeugenauskunft vom Januar 2019 mitgeteilt, den Kläger bislang lediglich einmal im November 2018 untersucht zu haben, wobei sich eine mäßig-depressive Stimmungslage mit Antriebsminderung, Ängstlichkeit und unsicherem Auftreten gezeigt habe. Er halte den Kläger daher - zumindest für die nächsten ein bis zwei Jahre - nur drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig. Dr. G.-H. hat in ihrer Zeugenauskunft berichtet, den Kläger ebenfalls zuletzt im November 2018 gesehen zu haben. Seit ihrer letzten Auskunft gegenüber dem SG vom 12.03.2015 sei es zu Veränderungen des Gesundheitszustands des Klägers gekommen. Sie habe im November 2017 erstmals eine Angststörung mit Panikattacken diagnostiziert, wobei der Kläger keine Bereitschaft gezeigt habe, die Panikstörung behandeln zu lassen, sondern der Verdacht naheliege, dass er vor dem Hintergrund der Suchterkrankung eine Medikation mit Tranquilizern favorisiere. Nach ihrer jetzigen Einschätzung sei der Kläger in der Lage, maximal sechs Stunden leichte Arbeiten zu verrichten.
Daraufhin hat der Senat ein Sachverständigengutachten bei dem Facharzt u.a. für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. eingeholt (Bl. 117 ff. LSG-Akte). Der Sachverständige hat einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund beschrieben (Bl. 128 LSG-Akte) und eine Alkohol-, Cannabis- und Opiatabhängigkeit diagnostiziert (Bl. 140 LSG-Akte). Eine emotional instabile, impulsive Persönlichkeitsstörung sei zwar möglich, könne jedoch nicht in die Liste der gesicherten Diagnosen aufgenommen werden (Bl. 137 LSG-Akte). Da beim Kläger jedoch alle psychischen Funktionen in den für eine Leistungserbringung relevanten Funktionsbereichen ungestört gewesen seien, liege eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf unter sechs Stunden täglich nicht vor (Bl. 141 LSG-Akte).
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) dargelegt und - gestützt auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. Z. , das Gutachten des Dipl.-med. G. sowie den Bericht der Einrichtung "Four Steps" - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für diese Leistung nicht erfüllt, weil er nicht erwerbsgemindert ist. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die weitere im Berufungsverfahren durchgeführte Sachaufklärung in Bezug auf den psychischen Gesundheitszustands des Klägers hat das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung bestätigt. Der Sachverständige Dr. S. hat im Ergebnis lediglich eine Alkohl-, Cannabis- und Opiatabhängigkeit und keine gesicherte psychiatrische Erkrankung diagnostizieren können (Bl. 140 LSG-Akte). Diese Diagnose deckt sich mit dem erhobenen psychischen Befund. Dr. S. hat den Kläger als lebhaft mit auch lebhafter Gestik und regem Mienenspiel, spontan, stets sachlich und entspannt beschrieben, zu dem er in ausreichenden Kontakt hat treten können (Bl. 128 LSG-Akte). Er ist bewusstseinsklar und orientiert gewesen, ohne Anzeichen für eine Antriebsminderung oder Störung der Antriebslage (Bl. 129 LSG-Akte). Der Kläger hat weder deprimiert gewirkt, noch hat sich eine auffällig schnelle Erregbarkeit bei entsprechenden Fragestellungen gezeigt (Bl. 129 LSG-Akte). Die affektive Reagibilität ist erhalten, der Gedankengang zusammenhängend und nicht auf bestimmte Inhalte eingeengt gewesen (Bl. 129 LSG-Akte). Wahn, phobische oder zwanghafte Denkinhalte haben sich nicht feststellen lassen, auch sind keine Wahrnehmungsstörungen oder Ich-Störungen zu erfassen gewesen (Bl. 129 LSG-Akte). Konzentrationsvermögen und Aufmerksamkeit sind ungestört gewesen (Bl. 129 LSG-Akte). Soziale Störungen wie aggressive oder Verwahrlosungstendenzen sind bei der Begutachtung nicht erkennbar gewesen, auch ist die Fähigkeit zur adäquaten Interaktion und Kommunikation erhalten gewesen. Dieser unauffällige psychische Befund rechtfertigt nicht die Annahme einer psychischen Gesundheitsstörung, weder in Form einer Depression noch einer Persönlichkeitsstörung oder Angst- und Panikattacken (Bl. 138 f. LSG-Akte). Auch die durchgeführte Hirnstrommessung hat keinen pathologischen Befund ergeben (Bl. 129 f. LSG-Akte). Einen körperlichen Befund, der Rückschlüsse auf die psychische Verfassung des Klägers zugelassen hätte, wie z.B. Narben von Selbstverletzungen, Injektionsstellen oder leichte Entzugserscheinungen (u.a. feststellbar durch Puls- und Blutdruckmessung) hat Dr. S. nicht erheben können, da sich der Kläger vehement geweigert hat, sich körperlich untersuchen zu lassen (Bl. 128 LSG-Akte). Die Folgen dieser verweigerten Mitwirkung gehen - wie das SG in seinem Gerichtsbescheid zu Recht ausgeführt und worauf es im erstinstanzlichen Verfahren auch mehrmals hingewiesen hat - zu Lasten des Klägers, der nach § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG grundsätzlich zur Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen ist. Der Sachverständige hat also weder einen durch eine psychische noch durch eine Abhängigkeitserkrankung hervorgerufenen auffälligen psychischen Befund erheben können, so dass eine quantitative Leistungseinschränkung ausscheidet und lediglich in qualitativer Hinsicht - keine Griffnähe zu Substanzen, keine Akkord- und Fließbandarbeit, keine Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung - Leistungseinschränkungen vorliegen (Bl. 141 LSG-Akte).
In Bezug auf die vom Kläger anamnestisch geklagten (Bl. 126 LSG-Akte), in der Untersuchungssituation jedoch nicht feststellbaren Angst- und Panikattacken hat der Sachverständige zwar darauf hingewiesen, dass deren Vorliegen weder bestätigt, noch mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten (Bl. 135 LSG-Akte), da auch ein Sachverständiger eine Angst- oder Panikstörung anhand psychopathologischer Auffälligkeiten in den Zeiten zwischen den Attacken nicht feststellen könne (Bl. 134 LSG-Akte). Er hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Selbstangaben eines Menschen, irgendeine Erkrankung zu haben, für eine sichere gutachterliche Feststellung nicht ausreichend seien, der Kläger selbst sehr schwankende Angaben über die Häufigkeit der Panikattacken gemacht habe - mehrmals täglich, dann nur täglich, dann nur zwei- bis dreimal pro Woche (Bl. 126, 134 LSG-Akte) - und darüber hinaus keine durch derartige Attacken üblicherweise hervorgerufene Notarzteinsätze, Herzkatheteruntersuchungen oder Ähnliches stattgefunden hätten und auch weder während des mehrwöchigen Aufenthalts im Haus W. am K. im Jahr 2011 noch während der Suchtbehandlung in der Einrichtung "Four Steps" im Jahr 2016 entsprechende Attacken dokumentiert worden seien (Bl. 135 LSG-Akte). Vielmehr hält er es für möglich, dass solche Zustände substanzbedingt auftreten (Bl. 134 LSG-Akte) oder vom Kläger nur geschildert werden, um abhängigmachende Beruhigungsmittel ärztlich verordnet zu bekommen (Bl. 135 LSG-Akte). Diesen Verdacht hat auch die den Kläger behandelnde Fachärztin Dr. G.-H. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Senat geäußert (Bl. 100 LSG-Akte). Jedenfalls hat Dr. S. zutreffend darauf hingewiesen, dass nur schwerere und therapieresistente psychische Funktionsstörungen zur Feststellung einer quantitativen Leistungsminderung führen können, wenn die zur Verfügung stehenden Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft worden sind und durch weitere Behandlungen in einem überschaubaren Zeitraum keine Besserung zu erwarten ist (s. hierzu BSG Urteil vom 12.09.1990, 5 RJ 88/89, zitiert - wie sämtliche höchstrichterliche Rechtsprechung - nach juris, Rdnr 17). Der Kläger hat sich wegen Panikattacken jedoch bislang nicht in ärztliche Behandlung begeben, was auch Dr. G.-H. gegenüber dem Senat bestätigt hat (Bl. 100 LSG-Akte).
Soweit in der Vergangenheit psychiatrische Diagnosen gestellt worden sind - z.B. depressive Störung durch Dr. G.-H. (Bl. 63 SG-Akte) oder Dysthymie durch Dr. Tontsch, (Bl. 51 f. SG-Akte) - hat Dr. S. für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Einfluss psychotroper Substanzen einen hohen Einfluss auf die Stimmung eines Menschen haben kann so können z.B. im Anfluten wie im Abklingen der Alkoholeinwirkung oft jammerig-depressiv wirkende Krankheitszustände bestehen, die ebenso schnell wie sie aufgetreten auch wieder verschwunden sind - und psychische Störungen daher nur nach ausreichend langer Abstinenz diagnostiziert werden sollten (Bl. 133 LSG-Akte).
Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren und den hier vorgelegten bislang nicht zu den Akten gelangten Unterlagen. Entgegen seiner Behauptung, an einer Hepatitis C-Virusinfektion mit hoher Viruslast und einer beginnenden Fibrose und Zirrhose der Leber zu leiden, ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. Z. gerade, dass kein Virusnachweis gelungen ist und zwar eine Steatosis hepatis Grad I, jedoch ohne Zeichen einer Leberfibrose oder -zirrhose vorliegt (Bl. 142 f. SG-Akte). Eine vom Sachverständigengutachten des Dr. S. abweichende Einschätzung des psychischen Zustands des Klägers lässt sich auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Die Bestätigung des Diakoniemitarbeiters B. von August 2016 und Juli 2018, wonach der Kläger regelmäßig bzw. seit mehreren Jahren Einzelgespräche in der dortigen Beratungsstelle wahrnehme (Bl. 25 LSG-Akte), lässt weder Rückschlüsse auf den physischen oder psychischen Gesundheitszustand des Klägers zu, noch wurde sie von einem Arzt erstellt. In der sozialmedizinischen gutachterlichen Stellungnahme für die Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2018 wird der Kläger als voll orientiert, ohne formale Denkstörungen, adäquat antwortend und depressiv beschrieben. Er hat dort täglich mehrmals auftretende Panikattacken beschrieben (Bl. 40/RS LSG-Akte) und ist vom dortigen Gutachter Dr. M. schließlich unter drei Stunden täglich leistungsfähig eingeschätzt worden (Bl. 41 LSG-Akte). Wie bereits oben ausgeführt, gibt es jedoch keine Belege für die geklagten Panikattacken - eine konkrete Panikattacke ist auch von Dr. M. nicht beschrieben worden - und eine "depressive" Stimmung kann, wie Dr. S. dargelegt hat, auch durch den Einfluss psychotroper Substanzen hervorgerufen werden, wobei Dr. M. die "depressive" Stimmung einfach behauptet, ohne einen weiteren entsprechenden aussagekräftigen psychischen Befund zu beschreiben (Bl. 40/RS LSG-Akte). Seine Beurteilung ist insbesondere durch das Gutachten von Dr. S. widerlegt. Auch aus den medizinischen Unterlagen aus Kasachstan (Bl. 88 ff. LSG-Akte) lassen sich keine Befunde entnehmen, die die Behauptung des Klägers, bereits in seiner Jugend an Panikattacken gelitten zu haben (Bl. 88 LSG-Akte), stützen würden. Aus diesen Unterlagen ergibt sich lediglich, dass er an Kopf- und Augenschmerzen (Bl. 89, Ü89, 90, Ü90 LSG-Akte) gelitten habe. Anhaltspunkte für Panik- oder Angstattacken ergeben sich aus diesen Unterlagen nicht.
Im Übrigen lässt sich eine Erwerbsminderung auch nicht aus den im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften entnehmen. Die den Kläger jahrelang behandelnde Dr. G.-H. hat zwischenzeitlich ihre Einschätzung geändert und den Kläger in ihrer Zeugenauskunft von März 2019 ausdrücklich als in der Lage gesehen, sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten (Bl. 100 LSG-Akte). Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. hat den Kläger in seiner Zeugenauskunft von Januar 2019 zwar als nur noch unter sechs Stunden täglich leistungsfähig gesehen (Bl. 70 LSG-Akte). Allerdings hat er keinen ausführlichen Befund, aus dem sich Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ableiten ließen, mitgeteilt. Seine Leistungseinschätzung hat sich im Rahmen der nachfolgenden Sachaufklärung gerade nicht bestätigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Streit.
Der am 1974 in K. geborene Kläger ist deutscher Staatsbürger und siedelte im Dezember 1990 in die Bundesrepublik Deutschland über (s. Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge Bl. 139 ff. VA, Bl. 7 VA). Seinen eigenen Angaben nach begann er in Kasachstan eine Ausbildung zum Schreiner, die er wegen seiner Übersiedelung nach Deutschland jedoch abbrach (Bl. 12 VA, Bl. 110 SG-Akte). Von April 1995 bis April 1996 absolvierte er - gefördert durch die Bundesagentur für Arbeit - eine berufliche Fortbildungsmaßnahme mit dem Inhalt Holz-Trocken-Innenausbau (Bl. 141 VA). Anschließend übte er unterschiedliche Hilfsarbeitertätigkeiten aus (Bl. 69 VA), zuletzt - seinen eigenen Angaben nach - bis November 2009 als Leiharbeiter bei einem Automobilhersteller (Bl. 19 RMG-VA). In der Folgezeit befand sich der Kläger in Haft, machte anschließend vom 16.06.2011 bis 08.08.2011 eine Langzeitentwöhnungsbehandlung in Form einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im Haus W. am K. und ist seitdem arbeitslos (Bl. 188 f. VA, Versicherungsverlauf vom 17.06.2020, Bl. 153 ff. LSG-Akte und Reha-Entlassungsbericht, Reha-Akte, unblattiert). Für den Kläger wurden u.a. von November 2005 bis November 2009 und von August 2011 bis Dezember 2012 Pflichtbeiträge erbracht; seit dem 20.12.2012 bezieht er durchgehend Arbeitslosengeld II (s. Versicherungsverlauf vom 17.06.2020, Bl. 153 ff. LSG-Akte).
Der Kläger leidet seit Jahren u.a. an einer Suchtmittelabhängigkeit (u.a. Alkohol und Drogen, s. u.a. Reha-Entlassungsbericht Haus W. am K. , Reha-VA, unblattiert) und einer chronischen Hepatitis C-Virusinfektion (Bl. 195 ff. VA) und war an Syphilis (syn. Lues; s. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 267. Auflage, S. 1765) erkrankt (Bl. 53 RMG-VA). Die Langzeitentwöhnungsbehandlung im Haus W. am K. verließ der Kläger am 08.08.2011 u.a. wegen fortgesetzter Regelverstöße vorzeitig auf ärztliche Anordnung mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen auch für körperlich schwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Im Februar 2013 wurde der Kläger durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Beurteilung seiner Arbeitsfähigkeit begutachtet. Dieser beschrieb einen unauffälligen Allgemeinbefund und vermochte auch neben einer zunächst zum depressiven Pol hin verschobenen Stimmung und eingeschränkten Schwingungsfähigkeit - beides besserte sich im Laufe der Exploration - keine wesentlichen psychischen Einschränkungen mitzuteilen. Als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit erachtete er den 30.10.2012, sah jedoch die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf Grund der chronischen Suchterkrankung als gefährdet an (Bl. 199 ff. VA).
Am 07.01.2014 erstellte Dr. Müller - hauptamtlicher Arzt der Agentur für Arbeit N. - eine gutachterliche Äußerung für die Bundesagentur für Arbeit, in der er - ohne Befunderhebung - eine chronische Virushepatitis C, eine Abhängigkeit von Alkohol und eine depressive Störung diagnostizierte und ein voraussichtlich länger als sechs Monate aufgehobenes Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt behauptete (Bl. 192 f. VA). Daraufhin forderte das zuständige Jobcenter den Kläger auf, bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu stellen (Bl. 97 VA), was der Kläger am 28.01.2014 auch tat (Bl. 89 ff. VA). In seinem Rentenantrag gab er an, sich seit dem 16.06.2011 wegen Hepatitis C, psychosomatischer Depression mit Schwindelattacken und Konzentrationsstörungen erwerbsgemindert zu halten und legte Berichte und Atteste der ihn bislang begutachtenden und behandelnden Ärzte vor (u.a. des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. L. , Bl. 245 VA, der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie G.-S. - jetzt: G.-H. -, Bl. 243 und 253 VA, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. , Bl. 257 VA, Bericht des Universitätsklinikums T. , Bl. 195 ff. VA).
Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Facharztes u.a. für Neurologie, Psychiatrie und Suchtmedizin Dipl.-med. G. , der darauf hinwies, dass grundsätzlich die medizinische Behandlung der Suchterkrankung im Vordergrund stehe, der Kläger jedoch trotz Empfehlung seines Nervenarztes bislang keine ambulante verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie durchgeführt habe, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12.03.2014 mangels Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen ab (Bl. 1 ff. RMG-VA). Auf den Widerspruch des Klägers (Bl. 7 RMG-VA) und nach Vorlage eines Attests der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G.-H. (Bl. 11 RMG-VA), wonach der Kläger an einer anhaltenden depressiven Störung mit Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und Angstzuständen leide, sie ihn nicht für arbeitsfähig halte und eine Rente wegen Erwerbsminderung befürworte, holte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten bei Dipl.-med. G. ein (Bl. 45 ff. RMG-VA). Dieser untersuchte den Kläger im Mai 2014, beschrieb einen weitgehend unauffälligen körperlichen sowie psychischen Untersuchungsbefund, führte u.a. eigene Labortests durch (Bl. 37 ff. RMG-VA) und diagnostizierte eine psychische und Verhaltensstörung bei bekannter Polytoxikomanie mit anhaltendem Alkohol- und Cannabinoidabusus und einem Z.n. Heroin-i.v.-Abhängigkeit. Er sah den Kläger für sechs Stunden und mehr leistungsfähig für mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an, wobei er Tätigkeiten in alkoholverarbeitenden Betrieben oder mit Zugang zu Medikamenten und häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von schweren Lasten ausschloss (Bl. 55 RMG-VA). Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2014 zurück (Bl. 71 ff. RMG-VA).
Hiergegen hat der Kläger am 01.09.2014 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat die den Kläger behandelnde Dr. G.-H. und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. von M. als sachverständige Zeugen befragt. Dr. G.-H. hat in ihrer Zeugenauskunft vom März 2015 (Bl. 41 f. SG-Akte) darauf hingewiesen, dass der Kläger an psychischen Verhaltensstörungen durch multiple Substanzen, den Gebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen, einem Abhängigkeitssyndrom ohne Anhalt von aktuellem Substanzmissbrauch und einer rezidivierenden depressiven Störung leide, sich letztmals am 09.09.2014 und lediglich im Rahmen der Sprechstunde bei ihr vorgestellt habe und in psychiatrischer Hinsicht weder eine stationäre noch eine ambulante Therapie erfolgt sei. Sie habe beim Kläger auf Grund des klinischen Befundes und seiner Verfassung sowie seiner körperlichen Grunderkrankung eine Rente wegen Erwerbsminderung befürwortet, halte jedoch eine gutachterliche Untersuchung für sinnvoll. Dr. von M. hat im April 2015 mitgeteilt, dass er den Kläger seit Juli 2014 behandele und aktuell keine stabile Arzt-Patienten-Beziehung bestehe. Als Gesundheitsstörungen hat er eine Depression, eine Hepatitis C mit Folgeschäden sowie eine Polytoxikomanie mitgeteilt und entsprechende Befundberichte von u.a. Dr. G.-H. (Bl. 63 SG-Akte), Dr. L. (Bl. 64 SG-Akte) - dieser hat seine Praxis zwischenzeitlich aufgegeben (Bl. 40 SG-Akte) -, dem Universitätsklinikum T. (Bl. 53 ff. SG-Akte) und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T. (Bl. 51 f. SG-Akte) vorgelegt. Dr. von M. hat Zweifel daran geäußert, ob der Kläger wegen seiner psychischen Verfassung und der Substanzabhängigkeit einer regulären Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt nachkommen könne.
Nach Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Fachärztin für Urologie Dr. W.-H. (Bl. 67 ff. SG-Akte), die sich gegen die von der sachverständigen Zeugin Dr. G.-H. geäußerte Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung gewandt und sich der Leistungseinschätzung des Dipl. med. G. angeschlossen hat, hat das SG ein Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. in Auftrag gegeben (Bl. 70 f. SG-Akte). Da der Kläger zweimal nicht zum vereinbarten Begutachtungstermin erschienen ist (Bl. 72 SG-Akte), hat Dr. G. schließlich den Gutachtensauftrag zurückgegeben und lediglich die von ihm bereits erstellte Aktenzusammenfassung an das SG übersandt (Bl. 73 ff. SG-Akte). Das SG hat den Kläger sodann ausdrücklich auf seine Mitwirkungspflichten hingewiesen (Bl. 83 SG-Akte).
Vom 20.06.2016 bis 05.07.2016 ist beim Kläger zur Behandlung seiner Abhängigkeitserkrankung und im Anschluss an eine viertägige Entgiftung (Bl. 108/RS SG-Akte) eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beklagten in der Einrichtung "Four Steps" durchgeführt worden (Bl. 106 ff. SG-Akte), welche der Kläger wiederum mit ärztlichen Einverständnis wegen Reha-Unfähigkeit - der Kläger ist nicht in der Lage gewesen, sich an den klinischen Alltag anzupassen, hat sich überfordert gezeigt und schlampig und nach eigenen Kriterien gearbeitet (Bl. 111 f. SG-Akte) - vorzeitig und aus Sicht der Suchtmedizin vollschichtig leistungsfähig u.a. für Arbeiten aller Schweregrade in allen Körperhaltungen und Schichtformen verlassen hat (Bl. 107/RS, 111/RS SG-Akte). In dem Entlassungsbericht ist jedoch empfohlen worden, das Leistungsbild internistisch-hepatologisch und fachpsychiatrisch erneut zu bewerten (Bl. 107/RS SG-Akte).
Das SG hat daraufhin ein internistisch-hepatologisches Fachgutachten bei dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Pneumologie des K. Stuttgart Prof. Dr. Dr. Z. eingeholt (Bl. 127 ff. SG-Akte). Dieser hat auf seinem Fachgebiet eine chronische Hepatitis C-Virusinfektion ohne Virusnachweis sowie eine Steatosis hepatis Grad I (Fettleber, Pschyrembel, a.a.O., S. 575 und 1713) diagnostiziert und ausgeführt, dass insbesondere wegen aktuell fehlender Viruslast, fehlenden chronischen Leberschädigungen sowie aktuell fehlender Therapieindikation mit möglichen Nebenwirkungen keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit bestehe (Bl. 143 SG-Akte). Auf Grund der vom Kläger anamnestisch angegebenen Metallallergie seien Tätigkeiten im Bereich der Metallverarbeitung zu vermeiden (Bl. 143 SG-Akte). Auf psychiatrischem Fachgebiet liege zudem eine depressive Störung vor, deren Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit jedoch eine fachpsychiatrische Begutachtung erfordere (Bl. 143 SG-Akte).
Das SG hat sodann erneut versucht, ein fachpsychiatrisches Gutachten - diesmal bei dem Facharzt u.a. für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. - einzuholen (Bl. 146 f. SG-Akte). Doch trotz Hinweises auf seine Mitwirkungspflicht durch das SG (Bl. 151/RS und 170 SG-Akte) ist der Kläger mehrmals nicht zu den Gutachtensterminen erschienen (Bl. 149, 151, 174 SG-Akte), so dass Dr. L. seinen Gutachtensauftrag ebenfalls zurückgegeben hat.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.11.2017 hat das SG schließlich die Klage abgewiesen (Bl. 180 ff. SG-Akte) und sich hierbei auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. Z. , das Gutachten des Dipl.-med. G. und den Entlassungsbericht der Einrichtung "Four Steps" gestützt, die allesamt keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers, sondern lediglich qualitative Leistungseinschränkungen beschrieben hätten. Eine weitere Aufklärung des Gesundheitszustands des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei an dessen fehlender Mitwirkung gescheitert, ohne dass triftige Gründe erkennbar vorgelegen hätten.
Hiergegen hat der Kläger am 15.12.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und vorgetragen, er sei nur noch unter drei Stunden pro Tag leistungsfähig und leide bereits seit seiner Jugendzeit ununterbrochen an einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung (Bl. 13a f. LSG-Akte), Angst- und Panikattacken (Bl. 24, 85 LSG-Akte). Hierzu hat er u.a. medizinische Unterlagen aus Kasachstan aus den Jahren vor 1990 vorgelegt (Bl. 88 ff. LSG-Akte). Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er an einer chronischen Hepatitis C-Virusinfektion mit hoher Viruslast und einer beginnenden Fibrose und Zirrhose der Leber leide (Bl. 13a LSG-Akte). Auch aus der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. M. für die Bundesagentur für Arbeit vom 04.06.2018 ergebe sich eine tägliche Leistungsfähigkeit von unter drei Stunden (Bl. 29a, 40 ff. LSG-Akte). Er hat darüber hinaus weitere medizinische Unterlagen übersandt
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.11.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2014 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid (Bl. 15 LSG-Akte).
Der Senat hat sachverständige Zeugenauskünfte des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. (Bl. 69 f. LSG-Akte) und der Dr. G.-H. (Bl. 100 LSG-Akte) eingeholt. Dr. E. hat in seiner Zeugenauskunft vom Januar 2019 mitgeteilt, den Kläger bislang lediglich einmal im November 2018 untersucht zu haben, wobei sich eine mäßig-depressive Stimmungslage mit Antriebsminderung, Ängstlichkeit und unsicherem Auftreten gezeigt habe. Er halte den Kläger daher - zumindest für die nächsten ein bis zwei Jahre - nur drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig. Dr. G.-H. hat in ihrer Zeugenauskunft berichtet, den Kläger ebenfalls zuletzt im November 2018 gesehen zu haben. Seit ihrer letzten Auskunft gegenüber dem SG vom 12.03.2015 sei es zu Veränderungen des Gesundheitszustands des Klägers gekommen. Sie habe im November 2017 erstmals eine Angststörung mit Panikattacken diagnostiziert, wobei der Kläger keine Bereitschaft gezeigt habe, die Panikstörung behandeln zu lassen, sondern der Verdacht naheliege, dass er vor dem Hintergrund der Suchterkrankung eine Medikation mit Tranquilizern favorisiere. Nach ihrer jetzigen Einschätzung sei der Kläger in der Lage, maximal sechs Stunden leichte Arbeiten zu verrichten.
Daraufhin hat der Senat ein Sachverständigengutachten bei dem Facharzt u.a. für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. eingeholt (Bl. 117 ff. LSG-Akte). Der Sachverständige hat einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund beschrieben (Bl. 128 LSG-Akte) und eine Alkohol-, Cannabis- und Opiatabhängigkeit diagnostiziert (Bl. 140 LSG-Akte). Eine emotional instabile, impulsive Persönlichkeitsstörung sei zwar möglich, könne jedoch nicht in die Liste der gesicherten Diagnosen aufgenommen werden (Bl. 137 LSG-Akte). Da beim Kläger jedoch alle psychischen Funktionen in den für eine Leistungserbringung relevanten Funktionsbereichen ungestört gewesen seien, liege eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf unter sechs Stunden täglich nicht vor (Bl. 141 LSG-Akte).
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.08.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) dargelegt und - gestützt auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. Z. , das Gutachten des Dipl.-med. G. sowie den Bericht der Einrichtung "Four Steps" - zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für diese Leistung nicht erfüllt, weil er nicht erwerbsgemindert ist. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die weitere im Berufungsverfahren durchgeführte Sachaufklärung in Bezug auf den psychischen Gesundheitszustands des Klägers hat das Ergebnis der erstinstanzlichen Entscheidung bestätigt. Der Sachverständige Dr. S. hat im Ergebnis lediglich eine Alkohl-, Cannabis- und Opiatabhängigkeit und keine gesicherte psychiatrische Erkrankung diagnostizieren können (Bl. 140 LSG-Akte). Diese Diagnose deckt sich mit dem erhobenen psychischen Befund. Dr. S. hat den Kläger als lebhaft mit auch lebhafter Gestik und regem Mienenspiel, spontan, stets sachlich und entspannt beschrieben, zu dem er in ausreichenden Kontakt hat treten können (Bl. 128 LSG-Akte). Er ist bewusstseinsklar und orientiert gewesen, ohne Anzeichen für eine Antriebsminderung oder Störung der Antriebslage (Bl. 129 LSG-Akte). Der Kläger hat weder deprimiert gewirkt, noch hat sich eine auffällig schnelle Erregbarkeit bei entsprechenden Fragestellungen gezeigt (Bl. 129 LSG-Akte). Die affektive Reagibilität ist erhalten, der Gedankengang zusammenhängend und nicht auf bestimmte Inhalte eingeengt gewesen (Bl. 129 LSG-Akte). Wahn, phobische oder zwanghafte Denkinhalte haben sich nicht feststellen lassen, auch sind keine Wahrnehmungsstörungen oder Ich-Störungen zu erfassen gewesen (Bl. 129 LSG-Akte). Konzentrationsvermögen und Aufmerksamkeit sind ungestört gewesen (Bl. 129 LSG-Akte). Soziale Störungen wie aggressive oder Verwahrlosungstendenzen sind bei der Begutachtung nicht erkennbar gewesen, auch ist die Fähigkeit zur adäquaten Interaktion und Kommunikation erhalten gewesen. Dieser unauffällige psychische Befund rechtfertigt nicht die Annahme einer psychischen Gesundheitsstörung, weder in Form einer Depression noch einer Persönlichkeitsstörung oder Angst- und Panikattacken (Bl. 138 f. LSG-Akte). Auch die durchgeführte Hirnstrommessung hat keinen pathologischen Befund ergeben (Bl. 129 f. LSG-Akte). Einen körperlichen Befund, der Rückschlüsse auf die psychische Verfassung des Klägers zugelassen hätte, wie z.B. Narben von Selbstverletzungen, Injektionsstellen oder leichte Entzugserscheinungen (u.a. feststellbar durch Puls- und Blutdruckmessung) hat Dr. S. nicht erheben können, da sich der Kläger vehement geweigert hat, sich körperlich untersuchen zu lassen (Bl. 128 LSG-Akte). Die Folgen dieser verweigerten Mitwirkung gehen - wie das SG in seinem Gerichtsbescheid zu Recht ausgeführt und worauf es im erstinstanzlichen Verfahren auch mehrmals hingewiesen hat - zu Lasten des Klägers, der nach § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG grundsätzlich zur Erforschung des Sachverhalts heranzuziehen ist. Der Sachverständige hat also weder einen durch eine psychische noch durch eine Abhängigkeitserkrankung hervorgerufenen auffälligen psychischen Befund erheben können, so dass eine quantitative Leistungseinschränkung ausscheidet und lediglich in qualitativer Hinsicht - keine Griffnähe zu Substanzen, keine Akkord- und Fließbandarbeit, keine Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung und besonderer Verantwortung - Leistungseinschränkungen vorliegen (Bl. 141 LSG-Akte).
In Bezug auf die vom Kläger anamnestisch geklagten (Bl. 126 LSG-Akte), in der Untersuchungssituation jedoch nicht feststellbaren Angst- und Panikattacken hat der Sachverständige zwar darauf hingewiesen, dass deren Vorliegen weder bestätigt, noch mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten (Bl. 135 LSG-Akte), da auch ein Sachverständiger eine Angst- oder Panikstörung anhand psychopathologischer Auffälligkeiten in den Zeiten zwischen den Attacken nicht feststellen könne (Bl. 134 LSG-Akte). Er hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Selbstangaben eines Menschen, irgendeine Erkrankung zu haben, für eine sichere gutachterliche Feststellung nicht ausreichend seien, der Kläger selbst sehr schwankende Angaben über die Häufigkeit der Panikattacken gemacht habe - mehrmals täglich, dann nur täglich, dann nur zwei- bis dreimal pro Woche (Bl. 126, 134 LSG-Akte) - und darüber hinaus keine durch derartige Attacken üblicherweise hervorgerufene Notarzteinsätze, Herzkatheteruntersuchungen oder Ähnliches stattgefunden hätten und auch weder während des mehrwöchigen Aufenthalts im Haus W. am K. im Jahr 2011 noch während der Suchtbehandlung in der Einrichtung "Four Steps" im Jahr 2016 entsprechende Attacken dokumentiert worden seien (Bl. 135 LSG-Akte). Vielmehr hält er es für möglich, dass solche Zustände substanzbedingt auftreten (Bl. 134 LSG-Akte) oder vom Kläger nur geschildert werden, um abhängigmachende Beruhigungsmittel ärztlich verordnet zu bekommen (Bl. 135 LSG-Akte). Diesen Verdacht hat auch die den Kläger behandelnde Fachärztin Dr. G.-H. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Senat geäußert (Bl. 100 LSG-Akte). Jedenfalls hat Dr. S. zutreffend darauf hingewiesen, dass nur schwerere und therapieresistente psychische Funktionsstörungen zur Feststellung einer quantitativen Leistungsminderung führen können, wenn die zur Verfügung stehenden Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft worden sind und durch weitere Behandlungen in einem überschaubaren Zeitraum keine Besserung zu erwarten ist (s. hierzu BSG Urteil vom 12.09.1990, 5 RJ 88/89, zitiert - wie sämtliche höchstrichterliche Rechtsprechung - nach juris, Rdnr 17). Der Kläger hat sich wegen Panikattacken jedoch bislang nicht in ärztliche Behandlung begeben, was auch Dr. G.-H. gegenüber dem Senat bestätigt hat (Bl. 100 LSG-Akte).
Soweit in der Vergangenheit psychiatrische Diagnosen gestellt worden sind - z.B. depressive Störung durch Dr. G.-H. (Bl. 63 SG-Akte) oder Dysthymie durch Dr. Tontsch, (Bl. 51 f. SG-Akte) - hat Dr. S. für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Einfluss psychotroper Substanzen einen hohen Einfluss auf die Stimmung eines Menschen haben kann so können z.B. im Anfluten wie im Abklingen der Alkoholeinwirkung oft jammerig-depressiv wirkende Krankheitszustände bestehen, die ebenso schnell wie sie aufgetreten auch wieder verschwunden sind - und psychische Störungen daher nur nach ausreichend langer Abstinenz diagnostiziert werden sollten (Bl. 133 LSG-Akte).
Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren und den hier vorgelegten bislang nicht zu den Akten gelangten Unterlagen. Entgegen seiner Behauptung, an einer Hepatitis C-Virusinfektion mit hoher Viruslast und einer beginnenden Fibrose und Zirrhose der Leber zu leiden, ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. Z. gerade, dass kein Virusnachweis gelungen ist und zwar eine Steatosis hepatis Grad I, jedoch ohne Zeichen einer Leberfibrose oder -zirrhose vorliegt (Bl. 142 f. SG-Akte). Eine vom Sachverständigengutachten des Dr. S. abweichende Einschätzung des psychischen Zustands des Klägers lässt sich auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Die Bestätigung des Diakoniemitarbeiters B. von August 2016 und Juli 2018, wonach der Kläger regelmäßig bzw. seit mehreren Jahren Einzelgespräche in der dortigen Beratungsstelle wahrnehme (Bl. 25 LSG-Akte), lässt weder Rückschlüsse auf den physischen oder psychischen Gesundheitszustand des Klägers zu, noch wurde sie von einem Arzt erstellt. In der sozialmedizinischen gutachterlichen Stellungnahme für die Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2018 wird der Kläger als voll orientiert, ohne formale Denkstörungen, adäquat antwortend und depressiv beschrieben. Er hat dort täglich mehrmals auftretende Panikattacken beschrieben (Bl. 40/RS LSG-Akte) und ist vom dortigen Gutachter Dr. M. schließlich unter drei Stunden täglich leistungsfähig eingeschätzt worden (Bl. 41 LSG-Akte). Wie bereits oben ausgeführt, gibt es jedoch keine Belege für die geklagten Panikattacken - eine konkrete Panikattacke ist auch von Dr. M. nicht beschrieben worden - und eine "depressive" Stimmung kann, wie Dr. S. dargelegt hat, auch durch den Einfluss psychotroper Substanzen hervorgerufen werden, wobei Dr. M. die "depressive" Stimmung einfach behauptet, ohne einen weiteren entsprechenden aussagekräftigen psychischen Befund zu beschreiben (Bl. 40/RS LSG-Akte). Seine Beurteilung ist insbesondere durch das Gutachten von Dr. S. widerlegt. Auch aus den medizinischen Unterlagen aus Kasachstan (Bl. 88 ff. LSG-Akte) lassen sich keine Befunde entnehmen, die die Behauptung des Klägers, bereits in seiner Jugend an Panikattacken gelitten zu haben (Bl. 88 LSG-Akte), stützen würden. Aus diesen Unterlagen ergibt sich lediglich, dass er an Kopf- und Augenschmerzen (Bl. 89, Ü89, 90, Ü90 LSG-Akte) gelitten habe. Anhaltspunkte für Panik- oder Angstattacken ergeben sich aus diesen Unterlagen nicht.
Im Übrigen lässt sich eine Erwerbsminderung auch nicht aus den im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften entnehmen. Die den Kläger jahrelang behandelnde Dr. G.-H. hat zwischenzeitlich ihre Einschätzung geändert und den Kläger in ihrer Zeugenauskunft von März 2019 ausdrücklich als in der Lage gesehen, sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten (Bl. 100 LSG-Akte). Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. hat den Kläger in seiner Zeugenauskunft von Januar 2019 zwar als nur noch unter sechs Stunden täglich leistungsfähig gesehen (Bl. 70 LSG-Akte). Allerdings hat er keinen ausführlichen Befund, aus dem sich Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ableiten ließen, mitgeteilt. Seine Leistungseinschätzung hat sich im Rahmen der nachfolgenden Sachaufklärung gerade nicht bestätigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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