Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 4322/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2081/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. April 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung eines Eigenanteils für eine Versorgung mit einem digitalen Hörgerät durch den Rentenversicherungsträger.
Der 1961 geborene Kläger leidet an beidseitiger Innenohrschwerhörigkeit und ist seit August 2002 als Betriebsingenieur in der Produktion bei der D. AG beschäftigt. Unter Vorlage einer Versorgungsanzeige vom 04.09.2013 des Hörgeräteakustikers L., A., stellte der Kläger am 14.11.2013 bei seiner Krankenkasse, der Beigeladenen, einen Antrag auf Hörgeräteversorgung. Diesem Antrag war eine Kostenaufstellung vom 14.11.2013 über zwei Hörgeräte Siemens Motion 301 (im Folgenden Siemens-Hörgerät) in Höhe von insgesamt 2.941,61 EUR beigefügt. Aus dem Anpass- und Abschlussbericht des Hörgeräteakustikers vom 19.09.2013 ergibt sich, dass mit dem zuzahlungspflichtigen Siemens-Hörgerät beim Sprachverstehen im Freifeld unter Nutzschall ein Wert von 60% und unter Nutz- und Störschall von 50% erreicht werden konnte, während das Sprachverstehen bei dem zuzahlungsfreien Hörgerät Duo 4 Audio Service (im Folgenden: Kassengerät) ohne Störschall 65% und mit Störschall 45% betrug.
Mit Schreiben vom 22.11.2013 (Eingang bei der Beklagten am 26.11.2013) leitete die Beigeladene den Antrag wegen Unzuständigkeit an die Beklagte weiter. Nach Rücksprache mit dem Akustiker und dem Kläger sei eine Hörgeräteversorgung nach Festbetrag ausreichend, wenn nicht ein berufsbedingter Mehrbedarf bestehen würde. Hierzu gab der Kläger an, er müsse Besprechungen mit mehreren Teilnehmern in verschiedenen Bereichen (z.B. an Produktionsbändern, mit Maschinen, bei Druckluft oder Lüftungsgeräuschen, in Besprechungsecken mit Fördertechnikgeräuschen, im Großraumbüro mit Lärmpegel) führen. Die Teilnehmer sprächen unterschiedlich laut und stünden unterschiedlich weit weg. Er sei darauf angewiesen, den Inhalt der Gespräche richtig zu verstehen. Außerdem benötige er eine Lesebrille, die er ständig während der Gespräche auf- und abziehen müsse. Bei Geräten hinter dem Ohr gebe das jedes Mal einen Schlag aufs Gehör oder die Brille falle herunter. Er benötige daher ein höherwertiges Im-Ohr-Gerät mit einer Fernbedienung mit verschiedenen Programmen, um schnell auf diese unterschiedlichen Situationen reagieren zu können, da er sonst den Inhalt der Gespräche nicht richtig mitbekomme und somit eventuell die falschen Entscheidungen treffe.
Mit Bescheid vom 16.12.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Hörgeräteversorgung ab mit der Begründung, er sei angesichts der bestehenden Hörschädigung generell auf das Tragen einer Hörhilfe aus medizinischen Gründen angewiesen und benötige dieses Hilfsmittel im privaten wie auch im beruflichen Lebensbereich. Bei der Versorgung dieses Grundbedarfes handele es sich um eine Krankenbehandlung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung sei auch bei der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Betriebsingenieur ausreichend, da die Anforderungen in seiner Berufstätigkeit keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen ließen.
Am 03.01.2014 erging durch die behandelnde Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. D. eine ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe (Bl. 44 SG-Akte). Noch am selben Tag wurde der Kläger durch den Hörgeräteakustiker L. mit dem Siemens-Hörgerät versorgt. Die Beigeladene erklärte sich mit Bescheid vom 21.01.2014 gegenüber dem Kläger bereit, die Kosten für die Hörgeräte in Höhe von 1.463,47 EUR zu übernehmen (Festbetrag unter Berücksichtigung einer Zuzahlung in Höhe von 10,00 EUR je Hörgerät; Bl. 49 SG-Akte). Dies teilte die Beigeladene auch dem Hörgeräteakustiker mit (Schreiben vom 21.01.2014). Die restlichen Kosten in Höhe von insgesamt 1693,14 EUR zahlte der Kläger selbst.
Mit Schreiben vom 15.01.2014 erhob der Kläger gegen die ablehnende Bescheidung der Beklagten Widerspruch mit der Begründung, es dürften insgesamt keine hohen Anforderungen an die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gestellt werden. Entscheidend sei, ob die Erwerbsfähigkeit des hörbehinderten Menschen entsprechend seiner Leistungsfähigkeit durch eine höherwertige Hörgeräteversorgung erhalten, verbessert, hergestellt oder wiederhergestellt werden könne. Vorliegend liege eine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit vor, da der Kläger in der Produktion eines Automobilherstellers Besprechungen in ständig wechselnden Bereichen habe. Dies sei mal ein Raum mit Lüftungsgeräuschen, an Produktionsbändern mit Maschinen oder Luftdruckgeräuschen, mal in Besprechungsecken mit Fördertechnikgeräuschen, im Großraumbüro mit Stimmen von allen Seiten usw. Die Teilnehmer der Gesprächsrunden stünden mal weiter weg oder sprächen so leise, dass der Kläger schnell auf ein anderes Programm schalten oder lauter machen müsse und danach wieder schnell leiser.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, ein Hilfsmittel sei nur dann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 8 Nr. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) anzusehen, wenn es ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Hierzu gehörten Hörhilfen nicht. Bei der vom Kläger begehrten Hörhilfe handele es sich um ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), das erforderlich sei, um die bestehende Hörbehinderung auszugleichen. Es liege im Versorgungsauftrag der Krankenkasse, für den Ausgleich der Funktionsstörung mittels adäquater Hörhilfen zu sorgen. Eine Leistungsgewährung seitens der Rentenversicherung komme nur in Betracht, wenn die Hörhilfe als spezifische berufsbedingte Hörgeräteversorgung über den Versorgungsauftrag der Krankenkasse hinaus erforderlich ist, um den speziellen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. In seinem Beruf als Betriebsingenieur bestünden keine gegenüber anderen Berufen erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen.
Gegen den beim Klägerbevollmächtigten am 14.08.2014 eingegangenen Widerspruchsbescheid hat dieser am 15.09.2014, einem Montag, Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist ausgeführt worden, es sei evident, dass in den Betriebs- und Produktionsräumen eines Automobilherstellers eine völlig andere Geräuschkulisse herrsche als beispielsweise in einem Büro. Dass eine höherwertige Hörgeräteversorgung in aller Regel nicht ausschließlich beruflich, sondern auch privat genutzt werde, sei unschädlich. Der Kläger hat eine arbeitsmedizinische Stellungnahme des Leitenden Werksarztes Dr. F. bzw. der Werksärztin Dr. S. vom 09.02.2016 vorgelegt, wonach ein Hörgerät mit besonderen Anforderungen für den industriellen Arbeitsalltag erforderlich sei. Dieses solle sich auf die häufigsten Situationen vorprogrammieren lassen und auch Störquellen möglichst ausblenden. Auch sollte ein schnelles Umschalten, gegebenenfalls mittels Fernbedienung, auf die entsprechende Umgebungssituation möglich sein. Das vom Kläger neu beschaffte Gerät erfülle diese besonderen Anforderungen.
Das SG hat zunächst die behandelnde Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. D. als sachverständige Zeugin befragt, die in ihrem Schreiben aus Dezember 2014 ausgeführt hat, es gebe durchaus Geräte, die über die Krankenkasse gedeckt seien und eine ausreichende zweckmäßige Verbesserung der Hörfähigkeit ermöglichten. Ihr sei bekannt, dass der Kläger bei M. in R. arbeite und bedingt durch die vielfältigen Anforderungen und Einsatzbereiche verschiedenen Lärmpegeln bzw. akustischen Problemen ausgesetzt sei, sodass natürlich die höherwertigen Geräte, die sich z.B. auf unterschiedliche Lärmpegel selbst einstellten, erheblich von Vorteil seien. Über die Ausstattung von diesen Geräten könne sie als HNO-Ärztin jedoch keine Auskunft geben, hier helfe nur der Akustiker weiter. Generell lasse sich sagen, dass sowohl mit einem Kassengerät als auch mit anderen Geräten das objektive Sprachverständnis gleich sei. Die wesentlich teureren Geräte seien in vielen Dingen komfortabler.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG anschließend gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Prof. Dr. R.mit der Erstellung eines Hals-Nasen-Ohren-fachärztlichen Gutachtens betraut, der nach ambulanter Untersuchung des Klägers in seinem Gutachten vom 02.11.2017 dargelegt hat, es bestehe rechts eine mittelgradige und links eine mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit, die sowohl im Alltag als auch im Beruf eine deutliche Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit bedinge. Eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung mit Hörgeräten durch die gesetzliche Krankenversicherung sei im Rahmen der medizinischen Grundversorgung in Bezug auf die Bedingungen und Anforderungen in der Beschäftigung als Betriebsingenieur nicht ausreichend. In der Hörgeräteentwicklung habe sich eine sehr dynamische Verbesserung durch digitale Geräte in den letzten Jahren gezeigt, die stetig fortschreite. Der Kläger trage in seinem Betrieb eine hohe Verantwortung. Wesentliches Hauptmerkmal seiner Tätigkeit sei die Kommunikation in sehr unterschiedlichen Hörumgebungen. Diese Anforderungen gingen weit über die Anforderungen für einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie beispielsweise eine Tätigkeit im Büro, hinaus. Die im Anpass- und Abschlussbericht des Hörgeräteakustikers vom 19.09.2013 festgestellte Differenz des Sprachverstehens im Störschall zugunsten des Siemens Motion 301 sei bedeutsam, da die Störschallsituation im Arbeitsalltag des Klägers dominiere. Als HNO-ärztlicher Sachverständiger, der nicht in Personalunion auch Hörgeräteakustiker sei, bestehe keine ausreichende Fachkompetenz, technische Einzelheiten der Hörgeräte zu bewerten oder vorzuschlagen. Letztendlich sei eine Hörgeräteanpassung vergleichend notwendig, da neben messtechnisch erhobenen Parametern wie der Hörschwelle und den sprachaudiometrischen Kennwerten auch in erheblichem und wichtigem Maße subjektive Parameter zu berücksichtigen seien. In der vergleichenden Hörgeräteanpassung habe der Kläger mit dem jetzt verordneten Hörgerät den besten Hörgewinn im Störlärm erreicht. Er schließe sich der Meinung des Leitenden Werksarztes Dr. F. an, der die Kostenübernahme für das hier begehrte Hörgerät empfehle, um die Erwerbsfähigkeit dauerhaft sicherzustellen. Der Kläger benötige ein Hörgerät, bei dem es möglich sei, mit einer Fernbedienung zwischen laut und leise und den verschiedenen Programmen umzuschalten.
Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, es seien auch Im-Ohr-Geräte ohne Zuzahlung durch die Krankenkasse erhältlich. Die Notwendigkeit einer Fernbedienung werde vom Gutachter nicht näher begründet. Es werde zudem davon ausgegangen, dass die vom Kläger aus beruflichen Gründen geführten Gespräche möglichst in den eher ruhigen Bereichen des Betriebes geführt würden. Auch normal Hörende hätten Verständigungsprobleme bei erheblichem Hintergrundlärm. Insofern sei nicht nachvollziehbar, mit welcher Begründung ein schneller Wechsel mittels Fernbedienung erforderlich sein solle. Es sei zumutbar, etwaige notwendige Änderungen am Gerät selbst vorzunehmen. Geräte im Rahmen der Festbetragsregelung müssten als Mindestanforderung Digitaltechnik, Mehrkanaligkeit, Rückkoppelungsunterdrückung, Störschallunterdrückung und mindestens drei manuelle Hörprogramme aufweisen.
Mit Urteil vom 27.04.2018 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger den über den bereits durch die Beigeladene erstatteten Festbetrag hinausgehenden Eigenanteil für die selbstbeschafften Hörgeräte zu erstatten. Als Begründung hat das SG dargelegt, zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die originäre Versorgung eines entsprechend im Hörvermögen geschädigten Versicherten mit einem Hörgerät eine medizinische Leistung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX i.V.m. § 33 Abs. 1 SGB V darstelle, da dieses regelmäßig nicht ausschließlich für die Berufstätigkeit benötigt und benutzt, sondern im gesamten täglichen Leben zur Befriedigung des Grundbedürfnisses des Hörens eingesetzt werde. Vorliegend sei der Kläger jedoch an seinem Arbeitsplatz auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen und in seiner beruflichen Tätigkeit als Betriebsingenieur Situationen ausgesetzt, denen er ohne Verwendung adäquater Hörhilfen nicht mehr gewachsen wäre. Die hierzu erforderliche Hörfähigkeit könne nicht in ausreichendem Maße mit einem Festbetragsgerät erreicht werden. Hierbei stütze sich das Gericht auf die Ausführungen des Prof. Dr. R. , die durch die arbeitsmedizinische Stellungnahme des Dr. F. vom 09.02.2016 gestützt werde. Mit dem jetzt verordneten Gerät habe der Kläger den besten Hörgewinn im Störlärm erreicht.
Gegen das der Beklagten am 11.05.2018 zugestellte Urteil hat diese am 08.06.2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der Begründung, der Gutachter Prof. Dr. R. habe lediglich Meinungen zu rechtlichen, berufskundlichen, gesellschaftlichen und technischen Fragen wiedergegeben, für die er jedoch kein Sachverständiger sei. Obwohl der Gutachter dargelegt habe, keine ausreichende Fachkompetenz zu technischen Einzelheiten von Hörgeräten zu besitzen, behaupte er, dass der Ausgleich eines Hörverlustes mit Hörgeräten zum Festbetrag in den meisten Fällen nicht in ausreichendem Maße möglich sei. Diese Aussage sei als Grundlage für das angegriffene Urteil ungeeignet. Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich sollten nach ständiger Rechtsprechung das Gleichziehen mit einem Gesunden gewährleisten. Wenn es denn tatsächlich zutreffend wäre, dass ausschließlich mit dem streitgegenständlichen Hörgerät der deutlich beste Hörgewinn zu erzielen gewesen sei, dann sei dies zur Deckung des Grundbedarfs notwendig. Ein berufsbedingter Mehrbedarf könne sich erst ergeben, wenn der Hörverlust unter Beachtung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausgeglichen sei und darüber hinaus besondere Höranforderungen erforderlich seien. Das Verstehen von Sprache auch im Störlärm sei gerade keine solche besondere Höranforderung. Der Gutachter gehe offenbar davon aus, dass sämtliche Arbeitsplätze im industriellen Arbeitsalltag eine besondere Höranforderung hätten. In einem Industrieland könne man bei Vorhandensein von unzähligen diesbezüglichen Arbeitsplätzen kaum von einer besonderen Höranforderung sprechen, zumal vom Gutachter auch hier überwiegend Kommunikation als Aufgabe benannt werde. Soweit sich die Aussagen des Gutachters auf Lärmquellen bezögen, sei anzumerken, dass hierfür kein Hörgerät mit der Möglichkeit Störquellen auszublenden erforderlich sei, sondern ein Lärmschutz. Wenn tatsächlich ein Mangel des Sprachverstehens im Störlärm im Rahmen der Festbetragsversorgung bestünde, sei die Beigeladene dafür zuständig, diesen auszugleichen. Die Begründung des SG im angefochtenen Urteil bedeute eine nicht hinnehmbare Begrenzung der Krankenversorgungspflicht für eine berufs- und alltagsübliche Höranforderung. Der Fokus sei vorliegend auf die Frage zu richten, welche Qualität die bisherige Krankenversorgung gehabt habe und ob die bisher geleistete Versorgung dem Auftrag des Bundessozialgerichts (BSG) gerecht werde. Wenn dieser höchstrichterlich festgelegte Leistungsauftrag zur Zufriedenheit der Antragsteller erreicht worden sei, dürfte sich die Frage nach einem spezifisch berufsbedingten Bedarf nur noch in wenigen Fällen stellen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. April 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, 1. den Sachverständigen Prof. Dr. R.zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden, 2. zum Beweis der Tatsache, dass beim Kläger nach Art und Schwere der Hörbehinderung a) in Bezug auf die Anforderungen des täglichen Lebens b) in Bezug auf die Bedingungen und Anforderungen seiner Beschäftigung bei einem Automobilhersteller, insbesondere Besprechungen mit mehreren Teilnehmern in verschiedenen Bereichen, z.B. an Produktionsbändern mit Maschinen, Druckluftgeräuschen und Lüftungsgeräuschen, Besprechungsecken mit Fördertechnikgeräuschen
eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung mit Hörgeräten durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der medizinischen Grundversorgung nicht ausreichend ist, die Einholung eines Sachverständigengutachtens,
3. zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger im Hinblick auf die Bedingungen und Anforderungen seiner Tätigkeit als Betriebsingenieur ein Hörgerät benötigt, bei dem es möglich ist, mit einer Fernbedienung schnell zwischen laut und leise und den verschiedenen Programmen umzuschalten, die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Prof. Dr. R.habe festgestellt, dass der Kläger mit dem jetzt verordneten Gerät den besten Hörgewinn im Störlärm erreicht habe. Auch blende die Beklagte aus, dass der Kläger an seinem Arbeitsplatz auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen sei. Die hierfür erforderliche Hörfähigkeit könne nicht in ausreichendem Maße mit einem Festbetragsgerät erreicht werden.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 19.02.2019 hat der Kläger ausführlich zu seinem Hörgerät Stellung genommen. Auf die Ausführungen im Protokoll wird verwiesen.
Anschließend hat das Gericht den Hörgeräteakustiker L. als sachverständigen Zeugen gehört, der im Schreiben aus März 2019 dargelegt hat, das Festbetragsgerät verfüge über drei verschiedene am Gerät über Taster umstellbare Hörprogramme. Es treffe sicherlich zu, dass bei dem angepassten Hörgerät die Programmumschaltung eine Erleichterung bei wechselnden Hörumgebungen darstelle, jedoch sei bei der bei ihm durchgeführten und zu beurteilenden Messung die nahezu gleiche Verständlichkeit wie mit einem Gerät ohne verschiedene Hörprogramme erreicht worden. Eine Fernbedienung wäre bei dem Festbetragsgerät nicht dabei gewesen. Eine Programmumschaltung hätte wie bei der Mehrzahl der Hörgeräte am Gerät über einen Taster erfolgen müssen, was, wenn keine motorischen Einschränkungen vorlägen, problemlos möglich sei. Über eine Lautstärkeregelung verfüge das Festbetragsgerät nicht. Lautstärkeveränderungen könnten nur im Rahmen der verschiedenen Hörprogramme über den Taster vorgenommen werden. Bei dem Festbetragsgerät habe es sich um ein Gerät hinter dem Ohr gehandelt. Eine Programmumschaltung stelle bei einem Brillenträger keine andere Situation dar als bei einem Nichtbrillenträger, da das Hörgerät vor dem Brillenbügel getragen werde. Somit sei der Brillenbügel nicht im Weg und es bestehe kein Unterschied zwischen Brillenträger und Nichtbrillenträger. Es könne auch nicht bestätigt werden, dass ein Programmwechsel mit Fernbedienung wesentlich schneller sei als ohne. Ohne Fernbedienung könne der Programmwechsel direkt am Hörgerät reguliert werden. Dies bedeute, dass eine Bedienung über eine Fernbedienung eventuell etwas komfortabler, jedoch nicht wesentlich schneller vonstatten gehe. Eine subjektive Hörqualität lasse sich sehr schlecht von einer anderen Person beurteilen. Im Aufgabenbereich des Hörgeräteakustikers liege es, durch objektive Messungen einen Vergleich herzustellen. Bei den objektiven Tests verschiedener Hörgeräte sei eine Differenz von 5 % festzustellen, was jedoch im absoluten Toleranzbereich der akustischen Hörtests liege.
Der Kläger hat hierzu eingewandt, der Hörgeräteakustiker habe insbesondere den Störlärm, mit dem er sich auseinandersetzen müsse, nicht berücksichtigt. Auch werde nicht deutlich, welche Messung er mit der "objektiv durchgeführten und zu beurteilenden Messung" meine. Die Würdigung, dass eine Programmumschaltung bei einem HdO-Gerät für Brillenträger keine andere Situation darstelle als für Nichtbrillenträger, sei nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Akten des Gerichts erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung der Beklagten (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG) worden, und auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die Versorgung mit seinem Hörgerät, die über den von der Beigeladenen bereits übernommenen Festbetrag hinausgehen.
Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten seines selbstbeschafften Hörgeräts in Höhe von 1693,14 EUR entweder gegenüber der Beklagten oder der Beigeladenen (s. hierzu ausführlich Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15.12. 2017 - L 5 R 276/14 - unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.08.2013 - L 13 R 2607/10 - und BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R -, Juris), den er zutreffenderweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend macht.
Nachdem vorliegend die Beigeladene den Antrag innerhalb der Frist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung) an die Beklagte weitergeleitet hat, war diese als zweitangegangener Leistungsträger für die Leistung zuständig (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX a.F.) und hatte sowohl nach den Vorschriften des Krankenversicherungsrechts (SGB V) als auch nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Mehrkosten zu prüfen. Ein solcher Anspruch besteht vorliegend indes nicht.
Zum einen besteht kein Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach gilt nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB. BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 S 51 f m.w.N.; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12, Rdnr. 11 m.w.N.; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 19 Rn. 12). Rechtsgrundlage des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der bis zum 22.07.2015 gültigen Fassung). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind. Vorliegend bestand, wie der Kläger von Beginn an deutlich gemacht hat, gerade keine Notwendigkeit, statt mit dem hier in Frage stehenden Kassengerät mit dem teureren Siemensgerät versorgt zu werden. Der Kläger hat von Anfang an argumentiert, das Siemensgerät mit seiner Fernbedienung und IdO-Technik für seine Arbeitsstelle zu benötigen, um schnell auf verschiedene Höranforderungen reagieren zu können. Im täglichen Gebrauch besteht selbst nach den Angaben des Klägers eine solche Notwendigkeit einer schnellen Reaktion nicht. Insofern ergibt sich für die Beklagte aus den krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften keine Pflicht zur Erstattung des hier streitigen Differenzbetrages.
Ein solcher Anspruch folgt aber auch nicht aus den rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften. Wie das BSG entschieden hat, ist ein Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten (nämlich die der Krankenkasse für den Festbetrag und die der Rentenversicherung für die Mehrkosten) für eine einheitliche Sozialleistung sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V und § 31 Abs. 3 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last (BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R -, Juris).
Anspruchsgrundlage für die Übernahme der streitigen Mehrkosten für die Hörgeräteversorgung ist § 15 Abs. 1 Satz 3, 4 SGB IX (in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung), wonach der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet ist, wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst beschaffen. Diese Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs. 1 Satz 4 Fall 2 SGB IX a.F. handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw. Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw. Leistungsberechtigten ausgelöst hat (BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R -, Juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da die Beklagte die Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt hat.
Rechtsgrundlage für eine Hörgeräteversorgung durch einen Rentenversicherungsträger sind die §§ 9, 10, 11 (jeweils in der bis 13.12.2016 gültigen Fassung), 15 Abs. 1 SGB VI a.F. i.V.m. § 26 Abs. 1, 2 Nr. 6 SGB, § 31 IX (jeweils in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung). § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX a.F. findet hingegen vorliegend keine Anwendung, da der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegenüber dem Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachrangig ist (vgl. BSG, Urteile vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R - und vom 30.10.2014 - B 5 R 8/14 R -; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.09.2018 - L 1 KR 229/17 -; jeweils in Juris). Der Rentenversicherungsträger erbringt bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 9 Abs. 2 SGB VI a.F.) Leistungen zur Rehabilitation, um den Auswirkungen u.a. einer Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.) und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da sich der Senat nicht von einem berufsbedingten Mehrbedarf überzeugen konnte, der von einem zuzahlungsfreien Hörgerät nicht abgedeckt wird, sondern nur mittels des angeschafften Siemensgerätes ausgeglichen werden kann.
Zwar verfügt der Kläger über einen Arbeitsplatz, bei dem Gespräche in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlichen Teilnehmern notwendig werden, so dass das Hörgerät in der Lage sein muss, die Hörbehinderung des Klägers in unterschiedlichen Situationen und insbesondere unter Lärm auszugleichen. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass zu diesem Ausgleich nicht auch das ebenfalls getestete Kassengerät in der Lage gewesen wäre. Nach dem Anpass- und Abschlussbericht des Hörgeräte-Akustikers vom 19.09.2013 ergab das Sprachverstehen im Freifeld bei einem Nutzschall von 65 dB bei dem Kassengerät ein Sprachvestehen von 65 %, während bei dem hier streitigen Siemens-Gerät ein Sprachverstehen von 60 % erreicht wurde und damit sogar ein geringfügig geringeres als beim Kassengerät. Ähnlich schnitten die Geräte auch bei Störfall ab, hier erreichte das Kassengerät einen Wert von 45 %, das Siemens-Gerät einen Wert von 50 %. Wie der befragte Hörgeräteakustiker L. in seiner Stellungnahme aus März 2019 nachvollziehbar dargelegt hat, liegt eine Differenz von 5 % im Toleranzbereich der akustischen Hörtests. Hintergrund ist, dass beim Freiburger Sprachtest, der zum Nachweis des Hörgewinns bei der Hörgeräteversorgung verwendet wird, Wortreihen mit 20 Wörtern durchgemessen werden, so dass bereits ein falsch verstandenes Wort eine Differenz von 5 % ausmacht. Dies bedeutet, dass der Kläger vorliegend bei Benutzung des Siemensgeräts im Vergleich zum Kassengerät lediglich ein Wort besser verstanden hat - die Differenz von 5 % ist damit wenig aussagekräftig. Auch die Notwendigkeit einer Fernbedienung erschließt sich dem Senat nicht. Diesbezüglich hat der Kläger argumentiert, aufgrund sich verändernder Hintergrundgeräusche schnell reagieren zu müssen, um den Gesprächen in den verschiedenen Bereichen folgen zu können. Hierzu hat der Hörgeräteakustiker nachvollziehbar dargelegt, bei einem Kassengerät sei eine Programmumschaltung ebenfalls möglich, nur eben nicht über eine Fernbedienung, sondern über einen Taster direkt am Gerät. Beim Umschalten über eine Fernbedienung müsse diese zuerst in die Hand genommen werden, um dann die richtigen Tasten zu drücken - dies sei nicht wesentlich schneller als eine Regulierung direkt am Gerät. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Eine Fernbedienung mag komfortabler sein, doch besteht - wie bei der Krankenversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R -, Juris) - keine Leistungspflicht für Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Ebenso wenig vermag das Argument des Klägers, er als Brillenträger komme mit einem HdO-Gerät nicht zurecht, nicht zu überzeugen. Zum einen hat der Hörgeräteakustiker hierzu überzeugend ausgeführt, ein Hörgerät werde vor dem Brillenbügel getragen, so dass dieser bei der Programmumschaltung nicht im Wege sei. Zum anderen betrifft dies eine Vielzahl von Hörgeräteträgern und verursacht keinen berufsbedingten Mehrbedarf gerade des Klägers. Über eine Lautstärkeregelung verfügte das Kassengerät im Unterschied zum Siemens-Gerät nicht, doch ist für den Senat nicht ersichtlich, dass dieser Aspekt von ausschlaggebender Bedeutung ist. Wie der Hörgeräteakustiker dargelegt hat, können bei dem Kassengerät Lautstärkeveränderungen im Rahmen der verschiedenen Hörprogramme über den Taster vorgenommen werden, so dass der Kläger im "Störgeräusche-Programm" über seinen Hörgeräteakustiker eine entsprechend höhere Lautstärke hätte einprogrammieren können, wenn er denn Schwierigkeiten festgestellt hätte, z.B. in der Werkshalle seine Gesprächspartner zu verstehen. Im Übrigen kann auch ein Normalhörender die Lautstärke nicht verändern und muss bei zu hohem Lärm einen ruhigeren Ort für Besprechungen suchen. Ob der Kläger subjektiv mit dem Siemens-Hörgerät eine bessere Hörqualität erreichen konnte, lässt sich durch den Senat nicht nachprüfen. Da die Beweislast für den berufsbedingten Mehrbedarf beim Kläger liegt, geht diese Nichterweislichkeit zu seinen Lasten.
Den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. R.vermag der Senat demgegenüber nicht zu folgen. Soweit er die dynamische Verbesserung durch digitale Geräte in den letzten Jahren beschreibt und hierbei "Quantensprünge" - ähnlich wie bei Smartphones - erwähnt, führt diese Argumentation vorliegend nicht weiter. Es ist gerade nicht belegt, dass das Siemens-Gerät dem Kassengerät technisch dergestalt überlegen wäre, dass der Hörverlust durch ersteres wesentlich besser ausgeglichen worden wäre. Die Ausführungen des Prof. Dr. R.zu der festgestellten Differenz des Sprachverstehens im Störschall von 5 % überzeugen angesichts des vom Hörgeräteakustikers beschriebenen Toleranzbereichs nicht. Im Übrigen hat der Gutachter selbst eingeräumt, nicht über eine ausreichende Fachkompetenz zu verfügen, technische Einzelheiten der Hörgeräte zu bewerten oder vorzuschlagen. Insofern haben auch seine Ausführungen zur Fernbedienung, zum schnellen Umschalten und zur Lautstärkeregulierung wenig Gewicht, da er nicht in der Lage ist zu beurteilen, inwieweit auch das Kassengerät ohne Fernbedienung und Lautstärkeregelung den Hörverlust ausgleichen kann. Eine fehlende Kompetenz zur technischen Beurteilung von Hörgeräten hat auch die behandelnde Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. D. in ihrer Stellungnahme aus Dezember 2014 gegenüber dem SG so bestätigt, indem sie ausgeführt hat, sie könne als HNO-Ärztin über die Ausstattung von Geräten keine genaue Antwort geben; hier helfe nur der Akustiker weiter. Generell lasse sich nach Rücksprache mit einem Akustiker sagen, dass sowohl mit einem Kassengerät als auch mit anderen Geräten das objektive Sprachverständnis gleich sei. Die wesentlich teureren Geräte seien in vielen Dingen komfortabler.
Auch die Stellungnahme des Werksarztes Dr. F. bzw. der Werksärztin Dr. S. vom 09.02.2016 vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Die Werksärzte empfehlen zwar ein Hörgerät mit besonderen Anforderungen für den industriellen Arbeitsalltag, das sich vorprogrammieren lässt, Störquellen möglichst ausblendet und bei dem ein schnelles Umschalten, ggf. mittels Fernbedienung, möglich sein sollte, doch fehlt die Auseinandersetzung mit der Eignung des Kassengerätes. Zum Zeitpunkt der Stellungnahme war der Kläger bereits über zwei Jahre mit dem Siemens-Hörgerät versorgt. Dass dieses die Anforderungen, die bei der Arbeit an ihn gestellt werden, erfüllt, bezweifelt der Senat nicht und ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig; zu klären war aber, ob auch das Kassengerät ausreichend gewesen wäre. Hierzu konnten die Werksärzte naturgemäß keine Ausführungen machen.
Den Hilfsanträgen des Klägers, die im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gestellt worden sind, war nicht zu entsprechen.
Der Senat musste dem Antrag des Klägerbevollmächtigten auf Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. R.(§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 3 Zivilprozessordnung [ZPO]) nicht nachkommen. Nach § 411 Abs. 3 ZPO kann das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Grundsätzlich steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es einen Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens laden will (s. hierzu und zum Folgenden mit weiteren Nachweisen BSG, Beschluss vom 19.04.2017 - B 13 R 339/16 B -, Juris). Zwar wird mit § 411 Abs. 3 ZPO die Befugnis des Prozessgerichts statuiert, von sich aus, "von Amts wegen", also ohne Anregung oder Antrag eines Beteiligten den Sachverständigen zum Termin zu laden und dort zu hören, um fehlerhafte tatsächliche Annahmen, Lücken oder Widersprüche im Gutachten in Gegenwart der Beteiligten mündlich zu erörtern und nach Möglichkeit auszuräumen (BSG a.a.O. m.w.N.). Allerdings ist ein Prozessbeteiligter nicht gehindert, ein Tätigwerden des Prozessgerichts vom Amts wegen nach § 411 Abs. 3 ZPO anzuregen. Diese Anregung ("Antrag") muss aber bestimmten Anforderungen entsprechen: Sie muss Ausführungen enthalten, aufgrund derer sich das Gericht schlüssig werden kann, ob es überhaupt Anlass hat, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zum Termin zu laden; die Anregung muss zumindest bei einem anwaltlich vertretenen Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit regelmäßig so rechtzeitig nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens beim Prozessgericht eingebracht werden, dass dieses entsprechend der Konzentrationsmaxime (vgl. § 106 Abs. 2 SGG) in der Lage ist, den Sachverständigen noch zum nächsten Termin zu laden und die Streitsache in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Einen Antrag, der den vorgenannten Anforderungen nicht genügt, kann das Prozessgericht ablehnen, ohne dass es das ihm durch § 411 Abs. 3 ZPO eingeräumte Ermessen überschreitet (vgl. BSG a.a.O.). Vorliegend hat der Kläger lediglich beantragt, den Gutachter Prof. Dr. R.zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Eine "Erläuterungsbedürftigkeit" wurde in keiner Weise dargetan oder begründet und ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Überdies wurde der Antrag verspätet gestellt, nämlich erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, obwohl das Gutachten bereits vom SG eingeholt wurde. Insofern sah der Senat keine Veranlassung, dem Antrag des Klägers auf Vernehmung des Gutachters im Termin nachzukommen. Der Kläger kann sich auch nicht auf sein "Fragerecht" berufen. Unabhängig von der nach § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht jedem Beteiligten gemäß §§ 116 Satz 2 SGG, 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (stRspr, s. hierzu und zum Folgenden nur BSG, Beschlüsse vom 16.04.2018 - B 9 V 8/18 B - und vom 19.04.2017 a.a.O., Juris). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Auch hier ist jedoch notwendig, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Hieran fehlt es bereits. Der Klägerbevollmächtigte hat nicht aufgezeigt, welche konkreten Punkte er noch für erläuterungsbedürftig hält. Vielmehr hat er lediglich die Erläuterung des Gutachtens beantragt. Zudem verkennt der Kläger, dass das Recht eines Beteiligten, Fragen an einen Sachverständigen zu stellen, grundsätzlich nur mit Blick auf solche Gutachten besteht, die im selben Rechtszug erstattet worden sind (BSG, Beschluss vom 16.04.2018 a.a.O. m.w.N.), es sei denn, das SG ist dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf mündliche Befragung verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Auflage 2017, § 118 Rdnr. 12 g m.w.N.). Vorliegend ist ein entsprechender Antrag vor dem SG nicht gestellt worden, weder vor noch während der mündlichen Verhandlung. Insofern besteht zum jetzigen Zeitpunkt kein Fragerecht mehr.
Auch den Anträgen auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens war nicht zu entsprechen. Gemäß § 103 SGG erforscht das Gericht zwar den Sachverhalt von Amts wegen, doch steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (siehe hierzu nur BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 V 1/12 R -, Juris; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt a.a.O. § 103 Rdnr. 4 ff). Ziel der Amtsermittlung ist es, dem Gericht zu einer Überzeugung zu verhelfen, auf die eine Entscheidung gestützt werden kann (§ 128 SGG). Das Gericht muss diejenigen Ermittlungen durchführen, zu denen es sich nach der Sach- und Rechtslage gedrängt fühlen muss. Soweit der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt ist, muss das Gericht von allen Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch machen, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen. Das Gericht verletzt seine Amtsermittlungspflicht, wenn es einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht entspricht. Dies ist (nur) der Fall, wenn das Gericht objektiv im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zu weiterer Sachaufklärung gehalten war (Martin Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 103 Rdnr. 3). Vorliegend standen dem Gericht - wie oben ausführlich dargelegt - ausreichende Erkenntnisquellen zur Verfügung, auf die es seine Entscheidung stützen konnte bzw. die in die Entscheidungsfindung eingeflossen sind, nämlich allem voran der Anpass- und Abschlussbericht sowie die sachverständige Zeugenaussage des Hörgeräteaktustikers L., aber auch das Gutachten des Prof. Dr. R.und die Stellungnahmen der HNO-Ärztin Dr. D. sowie der Werksärzte Dr. F. und Dr. S ... Es bestand für den Senat keine Veranlassung, über diese Beweismittel hinaus noch ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.
Da sich der Senat im Ergebnis von einem berufsbedingten Mehrbedarf, der eine Versorgung mit dem Siemens-Gerät erfordert hätte, nicht überzeugen konnte, hat die Beklagte die über den Festbetrag hinausgehenden Kosten zu Recht abgelehnt. Das entgegenstehende Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung eines Eigenanteils für eine Versorgung mit einem digitalen Hörgerät durch den Rentenversicherungsträger.
Der 1961 geborene Kläger leidet an beidseitiger Innenohrschwerhörigkeit und ist seit August 2002 als Betriebsingenieur in der Produktion bei der D. AG beschäftigt. Unter Vorlage einer Versorgungsanzeige vom 04.09.2013 des Hörgeräteakustikers L., A., stellte der Kläger am 14.11.2013 bei seiner Krankenkasse, der Beigeladenen, einen Antrag auf Hörgeräteversorgung. Diesem Antrag war eine Kostenaufstellung vom 14.11.2013 über zwei Hörgeräte Siemens Motion 301 (im Folgenden Siemens-Hörgerät) in Höhe von insgesamt 2.941,61 EUR beigefügt. Aus dem Anpass- und Abschlussbericht des Hörgeräteakustikers vom 19.09.2013 ergibt sich, dass mit dem zuzahlungspflichtigen Siemens-Hörgerät beim Sprachverstehen im Freifeld unter Nutzschall ein Wert von 60% und unter Nutz- und Störschall von 50% erreicht werden konnte, während das Sprachverstehen bei dem zuzahlungsfreien Hörgerät Duo 4 Audio Service (im Folgenden: Kassengerät) ohne Störschall 65% und mit Störschall 45% betrug.
Mit Schreiben vom 22.11.2013 (Eingang bei der Beklagten am 26.11.2013) leitete die Beigeladene den Antrag wegen Unzuständigkeit an die Beklagte weiter. Nach Rücksprache mit dem Akustiker und dem Kläger sei eine Hörgeräteversorgung nach Festbetrag ausreichend, wenn nicht ein berufsbedingter Mehrbedarf bestehen würde. Hierzu gab der Kläger an, er müsse Besprechungen mit mehreren Teilnehmern in verschiedenen Bereichen (z.B. an Produktionsbändern, mit Maschinen, bei Druckluft oder Lüftungsgeräuschen, in Besprechungsecken mit Fördertechnikgeräuschen, im Großraumbüro mit Lärmpegel) führen. Die Teilnehmer sprächen unterschiedlich laut und stünden unterschiedlich weit weg. Er sei darauf angewiesen, den Inhalt der Gespräche richtig zu verstehen. Außerdem benötige er eine Lesebrille, die er ständig während der Gespräche auf- und abziehen müsse. Bei Geräten hinter dem Ohr gebe das jedes Mal einen Schlag aufs Gehör oder die Brille falle herunter. Er benötige daher ein höherwertiges Im-Ohr-Gerät mit einer Fernbedienung mit verschiedenen Programmen, um schnell auf diese unterschiedlichen Situationen reagieren zu können, da er sonst den Inhalt der Gespräche nicht richtig mitbekomme und somit eventuell die falschen Entscheidungen treffe.
Mit Bescheid vom 16.12.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Hörgeräteversorgung ab mit der Begründung, er sei angesichts der bestehenden Hörschädigung generell auf das Tragen einer Hörhilfe aus medizinischen Gründen angewiesen und benötige dieses Hilfsmittel im privaten wie auch im beruflichen Lebensbereich. Bei der Versorgung dieses Grundbedarfes handele es sich um eine Krankenbehandlung im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung sei auch bei der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Betriebsingenieur ausreichend, da die Anforderungen in seiner Berufstätigkeit keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen ließen.
Am 03.01.2014 erging durch die behandelnde Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. D. eine ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe (Bl. 44 SG-Akte). Noch am selben Tag wurde der Kläger durch den Hörgeräteakustiker L. mit dem Siemens-Hörgerät versorgt. Die Beigeladene erklärte sich mit Bescheid vom 21.01.2014 gegenüber dem Kläger bereit, die Kosten für die Hörgeräte in Höhe von 1.463,47 EUR zu übernehmen (Festbetrag unter Berücksichtigung einer Zuzahlung in Höhe von 10,00 EUR je Hörgerät; Bl. 49 SG-Akte). Dies teilte die Beigeladene auch dem Hörgeräteakustiker mit (Schreiben vom 21.01.2014). Die restlichen Kosten in Höhe von insgesamt 1693,14 EUR zahlte der Kläger selbst.
Mit Schreiben vom 15.01.2014 erhob der Kläger gegen die ablehnende Bescheidung der Beklagten Widerspruch mit der Begründung, es dürften insgesamt keine hohen Anforderungen an die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gestellt werden. Entscheidend sei, ob die Erwerbsfähigkeit des hörbehinderten Menschen entsprechend seiner Leistungsfähigkeit durch eine höherwertige Hörgeräteversorgung erhalten, verbessert, hergestellt oder wiederhergestellt werden könne. Vorliegend liege eine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit vor, da der Kläger in der Produktion eines Automobilherstellers Besprechungen in ständig wechselnden Bereichen habe. Dies sei mal ein Raum mit Lüftungsgeräuschen, an Produktionsbändern mit Maschinen oder Luftdruckgeräuschen, mal in Besprechungsecken mit Fördertechnikgeräuschen, im Großraumbüro mit Stimmen von allen Seiten usw. Die Teilnehmer der Gesprächsrunden stünden mal weiter weg oder sprächen so leise, dass der Kläger schnell auf ein anderes Programm schalten oder lauter machen müsse und danach wieder schnell leiser.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, ein Hilfsmittel sei nur dann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Abs. 8 Nr. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) anzusehen, wenn es ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme benötigt werde. Hierzu gehörten Hörhilfen nicht. Bei der vom Kläger begehrten Hörhilfe handele es sich um ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), das erforderlich sei, um die bestehende Hörbehinderung auszugleichen. Es liege im Versorgungsauftrag der Krankenkasse, für den Ausgleich der Funktionsstörung mittels adäquater Hörhilfen zu sorgen. Eine Leistungsgewährung seitens der Rentenversicherung komme nur in Betracht, wenn die Hörhilfe als spezifische berufsbedingte Hörgeräteversorgung über den Versorgungsauftrag der Krankenkasse hinaus erforderlich ist, um den speziellen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. In seinem Beruf als Betriebsingenieur bestünden keine gegenüber anderen Berufen erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen.
Gegen den beim Klägerbevollmächtigten am 14.08.2014 eingegangenen Widerspruchsbescheid hat dieser am 15.09.2014, einem Montag, Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist ausgeführt worden, es sei evident, dass in den Betriebs- und Produktionsräumen eines Automobilherstellers eine völlig andere Geräuschkulisse herrsche als beispielsweise in einem Büro. Dass eine höherwertige Hörgeräteversorgung in aller Regel nicht ausschließlich beruflich, sondern auch privat genutzt werde, sei unschädlich. Der Kläger hat eine arbeitsmedizinische Stellungnahme des Leitenden Werksarztes Dr. F. bzw. der Werksärztin Dr. S. vom 09.02.2016 vorgelegt, wonach ein Hörgerät mit besonderen Anforderungen für den industriellen Arbeitsalltag erforderlich sei. Dieses solle sich auf die häufigsten Situationen vorprogrammieren lassen und auch Störquellen möglichst ausblenden. Auch sollte ein schnelles Umschalten, gegebenenfalls mittels Fernbedienung, auf die entsprechende Umgebungssituation möglich sein. Das vom Kläger neu beschaffte Gerät erfülle diese besonderen Anforderungen.
Das SG hat zunächst die behandelnde Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. D. als sachverständige Zeugin befragt, die in ihrem Schreiben aus Dezember 2014 ausgeführt hat, es gebe durchaus Geräte, die über die Krankenkasse gedeckt seien und eine ausreichende zweckmäßige Verbesserung der Hörfähigkeit ermöglichten. Ihr sei bekannt, dass der Kläger bei M. in R. arbeite und bedingt durch die vielfältigen Anforderungen und Einsatzbereiche verschiedenen Lärmpegeln bzw. akustischen Problemen ausgesetzt sei, sodass natürlich die höherwertigen Geräte, die sich z.B. auf unterschiedliche Lärmpegel selbst einstellten, erheblich von Vorteil seien. Über die Ausstattung von diesen Geräten könne sie als HNO-Ärztin jedoch keine Auskunft geben, hier helfe nur der Akustiker weiter. Generell lasse sich sagen, dass sowohl mit einem Kassengerät als auch mit anderen Geräten das objektive Sprachverständnis gleich sei. Die wesentlich teureren Geräte seien in vielen Dingen komfortabler.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG anschließend gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Prof. Dr. R.mit der Erstellung eines Hals-Nasen-Ohren-fachärztlichen Gutachtens betraut, der nach ambulanter Untersuchung des Klägers in seinem Gutachten vom 02.11.2017 dargelegt hat, es bestehe rechts eine mittelgradige und links eine mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit, die sowohl im Alltag als auch im Beruf eine deutliche Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit bedinge. Eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung mit Hörgeräten durch die gesetzliche Krankenversicherung sei im Rahmen der medizinischen Grundversorgung in Bezug auf die Bedingungen und Anforderungen in der Beschäftigung als Betriebsingenieur nicht ausreichend. In der Hörgeräteentwicklung habe sich eine sehr dynamische Verbesserung durch digitale Geräte in den letzten Jahren gezeigt, die stetig fortschreite. Der Kläger trage in seinem Betrieb eine hohe Verantwortung. Wesentliches Hauptmerkmal seiner Tätigkeit sei die Kommunikation in sehr unterschiedlichen Hörumgebungen. Diese Anforderungen gingen weit über die Anforderungen für einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie beispielsweise eine Tätigkeit im Büro, hinaus. Die im Anpass- und Abschlussbericht des Hörgeräteakustikers vom 19.09.2013 festgestellte Differenz des Sprachverstehens im Störschall zugunsten des Siemens Motion 301 sei bedeutsam, da die Störschallsituation im Arbeitsalltag des Klägers dominiere. Als HNO-ärztlicher Sachverständiger, der nicht in Personalunion auch Hörgeräteakustiker sei, bestehe keine ausreichende Fachkompetenz, technische Einzelheiten der Hörgeräte zu bewerten oder vorzuschlagen. Letztendlich sei eine Hörgeräteanpassung vergleichend notwendig, da neben messtechnisch erhobenen Parametern wie der Hörschwelle und den sprachaudiometrischen Kennwerten auch in erheblichem und wichtigem Maße subjektive Parameter zu berücksichtigen seien. In der vergleichenden Hörgeräteanpassung habe der Kläger mit dem jetzt verordneten Hörgerät den besten Hörgewinn im Störlärm erreicht. Er schließe sich der Meinung des Leitenden Werksarztes Dr. F. an, der die Kostenübernahme für das hier begehrte Hörgerät empfehle, um die Erwerbsfähigkeit dauerhaft sicherzustellen. Der Kläger benötige ein Hörgerät, bei dem es möglich sei, mit einer Fernbedienung zwischen laut und leise und den verschiedenen Programmen umzuschalten.
Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, es seien auch Im-Ohr-Geräte ohne Zuzahlung durch die Krankenkasse erhältlich. Die Notwendigkeit einer Fernbedienung werde vom Gutachter nicht näher begründet. Es werde zudem davon ausgegangen, dass die vom Kläger aus beruflichen Gründen geführten Gespräche möglichst in den eher ruhigen Bereichen des Betriebes geführt würden. Auch normal Hörende hätten Verständigungsprobleme bei erheblichem Hintergrundlärm. Insofern sei nicht nachvollziehbar, mit welcher Begründung ein schneller Wechsel mittels Fernbedienung erforderlich sein solle. Es sei zumutbar, etwaige notwendige Änderungen am Gerät selbst vorzunehmen. Geräte im Rahmen der Festbetragsregelung müssten als Mindestanforderung Digitaltechnik, Mehrkanaligkeit, Rückkoppelungsunterdrückung, Störschallunterdrückung und mindestens drei manuelle Hörprogramme aufweisen.
Mit Urteil vom 27.04.2018 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger den über den bereits durch die Beigeladene erstatteten Festbetrag hinausgehenden Eigenanteil für die selbstbeschafften Hörgeräte zu erstatten. Als Begründung hat das SG dargelegt, zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die originäre Versorgung eines entsprechend im Hörvermögen geschädigten Versicherten mit einem Hörgerät eine medizinische Leistung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX i.V.m. § 33 Abs. 1 SGB V darstelle, da dieses regelmäßig nicht ausschließlich für die Berufstätigkeit benötigt und benutzt, sondern im gesamten täglichen Leben zur Befriedigung des Grundbedürfnisses des Hörens eingesetzt werde. Vorliegend sei der Kläger jedoch an seinem Arbeitsplatz auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen und in seiner beruflichen Tätigkeit als Betriebsingenieur Situationen ausgesetzt, denen er ohne Verwendung adäquater Hörhilfen nicht mehr gewachsen wäre. Die hierzu erforderliche Hörfähigkeit könne nicht in ausreichendem Maße mit einem Festbetragsgerät erreicht werden. Hierbei stütze sich das Gericht auf die Ausführungen des Prof. Dr. R. , die durch die arbeitsmedizinische Stellungnahme des Dr. F. vom 09.02.2016 gestützt werde. Mit dem jetzt verordneten Gerät habe der Kläger den besten Hörgewinn im Störlärm erreicht.
Gegen das der Beklagten am 11.05.2018 zugestellte Urteil hat diese am 08.06.2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der Begründung, der Gutachter Prof. Dr. R. habe lediglich Meinungen zu rechtlichen, berufskundlichen, gesellschaftlichen und technischen Fragen wiedergegeben, für die er jedoch kein Sachverständiger sei. Obwohl der Gutachter dargelegt habe, keine ausreichende Fachkompetenz zu technischen Einzelheiten von Hörgeräten zu besitzen, behaupte er, dass der Ausgleich eines Hörverlustes mit Hörgeräten zum Festbetrag in den meisten Fällen nicht in ausreichendem Maße möglich sei. Diese Aussage sei als Grundlage für das angegriffene Urteil ungeeignet. Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich sollten nach ständiger Rechtsprechung das Gleichziehen mit einem Gesunden gewährleisten. Wenn es denn tatsächlich zutreffend wäre, dass ausschließlich mit dem streitgegenständlichen Hörgerät der deutlich beste Hörgewinn zu erzielen gewesen sei, dann sei dies zur Deckung des Grundbedarfs notwendig. Ein berufsbedingter Mehrbedarf könne sich erst ergeben, wenn der Hörverlust unter Beachtung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausgeglichen sei und darüber hinaus besondere Höranforderungen erforderlich seien. Das Verstehen von Sprache auch im Störlärm sei gerade keine solche besondere Höranforderung. Der Gutachter gehe offenbar davon aus, dass sämtliche Arbeitsplätze im industriellen Arbeitsalltag eine besondere Höranforderung hätten. In einem Industrieland könne man bei Vorhandensein von unzähligen diesbezüglichen Arbeitsplätzen kaum von einer besonderen Höranforderung sprechen, zumal vom Gutachter auch hier überwiegend Kommunikation als Aufgabe benannt werde. Soweit sich die Aussagen des Gutachters auf Lärmquellen bezögen, sei anzumerken, dass hierfür kein Hörgerät mit der Möglichkeit Störquellen auszublenden erforderlich sei, sondern ein Lärmschutz. Wenn tatsächlich ein Mangel des Sprachverstehens im Störlärm im Rahmen der Festbetragsversorgung bestünde, sei die Beigeladene dafür zuständig, diesen auszugleichen. Die Begründung des SG im angefochtenen Urteil bedeute eine nicht hinnehmbare Begrenzung der Krankenversorgungspflicht für eine berufs- und alltagsübliche Höranforderung. Der Fokus sei vorliegend auf die Frage zu richten, welche Qualität die bisherige Krankenversorgung gehabt habe und ob die bisher geleistete Versorgung dem Auftrag des Bundessozialgerichts (BSG) gerecht werde. Wenn dieser höchstrichterlich festgelegte Leistungsauftrag zur Zufriedenheit der Antragsteller erreicht worden sei, dürfte sich die Frage nach einem spezifisch berufsbedingten Bedarf nur noch in wenigen Fällen stellen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. April 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, 1. den Sachverständigen Prof. Dr. R.zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden, 2. zum Beweis der Tatsache, dass beim Kläger nach Art und Schwere der Hörbehinderung a) in Bezug auf die Anforderungen des täglichen Lebens b) in Bezug auf die Bedingungen und Anforderungen seiner Beschäftigung bei einem Automobilhersteller, insbesondere Besprechungen mit mehreren Teilnehmern in verschiedenen Bereichen, z.B. an Produktionsbändern mit Maschinen, Druckluftgeräuschen und Lüftungsgeräuschen, Besprechungsecken mit Fördertechnikgeräuschen
eine den medizinischen Erfordernissen entsprechende zweckmäßige Ausstattung mit Hörgeräten durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der medizinischen Grundversorgung nicht ausreichend ist, die Einholung eines Sachverständigengutachtens,
3. zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger im Hinblick auf die Bedingungen und Anforderungen seiner Tätigkeit als Betriebsingenieur ein Hörgerät benötigt, bei dem es möglich ist, mit einer Fernbedienung schnell zwischen laut und leise und den verschiedenen Programmen umzuschalten, die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Prof. Dr. R.habe festgestellt, dass der Kläger mit dem jetzt verordneten Gerät den besten Hörgewinn im Störlärm erreicht habe. Auch blende die Beklagte aus, dass der Kläger an seinem Arbeitsplatz auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen sei. Die hierfür erforderliche Hörfähigkeit könne nicht in ausreichendem Maße mit einem Festbetragsgerät erreicht werden.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 19.02.2019 hat der Kläger ausführlich zu seinem Hörgerät Stellung genommen. Auf die Ausführungen im Protokoll wird verwiesen.
Anschließend hat das Gericht den Hörgeräteakustiker L. als sachverständigen Zeugen gehört, der im Schreiben aus März 2019 dargelegt hat, das Festbetragsgerät verfüge über drei verschiedene am Gerät über Taster umstellbare Hörprogramme. Es treffe sicherlich zu, dass bei dem angepassten Hörgerät die Programmumschaltung eine Erleichterung bei wechselnden Hörumgebungen darstelle, jedoch sei bei der bei ihm durchgeführten und zu beurteilenden Messung die nahezu gleiche Verständlichkeit wie mit einem Gerät ohne verschiedene Hörprogramme erreicht worden. Eine Fernbedienung wäre bei dem Festbetragsgerät nicht dabei gewesen. Eine Programmumschaltung hätte wie bei der Mehrzahl der Hörgeräte am Gerät über einen Taster erfolgen müssen, was, wenn keine motorischen Einschränkungen vorlägen, problemlos möglich sei. Über eine Lautstärkeregelung verfüge das Festbetragsgerät nicht. Lautstärkeveränderungen könnten nur im Rahmen der verschiedenen Hörprogramme über den Taster vorgenommen werden. Bei dem Festbetragsgerät habe es sich um ein Gerät hinter dem Ohr gehandelt. Eine Programmumschaltung stelle bei einem Brillenträger keine andere Situation dar als bei einem Nichtbrillenträger, da das Hörgerät vor dem Brillenbügel getragen werde. Somit sei der Brillenbügel nicht im Weg und es bestehe kein Unterschied zwischen Brillenträger und Nichtbrillenträger. Es könne auch nicht bestätigt werden, dass ein Programmwechsel mit Fernbedienung wesentlich schneller sei als ohne. Ohne Fernbedienung könne der Programmwechsel direkt am Hörgerät reguliert werden. Dies bedeute, dass eine Bedienung über eine Fernbedienung eventuell etwas komfortabler, jedoch nicht wesentlich schneller vonstatten gehe. Eine subjektive Hörqualität lasse sich sehr schlecht von einer anderen Person beurteilen. Im Aufgabenbereich des Hörgeräteakustikers liege es, durch objektive Messungen einen Vergleich herzustellen. Bei den objektiven Tests verschiedener Hörgeräte sei eine Differenz von 5 % festzustellen, was jedoch im absoluten Toleranzbereich der akustischen Hörtests liege.
Der Kläger hat hierzu eingewandt, der Hörgeräteakustiker habe insbesondere den Störlärm, mit dem er sich auseinandersetzen müsse, nicht berücksichtigt. Auch werde nicht deutlich, welche Messung er mit der "objektiv durchgeführten und zu beurteilenden Messung" meine. Die Würdigung, dass eine Programmumschaltung bei einem HdO-Gerät für Brillenträger keine andere Situation darstelle als für Nichtbrillenträger, sei nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Akten des Gerichts erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung der Beklagten (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG) worden, und auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die Versorgung mit seinem Hörgerät, die über den von der Beigeladenen bereits übernommenen Festbetrag hinausgehen.
Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Erstattung der den Festbetrag (§ 36 SGB V) übersteigenden Kosten seines selbstbeschafften Hörgeräts in Höhe von 1693,14 EUR entweder gegenüber der Beklagten oder der Beigeladenen (s. hierzu ausführlich Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15.12. 2017 - L 5 R 276/14 - unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.08.2013 - L 13 R 2607/10 - und BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R -, Juris), den er zutreffenderweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend macht.
Nachdem vorliegend die Beigeladene den Antrag innerhalb der Frist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung) an die Beklagte weitergeleitet hat, war diese als zweitangegangener Leistungsträger für die Leistung zuständig (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX a.F.) und hatte sowohl nach den Vorschriften des Krankenversicherungsrechts (SGB V) als auch nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Mehrkosten zu prüfen. Ein solcher Anspruch besteht vorliegend indes nicht.
Zum einen besteht kein Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach gilt nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Erstattungsanspruch reicht, wie in der Rechtsprechung des BSG geklärt ist, nicht weiter als ein entsprechender - primärer - Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr; vgl zB. BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 S 51 f m.w.N.; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12, Rdnr. 11 m.w.N.; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 19 Rn. 12). Rechtsgrundlage des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der bis zum 22.07.2015 gültigen Fassung). Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie erstens nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und zweitens im Einzelfall erforderlich sind, um entweder den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen, die nur von hörbehinderten Menschen benutzt werden und deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, auch nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind und weder der Krankenbehandlung noch der Vorbeugung einer Behinderung dienen, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind. Vorliegend bestand, wie der Kläger von Beginn an deutlich gemacht hat, gerade keine Notwendigkeit, statt mit dem hier in Frage stehenden Kassengerät mit dem teureren Siemensgerät versorgt zu werden. Der Kläger hat von Anfang an argumentiert, das Siemensgerät mit seiner Fernbedienung und IdO-Technik für seine Arbeitsstelle zu benötigen, um schnell auf verschiedene Höranforderungen reagieren zu können. Im täglichen Gebrauch besteht selbst nach den Angaben des Klägers eine solche Notwendigkeit einer schnellen Reaktion nicht. Insofern ergibt sich für die Beklagte aus den krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften keine Pflicht zur Erstattung des hier streitigen Differenzbetrages.
Ein solcher Anspruch folgt aber auch nicht aus den rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften. Wie das BSG entschieden hat, ist ein Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten (nämlich die der Krankenkasse für den Festbetrag und die der Rentenversicherung für die Mehrkosten) für eine einheitliche Sozialleistung sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich auch nicht systemfremd. Wählt ein Versicherter ein zum Behinderungsausgleich geeignetes Hilfsmittel in einer über das medizinisch Notwendige hinausgehenden aufwändigeren Ausführung, trägt die Krankenkasse nur die Kosten des Hilfsmittels in der notwendigen Ausstattung, während die Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten selbst zu tragen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V und § 31 Abs. 3 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung). Ist die höherwertige Ausstattung dagegen zwar nicht für den Alltagsgebrauch, wohl aber aus rein beruflichen Gründen erforderlich, fallen die Mehrkosten, die sonst der Versicherte selbst tragen müsste, dem Rentenversicherungsträger zur Last (BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R -, Juris).
Anspruchsgrundlage für die Übernahme der streitigen Mehrkosten für die Hörgeräteversorgung ist § 15 Abs. 1 Satz 3, 4 SGB IX (in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung), wonach der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet ist, wenn sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst beschaffen. Diese Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Bei dem rehabilitationsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 15 Abs. 1 Satz 4 Fall 2 SGB IX a.F. handelt es sich um einen Parallelanspruch zum krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch wegen rechtswidriger Leistungsablehnung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Der Anspruch ist demgemäß gegeben, wenn der nach § 14 SGB IX zuständige Rehabilitationsträger die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte bzw. Leistungsberechtigte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten bzw. Leistungsberechtigten ausgelöst hat (BSG, Urteil vom 24.01.2013 - B 3 KR 5/12 R -, Juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da die Beklagte die Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt hat.
Rechtsgrundlage für eine Hörgeräteversorgung durch einen Rentenversicherungsträger sind die §§ 9, 10, 11 (jeweils in der bis 13.12.2016 gültigen Fassung), 15 Abs. 1 SGB VI a.F. i.V.m. § 26 Abs. 1, 2 Nr. 6 SGB, § 31 IX (jeweils in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung). § 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX a.F. findet hingegen vorliegend keine Anwendung, da der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegenüber dem Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachrangig ist (vgl. BSG, Urteile vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R - und vom 30.10.2014 - B 5 R 8/14 R -; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.09.2018 - L 1 KR 229/17 -; jeweils in Juris). Der Rentenversicherungsträger erbringt bei Vorliegen der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 9 Abs. 2 SGB VI a.F.) Leistungen zur Rehabilitation, um den Auswirkungen u.a. einer Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.) und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da sich der Senat nicht von einem berufsbedingten Mehrbedarf überzeugen konnte, der von einem zuzahlungsfreien Hörgerät nicht abgedeckt wird, sondern nur mittels des angeschafften Siemensgerätes ausgeglichen werden kann.
Zwar verfügt der Kläger über einen Arbeitsplatz, bei dem Gespräche in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlichen Teilnehmern notwendig werden, so dass das Hörgerät in der Lage sein muss, die Hörbehinderung des Klägers in unterschiedlichen Situationen und insbesondere unter Lärm auszugleichen. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass zu diesem Ausgleich nicht auch das ebenfalls getestete Kassengerät in der Lage gewesen wäre. Nach dem Anpass- und Abschlussbericht des Hörgeräte-Akustikers vom 19.09.2013 ergab das Sprachverstehen im Freifeld bei einem Nutzschall von 65 dB bei dem Kassengerät ein Sprachvestehen von 65 %, während bei dem hier streitigen Siemens-Gerät ein Sprachverstehen von 60 % erreicht wurde und damit sogar ein geringfügig geringeres als beim Kassengerät. Ähnlich schnitten die Geräte auch bei Störfall ab, hier erreichte das Kassengerät einen Wert von 45 %, das Siemens-Gerät einen Wert von 50 %. Wie der befragte Hörgeräteakustiker L. in seiner Stellungnahme aus März 2019 nachvollziehbar dargelegt hat, liegt eine Differenz von 5 % im Toleranzbereich der akustischen Hörtests. Hintergrund ist, dass beim Freiburger Sprachtest, der zum Nachweis des Hörgewinns bei der Hörgeräteversorgung verwendet wird, Wortreihen mit 20 Wörtern durchgemessen werden, so dass bereits ein falsch verstandenes Wort eine Differenz von 5 % ausmacht. Dies bedeutet, dass der Kläger vorliegend bei Benutzung des Siemensgeräts im Vergleich zum Kassengerät lediglich ein Wort besser verstanden hat - die Differenz von 5 % ist damit wenig aussagekräftig. Auch die Notwendigkeit einer Fernbedienung erschließt sich dem Senat nicht. Diesbezüglich hat der Kläger argumentiert, aufgrund sich verändernder Hintergrundgeräusche schnell reagieren zu müssen, um den Gesprächen in den verschiedenen Bereichen folgen zu können. Hierzu hat der Hörgeräteakustiker nachvollziehbar dargelegt, bei einem Kassengerät sei eine Programmumschaltung ebenfalls möglich, nur eben nicht über eine Fernbedienung, sondern über einen Taster direkt am Gerät. Beim Umschalten über eine Fernbedienung müsse diese zuerst in die Hand genommen werden, um dann die richtigen Tasten zu drücken - dies sei nicht wesentlich schneller als eine Regulierung direkt am Gerät. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Eine Fernbedienung mag komfortabler sein, doch besteht - wie bei der Krankenversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R -, Juris) - keine Leistungspflicht für Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Ebenso wenig vermag das Argument des Klägers, er als Brillenträger komme mit einem HdO-Gerät nicht zurecht, nicht zu überzeugen. Zum einen hat der Hörgeräteakustiker hierzu überzeugend ausgeführt, ein Hörgerät werde vor dem Brillenbügel getragen, so dass dieser bei der Programmumschaltung nicht im Wege sei. Zum anderen betrifft dies eine Vielzahl von Hörgeräteträgern und verursacht keinen berufsbedingten Mehrbedarf gerade des Klägers. Über eine Lautstärkeregelung verfügte das Kassengerät im Unterschied zum Siemens-Gerät nicht, doch ist für den Senat nicht ersichtlich, dass dieser Aspekt von ausschlaggebender Bedeutung ist. Wie der Hörgeräteakustiker dargelegt hat, können bei dem Kassengerät Lautstärkeveränderungen im Rahmen der verschiedenen Hörprogramme über den Taster vorgenommen werden, so dass der Kläger im "Störgeräusche-Programm" über seinen Hörgeräteakustiker eine entsprechend höhere Lautstärke hätte einprogrammieren können, wenn er denn Schwierigkeiten festgestellt hätte, z.B. in der Werkshalle seine Gesprächspartner zu verstehen. Im Übrigen kann auch ein Normalhörender die Lautstärke nicht verändern und muss bei zu hohem Lärm einen ruhigeren Ort für Besprechungen suchen. Ob der Kläger subjektiv mit dem Siemens-Hörgerät eine bessere Hörqualität erreichen konnte, lässt sich durch den Senat nicht nachprüfen. Da die Beweislast für den berufsbedingten Mehrbedarf beim Kläger liegt, geht diese Nichterweislichkeit zu seinen Lasten.
Den Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. R.vermag der Senat demgegenüber nicht zu folgen. Soweit er die dynamische Verbesserung durch digitale Geräte in den letzten Jahren beschreibt und hierbei "Quantensprünge" - ähnlich wie bei Smartphones - erwähnt, führt diese Argumentation vorliegend nicht weiter. Es ist gerade nicht belegt, dass das Siemens-Gerät dem Kassengerät technisch dergestalt überlegen wäre, dass der Hörverlust durch ersteres wesentlich besser ausgeglichen worden wäre. Die Ausführungen des Prof. Dr. R.zu der festgestellten Differenz des Sprachverstehens im Störschall von 5 % überzeugen angesichts des vom Hörgeräteakustikers beschriebenen Toleranzbereichs nicht. Im Übrigen hat der Gutachter selbst eingeräumt, nicht über eine ausreichende Fachkompetenz zu verfügen, technische Einzelheiten der Hörgeräte zu bewerten oder vorzuschlagen. Insofern haben auch seine Ausführungen zur Fernbedienung, zum schnellen Umschalten und zur Lautstärkeregulierung wenig Gewicht, da er nicht in der Lage ist zu beurteilen, inwieweit auch das Kassengerät ohne Fernbedienung und Lautstärkeregelung den Hörverlust ausgleichen kann. Eine fehlende Kompetenz zur technischen Beurteilung von Hörgeräten hat auch die behandelnde Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. D. in ihrer Stellungnahme aus Dezember 2014 gegenüber dem SG so bestätigt, indem sie ausgeführt hat, sie könne als HNO-Ärztin über die Ausstattung von Geräten keine genaue Antwort geben; hier helfe nur der Akustiker weiter. Generell lasse sich nach Rücksprache mit einem Akustiker sagen, dass sowohl mit einem Kassengerät als auch mit anderen Geräten das objektive Sprachverständnis gleich sei. Die wesentlich teureren Geräte seien in vielen Dingen komfortabler.
Auch die Stellungnahme des Werksarztes Dr. F. bzw. der Werksärztin Dr. S. vom 09.02.2016 vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Die Werksärzte empfehlen zwar ein Hörgerät mit besonderen Anforderungen für den industriellen Arbeitsalltag, das sich vorprogrammieren lässt, Störquellen möglichst ausblendet und bei dem ein schnelles Umschalten, ggf. mittels Fernbedienung, möglich sein sollte, doch fehlt die Auseinandersetzung mit der Eignung des Kassengerätes. Zum Zeitpunkt der Stellungnahme war der Kläger bereits über zwei Jahre mit dem Siemens-Hörgerät versorgt. Dass dieses die Anforderungen, die bei der Arbeit an ihn gestellt werden, erfüllt, bezweifelt der Senat nicht und ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig; zu klären war aber, ob auch das Kassengerät ausreichend gewesen wäre. Hierzu konnten die Werksärzte naturgemäß keine Ausführungen machen.
Den Hilfsanträgen des Klägers, die im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gestellt worden sind, war nicht zu entsprechen.
Der Senat musste dem Antrag des Klägerbevollmächtigten auf Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. R.(§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 3 Zivilprozessordnung [ZPO]) nicht nachkommen. Nach § 411 Abs. 3 ZPO kann das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Grundsätzlich steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es einen Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens laden will (s. hierzu und zum Folgenden mit weiteren Nachweisen BSG, Beschluss vom 19.04.2017 - B 13 R 339/16 B -, Juris). Zwar wird mit § 411 Abs. 3 ZPO die Befugnis des Prozessgerichts statuiert, von sich aus, "von Amts wegen", also ohne Anregung oder Antrag eines Beteiligten den Sachverständigen zum Termin zu laden und dort zu hören, um fehlerhafte tatsächliche Annahmen, Lücken oder Widersprüche im Gutachten in Gegenwart der Beteiligten mündlich zu erörtern und nach Möglichkeit auszuräumen (BSG a.a.O. m.w.N.). Allerdings ist ein Prozessbeteiligter nicht gehindert, ein Tätigwerden des Prozessgerichts vom Amts wegen nach § 411 Abs. 3 ZPO anzuregen. Diese Anregung ("Antrag") muss aber bestimmten Anforderungen entsprechen: Sie muss Ausführungen enthalten, aufgrund derer sich das Gericht schlüssig werden kann, ob es überhaupt Anlass hat, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zum Termin zu laden; die Anregung muss zumindest bei einem anwaltlich vertretenen Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit regelmäßig so rechtzeitig nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens beim Prozessgericht eingebracht werden, dass dieses entsprechend der Konzentrationsmaxime (vgl. § 106 Abs. 2 SGG) in der Lage ist, den Sachverständigen noch zum nächsten Termin zu laden und die Streitsache in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Einen Antrag, der den vorgenannten Anforderungen nicht genügt, kann das Prozessgericht ablehnen, ohne dass es das ihm durch § 411 Abs. 3 ZPO eingeräumte Ermessen überschreitet (vgl. BSG a.a.O.). Vorliegend hat der Kläger lediglich beantragt, den Gutachter Prof. Dr. R.zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Eine "Erläuterungsbedürftigkeit" wurde in keiner Weise dargetan oder begründet und ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Überdies wurde der Antrag verspätet gestellt, nämlich erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, obwohl das Gutachten bereits vom SG eingeholt wurde. Insofern sah der Senat keine Veranlassung, dem Antrag des Klägers auf Vernehmung des Gutachters im Termin nachzukommen. Der Kläger kann sich auch nicht auf sein "Fragerecht" berufen. Unabhängig von der nach § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht jedem Beteiligten gemäß §§ 116 Satz 2 SGG, 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (stRspr, s. hierzu und zum Folgenden nur BSG, Beschlüsse vom 16.04.2018 - B 9 V 8/18 B - und vom 19.04.2017 a.a.O., Juris). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Auch hier ist jedoch notwendig, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Hieran fehlt es bereits. Der Klägerbevollmächtigte hat nicht aufgezeigt, welche konkreten Punkte er noch für erläuterungsbedürftig hält. Vielmehr hat er lediglich die Erläuterung des Gutachtens beantragt. Zudem verkennt der Kläger, dass das Recht eines Beteiligten, Fragen an einen Sachverständigen zu stellen, grundsätzlich nur mit Blick auf solche Gutachten besteht, die im selben Rechtszug erstattet worden sind (BSG, Beschluss vom 16.04.2018 a.a.O. m.w.N.), es sei denn, das SG ist dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf mündliche Befragung verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Auflage 2017, § 118 Rdnr. 12 g m.w.N.). Vorliegend ist ein entsprechender Antrag vor dem SG nicht gestellt worden, weder vor noch während der mündlichen Verhandlung. Insofern besteht zum jetzigen Zeitpunkt kein Fragerecht mehr.
Auch den Anträgen auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens war nicht zu entsprechen. Gemäß § 103 SGG erforscht das Gericht zwar den Sachverhalt von Amts wegen, doch steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (siehe hierzu nur BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 V 1/12 R -, Juris; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt a.a.O. § 103 Rdnr. 4 ff). Ziel der Amtsermittlung ist es, dem Gericht zu einer Überzeugung zu verhelfen, auf die eine Entscheidung gestützt werden kann (§ 128 SGG). Das Gericht muss diejenigen Ermittlungen durchführen, zu denen es sich nach der Sach- und Rechtslage gedrängt fühlen muss. Soweit der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt ist, muss das Gericht von allen Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch machen, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen. Das Gericht verletzt seine Amtsermittlungspflicht, wenn es einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht entspricht. Dies ist (nur) der Fall, wenn das Gericht objektiv im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zu weiterer Sachaufklärung gehalten war (Martin Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 103 Rdnr. 3). Vorliegend standen dem Gericht - wie oben ausführlich dargelegt - ausreichende Erkenntnisquellen zur Verfügung, auf die es seine Entscheidung stützen konnte bzw. die in die Entscheidungsfindung eingeflossen sind, nämlich allem voran der Anpass- und Abschlussbericht sowie die sachverständige Zeugenaussage des Hörgeräteaktustikers L., aber auch das Gutachten des Prof. Dr. R.und die Stellungnahmen der HNO-Ärztin Dr. D. sowie der Werksärzte Dr. F. und Dr. S ... Es bestand für den Senat keine Veranlassung, über diese Beweismittel hinaus noch ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.
Da sich der Senat im Ergebnis von einem berufsbedingten Mehrbedarf, der eine Versorgung mit dem Siemens-Gerät erfordert hätte, nicht überzeugen konnte, hat die Beklagte die über den Festbetrag hinausgehenden Kosten zu Recht abgelehnt. Das entgegenstehende Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved