L 11 KA 32/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KA 17/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 32/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 41/20 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.01.2019 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten auch im Berufungsrechtszug, jeweils mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4) sowie 6) und 7). Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Entzugs der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

Der 1950 geborene Kläger ist Facharzt für Innere Medizin und in C in einer Einzelpraxis seit 1987 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Anfang August 2014 wandte sich die Bezirksstelle L der Beigeladenen zu 5) an den Kläger und bat um Mitteilung, ob er seine Tätigkeit (wieder) aufnehmen oder auf seine vertragsärztliche Zulassung verzichten wolle. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass er seine ärztliche Tätigkeit nicht unterbrochen habe und fortsetzen wolle (Schreiben vom 7. September 2014). Zwar habe er seit 2010 keine bzw. keine vollständigen Abrechnungen mehr vorgelegt, da sein Bruder seitdem lebensbedrohlich erkrankt sei und intensiver medizinischer Betreuung bedurft habe. Als einziger Verwandter habe er neben dem laufenden Praxisbetrieb die Fürsorge für seinen Bruder nur sicherstellen können, indem er aus Zeitmangel auf administrative Tätigkeiten verzichtet habe. Hierzu habe auch die Abrechnung der Beigeladenen zu 5) gehört. Als sich der Gesundheitszustand seines Bruders gebessert und er seine Arbeitsabläufe wieder habe normalisieren wollen, habe er feststellen müssen, dass seine Praxis-EDV Abrechnungsquartale nicht habe überspringen können. Deshalb könne er keine aktuellen Abrechnungen mehr einreichen. Dass er seine ärztliche Tätigkeit zu keinem Zeitpunkt unterbrochen habe, lasse sich von Seiten der Beigeladenen zu 5) nachvollziehen; es lägen entsprechende Dokumente in großer Zahl vor (Rezepte, Überweisungen, Krankenhauseinweisungen, AU-Bescheinigungen sowie Abrechnungen aus dem Notdienst). In der Folgezeit verwies die Beigeladene zu 5) den Kläger darauf, dass er gemäß § 17 Abs. 1a) Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) mindestens 20 Stunden wöchentlich persönlich in Form von Sprechstunden zur Verfügung stehen müsse (Schreiben vom 16. September 2014). Die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit könne dazu führen, dass die ausgesprochene Zulassung entzogen werde. Er werde nunmehr um die Einreichung der Abrechnung für das Quartal III/2014 bis zum 30. September 2014 gebeten. Der Kläger teilte daraufhin ergänzend mit, seine Praxis sei montags, dienstags und donnerstags von 8.00 bis 18:00 Uhr, mittwochs von 8.00 bis 13:00 Uhr und freitags von 8.00 bis 14:00 Uhr durch seine Mitarbeiterinnen und ihn besetzt und erreichbar (Schreiben vom 27. Februar 2015). Er selbst sei weit darüber hinaus noch in der Praxis tätig. Somit seien die geforderten 20 Wochenstunden mehr als erfüllt. Soweit Zweifel an der korrekten Ausführung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit bestünden, biete er die Einsichtnahme in die fortlaufenden Patientendokumentationen, Laboranforderungen, Befunde von EKG´s, Sonographien etc. an.

In seiner Sitzung vom 11. März 2015 beschloss der Zulassungsausschuss für Ärzte L, dass dem Kläger seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Innere Medizin in C zum 12. März 2015 von Amts wegen nach § 95 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 27 Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) entzogen werde. Der mit Datum vom 9. April 2015 ausgefertigte Beschluss wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger keine validen Nachweise zum Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit vorgelegt habe. Er sei nicht zur Sitzung des Zulassungsausschusses erschienen und habe seit mehreren Quartalen ausschließlich Notdienstfälle abgerechnet. Somit sei er seinen vertragsärztlichen Pflichten, auf die er mehrmals hingewiesen worden sei, nicht mehr nachgekommen.

Der Kläger legte gegen diesen Beschluss Widerspruch ein und wiederholte im Wesentlichen seine bereits vorgetragene Argumentation.

In seiner Sitzung vom 22. Juli 2015 hörte der Beklagte die Mitarbeiterin des Klägers, Frau B, sowie den Kläger persönlich an. Auf die Niederschrift der Sitzung des Beklagten wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 22. Juli 2015, ausgefertigt als Bescheid am 4. August 2015, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, gemäß § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V sei die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorlägen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr aufnehme oder nicht mehr ausübe oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzte. Ursprünglich sei für die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung darauf abgestellt worden, dass der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht mehr ausübe. Nachdem dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten auszugsweise Stammblätter seiner Patienten vorgelegt habe, sei der Beklagte - auch nach Vernehmung der klägerischen Angestellten - davon überzeugt, dass trotz der fehlenden Abrechnungen seit dem Jahr 2010 eine irgendwie geartete vertragsärztliche Tätigkeit durchgeführt worden sei. Der Kläger habe jedoch seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine solche Pflichtverletzung sei anzunehmen, wenn durch sie das Vertrauen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der Krankenkassen (KK) so gestört sei, dass diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arzt nicht zugemutet werden könne. Vertragsärztliche Pflichten seien solche, die den Vertragsärzten durch Gesetz, Satzung, Verträgen über die vertragsärztliche Versorgung, Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses oder sonstige Rechtsbestimmungen auferlegt seien. Der Bezug zur vertragsärztlichen Tätigkeit erschöpfe sich nicht nur im Verhältnis zu den Patienten, sondern sei per Gesetz, Satzungen oder anderen Rechtsnormen geregelt, welche in erster Linie dazu dienten, die vertragsärztliche Versorgung zu sichern. Zu diesen Pflichten gehörten daher auch diejenigen gegenüber der KV, den sonstigen Leistungserbringern und den KK. Versäume es der Vertragsarzt - wie vorliegend der Kläger - seit etwa fünf Jahren, seine vertragsärztlichen Leistungen abzurechnen, so verstoße er gegen die Vereinbarungen über die Abrechnung; sein Verhalten sei nicht kontrollierbar und das System zwischen ihm, der KV‘en und den KKen werde damit in Frage gestellt. Zwar entschuldige sich der Kläger damit, dass er sich seit 2010 um seinen kranken Bruder habe kümmern müssen, was ihm keine Zeit für administrative Tätigkeiten gelassen habe. Andererseits habe er eingeräumt, dass er die Liquidationen für Privatpatienten in diesem Zeitraum vorgenommen habe; ihm seien also durchaus administrative Tätigkeiten möglich gewesen. Der Kläger habe in der Vergangenheit zudem mögliche Hilfestellungen, welche die Beigeladene zu 5) auch bei Schwierigkeiten mit der Abrechnungssoftware hätte geben können, nicht genutzt. Auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei sein Verhalten für das System der vertragsärztlichen Versorgung nicht tragbar. Ihm sei deshalb zu Recht die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzogen worden.

Gegen den ihm am 8. August 2015 zugegangenen Beschluss des Beklagten hat sich der Kläger mit seiner am 31. August 2015 erhobenen Klage zum Sozialgericht (SG) Köln gewandt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass keine gröbliche Pflichtverletzung vorliege. Die Frage der Honorarabrechnung betreffe sein Verhältnis zur KV, so dass diese unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erst eine Korrektur seines Verhaltens durch Anwendung von Disziplinarmaßnahmen (Verwarnung, Verweis, Geldbuße, Androhung des Ruhens der Zulassung) als milderes Mittel hätte anstreben müssen. Durch sein pflichtwidriges Verhalten habe sich zudem das zu verteilende Honorarvolumen der anderen Vertragsärzte erhöht. Er habe in erster Linie seine vorwiegend älteren Kassenpatienten weiter betreuen wollen. In den Jahren 2013 und 2014 habe es zudem zwei Wasserschäden in der Praxis gegeben. Es gebe in seiner Praxis auch nach wie vor Probleme mit dem EDV-Unternehmen. Die Daten seien grundsätzlich alle vorhanden, könnten jedoch nicht in eine Abrechnung einfließen. Bis dato sei nicht vertragsärztlich gegenüber der Beigeladenen zu 5) abgerechnet worden. Letztendlich verteidige er seine Vertragsarztzulassung aus altruistischen Motiven.

Der Kläger hat beantragt,

den Beschluss des Beklagten aus der Sitzung vom 22. Juli 2015 aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 5) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat darauf verwiesen, dass die Entziehung der Zulassung verhältnismäßig sei, auch wenn zuvor kein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Die Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V stehe zu den auch möglichen Disziplinarmaßnahmen nicht in einem Nachrangverhältnis. Nach dem Ergebnis der Sitzung vom 22. Juli 2015 sei davon auszugehen, dass der Kläger trotz fehlender Abrechnung seit dem Jahr 2010 eine irgendwie geartete vertragsärztliche Tätigkeit vorgenommen habe. Die gröbliche Pflichtverletzung sei jedoch darin zu sehen, dass er seine Pflichten gegenüber der Beigeladenen zu 5), den sonstigen Leistungserbringern und den KKen verletzt habe. Er habe es seit etwa fünf Jahren versäumt, seine vertragsärztlichen Leistungen abzurechnen; insofern verstoße er gegen Vereinbarungen über die Abrechnung, sein Verhalten sei nicht kontrollierbar und das System zwischen ihm und der Beigeladenen zu 5) und den KKen werde damit infrage gestellt. Die über fünf Jahre dauernde Weigerung, ordnungsgemäß abzurechnen, habe der Beklagte als gröbliche Pflichtverletzung angesehen.

Die Beigeladene zu 5), die das SG wie die Beigeladenen zu 1) bis 4) sowie 6) und 7) mit Beschluss vom 1. September 2015 am Verfahren beteiligt hat, hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe gegen vielerlei Rechtsvorschriften verstoßen, indem er Patienten behandelt und mit ihnen einen Behandlungsvertrag abgeschlossen, diese Leistungen jedoch nicht ihr - der Beigeladenen zu 5) - gegenüber abgerechnet habe. Nach § 12 Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (BO) sei die ärztliche Honorarforderung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu bemessen. Eine Unterschreitung dieser Sätze sei unlauter. Eine Ausnahme nach § 12 Abs. 2 BO sei nicht gegeben, so dass in der kostenlosen Behandlung ein Verstoß zu sehen sei. Dieser Verstoß verschaffe dem Kläger gegenüber ordnungsgemäß abrechnenden Vertragsärzten nicht nur einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil, sondern verwehre zudem den notwendigen Einblick in seine vertragsärztliche Tätigkeit und deren Kontrolle. Es könne keine Qualitätssicherung stattfinden. Das klägerische Abrechnungsverhalten spiegele darüber hinaus nicht seine Behandlungspraxis wider, was jedoch aufgrund des gesetzlich festgelegten Sicherstellungsauftrages unentbehrlich und auch im Rahmen der Bedarfsplanung unerlässlich sei. Die Verhandlungen würden auf der Basis richtiger Abrechnungen geführt. Gleiches gelte für den Honorarverteilungsmaßstab. Aufgrund dessen sei höchstrichterlich geklärt, dass eine endgültige Ausschlussfrist für die Vorlage von Abrechnungen gesetzeskonform sei. Die Entziehung der Zulassung des Klägers sei auch verhältnismäßig, da dieser trotz langwieriger schriftlicher Auseinandersetzungen sein Verhalten nicht verändert habe. Sicherlich habe er durch die Nichtabrechnung auf den ersten Blick lediglich sich selbst einen finanziellen Nachteil zugefügt. Allerdings dürften die weiteren Aspekte, nämlich die fehlende Transparenz, aufgrund derer keine verlässliche Aussage in Bezug auf den Sicherstellungsauftrag und die Honorarverhandlungen getroffen werden könnten, nicht außer Betracht bleiben.

Im Übrigen habe eine Betriebskrankenkasse sie - die Beigeladene zu 5) - seit Juli 2018 in mehreren Anschreiben darüber informiert, dass der Kläger auf Anfragen von Ärzten (sowie Anfragen wegen Vorerkrankungen) nicht reagiere. Trotz weiterer Korrespondenz habe der Kläger seine Mitwirkung bis heute verweigert. Dies zeige deutlich, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger als Vertragsarzt nicht mehr zumutbar sei. Er falle stattdessen weiter durch Verstöße auf, obgleich im Hinblick auf ein anhängiges Zulassungsentziehungsverfahren ein pflichtgemäßes Verhalten zu erwarten wäre.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25. Januar 2019 hat der Kläger erklärt, dass es weiterhin Probleme mit der Abrechnungs-EDV gebe. Er habe daher noch nicht gegenüber der Beigeladenen zu 5) abgerechnet. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Das SG hat mit Urteil vom 25. Januar 2019 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 28. Februar 2019 zugestellte Urteil hat sich der Kläger am 27. März 2019 mit der Berufung gewandt. Unter Wiederholung seines bisherigen Vortrages führt er ergänzend aus, dass zwar die Pflichtverletzung zu Recht festgestellt worden sei; zu Unrecht sei diese jedoch als "gröblich" bewertet worden. Der Entzug der Zulassung stelle einen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz (GG) dar. In Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sei dieser Eingriff durch das Übermaßverbot beschränkt. Mit der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme habe sich das SG jedoch nicht auseinandergesetzt. Das SG habe zwar abstrakt die Beeinträchtigungen durch eine mangelnde Abrechnung dargelegt, aber nicht wie er konkret das System der Abrechnung "erheblich" verletzt habe. Es sei gerade nicht erkennbar, wie er die Ziele der ordnungsgemäßen Abrechnung habe in einem nennenswerten Maße beeinträchtigen können. Eine gewisse Fehlerquote sei systemimmanent. Er sei auch deshalb nicht zu systemrelevanten Fehlern in der Lage, da er nur noch wenige - ältere - gesetzlich versicherte Patienten betreue, denen er einen Arztwechsel ersparen wolle. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen Vortrag dahingehend präzisiert, dass er pro Quartal ca. 400 bis 500 gesetzlich versicherte Patienten behandelt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.01.2019 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 04.08.2015 aufzuheben.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 5) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen

Er nimmt auf seine erstinstanzliche Stellungnahme Bezug.

Die Beigeladene zu 5) hält es nicht für relevant, ob die unterlassenen Abrechnungen kausal für systemrelevante Verschiebungen geworden seien. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers sei zudem - mangels Abrechnung - auch nicht nachprüfbar. Der Verstoß gegen die entsprechenden Rechtsvorschriften und die daraus folgende Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung reiche aus. Dabei führe der Kläger selbst aus, dass er beabsichtige, sein bisheriges Verhalten beizubehalten. Das sei nicht tolerabel.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die am 27. März 2019 schriftlich eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 28. Februar 2019 zugestellte Urteil des SG Köln vom 25. Januar 2019 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da das SG den Beschluss vom 4. August 2015 zu Recht nicht aufgehoben hat.

I. Für die begehrte Aufhebung des - allein streitgegenständlichen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Oktober 2012, B 6 KA 49/11 R, BSGE112, 90, Rdnr. 18) - Bescheides des Beklagten vom 4. August 2015 ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Altern. 1 SGG) statthaft. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht am 31. August 2015 binnen eines Monats nach der am 8. August 2015 erfolgten förmlichen Bekanntgabe des Bescheides erhoben worden.

II. Die Anfechtungsklage ist indes unbegründet. Der Bescheid vom 4. August 2015 beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil er sich nicht als rechtswidrig erweist.

1. Rechtsgrundlage ist § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V i.V.m. § 27 Satz 1 Ärzte-ZV. Die Zulassung ist danach zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.

2. Die auf dieser Grundlage getroffene Entziehungsentscheidung ist zunächst formell nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist als Prüfungseinrichtung für die Entscheidung zuständig. Gegen Entscheidungen der Zulassungsausschüsse - hier nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V i.V.m. § 27 Satz 1 Ärzte-ZV - können die beteiligten Ärzte und Institutionen den Berufungsausschuss anrufen (§ 96 Abs 4 Satz 1 SGB V). Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss "gilt" nach § 97 Abs 3 Satz 2 SGB V als Vorverfahren (§ 78 SGG), ohne ein solches zu sein.

3. Die Entziehung des Vertragsarztstatus ist materiell-rechtlich als rechtmäßig anzusehen, da die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V i.V.m. § 27 Satz 1 Ärzte-ZV vorliegen.

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche und tatsächliche Beurteilung sowohl bei vollzogenen als auch nichtvollzogenen Entziehungsentscheidungen ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 3. April 2019 - B 6 KA 4/18 R - Rn. 35, SozR 4-2500 § 95 Nr. 36; BSG, Beschluss vom 13. Februar 2019 - B 6 KA 14/18 B - juris-Rn. 9, juris; BSG, Beschluss vom 17. August 2011 - B 6 KA 18/11 - juris-Rn. 11; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 6 KA 67/03 R - Rdnr. 20 ff., BSGE 93, 269; Pawlita in: jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 95 Rdnr.1086; BayLSG, Urteil vom 3. November 2016 - L 12 KA 127/16 - juris). Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, nunmehr (möglicherweise) wieder Abrechnungen der von ihm erbrachten Leistungen zugunsten gesetzlich Versicherter erstellen zu können, spielt dieser Umstand also für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung keine Rolle.

b) Der Beklagte hat seine Entscheidung über die Zulassungsentziehung zutreffend auf den Entziehungsgrund der gröblichen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten gestützt.

aa) Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Davon ist dann auszugehen, wenn durch sie das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Vertragsarzt so gestört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann. Nicht erforderlich ist, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können zur Zulassungsentziehung führen (BSG, Urteil vom 3. April 2019 - B 6 KA 4/18 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 36 - juris-Rn. 28; BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 - B 6 KA 25/14 R - BSGE 119, 79 - juris-Rn. 51; BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - B 6 KA 49/11 R - juris-Rn. 21- BSGE 112, 90; BSG, Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 22/11 R - BSGE 110, 269 - juris-Rn. 33 u. 50 ff.; jeweils m.w.N.). Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung ist maßgeblich, welchen Stellenwert die verletzte Pflicht hat und wie schwer der Verstoß unter Berücksichtigung seiner Eigenart wiegt (BSG, Urteil vom 21. März 2012 - a.a.O. - Rn. 33). Eine Verjährungsfrist gibt es nicht. Eine gröbliche Pflichtverletzung wird auch nicht durch Zeitablauf relativiert (BSG, Beschluss vom 11. Februar 2015 - B 6 KA 37/14 B - juris-Rn. 11; BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - a.a.O. - juris-Rn. 21; BSG, Urteil vom 21. März 2012 - a.a.O. - juris-Rn. 33, 50ff.; BSG, Urteil vom 17. Juni 2009 - B 6 KA 16/08 R - BSGE 103, 243 - juris-Rn. 36f.).

bb) Der Kläger hat gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen. Zu den Pflichten eines Vertragsarztes gehört es, die von ihm erbrachten Leistungen offenzulegen und bei der KV ordnungsgemäß abzurechnen. Die sog. peinlich genaue Abrechnung gehört zu den Grundpflichten eines Vertragsarztes und zum Kernbereich der vertragsärztlichen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 24. November 1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234 - juris-Rn. 23; BSG, Urteil vom 21. März 2012, a.a.O., Rn. 34f.; BSG, Urteil vom 3. April 2019, a.a.O., Rn. 29f.).

Gegen diese Verpflichtung hat der Kläger - unstreitig - verstoßen, als er ab 2010 fortlaufend bis zur Entscheidung des Beklagten keine Abrechnungen gegenüber der Beigeladenen zu 5) fertigte. Gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstößt nämlich nicht nur derjenige, welcher nicht erbrachte Leistungen zu Unrecht abrechnet, sondern auch derjenige, der tatsächlich erbrachte Leistungen und Leistungsfälle nicht oder nicht vollständig abrechnet (Senat, Urteil vom 28. April 1999 - L 11 KA 16/99 - juris).

cc) Die Pflichtverletzung des Klägers ist zudem geeignet, das Vertrauensverhältnis zu den (beigeladenen) Krankenkassen und der Beigeladenen zu 5) nachhaltig zu stören und daher im Sinne der o.g. Grundsätze als gröblich zu qualifizieren (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 1993 - a.a.O. - Rn. 22f.; BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 - 6 RKa 28/88 - BSGE 66, 6 - juris-Rn. 12; BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 6 RKa 4/76 - BSGE 43, 250 - juris-Rn. 15; BayLSG, Urteil vom 3. November 2016, a.a.O., wonach jeweils wiederholt unkorrekte Abrechnungen eine Entziehung rechtfertigen können; BSG, Urteil vom 21. März 2012 - a.a.O. - Rn. 38).

(1) Die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung hängt entscheidend mit davon ab, dass die KVen und die KKn auf die ordnungsgemäße Leistungserbringung und auf die peinlich genaue Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vertrauen können (Senat, Urteil vom 18. April 2018 - L 11 KA 2/17 -; Senat, Urteil vom 28. Oktober 2009 - L 11 KA 60/08 - juris). Erst mit der Abrechnung der erbrachten Leistungen wird eine Überprüfbarkeit der ärztlichen Behandlungs- und Verordnungsweise in den gesetzlich vorgesehenen Verfahren gewährleistet. Nur sie ermöglicht auch eine gerechte Kostenverteilung unter den Krankenkassen entsprechend der von ihren jeweiligen Mitgliedern in Anspruch genommenen Leistungen. Unerlässlich ist die genaue Abrechnung schließlich auch im Verhältnis zu den übrigen Vertragsärzten. Der Vertragsarzt, der seine gesetzlich versicherten Patienten ohne eine Abrechnung gegenüber der KV behandelt, verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den übrigen Vertragsärzten (BSG, Urteil vom 25. November 1998 - B 6 KA 75/97 R - BSGE 83, 128; Senat, Urteil vom 28. April 1999 - a.a.O.). Er verfälscht die statistischen Daten, an denen die Wirtschaftlichkeit ihrer Arbeitsweise und der Umfang und Inhalt der vertragsärztlichen Versorgung insgesamt gemessen wird.

Ohne ordnungsgemäße Abrechnungen konnten, worauf das SG zu Recht bereits verwies, bei dem Kläger des Weiteren die in § 106 SGB V (bzw. § 106a SGB V) normierten Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht stattfinden. Durch solche Wirtschaftlichkeitsprüfungen soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen nicht außer Kontrolle geraten. Sofern einige Ärzte - wie der Kläger - über Jahre ihre vertragsärztliche Tätigkeit nicht bei der KV abrechnen, kann die notwendige Gesamtvergütung gemäß §§ 85 Abs. 1, 87a SGB V nicht ausreichend ermittelt werden. Ferner werden durch ein solches Verhalten sämtliche Statistiken zu Fallzahlen, Einkommen und zur Versorgungssituation der Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung verfälscht. Ferner kann auch eine ausreichende Bedarfsplanung nicht durchgeführt werden, wenn einige Vertragsärzte nicht ordnungsgemäß abrechnen. So sind z.B. Sonderbedarfszulassungen auch in überversorgten Gebieten möglich. Hier muss ein lokaler oder qualitativer Sonderbedarf in einer bestimmten Region geprüft und festgestellt werden, und zwar unter Berücksichtigung der Auslastung (z.B. Ermittlung der durchschnittlichen Fallzahlen) der schon zugelassenen Vertragsärzte und der von ihnen real angebotenen Leistungen.

Das Fehlverhalten ist vor diesem Hintergrund auch keineswegs quantitativ unerheblich. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, ab 2010 etwa 400 bis 500 gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten pro Quartal behandelt zu haben, deren gesamte Leistungsdaten er mithin der KV und den KK‘en vorenthalten hat.

(2) Der Vortrag des Klägers führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

(a) Unerheblich ist zunächst der Einwand, dass er sich zuallererst selbst geschädigt habe bzw. sein solitäres Fehlverhalten nicht systemrelevant wäre. Zunächst muss die Pflichtverletzung weder schuldhaft noch in Schädigungsabsicht erfolgen. Insofern ändert dies nichts an der Verpflichtung zur Abrechnung gegenüber der KV. Auch ist nicht erforderlich, dass sich ein Fehler tatsächlich systemrelevant auswirkt (BSG, Urteil vom 30. März 1977 - a.a.O.: in einem Wiederholungsfall führten vier Abrechnungsfehler im insg. dreistelligen Bereich zur Entziehung).

(b) Gleiches gilt für den Einwand des nicht funktionierenden EDV-Systems, dessen Problemlösung der Kläger zudem offenkundig - wie sich noch seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entnehmen lässt - zu keiner Zeit offensiv angegangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2012 - a.a.O. - Rn. 52). Soweit sich der Kläger bei der Abrechnung personeller und/oder technischer Hilfe bedient, entlastet ihn dies nicht von seiner Verantwortung zur Abrechnung.

(c) Soweit der Kläger vorträgt, er habe sich um seinen erkrankten Bruder kümmern müssen, greift dies gleichfalls nicht durch. Zum einen sind persönliche Lebensumstände für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung vorliegen, ohne Bedeutung sind (BSG, Urteil vom 3. April 2019 - a.a.O.; BSG, Beschluss vom 11. Februar 2015 - B 6 KA 37/14 B - juris-Rn. 11; Pawlita in: jurisPK-SGB V, § 95 Rn. 1117). Zum anderen war die akute Phase der Erkrankung bereits nach dem klägerischen Vortrag Mitte/Ende 2012 überstanden. Im Übrigen hätte für ihn z.B. die Möglichkeit bestanden, nach § 95 Abs. 5 SGB V das befristete Ruhen der Zulassung zu beantragen.

c) Die durch den Beklagten gewählte Maßnahme der Entziehung der Zulassung ist erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig.

aa) Wegen der Schwere des Eingriffs ist die Entziehung stets ultima ratio. Als mildere Mittel kommen damit grundsätzlich das Ruhen der Zulassung oder die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen in Betracht. Die Entziehung darf daher nur ausgesprochen werden, wenn sie das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung ist (BSG, Urteil vom 24. November 1993 - 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234 - juris-Rn 23; Pawlita, a.a.O., § 95 Rn. 1165ff.). Ist der Pflichtverstoß demnach entsprechend schwerwiegend, dass er eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arzt als unzumutbar erscheinen lässt, ist ein milderes Mittel zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung mithin nicht ersichtlich (BSG, Urteil vom 24. November 1993 - a.a.O. - Rn. 37). In Anbetracht der Gröblichkeit der vorliegenden Pflichtverletzung können folglich selbst einmalige Rechtsverstöße oder Pflichtverletzungen in nur einem Quartal für eine Entziehung ausreichen, wenn sie den Eindruck bestätigen, der betroffene Leistungserbringer begegnet den Anforderungen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mit der gebotenen Sensibilität und Aufmerksamkeit (BSG, Urteil vom 21. März 2012 - a.a.O. - Rn. 38 u.a. für den Fall der unkorrekten Abrechnung).

bb) Eingedenk dessen ist die Maßnahme des Beklagten verhältnismäßig im engeren Sinn, denn sie stellt vorliegend das einzige ihm zur Verfügung stehende adäquate Mittel zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung dar. Der Kläger hat seit 2010 ständig seine Abrechnungen wissentlich nicht (lediglich für Notfallbehandlungen) vorgelegt. Er war aus für den Senat nicht nachvollziehbaren Gründen jahrelang - auch nach der Akutphase der Erkrankung seines Bruders - nicht in der Lage, der Beigeladenen zu 5) digitale oder erforderlichenfalls händische Abrechnungen vorzulegen oder auch nur eine taugliche Praxissoftware zur Abrechnung anzuschaffen. Er hat sich ferner im streitrelevanten Zeitraum auch nicht aktiv an die Beigeladene zu 5) gewandt und mit dieser Lösungsversuche unternommen. Insofern vermag sich der Senat des Eindrucks nicht zu erwehren, dass das gesamte klägerische Verhalten eine erhebliche Gleichgültigkeit gegenüber dem System der vertragsärztlichen Abrechnung ausstrahlt, welches ein Vertrauen der KKen und der KV in ein rechtmäßiges Abrechnungsverhalten seinerseits tatsächlich nicht mehr rechtfertigt.

cc) Es besteht auch kein Grundsatz, dass vor jeder Zulassungsentziehung eine Disziplinarmaßnahme durchzuführen ist. Insbesondere wenn die Pflichtverletzung gröblich ist, reichen Disziplinarmaßnahmen grundsätzlich nicht mehr aus (BSG, Urteil vom 3. April 2019 - a.a.O. - Rn. 37; BSG, Urteil vom 24. November 1993 - a.a.O. - Rn. 34, wonach auch eine mangelnde Reaktion der KV der Nichteignung des Arztes nicht entgegensteht). Während die Disziplinarmaßnahme dazu dient, die Mitglieder der KV zu pflichtgemäßem Verhalten anzuhalten, haben die Zulassungsgremien über die generelle Eignung eines Arztes zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen für einen Entzug der Zulassung vor, kann diese Entscheidung ungeachtet etwaiger anderer Maßnahmen getroffen werden (Senat, Urteil vom 18. Oktober 2000 - L 11 KA 197/99 - juris). Denn eine Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung ist nicht Sanktion für strafwürdiges Verhalten, sondern eine Maßnahme der Verwaltung, die allein dazu dient, das System der vertragsärztlichen Versorgung vor Störungen zu bewahren und damit funktionsfähig zu erhalten (BSG, Urteil vom 30. März 1977 - a.a.O. - Rn. 14).

dd) Eine Entziehung wegen gröblicher Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten trifft schließlich stets den vollen Versorgungsauftrag, da die Entziehung nur der Hälfte des Versorgungsauftrags zu dem Ergebnis führen würde, dass die vertragsärztliche Tätigkeit trotz der schwerwiegenden Pflichtverletzung jedenfalls "zur Hälfte" fortgesetzt werden könnte (BSG, Beschluss vom 17. Oktober 2012 - B 6 KA 19/12 B - juris-Rn. 9; BSG, Urteil vom 3. April 2019 - a.a.O. - Rn. 36; Pawlita, a.a.O., § 95 Rn. 1125).

4. Dieses Ergebnis verstößt auch nicht gegen Art. 12 GG. Der Senat hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit einer Zulassungsentziehung bereits nachfolgendes ausgeführt (vgl. insgesamt: Senat, Urteil vom 18. April 2018 - a.a.O.) und hält daran fest: Die Entziehung schränkt die Berufsfreiheit in einem Maße ein, das sie in ihrer Wirkung einer Beschränkung der Berufswahl i.S. des Art. 12 Abs. 1 GG nahe kommt (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - a.a.O - m.w.N.; Senat, Beschluss vom 16. April 2014 - a.a.O.). Es kann indes dahingestellt bleiben, ob es Art. 12 Abs. 1 GG gebietet, einem Vertragsarzt auch nach einer gröblichen, eine Zulassungsentziehung auf Dauer rechtfertigenden Pflichtverletzung in jedem Fall zu ermöglichen, seine Zulassung als freiberuflich tätiger Arzt wieder zu erlangen. Denn abgesehen davon, dass bereits das Gesetz im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hohe Anforderungen an eine Entziehung der Zulassung stellt, macht diese jedenfalls einen Wiedereinstieg nach Absolvieren einer Bewährungszeit nicht (mehr) faktisch unmöglich. Eine Privilegierung durch die "Wohlverhaltensrechtsprechung" ist nicht mehr durch Art. 12 Abs.1 GG geboten (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - a.a.O.). Im vertragsärztlichen Bereich haben sich im letzten Jahrzehnt die beruflichen Chancen von Ärzten innerhalb und außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung so deutlich verbessert, dass die Erwägung, eine Zulassungsentziehung stehe zumindest faktisch einer Beendigung der ärztlichen Tätigkeit im Sinne einer wirtschaftlich tragfähigen beruflichen Betätigung gleich, nicht mehr gerechtfertigt ist. Beispielsweise ist die Altersgrenze für die (Wieder-) Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung weggefallen. Auch haben sich die Neu- oder Wiederzulassungsmöglichkeiten dadurch erheblich gebessert, dass für Hausärzte zahlreiche Zulassungsmöglichkeiten bestehen und auch im fachärztlichen Zulassungsbereich außerhalb der Ballungsräume und besonders attraktiver Landkreise Stellen offenstehen. Der Gesetzgeber hat zudem durch die Möglichkeit von Arztanstellungen in Praxen und Medizinischen Versorgungszentren sowie die Möglichkeit, hälftige Versorgungsaufträge zu übernehmen, die Aussichten von Ärzten, auch in fortgeschrittenem Lebensalter (neu oder wieder) vertragsärztlich tätig zu werden, ohne eine eigene Praxis eröffnen zu müssen, deutlich erweitert (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - a.a.O. - m.w.N.). Das ändert zwar nichts daran, dass eine (vollzogene) Zulassungsentziehung weiterhin im Regelfall zu einem Verlust der bisherigen Praxis führt. Jedoch stellt der Gesichtspunkt des Praxisverlustes und der Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen Praxis keine Besonderheit des Vertragsarztrechts dar, sondern gilt gleichermaßen für alle freien Berufe, deren Tätigkeit von einer Approbation, Zulassung oder einer anderen Form der Genehmigung abhängig sind. Auch rein privatärztlich tätige Ärzte und in anderen Gesundheitsberufen Tätige (etwa Apotheker, Logopäden), aber auch Rechtsanwälte und Notare müssen sich nach einem Verlust ihrer bisherigen Praxis unter mehr oder weniger großem finanziellen Aufwand und unter Schaffung eines neuen Kundenstamms eine neue Praxis aufbauen (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - a.a.O.). Entsprechendes gilt auch für den Gesichtspunkt, dass eine erneute vertragsärztliche Tätigkeit nicht am Ort der bisherigen Tätigkeit, sondern ggf. nur an einem anderen Ort möglich ist. Denn es ist dem betroffenen Arzt auch unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 1 GG zuzumuten, ein Wiederzulassungsverfahren an einem anderen Ort zu betreiben. Er hat keinen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch darauf, am bisherigen Ort der Tätigkeit wieder zugelassen zu werden. Durch Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht die Tätigkeit als Vertragsarzt an einem bestimmten Ort geschützt, sondern allein die vertragsärztliche Tätigkeit als solche (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da die Beigeladenen zu 1) bis 4) sowie 6) und 7) keinen Sachantrag gestellt haben, entspricht es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Billigkeit, deren Kosten für nicht erstattungsfähig zu erachten (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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