L 10 R 1902/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2460/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1902/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.05.2019 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der am 1957 geborene Kläger erlernte nach eigener Angabe von September 1972 bis September 1975 den Beruf des Flaschners, den er - mit Unterbrechungen u.a. durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis zu einem Arbeitsunfall im März 2014 (Diagnose: Fersenbeinfraktur links, Typ Joint depression, s. S. 173 ff. ÄT-VerwA) sozialversicherungspflichtig ausübte. Seither ist er arbeitsunfähig bzw. ohne Beschäftigung respektive arbeitsuchend. Von der Berufsgenossenschaft Bau bezieht er nach eigener Angabe (Bl. 61 Senats-Akte) eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. Bis "ca." 2016 betätigte er sich als Nebenerwerbslandwirt (Schafe und Weidewiesen, verblieben noch zehn Hühner, Bl. 64 Senats-Akte). Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt.

Am 06.04.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen aus dem berufsgenossenschaftlichen Verfahren und sozialmedizinischer Auswertung lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 19.05.2017 und Widerspruchsbescheid vom 14.09.2017 ab. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein, sodass keine Erwerbsminderung vorliege. Er sei auch nicht berufsunfähig, da er gesundheitlich und sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators bzw. eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden könne.

Hiergegen hat der Kläger am 10.10.2017 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage "wegen Rente wegen voller Erwerbsminderung" erhoben (Bl. 1 SG-Akte) und Mitte Februar 2018 dann zum Ausdruck gebracht (Bl. 15 SG-Akte), dass er (auch) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass er nicht mehr sechs Stunden am Tag arbeiten könne, weder in seinem erlernten Beruf, noch in den von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten.

Das SG hat den behandelnden Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat u.a. bekundet, den Kläger nur "punktuell" gesehen zu haben. Es sei "fragwürdig", ob er leichte Tätigkeiten noch sechs Stunden täglich verrichten könne, insoweit empfehle sich eine entsprechende Begutachtung.

Das SG hat sodann von Amts wegen das Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. G. eingeholt, der nach Untersuchung beim Kläger einen Zustand nach Calcaneustrümmerfraktur vom joint depression type mit Infektverlauf und erforderlicher Propellerlappenplastik, eine posttraumatische Arthrose im oberen und unteren Sprunggelenk links, eine Gonarthrose links sowie eine schwere Gonarthrose rechts mit ausgeprägter Retropatellararthrose und Ergussbildung diagnostiziert hat. Er halte den Kläger nur noch für in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen (Bl. 42 SG-Akte) zu verrichten (ohne Arbeiten auf schiefen Ebenen, z.B. Dächern, Leitern, Gerüsten, ohne Treppensteigen, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten), wobei eine "begrenzte Wegefähigkeit" zu beachten sei und die "üblichen Arbeitspausen" wegen der Schmerzen nicht ausreichten.

Nach Einwendungen der Beklagten (sozialmedizinische Stellungnahme der Ärztin für Chirurgie und Sozialmedizinerin Dr. L. , Bl. 47 f. SG-Akte) und ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen (Bl. 52 ff. SG-Akte), hat das SG die Beklagte mit Urteil vom 10.05.2019 unter Aufhebung des Bescheids vom 19.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 "verpflichtet", dem Kläger "ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit nach den gesetzlichen Bestimmungen" zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und angeordnet, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen hat. Es ist gestützt auf das Gutachten des Dr. G. sowie die Auskunft des Dr. S. zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig sei. Die damit beim Kläger bestehende teilweise Erwerbsminderung führe in Ermangelung eines Teilzeitarbeitsplatzes zu einer (Arbeitsmarkt-)Rente wegen voller Erwerbsminderung, die für (längstens) drei Jahre - hier vom 06.04.2017 (Tag der Antragstellung) bis zum Ablauf des 05.04.2020 - zu befristen sei.

Gegen das ihr am 23.05.2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.06.2019 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, mit der sie die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Abweisung der Klage in vollem Umfang begehrt. Am 24.07.2019 hat der Kläger gegen das ihm am 22.05.2019 zugestellte Urteil (Anschluss-)Berufung eingelegt, mit der er Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze beansprucht.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat die Beklagte ihre Bescheide verteidigt und im Wesentlichen unter Hinweis auf die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. L. geltend gemacht, dass das Gutachten des Dr. G. schon deshalb nicht überzeuge, weil er keinen Tagesablauf des Klägers erfragt und dessen Angaben nicht nachvollziehbar gewürdigt habe; unabhängig davon sei auch die Berechnung des Rentenzeitraums durch das SG in den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtsfehlerhaft (richtig wäre 01.04.2017 bis 31.03.2020).

Die Beklagte beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.05.2019 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt (teilweise sachdienlich gefasst, vgl. Bl. 14, 21 Senats-Akte),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.05.2019 abzuändern und die Beklagte unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 19.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 zu verurteilen, ihm bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer auf drei Jahre befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung für zutreffend. Darüber hinaus lägen aber auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor; als Registrator könne er u.a. wegen seiner Schmerzen nicht arbeiten, ebenso wenig als Poststellenmitarbeiter, weil diese Tätigkeit nicht überwiegend im Sitzen ausgeübt werde.

Der Senat hat von Amts wegen das Sachverständigengutachten des Facharztes u.a. für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. S. (Leiter der Gutachtenambulanz und Schmerztherapie des Zentrums für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie des Universitätsklinikums H. ) nebst psychologischer Evaluation der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. M. eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung beim Kläger eine Arthrose des linken unteren Sprunggelenks mit Belastungsminderung/Wackelsteifigkeit nach knöcherner Ausheilung einer Fersenbeinfraktur in leichter Fehlstellung, eine Kniearthrose rechts dritten Grades mit sekundärem O-Bein und Belastungsschmerzen, eine Kniearthrose links zweiten Grades mit geringen Belastungsschmerzen sowie nichtspezifische untere Rückenschmerzen bei Übergewicht und Dekonditionierung ohne neurologische Ausfall- oder Reizzeichen und ohne wesentliche Entfaltungsstörung diagnostiziert, die Dipl.-Psych. M. (ebenfalls nach Untersuchung) eine einfache Aktivität- und Aufmerksamkeitsstörung mit sekundärem Krankheitsgewinn und Kompensationswünschen innerhalb des Rentenverfahrens. Der Kläger könne noch - so Prof. Dr. S. unter Berücksichtigung des von der Dipl.-Psych. M. erhobenen Befunds und ihrer Einschätzung (keine nennenswerten psychischen Beeinträchtigungen) - leichte bis bisweilen mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung (überwiegend im Sitzen und ohne Arbeiten auf unebenem Gelände wie z.B. auf schiefen Dächern, Leitern und Gerüsten sowie ohne Knien, Hocken und Kriechen) sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor, zumal der Kläger Pkw fahre. Auch bedürfe es keiner unüblichen Arbeitspausen, was bereits die Alltagsaktivitäten des Klägers belegten.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, ebenso die (Anschluss-)Berufung (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 524 der Zivilprozessordnung - ZPO -) des Klägers. Begründet ist indes nur die Berufung der Beklagten. Das SG hätte diese unter Abänderung des Bescheids vom 19.05.2017 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 nicht verurteilen dürfen, dem Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Denn er ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (§ 43 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB VI -) weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weshalb ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung weder aus gesundheitlichen Gründen noch wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts zusteht. Die angefochtenen Bescheide sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Ebenso wenig kann er die mit seiner (Anschluss-)Berufung geltend gemachte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) mit Erfolg beanspruchen, da seine Klage insoweit bereits unzulässig ist - worauf der Kläger hingewiesen worden ist (Bl. 18 Senats-Akte) -, sodass seine (Anschluss-)Berufung dem entsprechend unbegründet ist.

Zulässiger Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 nur insoweit, als die Beklagte damit die Gewährung von Rente wegen (voller) Erwerbsminderung i.S.d. § 43 SGB VI ablehnte. Soweit der Kläger darüber hinaus auch die - mit Bescheid vom 19.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 ebenfalls abgelehnte - Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) verfolgt, ist die Klage unzulässig. Denn der rechtskundig vertretene Kläger hat sein Klagebegehren mit der Klageschrift vom 10.10.2017 (Bl. 1 SG-Akte) ausdrücklich auf die Gewährung von "Rente wegen voller Erwerbsminderung" beschränkt (zur Zulässigkeit einer entsprechenden Beschränkung s. nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leither-er/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 123 Rdnr. 3 m.w.N.) und damit den Bescheid vom 19.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 nur insoweit (teilweise) angefochten (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 23.02.2005, B 6 KA 77/03 R, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris), was dem entsprechenden Klagezusatz "wegen" zu entnehmen gewesen ist. Soweit er dann - erstmals mit Schriftsatz vom 15.02.2018 (beim SG am 16.02.2018 eingegangen, Bl. 15 SG-Akte) - sein Begehren (auch) auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit angebracht hat, stellt sich dies als Klageänderung i.S. einer Klageerweiterung dar. Diese geänderte Klage ist indes - unbeschadet der Voraussetzungen des § 99 SGG - (insoweit) unzulässig (BSG, a.a.O.), weil die Ablehnung der Gewährung einer solchen Rente in den angefochtenen Bescheiden in Bestandskraft erwachsen ist (§ 77 SGG), nachdem der Kläger seine Klage - wie dargelegt - ausdrücklich auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (also i.S.d. § 43 SGB VI) beschränkt hatte (vgl. Senatsurteil vom 21.02.2019, L 10 R 1774/16); eine Klage gegen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt ist unzulässig (BSG, Urteil vom 09.12.2016, B 8 SO 1/15 R; Urteil vom 25.03.2015, B 6 KA 22/14 R, m.w.N.; Senatsurteil vom 25.02.2016, L 10 R 2509/15). Daran ändert sich auch nichts, wenn das klageweise prozessuale Begehren im Wege der Klageänderung bzw. Klageerweiterung nachträglich in den Prozess eingeführt wird, da auch die geänderte bzw. erweiterte Klage zulässig sein muss (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 99 Rdnr. 13a m.w.N.).

Soweit der Kläger gemeint hat, mit der Klageschrift sei gar kein Antrag gestellt worden, weswegen auch keine Beschränkung des Streitgegenstands erfolgt sei, liegt dies neben der Sache. Im Ausgangspunkt richtig ist freilich, dass es sich bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung und der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit um unterschiedliche mögliche Streitgegenstände (dazu bereits Senatsurteil vom 15.12.2016, L 10 R 878/15, auch zum Nachfolgenden) handelt. Das Begehren auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beinhaltet - da unterschiedliche Rentenarten (§ 33 Abs. 3 und Abs. 5 SGB VI) - nicht das Begehren auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und dem entsprechend ein Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht auch einen Antrag auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sind seit dem 01.01.2001 (Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. I S. 1827) in § 43 SGB VI als Rente wegen voller Erwerbsminderung (Abs. 2), als Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Abs. 1) und in § 240 SGB VI als Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für vor dem 02.01.1961 Geborene geregelt. Daneben regelt § 45 SGB VI eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit für Bergleute. Vereinfacht dargestellt setzt volle Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden voraus, bei teilweiser Erwerbsminderung muss es auf unter sechs Stunden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) abgesunken sein. Teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erfordert nach § 240 Abs. 2 SGB VI ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen für den bisherigen Beruf sowie jede sozial zumutbare andere berufliche Tätigkeit (sog. Berufsschutz). Bei mindestens sechsstündigem Leistungsvermögen liegt - von Fällen besonderer qualitativer Einschränkungen abgesehen - keine Erwerbsminderung vor (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die in § 43 SGB VI geregelten Ansprüche sind im Verhältnis zueinander somit unterschiedliche Versicherungsfälle, verschiedene Arten von Rechten (BSG, Beschluss vom 16.03.2006, B 4 RA 24/05 B; zum früheren Recht vgl. BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93) auf Grund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen (s.o.) und Voraussetzungen und damit im Rechtsstreit auch unterschiedliche Streitgegenstände (Senatsurteil vom 15.12.2016, L 10 R 878/15, m.w.N.).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist das im Klageverfahren mit dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10.10.2017 und damit rechtskundig formulierte Begehren des Klägers nur so zu verstehen gewesen, dass Rente wegen voller Erwerbsminderung verlangt wird, denn die Klageschrift hat exakt diesen Zusatz ("wegen Rente wegen voller Erwerbsminderung") und keinerlei Hinweis auf ein Begehren (auch) auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit enthalten. Der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers zum Zeitpunkt der Klageerhebung keinen ausformulierten Antrag unterbreitet hat, ändert an der tatsächlich erklärten Beschränkung des Streitgegenstands auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nichts, zumal die Regelung zum "bestimmten Antrag" (§ 92 Abs. 1 Satz 3 SGG) ohnehin nur als Soll-Vorschrift ausgestaltet und das Gericht an die Fassung des Antrags nicht gebunden ist, wohl aber an das zum Ausdruck gebrachte - vorliegend beschränkte - Klagebegehren (vgl. § 123 SGG).

Ob die Klägerseite eine derartige Beschränkung subjektiv gewollt hat oder nicht, spielt keine entscheidende Rolle, ebenso wenig, dass sie sich "Antrag und Begründung" zunächst vorbehalten hatte. Denn maßgeblich ist allein der erkennbare Wille bei Erhebung der Klage nach dem objektiven Empfängerhorizont, d.h. wie das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten bei Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände das Rechtsschutzbegehren verstehen müssen (BSG, Urteil vom 23.02.2005, B 6 KA 77/03 R, m.w.N.). Allein aus fehlenden Äußerungen des Klägers zu abtrennbaren Aspekten eines Verwaltungsakts kann zwar regelmäßig nicht geschlossen werden, dass die betreffende Teilregelung nicht angefochten sein, sondern in Bestandskraft erwachsen soll (BSG, a.a.O.). Wenn indes der Wille des Klägers zur Begrenzung des Streitgegenstands klar und eindeutig zum Ausdruck kommt respektive keine entgegenstehenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass nur die ausdrücklich bezeichnete Leistung begehrt wird, ist von einer Teilanfechtung bzw. entsprechenden Beschränkung des Klagebegehrens auszugehen (BSG, a.a.O.; Urteil vom 10.03.1994, 7 RAr 38/93). So liegt der Fall hier. Die Formulierung in der Klageschrift, dass Klage "wegen Rente wegen voller Erwerbsminderung" erhoben werde, ist nach dem Wortlaut des zum Ausdruck gebrachten Begehrens unter Verwendung der inhaltlich gesetzlich definierten Begriffe (Rente wegen voller Erwerbsminderung, s.o.) eindeutig gewesen und hat bei einem vernünftigen Betrachter in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte keine Zweifel aufkommen lassen, dass genau dies - und eben nicht "auch" eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - vom dem rechtskundigen Prozessbevollmächtigten gemeint gewesen ist. An dieser Situation ändert das mehrere Monate später vom Kläger formulierte Begehren auf Verurteilung der Beklagten auch zur Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nichts.

Nur am Rande merkt der Senat an, dass auch die Regelung des § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach (u.a.) der Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnet werden muss, zu keiner anderen Bewertung führt. Denn der Kläger hat mit dem Passus "wegen Rente wegen voller Erwerbsminderung" nach dem objektiven Empfängerhorizont (s.o.) eben nicht nur den Gegenstand seines Klagebegehrens bezeichnet, sondern - wie oben dargelegt - sein (prozessuales) Begehren entsprechend beschränkt. Unabhängig davon ist die (bloße) Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens auch etwas anderes als eine - hier vorliegende - (prozessuale) Beschränkung des Klagebegehrens (s. dazu nur Jaritz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 92 Rdnrn. 34 ff. m.w.N.), die das Bezeichnungsgebot nicht erfordert, ihr aber auch nicht entgegensteht. Entscheidend ist im gegebenen Zusammenhang vielmehr, dass in der Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens eben auch und gerade eine (prozessuale) Beschränkung eben dieses Begehrens auf einen abtrennbaren Teil entsprechend der obigen Maßstäbe zum Ausdruck kommen kann. Dies zeigt der vorliegende Fall.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger zulässig begehrte und ihm vom SG zugesprochene Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 SGB VI. Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (u.a.) voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, GS 2/75 u.a.) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger indes nicht, weil er zur Überzeugung des Senats trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, jedenfalls leichte berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung der von dem Sachverständigen Prof. Dr. S. genannten (oben im Tatbestand wiedergegebenen) Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, wobei der Senat zugunsten des Klägers seiner Beurteilung auch die vom Sachverständigen Dr. G. zusätzlich aufgeführten qualitativen Einschränkungen (kein Treppensteigen, kein Heben und Tragen von schweren Lasten) zu Grunde legt. Mit diesem Leistungsvermögen liegt weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor.

Der Kläger ist in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit ganz wesentlich - und von ihm auch allein in den Vordergrund gerückt - von orthopädisch-chirurgischer Seite eingeschränkt. Insoweit leidet er an den vom Sachverständigen Prof. Dr. S. aufgeführten und im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsstörungen. Auch der Sachverständige Dr. G. hat im Wesentlichen die nämlichen Leiden diagnostiziert, worauf Prof. Dr. S. hingewiesen hat (Bl. 82 Senats-Akte). Soweit Dr. G. indes darüber hinaus von einer Arthrose im linken oberen Sprunggelenk sowie von einer Ergussbildung im Bereich des rechten Kniegelenks ausgegangen ist, hat Prof. Dr. S. derartige - überdauernde - Anomalien auf Grund des von ihm erhobenen Befunds (s. Bl. 74 ff. Senats-Akte) nicht auffinden können; dagegen hat der Kläger auch nichts eingewandt. Ohnehin kommt es im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung nicht auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen. Dem entsprechend kommt es auch auf die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht an (BSG, a.a.O.).

Derartige Funktionseinschränkungen, die Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen haben könnten, liegen beim Kläger indes auf der Grundlage des vom Sachverständigen Prof. Dr. S. erhobenen klinischen Befunds und der ihm vom Kläger geschilderten Alltagsaktivitäten nicht vor.

Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen ist der Kläger in der Lage gewesen, während der rund zweistündigen Untersuchung ohne entlastende Bewegungen (bei einmaligem Aufstehen nach ca. einer Stunde für rund eine Minute) zu sitzen und sich im Stehen selbstständig ohne Ausweichbewegungen mit beiden Händen zu entkleiden (Bl. 63, 65, 71 Senats-Akte). Auch ist es ihm möglich gewesen, in Rückenlage beide Beine anzuziehen, in die Vertikale auszustrecken und die Beine ca. 20 Sekunden zu halten (Bl. 74 Senats-Akte). Nämliches ist ihm beim sog. Rumpfhebeversuch gelungen (Bl. 74 Senats-Akte). Auch den sog. Vierfüßler-Stand hat er ohne Verlust der Rumpfstabilität absolvieren können (Bl. 74 Senats-Akte). Der Nacken- und Schürzengriff ist beidseits ebenfalls unbeeinträchtigt gewesen (Bl. 72 Senats-Akte). Damit korrespondierend haben sich klinisch im Bereich der oberen Extremitäten keine relevanten Auffälligkeiten gezeigt (allseits seitengleiche freie Beweglichkeit ohne Schmerzangabe und ohne Schonungszeichen, Bl. 73 Senats-Akte), ebenso wenig im Bereich der Wirbelsäule (keine Schmerzangaben, keine Schwindelsymptomatik, aufrecht und im Lot, keine Ausweichbewegungen beim Wiederaufrichten, gute Seitneigung, Bl. 72 Senats-Akte) und der Hüftgelenke (freie Beweglichkeit, Bl. 73 Senats-Akte). Die Beine des Klägers sind inspektorisch im Wesentlichen unauffällig (keine Gelenkschwellungen, Umlaufstörungen, Ernährungsstörungen oder Rötungen/Pigmentstörun-gen, keine Störungen der Kraft, Oberflächenwahrnehmung oder Koordination, Bl. 73 f. Senats-Akte), die Kniegelenksbeweglichkeit ist bei stabilen Verhältnissen nicht eingeschränkt gewesen (Streckung/Beugung jeweils 0°/0°/140°), wobei der Kläger lediglich rechts einen endgradigen Druckschmerz angegeben hat (Bl. 74 Senats-Akte). Die rechten Sprunggelenke haben jeweils eine freie Beweglichkeit gezeigt, das linke obere Sprunggelenk eine deutliche Bewegungseinschränkung (5°/0°/15°) mit schmerzhafter Wackelsteifigkeit des unteren Sprunggelenks bei mäßiger Fehlstellung nach ausgeheiltem Fersenbeinbruch (Bl. 74, 76 Senats-Akte).

Gleichwohl ist der Kläger in der Lage gewesen, bei einem durchschnittlichen Gangtempo von ca. 4 km/h ohne Stehenbleiben eine Wegstrecke von über 300 m (einschließlich treppauf und treppab) zurückzulegen, wobei er anfangs ein Linkshinken demonstriert hatte, das sich indes innerhalb der ersten Schritte normalisiert hat (Bl. 64 Senats-Akte). Der Kläger hat zudem angegeben, den Tag morgens mit einem Training auf seinem Heimtrainer (ca. 15 bis 30 Minuten) zu beginnen, außerdem mache er fast täglich morgens Übungen mit seinem Thera-Band (s. Bl. 60 ff. Senats-Akte, auch zum Nachfolgenden). Nach Kaffeemachen und Morgenhygiene (ohne fremde Hilfe) frühstücke er zunächst "gemütlich" mit der Ehefrau und lese Zeitung. Dann füttere er die Hühner und lasse sie aus dem Stall, nachmittags sei er ebenfalls bei den Hühnern, sammle die Eier ein und füttere sie erneut. Er besuche im Übrigen Nachbarn, seinen Schwager oder seinen früheren Betrieb, fahre manchmal mit dem Schlepper einfach in den Wald, um dort z.B. mit den Waldarbeitern zu sprechen, gehe (u.a.) "um den See herum" spazieren (täglich ein- bis zweimal bis zu 30 Minuten) oder mache mit seinen beiden Enkelkindern Hausaufgaben bzw. spiele mit ihnen ("Fischer-Technik-Bausätze"). Manchmal sei er auch einfach bloß im Garten (ca. 1.000 qm groß). Alle 14 Tage besuche er auch den Stammtisch der (freiwilligen) Feuerwehr, wo er noch "passives" Mitglied sei. Er wolle "in Bewegung bleiben" und fahre deswegen auch "hin und wieder" Rad, leider weniger, als er eigentlich könne. Im Haushalt helfe er, soweit möglich ("Hilfsdienste" wie Gemüse schälen, Salat putzen, Brot schneiden, hin und wieder bügeln, Wäsche in den Schrank legen, manchmal staubsaugen, im Winter Bestückung des Holzofens). Manchmal fahre er mit seiner Frau zum Einkaufen bzw. übernehme den "Fahrdienst" (er fahre im Jahr etwas weniger als 10.000 km). Im Übrigen habe er sich zu Hause eine Werkstatt eingerichtet, in der er für seinen Bruder Ketten oder Sägeblätter schleife oder kleinere Reparaturen (etwa von Küchengeräten) erledige. Auch habe er seinem Sohn bei einer patentierten Erfindung geholfen. Er könne sich schon beschäftigen und auch jederzeit wieder bei seinem alten Arbeitgeber auf "450 Euro-Basis" anfangen, das mache er aber erst nach Beendigung des Rechtsstreits. Seinen Orthopäden suche er (nur) wegen der orthopädischen Maßstiefel auf, was "nicht oft" vorkomme (Bl. 60 Senats-Akte). Das Schmerzmittel Diclofenac nehme er nur noch bei Bedarf ein, dadurch seien seine Schmerzen aber nicht schlimmer geworden, er könne sie namentlich durch Verzicht auf "lange" Spaziergänge und "langes" Stehen, durch Tragen einer Bandage, Einreiben mit einer (schmerzlindernden) Salbe sowie durch entsprechende Ruhepausen günstig beeinflussen (Bl. 60, 67 f. Senats-Akte).

Dass der Sachverständige Prof. Dr. S. unter Zugrundelegung all dessen zu der Einschätzung gelangt ist, dass die beim Kläger bestehenden Funktionsstörungen einschließlich der geklagten Schmerzzustände nur zu den oben genannten qualitativen Einschränkungen, nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungslimitierung führen, ist für den Senat ohne weiteres schlüssig und nachvollziehbar. Dem hat auch der Kläger nichts entgegengehalten.

Die abweichende Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. G. überzeugt demgegenüber (worauf bereits Dr. L. im SG-Verfahren zutreffend hingewiesen hat) schon deshalb nicht, weil er - anders als Prof. Dr. S. - keinen strukturierten Tagesablauf dokumentiert und infolgedessen auch keine Konsistenzprüfung der vom Kläger geklagten Beschwerden anhand eben eines solchen Tagesablaufs bzw. der vorhandenen (wie die Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. S. eindrucksvoll belegen, s.o.) Freizeit- und Alltagsaktivitäten vorgenommen hat. Gerade dies hat demgegenüber Prof. Dr. S. geleistet und ebenso zutreffend wie überzeugend dargelegt (vgl. Bl. 79, 83 Senats-Akte), dass - neben dem klinischen Befund - die Aktivitäten des Klägers der Annahme schwerwiegender Funktionsstörungen bei begutachtungstypischer Verdeutlichung entgegenstehen.

Soweit das SG seiner Beurteilung auch die Einschätzung des Dr. S. zu Grunde gelegt hat, ist dies für den Senat ebenfalls nicht nachvollziehbar, nachdem dieser überhaupt keine Leistungsbeurteilung abgegeben, sondern vielmehr eine Begutachtung empfohlen hat. Ungeachtet dessen hat Dr. S. bekundet, den Kläger nur "punktuell" gesehen zu haben, was sich mit den Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. S. deckt. Denn danach sucht der Kläger - wie dargelegt - einen Orthopäden nur (noch) im Zusammenhang mit seinen orthopädischen Schuhen auf.

Die von psychiatrischer Seite von der Dipl.-Psych. M. beschriebene einfache Aktivität- und Aufmerksamkeitsstörung beim Kläger führt, was sie in ihrer psychologischen Evaluation im Einzelnen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, nicht zu relevanten Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen. Dem hat sich auch Prof. Dr. S. auf Grund des von ihm erhobenen psychopathologischen Befunds (s. Bl. 61, 67, 71 Senats-Akte) angeschlossen (Bl. 79 Senats-Akte). Der Kläger hat diesbezüglich weder etwas eingewandt noch konkret etwas geltend gemacht.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI).

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers besteht im Übrigen schon deshalb nicht, weil er über eine Fahrerlaubnis verfügt und Pkw fährt (s. dazu bereits oben; vgl. nur BSG, Urteil vom 12.12.2011, B 13 R 79/11 R). Soweit der Sachverständige Dr. G. - indes nur pauschal und auf der Grundlage der unkritisch übernommenen Angaben des Klägers (zur fehlenden Konsistenzprüfung s. bereits oben) - gemeint hat, der Kläger benötige betriebsunübliche Arbeitspausen, folgt dem der Senat nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat überzeugend dargelegt, dass dies insbesondere im Hinblick auf die vielfältigen Aktivitäten des Klägers - die Dr. G. gar nicht exploriert hat (s.o.) - nicht der Fall ist (Bl. 83 Senats-Akte). Dem hat der Senat nichts hinzuzufügen, zumal Dr. G. seine Auffassung auch nicht weiter begründet hat.

Unerheblich ist schließlich, dass beim Kläger ein GdB von 40 festgestellt ist, denn dem kommt keinerlei Aussagekraft hinsichtlich der zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit zu (BSG, Beschluss vom 17.09.2015, B 13 R 290/15 B). Ebenso unerheblich ist, ob dem Kläger ein seinem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Denn das Risiko, ob ein Versicherter auch tatsächlich einen für ihn geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz erhält, fällt in den Bereich der Arbeitslosenversicherung und ist deshalb nicht von der Rentenversicherung zu tragen, die ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94).

Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, keinen Bestand haben, weshalb das Urteil des SG im Rahmen des Berufungsantrags der Beklagten abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist. Auf die fehlerhafte - weil gegen das sog. Monatsprinzip aus § 99 Abs. 1 ("von dem Kalendermonat an") und § 102 Abs. 1 Satz 3 SGB VI ("Ende eines Kalendermonats") verstoßende - Bestimmung des Rentenzeitraums durch das SG kommt es mithin nicht (mehr) an.

Abschließend merkt der Senat lediglich noch am Rande an, dass der Kläger entsprechend seinem oben festgestellten Leistungsvermögen auch nicht berufsunfähig ist, sodass er selbst bei Zulässigkeit seiner Klage auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (s.o.) eine solche Rente nicht mit Erfolg beanspruchen könnte. Denn die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit (u.a.) eines Poststellenmitarbeiters würde einen für ihn sozial und gesundheitlich zumutbaren Verweisungsberuf (s. dazu bzw. zu den gesundheitlichen Anforderungen im Einzelnen nur Senatsurteil vom 13.12.2018, L 10 R 411/15, in juris, Rdnrn. 46 ff. m.w.N.) darstellen. Die pauschale Behauptung der Klägerseite, die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters könne nicht überwiegend im Sitzen ausgeübt werden, ist schlicht unzutreffend (Senatsurteil vom 13.12.2018, L 10 R 411/15, a.a.O., Rdnr. 59 m.w.N.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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