Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SV 471/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 SV 1250/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.03.2019 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger hat gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 15.03.2019, mit dem eine Klage wegen einer aus Sicht des Klägers im Kreiskrankenhaus E. fehlerhaft erfolgten Behandlung sowie auf (HNO-)ärztliche Behandlung als unzulässig "abgewiesen" worden ist, Berufung eingelegt.
Der Kläger hat beim SG Karlsruhe Klage mit einfacher, nicht signierter Mail vom 09.02.2019 erhoben. Es war zunächst unklar, gegen wen sich die Klage richtet. Das SG hat den Kläger darauf hingewiesen, dass eine per einfacher, nicht signierter Mail erhobene Klage unzulässig ist und ihn aufgefordert, den Beklagten sowie das genaue Ziel der Klage zu benennen. Nach einer weiteren Mail des Klägers hat das SG ihn darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei. Der Kläger hat sich nicht geäußert. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.03.2019, dem Kläger zugestellt am 20.03.2019, abgewiesen.
Der Kläger hat hiergegen am 10.04.2019 schriftlich beim LSG Berufung eingelegt. Aufgrund von Unterlagen, die er vorgelegt hat, ist bekannt geworden, dass er unter Betreuung steht. Die angehörte Betreuerin hat mitgeteilt, der Kläger stehe wegen der Führung von "gerichtlichen Verfahren" nicht unter Einwilligungsvorbehalt. Der Kläger hat mitgeteilt, die Klage richte sich gegen das Kreiskrankenhaus E. und die AOK Baden-Württemberg als Krankenkasse, weil das Krankenhaus ihn falsch behandelt habe und die AOK ihm eine HNO-Untersuchung schulde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe vom 15.03.2019 aufzuheben und festzustellen, dass dem Beklagten zu 1. bei seiner stationären Behandlung im April 2015 ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, und die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihm eine gründliche HNO-Untersuchung zu gewähren.
Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Vielzahl von Behörden und Stellen ist mit der Sache befasst gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§ 144 Abs. 1 SGG) und zulässig. Sie ist in der Sache aber unbegründet, weil schon eine formgerechte Klage nicht erhoben worden ist.
Das Gericht ist nicht durch fehlende Rechtswegzuständigkeit bezüglich des Klageantrags gegen den Beklagten zu 1. an einer verfahrensabschließenden Entscheidung gehindert. Der Senat muss insbesondere keine Verweisung an ein Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a GVG) vornehmen, um diesem die Prüfung zu eröffnen, ob die Klage wirksam erhoben worden ist. Denn der Senat wird als Gericht angerufen, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet. Er hat deshalb nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
Die Berufung ist unbegründet, weil schon die Klage nicht zulässig erhoben worden ist. Nach § 90 SGG ist eine Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Einen eigenständigen Zugang zum Gericht (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 19/12 R, SozR 4-1500 § 66 Nr. 3, Rn. 18) stellt daneben die Übermittlung von elektronischen Dokumenten dar. Hierzu regelt § 65a SGG (vgl. auch § 130a ZPO, § 55a VwGO, § 52a FGO, § 46b ArbGG, § 32a StPO) in seinen Absätzen 1, 3 und 4 die Übermittlung elektronischer Dokumente in der Weise, dass Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten usw. als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden können. Diese elektronischen Dokumente müssen nach Abs. 3 der Vorschrift mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Eine iS des § 90 SGG formwirksam erhobene Klage liegt nicht vor, weil die Klage weder in Schriftform noch zur Niederschrift beim SG erhoben hat.
Der Kläger hat beim SG die Klage auch nicht wirksam durch Einreichung eines elektronischen Dokuments erhoben (§ 65a SGG).
Wird eine Prozesserklärung – wie hier - per einfacher Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur übermittelt und auch kein sonstiger sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 SGG gewählt, ist den Formerfordernissen des § 65a SGG nicht genügt. Auch wenn das Gericht die Erklärung ausgedruckt hätte, entspräche diese nicht der Schriftform (BSG, Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 1/16 R - BSGE 122, 71 = SozR 4-1500 § 65a Nr. 3).
Die Möglichkeit einer Heilung nach § 65a Abs. 6 SGG scheidet aus, da die Vorschrift nicht den Fall einer Übermittlung auf unzulässigem Übermittlungsweg, sondern nur den in § 65a Abs. 2 SGG geregelten und hier nicht vorliegenden Fall eines für die Bearbeitung durch das Gericht nicht geeigneten Dokuments erfasst (BSG, Beschluss vom 09.05.2018 - B 12 KR 26/18 B- juris).
Das SG hat die Klage daher im Ergebnis zu Recht als unzulässig behandelt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.04.2016 - L 3 SB 4233/15 - juris; BSG, Beschluss vom 06.07.2016 - B 9 SB 1/16 R -, juris, zur Berufung mit einfacher E-Mail; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2015 - L 25 AS 1511/15 - juris; BSG, Urteil vom 12.10.2016 - B 4 AS 1/16 R - BSGE 122, 71 = SozR 4-1500 § 65a Nr. 3).
Da schon eine zulässige Klage nicht erhoben worden ist, kann die Berufung keinen Erfolg haben, sondern ist zurückzuweisen. Daher kann dahingestellt bleiben, dass für die Klage gegen die Beklagte zu 2. weitere Sachurteilsvoraussetzungen (Verwaltungsverfahren, Vorverfahren, Rechtsschutzbedürfnis wegen Möglichkeit der Sachleistung) fehlen.
Die Kostenentscheidung beruht wegen des Antrags gegen die Beklagte zu 2. auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger hat gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 15.03.2019, mit dem eine Klage wegen einer aus Sicht des Klägers im Kreiskrankenhaus E. fehlerhaft erfolgten Behandlung sowie auf (HNO-)ärztliche Behandlung als unzulässig "abgewiesen" worden ist, Berufung eingelegt.
Der Kläger hat beim SG Karlsruhe Klage mit einfacher, nicht signierter Mail vom 09.02.2019 erhoben. Es war zunächst unklar, gegen wen sich die Klage richtet. Das SG hat den Kläger darauf hingewiesen, dass eine per einfacher, nicht signierter Mail erhobene Klage unzulässig ist und ihn aufgefordert, den Beklagten sowie das genaue Ziel der Klage zu benennen. Nach einer weiteren Mail des Klägers hat das SG ihn darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei. Der Kläger hat sich nicht geäußert. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.03.2019, dem Kläger zugestellt am 20.03.2019, abgewiesen.
Der Kläger hat hiergegen am 10.04.2019 schriftlich beim LSG Berufung eingelegt. Aufgrund von Unterlagen, die er vorgelegt hat, ist bekannt geworden, dass er unter Betreuung steht. Die angehörte Betreuerin hat mitgeteilt, der Kläger stehe wegen der Führung von "gerichtlichen Verfahren" nicht unter Einwilligungsvorbehalt. Der Kläger hat mitgeteilt, die Klage richte sich gegen das Kreiskrankenhaus E. und die AOK Baden-Württemberg als Krankenkasse, weil das Krankenhaus ihn falsch behandelt habe und die AOK ihm eine HNO-Untersuchung schulde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe vom 15.03.2019 aufzuheben und festzustellen, dass dem Beklagten zu 1. bei seiner stationären Behandlung im April 2015 ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, und die Beklagte zu 2. zu verurteilen, ihm eine gründliche HNO-Untersuchung zu gewähren.
Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Eine Vielzahl von Behörden und Stellen ist mit der Sache befasst gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§ 144 Abs. 1 SGG) und zulässig. Sie ist in der Sache aber unbegründet, weil schon eine formgerechte Klage nicht erhoben worden ist.
Das Gericht ist nicht durch fehlende Rechtswegzuständigkeit bezüglich des Klageantrags gegen den Beklagten zu 1. an einer verfahrensabschließenden Entscheidung gehindert. Der Senat muss insbesondere keine Verweisung an ein Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a GVG) vornehmen, um diesem die Prüfung zu eröffnen, ob die Klage wirksam erhoben worden ist. Denn der Senat wird als Gericht angerufen, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet. Er hat deshalb nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG).
Die Berufung ist unbegründet, weil schon die Klage nicht zulässig erhoben worden ist. Nach § 90 SGG ist eine Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Einen eigenständigen Zugang zum Gericht (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2013, B 13 R 19/12 R, SozR 4-1500 § 66 Nr. 3, Rn. 18) stellt daneben die Übermittlung von elektronischen Dokumenten dar. Hierzu regelt § 65a SGG (vgl. auch § 130a ZPO, § 55a VwGO, § 52a FGO, § 46b ArbGG, § 32a StPO) in seinen Absätzen 1, 3 und 4 die Übermittlung elektronischer Dokumente in der Weise, dass Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten usw. als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden können. Diese elektronischen Dokumente müssen nach Abs. 3 der Vorschrift mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Eine iS des § 90 SGG formwirksam erhobene Klage liegt nicht vor, weil die Klage weder in Schriftform noch zur Niederschrift beim SG erhoben hat.
Der Kläger hat beim SG die Klage auch nicht wirksam durch Einreichung eines elektronischen Dokuments erhoben (§ 65a SGG).
Wird eine Prozesserklärung – wie hier - per einfacher Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur übermittelt und auch kein sonstiger sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 SGG gewählt, ist den Formerfordernissen des § 65a SGG nicht genügt. Auch wenn das Gericht die Erklärung ausgedruckt hätte, entspräche diese nicht der Schriftform (BSG, Urteil vom 12.10.2016 – B 4 AS 1/16 R - BSGE 122, 71 = SozR 4-1500 § 65a Nr. 3).
Die Möglichkeit einer Heilung nach § 65a Abs. 6 SGG scheidet aus, da die Vorschrift nicht den Fall einer Übermittlung auf unzulässigem Übermittlungsweg, sondern nur den in § 65a Abs. 2 SGG geregelten und hier nicht vorliegenden Fall eines für die Bearbeitung durch das Gericht nicht geeigneten Dokuments erfasst (BSG, Beschluss vom 09.05.2018 - B 12 KR 26/18 B- juris).
Das SG hat die Klage daher im Ergebnis zu Recht als unzulässig behandelt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.04.2016 - L 3 SB 4233/15 - juris; BSG, Beschluss vom 06.07.2016 - B 9 SB 1/16 R -, juris, zur Berufung mit einfacher E-Mail; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2015 - L 25 AS 1511/15 - juris; BSG, Urteil vom 12.10.2016 - B 4 AS 1/16 R - BSGE 122, 71 = SozR 4-1500 § 65a Nr. 3).
Da schon eine zulässige Klage nicht erhoben worden ist, kann die Berufung keinen Erfolg haben, sondern ist zurückzuweisen. Daher kann dahingestellt bleiben, dass für die Klage gegen die Beklagte zu 2. weitere Sachurteilsvoraussetzungen (Verwaltungsverfahren, Vorverfahren, Rechtsschutzbedürfnis wegen Möglichkeit der Sachleistung) fehlen.
Die Kostenentscheidung beruht wegen des Antrags gegen die Beklagte zu 2. auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved