Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 5974/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 1833/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.04.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Der.1978 geborene Kläger war von 2010 bis 2013 als Netzwerkfachkraft versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss hieran war er arbeitslos. Seit 01.03.2016 übt er eine selbstständige Tätigkeit aus. Aufstockend bezieht er Leistungen nach dem SGB II.
Am 06.12.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zu seinem Antrag verwies er auf Schmerzen (Fibromyalgie), Depressionen, Schlafstörungen, Augenprobleme, wodurch er sehr beeinträchtigt sei.
Die Beklagte nahm ärztliche Berichte, u.a. das nach Aktenlage erstellte Gutachten des arbeitsamtsärztlichen Dienstes, Dr. Ö. vom 28.09.2016, sowie den Befundbericht des Dr. Dipl. Psych. S. vom 20.12.2016 zu den Akten und ließ den Kläger beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. begutachten. Dieser kam in seinem Gutachten vom 21.03.2017 zu den Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, derzeit leichtgradig, einer somatoformen Schmerzstörung, einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur sowie einem Versorgungsbegehren und hielt den Kläger im Beruf, wie auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen für leistungsfähig im Umfang von 6 Stunden und mehr.
Mit Bescheid vom 27.04.2017 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein.
Mit seinem Widerspruch vom 18.05.2017 machte der Kläger geltend, es seien nicht alle ärztlichen Untersuchungen einbezogen worden. Der Kläger legte weitere ärztliche Unterlagen vor, so u.a. den Bericht vom 27.08.2016 über das am 07.06.2016 in der Klinik für Innere Medizin, Rheumatologie der Sana-Kliniken B. W. diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom. Das am 17.08.2016 durchgeführte Ganzkörperszintigramm im Kreisklinikum C.-N. zeigte ein unauffälliges Skelettsystem, keinen Anhalt für eine ossäre Läsion und keine entzündlichen Herde (Bericht vom 17.08.2016). Im Bericht vom 18.08.2015 des Universitätsklinikums Tübingen sind u.a. auch ein Fatigue-Syndrom und Depressionen beschrieben. Im Rehabericht der d.’i. Klinik vom 13.05.2015 wurde eine mittelgradige depressive Episode, eine nichtorganische Insomnie, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Allergie gegen Hausstaubmilben und einen Zustand nach Meniskusschädigung diagnostiziert. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung wurde ausgeführt, der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch im letzten Beruf vollschichtig erwerbsfähig. Der Bericht der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Evangelischen Heimstiftung in Böblingen vom 16.01.2015 beschrieb eine mittelgradige depressive Episode und eine nicht organische Insomnie (Schlafstörung).
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 24.10.2017 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben. Er leide hauptsächlich an Fibromyalgie und habe Schmerzen am ganzen Körper. Er könne nicht mehr 6 Stunden täglich arbeiten. Dazu legte der Kläger ärztliche Berichte vor.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. hat dem SG am 06.02.2018 (Blatt 64/94 der SG-Akte) geschrieben, im Vordergrund stünden die Schlafstörungen und Schmerzen. Zeitlich sehe er leichte Tätigkeiten zwischen 3 und 6 Stunden für möglich. Der Facharzt für Anästhesiologie Dr. P. hat dem SG am 07.02.2018 (Blatt 95 der SG-Akte) mitgeteilt, die berufliche Leistungsfähigkeit könne nicht beurteilt werden, da der Kläger zuletzt vor 2 Jahren in der Sprechstunde gewesen sei. Dr. Dipl.Psych. S. hat dem SG am 19.02.2018 (Blatt 96/97 der SG-Akte) geschrieben, er halte eine Leistungsfähigkeit von maximal 3 bis 4 Stunden für angebracht.
Die Beklagte hat hierzu die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 20.03.2018 (Blatt 100/101 der SG-Akte) vorgelegt. Der Kläger hat auf die bestehenden Erkrankungen verwiesen (Schreiben vom 11.07.2018, Blatt 119/121 der SG-Akte).
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.09.2018 (Blatt 134/152 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 13.09.2018) eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine anamnestisch rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigen depressiven Episoden und eine anamnestische Schlafstörung, aktuell weitgehend remittiert unter niedrig dosierter schlaffördernder Medikation, diagnostiziert. In den vergangenen ein bis zwei Jahren habe sich der psychische Gesundheitszustand deutlich gebessert. Der Kläger sei in der Lage, in leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in seinem erlernten Beruf mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2019 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 02.05.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, 03.06.2019, beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Die Sana-Kliniken B. W. hätten bereits 2016 das sogenannte Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. Die Fibromyalgie sei eine anerkannte Erkrankung und in der internationalen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation aufgeführt. Leider seien die Ursachen dieser Erkrankung noch nicht ausreichend erforscht. Das Problem bei der psychiatrischen Diagnose der somatoformen Schmerzstörung sei nicht nur eine abweichende Benennung des Symptomkomplexes, sondern die unterschiedliche ärztliche Bewertung in Bezug auf die Ursachen und Auswirkungen der Erkrankung. Ärzte der psychiatrischen und psychotherapeutischen Fachrichtung gingen häufig wie auch im vorliegenden Fall von einer seelischen bzw. psychiatrischen Ursache aus und werfen den Patienten vor, dass diesen die Zusammenhänge zwischen den körperlich erlebten Schmerzen und psychischen Faktoren, welche sie bedingten, nur eingeschränkt einsichtig sei. Darüber hinaus stelle Dr. H. fest, dass für Menschen, welche unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung litten, es typisch sei, dass sie über lange Zeit mit in der Regel vielen Ärzten nach einer organischen Ursache ihrer Beschwerden suchten. Diese beiden Bemerkungen des Gutachters, die einen großen Teil der Beschreibung der somatoformen Schmerzstörung in seiner Antwort auf die Beweisfrage 1 ausmachten, verdeutliche die häufig anzutretende Sichtweise psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Fachrichtung auf das vorliegende Beschwerdebild. Diese Sichtweise berücksichtige und bewerte nicht ausreichend genug die bei der Fibromyalgie auftretenden Symptome der chronischen Müdigkeit, schnellen Erschöpfbarkeit und der Konzentrationsstörungen, dadurch bedingt auch eine erhebliche Reduzierung der Leistungsfähigkeit. Es bedürfe daher unbedingt der Beurteilung und Einschätzung durch einen Mediziner, der mit dem anerkannten Krankheitsbild der Fibromyalgie befasst und vertraut sei.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.04.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2017 zu verurteilen, ihm ab dem Monat der Antragstellung eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Nach Anhörung wurde die Berufung durch Beschluss vom 23.10.2019 nach § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Dass der Kläger ohne seinen ordnungsgemäß geladenen Rechtsanwalt an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, steht der Entscheidung nicht entgegen. Denn der Kläger und sein Bevollmächtigter waren ordnungsgemäß geladen und darüber belehrt worden, dass auch bei ihrem Ausbleiben verhandelt und entschieden werden kann. Der Kläger, der nach Ablehnung der PKH-Gewährung Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt gehalten hatte und seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ohne Rechtsanwalt mit diesem besprochen hatte (vgl. Notiz vom 29.11.2019, Blatt 39 der Senatsakte), hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht, einen Rechtsbeistand zu benötigen.
Über die Berufung konnte der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, nachdem das SG mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2019 entschieden hatte und die Berufung dem Berichterstatter durch Beschluss des Senates nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen worden war. Der Senat hat keine Gründe feststellen können, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen, solche waren auch in der schriftlichen Anhörung sowie in der Anhörung im Termin am 02.12.2019 von den Beteiligten nicht mitgeteilt worden.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Der Senat konnte feststellen, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an fünf Tagen pro Woche (arbeitstäglich) 6 Stunden und mehr zu verrichten. Dabei hat er zwar qualitative Leistungseinschränkungen zu beachten, diese führen aber nicht zu einer zeitlichen Reduzierung des Leistungsvermögens. Daher ist der Gerichtsbescheid des SG vom 29.04.2019 zutreffend und auch die Berufung in vollem Umfang zurückzuweisen.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Senat konnte feststellen, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungsbeschränkungen an 5 Tagen pro Woche (arbeitstäglich) 6 Stunden und mehr auszuüben.
Eine zeitliche Begrenzung der Leistungsfähigkeit des Klägers ergibt sich nicht aus orthopädischen Gesundheitsstörungen. Außer einer gewissen O-Bein-Stellung (vgl. Gutachten Dr. H.) und einem Zustand nach Meniskus-Operation konnte der Senat keine Gesundheitsschäden auf orthopädischem Fachgebiet feststellen. Dass diese Erkrankungen die zeitliche Leistungsfähigkeit des Klägers beeinträchtigen und dazu führen, dass er nicht mehr in der Lage ist, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen über mindestens 6 Stunden an 5 Tagen pro Woche (arbeitstäglich) auszuüben, konnte keiner der behandelnden Ärzte darlegen und der Senat auch nicht feststellen. Gleiches gilt für die Allergie gegen Hausstaubmilben, das Sodbrennen und den Keratokonus der Augen.
Auch hinsichtlich der Schmerzerkrankung/Fibromyalgie und der depressiven Erkrankung konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen arbeitstäglich mindestens 6 Stunden auszuüben. Zwar bestehen beim Kläger diese Erkrankungen, auch eine Schlafstörung, doch ist letztere unter medikamentöser Behandlung weitgehend remittiert, wie der Senat mit dem Gutachten von Dr. H. festgestellt hat. Hinsichtlich der Leistungsbeurteilung schließt sich der Senat den Ausführungen des SG nach eigener Prüfung an und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid. Diese Auffassung wird nicht nur durch den Gutachter Dr. H., sondern auch den Verwaltungsgutachter Dr. B. und den Rehabericht der d.’i. Klinik vom 13.05.2015 bestätigt, wonach der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, als auch im letzten Beruf, vollschichtig erwerbsfähig ist.
Dr. H.hat ausgeführt, dass durch diese Erkrankungen die berufliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit des Klägers qualitativ auf lediglich leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten begrenzt ist. Er kann seine Arbeitstätigkeit in wechselnden Körperhaltungen im Gehen, Stehen bzw. Sitzen durchführen. Infolge der O-Stellung seiner Beine und dem Zustand nach Meniskusoperation links sind gleichförmige Körperhaltungen, insbesondere gebücktes Arbeiten, häufiges Treppensteigen oder Arbeiten und Steigen auf Leitern oder Gerüsten zu vermeiden. Zu vermeiden sind auch Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck oder der Anforderung besonderer Verantwortungsübernahme oder anhaltender Daueraufmerksamkeit. Der Kläger soll seine Arbeitstätigkeit in der Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht ausführen können. Nachtschicht ist ungünstig. Infolge der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sind ihm auch keine Arbeiten bei besonderer Hitze, Kälte, Zugluft oder Nässe zuzumuten. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen, die die Breite des allgemeinen Arbeitsmarktes nur gering reduziert, ist der Kläger noch in der Lage, in leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in seinem erlernten Beruf als Netzwerkkraft mindestens 6 Stunden arbeitstäglich erwerbstätig zu sein, was der Senat auf der Grundlage der Gutachten von Dr. H., Dr. B. und dem Bericht der d.’. Kliniken feststellt. Der Kläger ist auch in der Lage, wie Dr. H. mitgeteilt hat und was der Senat feststellt, die Anpassung an eine neue Tätigkeit unter zumutbarer Willensanstrengung zu bewältigen.
Die abweichende Beurteilung der behandelnden Ärzte überzeugt auch angesichts der vorliegenden Reha-Berichte und Gutachten und der von den Ärzten selbst mitgeteilten Befunde nicht. Insbesondere zeigt auch der gegenüber Dr. H. berichtete und in der mündlichen Verhandlung angesprochene Tagesablauf, dass es dem Kläger möglich ist, seine Erwerbstätigkeit aber auch sein Familien- und Freizeitleben mit und um die Erkrankungen herum zu gestalten und nach dem Frühstück etwa um 12 Uhr ins Büro zu gehen, bis 16 Uhr dort zu arbeiten, ab 16 Uhr bei Bekannten in E. zu arbeiten und gegen 18 Uhr nach Hause zu gehen. Danach gehe er zu Freunden und in die Moschee. Den Haushalt erledigt er zusammen mit seiner Frau, mache gerne die Wäsche und koche sehr gut, sauge Staub, richte das Frühstück und versorge die Spülmaschine; in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ausgeführt, sich von seiner Frau getrennt zu haben, daher kann er auch im Haushalt nicht mehr auf deren Hilfe zurückgreifen. Dieser mindestens 6-stündige Arbeits- und Alltag zeigt, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert ist.
Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens im rentenversicherungsrechtlichen Sinn handelt es sich um eine funktionsbezogene Beurteilung, sodass auch nicht zu klären ist, woher bestimmte gesundheitliche Einschränkungen stammen, sondern ob bzw. wie der Versicherte damit noch erwerbstätig sein kann. Denn für den Anspruch sind nicht die Diagnosen, sondern die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgebend (Freudenberg in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 43 SGB VI, Rn. 63). Insoweit ist bei Begutachtungen im Kontext von Rentenanträgen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu beurteilen, inwieweit der zu Begutachtende den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprechen kann (Senatsurteil vom 26.10.2018 - L 8 R 4635/17 – n.v.). Dem entspricht das Gutachten des Dr. H.
Dass der Kläger meint, der Gutachter des SG Dr. H. sei nicht geeignet, eine Fibromyalgie zu bewerten, überzeugt nicht. Denn im Rahmen der sozialmedizinischen Beurteilung kommt es nicht maßgeblich auf Ursachen und Diagnosen an, sondern auf deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers. Diese kann Dr. H. als bewährter Gutachter und Arzt an einer rehabilitativen Tagesklinik durchaus feststellen, zumal Schmerzerkrankungen auch nach der vom Kläger zitierten ICD 10 im Kapitel 5, mithin unter der Überschrift der psychischen und Verhaltensstörungen gelistet sind (vgl. Diagnose F00-F99). Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Fibromyalgie unter M79.70 als rheumatische Erkrankung gelistet ist, steht dies der Beurteilung durch einen ausgewiesenen Therapeuten aus dem Gebiet der Schmerzerkrankungen nicht entgegen, zumal der Kläger mit seiner Berufung selber unter Hinweis auf die Deutsche Fibromyalgie Vereinigung e.V. darauf verweist, dass die Fibromyalgie eine neurologische Erkrankung der Schmerzwahrnehmung und der Schmerzverarbeitung sei. Dass und welche Leistungsbeeinträchtigungen nicht bzw. unzutreffend bewertet worden seien, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, sodass der Senat auch insoweit nicht veranlasst war von Amts wegen ein weiteres Gutachten einzuholen. Dazu hat Dr. H. in seinem Gutachten (Seite 17) ausgeführt, dass er dieselbe Erkrankung, die andere Ärzte als Fibromyalgie beschrieben haben, als anhaltende somatoforme Schmerzstörung beschrieben und bewertet hat. Damit hat Dr. H. gerade diejenigen Befunde und Beeinträchtigungen beurteilt, sie vom Kläger als Fibromyalgie verstanden werden. Auch dass der Kläger keine regelmäßige Behandlung bei einem Rheumatologen in Anspruch nimmt, spricht dafür, dass die Erkrankung im Verhältnis zu den Bewertungen des Dr. H. keine weitergehenden Einschränkungen verursacht.
Vor diesem Hintergrund war weder von Amts wegen ein weiteres Gutachten einzuholen, noch Dr. H. ergänzend zu befragen. Der Kläger hat keinen Antrag nach § 109 SGG gestellt.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den vorliegenden Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO).
Der Senat konnte auf dieser Grundlage nicht feststellen, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, arbeitstäglich 6 Stunden leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den dort üblichen Bedingungen zu verrichten. Auch liegt weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die trotz zeitlich nicht relevant eingeschränktem Leistungsvermögen eine rentenrechtliche Erwerbsminderung annehmen lässt. Insoweit konnten die Gutachter bestätigen, dass der Kläger in der Lage ist, täglich viermal Wegstrecken von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen sowie viermal Öffentlichen Personennahverkehr zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Der Kläger verfügt über einen Führerschein und ein Auto. Den vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann nach Überzeugung des Senats durch qualitative Leistungseinschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden.
Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Er hat daher keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB VI. Der 1978 geborene Kläger hat nach § 240 SGB VI auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er nach dem 01.01.1961 geboren ist.
Konnte der Senat damit nicht feststellen, dass der Kläger i.S.d. § 43 SGB VI voll bzw. teilweise erwerbsgemindert ist und hat er auch keinen Anspruch i.S.d. § 240 SGB VI, hat dieser keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Der.1978 geborene Kläger war von 2010 bis 2013 als Netzwerkfachkraft versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss hieran war er arbeitslos. Seit 01.03.2016 übt er eine selbstständige Tätigkeit aus. Aufstockend bezieht er Leistungen nach dem SGB II.
Am 06.12.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zu seinem Antrag verwies er auf Schmerzen (Fibromyalgie), Depressionen, Schlafstörungen, Augenprobleme, wodurch er sehr beeinträchtigt sei.
Die Beklagte nahm ärztliche Berichte, u.a. das nach Aktenlage erstellte Gutachten des arbeitsamtsärztlichen Dienstes, Dr. Ö. vom 28.09.2016, sowie den Befundbericht des Dr. Dipl. Psych. S. vom 20.12.2016 zu den Akten und ließ den Kläger beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. begutachten. Dieser kam in seinem Gutachten vom 21.03.2017 zu den Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, derzeit leichtgradig, einer somatoformen Schmerzstörung, einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur sowie einem Versorgungsbegehren und hielt den Kläger im Beruf, wie auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen für leistungsfähig im Umfang von 6 Stunden und mehr.
Mit Bescheid vom 27.04.2017 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger könne noch mindestens 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein.
Mit seinem Widerspruch vom 18.05.2017 machte der Kläger geltend, es seien nicht alle ärztlichen Untersuchungen einbezogen worden. Der Kläger legte weitere ärztliche Unterlagen vor, so u.a. den Bericht vom 27.08.2016 über das am 07.06.2016 in der Klinik für Innere Medizin, Rheumatologie der Sana-Kliniken B. W. diagnostizierte Fibromyalgiesyndrom. Das am 17.08.2016 durchgeführte Ganzkörperszintigramm im Kreisklinikum C.-N. zeigte ein unauffälliges Skelettsystem, keinen Anhalt für eine ossäre Läsion und keine entzündlichen Herde (Bericht vom 17.08.2016). Im Bericht vom 18.08.2015 des Universitätsklinikums Tübingen sind u.a. auch ein Fatigue-Syndrom und Depressionen beschrieben. Im Rehabericht der d.’i. Klinik vom 13.05.2015 wurde eine mittelgradige depressive Episode, eine nichtorganische Insomnie, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Allergie gegen Hausstaubmilben und einen Zustand nach Meniskusschädigung diagnostiziert. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung wurde ausgeführt, der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch im letzten Beruf vollschichtig erwerbsfähig. Der Bericht der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Evangelischen Heimstiftung in Böblingen vom 16.01.2015 beschrieb eine mittelgradige depressive Episode und eine nicht organische Insomnie (Schlafstörung).
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Der Kläger hat am 24.10.2017 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben. Er leide hauptsächlich an Fibromyalgie und habe Schmerzen am ganzen Körper. Er könne nicht mehr 6 Stunden täglich arbeiten. Dazu legte der Kläger ärztliche Berichte vor.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. hat dem SG am 06.02.2018 (Blatt 64/94 der SG-Akte) geschrieben, im Vordergrund stünden die Schlafstörungen und Schmerzen. Zeitlich sehe er leichte Tätigkeiten zwischen 3 und 6 Stunden für möglich. Der Facharzt für Anästhesiologie Dr. P. hat dem SG am 07.02.2018 (Blatt 95 der SG-Akte) mitgeteilt, die berufliche Leistungsfähigkeit könne nicht beurteilt werden, da der Kläger zuletzt vor 2 Jahren in der Sprechstunde gewesen sei. Dr. Dipl.Psych. S. hat dem SG am 19.02.2018 (Blatt 96/97 der SG-Akte) geschrieben, er halte eine Leistungsfähigkeit von maximal 3 bis 4 Stunden für angebracht.
Die Beklagte hat hierzu die sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. L. vom 20.03.2018 (Blatt 100/101 der SG-Akte) vorgelegt. Der Kläger hat auf die bestehenden Erkrankungen verwiesen (Schreiben vom 11.07.2018, Blatt 119/121 der SG-Akte).
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.09.2018 (Blatt 134/152 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 13.09.2018) eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine anamnestisch rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigen depressiven Episoden und eine anamnestische Schlafstörung, aktuell weitgehend remittiert unter niedrig dosierter schlaffördernder Medikation, diagnostiziert. In den vergangenen ein bis zwei Jahren habe sich der psychische Gesundheitszustand deutlich gebessert. Der Kläger sei in der Lage, in leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in seinem erlernten Beruf mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2019 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 02.05.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, 03.06.2019, beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Die Sana-Kliniken B. W. hätten bereits 2016 das sogenannte Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. Die Fibromyalgie sei eine anerkannte Erkrankung und in der internationalen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation aufgeführt. Leider seien die Ursachen dieser Erkrankung noch nicht ausreichend erforscht. Das Problem bei der psychiatrischen Diagnose der somatoformen Schmerzstörung sei nicht nur eine abweichende Benennung des Symptomkomplexes, sondern die unterschiedliche ärztliche Bewertung in Bezug auf die Ursachen und Auswirkungen der Erkrankung. Ärzte der psychiatrischen und psychotherapeutischen Fachrichtung gingen häufig wie auch im vorliegenden Fall von einer seelischen bzw. psychiatrischen Ursache aus und werfen den Patienten vor, dass diesen die Zusammenhänge zwischen den körperlich erlebten Schmerzen und psychischen Faktoren, welche sie bedingten, nur eingeschränkt einsichtig sei. Darüber hinaus stelle Dr. H. fest, dass für Menschen, welche unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung litten, es typisch sei, dass sie über lange Zeit mit in der Regel vielen Ärzten nach einer organischen Ursache ihrer Beschwerden suchten. Diese beiden Bemerkungen des Gutachters, die einen großen Teil der Beschreibung der somatoformen Schmerzstörung in seiner Antwort auf die Beweisfrage 1 ausmachten, verdeutliche die häufig anzutretende Sichtweise psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Fachrichtung auf das vorliegende Beschwerdebild. Diese Sichtweise berücksichtige und bewerte nicht ausreichend genug die bei der Fibromyalgie auftretenden Symptome der chronischen Müdigkeit, schnellen Erschöpfbarkeit und der Konzentrationsstörungen, dadurch bedingt auch eine erhebliche Reduzierung der Leistungsfähigkeit. Es bedürfe daher unbedingt der Beurteilung und Einschätzung durch einen Mediziner, der mit dem anerkannten Krankheitsbild der Fibromyalgie befasst und vertraut sei.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.04.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2017 zu verurteilen, ihm ab dem Monat der Antragstellung eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Nach Anhörung wurde die Berufung durch Beschluss vom 23.10.2019 nach § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Dass der Kläger ohne seinen ordnungsgemäß geladenen Rechtsanwalt an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, steht der Entscheidung nicht entgegen. Denn der Kläger und sein Bevollmächtigter waren ordnungsgemäß geladen und darüber belehrt worden, dass auch bei ihrem Ausbleiben verhandelt und entschieden werden kann. Der Kläger, der nach Ablehnung der PKH-Gewährung Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt gehalten hatte und seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ohne Rechtsanwalt mit diesem besprochen hatte (vgl. Notiz vom 29.11.2019, Blatt 39 der Senatsakte), hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht, einen Rechtsbeistand zu benötigen.
Über die Berufung konnte der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, nachdem das SG mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2019 entschieden hatte und die Berufung dem Berichterstatter durch Beschluss des Senates nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen worden war. Der Senat hat keine Gründe feststellen können, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen, solche waren auch in der schriftlichen Anhörung sowie in der Anhörung im Termin am 02.12.2019 von den Beteiligten nicht mitgeteilt worden.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Der Senat konnte feststellen, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an fünf Tagen pro Woche (arbeitstäglich) 6 Stunden und mehr zu verrichten. Dabei hat er zwar qualitative Leistungseinschränkungen zu beachten, diese führen aber nicht zu einer zeitlichen Reduzierung des Leistungsvermögens. Daher ist der Gerichtsbescheid des SG vom 29.04.2019 zutreffend und auch die Berufung in vollem Umfang zurückzuweisen.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Senat konnte feststellen, dass der Kläger in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungsbeschränkungen an 5 Tagen pro Woche (arbeitstäglich) 6 Stunden und mehr auszuüben.
Eine zeitliche Begrenzung der Leistungsfähigkeit des Klägers ergibt sich nicht aus orthopädischen Gesundheitsstörungen. Außer einer gewissen O-Bein-Stellung (vgl. Gutachten Dr. H.) und einem Zustand nach Meniskus-Operation konnte der Senat keine Gesundheitsschäden auf orthopädischem Fachgebiet feststellen. Dass diese Erkrankungen die zeitliche Leistungsfähigkeit des Klägers beeinträchtigen und dazu führen, dass er nicht mehr in der Lage ist, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen über mindestens 6 Stunden an 5 Tagen pro Woche (arbeitstäglich) auszuüben, konnte keiner der behandelnden Ärzte darlegen und der Senat auch nicht feststellen. Gleiches gilt für die Allergie gegen Hausstaubmilben, das Sodbrennen und den Keratokonus der Augen.
Auch hinsichtlich der Schmerzerkrankung/Fibromyalgie und der depressiven Erkrankung konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen arbeitstäglich mindestens 6 Stunden auszuüben. Zwar bestehen beim Kläger diese Erkrankungen, auch eine Schlafstörung, doch ist letztere unter medikamentöser Behandlung weitgehend remittiert, wie der Senat mit dem Gutachten von Dr. H. festgestellt hat. Hinsichtlich der Leistungsbeurteilung schließt sich der Senat den Ausführungen des SG nach eigener Prüfung an und verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid. Diese Auffassung wird nicht nur durch den Gutachter Dr. H., sondern auch den Verwaltungsgutachter Dr. B. und den Rehabericht der d.’i. Klinik vom 13.05.2015 bestätigt, wonach der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, als auch im letzten Beruf, vollschichtig erwerbsfähig ist.
Dr. H.hat ausgeführt, dass durch diese Erkrankungen die berufliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit des Klägers qualitativ auf lediglich leichte bis zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten begrenzt ist. Er kann seine Arbeitstätigkeit in wechselnden Körperhaltungen im Gehen, Stehen bzw. Sitzen durchführen. Infolge der O-Stellung seiner Beine und dem Zustand nach Meniskusoperation links sind gleichförmige Körperhaltungen, insbesondere gebücktes Arbeiten, häufiges Treppensteigen oder Arbeiten und Steigen auf Leitern oder Gerüsten zu vermeiden. Zu vermeiden sind auch Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck oder der Anforderung besonderer Verantwortungsübernahme oder anhaltender Daueraufmerksamkeit. Der Kläger soll seine Arbeitstätigkeit in der Tagesschicht oder Früh-/Spätschicht ausführen können. Nachtschicht ist ungünstig. Infolge der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sind ihm auch keine Arbeiten bei besonderer Hitze, Kälte, Zugluft oder Nässe zuzumuten. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen, die die Breite des allgemeinen Arbeitsmarktes nur gering reduziert, ist der Kläger noch in der Lage, in leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in seinem erlernten Beruf als Netzwerkkraft mindestens 6 Stunden arbeitstäglich erwerbstätig zu sein, was der Senat auf der Grundlage der Gutachten von Dr. H., Dr. B. und dem Bericht der d.’. Kliniken feststellt. Der Kläger ist auch in der Lage, wie Dr. H. mitgeteilt hat und was der Senat feststellt, die Anpassung an eine neue Tätigkeit unter zumutbarer Willensanstrengung zu bewältigen.
Die abweichende Beurteilung der behandelnden Ärzte überzeugt auch angesichts der vorliegenden Reha-Berichte und Gutachten und der von den Ärzten selbst mitgeteilten Befunde nicht. Insbesondere zeigt auch der gegenüber Dr. H. berichtete und in der mündlichen Verhandlung angesprochene Tagesablauf, dass es dem Kläger möglich ist, seine Erwerbstätigkeit aber auch sein Familien- und Freizeitleben mit und um die Erkrankungen herum zu gestalten und nach dem Frühstück etwa um 12 Uhr ins Büro zu gehen, bis 16 Uhr dort zu arbeiten, ab 16 Uhr bei Bekannten in E. zu arbeiten und gegen 18 Uhr nach Hause zu gehen. Danach gehe er zu Freunden und in die Moschee. Den Haushalt erledigt er zusammen mit seiner Frau, mache gerne die Wäsche und koche sehr gut, sauge Staub, richte das Frühstück und versorge die Spülmaschine; in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ausgeführt, sich von seiner Frau getrennt zu haben, daher kann er auch im Haushalt nicht mehr auf deren Hilfe zurückgreifen. Dieser mindestens 6-stündige Arbeits- und Alltag zeigt, dass der Kläger nicht erwerbsgemindert ist.
Bei der Beurteilung des Leistungsvermögens im rentenversicherungsrechtlichen Sinn handelt es sich um eine funktionsbezogene Beurteilung, sodass auch nicht zu klären ist, woher bestimmte gesundheitliche Einschränkungen stammen, sondern ob bzw. wie der Versicherte damit noch erwerbstätig sein kann. Denn für den Anspruch sind nicht die Diagnosen, sondern die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen maßgebend (Freudenberg in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 43 SGB VI, Rn. 63). Insoweit ist bei Begutachtungen im Kontext von Rentenanträgen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu beurteilen, inwieweit der zu Begutachtende den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprechen kann (Senatsurteil vom 26.10.2018 - L 8 R 4635/17 – n.v.). Dem entspricht das Gutachten des Dr. H.
Dass der Kläger meint, der Gutachter des SG Dr. H. sei nicht geeignet, eine Fibromyalgie zu bewerten, überzeugt nicht. Denn im Rahmen der sozialmedizinischen Beurteilung kommt es nicht maßgeblich auf Ursachen und Diagnosen an, sondern auf deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers. Diese kann Dr. H. als bewährter Gutachter und Arzt an einer rehabilitativen Tagesklinik durchaus feststellen, zumal Schmerzerkrankungen auch nach der vom Kläger zitierten ICD 10 im Kapitel 5, mithin unter der Überschrift der psychischen und Verhaltensstörungen gelistet sind (vgl. Diagnose F00-F99). Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Fibromyalgie unter M79.70 als rheumatische Erkrankung gelistet ist, steht dies der Beurteilung durch einen ausgewiesenen Therapeuten aus dem Gebiet der Schmerzerkrankungen nicht entgegen, zumal der Kläger mit seiner Berufung selber unter Hinweis auf die Deutsche Fibromyalgie Vereinigung e.V. darauf verweist, dass die Fibromyalgie eine neurologische Erkrankung der Schmerzwahrnehmung und der Schmerzverarbeitung sei. Dass und welche Leistungsbeeinträchtigungen nicht bzw. unzutreffend bewertet worden seien, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, sodass der Senat auch insoweit nicht veranlasst war von Amts wegen ein weiteres Gutachten einzuholen. Dazu hat Dr. H. in seinem Gutachten (Seite 17) ausgeführt, dass er dieselbe Erkrankung, die andere Ärzte als Fibromyalgie beschrieben haben, als anhaltende somatoforme Schmerzstörung beschrieben und bewertet hat. Damit hat Dr. H. gerade diejenigen Befunde und Beeinträchtigungen beurteilt, sie vom Kläger als Fibromyalgie verstanden werden. Auch dass der Kläger keine regelmäßige Behandlung bei einem Rheumatologen in Anspruch nimmt, spricht dafür, dass die Erkrankung im Verhältnis zu den Bewertungen des Dr. H. keine weitergehenden Einschränkungen verursacht.
Vor diesem Hintergrund war weder von Amts wegen ein weiteres Gutachten einzuholen, noch Dr. H. ergänzend zu befragen. Der Kläger hat keinen Antrag nach § 109 SGG gestellt.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den vorliegenden Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO).
Der Senat konnte auf dieser Grundlage nicht feststellen, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, arbeitstäglich 6 Stunden leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den dort üblichen Bedingungen zu verrichten. Auch liegt weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die trotz zeitlich nicht relevant eingeschränktem Leistungsvermögen eine rentenrechtliche Erwerbsminderung annehmen lässt. Insoweit konnten die Gutachter bestätigen, dass der Kläger in der Lage ist, täglich viermal Wegstrecken von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen sowie viermal Öffentlichen Personennahverkehr zu Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Der Kläger verfügt über einen Führerschein und ein Auto. Den vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann nach Überzeugung des Senats durch qualitative Leistungseinschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden.
Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Er hat daher keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB VI. Der 1978 geborene Kläger hat nach § 240 SGB VI auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er nach dem 01.01.1961 geboren ist.
Konnte der Senat damit nicht feststellen, dass der Kläger i.S.d. § 43 SGB VI voll bzw. teilweise erwerbsgemindert ist und hat er auch keinen Anspruch i.S.d. § 240 SGB VI, hat dieser keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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