L 4 KR 3721/19 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 3495/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3721/19 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 24. September 2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Feststellung ihrer Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).

Die 1951 geborene, aus Rumänien stammende Antragstellerin siedelte im Jahr 2005 ins Bundesgebiet über und war nachfolgend - mit Unterbrechungen - versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt bis 31. Juli 2017 und deshalb pflichtversichertes Mitglied der Antragsgegnerin.

Auf ihren Antrag vom 10. Februar 2017 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (DRV NB) der Antragstellerin mit Bescheid vom 31. Mai 2017 ab 1. Februar 2017 Regelaltersrente in Höhe von anfänglich 170,12 EUR brutto. Im Rahmen des Formulars "Meldung zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nach § 201 Absatz 1 SGB V" gab die Antragstellerin an, erstmals am 1. März 1969 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen zu haben. Seit 2005 sei sie bei der Antragsgegnerin krankenversichert und zuvor sei sie bei der staatlichen Krankenversicherung Rumänien in B. krankenversichert gewesen. Im Hinblick auf die für eine Pflichtversicherung in der KVdR erforderlichen Vorversicherungszeiten wandte sich die Antragsgegnerin zur Klärung der in Rumänien zurückgelegten Krankenversicherungszeiten unter Verwendung des Formulars E 104 (Bescheinigung über die Zusammenrechnung der Versicherung-, Beschäftigungs- oder Wohnzeiten, Krankheit – Mutterschaft – Tod (Sterbegeld) – Invalidität) unter dem 23. März 2018 an den rumänischen Versicherungsträger (C. d. A. d. S.) in B. und bat um Mitteilung der von der Antragstellerin nach den Rechtsvorschriften Rumäniens für den Fall der Krankheit/Mutterschaft seit 1. Januar 1993 zurückgelegten Zeiten. Das am 13. April 2018 vom rumänischen Versicherungsträger unterzeichnete Formular enthielt in den für die Eintragung der Versicherung- oder Beschäftigungszeiten bzw. Wohnzeiten vorgesehenen Feldern keine Eintragungen, sondern lediglich einen handschriftlichen Zusatz (wohl) in rumänischer Sprache. Entsprechende weitere Anfragen vom 30. März 2017 und 8. Juni 2017, bei denen die Antraggegnerin die Antragstellerin jeweils um Übermittlung des Formulars E 104 an den zuständigen Krankenversicherungsträger bat, blieben unbeantwortet. Am 19. Juli 2017 wandte sich die Antragsgegnerin unter Übersendung des Formulars E 104 erneut an den rumänischen Versicherungsträger. In der am 8. August 2017 unterzeichneten Rückantwort waren die für die Eintragung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten bzw. Wohnzeiten vorgesehenen Felder nunmehr durchgestrichen; zusätzlich enthielt das Formular wiederum einen handschriftlichen Zusatz (wohl) in rumänischer Sprache. Mit Schreiben vom 20. September 2017 wandte sich die Antragsgegnerin unter Übersendung der ihr seitens der Antragstellerin zwischenzeitlich überlassenen Kopien rumänischer Versicherungskarten erneut an den rumänischen Versicherungsträger, wobei in der am 5. Oktober 2017 unterzeichneten Rückantwort wiederum die in dem Formular vorgesehenen Felder für die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten bzw. Wohnzeiten durchgestrichen waren.

Mit Bescheid vom 8. November 2017 setzte die Antragsgegnerin – auch im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse – Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. August 2017 auf der Basis der Beitragsbemessungsgrenze (4.350,00 EUR) mit insgesamt 774,30 EUR (Krankenversicherung 652,50 EUR, Pflegeversicherung 121,80 EUR) fest, errechnete einen Beitragsrückstand von insgesamt 2.322,90 EUR und forderte die Antragstellerin auf, diesen bis zum 28. November 2017 zu entrichten. Sie wies darauf hin, dass bei Nachweis der tatsächlichen Einkünfte eine neue Betragsberechnung auf dieser Basis erfolge. Da die Antragstellerin weder Zahlungen leistete noch unter Vorlage des ihr übersandten Einkommensfragebogens Angaben zu ihrem Einkommen machte, wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 28. November 2017 darauf hin, dass ein Ruhen der Leistungen eintrete, falls sie die offenen Beiträge bis 15. Dezember 2017 nicht entrichtete.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass eine Versicherung in der KVdR mangels Erfüllung der Vorversicherungszeiten nicht möglich sei, ihr Versicherungsschutz jedoch bestehen bleibe und sie als freiwilliges Mitglied versichert sei. Entsprechend gewährte die DRV NB der Antragstellerin in der Folgezeit einen Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung.

Da die Antragstellerin keine Zahlung geleistet hatte, ordnete die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. Dezember 2017 das Ruhen des Krankenversicherungsschutzes ab 27. Dezember 2017 an und wies darauf hin, dass die Antragstellerin vorerst nur in Ausnahmefällen Anspruch auf Leistungen habe, und zwar für die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschutz.

Mit Bescheid vom 5. Januar 2018 passte die Antragsgegnerin die Beiträge wegen Änderung der Beitragsbemessungsgrenze (nunmehr 4.425,00 EUR) ab 1. Januar 2018 an, wodurch sich ein Gesamtbetrag zur Kranken- und Pflegeversicherung von 787,65 EUR ergab.

Am 22. Januar 2018 legte die Antragstellerin den Einkommensfragebogen der Antragsgegnerin vor, worauf diese die zu entrichtenden Beiträge mit Bescheid vom 9. Februar 2018 unter Ersetzung des Bescheides vom 8. November 2017 ab 1. August 2017 neu mit insgesamt 177,55 EUR (Krankenversicherung 149,78 EUR, Pflegeversicherung 27,77 EUR), ab 1. September 2017 mit insgesamt 177,61 EUR und 1. Januar 2018 mit insgesamt 181,75 EUR festsetzte. Die rückständigen Beiträge bezifferte die Antragsgegnerin nunmehr mit 1.069,73 EUR. Eine zunächst von der Antragstellerin gewünschte Ratenzahlungsvereinbarung kam nicht zustande, worauf ihr die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20. März 2018 den Gesamtbetrag der rückständigen Beiträge nebst Säumniszuschlägen mit 1.274,49 EUR mitteilte und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ankündigte. Da die Antragstellerin weiterhin keine Beiträge entrichtete und auch mittels des übersandten Einkommensfragebogens keine Einkommenserklärung abgab, kündigte die Antragsgegnerin im Mai 2018 unter Fristsetzung bis 8. Juni 2018 an, die Beiträge aus der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze zu errechnen.

Am 25. Mai 2018 wandte sich die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten an die Antragsgegnerin und machte geltend, von ihr würden Zahlungen verlangt, die sie nicht zuordnen könne. Sie erhob gleichzeitig "gegen eventuelle Bescheide, die zu Beitragszahlungen geführt haben" Widerspruch und beantragte vorsorglich eine Überprüfung gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Mit Schreiben vom 29. Mai 2018 legte die Antragsgegnerin dar, dass und aus welchen Gründen die Antragstellerin nicht in der KVdR versichert sei, bei ihr seit 1. August 2018 eine freiwillige Mitgliedschaft bestehe und die Antragstellerin deshalb verpflichtet sei, die festgesetzten Beiträge zu entrichten. Bei Vorliegen entsprechender Nachweise über die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten werde sie erneut prüfen, ob die Voraussetzungen für die KVdR erfüllt seien. Dem Widerspruch könne derzeit nicht abgeholfen werden. Das Schreiben gelte als Anhörung, weshalb um Mitteilung gebeten werde, ob an dem Widerspruch festgehalten werde. Hierauf teilte die Antragstellerin mit, sie sei vor ihrer Ausreise nach Deutschland in Rumänien versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und diese Beschäftigung sei bei der Ermittlung der Vorversicherungszeiten zu berücksichtigen. Sie habe nachgewiesen, dass sie in Rumänien beschäftigt gewesen sei. Dass Entsprechendes von den rumänischen Behörden nicht bestätigt werde, könne nicht dazu führen, dass sie als "nicht versichert" gelte. Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass allein die entsprechende Behauptung der Antragstellerin nicht ausreiche, die rumänischen Versicherungszeiten anzuerkennen. Den Nachweis eventueller Vorversicherungszeiten habe sie zu erbringen. Eigene Versuche einen Versicherungsnachweis über das Formular E 104 zu erhalten, seien vergeblich gewesen. Nachweise über einen rumänischen Krankenversicherungsschutz seien bisher nicht erbracht.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2018 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin ihre früher geführten und die Namen ihrer Eltern mit und bat um eine erneute Anfrage bei den rumänischen Behörden. Im Übrigen machte sie geltend, der Nachweis der Versicherungspflicht in Rumänien könne auch durch andere Beweismittel erbracht werden. Die entsprechenden Unterlagen habe sie bereits vorgelegt, weshalb Versicherungspflicht festzustellen sei. Auf die sodann am 6. November 2018 erfolgte nochmalige Übersendung des Formulars E 104 unter Angabe des von der Antragstellerin geführten früheren Namens antwortete der rumänische Versicherungsträger unter dem 29. November 2018 wiederum unter Streichung der vorgesehenen Felder für die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten bzw. Wohnzeiten. Die Antragsgegnerin bat schließlich mit einem an den rumänischen Versicherungsträger gerichteten, individuell formulierten Schreiben vom 23. Januar 2019 um Bestätigung, dass die Klägerin im staatlich rumänischen Krankenversicherungssystem vom 21. Februar 1993 bis 1. November 2005 versichert war. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Am 6. Juni 2019 erhob die Antragstellerin beim Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren Klage (S 11 KR 2368/19), festzustellen, dass sie seit 1. Februar 2017 Pflichtmitglied in der KVdR sei. Sie machte geltend, durch Vorlage ihrer Arbeitsbücher und Bestätigungen nachgewiesen zu haben, dass sie vor ihrer Übersiedlung nach Deutschland in Rumänien mehr als 20 Jahre ununterbrochen tätig gewesen sei. Die Antragsgegnerin gehe zu Unrecht davon aus, dass das Formular E 104 vorgelegt werden müsse. Mit Schriftsatz vom 26. September 2019 legte sie die rumänische "Rentenentscheidung" vom 17. September 2009 nebst Übersetzung vor. Darin ist neben der Höhe der Rente ausgewiesen, dass die Antragstellerin 27 Jahre und acht Monate Beiträge geleistet habe. Die Antragstellerin verwies gleichzeitig auf das beigefügte Arbeitsbuch, das dem Schriftsatz jedoch nicht beigefügt war. Der Aufforderung des SG vom 28. Oktober 2019, das Arbeitsbuch nebst Übersetzung vorzulegen, ist die Antragstellerin trotz Erinnerung vom 11. Dezember 2019 bisher nicht nachgekommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2019 wies der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2018 über die Ablehnung der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner zurück.

Am 28. August 2019 beantragte die Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass sie als Rentnerin Pflichtmitglied der Antragsgegnerin sei. Sie machte geltend, die Antragsgegnerin habe ihr mit Schreiben vom 15. Dezember 2018 mitgeteilt, "Post vom rumänischen Träger" erhalten zu haben. Es habe sich um das Formular E 104 gehandelt. Gleichwohl weigere sich, die Antragsgegnerin ihre Versicherung anzuerkennen und die Versicherungskarte auszustellen. Auch nach Klageerhebung habe sie nicht reagiert. Inzwischen sei sie krank geworden und ihr sei zunächst die Behandlung mit der Begründung verweigert worden, die Antragsgegnerin weigere sich die Kosten zu übernehmen. Hierdurch sei sie in Lebensgefahr geraten, weshalb der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten sei. Der Anordnungsanspruch ergebe sich aus dem Gesetz und ihrer gesetzlichen Mitgliedschaft. Allein die Tatsache, dass sich die rumänischen Behörden weigerten, ein EU-Formular auszufüllen, könne nicht dazu führen, dass die von Gesetzes wegen bestehenden Mitgliedschaft ignoriert werde. Diese entstehe mit der Beschäftigung und den geleisteten Pflichtbeitragszeiten unabhängig davon, ob das Formular E 104 vorliege.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen und machte geltend, es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Die für die Durchführung der KVdR notwendigen Vorversicherungszeiten seien von der Antragstellerin nicht nachgewiesen worden. Auf die formularmäßigen Anfragen beim rumänischen Krankenversicherungsträger seien im maßgeblichen Zeitraum vom 21. Februar 1993 bis 1. November 2005 keine Versicherungszeiten bestätigt worden. Andere Nachweise lägen nicht vor. Soweit die Antragstellerin im Klageverfahren S 11 KR 2368/19 vorgetragen habe, durch Vorlage ihrer Arbeitsbücher und Bestätigungen den Nachweis erbracht zu haben, dass sie in Rumänien mehr als 20 Jahre ununterbrochen tätig gewesen sei, treffe dies nicht zu. Ob die notwendigen Vorversicherungszeiten nachgewiesen seien, sei letztlich im Hauptsachverfahren zu klären. Für das vorliegende Verfahren sei zu berücksichtigen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen der KVdR mit Bescheid vom 15. Dezember 2017 bestandskräftig abgelehnt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei ab 1. August 2017 zutreffend die obligatorische Anschlussversicherung durchgeführt worden. Mangels Beitragszahlung sei mit Bescheid vom 18. Dezember 2017 das Ruhen der Leistungen angeordnet worden. Auch dieser Bescheid sei bestandskräftig. Dringend notwendige Leistungen könne die Antragstellerin gleichwohl jederzeit in Anspruch nehmen. Die Darstellung, wonach die Antragstellerin eine lebenswichtige Operation nicht in Anspruch nehmen könne, sei nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin habe "Nachweise der Anspruchsberechtigung bei Ruhen des Anspruchs gemäß § 16 Abs. 3 Buchst. a SGB V" erhalten, zuletzt mit Schreiben vom 20. September 2019 für das dritte und vierte Quartal 2019.

Mit Beschluss vom 24. September 2019 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung ab, ein Anordnungsgrund für die begehrte Anordnung sei nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen der Antragstellerin, wonach sie wegen der Weigerung der Antragsgegnerin die erforderlichen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen, in Lebensgefahr gerate, sei nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin habe in ihrem Bescheid vom 18. Dezember 2017 darauf hingewiesen, dass trotz des Ruhens der Leistungsansprüche die Verpflichtung bestehe, Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft zu gewähren. Ihre entsprechende Verpflichtung habe die Antragsgegnerin auch im laufenden Verfahren nicht in Abrede gestellt und tatsächlich auch Berechtigungsscheine für die Inanspruchnahme entsprechender Leistungen ausgestellt.

Am 24. Oktober 2019 hat die Antragstellerin beim SG Beschwerde eingelegt. Sie hat geltend gemacht, das SG habe verkannt, dass es im vorliegenden Verfahren um willkürliches Verhalten der Antragsgegnerin gehe. Sie sei europäische Staatsbürgerin und habe durch Vorlage des rumänischen Rentenbescheides, in dem bescheinigt sei, dass sie in Rumänien 33 Jahre, 7 Monate und 7 Tage Versicherungsbeiträge geleistet habe, nachgewiesen, dass sie bis zur Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland durchgehend beitragspflichtig beschäftigt gewesen sei. Sie habe das rumänische Arbeitsbuch spätestens mit Schriftsatz vom 26. September 2019 an das SG vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass sie vom 16. Januar 1978 bis 1. November 2002 durchgehend in Rumänien beschäftigt gewesen sei. Die Behauptung der Antragsgegnerin, es sei nicht nachgewiesen, dass sie in Rumänien versicherungsrechtlich relevant beschäftigt gewesen sei, sei offensichtlich falsch. Fehlerhaft sei auch die Annahme des SG, sie habe keinen Anordnungsgrund dargelegt. Sie habe vielmehr dargelegt, dass "sie sich einer Operation unterziehen" müsse "und dass sie aufgrund ihres Alters und insbesondere aufgrund der chronischen Erkrankungen, darauf angewiesen" sei, "umfassende Behandlung zu genießen". Da nur für akute Fälle und in Schmerzfällen Versicherungsschutz bestehe, sei ihre Gesundheit offensichtlich gefährdet. Die Verweigerung der streitigen Leistung mit der Begründung, ein europäischer Mitgliedstaat habe ein Formular nicht zurückgeschickt, sei mit den europaweit geltenden Rechtsstaatsgrundsätzen nicht zu vereinbaren.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 24. September 2019 aufzuheben und im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig ihre Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner festzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ihr liege trotz ihres Hinweises im Antragsverfahren auch weiterhin weder das Arbeitsbuch noch eine hierzu erstellte Übersetzung vor. Es sei völlig unverständlich, weshalb eine entsprechende Vorlage nicht erfolge, nachdem sich aus dem Arbeitsbuch ein zeitbezogener Nachweis für die noch erforderliche Vorversicherungszeit ergeben könne. Die Antragstellerin entrichte auch weiterhin keinerlei Beiträge, obwohl die DRV NB mit der Rente einen Beitragszuschuss zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung auszahle. Unverständlich sei zudem, dass bisherige Versuche einer Ratenzahlungsvereinbarung gescheitert seien, obwohl bei deren Zustandekommen und Einhaltung der getroffenen Zahlungsvereinbarung gemäß § 16 Abs. 3a Satz 3 SGB V ein vollständiger und uneingeschränkter Leistungsanspruch bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des SG und des Senats, der beigezogenen Akte des Verfahrens S 11 KR 2368/19 sowie der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

1. Die gemäß § 173 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil die Berufung in der Hauptsache nicht der Zulassung bedürfte. Die Antragstellerin begehrt weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt (§ 144 Abs. 1 SGG).

2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig die Versicherungspflicht der Antragstellerin in der KVdR festzustellen.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei dürfen sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss des Ersten Senats vom 13. April 2010 – 1 BvR 216/07 – juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. August 2014 – 1 BvR 1453/12 – juris, Rn. 9).

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 2007 – L 7 SO 5672/06 ER-B – juris, Rn. 2). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris, Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 – L 9 AS 254/06 ER – juris, Rn. 4).

a. Der Senat verneint bereits einen Anordnungsanspruch. Denn nach summarischer Prüfung ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren erfolgreich sein wird. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist vielmehr offen, da nicht absehbar ist, ob der Antragstellerin der Nachweis gelingt, dass sie die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in der KVdR erfüllt.

Rechtsgrundlage für das von der Antragstellerin geltend gemachte Begehren ist § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V. Danach sind versicherungspflichtig Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin mit den seit ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2005 im Inland zurückgelegten Zeiten nicht. Hiervon ist die Antragsgegnerin zutreffend ausgegangen. Ausgehend von einer erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit am 1. März 1969 und der Rentenantragstellung vom 10. Februar 2017 legte sie zu Grunde, dass die zweite Hälfte des Erwerbslebens der Antragstellerin am 21. Februar 1993 begann und einen Zeitraum von 23 Jahren, 11 Monaten und 20 Tagen umfasst. Da insoweit eine Vorversicherungszeit von neun Zehntel erforderlich ist, wären die dargelegten Voraussetzungen erfüllt, wenn die Antragstellerin im Zeitraum vom 21. Februar 1993 bis 10. Februar 2017 insgesamt 21 Jahre, 7 Monate und einen Tag Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen wäre. Die Antragsgegnerin berücksichtigte insoweit die Zeiten vom 2. November 2005 bis 26. März 2008 (Familienversicherung) und vom 27. März 2008 bis 10. Februar 2017 (Versicherung aufgrund Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) sowie weitere neun Jahre (für drei Kinder jeweils drei Jahre Kinderzeiten gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V), mithin insgesamt 20 Jahre, drei Monate und neun Tage. Für die Erfüllung der Vorversicherungszeit wäre daher der Nachweis erforderlich, dass die Antragstellerin weitere Zeiten im Umfang von einem Jahr, drei Monaten und 22 Tagen gesetzlich krankenversichert war. Diese Berechnung wird auch von der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogen.

Den Nachweis, dass sie entsprechende Zeiten in Rumänien zurücklegte, hat die Antragstellerin bislang nicht erbracht. Entsprechendes hat sie auch nicht glaubhaft gemacht. Soweit sie in dem Verfahren S 11 KR 2368/19 die rumänische "Rentenentscheidung" vom 17. September 2009 nebst Übersetzung vorgelegt hat, weist diese zwar aus, dass sie insgesamt 27 Jahre und acht Monate Beiträge leistete, da diese Zeitdauer jedoch keinem konkreten Zeitraum zugeordnet ist, ist nicht ersichtlich, ob und ggf. in welchem Umfang entsprechende Zeiten gerade auch in dem maßgeblichen und am 21. Februar 1993 beginnenden Zeitraum zurückgelegt wurden. Die vorgelegte "Rentenentscheidung" ist zum Nachweis der Erfüllung der Vorversicherungszeiten für die KVdR daher nicht geeignet. Weitere Unterlagen hat die Antragstellerin nicht vorgelegt, entgegen ihrer zahlreichen gegenteiligen Behauptungen insbesondere nicht das rumänische Arbeitsbuch. Dieses befindet sich weder in den Verwaltungsakten der Antragsgegnerin noch in den Verfahrensakten des SG. Diese enthalten auch keine Kopien aus dem Arbeitsbuch oder entsprechende Übersetzungen und noch nicht einmal Hinweise darauf, dass das Arbeitsbuch, Kopien hieraus oder entsprechende Übersetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegt wurden. Anrechenbare Zeiten der Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung bestätigte auch der rumänische Versicherungsträger anlässlich der zahlreichen Versuche der Antragsgegnerin, insbesondere unter Übersendung des Formulars E 104, nicht. Soweit die Antragstellerin meint, dies könne nicht zu ihren Lasten gehen, verkennt sie, dass der Nachteil der Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten geht. Denn nach diesem Grundsatz hat jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen zu tragen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.

b. Der Senat verneint darüber hinaus in Übereinstimmung mit der Auffassung des SG auch einen Anordnungsgrund. Ein solcher ist nicht glaubhaft gemacht. Zutreffend wies schon das SG darauf hin, dass das Vorbringen der Antragstellerin, wonach sie auf Grund der Weigerung der Antragsgegnerin, ihr eine erforderliche Behandlung zu gewähren, in Lebensgefahr geraten sei, nicht nachvollziehbar ist. Soweit die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. Dezember 2017 das Ruhen der Leistungsansprüche der Antragstellerin verfügte, weil sie keinerlei Beiträge entrichtete, waren hiervon nicht nur Behandlungen wegen Schmerzzuständen, sondern gerade auch Behandlungen wegen akuter Erkrankungen ausgenommen. Die Antragstellerin verfügt insbesondere auch über einen "Nachweis der Anspruchsberechtigung bei Ruhen des Anspruchs gemäß § 16 Abs. 3 Buchst. a SGB V", durch dessen Vorlage sie anstelle der Versichertenkarte entsprechende ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen kann. Entsprechende Nachweise für das dritte und vierte Quartal 2019 übersandte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 20. September 2019.

Glaubhaft gemacht ist der Anordnungsgrund auch nicht mit dem ergänzenden Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren. Ihre Behauptungen, sie müsse sich einer Operation unterziehen und sie sei aufgrund ihres Alters und insbesondere ihrer chronischen Erkrankungen auf umfassende Behandlung angewiesen, sind vielmehr bereits unsubstantiiert und lassen nicht einmal ansatzweise erkennen, an welchen Erkrankungen die Antragstellerin leidet. Medizinische Unterlagen legte sie nicht vor, so dass offen bleibt, weshalb eine operative Behandlungsbedürftigkeit bestehen soll.

3. Die Kostenentscheidung beruht für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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