L 10 R 1562/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 3950/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1562/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.05.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.

Der am.1963 geborene Kläger kam 1985 aus dem Iran nach Deutschland und wurde als Asylberechtigter anerkannt. Er ist verheiratet und hat zwei volljährige Kinder. Von Beruf ist er gelernter Industriemechaniker und er war zuletzt als Busfahrer bis 2008 versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2014 arbeitet er geringfügig als Busfahrer.

Wegen orthopädischer Beschwerden war der Kläger ein erstes Mal von Mitte August bis Anfang September 2008 in stationärer medizinischer Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik C. in Bad K. , aus der er als vollschichtig erwerbsfähig für Tätigkeiten als Kraftfahrer entlassen wurde (Bl. 84 SG-Akte). Im Januar 2009 erhielt er eine operative Wirbelkörperversteifung (Spondylodese L5/S1) und war anschließend von Anfang bis Ende Mai 2009 ein zweites Mal in einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik Ü. in I. , wo ein zwar unter dreistündiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten als Kraftfahrer, aber ein über sechsstündiges für Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes festgestellt wurde (Bl. 64 SG-Akte). Nachdem der Kläger im Oktober 2009 einen ersten Rentenantrag wegen der orthopädischen Beschwerden gestellt und er durch den Facharzt für Chirurgie Dr. R. begutachtet worden war (Ergebnis: über sechssstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung von Einschränkungen des Bewegungs- und Haltungsapparates), lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die hiergegen erhobene Klage (S 1 R 1776/10) wies das Sozialgericht Heilbronn (SG) ab. Das Berufungsverfahren (L 9 R 2654/15) vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) endete mit einem Vergleich, in dem der Kläger die Berufung zurücknahm und einen neuen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung stellte, der nach dem Willen der Beteiligten ab dem 01.10.2015 gelten sollte. Zur Begründung des Antrags reichte der Kläger den Formvordruck nach, in dem er ausführte, dass er seit Anfang 2010 wegen einer Versteifungsoperation an der Wirbelsäule, Schmerzen und Depression keinerlei Arbeiten mehr verrichten zu können.

Die Beklagte ließ den Kläger durch den Arzt für Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. S. begutachten, der nach Untersuchung des Klägers im Oktober 2016 die Diagnose eines im Vordergrund stehenden chronischen lumbalen Schmerzsyndroms stellte. Die Befunde hätten sich im Vergleich zu 2009 bis 2013 gebessert; der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie zeitweisen Gehen oder Stehen vollschichtig verrichten. Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Arbeiten im Knien oder Hocken, Arbeiten an laufenden Maschinen und Besteigen von Leitern oder Gerüsten seien nicht mehr möglich. Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 11.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2016 ab.

Dagegen hat der Kläger am 15.12.2016 zum SG Klage mit dem Antrag erhoben, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin C. hat die chronische Schmerzstörung mit Depression als Hauptproblem und wegen der Erfolglosigkeit der Therapie das Leistungsvermögen als aufgehoben bezeichnet (Bl. 22 SG-Akte). Die Ärztin für Psychiatrie S. hat die Diagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren sowie einer rezidivierenden Depression (zurzeit etwa mittel- bis schwergradig) mitgeteilt und das Leistungsvermögen als über vier-, aber unter sechsstündig eingeschätzt (Bl. 18 SG-Akte). Auf orthopädischem Fachgebiet haben sowohl der Facharzt für Chirurgie und Orthopädie B. (Bl. 89 SG-Akte) als auch der Orthopäde Dr. S. (Bl. 114 SG-Akte) ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bestätigt.

Das SG hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. eingeholt, der den Kläger im Oktober 2017 ambulant untersucht (psychopathologischer Befund, Bl. 170 SG-Akte: bewusstseinsklar, wach und voll orientiert, der Affekt eher verflacht, der Antrieb etwas reduziert, Konzentration und Aufmerksamkeit geringfügig beeinträchtigt) und eine reaktivierte posttraumatische Belastungsstörung, eine anhaltende mittelschwere depressive Krankheitsepisode, eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom diagnostiziert hat (Bl. 170 SG-Akte). Der Kläger habe berichtet, er stehe zumeist um 6 Uhr morgens auf. Mittags versuche er, für die Kinder zu kochen. Das Abendessen werde um 18 Uhr eingenommen und mal von ihm und mal von seiner Ehefrau vorbereitet. Beide räumten dann gemeinsam das Geschirr weg. Abends komme es auch vor, dass seine Ehefrau ihn motiviert bekomme, einen zehnminütigen Spaziergang mit ihm zu machen. Er liege ansonsten auf dem Sofa und schaue TV. Zwischen 21.30 und 22 Uhr gehe er in der Regel zu Bett (Bl. 161 f. SG-Akte). Regelmäßig arbeite er am Samstag und zweimal im Monat auch am Sonntag über einige Stunden als Busfahrer (Bl. 163 SG-Akte). Der Kläger könne - so Dr. A. - drei bis vier Stunden täglich als Busfahrer tätig sein, gleiches gelte für Tätigkeiten leichten Charakters des allgemeinen Arbeitsmarktes (Bl. 172 f., 178 SG-Akte).

Für die Beklagte hat der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. Stellung zu diesem Gutachten genommen und ausgeführt, dass der psychopathologische Befund kaum von einem Normalbefund abweiche und nicht einer vitalen Depressivität entspreche. Eine Beschwerdevalidierung habe Dr. A. nicht vorgenommen, sondern lediglich Selbstratingverfahren eingesetzt. Die Funktionalität des Geschehens im geschilderten Tagesablauf erbringe, dass der Kläger koche, auch bei der Haushaltsversorgung helfe, mit der Ehefrau Spaziergänge unternehme und schaue fern, also ein Leben eines jeglichen Verpflichtungen entbundenen Menschen führe (Bl. 185 SG-Akte).

Anschließend hat das SG das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. eingeholt, der den Kläger im Februar 2018 ambulant untersucht hat. Der Kläger sei bewusstseinsklar, sicher in allen Qualitäten orientiert und im Denken formal geordnet gewesen. Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit seien in der gutachterlichen Untersuchung von 9.55 Uhr bis 13.15 Uhr völlig ungestört gewesen. Hinweise für eine hirnorganische Leistungsstörung hätten sich nicht ergeben, ebenso kein Anhalt für anders begründete kognitive Störungen oder intellektuelle Defizite. Ungeachtet subjektiver Beschwerdeschilderungen (antriebslos) habe sich der Kläger überdurchschnittlich eloquent, überdurchschnittlich lebendig schildernd und mit lebendiger Begleitgestik gezeigt (Bl. 225 SG-Akte). Dr. B. hat die Diagnosen einer somatoformen Schmerzstörung, einer dysthymen Verstimmung, einer anklingenden (langjährigen) Panikstörung mit berichteter agoraphobischer Färbung ohne weiterreichendes Vermeidungsverhalten sowie akzentuierter Persönlichkeitszüge gestellt (Bl. 230 f. SG-Akte). Der Kläger habe berichtet, dass er mit im Haushalt arbeite, koche, sich um das Geschirr kümmere und Staub sauge (Bl. 197 SG-Akte). Er mache Spaziergänge, verfolge im Fernsehen die Nachrichten, sehe sich mit großem Interesse handwerkliche Sendungen und Dokumentationen an (Bl. 196 SG-Akte) und lese Sprachbücher (gemeint: fremdsprachige Bücher, Bl. 197 SG-Akte). Er würde auch häufiger verreisen (Bl. 198 SG-Akte), Freizeitparks oder Theater besuchen, schwimmen oder essen gehen, wenn das finanziell möglich wäre (Bl. 199 SG-Akte). Darüber hinaus besuche er an Weihnachten und ab und zu sonntags den Gottesdienst und musiziere ein- bis zweimal in der Woche zu Hause auf dem Keyboard (Bl. 202 SG-Akte). Der Kläger sei - so der Sachverständige - in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne solche auf Leitern oder Gerüsten, an unmittelbar gefährdenden Maschinen, unter regelmäßigem Zeitdruck oder anhaltender nervöser Anspannung, mit besonderen Anforderungen an die Konfliktfähigkeit, fordernden sozialen Interaktionen oder Stressfaktoren wie Nacht- oder Wechselschicht (Bl. 233 f. SG-Akte) vollschichtig zu verrichten (Bl. 232 SG-Akte).

Mit Gerichtsbescheid vom 02.05.2019 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. abgewiesen. Dieses Gutachten widerlege die Beurteilung der behandelnden Psychiaterin S. und die des nach § 109 SGG gehörten Dr. Abel. Während die von Dr. B. durchgeführte Testpsychologie erhebliche Hinweise für nicht authentische Beschwerdeanteile bzw. simulative Tendenzen ergeben habe, habe Dr. A. gar keinen Beschwerdevalidierungstest durchgeführt. Abgesehen davon, dass die von ihm vorgenommene Einschätzung des Leistungsvermögens für eine leichte körperliche Tätigkeit aus dem Gutachten heraus nicht nachvollziehbar sei, sei es erst recht nicht plausibel, wenn die kaum leidensgerechte Tätigkeit als Busfahrer von ihm als für drei bis vier Stunden arbeitstäglich möglich erachtet werde, eine durch qualitative Einschränkungen den Beeinträchtigungen des Klägers Rechnung tragende leichte Tätigkeit aber nicht in einem größeren zeitlichen Umfang.

Am 07.05.2019 hat der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und verweist wie im Widerspruchs- und Klageverfahren nahezu wortgleich im Wesentlichen darauf, dass schmerzbedingt überhaupt kein Restleistungsvermögen mehr vorhanden sei und der Gehradius auf Grund der Schmerzen so eingeschränkt sei, dass er nur noch unter einem halben Kilometer am Stück laufen könne.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 02.05.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2016 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung seit 01.10.2015 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für richtig.

Im Erörterungstermin am 30.10.2019 hat der Kläger ausgeführt (Terminsprotokoll, Bl. 29 LSG-Akte), dass er noch immer als Aushilfsbusfahrer tätig sei, seit April 2019 allerdings im Rahmen eines Minijobs. Gegenüber der Begutachtung bei Dr. B. habe sich die Stundenzahl etwas verringert, nachdem das Busunternehmen neue Lizenzen verteilt habe, und betrage nun durchschnittlich 10 bis 12 Stunden in der Woche, wobei er z.B. sechs Stunden an einem Samstag und viereinhalb Stunden an einem Sonntag tätig sei.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht die hier allein streitige Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Das SG hat gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. zutreffend ausgeführt und begründet, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der von Dr. B. beschriebenen qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich beträgt. Der Senat teilt die vom SG insoweit getroffene Einschätzung, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist auszuführen, dass die exakte, korrekte Einordnung der psychischen Symptome bzw. Schmerzzustände des Klägers letztlich dahingestellt bleiben kann. Denn für die vorliegend zu beurteilende Frage, inwieweit der Kläger durch die psychische Erkrankung bzw. die Schmerzzustände in der beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, ist weniger von Bedeutung, welchem Krankheitsbild diese zuzuordnen sind, als vielmehr, welche konkreten funktionellen Einschränkungen hieraus resultieren und inwieweit diese der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegenstehen.

Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Begutachtung des Sachverständigen Dr. A. bereits aus sich heraus unplausibel. Denn wie bereits das SG zutreffend ausgeführt und der Sachverständige Dr. B. hervorgehoben hat (Bl. 238 SG-Akte), ist es unschlüssig, dass Dr. A. eine bis vierstündige tägliche Belastbarkeit für die Tätigkeit als Busfahrer festgestellt hat, für andere Tätigkeiten mit mental-psychisch sehr viel geringerem Anforderungsprofil (nämlich leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen hinsichtlich der psychischen Belastbarkeit) aber kein quantitativ darüber hinausgehendes Leistungsvermögen, sondern ebenfalls nur ein bis zu vierstündiges. Da der Kläger auch nach seinem eigenen Bekunden im Erörterungstermin am 30.10.2019 noch in der Lage ist, die Tätigkeit als Busfahrer auszuüben, auch wenn sich die Stundenzahl bedingt durch die Vergabe anderer Lizenzen leicht verringert hat, erschließt es sich auch für den Senat nicht, weshalb qualitativ leichtere Tätigkeiten dann nicht quantitativ länger ausführbar sein sollten.

Das Gutachten von Dr. A. ist allerdings auch insgesamt für den Senat nicht überzeugend. Denn der mitgeteilte psychopathologische Befund (Bl. 170 SG-Akte: bewusstseinsklar, wach und voll orientiert, der Affekt eher verflacht, der Antrieb etwas reduziert, Konzentration und Aufmerksamkeit geringfügig beeinträchtigt) weicht, wie Dr. N. in seiner Stellungnahme zum Gutachten ausgeführt hat (Bl. 185 SG-Akte), kaum von einem Normalbefund ab und entspricht nicht einer vitalen Depressivität, sodass weder die diagnostischen Einschätzungen noch die postulierte Krankheitsschwere nachvollziehbar sind. Letztlich hat Dr. A. unhinterfragt die subjektiven Angaben des Klägers seiner Einschätzung zu Grunde gelegt. Eine Beschwerdevalidierung hat er nicht durchgeführt, sondern lediglich Selbstratingverfahren eingesetzt, die - so auch Dr. N. (Bl. 185 SG-Akte) - den Charakter einer subjektiven Beschwerdeangabe nicht übersteigen. Die im Gutachten von Dr. A. benannten verschiedenen Anknüpfungstatsachen zeigen im Gegenteil sogar eine erhaltene Funktionalität des Klägers im von ihm geschilderten Tagesablauf. So kann er kochen (Bl. 161 SG-Akte), hilft bei der Haushaltsversorgung, geht mit der Ehefrau spazieren und sieht fern (Bl. 162 SG-Akte). Insgesamt führt er also, worauf Dr. N. zutreffend hingewiesen hat (Bl. 185 SG-Akte), ein Leben eines jeglichen Verpflichtungen entbundenen Menschen, ohne dass sich konkrete funktionelle Einschränkungen belegen lassen.

Demgegenüber belegt das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. , dass rentenrechtlich relevante Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit nicht bestehen. Der psychopathologische Befund ist unauffällig gewesen (Bl. 225 SG-Akte: bewusstseinsklar, sicher in allen Qualitäten orientiert und im Denken formal geordnet, Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit völlig ungestört). In der über dreistündigen Untersuchung hat sich - so Dr. B. ausdrücklich - kein Hinweis für eine hirnorganische Leistungsstörung oder anders begründete kognitive Störungen oder intellektuelle Defizite ergeben. Ungeachtet subjektiver Beschwerdeschilderungen (antriebslos) hat sich der Kläger vielmehr überdurchschnittlich eloquent, überdurchschnittlich lebendig schildernd und mit lebendiger Begleitgestik gezeigt (Bl. 225 SG-Akte). Der geschilderte Tagesablauf belegt keine funktionellen Einschränkungen, sondern zeigt im Gegenteil eine erhaltene Tagesstruktur ohne relevanten sozialen Rückzug. Der Kläger arbeitet mit im Haushalt, kocht, kümmert sich um das Geschirr und saugt Staub (Bl. 197 SG-Akte). Er macht Spaziergänge, verfolgt im Fernsehen die Nachrichten, sieht sich mit großem Interesse handwerkliche Sendungen und Dokumentationen an (Bl. 196 SG-Akte) und liest fremdsprachige Bücher (Bl. 197 SG-Akte). Er würde auch häufiger verreisen (Bl. 198 SG-Akte), Freizeitparks oder Theater besuchen, schwimmen oder essen gehen, wenn das finanziell möglich wäre (Bl. 199 SG-Akte). Darüber hinaus besucht er an Weihnachten und ab und zu sonntags den Gottesdienst und musiziert ein- bis zweimal in der Woche zu Hause auf dem Keyboard (Bl. 202 SG-Akte). Eine wesentliche Teilhabeeinschränkung ergibt sich für den Senat im Anschluss an Dr. B. (Bl. 227 SG-Akte) daraus nicht.

Trotz des Vortrags des Klägers, sein Gehradius sei auf Grund der Schmerzen so eingeschränkt, dass er nur noch unter einem halben Kilometer am Stück laufen könne, liegt eine Einschränkung der rentenrechtlich relevanten Wegefähigkeit schon deshalb nicht vor, weil der Kläger - der überdies als Busfahrer tätig ist - einen privaten Pkw nutzen kann (Bl. 227 SG-Akte). Entsprechende orthopädische Beeinträchtigungen haben darüber hinaus die behandelnden Orthopäden B. (Bl. 90 SG-Akte) und Dr. S. (Bl. 115 SG-Akte) ausdrücklich verneint und zudem beide ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bekundet. Auch aus nervenärztlicher Sicht haben sowohl Dr. A. (Bl. 190 SG-Akte) als auch Dr. B. (Bl. 235 SG-Akte) keine Einschränkung der Wegefähigkeit festgestellt, wobei Dr. B. sogar zusätzlich beobachtet hat, dass der Kläger die im zweiten Stock liegende Praxis über das Treppenhaus und nicht unter Nutzung des Fahrstuhls verlassen hat (Bl. 228 SG-Akte).

Die vom Kläger bei der Bezirksärztekammer Nordbaden gegen Dr. B. erhobenen Vorwürfe sind bereits Gegenstand seines in erster Instanz gegen den Sachverständigen angebrachten Ablehnungsgesuchs gewesen, über das das SG mit Beschluss vom 03.09.2018 negativ und abschließend entschieden hat. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass sich die Vorwürfe des Klägers schon nicht auf die vom Senat in den Vordergrund seiner Beweiswürdigung gestellten Erkenntnisse des Sachverständigen - insbesondere den erhobenen klinischen Befund und die Anamnese des Tagesablaufs - beziehen. Im Übrigen hat der Senat keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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