S 14 KR 487/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 487/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 118/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 39/17 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten über die Einstellung der Zahlung von Krankengeld zum 24. Februar 2014.

Die 1950 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Die Klägerin arbeitete als Angestellte in der Physiotherapiepraxis ihres Ehemannes. Die Arbeit bestand zum Teil aus Bürotätigkeiten und Empfang, zum Teil auch aus der physiotherapeutischen Behandlung von Patienten. Die Klägerin bezog von der Beklagten im Zeitraum vom 27. August 2013 bis 31. Dezember 2013 aufgrund der Diagnose Gonarthrose links Krankengeld. Die Klägerin erkrankte nach einem Arbeitsversuch ab 01. Januar 2014 am 05. Februar 2014 erneut aufgrund einer Gonarthrose links arbeitsunfähig und bezog von der Beklagten Krankengeld. Die Klägerin reichte fortlaufend AU-Bescheinigungen des Orthopäden Dr. med. C. ein.

Die Beklagte veranlasste eine Prüfung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin durch den MDK nach Aktenlage. Unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen stellte der MDK am 20. Februar 2014 fest, dass keine weitere Arbeitsunfähigkeit mehr vorliege.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2014 stellte die Beklagte die Krankengeldzahlung zum 24. Februar 2014 ein. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach den vorliegenden Unterlagen könne die Arbeitsunfähigkeit zum 24. Februar 2014 beendet werden.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 06. März 2014 Widerspruch ein. Zur Begründung reichte sie eine ärztliche Bescheinigung von Dr. med. C. vom 08. März 2014 ein. Danach sei die Klägerin aufgrund einer Valgusgonarthrose links mit rezidivierenden Auswirkungen bis auf weiteres arbeitsunfähig. Bei der Klägerin sei eine operative Therapie dringend indiziert.

Die daraufhin am 01. April 2014 beim MDK erfolgte körperliche Untersuchung der Klägerin führte zu der Feststellung, dass keine weitere Arbeitsunfähigkeit mehr vorliege und ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorliege. Die Klägerin sei u.a. in der Büroleitung und Anmeldung tätig und nur in geringem Maße in die Physiotherapie eingebunden. Es sei eine Umorganisation zu einer leidensgerechten vorwiegend sitzenden Tätigkeit möglich, so dass sie nahezu ausschließlich die Anmeldefunktion und Büroarbeiten übernehmen könnte. Hierbei sei langes Gehen und Stehen nicht erforderlich.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2014 zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte auf § 44 Abs. 1 S. 1 SGB V. Der MDK habe in seiner Beurteilung vom 20. Februar 2014 festgestellt, dass die Klägerin ab sofort wieder arbeitsfähig sei. Da die bisherige Tätigkeit der Klägerin kein langes Gehen oder Stehen beinhalte, sei eine Wiederaufnahme der Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen. Zudem habe auch eine weitere Umorganisation erfolgen können.

Hiergegen hat die Klägerin am 27. August 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten könne. Es solle eine TEP-Operation im linken Knie durchgeführt werden, so dass ihre Arbeitsfähigkeit auf jeden Fall ausgeschlossen sei. Zwar beinhalte ihre Arbeit ständig wechselnde Tätigkeiten, es komme aber trotzdem zu Entzündungen mit starken Schmerzen. Eine Operation sei bisher noch nicht möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 24. Februar 2014 hinaus zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die angefochtenen Bescheide.

Das Gericht hat Befundberichte bei den die Klägerin behandelnden Ärzten eingeholt. Das Gericht hat ferner Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei Dr. med. D. Das Gutachten basiert auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 18. Februar 2016. Für das Ergebnis wird auf Bl. 121ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. In seinem Gutachten vom 08. April 2016 führt dieser aus, dass bei der Klägerin ab 05. Februar 2014 hinaus keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. In den durch die Praxis Dr. C. erfolgten Krankmeldungen sei nicht beschrieben, dass durch den Reizzustand im Sinne einer aktivierten Gonarthrose eine immobilisierende Situation bestand oder die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigt worden sei. Auch seien keine spezifischen Therapiemaßnahmen der Ruhigstellung, Hochlagerung, lokale oder systemische Analgesie zur Akutbehandlung benannt. Die bloße Annahme einer OP-Indikation sei nicht ausreichend, dauerhaft oder für einen längeren Zeitraum Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Es läge auch keine zwingende OP-Indikation vor. Der jetzige Befund entspräche der Beschreibung aus dem Jahr 2014. Auch die Akutbehandlungen wegen Oberbauchschmerzen im Hospital zum Heiligen Geist am 24. Februar 2014 und beim Hausarzt am 27. Februar 2014 seien nicht geeignet, eine längere Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Eine Krankmeldung sei von dort auch nicht erfolgt.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG vorher zu hören. Letzteres ist durch Anhörungsschreiben vom 13. Juli 2016 erfolgt.

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid vom 20. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab dem 24. Februar 2014.

Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Die Klägerin befand sich im streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Krankenhaus. Sie befand sich auch nicht in einer Einrichtung zur stationären Durchführung medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen nach § 44 Abs. 1, 40 Abs. 2 SGB V auf Kosten der Beklagten.

Arbeitsunfähig ist, wer seine zuletzt ausgeübte Erwerbsfähigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr verrichten kann, seinen Zustand zu verschlimmern bzw. bei Arbeitslosen die Beschäftigungen, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat und die ihm arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind (vgl. Bundessozialgericht BSG Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - SozR 4-2500 § 44 Nr. 6).

Ein Anspruch auf Krankengeld für den streitigen Zeitraum ab 24. Februar 2014 scheitert daran, dass das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit nicht erwiesen ist. So besteht zunächst keine Bindung einer Krankenkasse oder eines Gerichts an die ärztliche Feststellung, und zwar unabhängig davon, ob der Arzt zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit oder zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gelangt ist. Sowohl die Krankenkassen als auch gegebenenfalls anschließend die Gerichte haben vielmehr aufzuklären, ob im streitbefangenen Zeitraum Arbeitsunfähigkeit bestanden hat. Dabei ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in diesem Sinne ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann; ob eine solche Bescheinigung dort als ausreichender und keiner weiteren Überprüfung bedürfender Nachweis angesehen werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und unterliegt pflichtgemäßem (richterlichem) Ermessen. Lässt sich der Nachweis von Arbeitsunfähigkeit nicht erbringen, wirkt sich die Beweislosigkeit entsprechend den Grundsätzen der objektiven Beweislast zum Nachteil des Versicherten aus, d.h. bei Nichterweislichkeit der Arbeitsunfähigkeit kann ihm ein Anspruch auf Krankengeld nicht zustehen.

In diesem Sinne ist die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht erweislich. Dies geht zu ihren Lasten.

Zwar gibt es durchaus einen Anhaltspunkt für das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit, nämlich in Gestalt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. med. C. und seine Einschätzung im Befundbericht vom 19. Januar 2015. Dieser geht von einer dringenden OP-Indikation aus, auf die er die Arbeitsunfähigkeit überwiegend stützt.

Nach alledem erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin auch nach dem 24. Februar 2014 arbeitsunfähig war. Belegt ist dies jedoch nicht in hinreichendem Maße. Denn eine fortbestehende Behandlungsbedürftigkeit bzw. OP-Indikation ist nicht automatisch gleichzusetzen mit einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung. Die ärztlichen Sachverständigen des MDK haben die Klägerin zeitnah untersucht und sind trotz der bestehenden Krankheit von Arbeitsfähigkeit im vorgenannten Sinne ausgegangen.

Somit kann die Klägerin nicht den Nachweis führen, dass sie über den 24. Februar 2014 hinaus arbeitsunfähig war. Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. med. D. in seinem Gutachten vom 08. April 2016. Danach sei aufgrund der Diagnose aktivierte Gonarthrose eine Arbeitsunfähigkeit nicht feststellbar. Es habe keine immobilisierende Situation und keine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit vorgelegen. Spezifische Behandlungsmaßnahmen seien nicht erfolgt. Die Annahme einer OP-Indikation reicht hingegen für die Annahme von Arbeitsunfähigkeit nicht aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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