L 9 KR 374/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 388/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 374/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 14. August 2019 insoweit aufgehoben als er der Klägerin Verschuldenskosten auferlegt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt höheres Mutterschaftsgeld.

Die Klägerin stand bis zum 31. Juli 2013 als Erzieherin in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis (Arbeitsentgelt im Juli 2013: 1.988,98 Euro brutto, 1.340,96 Euro netto, Bl. 1 VA). Daneben arbeitete sie seit Januar 2008 in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis. Wegen einer Schwangerschaft bestand zuletzt ein Beschäftigungsverbot. Mit ärztlicher Bescheinigung vom 6. August 2013 bescheinigte die Fachärztin Dr. K der Klägerin einen voraussichtlichen Entbindungstermin am 21. September 2013.

Einen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld I und den dagegen erhobenen Widerspruch lehnte die Bundesagentur für Arbeit für die Zeit ab dem 1. August 2013 unter Berufung auf einen Ruhenstatbestand ab.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. August 2013 auf den Antrag der Klägerin die Gewährung von Mutterschaftsgeld zum Beginn der Schutzfrist ab 10. August 2013 ab. Aufgrund des Endes des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin zum 31. Juli 2013 habe diese ab dem 1. August 2013 grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Wegen der Urlaubsabgeltung ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld I bis zum 21. August 2013 und sei die Voraussetzung für den Bezug von Mutterschaftsgeld nicht gegeben. Ein solcher Anspruch bestehe auch nach dem 21. August 2013 nicht, die Klägerin wurde gebeten, ab dem 22. August 2013 Arbeitslosengeld I zu beantragen.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend: Maßgebend sei, dass sie über eine Arbeitslosengeldbezug pflichtversichert sei. Gegen den Ruhensbescheid der Bundesagentur für Arbeit habe sie Widerspruch eingelegt. Unabhängig von einem Ruhen sei sie gemäß § 19 Abs. 2 SGB V weiterversichert, eine Versicherung im Wege der Familienversicherung über den Ehemann bestehe nicht. Daraus ergebe sich weiterhin, dass das Pflichtmitgliedschaftsverhältnis der Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 während des Mutterschaftsgeldbezuges und späteren Elterngeldbezuges fortbestehe und zwar beitragsfrei. Nur im Falle des § 192 Abs. 2, der nicht gegeben sei, wäre vom Fortbestand der beitragspflichtigen Versicherung auszugehen.

Am 23. September 2013 gebar die Klägerin ihr Kind. Seit dem 18. November 2013 bezog sie Elterngeld. Die Beklagte führte sie ab August als freiwillig Versicherte und erhob bis November 2013 Beiträge von über 700,00 Euro. Die Klägerin erhielt zunächst im September 2013 eine Urlaubsabgeltung für 16 Tage in Höhe von 779,37 Euro ausgezahlt, nach einem arbeitsgerichtlichen Verfahren im Januar 2014 noch eine Abgeltung für weitere 7 Tage (insgesamt 23 Tage und einen Zahlbetrag in Höhe von 1.468,64 Euro). Die Beklagte gewährte der Klägerin für die Zeit ab dem 10. August 2013 bis zum 18. November 2013 Mutterschaftsgeld in Höhe von kalendertäglich 13,00 Euro aus der geringfügigen Beschäftigung der Klägerin.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestehe ab 1. August 2013 eine freiwillige Versicherung.

Die Klägerin hat am 1. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht Neuruppin erhoben. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie, die während ihres Beschäftigungsverhältnisses im Hinblick auf die Schwangerschaft einem Beschäftigungsverbot unterlegen sei, welches dazu geführt habe, dass nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses noch Urlaubsabgeltungsansprüche bestanden hätten, wegen dieser Ansprüche keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld hätte. Es bestehe im Zeitraum ab August 2013 Versicherungspflicht gemäß § 19 Abs. 2 SGB V. Die Regelung korrespondiere mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, wonach Versicherungspflicht auch bei Ruhen eines Arbeitslosengeld I-Anspruchs wegen Urlaubsabgeltung ab dem zweiten Monat bestehe. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches bereits ab dem ersten Monat zum Ende der Versicherungspflicht führte, hätte er bei § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht auf den Beginn des zweiten Monats abgestellt.

Im Ergebnis des Klageverfahrens S 12 AL 36/14 vor dem Sozialgericht Neuruppin gegen die Bundesagentur für Arbeit hat diese der Klägerin im Wege der Gleichwohlgewährung Arbeitslosengeld I für die Zeit vom 1. August 2013 bis zum 9. August 2013 gewährt (Meldung an die Beklagte vom 29. November 2017). Die Beklagte hat daraufhin einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 10. August 2013 bis zum 18. November 2013 in Höhe von 28,03 Euro kalendertäglich (= 840,90 Euro für einen Kalendermonat) entsprechend der Meldung der Bundesagentur für Arbeit über das bewilligte Arbeitslosengeld I anerkannt, eine Tragung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin aber abgelehnt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und hat noch höheres Mutterschaftsgeld in Höhe von 70 % ihres letzten Bruttogehaltes als Erzieherin (d.h., ausgehend von 1.988,00 Euro) begehrt, damit in Höhe von 1.391,60 Euro für einen Kalendermonat. Außerdem hat sie sich gegen die Höhe einer Beitragserstattung für die streitige Zeit gewehrt, welche die Beklagte mit Bescheid vom 6. Dezember 2017 gewährte.

Mit richterlichem Hinweis vom 21. Mai 2019 teilte das Sozialgericht der Klägervertreterin mit, dass die Fortführung der Klage mutwillig sei und das Gericht ihr Kosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 Sozialgerichtsgesetz auferlegen könne.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 14. August 2019 die Klage abgewiesen und der Klägerin Verschuldenskosten i.H.v. 150 EUR auferlegt. Zur Höhe des Mutterschaftsgeldes regele § 24i Abs. 2 SGB V im August 2013, dass als Mutterschaftsgeld das um die gesetzlichen Abzüge verminderte durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist gemäß § 13 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes gezahlt werde. Es betrage höchstens 13 EUR für den Kalendertag. Übersteige das Arbeitsentgelt 13 EUR kalendertäglich, werde der übersteigende Betrag vom Arbeitgeber oder von der für die Zahlung des Mutterschaftsgeldes zuständigen Stelle nach den Vorschriften des Mutterschutzgesetzes gezahlt. Für andere Mitglieder werde das Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes gezahlt. Das Krankengeld für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V werde in Höhe des Betrages des Arbeitslosengeldes oder des Unterhaltsgeldes gewährt, den die Versicherten zuletzt bezogen hätten (§ 47b Absatz 1 Satz 1 SGB V). Die Klägerin sei bei Beginn der Mutterschutzfrist arbeitslos gewesen und somit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V krankenversichert, so dass sie gemäß § 24i Abs. 2 Satz 7 SGB V Anspruch auf Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes habe. Das Krankengeld werde in Höhe des Arbeitslosengeldes gezahlt. Dies habe die Beklagte auch bereits anerkannt. Die Regelungen für das Krankengeld seien dabei nur hinsichtlich der Höhe der Leistung maßgebend. Damit sei für die Höhe des Mutterschaftsgeldes nicht relevant, ob zu Beginn der Mutterschutzfrist oder zu einem anderen Zeitpunkt ein Beschäftigungsverbot bestanden habe. Im Gegensatz dazu sei eine Person, die während des Beschäftigungsverhältnisses arbeitsunfähig werde, nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses weiterhin über die Beschäftigtenversicherung krankenversichert. Die Fortführung des Rechtsstreits und Verfolgung des klägerischen Begehrens sei missbräuchlich, weil das Argument der Klägerin, es sei höheres Mutterschaftsgeld zu gewähren, weil ihr zu Beginn der Mutterschutzfrist ein Beschäftigungsverbot erteilt worden sei, völlig neben der Sache liege. Die Berufung sei nicht zulässig.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 16. September 2019 zugestellten Gerichtsbescheid am 14. Oktober 2019 Berufung eingelegt. Die Berufung sei entgegen der Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts zulässig, die Klägerin mache einen Anspruch in Höhe des Krankengeldes auf Basis ihres (letzten) Bruttogehaltes in Höhe von 1.391,60 Euro geltend, d.h. in Höhe von 46,39 Euro kalendertäglich. Es bestehe zu dem von der Beklagten anerkannten Betrag pro Kalendertag eine Differenz in Höhe von 18,36 Euro. Bei dem streitgegenständlichen Zeitraum entspreche das einem Gesamtbetrag in Höhe von 1.836,00 Euro. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass die Beklagte im Hinblick auf die geringfügige Beschäftigung einen kalendertäglichen Betrag in Höhe von 13,00 Euro bereits im Widerspruchsverfahren anerkannt habe. Werde dieser berücksichtigt, bleibe immer noch ein Differenzbetrag in Höhe von 1.469,00 Euro, den die Klägerin geltend mache. Der Anspruch auf höheres Mutterschaftsgeld beruhe auf § 24i Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 7 SGB V. Voraussetzungen des Anspruchs seien eine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Schwangerschaft und ein bestehender Anspruch auf Arbeitslosengeld I, auch wenn dieser gemäß § 157 SGB III ruhe. Beide Voraussetzungen seien im Fall der Klägerin erfüllt. Ihr Arbeitsverhältnis habe durch Ablauf der Befristung während der Schwangerschaft geendet, sie habe zudem dem Grunde nach einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Der Beginn einer freiwilligen Mitgliedschaft stehe dem Anspruch nicht entgegen. Diese sei ausgeschlossen, wenn ein nachgehender Leistungsanspruch gemäß § 19 Abs. 2 SGB V bestehe. Die Regelung korrespondiere mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, wonach die Versicherungspflicht auch bei Ruhen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Urlaubsabgeltung ab dem 2. Monat bestehe. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass das Ruhen des Arbeitslosengeld-Anspruchs bereits ab dem 1. Monat zum Ende der Versicherungspflicht führe, hätte er bei § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht auf den Beginn des 2. Monats abgestellt. § 19 Abs. 2 SGB V müsse so gelegen werden, dass im Nachversicherungszeitraum von einer Versicherungspflicht auszugehen sei. Die Verschuldenskosten seien nicht gerechtfertigt. Allein dass die Klägerin eine andere Rechtsauffassung als das Gericht vertrete, rechtfertige die Auferlegung dieser Kosten nicht.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 14. August 2019 wird auch hinsichtlich der Verschuldenskosten aufgehoben. Der Klage wird dahingehend stattgegeben, dass die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2014 verpflichtet wird, der Klägerin für die Zeit vom 10. August 2013 bis zum 18. November 2013 Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes zu gewähren.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung der Klägerin gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Neuruppin vom 14. August 2019 zurückzuweisen.

Aus der Verdienstbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers der Klägerin (vom 28. November 2019) ergebe sich ein kalendertägliches Brutto-Krankengeld in Höhe von 41,07 Euro, somit ein Streitwert in Höhe von 1.317,04 Euro (beruhend auf 101 Kalendertagen), hingegen kein höherer Anspruch der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

A. Der Senat durfte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 155 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG], § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG).

B. Die Berufung ist – entgegen der Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts – von Gesetzes wegen zulässig. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft und 750,00 Euro nicht übersteigt. Die Beschwer der Klägerin beträgt mehr als 750 Euro. Die Klägerin begehrte mit ihrem Klageantrag die Bewilligung von Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes, gemessen an ihrem Entgelt aus dem letzten Beschäftigungsverhältnis für die Zeit vom 10. August 2013 bis zum 18. November 2013. Sie berechnete den monatlichen Anspruch mit 1.391,00 Euro, somit in Höhe von 46,37 Euro pro Kalendertag. Es ergibt sich ausgehend von dem Anerkenntnis der Beklagten (28,03 Euro pro Kalendertag) eine Beschwer in Höhe der Differenz von 1.815,66 Euro. Zu einer 750 Euro übersteigenden Beschwer der Klägerin gelangt auch, wer das Krankengeld ausgehend von der Entgeltbescheinigung des Arbeitgebers vom 28. November 2019 berechnet. Das Krankengeld beträgt in diesem Fall 41,07 Euro (brutto) pro Kalendertag, die Differenz zum Anerkenntnis der Beklagten beträgt 1.317,04 Euro.

C. Die Berufung ist in der Hauptsache nicht begründet. Die Klägerin hat keinen weiteren Anspruch auf Mutterschaftsgeld (1.). Allein die Auferlegung von Missbrauchskosten ist dagegen rechtswidrig und war aufzuheben (2.).

1. Streitig ist im Fall der Klägerin allein noch die Höhe des Mutterschaftsgeldes, nachdem die Beklagte im Hinblick auf die für den Zeitraum ab dem 1. August 2013 bis 9. August 2013 vergleichsweise Gewährung von Arbeitslosengeld im Verfahren, Az.: S 12 AL 36/14 (Gleichwohlgewährung nach § 157 Abs. 3 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch – SGB III – ) ab dem 10. August 2013 anerkannt hat und die Klägerin das Teilanerkenntnis auch angenommen hat.

Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach § 24i Abs. 2 Satz 7 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) in der bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung vom 30. Oktober 2012. Nicht zur Anwendung gelangen hingegen die Bestimmungen des § 24i Abs. 2 Sätze 1 bis 6 SGB V, die dem Grunde nach an das Nettoentgelt aus einem Arbeitsverhältnis anknüpften. Deren Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin stand zu Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz (MuschG in der Fassung vom 23. Oktober 2012, BGBl. I, 2246) nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis. Dieses endete bereits zum 31. Juli 2013. Es war auch nicht während der Schwangerschaft oder der Schutzfrist i.S. des § 24i Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. SGB V aufgelöst worden. Zu solchen Arbeitsverhältnissen gehört die Auflösung eines von vornherein befristeten Arbeitsverhältnisses während der Schwangerschaft nicht (Nolte in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: März 2013, § 24i Rn. 23). Dies gilt unabhängig davon, ob ein Beschäftigungsverbot besteht oder nicht. Eine Übertragung der Regelung des § 24i Abs. 1 Satz 2 SGB V, die zum 23. Juli 2015 in Kraft getreten ist, auf einen Zeitraum davor, scheitert vor allem daran, dass sich das Gesetz insoweit keine rückwirkende Kraft beimisst. Außerdem lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor. Nach der Bestimmung erhalten Mutterschaftsgeld auch Frauen, deren Arbeitsverhältnis unmittelbar vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Absatz 1 des MuschG endet, wenn sie am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses Mitglied einer Krankenkasse waren. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete nicht unmittelbar vor dem (ersten) Tag der Mutterschutzfrist (10. August 2013), sondern mehrere Tage vorher bereits zum 31. Juli 2013.

Die Höhe des Mutterschaftsgeldes bestimmt sich nach § 24i Abs. 2 Satz 7 SGB V nach der Höhe des Krankengeldes. Es wird damit allein Bezug genommen auf die Regelungen der §§ 47 und 47b SGB V. Ein Rückgriff auf § 24i Abs. 2 Satz 1 SGB V und das Nettoarbeitsentgelt im Rahmen des Satz 7 verbietet sich wegen dieser klaren Verweisung auf die Bestimmungen zum Krankengeld. Im Fall der Klägerin würde ein solcher Rückgriff auch deshalb nicht zu einem höheren Anspruch als dem bereits anerkannten führen, weil § 24i Abs. 2 Satz 2 SGB V den Anspruch gegen die Krankenkasse auf 13 Euro kalendertäglich begrenzt. Einen überschießenden Betrag könnte die Klägerin mithin nicht gegen die Beklagte richten.

Das Krankengeld bemisst sich allein gemäß § 47b SGB V. Die Norm ist die speziellere Bestimmung zu § 47 SGB V und verdrängt letztere (Becker/Kingreen/Joussen, 7. Aufl. 2020, SGB V § 47b Rn. 1/2). Während nach § 47 SGB V sich das Krankengeld für Beschäftigte nach dem erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelt bemisst, regelt § 47b SGB V die Höhe bei Versicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Das sind Bezieher (und Bezieherinnen) von Arbeitslosen- oder Unterhaltsgeld und Personen, die Arbeitslosen- oder Unterhaltsgeld nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch aufgrund einer Sperrzeit (vgl. § 144 SGB III) oder einer Urlaubsabgeltung (vgl. § 143 Abs. 2 SGB III) ruht (Bohlken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 47b SGB V (Stand: 15.06.2020), Rn. 15, vgl. allerdings zu dieser Fallgruppe die Sondervorschrift des § 24i Abs. 4 SGB V in der ab dem 23. Juli 2015 geltenden Fassung). Für die Klägerin kommt der Bezug von Arbeitslosengeld in Betracht. Ein Fall des Ruhens des Arbeitslosengeldes wegen einer Urlaubsabgeltung liegt dagegen ab dem 1. August 2013 nicht (mehr) vor.

Maßgeblich für den Bezug i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist allein, ob Versicherte Arbeitslosengeld I tatsächlich beziehen, unabhängig davon, ob die Leistung zurecht gewährt wird (KassKomm/Schifferdecker, 110. EL Juli 2020, SGB V § 47b Rn. 10). Arbeitslosengeld ist auch dann "bezogen" i.S. des § 47b SGB V, wenn es nur zuerkannt wurde, aber nicht zur Auszahlung gelangt (Bienert, NZS 2018, 152). Gleichzeitig kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitslosengeld I rückwirkend bewilligt wird und ob es nur im Wege der Gleichwohlgewährung erfolgt. Die für § 47b SGB V maßgebliche Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wird rückwirkend begründet, wenn rückwirkend Arbeitslosengeld I bewilligt wird. Dies gilt auch in dem Fall, in dem unter Berufung auf die Altfassung des § 157 Abs. 2 SGB III im ersten Monat einer Urlaubsabgeltung zunächst kein Arbeitslosengeld gewährt wurde und demgemäß zunächst keine Versicherungspflicht bestand. Im SGB V bestehen in diesem Fall zunächst entweder ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V oder eine Auffangversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bzw. eine Familien- oder freiwillige Versicherung. Wird danach rückwirkend Arbeitslosengeld I bewilligt, ist damit auch der für § 5 Abs. 1 Nr. 2 (§ 47b Abs. 1) SGB V maßgebliche Arbeitslosengeldanspruch rückwirkend (fiktiv) vor dem Krankengeldanspruch entstanden (Bienert, NZS 2018, 152, 153 f.). Das Krankengeld bestimmt sich auch dann gemäß § 47b SGB V, wenn der (rückwirkende) Arbeitslosengeldanspruch ein solcher der Gleichwohlgewährung (§ 157 SGB III) ist. Das Arbeitslosengeld I ist in diesem Fall kein nur vorläufig gezahltes, es wird auch nicht vorbehaltlich der weiteren Ansprüche gegen den früheren Arbeitgeber (wie der Urlaubsabgeltung) gezahlt, sondern bleibt rechtmäßig, selbst wenn Arbeitslose später die Urlaubsabgeltung erhalten (Steinmeyer/Greiner in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 6. Auflage 2021, § 157 Rn. 38). Ausgehend davon bezog die Klägerin Arbeitslosengeld I ab dem 1. August 2013 aufgrund des gerichtlichen Vergleichs im Verfahren S 12 AL 36/14.

Krankengeld wird in Höhe des Betrages des Arbeitslosengeldes oder des Unterhaltsgeldes gewährt, den Versicherte zuletzt bezogen haben (§ 47b Abs. 1 SGB V). Angeknüpft wird an das versicherte Entgelt, somit an die Höhe der jeweiligen Unterstützungsleistung ("zuletzt bezogen"). Dies verhindert, dass die Gewährung von Krankengeld zu einer zweckwidrigen Erhöhung der Bezüge führt (Becker/Kingreen/Joussen, 7. Aufl. 2020, SGB V § 47b Rn. 2). Die Beklagte hat somit zutreffend das Mutterschaftsgeld ausgehend von dem der Klägerin ab dem 1. August 2013 bewilligen Arbeitslosengeld I ermittelt. Eine Ausnahme i.S. einer Anknüpfung an das Arbeitsentgelt vor Beginn des Arbeitslosengeldbezugs, wie sie die Klägerin geltend macht, sieht das Gesetz für ihren Fall nicht vor. Allein in § 47b Abs. 3 SGB V ist für den Bezug von Kurzarbeitergeld ein Rückgriff auf das regelmäßige Arbeitsentgelt vorgesehen, das zuletzt vor Eintritt des Arbeitsausfalls erzielt wurde (Regelentgelt).

Der Senat hat im Rahmen des § 47b SGB V schließlich nicht zu prüfen, ob die Arbeitslosengeldbewilligung, welche die Klägerin von der Bundesagentur für Arbeit (bewilligt) erhielt, zutreffend erfolgte. Die Krankenkasse ist an die Höhe eines von der Bundesagentur ermittelten Arbeitslosengeldanspruchs gebunden( Bienert, aaO, S. 153 a.E.).

2. Die Entscheidung des Sozialgerichts über die Auferlegung von Verschuldenskosten ist rechtswidrig und war deshalb aufzuheben. Die Voraussetzungen für die Verhängung von Missbrauchskosten lagen nicht vor. Der Senat ist trotz § 144 Abs. 4 SGG befugt, (allein) die Kostenentscheidung zu ändern. Diese Vorschrift erfasst nur Fälle, in denen die Berufung auf die Kostenentscheidung beschränkt wird.

Gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass dieser den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht sein Vertreter oder Bevollmächtigter gleich (Satz 2). Das Sozialgericht war der Auffassung, die weitere Aufrechterhaltung der Klage seitens der Klägerbevollmächtigten sei nach dem Anerkenntnis der Beklagten – gemessen an dieser Bestimmung – rechtsmissbräuchlich, weil die Fortführung offensichtlich aussichtslos sei. Es hat, gestützt auf diese Begründung, vor Erlass des Gerichtsbescheides auf die Missbräuchlichkeit hingewiesen. Von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit des fortgesetzten Begehrens kann jedoch nicht ausgegangen werden. Offensichtlich aussichtslos ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur dann, wenn sich die maßgeblichen Rechtsfragen entweder unmittelbar aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften beantworten lassen oder durch höchstrichterliche Rechtsprechung bereits zweifelsfrei geklärt sind (BeckOGK/Krauß, 1.9.2019, SGG § 192 Rn. 28). Selbst im letztgenannten Fall darf ein Beteiligter aber durch die Androhung und Auferlegung von Missbrauchskosten nicht daran gehindert werden, auf eine Änderung der von ihm für unzutreffend empfundenen höchstrichterlichen Rechtsprechung hinzuwirken (BeckOGK/Krauß, 1.9.2019, SGG, aaO).

Gemessen daran ergaben sich die hier maßgeblichen Rechtsfragen, nämlich welches Entgelt durch das Mutterschaftsgeld, welches gerade die Beklagte zu gewähren hatte, in welcher Höhe abgesichert war, nicht ohne Weiteres allein aus dem Wortlaut des Gesetzes. Sie setzen u.a. systematische Erwägungen und teleologische Begründungen voraus. Dazu gehört u.a. das Zusammenspiel von § 47b SGB V, § 157 SGB III und § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Eine ständige Rechtsprechung des BSG bestand zu der Frage, wie die Höhe des Mutterschaftsgeldes in einem Fall wie demjenigen der Klägerin mit einem befristeten Beschäftigungsverhältnis, welches während der Schwangerschaft endete, nach § 24i Abs. 2 Satz 7 SGB V (in der 2013 maßgeblichen Fassung, dazu oben) zu bemessen ist, bis zur Änderung der Vorschrift im Jahr 2015 (wie auch zu § 157 SGB III) nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, u.a., weil ausgelaufenes Recht zur Anwendung gelangt.
Rechtskraft
Aus
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