L 9 KR 563/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 1980/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 563/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 4 Abs. 18 AMG geht davon aus, dass es für dasselbe Arzneimittel mehrere pharmazeutische Unternehmer geben kann.
2. Wer Arzneimittel aufgrund eines (Lizenz-)Vertrags unter eigenem Namen vertreibt, kraft zentraler
gemeinschaftsrechtlicher Zulassung auch als „örtlicher Vertreter“ zu gelten hat, kann zugleich pharmazeutischer Unternehmer sein.
3. Es entspricht Sinn und Zweck der Rabattregelung des § 130a Abs. 3b SGB V, dass pharmazeutische Unternehmer, die auch örtliche Vertreter sind, den Rabatt schulden und nicht die Inhaber der gemeinschaftsrechtlichen Zulassung.
4. Es besteht, wenn Unternehmen unter Berufung auf ihr Vertriebsmodell als nur örtliche Vertreter eine Rabattpflicht ausschließen könnten, die Gefahr einer unerwünschten Rabattsituation zugunsten von Apotheken, wie sie § 130a Abs. 3b SGB V gerade verhindern will.
Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2013 werden zurückgewiesen. Die Klägerinnen tragen auch die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren die Feststellung, dass von ihnen vertriebene Arzneimittel nicht der Abschlagspflicht gemäß § 130a Abs. 3b Fünftes Buch/Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliegen, weil sie keine pharmazeutischen Unternehmer sind.

Die Klägerin zu 1) vertreibt das Insulinpräparat Huminsulin® in Deutschland. In einem Lizenz- und Liefervertrag hat sie es der Klägerin zu 2) gestattet, das Insulinpräparat unter dem Handelsnamen Berlinsulin® ebenfalls in Deutschland zu vertreiben ("Co-Marketing", Marketingkooperation). Der Wirkstoff und die Zusammensetzung beider Präparate sind identisch. Die Präparate verfügen über ein jeweils eigenes Markenzeichen. Beide Präparate werden von konzernverbundenen Unternehmen der Klägerin zu 1) in demselben biotechnologischen Herstellungsvorgang produziert. Die Originalzulassungen von Huminsulin® und Berlinsulin® beruhen jeweils auf einem vollständigen und eigenständigen Arzneimitteldossier, jedoch auf inhaltlich identischen Zulassungsunterlagen. Die Klägerinnen sind jeweils Zulassungsinhaberinnen für das von ihnen vertriebene Arzneimittel.

Die Klägerin zu 1) vertreibt auf der Basis eines Vertrags mit E L NB.V. zudem das Insulinanalogon ("Kunstinsulin" ) Humalog® (Wirkstoff: Insulin lispro) am deutschen Markt in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Gemäß dem Vertrag ist die Klägerin zu 1) berechtigt, die Produkte von E L Ne B.V. in dessen Auftrag zu bewerben und zu vertreiben ("shall advertise and promote the Products on behalf of ", Ziff. 1 des Vertrags).

Der Wirkstoff (Insulin lispro) unterliegt seit dem 23. November 2010 keinem Patentschutz mehr, für Humalog® besteht kein Unterlagenschutz mehr. Die Fachinformation für Humalog® gibt in der Kopfzeile Namen und Logo der Klägerin zu 1) ("L") wieder. Ziff. 7. der Fachinformation lautet: "Pharmazeutischer Unternehmer": E L N B.V. Unter Ziff. "13. Kontaktadresse in Deutschland" erscheint der Name und die Anschrift der Klägerin zu 1).

In einem Zusatz zu dem bestehenden Lizenzvertrag hat El L Export S.A. I B der Klägerin zu 2) den Vertrieb u.a. des Wirkstoffs "insulin lispro" unter dem Handelsnamen Liprolog® in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gestattet. Gleichzeitig hat sich E L Export S.A. ("L") in dem Vertrag das Recht vorbehalten, Insulin Lispro durch Konzerngesellschaften ebenfalls in Deutschland zu vertreiben (Section 1 des Vertrags). Die benötigten Arzneimittel erwirbt die Klägerin zu 2) auf der Grundlage des o.g. Vertrags von E L Export S.A. I B. Auch für Liprolog® gibt die Fachinformation in der Kopfzeile Namen und Logo der Klägerin zu 2) wieder. Unter Ziff. 7 wird die E L N B.V. als "Inhaber der Zulassung" benannt, unter Ziff. 13. "Kontaktadresse in Deutschland" wird die Klägerin zu 2) mit Adresse genannt.

Sowohl Humalog® wie Liprolog® werden von einem konzernverbundenen Unternehmen der Klägerin zu 1) hergestellt (L F S.A.S.) und stammen aus demselben biotechnologischen Herstellungsvorgang; der Wirkstoff und die Zusammensetzung beider Präparate sind identisch. Im Unterschied zu Huminsulin® und Berlinsulin® sind aber nicht die Klägerinnen Inhaberinnen der jeweiligen Zulassung. Vielmehr besteht für Humalog® und Liprolog® jeweils eine europarechtliche Gemeinschaftszulassung, deren Inhaberin E L N B.V., die niederländische Konzernmutter der Klägerin zu 1), ist. Für den Wirkstoff Insulin lispro wurden im Rahmen des europaweiten Zulassungsverfahrens mehrere Zulassungen beantragt und erlangt (sogenannte "Dubletten-Zulassungen"), einmal unter dem Namen Humalog® und einmal unter dem Namen Liprolog®.

Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass Liprolog® kein Generikum bzw. Biosimilar von Humalog® ist.

§ 130a Abs. 3b SGB V (eingeführt durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung [AVWG] vom 26. April 2006, BGBl. I S. 984, in Kraft seit 1. Mai 2006) lautet:

(3b) 1Für patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel erhalten die Krankenkassen ab dem 1. April 2006 einen Abschlag von 10 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer; für preisgünstige importierte Arzneimittel gilt Absatz 3a Satz 5 entsprechend. 2Eine Absenkung des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, die ab dem 1. Januar 2007 vorgenommen wird, vermindert den Abschlag nach Satz 1 in Höhe des Betrages der Preissenkung; wird der Preis innerhalb der folgenden 36 Monate erhöht, erhöht sich der Abschlag nach Satz 1 um den Betrag der Preiserhöhung ab der Wirksamkeit der Preiserhöhung bei der Abrechnung mit der Krankenkasse. 3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 30 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt. 4Absatz 3a Satz 7 bis 10 gilt entsprechend. 5Satz 2 gilt nicht für ein Arzneimittel, dessen Abgabepreis nach Satz 1 im Zeitraum von 36 Monaten vor der Preissenkung erhöht worden ist; Preiserhöhungen vor dem 1. Dezember 2006 sind nicht zu berücksichtigen. 6Für ein Arzneimittel, dessen Preis einmalig zwischen dem 1. Dezember 2006 und dem 1. April 2007 erhöht und anschließend gesenkt worden ist, kann der pharmazeutische Unternehmer den Abschlag nach Satz 1 durch eine ab 1. April 2007 neu vorgenommene Preissenkung von mindestens 10 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer ablösen, sofern er für die Dauer von zwölf Monaten ab der neu vorgenommenen Preissenkung einen weiteren Abschlag von 2 vom Hundert des Abgabepreises nach Satz 1 gewährt.

Aufgrund des bis November 2010 bestehenden Patentschutzes für Humalog® und Liprolog® unterlagen diese unstreitig nicht dem Abschlag nach § 130a Abs. 3b SGB V. Für die nachfolgende Zeit meldeten die Klägerinnen für Humalog® und Liprolog®, dass die Präparate als biologische bzw. solitäre Fertigarzneimittel nicht der Abschlagspflicht unterliegen. Nach einer Zurückweisung der Anmeldung durch die Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) GmbH und weiteren Auseinandersetzungen mit dem Beklagten meldete die Klägerin zu 1) Humalog® ab Februar 2011 unter Vorbehalt als abschlagspflichtig an und zahlt seitdem den Abschlag nach § 130a Abs. 3b SGB V.

Im Verfahren S 81 KR 1980/10 vor dem Sozialgericht Berlin bzw. L 9 KR 213/13 (vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg) haben die Klägerinnen begehrt, das Nichtbestehen einer Abschlags- und Kennzeichnungspflicht u.a. für Huminsulin® und Berlinsulin® sowie (im Wege der Klageerweiterung) für Humalog® und Liprolog® festzustellen. Die Klägerinnen haben in diesem Klageverfahren zu Huminsulin® vertreten, es handele es sich um ein solitäres Arzneimittel, da diese Darreichungsform nur von der Klägerin zu 1) angeboten werde. Humalog® und Liprolog® seien dasselbe Arzneimittel und unterlägen schließlich schon deshalb nicht der Abschlagspflicht, da die Klägerinnen für diese Arzneimittel nicht pharmazeutische Unternehmer im Sinne des Gesetzes, sondern nur örtliche Vertreter seien. Der Begriff des pharmazeutischen Unternehmers sei nach dem Arzneimittelrecht zu verstehen, wonach der örtliche Vertreter nicht hafte. Bei Humalog® bzw. Liprolog® fungiere man lediglich als "Kontaktadresse in Deutschland" für die Inhaberin der europarechtlichen Zulassung, die E L N B.V. Zwar bewerbe und verkaufe man diese Präparate in Deutschland, doch bei zentral zugelassenen Arzneimitteln könne es nur einen pharmazeutischen Unternehmer geben und dies sei hier E L N B.V. Ein örtlicher Vertreter im Sinne von § 9 Abs. 2 Arzneimittelgesetz (AMG) sei für die Zulassung des Arzneimittels und das Arzneimittel selbst rechtlich nicht verantwortlich.

Mit Urteil vom 31. Mai 2013 [der Klägerin zu 1) zugestellt am 21. Juni 2013, der Klägerin zu 2) zugestellt am 5. Juli 2013] hat das Sozialgericht Berlin die Klagen im Verfahren S 81 R 1980/10 abgewiesen. Seit Dezember 2010 unterlägen auch Humalog® und Liprolog® der Abschlagspflicht. Für diese Arzneimittel hat das Sozialgericht ausgeführt: Die Klägerinnen fungierten auch insoweit als pharmazeutische Unternehmer im Sinne von § 130a Abs. 3b SGB V, obwohl sie nicht Inhaberinnen der Arzneimittelzulassung seien. Dies ergebe sich aus § 4 Abs. 18 Satz 2 AMG, denn die Klägerinnen brächten die Arzneimittel unter ihrem Namen in den Verkehr. Die Annahme der Klägerinnen, sie fungierten nur als örtlicher Vertreter bzw. Korrespondenz- und Kontaktbüro für die niederländische Konzernmutter gehe fehl. Die Figur des örtlichen Vertreters diene auch dem Inverkehrbringen des Produkts. Unzweifelhaft brächten die Klägerinnen die beiden Präparate im eigenen Namen in den Verkehr, denn sie träten im nationalen Markt mit eigener Marke auf und hielten die Präparate zum Verkauf in eigenem Namen vor.

Mit den am 22. Juli 2013 erhobenen Berufungen haben die Klägerinnen ihr Begehren für Humolog® und Liprolog® zunächst im Rahmen des Verfahren L 9 KR 213/13 – also zusammen für Huminsulin® und Berlinsulin® - weiterverfolgt.

Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2016 das Verfahren, betreffend die Arzneimittel Humalog® und Liprolog®, von den übrigen Arzneimitteln (Insulinpräparate) abgetrennt und unter dem L 9 KR 563/16 fortgeführt. Die Berufung für die streitigen Insulinpräparate u.a. für Humininsulin® und Berlinsulin® hat der Senat in dem Verfahren (L 9 KR 213/13) mit Urteil vom 14. Dezember 2016 zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Die von den Klägerinnen dagegen eingelegte Revision zum BSG ist erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 20. Dezember 2018 hat das BSG die Revisionen, betreffend die Insulinpräparate, zurückgewiesen (B 3 KR 11/17 R). Die Insulinpräparate unterlägen der Abschlagspflicht. Diese erfasse auch wirkstoffpatentfreie und wirkstoffidentische biologische (Original)-Arzneimittel mit unterschiedlichen Handelsnamen (Warenzeichen) aus demselben biotechnologischen Herstellungsvorgang. Der generikakfähige Markt im krankenversicherungs-rechtlichen Sinne des § 130a Abs. 3b S. 1 SGB V sei primär durch die Wirkstoffpatentfreiheit und Wirkstoffgleichheit konkurrierender Arzneimittel in Bezug auf die Versorgung der Versicherten in der GKV gekennzeichnet. Marktwirtschaftlich ausgerichtete Vertriebsmodelle von Arzneimitteln, wie das Co-Marketing, könnten sich davon nicht durch kreative Vermarktungskonzepte lösen. Die hier vorliegenden biologischen Arzneimittel könnten jedenfalls dann als wirkstoffgleich im Sinne der Vorschrift eingestuft werden, wenn zumindest der biotechnologische Herstellungsprozess derselbe sei, der definierte Korridor der Mikroheterogenität eingehalten werde und die Unterschiede keine klinische Relevanz hätten. Die Zuordnung der patentfreien, wirkstoffidentischen biologischen (Original-)Arzneimittel derselben Produktionslinie zum sogenannten Generikaabschlag entspreche auch der Trennungsabsicht des § 130a Abs. 3b S. 1 SGB V. Die Norm dürfe nicht teleologisch auf arzneimittelrechtlich zugelassenen Generika und ihre Referenzarzneimittel eingeengt werden. Mit dem praktizierten Vertriebsmodell des sogenannten Co-Marketings hätten die quasi im gleichen Lager befindlichen Klägerinnen selbst zwei identische (Original-) Arzneimittel in eine (fiktive) Wettbewerbssituation auf den Markt gebracht. Die durch dieses Vertriebsmodell selbst initiierte Konkurrenzsituation sei vergleichbar mit der Situation, die ursprünglich Anlass dafür gewesen sei, Naturalrabatte für Arzneimittel an Apotheken zu verbieten und mit Hilfe der gesetzlichen Abschlagspflicht einen funktionsfähigen Preiswettbewerb einzuführen. Aus Sicht der GKV stellte sich das als ein rein marktwirtschaftlich motiviertes und orientiertes Vertriebskonzept dar, ohne dass deutlich werde, welcher wirkstoffbezogene Vorteil bzw. therapeutische Nutzen dadurch für die Versorgung von Versicherten der GKV entstanden sei. Der (BSG-) Senat habe bereits in der Vergangenheit ausgeführt, dass das System der GKV zur Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln zentral auf die Wirkstoffe der Arzneimittel bezogen sei und daher gerade auch die Wirkstoffgleichheit konkurrierender Arzneimittel als das entscheidende Kennzeichen des generikafähigen Marktes in der GKV herausgestellt. Schließlich seien die Klägerinnen auch als pharmazeutische Unternehmerinnen abschlagspflichtig. Aus § 4 Abs. 18 Satz 1 AMG folge, dass bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung der pharmazeutische Unternehmer sei. Die Klägerinnen seien soweit jeweils Zulassungsinhaber der Arzneimittel. Dazu gehöre nach § 4 Abs. 18 Satz 2 AMG ein pharmazeutischer Unternehmer, der Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringe. Das sei hier der Fall.

In dem vor dem erkennenden Senat noch anhängigen Berufungsverfahren, betreffend Humalog® und Liprolog®, haben die Klägerinnen vorgetragen:

Die Klägerin zu 1) fungiere nur als örtlicher Vertreter und als Repräsentant des "Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen" ("Representative of the marketing authorisation holder") und bringe das Arzneimittel nicht unter eigenem Namen in den Verkehr. In den Verkehr werde das Präparat Humalog® vom niederländischen Mutterkonzern, dem Zulassungsinhaber, gebracht. Entscheidend für die Begrifflichkeit sei insoweit Art. 1 Nr. 18a der Richtlinie 2001/83/EG. Der Beklagte mache hier aus einem pharmazeutischen Unternehmer, der E L N B.V., zwei Anbieter und erweitere den Anwendungsbereich des Gesetzes damit unzulässig. Pharmazeutischer Unternehmer sei allein EL N B.V.

Die Klägerin zu 2) sei in Bezug auf Liprolog® nicht pharmazeutische Unternehmerin, dies ergebe sich eindeutig aus der Fachinformation als auch der Gebrauchsinformation von Liprolog®. Dort heiße es unter der Überschrift "Pharmazeutischer Unternehmer und Hersteller":

"Zulassungsinhaber ist E L N B.V., Glag , RA H, Niederlande."

Unter Hinweis auf den pharmazeutischen Unternehmer sei ausgeführt:

"Falls weitere Informationen über das Arzneimittel gewünscht werden, setzen Sie sich bitte mit dem örtlichen Vertreter des pharmazeutischen Unternehmers in Verbindung".

Für Deutschland werde dann die Klägerin zu 2) benannt. Es werde also eindeutig klargestellt, dass auch diese nur der örtliche Vertreter des pharmazeutischen Unternehmers sei.

Die Pflicht zur Zahlung des Abschlags treffe nicht denjenigen, der ein Arzneimittel am deutschen Markt anbiete, sondern den pharmazeutischen Unternehmer. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 130a SGB V. Dieser bezwecke einen Gleichlauf mit den Begrifflichkeiten des Arzneimittelgesetzes. Im Unterschied zur vorherigen Fassung, die mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26. März 2007 geändert worden sei, werde ausweislich der Gesetzesbegründung ausdrücklich festgestellt, dass der Begriff des pharmazeutischen Unternehmers wie im AMG gemeint sei.

Auch die Klägerin zu 2) bringe das Arzneimittel nicht unter eigenem Namen, sondern lediglich als örtliche Vertreterin für die Zulassungsinhaberin in den Verkehr. Aus der Formulierung des § 9 Abs. 2 Satz 2 AMG ergebe sich, dass der pharmazeutische Unternehmer eine andere Person sei als der örtliche Vertreter. Durch die Übernahme einer Vertreterbestellung mutiere der Vertreter nicht funktional zum Vertretenen, auch dessen Pflichten würden nicht auf den Vertreter übergehen. Unzutreffend gehe das Sozialgericht hingegen davon aus, dass alleine das Inverkehrbringen im Sinne von § 4 Abs. 17 AMG zugleich ein Inverkehrbringen eines Arzneimittels unter eigenem Namen sei, dagegen liege aber nur ein Inverkehrbringen "in eigenem Namen" vor. Mit dieser Definition würden z.B. auch Großhändler und Apotheker dem Begriff des pharmazeutischen Unternehmers unterfallen.

Die Klägerin zu 2) habe vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als zuständige Bundesoberbehörde eine Rechtsauskunft zur Frage erbeten, ob sie pharmazeutischer Unternehmer sei. Dieses habe mit Schreiben vom 6. April 2017 mitgeteilt, dass unter Heranziehung der im Hinblick auf die zentrale Zulassung bedeutsamen europarechtlichen Vorschriften der örtliche Vertreter neben dem Zulassungsinhaber stehe. Der örtliche Vertreter sei nicht zugleich pharmazeutischer Unternehmer. Der örtliche Vertreter bringe das Arzneimittel nicht in den Verkehr, sondern im Namen des Zulassungsinhabers E L NB.V.

Liprolog® sei ein von der europäischen Kommission zentral zugelassenes Arzneimittel. Das EU-Arzneimittelrecht verwende für ein Unternehmen, das die Verantwortung für die Inverkehrgabe eines Arzneimittels übernehme, nicht den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers, sondern den Begriff des "Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen". Dieser Begriff entspreche von seiner Funktion her dem pharmazeutischen Unternehmer. Der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels trage die gesamte öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Verantwortung. Das ergebe sich aus Art. 2 UA 2 Satz 2 VO 726/2004 EG. Daneben kenne das EU-Arzneimittelrecht auch den örtlichen Vertreter, der vom Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen als lokale Kontaktstelle eingesetzt werde. Dieser sei für das Inverkehrbringen der Arzneimittel nicht in irgendeiner Weise verantwortlich (Verweis auf Art. 13 Abs. 1 UA 1 S. 2 VO 726/2004 EG i.V.m. Art. 6 Abs. 1a Richtlinie 2001/83 EG). Diese materielle Rechtslage spiegele sich auf der Verpackung von Liprolog® wider. Diese habe Namen und Anschrift des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen und gegebenenfalls den Namen des von ihm benannten Vertreters zu enthalten. Insoweit sei auf den Verpackungen von Liprolog® als pharmazeutischer Unternehmer E L Ne B.V sowie die Klägerin zu 2) als örtlicher Vertreter auf der äußeren Umhüllung angegeben. Dies sei schon daran erkennbar, dass sich der Name der Klägerin zu 2) auf der sogenannten "blue-box" befände. Diese sei für Information vorgesehen die spezifisch für die einzelnen Mitgliedstaaten seien. Aus dem Aufdruck könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass damit die Verantwortung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels übernommen werde und dieses unter eigenem Namen in den Verkehr gebracht werden soll.

Die Klägerin zu 2) verkaufe Liprolog® in Deutschland als Großhändlerin; ihre Erlaubnis zur "Inverkehrgabe" folge insoweit aus § 52a AMG. Diese Auffassung werde durch die Europäische Zulassungsbehörde (EMA) gestützt. Diese habe auf Anfrage auf ihrer Homepage mitgeteilt, unter einem örtlichen Vertreter sei jede private oder rechtliche Person zu verstehen, die in der Gemeinschaft seinen/ihren Sitz habe und vom Zulassungsinhaber durch einen zivilrechtlichen Vertrag beauftragt sei, ihn in einem definierten (geographischen) Raum zu vertreten, wobei dieser Vertrag ausschließen müsse, dass irgendeine Verantwortlichkeit, die dem Zulassungsinhaber durch Gemeinschaftsrecht und nationales Recht, Verordnung oder behördliche Maßnahme, die das Gemeinschaftsrecht umsetzten, obliege, (auf den örtlichen Vertreter) übertragen werde. Dieser Vertreter könne in der Packungsbeilage oder in der blue-box in der Packungskennzeichnung angegeben werden. Diese Erläuterung zeige deutlich, dass nach europäischem Rechtsverständnis der örtliche Vertreter keinesfalls als pharmazeutischer Unternehmer fungiere. Denn dies würde der klaren Vorgabe widersprechen, dass er keine Pflichten übernehme, die allein dem Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen zugeordnet seien. Keine andere Beurteilung ergebe sich daraus, dass für Liprolog® nicht nur der Name der Klägerin zu 2), sondern zusätzlich auch ihr Logo abgedruckt sei. Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Rechtssache T-179/00 vom 3. Juli 2012, Rn. 49 ff.) ergebe, bilde ein Logo eine Einheit mit dem Namen des örtlichen Vertreters und führe nicht dazu, dass er mit dem Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen verwechselt werden können.

Auch aus der Tatsache, dass auf den Injektionspens der Klägerin zu 2) der Name von E L eingedruckt sei, ergebe sich für die Fachkreise und Patienten, dass es sich um ein Produkt von EL N B.V. handele ...

Die Klägerin zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2013 zu ändern sowie festzustellen, dass die Klägerin zu 1) nicht verpflichtet war bzw. ist, für das Arzneimittel Humalog® den Abschlag nach § 130a Abs. 3b SGB V zu zahlen.

Die Klägerin zu 2) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2013 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Klägerin zu 2) nicht verpflichtet war bzw. ist, für das Arzneimittel Liprolog® den Abschlag nach § 130a Abs. 3b SGB V zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen,

hilfsweise

die E LN B.V. beizuladen.

Im Hinblick auf Humalog® und Liprolog® fungierten beide Klägerinnen als pharmazeutische Unternehmerinnen neben der Zulassungsinhaberin E L N B.V., denn sie brächten die Präparate unter eigenem Namen mit eigener Marke in den Verkehr.

Schuldner des Abschlages sei derjenige Unternehmer, der den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für den deutschen Markt festlege und beim Verkauf an deutsche Großhändler vereinnahme. Eine klare Zuordnung und Transparenz sei für die Feststellung der Abschlagspflicht unerlässlich. Ermittlungen über den oder die Zulassungsinhaber in einem schwer durchschaubaren Firmengeflecht von meist international agierenden Mutter- und Tochterunternehmen seien insoweit nicht tragfähig.

Pharmazeutischer Unternehmer sei neben dem Inhaber der Zulassung oder Registrierung, wer Arzneimittel "im Parallelvertrieb oder sonst" unter seinem Namen in den Verkehr bringe. § 4 Abs. 18 AMG sei insoweit 2017 ergänzt worden, um den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers möglichst weit zu fassen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe betont, dass für die Frage, wer Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringe, allein auf die faktischen Gegebenheiten abzustellen sei (Urteil vom 18. September 2003 – 3 C 31/02 Rn. 20). Unstreitig sei, dass die beiden Klägerinnen die streitigen Arzneimittel in den Verkehr brächten. Dies täten sie auch unter eigenem Namen. So lasse sich den Packungen ebenso eindeutig der Aufdruck des Firmennamens und das Logo entnehmen wie den Fachinformationen. Letztere seien Teil der Zulassung (§§ 11a, 22 Abs. 7 AMG). Ein Unterschied zwischen einem Handeln "in" zu einem Handeln "unter" eigenem Namen lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Das spreche auch dagegen, dass die Klägerinnen die Arzneimittel lediglich wie Apotheker oder Großhändler zum Verkauf anböten.

Zudem hätten die Klägerinnen die Präparate im eigenen Namen als "Anbieter" bei der I GmbH gemeldet; Anbieter in diesem Sinne könne gemäß der Richtlinien für die Zuteilung von Pharmazentralnummern (PZN) nur sein, wer ein Arzneimittel unter eigenem Namen in den Verkehr bringe. Wäre die Zulassungsinhaberin alleiniger Anbieter, hätte sie die Anmeldung bei der I GmbH vornehmen müssen. Bestätigt werde dies dadurch, dass die Klägerinnen die Arzneimittel unter ihrem Namen auf den Arzneimittelpackungen sowie in den Fachinformationen vertrieben, in welchen sie in der Kopfzeile jeweils mit ihrem Logo und Schriftzug verzeichnet seien. Dies entspreche auch § 131 Abs. 5 SGB V, wonach die pharmazeutischen Unternehmer verpflichtet seien, auf den äußeren Umhüllungen der Arzneimittel das Arzneimittelkennzeichen in einer für Apotheken maschinell erfassbaren bundeseinheitlichen Form anzugeben, nämlich die PZN, die von der IFA GmbH vergeben werde. Ein Auftreten nur als Stellvertreter für E L N B.V. i.S. eines Handelns in fremden Namen, sei an keiner Stelle erfolgt. Ihre nunmehrige Behauptung, sie träten als Vertreter auf und fungierten nur als "Kontaktstelle" stehe in krassem Widerspruch zu ihrem Auftreten nach außen. So seien sie auch der Pflicht aus § 130a Abs. 6 Satz 3 SGB V nachgekommen, wonach der pharmazeutische Unternehmer verpflichtet sei, die erforderlichen Angaben zur Bestimmung des Abschlags auf Datenträgern zu übermitteln und hätten Rabattverträge zu den Arzneimitteln geschlossen. Die Klägerin zu 2) habe die Wortmarke "Liprolog" als Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen. Schließlich habe etwa die Klägerin zu 1) sich im Stellungnahmeverfahren zur Festbetragsfestsetzung gegenüber dem Beklagten selbst als pharmazeutischer Unternehmer bezeichnet. Gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss hätten beide Klägerinnen in Zusammenhang mit der Bildung von Festbetragsgruppen ausführliche Stellungnahmen abgegeben, was ebenfalls gegen ihre Eigenschaft als bloßer "örtlicher Vertreter" spreche. Schließlich habe die Klägerin zu 1) gegen einen Verordnungsausschluss durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für Humalog® 2006 als pharmazeutischer Unternehmer geklagt (Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin, S 83 KA 588/07).

Aus der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 2 AMG, wonach die Bestellung eines örtlichen Vertreters den pharmazeutischen Unternehmer nicht von seiner Verantwortung entbinde, folge nicht, dass dem örtlichen Vertreter keine Verantwortung zukommen könne. Dass nur den Zulassungsinhaber eine weitergehende Haftung treffe (§ 84 AMG), sei demgegenüber unerheblich. Ähnliche Regelungen enthalte das europäische Recht. Eine Verantwortung des örtlichen Vertreters bestehe im Hinblick darauf, dass er das Arzneimittel in den Verkehr bringe. Aus der Rechtsprechung des EuGH lasse sich nichts Anderes herleiten. Dieses kenne den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers schon nicht. Dass der örtliche Vertreter nach europäischem Recht nicht hafte, könne für den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers nach nationalem Recht nicht fruchtbar gemacht werden. Der Begriff des pharmazeutischen Unternehmers i.S. des § 130a SGB V sei weiter zu fassen als die Zuweisung von Verantwortlichkeiten nach dem Europäischen Recht. § 4 Abs. 18 AMG knüpfe an das Inverkehrbringen unter eigenem Namen an. Auch der Mitvertreiber und örtliche Vertreter könnten – genauso wie Apotheker und Großhändler, die Arzneimittel umfüllten, abpackten oder kennzeichneten – pharmazeutische Unternehmer sein. Selbst wenn eine Person kein pharmazeutischer Unternehmer im Sinne des AMG sei, müsse der entsprechende Begriff des SGB V unabhängig davon definiert werden. Bei Zweifeln seien dann auch Indizien wie die Aufnahme in die Lauer-Taxe und das gesamte tatsächliche Verhalten zu würdigen. Aus dem Zusammenspiel von § 130a Abs. 1 Satz und Satz 3 sei zu sehen, dass der Rabatt von demjenigen Unternehmer getragen werden soll, der den Abgabepreis des für den deutschen Markt festlege.

Falls der Senat zu der Auffassung gelange, dass beide Klägerinnen zwar Anbieter, aber keine pharmazeutischen Unternehmer seien, sei die Eli Lilly Nederland B. V. beizuladen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbingens der Beteiligten nimmt der Senat im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Gerichtsakten L 9 KR 213/13 (6 Bände) Bezug.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Klägerinnen sind zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klagen der Klägerinnen zu Recht abgewiesen. Sowohl das Arzneimittel Humalog® als auch Liprolog® unterfällt jeweils der Abschlagspflicht nach § 130a Abs. 3b SGB V Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) und die Klägerinnen sind als pharmazeutische Unternehmer verpflichtet den Abschlag nach § 130a Abs. 3b SGB V zu zahlen.

I. Die von den Klägerinnen erhobenen Feststellungsklagen sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.

1. Die begehrten Feststellungen zur Abschlagspflicht nach § 130a Abs. 3b Satz 1 SGB V (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24. Juli 2010, BGBl I 983, mit Wirkung vom 30. Juli 2010) betreffen das (Nicht-)Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten. Die Klägerinnen haben ein berechtigtes Interesse daran zu klären, ob und inwieweit eine Abschlagspflicht für die von ihnen vertriebenen Insulinanalogpräparate besteht.

2. Die Feststellungsklagen sind nicht etwa subsidiär, weil die Klägerinnen ihre Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könnten. Zwar besteht für pharmazeutische Unternehmer nach § 130a Abs. 5 SGB V die Möglichkeit ("kann"), berechtigte Ansprüche auf Rückzahlung der Abschläge (nach Abs. 1, 1a, 2, 3a und 3b der Regelung) gegenüber der jeweils begünstigten Krankenkasse geltend zu machen. Jedoch gewährt die im vorliegenden Rechtsstreit jeweils erhobene Feststellungsklage weitergehenden Rechtsschutz, weil sie eine abschließende Streitbeilegung über die Abschlagspflicht ermöglicht und die Rechtslage gegenüber dem Beklagten geklärt werden kann, der mit der Abwicklung des Abschlags und Erstellung des Leitfadens insgesamt Aufgaben für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) übernommen hat. Es ist auch davon auszugehen, dass der Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 217a Abs. 2 SGB V) und infolge seiner Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz – GG) im Falle des Nichtbestehens der Abschlagspflicht einem Feststellungsurteil Folge leisten würde, und dass er auf die ordnungsgemäße Rückzahlung der Abschläge an die pharmazeutischen Unternehmen gegenüber den begünstigten Krankenkassen hinwirken würde (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 20, juris).

3. Der beklagte GKV-Spitzenverband ist in der im Streit stehenden Konstellation zutreffender Klagegegner. Zwischen den pharmazeutischen Unternehmen und den Krankenkassen bestehen keine unmittelbaren Leistungsbeziehungen, in denen der Rechtsstreit über das Bestehen der Abschlagspflicht nach § 130a SGB V ausgetragen werden könnte. Die gesetzliche Ausgestaltung der praktischen Abwicklung der Abschläge erfolgt in den Leistungsbeziehungen Krankenkassen - Apotheker einerseits und Apotheker - pharmazeutischer Unternehmer andererseits.

Die Krankenkassen erhalten den Herstellerabschlag von den Apotheken und die pharmazeutischen Unternehmer müssen den Apotheken diesen Aufwand erstatten (§ 130a Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB V). Der Herstellerabschlag wird in der Praxis überwiegend über die Apothekenrechenzentren abgewickelt, bei denen der Apotheker seine taxierten Rezepte einreicht. Die Krankenkassen haben die abgerechneten Rezeptbeträge – abzüglich der gesetzlichen Abschläge nach § 130 SGB V (Apothekenrabatt) und nach § 130a SGB V (Herstellerabschlag und Generikaabschlag) – an das Apothekenrechenzentrum zu überweisen. Über diesen Weg erhalten die Apotheken den vollen Rezeptbetrag (abzüglich des Apothekenrabatts nach § 130 SGB V) und der pharmazeutische Unternehmer erbringt auf diese Art und Weise den Herstellerabschlag und den sog. Generikaabschlag.

Der beklagte GKV-Spitzenverband hat in Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgabe, "das Nähere" zu den Abschlägen und deren Abrechnung (nach § 130a Abs. 3a Satz 11 SGB V i.V.m. Abs. 3b Satz 5 SGB V in der ab dem 16. August 2019 geltenden Fassung) zu regeln, u.a. in einem von ihm erstellten Leitfaden. Dieser enthält u.a. Ausführungen zu Ausnahmen von der Abschlagspflicht für Arzneimittel nach § 130a Abs. 3b Satz 1 SGB V (Generikaabschlag).

4. Einzelne Krankenkassen waren zum vorliegenden Rechtsstreit nicht nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG notwendig beizuladen, da keine unmittelbare, direkte Leistungsbeziehung zwischen ihnen und den pharmazeutischen Unternehmen bei der Abwicklung der Abschläge nach § 130a SGB V besteht. Der Ausgang des Rechtsstreits entfaltet ihnen gegenüber auch keine unmittelbaren Rechtswirkungen dergestalt, dass ihnen gegenüber eine Entscheidung nur einheitlich ergehen kann (näher zum Ganzen: BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 22 – 24, juris).

II. Beide Feststellungsklagen sind unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die von den Klägerinnen vertriebenen Arzneimittel Humalog® und Liprolog® jeweils der Abschlagspflicht nach § 130a Abs. 3b S 1 SGB V unterfallen und die Klägerinnen als pharmazeutische Unternehmer verpflichtet sind, den Abschlag zu zahlen.

1. Nach § 130a Abs. 3b Satz 1 Halbs. 1 SGB V erhalten die Krankenkassen für "patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel" ab dem 1. April 2006 einen Abschlag von 10 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer als sog. Generikaabschlag. Daneben wird für alle von § 130a Abs. 1 Sätze 6 und 7 SGB V erfassten Fertigarzneimittel der sog Herstellerabschlag erhoben. (näher BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 26, juris).

2. Die Insulinanaloge Humalog® und Liprolog® unterliegen dem Abschlag nach § 130a Abs. 3b Satz 1 SGB V. a) Bei diesen Präparaten handelt es sich um patentfreie und wirkstoffgleiche Arzneimittel im Sinne der Vorschrift. Die Abschlagspflicht erfasst auch (wirkstoffpatentfreie und wirkstoffidentische) biologische (Original-)Arzneimittel mit unterschiedlichen Handelsnamen (Warenzeichen) aus demselben biotechnologischen Herstellungsvorgang. Auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 20. Dezember 2018 (B 3 KR 11/17 R), welches das Verfahren L 9 KR 213/13 und die Insulinpräparate Huminsulin®, Berlinsulin® und Huminsulin® der Klägerinnen betraf, wird insoweit Bezug genommen. Ebenso wie bei den im Verfahren L 9 KR 213/13 erfassten Insulinpräparaten handelt es sich bei Humalog® und Liprolog® nicht um chemische, sondern um biologische Arzneimittel, die in demselben biotechnologischen Herstellungsvorgang produziert wurden und die als "wirkstoffidentisch" eingestuft werden können. Biologische Arzneimittel (Biologika, Biopharmazeutika) sind Arzneimittel, deren Wirkstoffe biologischen Ursprungs sind oder sich aus biologischem Ursprungsmaterial wie Mikroorganismen, Organe, Gewebe, Zellen oder Flüssigkeiten ableiten lassen. Hierzu zählt auch Humolog®, das ein gentechnologisch hergestelltes Biologikum ist und wie Insulin biotechnololgisch aus gentechnisch veränderten lebenden E.coli-Bakterien hergestellt wird (vgl. dazu den Vortrag der Klägerin zu 1) in L 9 KR 213/13; zu den Merkmalen und Besonderheiten biologischer Arzneimittel, vgl Leitfaden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Biosimilars, 1. Aufl 2017, S. 10, abrufbar unter: https://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/LF/PDF/Biosimilars.pdf; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 30, juris).

Zwischen den Beteiligten ist ebenso außer Streit, dass Liprolog® kein Biosimilar von Humalog® ist. Der Wirkstoff und die Formulierung von Humalog® und Liprolog® stammen aus demselben Herstellungsprozess und sind identisch. Demgegenüber handelt es sich bei einem Biosimilar um ein sog. Biogenerikum, d.h. um ein biologisches Arzneimittel, das einem biologischen Referenzarzneimittel ähnlich ist (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 31, juris). Biologische Arzneimittel, die - wie hier - im gleichen Herstellungsprozess vom gleichen Hersteller produziert werden, aber von unterschiedlichen pharmazeutischen Unternehmern unter verschiedenen Bezeichnungen (verschiedene Fertigarzneimittel) vertrieben werden, werden als Bioidenticals bezeichnet (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 32, juris, unter Berufung auf Leitfaden der Arzneimittelkommission, aaO, S. 13). Ebenso wie Huminsulin® und Berlinsulin® unterfallen aus diesem Grund die Originalarzneimittel Humalog® und Liprolog® als "patentfreie, wirkstoffgleiche" Arzneimittel im Sinne des § 130a Abs. 3b Satz 1 SGB V der Abschlagspflicht. Dies ist zwischen den Beteiligten – nach dem Urteil des BSG zu Huminsulin® und Berlinsulin® (B 3 KR 11/17 R) – nicht mehr streitig. Auf die Ausführungen des BSG (aaO, unter Rn. 34 ff.) nimmt der Senat Bezug und schließt sich diesen ausdrücklich an.

b) Die Klägerinnen haften auch für den Abschlag nach § 130a Abs. 3b Satz 1 SGB V, denn sie sind pharmazeutische Unternehmer im Sinne des Gesetzes.

aa) Der Begriff des pharmazeutischen Unternehmers ist im SGB V selbst nicht legaldefiniert. Er findet in den diversen Bestimmungen zum Arzneimittelpreisrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung, konkret §§ 130a – 131 SGB V, wie auch z.B. in § 128 Abs. 6 Satz 1 SGB V jeweils gleichlautend Verwendung.

Die Gesetzesbegründung zu § 130a Abs. 3b SGB V hebt zur Bestimmung der abschlagspflichtigen patentfreien und wirkstoffgleichen Arzneimittel u.a. darauf ab, dass sie aufgrund von bestimmten Zulassungsvorschriften für Generika, insbesondere §§ 24a und 24b Arzneimittelgesetz (AMG), im Markt sind (BT-Drs. 16/194 S. 11). Es liegt nahe, auch zur Bestimmung der Person des pharmazeutischen Unternehmers i.S. des § 130 a SGB V zunächst die arzneimittelrechtliche Bestimmung des § 4 Abs. 18 AMG als Ausgangspunkt in den Blick zunehmen. Pharmazeutischer Unternehmer i.S. des § 130a ff. SGB V ist jedenfalls grundsätzlich derjenige, den § 4 Abs. 18 AMG dazu bestimmt. Dafür spricht nicht zuletzt die Änderung des Begriffs in § 130a SGB V, die mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (vom 26. März 2007) zum 1. April 2007 erfolgte. Der bis dahin in § 130a SGB V verwendete Begriff "Unternehmen" wurde durch "Unternehmer" ersetzt. Dies erfolgte entsprechend der Gesetzesbegründung, um die Begrifflichkeiten (des SGB V) denjenigen des AMG anzupassen (BT-Drs. 16/3100 S. 143 – Zu Nummer 97).

§ 4 Abs. 18 AMG lautete in der bis zum 28. Juli 2017 geltenden Fassung:

"1Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. 2Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2."

Seit der Änderung zum 29. Juli 2017 wurde Satz 2 ergänzt und bestimmt:

"Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2."

Die Klägerinnen sind nicht als Inhaberinnen der Zulassungen für Humalog® und Liprolog® pharmazeutische Unternehmer (vgl. dazu § 4 Abs. 18 Satz 1 AMG). Zur Überzeugung des Senats sind sie aber gleichwohl pharmazeutische Unternehmer i.S. des AMG, denn sie bringen die streitigen Arzneimittel jeweils unter ihrem Namen in den Verkehr (§ 4 Abs. 18 Satz 2 AMG); ein Fall des § 9 Abs. 1 Satz 2 AMG (zur klinischen Prüfung beim Menschen bestimmte Arzneimittel) liegt dagegen unstreitig nicht vor. Die Klägerinnen stellten von Beginn des Verfahrens an selbst nicht in Zweifel, dass sie ihr jeweiliges Produkt am deutschen Markt vertreiben, mithin auch im Sinne von § 4 Abs. 17 AMG "in den Verkehr bringen".

Die Klägerinnen bringen die streitigen Präparate auch unter ihrem Namen in den Verkehr i.S. des AMG. Die Klägerin zu 1) hat noch im (Ausgangs-) Verfahren L 9 KR 213/13 dem Senat gegenüber erklärt, dass sie das Arzneimittel in Deutschland "in eigenem Namen und auf eigene Rechnung vertreibt" (Schriftsatz zur Klageerweiterung vom 19. Juli 2011, S. 4 im Verfahren L 9 KR 213/13). Dies umschreibt aber den Regelfall, den die gesetzliche Definition meint, nämlich dass eine juristische Person ein Arzneimittel im eigenen Namen vermarktet (Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Aufl. 2020, § 5 Rn. 9). Beide Klägerinnen tun auch kund, dass sie die Verantwortung für das Inverkehrbringen übernehmen (vgl. Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, § 4 Rn. 20, beck-online), denn sie geben auf der Verpackung der beiden Arzneimittel (zumindest auch) ihre Namen an. Maßgebend ist insoweit nicht die konkret verwendete Begrifflichkeit, sondern die Frage, ob sie Verantwortung, vor allem Haftung, für das Arzneimittel übernehmen (zum Vermarkter, vgl. Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Aufl. 2020, § 5 Rn. 9, beck-online). Vertriebsunternehmer und Mitvertreiber sind demgemäß stets pharmazeutische Unternehmer, selbst dann, wenn sie selbst – wie die Klägerinnen – keine Herstellungshandlungen vorgenommen haben; neben ihnen ist auch der Zulassungsinhaber pharmazeutischer Unternehmer (vgl. Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, § 4 Rn. 20).

Im Übrigen haben die Klägerinnen auch durch ihr sonstiges Verhalten die streitgegenständlichen Arzneimittel "unter ihrem Namen" in den Verkehr gebracht. Das haben sie getan, indem sie für sich selbst als Anbieterinnen Pharmazentralnummern (PZN) bei der Arzneimittel bei der I GmbH beantragt und erhalten haben. Das belegt der vom Beklagten eingereichte Auszug aus der Lauer-Taxe. Pharmazeutische Unternehmer sind neben den sonstigen Herstellern gemäß § 131 Abs. 4 Satz 2 SGB V, § 130a Abs. 6 SGB V i.V.m. dem auf § 131 Abs. 1 SGB V beruhenden Rahmenvertrag der maßgeblichen Spitzenorganisationen (GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene) verpflichtet, die für die Abrechnung und Berücksichtigung der Rabatte erforderlichen Preis- und Produktangaben an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln. Dabei ist neben dem für die Versicherten maßgeblichen Arzneimittel-abgabepreis ein Kennzeichen zur Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Krankenversicherung anzugeben (§ 131 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz SGB V). Die Preis- und Produktangaben nach § 131 Absatz 4 SGB V sind Grundlage für die Abrechnung der Arzneimittel in der GKV. Nach § 300 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB V vereinbaren der GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der Apotheker in einer Arzneimittelabrechnungsvereinbarung ein bundeseinheitliches Arzneimittelkennzeichen, das von den Apotheken auf die Verordnungen zu übertragen ist. § 2 Abs. 1 dieser Vereinbarung vom 1. April 2020 (www.gkv-datenaustausch.de) beschreibt als bundeseinheitliches Kennzeichen für das verordnete Fertigarzneimittel die Pharmazentralnummer (PZN) als Schlüssel zu Handelsnamen, Hersteller, Darreichungsform, Wirkstoffstärke und Packungsgröße des Arzneimittels. Der auf Bundesebene beauftragte Informations-Dienstleister ist die IGmbH als gemeinsame Clearingstelle der pharmazeutischen Industrie, des Großhandels und der Apotheker. Die Klägerinnen haben die streitgegenständlichen Arzneimittel bei der I GmbH als Anbieter "unter eigenem Namen" und nicht für einen Dritten gemeldet und eine PZN erhalten. Die Eigenschaft als Anbieter von Arzneimitteln unter eigenem Namen ergibt sich aus den "Richtlinien für die Zuteilung von Pharmazentralnummern (I-Richtlinien)". Danach fungiert als Anbieter, wer die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für das Inverkehrbringen der unter seinem Namen angemeldeten Artikel erfüllt (vgl. Seite 2 I-Richtlinien, Stand: 20. Dezember 2019). Im Rahmen der Abgabe und Abrechnung der Arzneimittel begründet die Beantragung einer eigenen PZN die Stellung als pharmazeutischer Unternehmer (Dietel/Hußmann, PharmR 2010, 619, 621). Eine Eigenschaft (und Meldung bei der I GmbH) lediglich als Großhändler (i.S. von § 52a AMG), wie sie insbesondere die Klägerin zu 2) zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für sich in Anspruch genommen hat, ist dagegen zumindest nicht belegt. Soweit die I-Richtlinien selbst zwischen den Anbietern und pharmazeutischen Unternehmern und pharmazeutischen Großhandlungen unterscheiden (vgl. Ziff. 1 "Einleitung" I-Richtlinien), haben die Klägerinnen die PZN für die streitgegenständlichen Arzneimittel nicht als Großhändlerinnen erhalten. Dagegen spricht, dass beide entsprechende Erlaubnisse für den Großhandel nach § 52a Abs. 1 Satz 1 AMG weder behauptet noch vorgelegt haben. Diese benötigten sie aber, da sie sich für einen Großhandel nicht auf eine Herstellungserlaubnis für die streitgegenständlichen Arzneimittel berufen könnten, die den Großhandel mitumfassen würde (§ 52a Abs. 6 AMG, Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, § 52a Rn. 1, beck-online).

Am Markt treten die Klägerinnen in Bezug auf die beiden Insulinanaloga nicht anders auf als mit Huminsulin® und Berlinsulin®, so dass es verfehlt wäre, sie nicht für alle diese Arzneimittel als pharmazeutische Unternehmer anzusehen. Die Klägerin zu 1) bewirbt auf ihrer Internetseite Humalog® nicht anders als Huminsulin®: Beide Präparate werden gleichermaßen als eigene Produkte der Klägerin zu 1) unter der Rubrik "Antidiabetika" aufgeführt (https://www.lilly-pharma.de/de/produkte/index.aspx). Die Klägerin zu 2) bewirbt gleichermaßen Berlinsulin® und Liprolog® als Füllmittel für ihren BerliPen® areo 3 (https://www.berlin-chemie.de/apotheker/markt-und-produktinformationen/produktbilddatenbank/produkt/id/2c523865-f417-4ef7-8a8b-2b154f1ddf48). Es kann insoweit offen bleiben, ob die Klägerinnen die streitgegenständlichen Arzneimittel im Verhältnis zur Zulassungsinhaberin im Wege des Mitvertriebs oder des Vertriebs in Lizenz (d.h. mit dem Nutzungsrecht [Lizenz] an einer Marke), vertreiben (dazu bb.). Ebenso bedarf es keiner weiteren Erörterung, welche konkreten Folgen sich für die arzneimittelrechtlichen Kennzeichnungspflichten (vgl. § 10 AMG) einerseits und die haftungsrechtlichen Verantwortlichkeiten andererseits (vgl. § 84 AMG) ergeben, wenn gleichzeitig der Zulassungsinhaber als auch ein Vertriebs- oder Lizenzunternehmen als pharmazeutische Unternehmer im Sinne von § 4 Abs. 18 AMG anzusehen sind. Es kommt im hiesigen Verfahren auf der begrifflichen Ebene darauf an, ob die Klägerinnen in Bezug auf Humalog® und Liprolog® als pharmazeutische Unternehmer auftreten.

Nach Wortlaut, aber auch Systematik des § 4 Abs. 18 AMG, ist es nicht ausgeschlossen, dass für dasselbe Arzneimittel mehrere pharmazeutische Unternehmer bestehen. Die Bestimmung bringt das mit dem Wort "auch" bereits in Satz 2 klar zum Ausdruck. Pharmazeutische Unternehmer für ein Arzneimittel können etwa der Hersteller und Zulassungsinhaber auf der einen und ein Mitvertreiber auf der anderen Seite sein (vgl. Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, § 9 Rn. 2, für den Mitvertreiber unter Berufung auf die seit 2017 geänderte weitere Formulierung in § 4 Abs. 18 Satz 2 AMG und die Rechtsprechung des BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2003 – 3 C 21/02NJW 2003, 3576 – Bestätigung des OVG Berlin; Koyuncu in Deutsch/Lippert, AMG, 3. Aufl. 2011, § 4 Rdnr. 65; Bita Bakhschai, Der Begriff des Inverkehrbringens im Arzneimittelgesetz, Diss. jur. 2013, S. 96). Diese Möglichkeit mehrerer pharmazeutischer Unternehmer, unterscheidet das nationale Recht vom Gemeinschaftsrecht. Letzteres kennt zum einen den pharmazeutischen Unternehmer nicht, sondern die "zum Inverkehrbringen berechtigte Person". Gleichzeitig ist immer der Zulassungsinhaber auch die für das Inverkehrbringen verantwortliche Person. Rehmann weist daher darauf hin, dass neben dem Zulassungsinhaber das EG-Recht keine andere "zum Inverkehrbringen berechtigte Person" kennt, was dann teilweise auch zu Friktionen mit dem AMG führt (Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, Einführung Rn. 22, beck-online). Nach den Regelungen zur nationalen Zulassung gemäß dem AMG können mehrere pharmazeutische Unternehmer bestehen. Es ist dann aber – ggf. neben Vertriebsunternehmern und Mitvertreibern und sonstigen pharmazeutischen Unternehmern – auf der Arzneimittelpackung stets auch der Zulassungsinhaber anzugeben (sog. "Doppeldeklaration", vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. September 2003, 3 C 31/02, zitiert nach juris, dort Rdnr. 25; Dettling/Lenz, PharmR 2002, S. 96 [97]). Dem entspricht es, dass auf der Packung von Liprolog® und Humalog® jeweils sowohl die Zulassungsinhaberin E L N B.V. als auch die Klägerin zu 1) (bei Humalog®) und Klägerin zu 2) (bei Liprolog®) angegeben sind. Diese kommen damit ihrer Pflicht zur Doppeldeklaration aus § 9 Abs. 1 Satz 1 AMG nach.

bb) An der Eigenschaft als pharmazeutische Unternehmer ändert sich nichts dadurch, dass die Klägerinnen kraft gemeinschaftsrechtlicher Zulassung auch als "örtliche Vertreter" für die Zulassungsinhaberin E L N B.V. gelten. Soweit sie sich zum Beleg für diese Eigenschaft im Termin zur mündlichen Verhandlung erstmals auf die Nennung in der gemeinschaftsrechtliche Zulassung, die sie als örtliche Vertreter ausweisen soll, und eine daraus folgende Tatbestandswirkung berufen haben, unterstellt der Senat zu ihren Gunsten, dass die gemeinschaftsrechtliche Zulassung sie als örtliche Vertreter ausweist. Er sah sich daher nicht veranlasst, eine Entscheidung in der Sache zur Vorlage dieser Zulassung(en) zu vertagen. Denn die Klägerinnen können pharmazeutische Unternehmer und örtliche Vertreter zugleich sein. § 4 Abs. 18 AMG gibt das schon dadurch zu erkennen, dass er in Satz 1 den Inhaber der Zulassung benennt, in Satz 2 dann weitere Personen, die "auch" pharmazeutische Unternehmer sein können (dazu oben). Pharmazeutischer Unternehmer kann demgemäß grundsätzlich auch ein örtlicher Vertreter sein. § 4 Abs. 18 AMG nimmt allein Verantwortliche für Arzneimittel, die für klinische Prüfungen am Menschen bestimmt sind, aus dem Unternehmerbegriff aus, dagegen nicht den in § 9 Abs. 2 Satz 2 AMG geregelten örtlichen Vertreter. Das wird durch den Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte bestätigt. § 4 Abs. 18 AMG definiert den pharmazeutischen Unternehmer, § 9 AMG daneben den (europarechtlich überformten) Verantwortlichen für das Inverkehrbringen und knüpft an diese Eigenschaft eine Kennzeichnungspflicht. Der örtliche Vertreter entspringt als Rechtsfigur dem Gemeinschaftsrecht. Er hat keinen Einfluss auf die Definition oder Pflichten des pharmazeutischen Unternehmers i.S. des AMG. Daher taucht er in § 4 Abs. 18 AMG auch nicht auf. Der örtliche Vertreter geht auf Art. 1 Nr. 18a. und Art. 6 Abs. 1a der Richtlinie 2001/83/EG zurück. Art. 1 Nr. 18a der Richtlinie bestimmt, dass der Inhaber der (gemeinschaftsrechtlichen) Genehmigung für das Inverkehrbringen eine Person als örtlichen Vertreter benennen kann, um ihn in einem Mitgliedstaat zu vertreten. Gemäß Art. 6 Abs. 1a Satz 1 der Richtlinie 2001/83/EG ist der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels verantwortlich. Nach Satz 2 entbindet die Bestellung eines (örtlichen) Vertreters den Inhaber der Genehmigung nicht von seiner rechtlichen Verantwortung. Das AMG inkorporiert diese Regelung nahezu wortgleich in § 9 Abs. 2 AMG und eröffnet so die Möglichkeit, dass der pharmazeutische Unternehmer – gemeint: der Zulassungsinhaber – einen örtlichen Vertreter bestimmen kann. Dies ist regelmäßig ein solcher, der in einem anderen Mitgliedstaat sitzt als der Zulassungsinhaber selbst. Die Bestellung entbindet den Zulassungsinhaber aber nicht von seiner rechtlichen Verantwortung (etwa nach § 84 AMG). Das stellt § 9 Abs. 2 Satz 2 AMG klar. Die Rolle des örtlichen Vertreters kann auf eine bloße Repräsentanz für den Zulassungsinhaber begrenzt sein. Im Verhältnis zu § 4 Abs. 18 AMG folgt daraus aber keine begriffliche Einschränkung dergestalt, dass jemand entweder nur "pharmazeutischer Unternehmer" oder nur "örtlicher Vertreter" ist, und damit ein örtlicher Vertreter nicht gleichzeitig pharmazeutischer Unternehmer sein kann. Ein solches Verständnis ist auch nicht bei Betrachtung der weiteren Vorschriften, die beide Personen benennen, zwingend. Soweit sich die Klägerinnen für ihre Auffassung, dass die Eigenschaft als örtlicher Vertreter eine Unternehmerschaft ausschließen soll, speziell auf § 10 Abs. 1 Nr. 1 AMG berufen, trägt das nicht. Muss nach der Regelung auf den Behältnissen und den äußeren Umhüllungen der Arzneimittel neben dem Namen oder der Firma und der Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers auch der Name des von ihm benannten örtlichen Vertreters angegeben sein, so spricht das nicht dagegen, dass der örtliche Vertreter zugleich pharmazeutischer Unternehmer sein kann. Die Bestimmung übernimmt Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 i.V.m. Art. 8 Abs. 3, 54 lit k), 55 und 59 Abs. 1 lit f) vi) der Richtlinie 2001/83/EG, wonach auf der äußeren Umhüllung und ggf. der Primärverpackung und der Gebrauchsinformation der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen und ggf. der Name des von ihm benannten Vertreters anzugeben sind (so auch der Hinweis in der Stellungnahme des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM - vom 6. April 2017). Die Nennung von pharmazeutischem Unternehmer neben dem örtlichem Vertreter im Rahmen der Kennzeichnungspflicht des § 10 AMG wie auch § 11 AMG ist bei diesem Verständnis nicht überflüssig. Die Nennung beider Personen ist vielmehr gerade deshalb relevant, weil nicht jeder örtliche Vertreter zugleich pharmazeutischer Unternehmer ist. So ist ein örtlicher Vertreter, der allein als solcher benannt ist und somit Repräsentant des Zulassungsinhabers in einem Mitgliedstaat ist, das Arzneimittel aber nicht selbst im Wege des Mit- oder Parallelvertriebs oder sonst i.S. des § 4 Abs. 18 Satz 2 AMG unter seinem Namen in den Verkehr bringt, nicht zugleich pharmazeutischer Unternehmer. Er ist nur örtlicher Vertreter. Denn dieser soll nach überwiegender Ansicht sich gerade dadurch z.B. vom Mitvertrieb abgrenzen, dass er das Arzneimittel nicht unter eigenem Namen in den Verkehr bringt (Brixius in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, § 9 AMG Rn. 2). In einem solchen Fall entfalten dann § 10 Abs. 1 Nr. 1 und § 11 Abs. 1 lit. 6 f) AMG Bedeutung, wonach der örtliche Vertreter auf der Packung/äußeren Umhüllungen/der Gebrauchsinformation anzugeben ist.

Die Klägerinnen sind nicht nur örtliche Vertreter, denn sie vertreiben die Präparate auch unter eigenem Namen. Damit sind sie auch Mit- bzw. Parallelvertreiber für die streitgegenständlichen Arzneimittel. In dieser Eigenschaft sind sie auch pharmazeutische Unternehmer. Beim Mitvertrieb, der arzneimittelrechtlich nicht abschließend geregelt, aber in der Praxis eine übliche Vertriebsform ist, wird weiteren Unternehmen vom Zulassungsinhaber zivilrechtlich das Recht eingeräumt, ein zugelassenes Arzneimittel unter oder in eigenem Namen in den Verkehr zu bringen. Die öffentlich-rechtliche Arzneimittelzulassung wird hierbei nicht mitübertragen. Übertragen wird nur das kraft Zulassung entstandene Recht zum Vertrieb des Präparats. Das bedeutet, dass der pharmazeutische Unternehmer (Inhaber der Genehmigung) vertriebsberechtigt bleibt. Im Fall der zentralen Zulassung erfolgt der Mitvertrieb im Parallelvertrieb (Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, § 7 Rn. 20, § 5 Rn. 12; von Czettritz/Meier, PharmR 2001, 147). Die Klägerinnen haben kraft Vertrags entweder mit E L N B.V. (Klägerin zu 1) bzw. in einem Lizenzvertrag mit E L Export S.A. I B (Klägerin zu 2) den Vertrieb in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gestattet erhalten. Das folgt auch aus der Fach-/und Gebrauchsinformation für Liprolog® und Humalog®. So erfolgt die Fach-/Gebrauchsinformation für Liprolog® unter dem Namen und Logo der Klägerin zu 2) ohne Hinweis auf ihre Vertreterfunktion. E L N B.V. wird als Zulassungsinhaberin angegeben, die Klägerin zu 2) als Kontaktadresse in Deutschland, dagegen nicht als Vertreterin. Selbiges gilt im Ergebnis für Humalog®, für welches in der Fachinformation zwar E L NB.V. als pharmazeutischer Unternehmer genannt wird, das Logo "L" aber auch auf die Klägerin zu 1) verweist. Der alleinige Hinweis auf sie als "Kontaktadresse" zeigt gerade keine Vertreterfunktion klar und unmissverständlich an. In beiden Fällen wird mit der Kontaktadresse eine eher indifferente eigene Kategorie aufgemacht.

Der Qualifizierung der Klägerinnen als auch pharmazeutische Unternehmer, steht die gemeinschaftsrechtliche Zulassung an E L N B.V. nicht entgegen. Sie entfaltet in der Nennung als örtliche Vertreter insoweit keine Tatbestandswirkung. Die (weitere) Eigenschaft der Klägerinnen als örtliche Vertreter und somit die Nennung in der Zulassung wird damit nicht in Frage gestellt. Die Stellung als pharmazeutischer Unternehmer i.S. des AMG begründet sich aus ihrem Vertrieb in Deutschland unter Nutzung von vertraglich eingeräumten Vertriebsrechten (dazu oben). Dazu können sich das Gemeinschaftsrecht und die auf ihm beruhende zentrale Zulassung nicht verhalten. Beide kennen und behandeln das Vertriebsrecht als aus der Zulassung folgendes vertraglich übertragbares Recht nicht. Dass die Begrifflichkeiten zwischen nationalem und europäischem Zulassungsrecht nicht deckungsgleich sind, wird gerade im Bereich des Mitvertriebs sichtbar. Ist nach dem AMG pharmazeutischer Unternehmer neben dem Zulassungsinhaber auch der Mitvertreiber, sind daher beide auf dem Arzneimittel anzugeben, auch wenn §&8201;9 Abs.&8201;1 Satz 1 AMG nur von einem pharmazeutischen Unternehmer spricht (Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, AMG § 9, beck-online). Diese auf der nationalen Definition basierende Doppelangabe wird bei zentralen Zulassungen auf Basis der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 nicht abgebildet. Die Eintragung des Mitvertriebs ist bei solchen Zulassungen daher nicht möglich und in der Praxis lehnt für zentral zugelassene Arzneimittel die zuständige europäische Agentur (EMA) die Eintragung eines (Mit-) Vertriebsrechts ab. Eintragungsfähig ist lediglich der örtliche Vertreter i.S. des Gemeinschaftsrechts, der nach teilweise vertretener Auffassung nicht einmal deckungsgleich mit dem örtlichen Vertreter im Sinne des §&8201;9 Abs.&8201;2 sein muss (so Brixius in: Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, AMG § 4, beck-online). Diese Ausgangslage legt es nahe, Unternehmen, denen Parallel- oder Mitvertriebsrechte eingeräumt sind, in der zentralen Zulassung (wenigstens) als örtliche Vertreter zu benennen.

Die Klägerin zu 2) kann sich für ihre Gegenauffassung, wonach sie nur örtliche(r) Vertreter(in) sein soll, nicht auf die Einschätzung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 6. April 2017 berufen. Zum einen bindet diese Stellungnahme den Senat nicht. Es handelt sich um eine rechtliche Einschätzung. Zugleich ist die dort getroffene Interpretation der §§ 10 und 11 AMG gerade nicht die einzig mögliche, zumal auch das BfArM darauf hinweist, dass das europäische Recht den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers nicht kennt. Soweit das BfArM darauf verweist, der örtliche Vertreter sei deshalb nicht pharmazeutischer Unternehmer, weil er das Arzneimittel nicht im eigenen Namen in den Verkehr bringe, sondern im Namen des Zulassungsinhabers, entspricht das der herrschenden Auffassung im Arzneimittelrecht und steht nicht im Widerspruch zur Überzeugung des Senats.

cc) Die Klägerinnen sind schließlich auch als pharmazeutische Unternehmer i.S. des § 130a SGB V rabattpflichtig. Das ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Preis- und Rabattvorschriften des SGB V. Nach diesen können auch örtliche Vertreter i.S. des AMG, die gleichzeitig pharmazeutische Unternehmer sind, zur Zahlung des Herstellerrabatts (§ 130a Abs. 1 SGB V) verpflichtet sein. Die Rabattpflicht gilt für sämtliche Arzneimittel, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz bestimmt sind (§ 78 Abs. 3 AMG). Eine Abgabe im Inland löst die Rabattpflicht des pharmazeutischen Unternehmers aus (vgl. § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V). Anknüpfungspunkt für die Rabatte ist daher allein die Abgabe von Arzneimitteln im Geltungsbereich der Preisvorschriften des AMG. Um die Erstattung des Abschlags nach § 130a SGB V durch den pharmazeutischen Unternehmer sicherzustellen, erhalten die pharmazeutischen Unternehmer von der I GmbH die PZN (dazu bereits oben). Anhand der PZN identifizieren die Apothekenabrechnungsstellen den "Pharmazeutischen Unternehmer". Die I GmbH hält u.a. die PZN in den Artikeldaten ihrer Datenbank bereit. Wer als Anbieter die für die Vergabe der PZN erforderliche Meldung vornimmt, wird als rabattpflichtiger pharmazeutischer Unternehmer geführt (Dietel/Hußmann, PharmR 2010, 619, 621), m.a.W. ist die PZN keine arzneimittelrechtliche, sondern eine sozialrechtliche Kennzeichnung, die der pharmazeutische Unternehmer gemäß § 131 Abs. 5 SGB V schuldet (Dietel/Hußmann, PharmR 2010, 619, 620). Gemäß dieser Mechanik kann das sogar ein i.S. des AMG örtlicher Vertreter des Zulassungsinhabers sein (so z.B. im Fall von OLG Braunschweig, Urteil vom 17. Mai 2018 – 2 U 54/15, NJOZ 2019, 92 Rn. 102, 161/162, beck-online). Unter Berücksichtigung der rechtlichen und vertraglichen Grundlagen für die Aufnahme von Artikeldaten in die Datenbank der I-GmbH ist davon auszugehen, dass die Angaben der Klägerinnen, die eine PZN beantragt haben, zutreffend erfolgt sind. Nach den vertraglichen Grundlagen haben sich Anbieter/pharmazeutische Unternehmen gegenüber der I GmbH verpflichtet, vollständige und zutreffende Angaben, gemessen an den Voraussetzungen des AMG, SGB V und weiterer arzneimittelpreisrechtlicher Bestimmungen zu tätigen (vgl. § 7 Abs. 5 Mustervertrag). Bereits aufgrund dieser Angaben ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen für Humalog® und Liprolog® im Rahmen des § 130a SGB V als pharmazeutische Unternehmer ungeachtet ihrer (weiteren) Eigenschaft als örtliche Vertreter anzusehen sind.

dd) Da sich die Klägerinnen im Geltungsbereich des SGB V auch an anderer Stelle wie pharmazeutische Unternehmer gerieren, ist es zumindest widersprüchlich, wenn sie in Zusammenhang mit der Abschlagspflicht nach § 130a Abs. 3b SGB V ihre Eigenschaft als solche abstreiten. Sie sind den zuständigen Stellen als Anbieter der beiden Präparate gegenüber getreten. Sie haben aktiv agiert und halten sich nicht etwa nur als "Kontaktstelle" und Ansprechpartner für Ärzte und Versicherte bereit. So hat, worauf die Beklagte – von der Klägerin zu 2) unwidersprochen – hingewiesen hat, diese sich die Wortmarke "Liprolog" als Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen. Die Klägerin zu 1) hat sich im Stellungnahmeverfahren zur Festbetragsfestsetzung gegenüber dem Beklagten selbst als pharmazeutischer Unternehmer für das von ihr vertriebene Präparat bezeichnet Gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss haben beide Klägerinnen in Zusammenhang mit der Bildung von Festbetragsgruppen ausführliche Stellungnahmen abgegeben, die Klägerinnen haben zudem Rabattverträge (§ 130a Abs. 8 SGB V) geschlossen. Schließlich hat die Klägerin zu 1) gegen einen Verordnungsausschluss durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für Humalog® 2006 als pharmazeutischer Unternehmer geklagt (Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin, S 83 KA 588/07). Soweit sie nun der Meinung sind, dies sei alles ohne Relevanz für ihre Eigenschaft als Rabattpflichtige im Rahmen des § 130a Abs. 3b SGB V, folgt dem der Senat nicht.

ee) Es entspricht schließlich Sinn und Zweck und der Regelungsabsicht der Rabattregelung des § 130a Abs. 3b SGB V, dass die Klägerinnen den Rabatt schulden und nicht Dritte, insbesondere die Zulassungsinhaberin E L N B.V. Im Unterschied zur Bestimmung des pharmazeutischen Unternehmers i.S. des § 4 Abs. 18 AMG, wonach dieser als Adressat zahlreicher im Interesse der Arzneimittelsicherheit bestehender Verpflichtungen im Mittelpunkt steht (dazu Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, § 5 Rn. 4), verfolgt die Abschlagspflicht des § 130a Abs. 3b SGB V das Ziel, Einsparpotentiale auf dem generikafähigen Markt zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen zu erschließen. Speziell im Bereich der Generika waren bis zur Neuregelung des § 130a SGB V mit dem Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24. Juli 2010 (BGB. I, S. 983 ff.) Zuwendungen seitens der Apotheken regelmäßig von den pharmazeutischen Unternehmern gefordert worden. Die Regelung des § 130a Abs. 3b SGB V diente der Verlagerung dieser praktisch verbreiteten Nachlässe von den Apotheken auf die Krankenkassen (Luthe, SGb 2011, 316, 320 unter Berufung auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/194 S. 10/11). In diesem Dienst stehen die einzelnen Tatbestandsmerkmale. Da der Preiswettbewerb auf dem Generikamarkt nicht nur jenen zwischen Originalpräparaten und Generika erfasst, sondern auch Generika untereinander und da zudem die Wettbewerbssituation vielfältigen, darunter auch ökonomischen Entwicklungen unterliegt, hat der Gesetzgeber die Abschlagspflicht sachlich an die normativ bestimmten Tatbestandsmerkmale der Patentfreiheit und Wirkstoffgleichheit geknüpft (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 45, juris). In personeller Hinsicht sah er sich mit dem pharmazeutischen Unternehmer als Rabattpflichtigen vielfältigen und stets wandelbaren Vertriebsmöglichkeiten gegenüber. Erfasst werden sollen die bekannten Wettbewerbssituationen, die der Grund für die Abschlagspflicht waren (dazu oben) oder aber diesen vergleichbar sind. So war die ökonomisch motivierte fiktive Wettbewerbssituation der Grund dafür, auch Bioidenticals zu den patentfreien wirkstoffgleichen Arzneimittel zu rechnen, obwohl es sich um zwei identische (Original-) Arzneimittel handelte (BSG, aaO). Diese Sichtweise muss auf die Personen der Rabattpflichtigen übertragen bzw. schlicht konsequent weitergeführt werden. Wird speziell durch das gewählte Vertriebsmodell eine Situation geschaffen, die derjenigen nahekommt, die Grund für das Verbot von Naturalrabatten für Arzneimittel an Apotheken und der Abschlagspflicht im Sinne eines funktionsfähigen Preiswettbewerbs ist, kann es gerechtfertigt sein, die beteiligten Vertriebsunternehmen der Abschlagspflicht zu unterwerfen. Rabattpflichtig ist, wer den Apothekenabgabepreis bestimmt, an den die Preisvorschriften des AMG anknüpfen. Die Klägerinnen (und nicht E L Ne B.V.) treten mit ihrem Vertriebsmodell mit zwei pharmakologisch identischen Arzneimitteln im Wettbewerb auf dem Arzneimittelmarkt und im Versorgungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung als Konkurrentinnen der beiden Arzneimittel auf. Sie geben die Arzneimittel im Inland unter einer jeweils eigenen PZN ab. Sie setzen den nach § 78 Abs. 3 AMG – auch für die GKV maßgeblichen – einheitlichen Abgabepreis fest. Sie sind gerade nicht bloße Großhändler, die grundsätzlich nicht abschlagspflichtig sind und wenn, dann nur i.S. eines für sie durchlaufenden Postens (vgl. für den Herstellerabschlag § 130a Abs. 1 Sätze 4 und 5 und § 130a Abs. 7 SGB V mit der Pflicht des pharmazeutischen Unternehmers, ihn nach § 130a Abs. 7 Satz 2 SGB V im Wege der Verrechnung zu tragen). Es besteht, so die Klägerinnen unter Berufung auf ihr Vertriebsmodell als nur örtliche VertreterInnen nicht der Abschlagspflicht unterfallen, am Markt die Arzneimittel aber wie solche vertreiben, die Gefahr einer unerwünschten Rabattsituation zugunsten von Apotheken, wie sie § 130a Abs. 3b SGB V gerade verhindern will (vgl. BSG, aaO, Rn. 52). Werden die Klägerinnen trotz ihres Vertriebsmodells nicht einbezogen, droht eine Umgehung der gesetzlichen Regelung.

Dem dürfte die Auffassung des OLG Braunschweig entsprechen, wenn es ausführt: Sinn und Zweck der Abschlagspflicht nach § 130a Abs. 1 und Abs. 3 SGB V (Herstellerabschlag) rechtfertigen es, denjenigen mit der Abschlagspflicht zu belegen, der den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers für den deutschen Markt festlegt und beim Verkauf an deutsche Großhändler vereinnahmt (OLG Braunschweig, NJOZ 2019, 92 Rn. 120, beck-online). Das sind im Bereich des § 130a Abs. 3b SGB V aber die beiden Klägerinnen.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung bestehen nicht. Die Vertriebsunternehmen haben es, worauf das BSG bereits hingewiesen hat, in der Hand, durch Änderung ihrer Vertriebsmodelle, der Abschlagspflicht zu entgehen (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2018 – B 3 KR 11/17 R, Rn. 52, juris).

c) Aus europarechtlichen Regelungen ergibt sich insoweit nichts anderes. Hervorzuheben ist dabei, dass der im AMG und SGB V verwendete Begriff des pharmazeutischen Unternehmers, an den sich verschiedene Handlungspflichten und Verantwortlichkeiten knüpfen, den einschlägigen europarechtlichen Regelungen fremd ist (vgl. Bakhschai, a.a.O., S. 95, dazu auch oben bb). Schon daher kann Europarecht nicht entscheidend auf das Verständnis eines im nationalen Recht verwendeten Begriffs einwirken, wie es aber die Klägerinnen behaupten.

Es sind vielmehr keine europarechtlichen Regelungen ersichtlich, die verbieten würden, (auch) die Klägerinnen als Vertriebsunternehmen für Humalog® und Liprolog® und damit als pharmazeutische Unternehmer im Sinne deutschen Rechts anzusehen.

Nichts Entscheidendes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerinnen aus Artikel 1 Ziffer 18a der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel. Dort enthalten ist lediglich eine Definition des "Vertreters des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen". Mit "Genehmigung für das Inverkehrbringen" ist die arzneimittelrechtliche Zulassung im Sinne von Artikel 6 ff. der Richtlinie gemeint. Keine Aussage trifft der Gemeinschaftskodex insoweit zu der Frage, ob ein örtlicher Vertreter im Recht des Mitgliedsstaates auch als pharmazeutischer Unternehmer angesehen werden darf (dazu bereits oben bb).

II. Im Hinblick auf die Eigenschaft der Klägerinnen als abschlagspflichtige pharmazeutische Unternehmer war E L N B.V. in dem Verfahren nicht beizuladen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved