Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
44
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 44 R 1011/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die für das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten der Sachverständigen N zu erstattenden Kosten werden auf 0,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI. Diesbezüglich steht zwischen den Beteiligten insbesondere im Streit, ob bzw. in welchem Umfang das Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt ist. Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes hat das Gericht zunächst den Psychiater I, den Orthopäden P sowie den InternistenG gemäß § 106 SGG als Sachverständige gehört. Sodann beantragte der Kläger, den Orthopäden X sowie die Psychiaterin N als Sachverständige gemäß § 109 SGG zu hören. Um Kosteneinschätzung gebeten, teilte N mit, dass sie von einem Arbeitsumfang von ca. 40 bis 50 Sachverständigenstunden (zzgl. Post, Kopie, Schreibgebühr) ausgehe. X bezifferte einen Betrag von 2.000,00 – 2.250,00 EUR (zzgl. Mwst.). Aufgrund dieser Angaben wurden von dem Kläger Kostenvorschüsse in Höhe von 3.250,00 EUR (orthopädisches Gutachten) und 5.000,00 EUR (psychiatrisches Gutachten) angefordert. Nach deren Eingang wurden der Orthopäde X - als Hauptgutachter - sowie die Psychiaterin N – als Zusatzgutachterin - beauftragt, medizinische Sachverständigengutachten über den Kläger zu erstellen. Hinsichtlich der konkreten Beweisfragen wird auf den Beschluss vom 06.01.2017 (Bl. 322 ff der Gerichtsakte) verwiesen.
Unter dem 15.08.2017 teilte der Hauptgutachter X mit, dass die Zusatzgutachterin ein 23-seitiges Anschreiben vom 06.07.2017 übersandt hätte, in welchem wiederholt auf ein "Gutachten in Langform" verwiesen werde, welches jedoch nicht vorläge. Er bat darum, diese "Gutachten in Langform" von der Zusatzgutachterin anzufordern.
Auf die entsprechende Anforderung des Gerichts verwies die Zusatzgutachterin hinsichtlich ihres Untersuchungsergebnisses auf das als "Kurzgutachten" bezeichnete Schreiben vom 06.07.2017 und führt weiter aus: "Der Hinweis auf das Fachgutachten in Langform steht hiermit in Zusammenhang und stellt eine dezidierte Abbildung der einzelnen gutachterlichen Untersuchungsergebnisse, u.a. Ergebnisse aus den diagnostischen und differentialdiagnostischen Verfahren dar, aus den explorativen Untersuchungsergebnissen sowie ihrer Zusammenhänge u.a ... Weiterhin sind aus dem Fachgutachten Langform dezidiert die Entwicklungsverläufe hinsichtlich der Krankheitszustände, ihrer Kausalitäten sowie ihrer fortlaufenden Kausalität zur beruflichen Leistungsfähigkeit im Detail abgebildet bzw. dezidiert sachverständigerseits erörtert worden."
Für den Fall, dass das Gericht die Vorlage des "Fachgutachtens Langform" wünsche, bat die Zusatzgutachterin um weitere Kostenzusage, da der Kostenvorschuss von 5.000,00 bereits ausgeschöpft sei und die Ausfertigung des "Fachgutachtens Langform" weitere ca. 20 -25 Stunden in Anspruch nehmen werde.
Mit Kostenrechnung vom 04.10.2017 macht die Zusatzgutachterin N Kosten in Höhe von 5.376,53 EUR geltend.
Mit Schreiben vom 09.11.2017 wies das Gericht die Sachverständige N darauf hin, dass das "Kurzgutachten" nicht verwertbar sei und setzte eine Nachfrist von drei Wochen um die benannten Mängel zu beheben.
Die Nachbesserungsfrist verstrich ergebnislos.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Entscheidung beruht auf § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 JVEG. Hiernach erhält der Berechtigte, wenn er eine mangelhafte Leistung erbracht hat, eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist. Vorliegend ist der Vergütungsanspruch nach dieser Regelung auf Null zu reduzieren, da die Leistung der Sachverständigen N völlig unverwertbar ist. Ein vom Sachverständigen erstelltes Gutachten gilt im Sinne des § 8a Abs. 2 S. 2 JVEG als verwertbar, wenn das Gericht die Leistung des Sachverständigen berücksichtigt (LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 22.02.2016 - L 5 KR 269/15 B - ; OLG Hamm Beschluss vom 08.07.2016 – II-6 WF 336/15 –).
Eine Berücksichtigung der von der SachverständigenN getroffenen Feststellungen ist mangels Nachprüfbarkeit nicht möglich.
Gemäß § 128 Abs. 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung. Dies beinhaltet, die erhobenen Beweise dahingehend zu würdigen, ob die maßgebenden Tatsachen mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststehen (BSG Urteil vom 04.06.2002 – B 2 U 16/01 R –). Hierbei darf das Tatsachengericht das Gutachtenergebnis nicht einfach übernehmen, sondern muss es kritisch nachvollziehen und überprüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 128 Rn. 7). Eine solche kritische Überprüfung der von der Sachverständigen N mitgeteilten Untersuchungsergebnisse ist dem Gericht vorliegend unmöglich.
Das allein vorgelegte "Kurzgutachten" vom 06.07.2017 ist bereits sprachlich kaum nachvollziehbar. Vor allem aber ist es insoweit unvollständig, als es nicht benennt, welche Testverfahren im Falle des Klägers konkret angewandt wurden und mit welchen Ergebnissen. Ebenso fehlt eine Darstellung und Auswertung des Tagesablaufs des Klägers. Auch wird nicht im Einzelnen begründet, aufgrund welcher konkreten Symptome die in der ICD 10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) zugrunde gelegten Krankheitsmerkmale als erfüllt erachtet werden.
Aufgrund dieser Mängel ist es dem Gericht unmöglich, die im Rahmen des "Kurzgutachtens" mitgeteilten Begutachtungsergebnisse auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen und einer Beweiswürdigung zu unterziehen.
Eine Nachbesserung durch die Sachverständige erfolgte trotz entsprechender Aufforderung unter Fristsetzung nicht.
Schließlich konnte die Sachverständige N die erbetene Nachbesserung nicht zulässigerweise davon abhängig machen, dass ihr eine Übernahme weiterer Kosten vorab zugesichert wird. Gemäß § 118 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO ist der Sachverständige verpflichtet, rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn Kosten entstehen, die einen angeforderten Vorschuss erheblich übersteigen. Erfolgt dies nicht, so ist die Vergütung gemäß § 7a Abs. 4 JVEG auf den Auslagenvorschuss gedeckelt.
Hier hat die Sachverständige den angeforderten Vorschuss von 5.000,00 EUR bereits mit Erstellung ihres "Kurzgutachtens" überstiegen. Bei einem geschätztem Mehraufwand von 20 bis 25 Stunden und unter Zugrundelegung eines Stundenhonorars von 70,00 EUR (Honorargruppe M2 nach Anlage 1 JVEG und § 9 JVEG) beliefen sich die Mehrkosten für die Erstellung eines "Langgutachtens" auf 1.400,00 EUR bis 1.750 EUR (zzgl. Schreib- und Kopierkosten). Auf diese erheblichen Mehrkosten von deutlich mehr als 20 % des Vorschusses hat die Zusatzgutachterin nicht rechtzeitig hingewiesen.
Im Ergebnis ist damit eine Kostenübernahme oberhalb des Auslagenvorschusses nach § 8 Abs. 4 JVEG ausgeschlossen. Das im Rahmen des Vorschusses geleistete Kurzgutachten ist gänzlich unverwertbar und gemäß § 8a Abs. 2 Nr. 2 JVEG nicht zu vergüten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI. Diesbezüglich steht zwischen den Beteiligten insbesondere im Streit, ob bzw. in welchem Umfang das Leistungsvermögen des Klägers eingeschränkt ist. Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes hat das Gericht zunächst den Psychiater I, den Orthopäden P sowie den InternistenG gemäß § 106 SGG als Sachverständige gehört. Sodann beantragte der Kläger, den Orthopäden X sowie die Psychiaterin N als Sachverständige gemäß § 109 SGG zu hören. Um Kosteneinschätzung gebeten, teilte N mit, dass sie von einem Arbeitsumfang von ca. 40 bis 50 Sachverständigenstunden (zzgl. Post, Kopie, Schreibgebühr) ausgehe. X bezifferte einen Betrag von 2.000,00 – 2.250,00 EUR (zzgl. Mwst.). Aufgrund dieser Angaben wurden von dem Kläger Kostenvorschüsse in Höhe von 3.250,00 EUR (orthopädisches Gutachten) und 5.000,00 EUR (psychiatrisches Gutachten) angefordert. Nach deren Eingang wurden der Orthopäde X - als Hauptgutachter - sowie die Psychiaterin N – als Zusatzgutachterin - beauftragt, medizinische Sachverständigengutachten über den Kläger zu erstellen. Hinsichtlich der konkreten Beweisfragen wird auf den Beschluss vom 06.01.2017 (Bl. 322 ff der Gerichtsakte) verwiesen.
Unter dem 15.08.2017 teilte der Hauptgutachter X mit, dass die Zusatzgutachterin ein 23-seitiges Anschreiben vom 06.07.2017 übersandt hätte, in welchem wiederholt auf ein "Gutachten in Langform" verwiesen werde, welches jedoch nicht vorläge. Er bat darum, diese "Gutachten in Langform" von der Zusatzgutachterin anzufordern.
Auf die entsprechende Anforderung des Gerichts verwies die Zusatzgutachterin hinsichtlich ihres Untersuchungsergebnisses auf das als "Kurzgutachten" bezeichnete Schreiben vom 06.07.2017 und führt weiter aus: "Der Hinweis auf das Fachgutachten in Langform steht hiermit in Zusammenhang und stellt eine dezidierte Abbildung der einzelnen gutachterlichen Untersuchungsergebnisse, u.a. Ergebnisse aus den diagnostischen und differentialdiagnostischen Verfahren dar, aus den explorativen Untersuchungsergebnissen sowie ihrer Zusammenhänge u.a ... Weiterhin sind aus dem Fachgutachten Langform dezidiert die Entwicklungsverläufe hinsichtlich der Krankheitszustände, ihrer Kausalitäten sowie ihrer fortlaufenden Kausalität zur beruflichen Leistungsfähigkeit im Detail abgebildet bzw. dezidiert sachverständigerseits erörtert worden."
Für den Fall, dass das Gericht die Vorlage des "Fachgutachtens Langform" wünsche, bat die Zusatzgutachterin um weitere Kostenzusage, da der Kostenvorschuss von 5.000,00 bereits ausgeschöpft sei und die Ausfertigung des "Fachgutachtens Langform" weitere ca. 20 -25 Stunden in Anspruch nehmen werde.
Mit Kostenrechnung vom 04.10.2017 macht die Zusatzgutachterin N Kosten in Höhe von 5.376,53 EUR geltend.
Mit Schreiben vom 09.11.2017 wies das Gericht die Sachverständige N darauf hin, dass das "Kurzgutachten" nicht verwertbar sei und setzte eine Nachfrist von drei Wochen um die benannten Mängel zu beheben.
Die Nachbesserungsfrist verstrich ergebnislos.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Entscheidung beruht auf § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 JVEG. Hiernach erhält der Berechtigte, wenn er eine mangelhafte Leistung erbracht hat, eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist. Vorliegend ist der Vergütungsanspruch nach dieser Regelung auf Null zu reduzieren, da die Leistung der Sachverständigen N völlig unverwertbar ist. Ein vom Sachverständigen erstelltes Gutachten gilt im Sinne des § 8a Abs. 2 S. 2 JVEG als verwertbar, wenn das Gericht die Leistung des Sachverständigen berücksichtigt (LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 22.02.2016 - L 5 KR 269/15 B - ; OLG Hamm Beschluss vom 08.07.2016 – II-6 WF 336/15 –).
Eine Berücksichtigung der von der SachverständigenN getroffenen Feststellungen ist mangels Nachprüfbarkeit nicht möglich.
Gemäß § 128 Abs. 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung. Dies beinhaltet, die erhobenen Beweise dahingehend zu würdigen, ob die maßgebenden Tatsachen mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststehen (BSG Urteil vom 04.06.2002 – B 2 U 16/01 R –). Hierbei darf das Tatsachengericht das Gutachtenergebnis nicht einfach übernehmen, sondern muss es kritisch nachvollziehen und überprüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 128 Rn. 7). Eine solche kritische Überprüfung der von der Sachverständigen N mitgeteilten Untersuchungsergebnisse ist dem Gericht vorliegend unmöglich.
Das allein vorgelegte "Kurzgutachten" vom 06.07.2017 ist bereits sprachlich kaum nachvollziehbar. Vor allem aber ist es insoweit unvollständig, als es nicht benennt, welche Testverfahren im Falle des Klägers konkret angewandt wurden und mit welchen Ergebnissen. Ebenso fehlt eine Darstellung und Auswertung des Tagesablaufs des Klägers. Auch wird nicht im Einzelnen begründet, aufgrund welcher konkreten Symptome die in der ICD 10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) zugrunde gelegten Krankheitsmerkmale als erfüllt erachtet werden.
Aufgrund dieser Mängel ist es dem Gericht unmöglich, die im Rahmen des "Kurzgutachtens" mitgeteilten Begutachtungsergebnisse auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen und einer Beweiswürdigung zu unterziehen.
Eine Nachbesserung durch die Sachverständige erfolgte trotz entsprechender Aufforderung unter Fristsetzung nicht.
Schließlich konnte die Sachverständige N die erbetene Nachbesserung nicht zulässigerweise davon abhängig machen, dass ihr eine Übernahme weiterer Kosten vorab zugesichert wird. Gemäß § 118 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO ist der Sachverständige verpflichtet, rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn Kosten entstehen, die einen angeforderten Vorschuss erheblich übersteigen. Erfolgt dies nicht, so ist die Vergütung gemäß § 7a Abs. 4 JVEG auf den Auslagenvorschuss gedeckelt.
Hier hat die Sachverständige den angeforderten Vorschuss von 5.000,00 EUR bereits mit Erstellung ihres "Kurzgutachtens" überstiegen. Bei einem geschätztem Mehraufwand von 20 bis 25 Stunden und unter Zugrundelegung eines Stundenhonorars von 70,00 EUR (Honorargruppe M2 nach Anlage 1 JVEG und § 9 JVEG) beliefen sich die Mehrkosten für die Erstellung eines "Langgutachtens" auf 1.400,00 EUR bis 1.750 EUR (zzgl. Schreib- und Kopierkosten). Auf diese erheblichen Mehrkosten von deutlich mehr als 20 % des Vorschusses hat die Zusatzgutachterin nicht rechtzeitig hingewiesen.
Im Ergebnis ist damit eine Kostenübernahme oberhalb des Auslagenvorschusses nach § 8 Abs. 4 JVEG ausgeschlossen. Das im Rahmen des Vorschusses geleistete Kurzgutachten ist gänzlich unverwertbar und gemäß § 8a Abs. 2 Nr. 2 JVEG nicht zu vergüten.
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