L 11 KR 231/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 31 KR 2687/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 231/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10. März 2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die alleinige Beitragstragung in der gesetzlichen Krankenversicherung aus seinen Versorgungsbezügen.

Der am 00.00.1958 geborene Kläger ist langjährig bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert; seit dem 24. August 2018 ist er bei ihr pflichtversichert in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Die Mitgliedschaft ab diesem Zeitpunkt wurde durch die Beklagte auch entsprechend festgestellt.

Der Kläger bezieht seit dem 1. Februar 2018 Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge von der Beklagten, der DAK-Gesundheit, bei der er zuvor abhängig beschäftigt war, sowie seit dem 1. August 2018 eine Betriebsrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Hinsichtlich der monatlichen Auszahlungen wird auf die von ihm vorgelegten Unterlagen der Beklagten und der VBL Bezug genommen. Über den gesamten Zeitraum der Ansparphase wurden die jeweilige Beitragszahlung sowohl durch den Kläger als auch durch seine Arbeitgeberin finanziert.

Seit August 2018 werden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von den jeweiligen Zahlstellen aus den Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge errechnet, einbehalten und direkt an die Beklagte abgeführt. Beitragsbescheide erließ die Beklagte insofern nicht. Sie nutzt stattdessen das sog. Zahlstellenverfahren nach §§ 202, 256 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Der Kläger beantragte bei der Beklagten die Erstattung der seiner Ansicht nach zu viel abgeführten Krankenversicherungsbeiträge ab August 2018 sowie eine Reduzierung derselben ab Januar 2019 (Schreiben vom 30. Dezember 2018). Im Rahmen der erhaltenen Versorgungsbezüge verstoße seine alleinige Belastung mit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Es liege eine Ungleichbehandlung gegenüber den Beziehern einer knappschaftlichen Rente vor. Die knappschaftliche Rente sei zugleich gesetzliche Rente und betriebliche Altersvorsorge. Die Krankenversicherungsbeiträge der knappschaftlichen Rentenversicherung würden jedoch nur zur Hälfte durch den Rentenbezieher und zur anderen Hälfte durch die knappschaftliche Rentenversicherung getragen.

Die Beklagte lehnte die rückwirkende Korrektur der Beitragstragung ab (Bescheid vom 5. Februar 2019). Mit Wirkung vom 1. Januar 2004 habe der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung die Regelungen zur Beitragserhebung neu geregelt. Für versicherungspflichtige Versicherte gelte für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der allgemeine Beitragssatz von zurzeit 16,1%. Dieser Beitragssatz gelte auch für den Kläger als pflichtversicherten Rentner.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 10. Februar 2019 Widerspruch ein. Die ungleiche Beitragserhebung aus seinen Versorgungsbezügen/Betriebsrenten im Verhältnis zu der betrieblichen Altersversorgung der Bergleute stelle einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar.

Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2019). Die Voraussetzungen für einen Beitragserstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) lägen nicht vor. Es sei kein Grund ersichtlich, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu Unrecht entrichtet worden seien. Bei krankenversicherungspflichtigen Rentnern unterlägen neben der Rente auch rentenvergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht zur Krankenversicherung, § 237 i.V.m. § 229 SGB V. Für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen gelte der allgemeine kassenindividuelle Beitragssatz, § 248 SGB V. Nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V würden Versicherungspflichtige die Beiträge aus den Versorgungsbezügen allein tragen. Eine hälftige Tragung der Beiträge durch den Kläger und eine andere Stelle/Institution sei nicht vorgesehen. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelung sei durch das Bundessozialgericht (BSG) bereits mehrfach bestätigt worden. Insbesondere verstoße die unterschiedliche Beitragslast bei Versorgungsbezügen einerseits und Arbeitsentgelt sowie Renten andererseits nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Bei der Rente der Bergleute nach § 45 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) handele es sich um eine besondere Form der Erwerbsminderungsrente, die Teil der knappschaftlichen Versorgung sei. Diese gesetzlich geregelte Rente falle nach § 228 Abs. 1 SGB V unter die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 249a Satz 1 SGB V trügen Versicherungspflichtige, die eine Rente nach § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB V bezögen, und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu bemessenen Beiträgen jeweils zur Hälfte.

Dagegen hat sich der Kläger am 5. August 2019 mit seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen gewandt. Es sei unstreitig, dass seine Versorgungsbezüge neben der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung unterfielen. Jedoch würden die Beiträge nach dem allgemeinen Beitragssatz berechnet und vollständig von ihm allein getragen. In der knappschaftlichen Rentenversicherung gelte nicht nur ein höherer Beitragssatz als in der allgemeinen Rentenversicherung, sondern auch eine höhere Beitragsbemessungsgrenze. Die knappschaftliche Rente stelle ihrer Funktion nach sowohl eine gesetzliche Rente als auch eine betriebliche Altersversorgung dar. Auf den betrieblichen Altersversorgungsanteil müssten die Versicherten auch nur den hälftigen Beitragsanteil tragen, worin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liege.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Februar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2019 zu verurteilen, die hälftigen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung aus den Versorgungsbezügen der VBL und der DAK-Gesundheit für den Zeitraum seit August 2018 zu erstatten sowie festzustellen, dass er zukünftig nur die hälftigen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Begründung im Rahmen ihrer angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Das SG hat die Unterlagen hinsichtlich der streitbefangenen Versorgungsbezüge beigezogen und die Klage mit Urteil vom 10. März 2020 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 14. März 2020 zugestellte Urteil hat sich der Kläger mit seiner Berufung zum Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) am 27. März 2020 gewandt. Zur Begründung wiederholt er seinen bisherigen Vortrag.

Der Kläger beantragt nach Rücknahme der gleichfalls erhobenen Feststellungsklage im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 14. Oktober 2020 schriftsätzlich sinngemäß nunmehr,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10. März 2020 zu ändern, den Bescheid vom 5. Februar 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die hälftigen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung aus den Versorgungsbezügen der VBL und der Beklagten für den Zeitraum seit August 2018 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das Urteil des SG als zutreffend. Ergänzend verweist sie darauf, dass die grundsätzliche Beitragspflicht vorliegend nicht streitig sei. Im Rahmen des Zahlstellenverfahrens sei zudem der Erlass eines Beitragsbescheides nicht erforderlich. Nach der gesetzlichen Konzeption habe die jeweilige Zahlstelle dem Kläger entsprechende Mitteilungen über den Einbehalt der Beiträge und deren genaue Höhe zu übersenden.

Der Senat hat am 14. Oktober 2020 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt. Darin hat der Kläger bekräftigt, dass er sich nicht gegen die Erhebung von Beiträgen zur sozialen Pflegeversicherung wende. Auch die Berechnung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung greife er nicht an. Es gehe um das Ausmaß der Zahlungspflicht dem Grunde nach. Im Termin sind die Beteiligten ferner dazu angehört, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da die Berufsrichter sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGG).

Gegenstand der Berufung ist der Bescheid vom 5. Februar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2019, mit welchem die Beklagte den Antrag auf rückwirkende Erstattung der hälftigen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung - berechnet aus den beiden Versorgungsbezügen des Klägers - abgelehnt hat. Nicht Gegenstand der Berufung ist zum einen die Betragserhebung zur sozialen Pflegeversicherung sowie nach entsprechender Rücknahme des feststellenden Antrages zum anderen die Frage, ob der Kläger zukünftig nur den hälftigen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung aus seinen Versorgungsbezügen zu entrichten hat. Darüber wird zunächst die Beklagte im Rahmen des noch offenen Verwaltungsverfahrens befinden.

Die am 27. März 2020 schriftlich eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 14. März 2020 zugestellte Urteil des SG Gelsenkirchen vom 10. März 2020 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).

Die Berufung ist jedoch unbegründet, denn das SG hat die zulässig erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG) zu Recht als unbegründet abgewiesen, da der angefochtene Bescheid vom 5. Februar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 2019 den Kläger nicht gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG in seinen Rechten verletzt. Der Bescheid erweist sich nicht als rechtswidrig. Dem Kläger steht nämlich kein Anspruch auf rückwirkende Erstattung der hälftigen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, berechnet aus seinen Versorgungsbezügen, seit August 2018 zu.

Nach § 26 Abs. 2 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum für die die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

Zunächst ist § 26 Abs. 2 SGB IV im Rahmen des vorliegend angewandten Zahlstellenverfahrens nach § 256 SGB V anwendbar. Vorliegend beruht die durch den Kläger behauptete Überzahlung nämlich gerade nicht darauf, dass aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Einkommensarten insgesamt beitragspflichtige Einnahmen über der Einkommensbemessungsgrenze hinaus zu Beiträgen herangezogen werden. Für diese Konstellation wäre vorrangig § 231 Abs. 1 SGB V heranzuziehen, während vorliegend die Beklagte zu Recht auf § 26 Abs. 2 SGB IV zurückgegriffen hat (Peters in: jurisPK-SGB V, 4. Auflage 2020, § 256 Rdnr. 51 m.w.N.).

Der Antrag wurde durch den Kläger auch zutreffend an die Beklagte und nicht an die jeweils abführenden Zahlstellen gestellt, denn nach § 256 Abs. 2 Satz 4 SGB V obliegt die Erstattung von Beiträgen der zuständigen Krankenkasse. Eine (fakultative) abweichende Vereinbarung zwischen der Beklagten und den betroffenen Zahlstellen gemäß § 256 Abs. 2 Satz 5 SGB V ist weder erkennbar noch von den Beteiligten vorgetragen.

Der Senat kann zudem offenlassen, ob die Verfallklausel nach § 26 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB IV auch bei (vorliegend möglicher) Erbringung von Sachleistungen eingreift (dagegen: BSG, Urteil vom 25. April 1991 - 12 RK 40/90 - BSGE 68, 264), denn der Kläger hat die Beitragszahlung nicht zu Unrecht geleistet.

§ 26 Abs. 2 SGB IV ist eine spezialgesetzliche Ausprägung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Es soll eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung ausgeglichen werden (Waßer in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 26 Rdnr. 25). Beiträge sind insofern dann zu Unrecht entrichtet, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Entrichtung mangels Versicherungs- und Beitragspflicht dem Grunde oder der Höhe nach ohne Rechtsgrund gezahlt worden sind (BSG, Urteil vom 31. März 2015 - B 12 AL 4/13 R - BSGE 118, 213; BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 - B 12 KR 9/16 R - BSGE 123, 180; Waßer a.a.O., § 26 Rdnr. 70). Ohne Rechtsgrund sind die Beiträge abgeführt, wenn für die Zahlung weder ein formaler noch ein materiell-rechtlicher Grund gegeben war. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unrechtmäßigkeit der Beitragszahlung ist derjenige der Entrichtung (Waßer a.a.O., § 26 Rdnr. 70).

Der Beitragsentrichtung fehlt es zunächst nicht deshalb an einem (formellen) Rechtsgrund, weil dieser kein bestandskräftiger Verwaltungsakt der Beklagten zugrunde gelegen hat. Zwar bildet ein solcher Verwaltungsakt stets eine formale Rechtsgrundlage für die Beitragszahlung, die vor einer Beitragserstattung nach § 26 Abs. 2 SGB IV zu beseitigen ist (Waßer a.a.O., § 26 Rdnr. 78), jedoch bedarf es dessen im Rahmen des angewandten Zahlstellenverfahrens nicht. Nachdem die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers zum 24. August 2018 dem Grunde nach verbindlich festgestellt hat, konnte der Beitragseinbehalt durch die zuständigen Zahlstellen vollzogen werden, ohne dass es noch einer bescheidmäßigen Festsetzung des Beitragstatbestandes durch die Beklagte bedurft hätte (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 KR 23/12 R - SozR 4-2400 § 22 Nr. 4, Rdnr. 26; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juli 2005 - L 5 KR 34/05; nachfolgend im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde BSG, Beschluss vom 4. Juli 2006 - B 12 KR 67/05 B -, jeweils juris; Peters a.a.O., § 256 Rdnr. 27f., 29 im Übrigen zudem mangelnde VA-Befugnis der Zahlstellen).

Auch in materieller Hinsicht kann sich die Beklagte gegenüber dem Kläger auf einen Rechtsgrund für die beanstandete Beitragsentrichtung berufen. Materiell-rechtlich sind die Beiträge insbesondere dann ohne Rechtsgrund geleistet worden, wenn sie in dieser Weise nicht als Pflichtbeiträge, als freiwilliger Beitrag oder als Höherversicherungsbeitrag entrichtet werden durften. Der Beitrag kann damit dem Grunde nach oder in seiner Höhe zu Unrecht entrichtet worden sein (Waßer a.a.O. § 26 Rdnr. 71). Vorliegend sind die gleichmäßig arbeitnehmer- und arbeitgeberseitig finanzierten Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge bei der Beklagten sowie der VBL zu Recht als Versorgungsbezüge gemäß § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, die der Beitragsbemessung unterliegen (§ 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V), kategorisiert worden. Diesbezüglich hat die Beklagte ferner gemäß §§ 248 Satz 1, 241 SGB V richtig den allgemeinen Beitragssatz angewandt, der nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V allein durch den Kläger zu tragen ist. Fehler in der Beitragsberechnung sind weder ersichtlich, noch werden solche durch den Kläger beanstandet. Darüber hinaus ist die alleinige Beitragstragung, soweit die Beiträge aus den Versorgungsbezügen des Klägers berechnet werden, auch als verfassungsgemäß anzusehen. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG Gelsenkirchen, die er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage und anschließender Meinungsbildung zu Eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). In seiner Entscheidung hat das SG nicht nur die maßgeblichen Rechtsgrundlagen berücksichtigt, sondern auch ausführlich zu den vom Kläger vorgebrachten Einwänden Stellung genommen.

Der klägerische Vortrag im Berufungsverfahren vor dem Senat rechtfertigt keine davon abweichende Würdigung der Sach- und Rechtslage, da sich aus diesem keine neuen Aspekte in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht extrahieren lassen. Insoweit kann sich der Senat darauf beschränken, lediglich folgende Gesichtspunkte, die auch das SG bereits seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, zu bekräftigen:

Das vom Kläger erstrebte Ziel der hälftigen Beitragszahlung lässt sich nur entweder durch eine lediglich hälftige Erhebung des (allgemeinen) Beitragssatzes oder durch die Festsetzung des vollen Beitragssatz erreichen, wenn dieser zur Hälfte von dem Versicherten und zur Hälfte von einem Dritten zu tragen ist. Beiden Konstellationen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hingegen bereits eine Absage erteilt, so dass der seinerseits beanstandeten Ungleichbehandlung der Versorgungsbezüge im Vergleich zur knappschaftlichen Rente schon deshalb keine maßgebliche Relevanz mehr zukommen kann. Erstgenannte Variante entsprach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2003. Dort wurde nach § 248 SGB V a.F. nur ein hälftiger allgemeiner Beitragssatz von Versorgungsbezügen erhoben, den dann der Versicherte zu tragen hatte. Zum 1. Januar 2004 wurde der volle Beitragssatz gesetzgeberisch festgeschrieben, der gleichfalls durch den Versicherten zu tragen war. Nach dem BVerfG ist diese Rücknahme einer zuvor bestehenden, aber verfassungsgemäß nicht gebotenen Privilegierung durch den Gesetzgeber nicht als verfassungswidrig zu beanstanden. In Kenntnis des weiteren gesetzgeberischen Konstrukts der Beitragsergebung in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch der Beitragserhebung anlässlich der knappschaftlichen Rentenbezüge führt das BVerfG aus, dass es kein aus Art. 3 GG ableitbares verfassungsrechtliches Gebot gebe, wonach Versicherte hinsichtlich ihrer Versorgungsbezüge so zu stellen seien, dass sie nur einen hälftigen Beitrag zu entrichten hätten (BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06, Rdnr. 28, 30; BVerfG - Beschluss vom 9. Juli 2018 -1 BvL 2/18, Rdnr. 19, jeweils juris). Stattdessen hatte das BVerfG bereits in seiner Entscheidung vom 15. März 2000 darauf verwiesen, dass die durch § 248 SGB V a.F. begründete unterschiedliche beitragsrechtliche Belastung der Versorgungsbezüge bei Pflichtversicherten, welche den halben Beitrag zahlten, und den mit dem vollen Beitrag belasteten freiwillig Versicherten der Überprüfung bedürfe (BVerfG, Beschluss vom 15. März 2000 - 1 BvL 16/96 - BVerfGE 102, 68).

Auch angesichts der zweiten Option hat das BVerfG bereits ausgeführt, dass es (erneut) kein verfassungsrechtliches Gebot gebe, wonach Dritte in der Weise an der Beitragserhebung von Versorgungsbezügen zu beteiligen seien wie in der Arbeitnehmerversicherung der Arbeitgeber oder in der Rentenversicherung der Rentenversicherungsträger. Vielmehr gebe es stattdessen - so das BVerfG weiter - keine verfassungsgemäße Rechtfertigung dafür - Dritte mit der hälftigen Beitragszahlung zu belasten, um den Versicherten zu entlasten. Es fehle bereits an einem vergleichbaren Verantwortungszusammenhang (BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2008 - a.a.O., Rdnr. 31). Doch selbst wenn man einen solchen bejahen könnte, würde dies allenfalls eine Einbeziehung Dritter in die Beitragszahlung für zukünftig abzuschließende Verträge der betrieblichen Altersvorsorge betreffen und demnach keineswegs Verträge - wie die des Klägers - deren Auszahlungsphase bereits begonnen haben. Denn eine sofortige Eintrittspflicht würde einseitig zu Lasten des Vertragspartners - hier der Beklagten und der VBL - die ursprünglich zugrunde gelegte Beitrags- und Leistungskalkulation entwerten (BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2008 - a.a.O., Rdnr. 31).

Soweit der Kläger - ungeachtet der obigen Ausführungen - auf eine vermeintlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu der Beitragserhebung im Rahmen der knappschaftlichen Rente verweist, hat bereits das SG zutreffend darauf verwiesen, dass es sich dabei um eine gesetzliche Rente i.S.d. § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB V und nicht um einen Versorgungsbezug nach § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V handelt. Erstgenannte dient gerade nicht wie der Versorgungsbezug vom Grundsatz her der zusätzlichen Altersabsicherung, so dass es bereits an der für einen Verstoß gegen Art. 3 GG erforderlichen Vergleichbarkeit der durch den Kläger herangezogenen Gruppen fehlt. Zu einer dahingehenden typisierenden Betrachtungsweise ist der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraums berechtigt. Der Gesetzgeber hat die Grundentscheidung getroffen, als gesetzliche Renten auch beitragsrechtlich alle diejenigen Leistungen zu behandeln, die ihrerseits geeignet sind, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu begründen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V). Hierin liegt die maßgebliche systematische Unterscheidung zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, bei denen dies nicht der Fall ist (vgl. zu diesem Gedanken auch BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 6/07 R - BSGE 103, 8 ff. - juris-Rn. 25).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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