S 6 U 630/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 6 U 630/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der am 00.00.1938 geborene Kläger verlangt von der Beklagten die Anerkennung eines (weiteren) Arbeitsunfalls.

Er wurde am 00.00.1987 auf dem Weg von der Arbeit nach Hause in einen Auffahrunfall verwickelt und zog sich laut Durchgangsarztbericht dadurch ein HWS-Schleudertrauma und eine Prellung der oberen BWS zu. Eine Rechtsvorgängerin der Beklagten erkannte dieses Ereignis als Arbeitsunfall an, lehnte die Zahlung einer Rente aber ab; die vom Kläger weiter geklagten Beschwerden im HWS-Bereich seien nicht unfallbedingt, sondern auf vorbe¬stehende Verschleißveränderungen zurückzuführen, welche bereits 1972, 1974, 1981 und 1982 behandlungsbedürftig gewesen seien (Bescheid vom 11.11.1990). Die hiergegen er¬hobene Klage wurde abgewiesen (Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf – S 18 U 164/90 – vom 16.06.1992); auch die hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos (Urteil des Lan¬dessozialgerichts Nordrhein-Westfalen – L 17 U 169/92 – vom 04.08.1993).

Im Juli 1996 beantragte der Kläger eine Überprüfung. Dieser Antrag auf Neufeststellung nach § 44 SGB X (Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz) wurde abgelehnt (Bescheid vom 08.10.1996). Widerspruch und Klage blieben wiederum ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 16.12.1996, Urteil des Sozial-gerichts Düsseldorf (SG) – S 6 U 6/97 – vom 30.10.1997), ebenso die Berufung (Urteil des Lan¬dessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) – L 15 U 39/98 – vom 23.06.1998).

Im August 1999 stellte der Kläger erneut erfolglos einen Überprüfungsantrag (Bescheid vom 14.09.1999, Widerspruchsbescheid vom 07.04.2000, Urteil des SG – S 18 U 63/00 – vom 14.02.2002, Urteil des LSG– L 15 U 59/02 – vom 29.07.2003). Ebenso erging es dem im Dezember 2007 gestellten weiteren Neufeststellungsantrag (Bescheid vom 24.01.2008, Widerspruchsbescheid vom 21.05.2008, Urteil des SG – S 16 U 128/08 – vom 20.10.2009, Urteil des LSG – L 4 U 149/09 – vom 02.08.2010), auch ein im Januar 2011 nochmal gestellter Überprüfungsantrag ergab keine Änderung (Bescheid vom 05.04.2011, Wider-spruchsbescheid vom 28.07.2011, Bescheid vom 14.02.2012 (§ 48 SGB X), Urteil des SG – S 1 U 413/11 – vom 27.05.2014, Beschluss des LSG – L 15 U 369/14 – vom 02.06.2015).

Mit Schriftsatz vom 25.06.2014 beantragte der Kläger sodann erstmalig bei der Beklagten die Zahlung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines – weiteren – Arbeitsunfalls vom 00.00.1988.

Die Beklagte lehnte die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall ab, das Ereignis sei nicht gemeldet und nicht bewiesen (Bescheid vom 14.09.2016). Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2016 zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Bescheides sowie des Widerspruchsbescheides wird insoweit ergänzend verwiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 24.11.2016 erhobene Klage. Der Kläger legte zur Stützung seines Begehrens eine entsprechende Unfallmitteilung der Polizei vor, aus der sich ergibt, wer der Unfallgegner gewesen ist und dass es sich um einen Bagatellunfall ge¬handelt hat. Wegen der Einzelheiten seines Vortrags wird ergänzend auf den weiteren Inhalt der von ihm im Laufe des Verfahrens eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2016 zu verurteilen, das Ereignis vom 06.12.1988 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bleibt im Ergebnis bei der von ihr getroffenen Entscheidung. Zwar geht sie nun von einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit des Klägers zum Unfallzeitpunkt aus, sieht aber einen anspruchsbegründenden Gesundheitsschaden weiterhin nicht als bewiesen an (Schriftsätze vom 27.04. und 20.06.2018).

Das Gericht hat zunächst die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und vollständig ausgewertet. Sodann ist der Unfallgegner als Zeuge vernommen worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.03.2018 Bezug genommen. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den restlichen Inhalt der Streitakten sowie der beigezogenen Akten verwiesen, auch dieser ist Gegenstand der mündlichen Ver¬handlung sowie der anschließenden Beratung der Kammer gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger kann nicht nachweisen, das es bei dem grundsätzlich versicherten Unfallereignis zu einem Gesundheitsschaden gekommen ist.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Feststellung eines Arbeitsunfalles sind noch die bis zum 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO (Reichsversicherungsordnung). Der geltend gemachte Arbeitsunfall ereignete sich 1988 und damit vor Inkrafttreten des SGB VII (Sozialgesetzbuch – Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung) am 01.01.1997 (vgl §§ 212, 214 SGB VII – siehe auch BSG, Urteil – B 2 U 34/17 R – vom 07.05.2019 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Nach § 548 Abs. 1 Satz RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Ein Arbeitsunfall setzt voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Ver-sicherter" ist. Diese Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Ver-sicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.).

Voraussetzung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer vorbehaltlos anschließt, die Feststellung eines Gesundheitsschadens, der auf eine Verrichtung bei einer grds. versicherten Tätigkeit rechtlich wesentlich zurückzuführen ist. Ein solcher Gesundheitsschaden ist aber nicht nach¬gewiesen. Im Gegenteil steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger bei dem geltend gemachten Unfallereignis keinen Gesundheitserstschaden erlitten hat.

Dies ergibt sich aus der vollständigen Sichtung der umfangreichen Verwaltungsakten und der vom Kläger eingereichten Unterlagen, die sämtlich urkundsbeweislich berücksichtigt worden sind.

Eine Arbeitsunfähigkeit wurde erst ab 15.12.1988 dokumentiert und zwar wegen des Unfalls vom 00.00.1987 (Auskunft der AOK 14.06.1989). Aus einem für die LVA Rheinprovinz am 13.02.1989 erstellten Gutachten ergibt sich lediglich ein Hinweis drauf, dass der Kläger seit dem Verkehrsunfall aus Dezember 1987 über Nackenschmerzen geklagt hat, welche sich im Dezember 1988 verstärkt hätten. Vom 27.04. bis 06.06.1989 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der Rheumaklinik B, dort hat er den zweiten Unfall offenbar nicht angegeben, im Entlassungsbericht wird dieser jedenfalls nicht erwähnt. Bereits seit 1981 ist der Kläger bei N1 wegen HWS- und LWS-Beschwerden in Behandlung (Bericht vom 27.09.1989). Die Behandlung wegen der Folgen des ersten Verkehrsunfalls erfolgte durch N2. In dessen Bericht vom 25.09.1989 – also zeitnah nach dem hier streitgegenständlichen Unfall – wird der zweite Unfall nicht angegeben. Am 10.07.1989 erfolgte eine nervenärztliche Untersuchung, auch dort wird nur der erste Unfall genannt; ebenso bei der neurologischen Untersuchung im Krankenhaus N3 I am 14.07.1989.

Soweit ersichtlich berichtete der Kläger erstmalig am 27.12.1991 bei der Begutachtung für das SG gegenüber P über den weiteren Autounfall, ohne allerdings diesbe¬zügliche Beschwerden anzugeben (Gutachten vom 30.12.1991). Ebenso bei der Begut¬achtung für das LSG durch I (Gutachten 14.05.1993); dort findet sich wörtlich: "er sei dann nach Hause gefahren, ohne Verletzungen oder Schmerzen zu haben".

Gegenüber N4 (Gutachten für das LG Mönchengladbach vom 23.05.1996) gab der Kläger dem gegenüber an, der zweite Unfall habe zu einer Schmerzverstärkung geführt; ebenso bei S (Gutachten für das OLG Düsseldorf vom 28.08.1998) und U(Gutachten für das LSG vom 03.02.2003).

Die Kammer geht davon aus, dass die zeitnäheren Angaben des Klägers, welche in dem Gutachten von I festgehalten sind, zutreffen. Mag der Kläger nach ständiger Wiederholung der abweichenden Behauptungen diese inzwischen auch für real erachten, so kann das Gericht ihm dennoch nicht folgen, denn die Eindeutigkeit der dort festgehaltenen Äußerung ("ohne Verletzungen oder Schmerzen”) spricht vollständig gegen diese Ansicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG (Sozialgerichtsgesetz).
Rechtskraft
Aus
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