Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 BA 160/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 BA 65/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. September 2020 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahren. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 898.096,50 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde gegen den genannten Beschluss des Sozialgerichts Berlin (SG) hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt, im Wege vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Prüfbescheid der Antragsgegnerin vom 30. Juni 2020 anzuordnen.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch gegen den genannten Bescheid der Antragsgegnerin hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung, weil Beiträge und Nebenforderungen festgesetzt werden. Anzuordnen ist die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG jedenfalls dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 20. August 2018 - L 1 KR 215/18 B ER -, juris-Rdnr. 32, vom 23. Oktober 2017 - L 1 KR 421/17 B ER -, juris-Rdnr. 3 mit Bezugnahme auf Beschluss des LSG Schleswig-Holstein v. 25. Juni 2012 - L 5 KR 81/12 B ER - juris Rdnr.14). Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG. Im Übrigen gibt der Gesetzgeber in § 86b Abs. 1 SGG nicht ausdrücklich vor, nach welchen Maßstäben über die Aussetzung einer sofortigen Vollziehung zu entscheiden ist. Hat der Gesetzgeber aber - wie es § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG voraussetzt - an anderer Stelle bereits grundsätzlich die sofortige Vollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung angeordnet, nimmt er damit in Kauf, dass eine angefochtene Entscheidung wirksam bleibt, obwohl über ihre Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend entschieden worden ist. Von diesem Grundsatz ermöglicht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG eine Ausnahme. Zumindest in den Fällen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist die Vollziehbarkeit auszusetzen, weil dann kein öffentliches Interesse an einer Vollziehung erkennbar ist. Unterbleiben muss die Aussetzung dagegen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist. Hier gibt es keine Veranlassung, von dem vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Grundsatz abzuweichen. In den übrigen Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht klar erkennbar ist, kommt es auf eine Interessenabwägung an (BT-Drs 11/3480, S. 54). Je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind, desto mehr muss für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, damit trotz bloßer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Maßnahme entgegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers die aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann (vgl. zum ganzen Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rdnr. 12e ff mit weit. Nachw.).
Bei Beachtung dieser Maßstäbe kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier keinen Erfolg haben. Hier hat das SG im angefochtenen Beschluss bereits zutreffend dargelegt, dass nach derzeitigem Stand der Widerspruch der Antragstellerin allenfalls geringe Erfolgschancen hat.
Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen rechtlichen Beurteilung keinen Anlass. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der angefochtene Prüfbescheid personenbezogen. Wie sich die Beitrags- und Nebenforderungen im Bescheid vom 30. Juni 2020 zusammensetzen, ergibt sich aus den diversen Anlagen "Ermittlung der Bemessungsgrundlagen" bzw. "Berechnung der Beiträge nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i. V. m. § 2 Abs. 2 SchwarzArbG". Diese schlüsseln für einzelne Beschäftigte die Berechnung der nachgeforderten Beiträge auf und enthalten auch Aufsummierungen für die einzelnen Einzugsstellen sowie Berechnungen der Säumniszuschläge. Diese Anlagen, auf die die Antragsgegnerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen hat, sind allesamt Bestandteil des Verwaltungsaktes. Der hier indirekt streitgegenständliche Prüfbescheid ist also kein bloßer Beitragssummenbescheid im Sinne des § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R -, BSGE 120, 209-230, Rdnr. 18).
Die Antragsgegnerin durfte seinem Bescheid die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes zu Grunde legen. Weitere eigene Ermittlungen sind nicht zwingend geboten. Nach § 28f Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen, § 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV. Eine solche Schätzung ist hier angezeigt gewesen. Wie bereits das SG im angefochtenen Beschluss dargestellt hat, hat die Antragstellerin bis heute nicht die nach § 28f Abs. 1a SGB IV, §§ 2ff Beitragsüberwachungsverordnung zu führenden Lohnunterlagen vorgelegt. Es ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass es eine solche Lohnbuchhaltung auch nicht gibt. Aus den vom Hauptzollamt vorgefundenen Dateien -im Einzelnen vom SG aufgezählt- konnte die Antragsgegnerin darauf schließen, dass die im Bescheid in den Anlagen aufgeführten Beschäftigten ganz oder teilweise Lohnzahlungen schwarz erhalten haben. Das SG hat auch bereits dargestellt, dass die Antragsgegnerin von Schwarzlohnzahlungen jeweils in Höhe der aufgefundenen elektronischen Lohnliste ausgehen konnte und dabei § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV Anwendung findet, also eine von Gesetzes wegen fingierte Nettolohnvereinbarung.
Nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV hat der prüfende Versicherungsträger einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 des § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht bzw. Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Erfolgt dies nicht, hängt die Rechtmäßigkeit der -hier zu überprüfenden- Schätzung (nur) davon ab, ob die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt bzw. Arbeitsentgelt einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden kann (vgl. § 28f Abs. 2 S. 2 SGB IV). Diese Verhältnismäßigkeit der Schätzung kann zwar auch im gerichtlichen Verfahren überprüft werden. Für eine Beanstandung durch ein Gericht ist es jedoch erforderlich, dass die Schätzung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen muss (ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Urt. vom 14. November 2014 -L 1 KR 380/12- juris-Rdnr. 48 und vom 26. April 2013 -L 1 KR 98/11-mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 -B 12 KR 12/01 R- zu einem Beitragssummenbescheid, juris-Rdnr. 28). Der Arbeitgeber, der - wie hier nach Aktenlage die Antragstellerin - seiner Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß nach § 28f SGB IV nachgekommen ist, trägt die objektive Darlegungs- bzw. Beweislast, dass statt einer Schätzung der eigentlich richtige Betrag ohne unverhältnismäßigen Aufwand hätte festgestellt werden können (Werhahn, a. a. O. § 28f SGB IV Rdnr. 9 mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung).
Das SG hat abschließend auch bereits ausgeführt, weshalb es hier nicht geboten ist, das noch laufende Strafverfahren abzuwarten.
Auf dessen Ausführungen wird nach § 142 Abs. 2 S. 3 SGG ergänzend verwiesen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwertes nach § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in Fällen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG, bei welchen die Erfolgschancen im Hauptsacheverfahren zu prüfen sind, grundsätzlich die Hälfte des Hauptsachenstreitwerts anzusetzen, hier also die Hälfte von 1.796.193,05 EUR.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde gegen den genannten Beschluss des Sozialgerichts Berlin (SG) hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt, im Wege vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Prüfbescheid der Antragsgegnerin vom 30. Juni 2020 anzuordnen.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch gegen den genannten Bescheid der Antragsgegnerin hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung, weil Beiträge und Nebenforderungen festgesetzt werden. Anzuordnen ist die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG jedenfalls dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 20. August 2018 - L 1 KR 215/18 B ER -, juris-Rdnr. 32, vom 23. Oktober 2017 - L 1 KR 421/17 B ER -, juris-Rdnr. 3 mit Bezugnahme auf Beschluss des LSG Schleswig-Holstein v. 25. Juni 2012 - L 5 KR 81/12 B ER - juris Rdnr.14). Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG. Im Übrigen gibt der Gesetzgeber in § 86b Abs. 1 SGG nicht ausdrücklich vor, nach welchen Maßstäben über die Aussetzung einer sofortigen Vollziehung zu entscheiden ist. Hat der Gesetzgeber aber - wie es § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG voraussetzt - an anderer Stelle bereits grundsätzlich die sofortige Vollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung angeordnet, nimmt er damit in Kauf, dass eine angefochtene Entscheidung wirksam bleibt, obwohl über ihre Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend entschieden worden ist. Von diesem Grundsatz ermöglicht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG eine Ausnahme. Zumindest in den Fällen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist die Vollziehbarkeit auszusetzen, weil dann kein öffentliches Interesse an einer Vollziehung erkennbar ist. Unterbleiben muss die Aussetzung dagegen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist. Hier gibt es keine Veranlassung, von dem vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Grundsatz abzuweichen. In den übrigen Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht klar erkennbar ist, kommt es auf eine Interessenabwägung an (BT-Drs 11/3480, S. 54). Je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind, desto mehr muss für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, damit trotz bloßer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Maßnahme entgegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers die aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann (vgl. zum ganzen Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rdnr. 12e ff mit weit. Nachw.).
Bei Beachtung dieser Maßstäbe kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier keinen Erfolg haben. Hier hat das SG im angefochtenen Beschluss bereits zutreffend dargelegt, dass nach derzeitigem Stand der Widerspruch der Antragstellerin allenfalls geringe Erfolgschancen hat.
Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen rechtlichen Beurteilung keinen Anlass. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der angefochtene Prüfbescheid personenbezogen. Wie sich die Beitrags- und Nebenforderungen im Bescheid vom 30. Juni 2020 zusammensetzen, ergibt sich aus den diversen Anlagen "Ermittlung der Bemessungsgrundlagen" bzw. "Berechnung der Beiträge nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i. V. m. § 2 Abs. 2 SchwarzArbG". Diese schlüsseln für einzelne Beschäftigte die Berechnung der nachgeforderten Beiträge auf und enthalten auch Aufsummierungen für die einzelnen Einzugsstellen sowie Berechnungen der Säumniszuschläge. Diese Anlagen, auf die die Antragsgegnerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen hat, sind allesamt Bestandteil des Verwaltungsaktes. Der hier indirekt streitgegenständliche Prüfbescheid ist also kein bloßer Beitragssummenbescheid im Sinne des § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R -, BSGE 120, 209-230, Rdnr. 18).
Die Antragsgegnerin durfte seinem Bescheid die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes zu Grunde legen. Weitere eigene Ermittlungen sind nicht zwingend geboten. Nach § 28f Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen, § 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV. Eine solche Schätzung ist hier angezeigt gewesen. Wie bereits das SG im angefochtenen Beschluss dargestellt hat, hat die Antragstellerin bis heute nicht die nach § 28f Abs. 1a SGB IV, §§ 2ff Beitragsüberwachungsverordnung zu führenden Lohnunterlagen vorgelegt. Es ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass es eine solche Lohnbuchhaltung auch nicht gibt. Aus den vom Hauptzollamt vorgefundenen Dateien -im Einzelnen vom SG aufgezählt- konnte die Antragsgegnerin darauf schließen, dass die im Bescheid in den Anlagen aufgeführten Beschäftigten ganz oder teilweise Lohnzahlungen schwarz erhalten haben. Das SG hat auch bereits dargestellt, dass die Antragsgegnerin von Schwarzlohnzahlungen jeweils in Höhe der aufgefundenen elektronischen Lohnliste ausgehen konnte und dabei § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV Anwendung findet, also eine von Gesetzes wegen fingierte Nettolohnvereinbarung.
Nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV hat der prüfende Versicherungsträger einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 des § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht bzw. Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Erfolgt dies nicht, hängt die Rechtmäßigkeit der -hier zu überprüfenden- Schätzung (nur) davon ab, ob die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt bzw. Arbeitsentgelt einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden kann (vgl. § 28f Abs. 2 S. 2 SGB IV). Diese Verhältnismäßigkeit der Schätzung kann zwar auch im gerichtlichen Verfahren überprüft werden. Für eine Beanstandung durch ein Gericht ist es jedoch erforderlich, dass die Schätzung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen muss (ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Urt. vom 14. November 2014 -L 1 KR 380/12- juris-Rdnr. 48 und vom 26. April 2013 -L 1 KR 98/11-mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 -B 12 KR 12/01 R- zu einem Beitragssummenbescheid, juris-Rdnr. 28). Der Arbeitgeber, der - wie hier nach Aktenlage die Antragstellerin - seiner Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß nach § 28f SGB IV nachgekommen ist, trägt die objektive Darlegungs- bzw. Beweislast, dass statt einer Schätzung der eigentlich richtige Betrag ohne unverhältnismäßigen Aufwand hätte festgestellt werden können (Werhahn, a. a. O. § 28f SGB IV Rdnr. 9 mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung).
Das SG hat abschließend auch bereits ausgeführt, weshalb es hier nicht geboten ist, das noch laufende Strafverfahren abzuwarten.
Auf dessen Ausführungen wird nach § 142 Abs. 2 S. 3 SGG ergänzend verwiesen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwertes nach § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in Fällen des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG, bei welchen die Erfolgschancen im Hauptsacheverfahren zu prüfen sind, grundsätzlich die Hälfte des Hauptsachenstreitwerts anzusetzen, hier also die Hälfte von 1.796.193,05 EUR.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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