Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 3 KR 486/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 835/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
„Die epidurale gepulste Hochfrequenzstimulation des Rückenmarks mit einer Multifunktionselektrode nach Omar-Pasha („Pasha-Katheder“) gehörte 2014 grundsätzlich nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. „
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Der Streitwert wird auf 3.090,56 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten einer stationären Behandlung.
Der bei der Beklagten versicherte Herr C L (Versicherter) wurde im Klinikum der Klägerin vom 03.06.2014 bis zum 09.06.2014 stationär behandelt. Dabei erfolgte eine Therapie mit einer epiduralen gepulsten Hochfrequenzstimulation des Rückemmarks (ePRF) mit einer Multifunktionselektrode nach Omar-Pasha ("Pasha-Katheder"). Hierfür verschlüsselte die Klägerin den OPS-Code 5-039.38 (Implantation einer temporären Multifunktionselektrode in den Epidural- oder Spinalraum zur gepulsten Radiofrequenzbehandlung, perkutan) und stellte der Beklagten unter Zugrundelegung der DRG I10F (Andere Eingriffe an der Wirbelsäule, ohne kompl. Eingriff, ohne äuß. schw. CC, ohne Halotraktion, auß. bei Para- / Tetraplegie, ohne Wirbelfraktur, ohne mäßig kompl. Eingriff, mit wenig kompl. Eingriff) einen Betrag in Höhe von 3.090,56 Euro in Rechnung.
Die Beklagte verweigerte die Zahlung der Behandlungskosten mit der Begründung, die stationäre Aufnahme sei zur Durchführung einer außervertraglichen Behandlungsmethode erfolgt, die als solche nicht den Qualitätsanforderungen des Sozialgesetzbuches 5. Buch (SGB V) genüge.
Am 07.09.2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht unter anderem geltend, die Beklagte sei mit medizinischen Einwendungen ausgeschlossen, da der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) nicht eingeschaltet worden sei. Die streitige Behandlung mittels "Pasha-Katheter" habe das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative im Sinne des § 137 c Abs. 3 SGB V. Sie sei nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht worden und werde von den einschlägigen Fachgesellschaften als wirksam angesehen, wenn – wie hier – konservative Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien. Zudem sei die Beklagte nicht berechtigt, über den Ausschluss von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der akutstationären Versorgung zu befinden. Dies stehe nur dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) zu.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 3.090,56 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.06.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer Einschätzung, wonach die streitige Behandlung nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entspräche, da es an wissenschaftlichen Nachweisen zur Wirksamkeit fehle. Dies habe der MDK Berlin-Brandenburg, der MDK Westfalen-Lippe und der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) in Gutachten aus den Jahren 2014 und 2017 bestätigt.
Das Gericht hat eine Auskunft des GBA und der Deutschen Gesellschaft für Neuromodulation e.V. eingeholt. Der GBA teilte im Schreiben vom 03.08.2016 mit, dass die ePRF-Behandlung bisher nicht überprüft worden sei. Es fehle an einem entsprechenden Antrag der antragsberechtigten Organisationen. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Behandlungsmethode die Voraussetzungen für eine Antragspflicht vorliegen würden. Die Deutsche Gesellschaft für Neuromodulation e.V. teilte mit, es seien wenigsten 150 wissenschaftliche Veröffentlichungen bekannt, die allesamt eine Wirksamkeit der gepulsten Radiofrequenztherapie und eine Schmerzreduktion von bis zu zwölf Monaten belegten. Es handele sich um wissenschaftliche Veröffentlichungen verschiedener Evidenzstufen von Behandlungsberichten über Fallserien, bis hin zu Vergleichsstudien und Übersichtarbeiten sowie randomisierte klinische Studien der Evidenzstufe I gemäß der Klassifizierung des GBA. Seit der Einführung des OPS-Codes 5-039.38 in den OPS-Katalog 2009 seien in Deutschland mehrere Tausend Patienten jährlich erfolgreich mittels ePRF behandelt worden. Wenn medikamentöse Therapien und andere konservative Behandlungsmaßnahmen keinen Behandlungserfolg zeigten, biete die ePRF eine sinnvolle und wirksame Behandlungsalternative, die entsprechendes Potential biete.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogene Patientendokumentation der Klägerin und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenkasse handelt es sich um einen sogenannten Parteienrechtsstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt.
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Zahlungsanspruch aus der stationären Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 03.06.2014 bis zum 09.06.2014.
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17 b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG).
Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach Abs. 1 das Krankenhauses für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen. Nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch den Krankenhausarzt erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut und Regelungssystems sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrages zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs der Versicherten bestimmt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 25.09.2007, GS 1/06; BSGE 99, 111 -122).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenem Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R; BSGE 109, 236 – 254). Krankenhausbehandlung ist im Sinne des Regelungssystems in § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V und § 39 SGB V grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entspricht und notwendig ist. Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V i.V.m. dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V und mit § 2 Abs. 4, § 12 Abs. 1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte, in § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen. Auch die von § 17 b KHG erbrachten Leistungen müssen grundsätzlich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) genügen, um überhaupt zu Lasten der GKV abrechenbar zu sein (vgl. BSG, Urteil vom 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R; BSGE 101, 177 – 192).
Dieser Maßstab liegt auch der Regelungskonzeption des Verbotsvorbehaltes gemäß § 137 c SGB V zugrunde. Nach § 137 c Abs. 1 SGB V (hier anzuwenden in der bis zum 22.07.2015 gültigen Fassung) überprüft der GBA nach § 91 SGB V auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137 e. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach S. 1 entspricht. Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zu Stande gekommen, weil es an einer nach § 137 e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt S 4 entsprechend.
Die Regelung des § 137 c darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137 c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2012, B 1 KR 34/12 R; BSGE 112, 257 – 277). Sie setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl. § 1 S. 1 SGB V) die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. § 137 c SGB V bewirkt, dass der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137 c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die die Krankenkasse und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137 c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R; BSGE 115, 95 – 105). Die Änderung des § 137 c SGB V und die Einfügung der Regelung des § 137 e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (Bundesgesetzblatt I, 2983) haben an dieser Grundkonzeption nichts geändert. Sie schaffen lediglich Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137 e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137 c SGB ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Auch hier bleibt es beim Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R; BSGE 113, 241 – 250).
Grundsätzlich fordert das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode – die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist – zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelnden Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2015, B 1 K 21/04 R; SozR 4-2500 § 18 Nr. 5).
Nach der Auskunft des GBA wurde die hier streitige Behandlungsmethode bisher nicht überprüft. Dies hat zur Folge, dass die Prüfkompetenz im Hinblick auf das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S 3 SGB V zunächst noch bei den Gerichten verbleibt. Im Ergebnis konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass die ePRF mittels sogenannten "Pasha-Katheter" dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V entspricht. Die Kammer folgt insoweit der Einschätzung des MDS im Gutachten "Spinale epidurale gepulste Radiofrequenzbehandlung" vom 30.06.2017, des MDK Berlin-Brandenburg im Gutachten vom 20.02.2014 und des MDK Westfalen-Lippe im Gutachten vom 06.08.2014. Unter Auswertung der auch von der Deutschen Gesellschaft Neuromodulation e.V. im Schriftsatz vom 06.04.2017 erwähnten Studien sind die Gutachter des MDK bzw. MDS überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass für die ePRF-Behandlung mittels sogenannten "Pasha-Katheter" eine belastbare Bewertung von Nutzen und Schaden der Methode aufgrund des vorliegend Studiendesigns nicht möglich ist. Die insgesamt mangelnde Integrierbarkeit der Ergebnisse vorliegender Studien führt dazu, dass sich auch nicht abschätzen lässt, ob für die Methode der ePRF das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative für Patienten mit (chronischen) lumbalen/torakaralen/zervikalen Schmerzen nach erfolgloser konventioneller Schmerztherapie gegenüber verfügbar anderen Therapiealternativen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer im Ergebnis auf die umfangreichen Ausführungen in den zitierten Gutachten des MDK bzw. des MDS. Der gegenseitigen Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Neuromodulation e.V. im Schreiben vom 06.03.2017 vermochte sich die Kammer in Anbetracht der gutachterlichen Feststellungen des MDK bzw. MDS nicht anzuschließen.
Die Klägerin kann sich vorliegend auch nicht auf die Neufassung des § 137 c mit Wirkung ab dem 23.07.2015 berufen. Nach Abs. 3 der Norm dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Empfehlung nach § 137 c Abs. 1 SGB V getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig sind. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 S. 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BSG reagiert, die er im Wertungswiderspruch zum Regelungszweck des § 137 c SGB V sah (vgl. Bundestags-Drucksache 18/4095, 121). Sie kann jedoch nicht für Behandlungsfälle vor ihrem Inkrafttreten am 23.07.2015 Anwendung finden.
Nicht anzuschließen vermochte sich die Kammer der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Sozialgerichts Berlin aus dem Urteil vom 03.05.2017 (S 111 KR 2403/13). Dort wurde ausgeführt, dass die ePRF keine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des § 137 c SGB V sei, weil der OPS-Code 5-039.38 bereits seit 2009 im OPS-Katalog erfasst sei. Die Vergabe einer OPS-Ziffer ist eine reine Maßnahme zur Kodierung einer medizinischen Leistung. Sie dient nur der Abgrenzung von Verfahren unterschiedlicher Vorgehensweisen, ist jedoch nicht mit einer Bewertung von Nutzen und Schaden einer Methode gleichzusetzen. Insoweit kann die Schaffung einer Abrechnungsmöglichkeit nicht zur Aushebelung des Qualitätsgebotes des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V führen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von Seiten des SG Berlin zitierte Regelung des § 31 Abs. 2 der Verfahrensordnung des GBA erst im Jahre 2015 entsprechend geändert wurde und damit für den vorliegenden Behandlungsfall nicht von Bedeutung ist.
Die Beklagte unterliegt entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinem Einwendungsausschluss aufgrund der Regelung in § 275 Abs. 1 c SGB V, da der MDK nicht zur Prüfung des Einzelfalles eingeschaltet worden ist. Wie das BSG im Urteil vom 14.10.2014 (B 1 KR 34/13 R; SozR 4-2500 § 301 Nr. 5) ausgeführt hat, führt der ungenutzte Ablauf der Frist in § 275 Abs. 1 c SGB V lediglich dazu, dass die Krankenkasse und der MDK bei einzelfallbezogenen Abrechnungsprüfungen auf die Daten beschränkt sind, die das Krankenhaus im Rahmen seiner Informationsobliegenheit bzw. freiwillig zur Verfügung gestellt hat. Das Recht der Krankenkassen bleibt unberührt, für die Prüfung andere zulässige Informationsquellen zu benutzen. Das Krankenhaus ist lediglich berechtigt, Anforderungen auf Herausgabe weiterer Unterlagen zu verweigern. Vorliegend hat die Beklagte ihre Einschätzung nicht auf eine individuelle Einzelfallprüfung des stationären Aufenthaltes des Versicherten gestützt. Sie hat vielmehr entschieden, dass aufgrund der von der Klägerin mitgeteilten Tatsachen im Krankenhaus eine außervertragliche Behandlung durchgeführt wurde und die streitige Behandlung nicht vergütungsfähig ist. Dies ist nach Auffassung der Kammer rechtlich nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die stationäre Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 03.06.2014 bis zum 09.06.2014 nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V genügte. Für die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der streitigen Vergütung besteht mithin keine Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten einer stationären Behandlung.
Der bei der Beklagten versicherte Herr C L (Versicherter) wurde im Klinikum der Klägerin vom 03.06.2014 bis zum 09.06.2014 stationär behandelt. Dabei erfolgte eine Therapie mit einer epiduralen gepulsten Hochfrequenzstimulation des Rückemmarks (ePRF) mit einer Multifunktionselektrode nach Omar-Pasha ("Pasha-Katheder"). Hierfür verschlüsselte die Klägerin den OPS-Code 5-039.38 (Implantation einer temporären Multifunktionselektrode in den Epidural- oder Spinalraum zur gepulsten Radiofrequenzbehandlung, perkutan) und stellte der Beklagten unter Zugrundelegung der DRG I10F (Andere Eingriffe an der Wirbelsäule, ohne kompl. Eingriff, ohne äuß. schw. CC, ohne Halotraktion, auß. bei Para- / Tetraplegie, ohne Wirbelfraktur, ohne mäßig kompl. Eingriff, mit wenig kompl. Eingriff) einen Betrag in Höhe von 3.090,56 Euro in Rechnung.
Die Beklagte verweigerte die Zahlung der Behandlungskosten mit der Begründung, die stationäre Aufnahme sei zur Durchführung einer außervertraglichen Behandlungsmethode erfolgt, die als solche nicht den Qualitätsanforderungen des Sozialgesetzbuches 5. Buch (SGB V) genüge.
Am 07.09.2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht unter anderem geltend, die Beklagte sei mit medizinischen Einwendungen ausgeschlossen, da der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) nicht eingeschaltet worden sei. Die streitige Behandlung mittels "Pasha-Katheter" habe das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative im Sinne des § 137 c Abs. 3 SGB V. Sie sei nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht worden und werde von den einschlägigen Fachgesellschaften als wirksam angesehen, wenn – wie hier – konservative Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien. Zudem sei die Beklagte nicht berechtigt, über den Ausschluss von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der akutstationären Versorgung zu befinden. Dies stehe nur dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) zu.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 3.090,56 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.06.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer Einschätzung, wonach die streitige Behandlung nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entspräche, da es an wissenschaftlichen Nachweisen zur Wirksamkeit fehle. Dies habe der MDK Berlin-Brandenburg, der MDK Westfalen-Lippe und der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) in Gutachten aus den Jahren 2014 und 2017 bestätigt.
Das Gericht hat eine Auskunft des GBA und der Deutschen Gesellschaft für Neuromodulation e.V. eingeholt. Der GBA teilte im Schreiben vom 03.08.2016 mit, dass die ePRF-Behandlung bisher nicht überprüft worden sei. Es fehle an einem entsprechenden Antrag der antragsberechtigten Organisationen. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Behandlungsmethode die Voraussetzungen für eine Antragspflicht vorliegen würden. Die Deutsche Gesellschaft für Neuromodulation e.V. teilte mit, es seien wenigsten 150 wissenschaftliche Veröffentlichungen bekannt, die allesamt eine Wirksamkeit der gepulsten Radiofrequenztherapie und eine Schmerzreduktion von bis zu zwölf Monaten belegten. Es handele sich um wissenschaftliche Veröffentlichungen verschiedener Evidenzstufen von Behandlungsberichten über Fallserien, bis hin zu Vergleichsstudien und Übersichtarbeiten sowie randomisierte klinische Studien der Evidenzstufe I gemäß der Klassifizierung des GBA. Seit der Einführung des OPS-Codes 5-039.38 in den OPS-Katalog 2009 seien in Deutschland mehrere Tausend Patienten jährlich erfolgreich mittels ePRF behandelt worden. Wenn medikamentöse Therapien und andere konservative Behandlungsmaßnahmen keinen Behandlungserfolg zeigten, biete die ePRF eine sinnvolle und wirksame Behandlungsalternative, die entsprechendes Potential biete.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogene Patientendokumentation der Klägerin und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenkasse handelt es sich um einen sogenannten Parteienrechtsstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt.
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Zahlungsanspruch aus der stationären Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 03.06.2014 bis zum 09.06.2014.
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17 b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG).
Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach Abs. 1 das Krankenhauses für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung zu führen. Nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch den Krankenhausarzt erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut und Regelungssystems sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrages zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs der Versicherten bestimmt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 25.09.2007, GS 1/06; BSGE 99, 111 -122).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenem Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R; BSGE 109, 236 – 254). Krankenhausbehandlung ist im Sinne des Regelungssystems in § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V und § 39 SGB V grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entspricht und notwendig ist. Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V i.V.m. dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V und mit § 2 Abs. 4, § 12 Abs. 1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte, in § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen. Auch die von § 17 b KHG erbrachten Leistungen müssen grundsätzlich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) genügen, um überhaupt zu Lasten der GKV abrechenbar zu sein (vgl. BSG, Urteil vom 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R; BSGE 101, 177 – 192).
Dieser Maßstab liegt auch der Regelungskonzeption des Verbotsvorbehaltes gemäß § 137 c SGB V zugrunde. Nach § 137 c Abs. 1 SGB V (hier anzuwenden in der bis zum 22.07.2015 gültigen Fassung) überprüft der GBA nach § 91 SGB V auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137 e. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach S. 1 entspricht. Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zu Stande gekommen, weil es an einer nach § 137 e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt S 4 entsprechend.
Die Regelung des § 137 c darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137 c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2012, B 1 KR 34/12 R; BSGE 112, 257 – 277). Sie setzt die Geltung des alle Naturalleistungsbereiche erfassenden Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Gegenteiliges bedeutete, unter Missachtung des Zwecks der GKV (vgl. § 1 S. 1 SGB V) die Einheit der Rechtsordnung zu gefährden. § 137 c SGB V bewirkt, dass der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137 c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die die Krankenkasse und anschließender Prüfung durch die Gerichte. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes und formalisiertes Verfahren nach § 137 c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit im Interesse der Gleichbehandlung der Versicherten (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R; BSGE 115, 95 – 105). Die Änderung des § 137 c SGB V und die Einfügung der Regelung des § 137 e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (Bundesgesetzblatt I, 2983) haben an dieser Grundkonzeption nichts geändert. Sie schaffen lediglich Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137 e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137 c SGB ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Auch hier bleibt es beim Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R; BSGE 113, 241 – 250).
Grundsätzlich fordert das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode – die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist – zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelnden Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2015, B 1 K 21/04 R; SozR 4-2500 § 18 Nr. 5).
Nach der Auskunft des GBA wurde die hier streitige Behandlungsmethode bisher nicht überprüft. Dies hat zur Folge, dass die Prüfkompetenz im Hinblick auf das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S 3 SGB V zunächst noch bei den Gerichten verbleibt. Im Ergebnis konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass die ePRF mittels sogenannten "Pasha-Katheter" dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V entspricht. Die Kammer folgt insoweit der Einschätzung des MDS im Gutachten "Spinale epidurale gepulste Radiofrequenzbehandlung" vom 30.06.2017, des MDK Berlin-Brandenburg im Gutachten vom 20.02.2014 und des MDK Westfalen-Lippe im Gutachten vom 06.08.2014. Unter Auswertung der auch von der Deutschen Gesellschaft Neuromodulation e.V. im Schriftsatz vom 06.04.2017 erwähnten Studien sind die Gutachter des MDK bzw. MDS überzeugend zu der Einschätzung gelangt, dass für die ePRF-Behandlung mittels sogenannten "Pasha-Katheter" eine belastbare Bewertung von Nutzen und Schaden der Methode aufgrund des vorliegend Studiendesigns nicht möglich ist. Die insgesamt mangelnde Integrierbarkeit der Ergebnisse vorliegender Studien führt dazu, dass sich auch nicht abschätzen lässt, ob für die Methode der ePRF das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative für Patienten mit (chronischen) lumbalen/torakaralen/zervikalen Schmerzen nach erfolgloser konventioneller Schmerztherapie gegenüber verfügbar anderen Therapiealternativen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer im Ergebnis auf die umfangreichen Ausführungen in den zitierten Gutachten des MDK bzw. des MDS. Der gegenseitigen Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Neuromodulation e.V. im Schreiben vom 06.03.2017 vermochte sich die Kammer in Anbetracht der gutachterlichen Feststellungen des MDK bzw. MDS nicht anzuschließen.
Die Klägerin kann sich vorliegend auch nicht auf die Neufassung des § 137 c mit Wirkung ab dem 23.07.2015 berufen. Nach Abs. 3 der Norm dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Empfehlung nach § 137 c Abs. 1 SGB V getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig sind. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 S. 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BSG reagiert, die er im Wertungswiderspruch zum Regelungszweck des § 137 c SGB V sah (vgl. Bundestags-Drucksache 18/4095, 121). Sie kann jedoch nicht für Behandlungsfälle vor ihrem Inkrafttreten am 23.07.2015 Anwendung finden.
Nicht anzuschließen vermochte sich die Kammer der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Sozialgerichts Berlin aus dem Urteil vom 03.05.2017 (S 111 KR 2403/13). Dort wurde ausgeführt, dass die ePRF keine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des § 137 c SGB V sei, weil der OPS-Code 5-039.38 bereits seit 2009 im OPS-Katalog erfasst sei. Die Vergabe einer OPS-Ziffer ist eine reine Maßnahme zur Kodierung einer medizinischen Leistung. Sie dient nur der Abgrenzung von Verfahren unterschiedlicher Vorgehensweisen, ist jedoch nicht mit einer Bewertung von Nutzen und Schaden einer Methode gleichzusetzen. Insoweit kann die Schaffung einer Abrechnungsmöglichkeit nicht zur Aushebelung des Qualitätsgebotes des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V führen. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von Seiten des SG Berlin zitierte Regelung des § 31 Abs. 2 der Verfahrensordnung des GBA erst im Jahre 2015 entsprechend geändert wurde und damit für den vorliegenden Behandlungsfall nicht von Bedeutung ist.
Die Beklagte unterliegt entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinem Einwendungsausschluss aufgrund der Regelung in § 275 Abs. 1 c SGB V, da der MDK nicht zur Prüfung des Einzelfalles eingeschaltet worden ist. Wie das BSG im Urteil vom 14.10.2014 (B 1 KR 34/13 R; SozR 4-2500 § 301 Nr. 5) ausgeführt hat, führt der ungenutzte Ablauf der Frist in § 275 Abs. 1 c SGB V lediglich dazu, dass die Krankenkasse und der MDK bei einzelfallbezogenen Abrechnungsprüfungen auf die Daten beschränkt sind, die das Krankenhaus im Rahmen seiner Informationsobliegenheit bzw. freiwillig zur Verfügung gestellt hat. Das Recht der Krankenkassen bleibt unberührt, für die Prüfung andere zulässige Informationsquellen zu benutzen. Das Krankenhaus ist lediglich berechtigt, Anforderungen auf Herausgabe weiterer Unterlagen zu verweigern. Vorliegend hat die Beklagte ihre Einschätzung nicht auf eine individuelle Einzelfallprüfung des stationären Aufenthaltes des Versicherten gestützt. Sie hat vielmehr entschieden, dass aufgrund der von der Klägerin mitgeteilten Tatsachen im Krankenhaus eine außervertragliche Behandlung durchgeführt wurde und die streitige Behandlung nicht vergütungsfähig ist. Dies ist nach Auffassung der Kammer rechtlich nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die stationäre Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 03.06.2014 bis zum 09.06.2014 nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V genügte. Für die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der streitigen Vergütung besteht mithin keine Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
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