Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 1986/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 BA 13/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2018 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist noch, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin im Zeitraum 4. Februar 2014 bis 28. September 2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Im streitigen Zeitraum war der Beigeladene zu 1. alleiniger Geschäftsführer der Klägerin und hielt ein Drittel der Geschäftsanteile, zeitweise mittelbar über die O T Beteiligungsgesellschaft UG, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Zu je einem weiteren Drittel hielten der Bruder des Klägers, U T, und Herr O A die Geschäftsanteile der Klägerin.
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 18. Oktober 2012 sieht für Gesellschafterbeschlüsse eine qualifizierte Mehrheit von 65 Prozent der abgegebenen Stimmen vor.
Der mit dem Beigeladenen zu 1. abgeschlossene "Vertrag für den Geschäftsführer", wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 23 bis 25 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen wird, befreite den Beigeladenen zu 1. von den Beschränkungen des § 181 BGB und räumte ihm ein, frei zu sein in der Einteilung seiner Arbeitszeit sowie in der Festlegung von Ort und Umfang seiner Tätigkeit. Vereinbart war eine monatliche Vergütung von 5.200 Euro. Am 10. September 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1.; abhängige Beschäftigung liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2015, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2015, stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin seit dem 4. Februar 2014 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Aufgrund des Kapitaleinsatzes von nur 33,3 Prozent und des daraus entstehenden Stimmrechtsanteils sei es dem Beigeladenen zu 1. nicht möglich, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen.
Hiergegen richtet sich die am 8. Juli 2015 erhobene Klage. Maßgeblich sei, dass der Beigeladene zu 1. weisungsfrei tätig gewesen sei und zusammen mit seinem Bruder familiär mehr als die Hälfte der Geschäftsanteile gehalten habe.
Seit dem 29. September 2015 hält der Beigeladene zu 1. zwei Drittel der Geschäftsanteile der Klägerin. Hierauf hat die Beklagte im Wege eines von der Klägerin an-genommenen Teilanerkenntnisses festgestellt, dass für die Zeit ab 29. September 2015 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mehr bestehe und der streitige Bescheid sich nur auf den Zeitraum 4. Februar 2014 bis 28. September 2015 beziehe.
Mit Urteil vom 24. Januar 2018 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Maßgeblich sei, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum als Geschäftsführer nur Minderheitsgesellschafter gewesen sei. Ob der Beigeladene zu 1. tatsächlich von den Mehrheitsgesellschaftern kontrolliert worden sei, sei rechtlich unerheblich. Im maßgeblichen theoretischen Konfliktfall hätte der Beigeladene zu 1. einem Weisungs- und Kündigungsrecht der Mehrheitsgesellschafter unterlegen. Auch über eine Sperrminorität habe der Beigeladene zu 1. nicht verfügt. Die familiäre Bindung an einen Mitgesellschafter sei rechtlich unerheblich.
Gegen das ihr am 1. Februar 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin hat am 16. Februar 2018 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht entscheidend auf die Menge der Geschäftsanteile abgestellt. Maßgeblich sei das Gesamtbild der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin, das aufgrund der konkreten Befugnisse auf Selbständigkeit deute. Er sei weisungsfrei tätig gewesen, zusammen mit seinem Bruder habe er im Rahmen familiärer Rücksichtnahme die Mehrheit der Anteile gehalten. Die Bruder- und Familienbande seien in der Regel fester geschmiedet als die Bande unter Fremden. Die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur "Schönwetterselbständigkeit" und zur Versicherungspflicht von Minderheitsgesellschaftern widerspreche dem Wortlaut des Gesetzes und sei rechts- und verfassungswidrig. Bei einer nur schematischen Bezugnahme auf die Menge der Geschäftsanteile könne man sich gleich jede Einzelfallprüfung ersparen. Zwar habe wegen der Regelung in § 37 Abs. 1 GmbHG eine vollständige Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1. nicht vereinbart werden dürfen. Er habe aber Zeit, Dauer, Ort und Art seiner Arbeitsausübung im Wesentlichen völlig frei einteilen können und größtmögliche Unabhängigkeit und Freiheit besessen. Das spreche entscheidend gegen eine persönliche Abhängigkeit. Schließlich dürfe die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Jahre 2018 zu Minderheits-Gesellschaftergeschäftsführern nicht auf den vorliegenden Sachverhalt der Jahre 2014/2015 angewendet werden; hierin würde verbotene Rückwirkung liegen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin im Zeit-raum 4. Februar 2014 bis 28. September 2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- so-wie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat sein Urteil, mit dem es die Klage abgewiesen hat, zutreffend überzeugend begründet.
Zu ergänzen bleibt in Würdigung der Berufungsbegründung:
Der Beigeladene zu 1. verfügte im streitigen Zeitraum nicht über die Rechtsmacht, kraft seiner Gesellschafterstellung unliebsame Weisungen an sich als Geschäftsführer zu verhindern oder die Geschicke der Gesellschaft auch im Konfliktfall zu bestimmen. Ein selbständig tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Diese notwendige Rechtsmacht muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 14. März 2018, B 12 KR 13/17 R, BSGE 125, 183-189, Rdnr. 21 f., juris). Als Minderheitsgesellschafter verfügte der Beigeladene zu 1. nicht über die Möglichkeit, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit Weisungen an sich als Geschäftsführer zu verhindern. Gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrags werden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 65 % gefasst. Der Beigeladene zu 1. mit seinem Geschäftsanteil von nur 33,3 % konnte daher Weisungen an sich nicht verhindern, und nur darauf kommt es entscheidend an.
Der Senat folgt insoweit einschränkungslos der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Versicherungspflicht vom Minderheits-Gesellschaftergeschäftsführern (Urteil vom 14. März 2018, a.a.O.; siehe Urteil des Senats vom 17. August 2020, L 9 BA 112/18, zitiert nach juris, dort Rdnr. 76; Urteil vom 27. Mai 2020, L 9 BA 104/19, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24; Urteil vom 27. November 2019, L 9 KR 264/17, zitiert nach juris, dort Rdnr. 52). Das Bundessozialgericht hat leitsatzartig entschieden, dass Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbständig tätig sind, wenn sie mindestens 50 v.H. der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine echte bzw. qualifizierte Sperrminorität eingeräumt ist. An beidem fehlt es für den Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeit-raum.
Eine verfassungsrechtlich verbotene Rückwirkung liegt in der Heranziehung dieser neueren Rechtsprechung – anders als von der Klägerin behauptet – nicht. Das zugrunde liegende Recht in Gestalt von § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch hat sich nicht zu Lasten der Klägerin rückwirkend geändert; hinzu getreten ist lediglich eine sehr klare Auffassung des obersten Bundesgerichts zur Interpretation des nach wie vor geltenden Rechts im Falle von Gesellschafter-Geschäftsführern. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kam insoweit auch nicht überraschend; vielmehr zeichnete sich spätestens mit dem Urteil vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32) ab, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers im Konfliktfall außerhalb einer "Schönwetterzeit" abzuwenden; "Schönwetter-Selbstständigkeit" sei mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände "schwerlich hinnehmbar".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und für die Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG; die Streitwertentscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 II SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist noch, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin im Zeitraum 4. Februar 2014 bis 28. September 2015 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Im streitigen Zeitraum war der Beigeladene zu 1. alleiniger Geschäftsführer der Klägerin und hielt ein Drittel der Geschäftsanteile, zeitweise mittelbar über die O T Beteiligungsgesellschaft UG, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Zu je einem weiteren Drittel hielten der Bruder des Klägers, U T, und Herr O A die Geschäftsanteile der Klägerin.
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 18. Oktober 2012 sieht für Gesellschafterbeschlüsse eine qualifizierte Mehrheit von 65 Prozent der abgegebenen Stimmen vor.
Der mit dem Beigeladenen zu 1. abgeschlossene "Vertrag für den Geschäftsführer", wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 23 bis 25 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen wird, befreite den Beigeladenen zu 1. von den Beschränkungen des § 181 BGB und räumte ihm ein, frei zu sein in der Einteilung seiner Arbeitszeit sowie in der Festlegung von Ort und Umfang seiner Tätigkeit. Vereinbart war eine monatliche Vergütung von 5.200 Euro. Am 10. September 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1.; abhängige Beschäftigung liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2015, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2015, stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin seit dem 4. Februar 2014 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Aufgrund des Kapitaleinsatzes von nur 33,3 Prozent und des daraus entstehenden Stimmrechtsanteils sei es dem Beigeladenen zu 1. nicht möglich, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen.
Hiergegen richtet sich die am 8. Juli 2015 erhobene Klage. Maßgeblich sei, dass der Beigeladene zu 1. weisungsfrei tätig gewesen sei und zusammen mit seinem Bruder familiär mehr als die Hälfte der Geschäftsanteile gehalten habe.
Seit dem 29. September 2015 hält der Beigeladene zu 1. zwei Drittel der Geschäftsanteile der Klägerin. Hierauf hat die Beklagte im Wege eines von der Klägerin an-genommenen Teilanerkenntnisses festgestellt, dass für die Zeit ab 29. September 2015 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mehr bestehe und der streitige Bescheid sich nur auf den Zeitraum 4. Februar 2014 bis 28. September 2015 beziehe.
Mit Urteil vom 24. Januar 2018 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Maßgeblich sei, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum als Geschäftsführer nur Minderheitsgesellschafter gewesen sei. Ob der Beigeladene zu 1. tatsächlich von den Mehrheitsgesellschaftern kontrolliert worden sei, sei rechtlich unerheblich. Im maßgeblichen theoretischen Konfliktfall hätte der Beigeladene zu 1. einem Weisungs- und Kündigungsrecht der Mehrheitsgesellschafter unterlegen. Auch über eine Sperrminorität habe der Beigeladene zu 1. nicht verfügt. Die familiäre Bindung an einen Mitgesellschafter sei rechtlich unerheblich.
Gegen das ihr am 1. Februar 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin hat am 16. Februar 2018 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht entscheidend auf die Menge der Geschäftsanteile abgestellt. Maßgeblich sei das Gesamtbild der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin, das aufgrund der konkreten Befugnisse auf Selbständigkeit deute. Er sei weisungsfrei tätig gewesen, zusammen mit seinem Bruder habe er im Rahmen familiärer Rücksichtnahme die Mehrheit der Anteile gehalten. Die Bruder- und Familienbande seien in der Regel fester geschmiedet als die Bande unter Fremden. Die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur "Schönwetterselbständigkeit" und zur Versicherungspflicht von Minderheitsgesellschaftern widerspreche dem Wortlaut des Gesetzes und sei rechts- und verfassungswidrig. Bei einer nur schematischen Bezugnahme auf die Menge der Geschäftsanteile könne man sich gleich jede Einzelfallprüfung ersparen. Zwar habe wegen der Regelung in § 37 Abs. 1 GmbHG eine vollständige Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1. nicht vereinbart werden dürfen. Er habe aber Zeit, Dauer, Ort und Art seiner Arbeitsausübung im Wesentlichen völlig frei einteilen können und größtmögliche Unabhängigkeit und Freiheit besessen. Das spreche entscheidend gegen eine persönliche Abhängigkeit. Schließlich dürfe die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Jahre 2018 zu Minderheits-Gesellschaftergeschäftsführern nicht auf den vorliegenden Sachverhalt der Jahre 2014/2015 angewendet werden; hierin würde verbotene Rückwirkung liegen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Klägerin im Zeit-raum 4. Februar 2014 bis 28. September 2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- so-wie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung Bezug auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat sein Urteil, mit dem es die Klage abgewiesen hat, zutreffend überzeugend begründet.
Zu ergänzen bleibt in Würdigung der Berufungsbegründung:
Der Beigeladene zu 1. verfügte im streitigen Zeitraum nicht über die Rechtsmacht, kraft seiner Gesellschafterstellung unliebsame Weisungen an sich als Geschäftsführer zu verhindern oder die Geschicke der Gesellschaft auch im Konfliktfall zu bestimmen. Ein selbständig tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Diese notwendige Rechtsmacht muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 14. März 2018, B 12 KR 13/17 R, BSGE 125, 183-189, Rdnr. 21 f., juris). Als Minderheitsgesellschafter verfügte der Beigeladene zu 1. nicht über die Möglichkeit, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit Weisungen an sich als Geschäftsführer zu verhindern. Gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrags werden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 65 % gefasst. Der Beigeladene zu 1. mit seinem Geschäftsanteil von nur 33,3 % konnte daher Weisungen an sich nicht verhindern, und nur darauf kommt es entscheidend an.
Der Senat folgt insoweit einschränkungslos der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Versicherungspflicht vom Minderheits-Gesellschaftergeschäftsführern (Urteil vom 14. März 2018, a.a.O.; siehe Urteil des Senats vom 17. August 2020, L 9 BA 112/18, zitiert nach juris, dort Rdnr. 76; Urteil vom 27. Mai 2020, L 9 BA 104/19, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24; Urteil vom 27. November 2019, L 9 KR 264/17, zitiert nach juris, dort Rdnr. 52). Das Bundessozialgericht hat leitsatzartig entschieden, dass Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbständig tätig sind, wenn sie mindestens 50 v.H. der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine echte bzw. qualifizierte Sperrminorität eingeräumt ist. An beidem fehlt es für den Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeit-raum.
Eine verfassungsrechtlich verbotene Rückwirkung liegt in der Heranziehung dieser neueren Rechtsprechung – anders als von der Klägerin behauptet – nicht. Das zugrunde liegende Recht in Gestalt von § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch hat sich nicht zu Lasten der Klägerin rückwirkend geändert; hinzu getreten ist lediglich eine sehr klare Auffassung des obersten Bundesgerichts zur Interpretation des nach wie vor geltenden Rechts im Falle von Gesellschafter-Geschäftsführern. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kam insoweit auch nicht überraschend; vielmehr zeichnete sich spätestens mit dem Urteil vom 29. August 2012 (B 12 KR 25/10 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32) ab, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers im Konfliktfall außerhalb einer "Schönwetterzeit" abzuwenden; "Schönwetter-Selbstständigkeit" sei mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände "schwerlich hinnehmbar".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und für die Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Der Streitwert ergibt sich aus § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG; die Streitwertentscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 II SGG).
Rechtskraft
Aus
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