Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 KA 1843/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3935/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines Regelleistungsvolumens hat bestandskräftig werden lassen, ist an diese Festsetzung gebunden und kann im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen (so schon BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 24.02.2016 - L 5 KA 1991/13 - und vom 05.10.2016 - L 5 KA 773/13 -, jew. in juris). 2. § 9 Abs. 5 des Honorarverteilungsmaßstabes der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg in der für das Quartal 4/2014 geltenden Fassung, wonach standortübergreifende Berufsausübungsgemeinschaften nur dann einen Förderzuschlag für die kooperative Behandlung von Patienten erhalten, wenn an einem Vertragsarztsitz mehrere Ärzte niedergelassen sind, ist nicht zu beanstanden. Die Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gemäß § 87b Abs. 4 SGB V stehen dem nicht entgegen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht höheres Honorar für die Quartale 4/2013 bis 4/2014, wobei zwischen den Beteiligten (noch) die Zuerkennung eines Kooperationszuschlags auf das Regelleistungsvolumen (RLV) und Differenzen zwischen den in den Honorarzusammenstellungen und den in den Honorarbescheiden ausgewiesenen Beträgen streitig sind.
Die Klägerin ist in den Jahren 2013 und 2014 eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) mit Betriebsstätten in S. (Hauptbetriebsstätte), E. (Nebenbetriebsstätte), V. (Nebenbetriebsstätte), D. (Nebenbetriebsstätte), F. (Zweigpraxis) und E. am K. (Zweigpraxis). Die Partner der üBAG waren im streitgegenständlichen Zeitraum zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzte für Augenheilkunde sowie ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Dem Vertragsarztsitz V. waren in den streitgegenständlichen Quartalen der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Facharzt für Augenheilkunde D. R. (im Folgenden R.) und eine Weiterbildungsassistentin zugeordnet. Alle übrigen zugelassenen und angestellten Ärzte der Klägerin waren den anderen Betriebsstätten zugeordnet.
Im September 2013, Dezember 2013, März 2014, Juni 2014 und September 2014 wies die Beklagte der Klägerin für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 jeweils ihr RLV zu. Dabei gewährte sie – mit Ausnahme von R. – allen Vertragsärzten und angestellten Ärzten der Klägerin einen Aufschlag auf ihr RLV für standortübergreifende, fach- und schwerpunktgleiche Berufsausübungsgemeinschaften nach § 9 Abs. 5 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) in der jeweiligen Beschlussfassung der Vertreterversammlung vom 20.09.2013, 04.12.2013, 19.03.2014 bzw. 03.12.2014, gültig ab dem 01.10.2013, 01.01.2014, 01.04.2014 bzw. 01.07.2014. Gegen die RLV-Zuweisungen für die Quartale 4/2013 bis 3/2014 legte die Klägerin (zunächst) keine Widersprüche ein. Gegen die RLV-Zuweisung für das Quartal 4/2014 legte die Klägerin am 18.09.2014 Widerspruch ein.
Mit Honorarbescheiden vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 4/2013 in Höhe von insgesamt 1.287.333,19 EUR, für das Quartal 1/2014 in Höhe von insgesamt 1.340.538,09 EUR, für das Quartal 2/2014 in Höhe von insgesamt 1.299.561,73 EUR, für das Quartal 3/2014 in Höhe von insgesamt 1.318.029,37 EUR und für das Quartal 4/2014 in Höhe von insgesamt 1.498.952,48 EUR fest. Die Beklagte setzte dabei die der Klägerin zugewiesenen RLV an und behielt außerdem einen Verwaltungskostenanteil in Höhe von 2,54 %, eine Sicherstellungsumlage für den Notfalldienst als prozentuale Umlage in Höhe von 0,4319 % (1/2014: 5.757,91 EUR, 2/2014: 5.612,80 EUR, 3/2014: 5.692,57 EUR, 4/2014: 6.473,98 EUR) und als Kopfpauschalen in Höhe von 59,00 EUR je Monat und Arzt (1/2014:) 1.770,00 EUR, (2-4/2014) jeweils 1.725,75 EUR ein.
Gegen die Honorarbescheide legte die Klägerin jeweils fristgerecht Widerspruch ein. Ihr Widerspruch richtete sich gegen die Anwendung von § 9 HVM, den Ansatz des Verwaltungskostensatzes auf die Sachkosten und die Erhebung einer Sicherstellungsumlage/Kopfpauschale für den Notfalldienst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2016 wies die Beklagte die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus, § 9 Abs. 5 HVM regele die Förderung der kooperativen Behandlung von Patienten, wobei eine Förderung standortübergreifender BAGen grundsätzlich nicht stattfinde. Hintergrund dieser Regelung sei, dass dem Trend zur Bildung überörtlicher Gemeinschaftspraxen, in denen keine bzw. nur eine geringe gemeinsame Patientenversorgung stattfinde, entgegengewirkt werden solle. Nur für den Fall, dass innerhalb einer standortübergreifenden BAG, MVZ und Praxis mit angestellten Ärzten mehrere Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen an einem Vertragsarztsitz niedergelassen seien, werde das RLV eines jeden Arztes an diesem Standort um 10 % erhöht. Hierbei würden auch angestellte Ärzte entsprechend ihrer Zuordnung über die Anstellung zum niedergelassenen Arzt berücksichtigt. In der Betriebsstätte V. sei in den widerspruchsbefangenen Quartalen lediglich R. zur vertragsärztlichen Versorgung niedergelassen gewesen, so dass die Voraussetzungen des Kooperationszuschlags nicht gegeben seien. So seien zwar am Standort V. neben R. in den streitbefangenen Quartalen die angestellte Ärztin K. , die angestellten Ärzte Dr. W. , Herr K. , Dr. R. und Dr. H. sowie die zugelassenen Augenärzte Dr. B. und Dr. M. tätig gewesen. Jedoch seien Dr. B. und Dr. M. am Standort S. zugelassen und die angestellten Ärzte K. , Dr. W. und K. seien Dr. B. am Standort S. zugeordnet und Dr. R. und Dr. H. seien angestellte Ärzte des MVZ in D. und erhielten aufgrund dieser Zuordnung jeweils einen BAG-Aufschlag auf das RLV. Der Abzug der Verwaltungskosten vom Honorar für Sachkosten sei ebenfalls nicht zu bestanden.
Hinsichtlich der Widersprüche der Klägerin betreffend die Abzüge für den Notfalldienst entschied die Beklagte mit gesondertem Widerspruchsbescheid vom 14.04.2016 (rechtshängig unter L 5 KA 2812/17).
Am 23.03.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, aus einem Vergleich der Beträge in den Honorarzusammenstellungen und den Honorarbescheiden ergebe sich, dass der Klägerin im Quartal 4/2013 hinsichtlich der sonstigen Kostenträger 0,02 EUR weniger vergütet worden seien, als in der Honorarzusammenstellung ausgewiesen. Im Quartal 1/2014 weise der Honorarbescheid hinsichtlich der sonstigen Kostenträger 0,07 EUR weniger aus als in der Honorarzusammenstellung ausgewiesen. Im Quartal 2/2014 bestünde eine Differenz von 0,01 EUR zu ihren Lasten. Im Quartal 3/2014 verbleibe nach Saldierung mit dem Honorar für den Notfalldienst noch eine Differenz bei den sonstigen Kostenträgern in Höhe von 0,03 EUR. Im Quartal 4/2014 bestünde nach Einbeziehung des Honorars für den Notfalldienst noch eine Differenz von 0,03 EUR bei den sonstigen Kostenträgern. Diese Differenzen müsse die Beklagte erklären. Rundungsdifferenzen könnten die Abweichungen nicht rechtfertigen; es handele sich um Rechenfehler. Außerdem seien die Festsetzungen der Beklagten zur Berechnung des RLV rechtswidrig, soweit es um den BAG-Aufschlag für R. gehe. Die einschlägigen Regelungen in § 9 Abs. 5 Sätze 2 und 3 HVM seien nichtig, weil sie gegen die vorrangigen Ermächtigungsgrundlagen verstießen. Die RLV seien nach § 87b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen und vernetzten Praxen festzulegen. Dabei unterscheide der Gesetzgeber nicht zwischen örtlichen und/oder überörtlichen BAGen. Auch der Bewertungsausschuss nehme in den einschlägigen Beschlüssen keine solche Unterscheidung vor. Die üBAG der Klägerin sei vom Zulassungsausschuss (ZA) genehmigt worden. Im Genehmigungsverfahren habe sie seinerzeit den Gesellschaftsvertrag vorgelegt, wie es das Bundessozialgericht (BSG) verlange. Der ZA habe vor der Erteilung der Genehmigung alle Voraussetzungen einer üBAG geprüft. Damit habe der ZA als sachlich zuständige Behörde das Vorliegen der vertragsarztrechtlichen Anforderungen an die gemeinsame Berufsausübung der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer für die Klägerin positiv bewertet mit der Folge, dass der ZA auch festgestellt habe, dass die üBAG der Klägerin zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet worden sei. Die Genehmigung habe statusrelevanten Charakter und sei für die Beklagte verbindlich. Für die Feststellung und Behauptung in § 9 Abs. 5 Satz 2 HVM, wonach standortübergreifende BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte der gleichen oder unterschiedlicher Arztgruppen tätig seien, nicht zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet worden seien, fehle der Beklagten die sachliche Zuständigkeit. Hieran änderten auch die von der Beklagten angeführten (s. unten) Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV) nichts. Die KBV habe vielmehr ihrerseits gegen die Ermächtigungsgrundlage des § 87b Abs. 4 SGB V verstoßen, indem sie den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) eine umfassende Prüfungspflicht auferlegt habe, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorlägen. Entsprechendes lasse die Ermächtigungsgrundlage nicht zu. Jedenfalls habe die Beklagte den Prüfauftrag nicht oder rechtlich nur unzureichend erfüllt. Davon, dass sie die Prüfung vor Inkrafttreten am 01.01.2013 durchgeführt habe, sei nichts ersichtlich. Die von der Beklagten angeführte Sachlage aus dem Jahr 2007 (s. unten) habe mit der im Jahr 2012 zu prüfenden Sachlage nichts zu tun. Das Gericht müsse im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes feststellen, ob die Beklagte den Prüfauftrag erfüllt habe. Außerdem verstoße die Regelung in § 9 Abs. 5 Satz 3 HVM, wonach dann ein Aufschlag erfolge, wenn an einem Vertragsarztsitz innerhalb einer standortübergreifenden BAG, MVZ und Praxis mit angestellten Ärzten mehrere Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen niedergelassen seien, gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG). Eine Differenzierung nach dem "Standort" des Vertragsarztsitzes im Sinne der konkreten Adresse sei nicht mehr vom Ermessensspielraum der Beklagten gedeckt. Unabhängig von der Adresse gehe es bei der Tätigkeit in einer BAG um die gemeinsame Berufsausübung zugunsten der GKV-Versicherten ohne Überweisung von einem zum anderen Facharzt sowie eine vertragsärztliche Versorgung "aus einer Hand". R. arbeite in der üBAG der Klägerin augenärztlich konservativ und operativ. Er bekomme von anderen Vertragsärzten Überweisungen, arbeite aber noch sehr viel enger mit seinen Kollegen der üBAG zusammen, die ihm Patienten zuwiesen, ohne zu überweisen, wenn es um ambulante augenärztliche Operationen gehe. Ihn von dem 10%igen Aufschlag auszunehmen, weil er in den Praxisräumen in V. nicht mit einem weiteren niedergelassenen und zugelassenen Augenarzt zusammenarbeite, sei grundrechtswidrig. Zur Bekräftigung werde auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 11.05.2016 (L 12 KA 37/15) verwiesen. Darüber hinaus sei auch die Festsetzung der Verwaltungskosten rechtswidrig.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die von der Klägerin angeführten Honorarabweichungen seien nicht streitgegenständlich. Die Widersprüche gegen die Honorarbescheide hätten sich ausdrücklich nur auf den BAG-Aufschlag für R. und den Verwaltungskostenansatz bezogen. Vollständigkeitshalber werde darauf hingewiesen, dass sich die Abweichungen aus Rundungsdifferenzen und aus der unterschiedlichen Ausweisung der Notfallleistungen ergäben. Unabhängig davon, erfolge die Honorarfestsetzung nicht in den von der Klägerin aufgeführten Anlagen, sondern im Honorarbescheid. In den Honorarbescheiden seien keine gerundeten Beträge ausgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe der Bewertungsausschuss in seinen Beschlüssen vom 22.12.2010 und 25.01.2011 eine Unterscheidung zwischen örtlichen und/oder überörtlichen BAGen vorgenommen. Aus diesem Grunde habe die Beklagte auch die verbindlichen Regelungen des Bewertungsausschusses in § 9 Abs. 5 HVV übernommen. Die KBV habe mit Wirkung zum 01.01.2013 auf Grundlage des § 87b Abs. 4 SGB V Vorgaben zur Berücksichtigung kooperativer Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen gemacht, die zwischen nicht standortübergreifenden und standortübergreifenden BAGen und je nach Kooperationsgrad differenzierten. An diese Vorgaben habe sich die Beklagte gehalten. Entsprechend der Vorgaben habe sie geprüft, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorlägen. Sie habe festgestellt, dass bei nicht standortübergreifenden BAGen und bei standortübergreifenden BAGen mit mehreren niedergelassenen Ärzten gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen an einem Vertragsarztsitz Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung vorlägen, nicht hingegen bei standortübergreifenden BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten. Mit dem Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG) von 2007 habe die Zahl der ärztlichen Kooperationen erheblich zugenommen. In vielen dieser Kooperationen habe oftmals die Honoraroptimierung im Vordergrund gestanden. Aus diesem Grund habe der Bewertungsausschuss damals den BAG-Aufschlag vom Erreichen eines 10%igen Kooperationsgrades abhängig gemacht. Damit sollte die nicht förderungswürdige Inanspruchnahme des RLV-Zuschlags durch standortübergreifende BAGen, die kaum eine gemeinsame Patientenversorgung betrieben, verhindert werden. Dabei sei zu beobachten gewesen, dass dieser Kooperationsgrad oftmals nicht erreicht worden sei. Die Beklagte sei deshalb zutreffend davon ausgegangen, dass standortübergreifende BAGen in der Regel nicht zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet worden seien und damit insoweit kein Tatbestand für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen vorliege. Insoweit habe die Beklagte dem Trend zur Bildung überörtlicher BAGen, in denen keine bzw. nur eine geringe gemeinsame Patientenversorgung stattfinde, entgegengewirkt. Eine Ausnahme hiervon habe die Beklagte lediglich dann gesehen, wenn in einer standortübergreifenden BAG an einem Vertragsarztsitz mehrere Ärzte niedergelassen seien, da hier eine Vergleichbarkeit mit einer nicht standortübergreifenden BAG vorliege. Von dieser Ausnahmeregelung profitiere die Klägerin. Sie sei hierdurch nicht beschwert. Unabhängig davon könne sie keine Gleichbehandlung im Unrecht verlangen. Soweit die Klägerin das Urteil des Bayerischen LSG (L 12 KA 37/15) anführe, lasse sich daraus entnehmen, dass es im Gestaltungsspielraum der Kassenärztlichen Vereinigung stehe, in welcher Art und Weise sie die Vorgaben der KBV umsetze. Es müsse sich lediglich um Regelungen handeln, die zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet seien. Dies sei vorliegend der Fall. Wie sich aus § 9 Abs. 5 HVM ergebe, würden auch standortübergreifende BAGen gefördert, wenn an einem Vertragsarztsitz mehrere Ärzte niedergelassen seien. Darüber hinaus habe der Vorstand in seiner Sitzung vom 31.10.2012 entschieden, dass Ausnahmen von § 9 Abs. 5 HVM und damit eine Anerkennung des 10%igen BAG-Aufschlags in einer standortübergreifenden BAG auch dann möglich seien, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien: (1.) alle Ärzte einer üBAG seien an allen Betriebsstätten nachweislich tätig und nicht nur einzelne Teilnehmer, (2.) die Tätigkeit an der/den jeweils anderen Betriebsstätten müsse mindestens einen Umfang von 25 % der Wochenarbeitszeit ausmachen, (3.) eine kooperative Behandlung in mehr als 10 % der Fälle (ortsübergreifend) müsse dokumentiert sein, (4.) es müsse das Vorhandensein von infrastrukturellen Kooperationen glaubhaft versichert werden und (5.) das RLV der üBAG müsse im Referenzquartal überschritten werden. Damit habe die Beklagte Ausnahmeregelungen geschaffen, nach denen eine Förderung auch in einer standortübergreifenden BAG erfolge. Insoweit habe die Beklagte den ihr eingeräumten, weiten Gestaltungsspielraum keinesfalls überschritten. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung seien bei der Klägerin nicht erfüllt. Hinsichtlich der Verwaltungskosten auf Sachkosten habe das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 26.10.2016 (L 5 KA 760/14) entschieden, dass dieselben nicht zu beanstanden seien.
Mit Urteil vom 19.05.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei im Hinblick auf die Rundungsdifferenzen unzulässig, weil es am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Ein Klagebegehren, das auf die Verletzung von Rundungsregelungen gestützt werde und mit dem folglich nur die in dieser Rundungsregelung zum Ausdruck kommende Beschwer (allenfalls 0,03 EUR im Quartal 1/2014 und 0,01 EUR im Quartal 4/2014) geltend gemacht werde, rechtfertige für sich genommen die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtschutzes nicht (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 35/12 R -, in juris, Rn. 16 ff.). Dies gelte erst Recht, nachdem im vorliegenden, zulässigen Teil des Verfahrens Honoraransprüche jenseits der Millionengrenze im Streit stünden. Es stünden somit nicht mehr die eigenen wirtschaftlich sinnvollen Vorteile im Streit. Im Übrigen sei die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung durch Gewährung eines BAG-Aufschlags betreffend R. § 9 Abs. 5 HVM sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Beklagte habe dabei die Vorgaben der KBV gem. § 87b Abs. 4 SGB V beachtet. Den KVen sei mit den in den Vorgaben der KBV eingeräumten Abweichungsbefugnissen ein weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Berücksichtigung kooperativer Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen übertragen worden. Von diesen Abweichungsbefugnissen habe die Beklagte Gebrauch gemacht und den ihr eingeräumten Gestaltungsspielraum rechtmäßig ausgeübt. Sie habe der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen grundsätzlich angemessen Rechnung getragen. Insbesondere sei die Vorschrift vom Grundsatz her auch geeignet, Kooperationen in Form von standortübergreifenden BAGen einer oder mehrerer Arztgruppen angemessen Rechnung zu tragen. Dass hier grundsätzlich nur die Zusammenarbeit mehrerer Ärzte an einem Standort für den RLV-Zuschlag gefördert werde, stehe dem Ziel der angemessenen Berücksichtigung von Kooperationen nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liege es auch innerhalb des Gestaltungsspielraums der Beklagten, von der Grundkonzeption des Vorschlags der KBV abzuweichen und die Zuschläge für nicht standortübergreifende, fach- und schwerpunktübergreifende BAGen zu gewähren und zugleich standortübergreifende, fach- und schwerpunktübergreifende BAGen "in der Regel" hiervon auszuschließen. Die Vorgaben der KBV enthielten keine Anhaltspunkte, wonach die KVen im Rahmen ihrer Abweichungsbefugnisse an die Grundstruktur, den Wesenskern o.Ä. des "Vorschlags" der KBV gebunden wären. Hätte die KBV die Zuschlagsregelungen in ihren Vorgaben als nicht veränderbar vorgegeben, hätte es insbesondere der Regelungen in Ziffer 3 bis 5 nicht bedurft. Zudem wäre Ziff. 2 nicht als Vorschlag, sondern als verbindliche Vorgabe gekennzeichnet gewesen (unter Verweis auf Bayerisches LSG, Urteil vom 11.05.2016 -L 12 KA 37/15 -, in juris). Die in Streit stehende Regelung der Beklagten sei im Übrigen auch nicht unvertretbar oder unverhältnismäßig. Es liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vor (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG). Das maßgebliche Kriterium der Standortbezogenheit – standortübergreifend oder nicht standortübergreifend – rechtfertige grundsätzlich die von der Klägerin beanstandeten BAG-Zuschläge. Auch die KBV differenziere teilweise hinsichtlich des Kriteriums der Standortbezogenheit. Während nach dem Vorschlag der KBV nicht standortübergreifende fach- und schwerpunktgleiche BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe grundsätzlich einen Aufschlag i.H.v. 10 % erhielten, erhielten standortübergreifende fach- und schwerpunktgleiche BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppen diesen nur, soweit ein Kooperationsgrad von mindestens 10 % erreicht werde (Teil D Nr. 2 a. und b.). Wenn der Vorstand der Beklagten mit Beschluss vom 31.10.2012 nunmehr – im Rahmen seines Gestaltungsspielraums – diese Differenzierung aufnehme und fortschreibe, sei dies nicht zu beanstanden. Im Übrigen seien die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid angeführten Erwägungen nachvollziehbar. Danach habe die Beklagte insbesondere die Kooperationsformen an einem Praxisstandort als förderungswürdig angesehen und dabei bei ihrer Ermessensausübung das Interesse der Patienten berücksichtigt. Der besondere Vorteil für den Patienten sei nach Auffassung der Beklagten darin zu sehen, dass er bei gemeinsamer ärztlicher Berufsausübung an einem Ort ein breites Spektrum an ärztlichen Leistungen angeboten bekomme, ohne weitere Wege in Kauf nehmen zu müssen und die Praxisöffnungszeiten an diesem Praxisort flexibler gestaltet werden könnten. Diesen Vorzug für die Patienten sehe die Beklagte bei standortübergreifenden Kooperationsformen nicht in diesem Maße gegeben. Mit diesen Erwägungen bewege sich die Beklagte innerhalb des ihr eingeräumten Gestaltungsspielraums, der nicht der Überprüfungsbefugnis des Gerichts unterliege. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte mit den von ihr angeführten Gründen der Patientenversorgung vor Ort einen höheren Stellenwert einräume als der überörtlichen Patientenversorgung. Hierin sei auch kein Verstoß gegen gesetzgeberische Anliegen erkennbar. Insbesondere sei kein Widerspruch zur Gesetzesbegründung zum VÄndG ersichtlich. Willkürliches Handeln oder die Berücksichtigung sachfremder Erwägungen könne dem Normgeber daher nicht angelastet werden. Es sei nachvollziehbar, dass gerade überörtliche Kooperationsformen besonders leicht für eine Zusammenarbeit genutzt werden könnten, die vorwiegend der Honoraroptimierung diene. Es sei darum sachlich begründet, dass der Bewertungsausschuss und später die KBV dem entgegenwirken wollten, indem die finanzielle Förderung der Kooperation an den gemeinsamen Vertragsarztsitz geknüpft werde. Die Klägerin weise zwar zutreffend darauf hin, dass die Beklagte – insbesondere zur Verhinderung eines Missbrauchs von überörtlichen BAGen – die Möglichkeit gehabt habe, den Zuschlag und die Höhe des Zuschlages bei standortübergreifenden BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten einer oder mehrerer Arztgruppen von anderen Faktoren bzw. von anderen Grenzwerten abhängig zu machen. Die Entscheidung dieser Frage falle jedoch in den der Beklagten obliegenden Gestaltungsspielraum. Schließlich sei nicht erkennbar, inwieweit die Klägerin durch den sie begünstigenden Beschluss des Vorstandes der Beklagten aus seiner Sitzung vom 31.10.2012 in ihren Rechten verletzt sein könnte. Denn ohne diese Regelung wäre es der Klägerin als üBAG - am Standort V. - grundsätzlich verwehrt, einen BAG-Zuschlag zu erhalten. Zudem sei nach ständiger Rechtsprechung des BSG selbst eine gänzlich fehlende Härtefallregelung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in den HVM in Form einer im Einzelfall aus Sicherstellungsgründen erforderlichen (allgemeinen) Anpassungsregelung hineinzulesen (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 84/03 R -, in juris), sodass an der vom Vorstand der Beklagten getroffenen Ausnahmeregelung bzw. Härtefallregelung zu § 9 Abs. 5 HVM keine durchgreifenden (Zuständigkeits-)Bedenken bestünden. Da die Klägerin die Voraussetzungen eines BAG-Zuschlages gemäß dem Vorstandsbeschluss nicht erfüllt habe, sei der Klägerin zu Recht in Bezug auf den angestellten Arzt R. der BAG-Zuschlag verwehrt worden. Schließlich habe die Beklagte auch zu Recht Verwaltungskosten zum Ansatz gebracht.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14.06.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.06.2017 beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt (vormals L 5 KA 2430/17). Zur Begründung wiederholt sie ihren bisherigen Vortrag und macht ergänzend geltend, das SG hätte die Klage wegen der Differenzen zwischen der Honorarzusammenstellung und den Honorarbescheiden nicht als unzulässig abweisen dürfen. Es gehe schon fehlerhaft davon aus, dass Honoraransprüche jenseits der Millionengrenze im Streit stünden. Ausweislich der Streitwertfestsetzung in Höhe von vorläufig nur 53.901,37 EUR sei dies unzutreffend. Zudem irre das SG in Bezug auf die Höhe der Beschwer der Klägerin, die bei 0,13 EUR liege. Eine Saldierung mit Rechenfehlern zu ihren Gunsten sei nicht möglich. Unzulässig sei auch der Verweis auf ein Urteil des BSG zum Arbeitslosengeld II, das einen völlig anderen, nicht vergleichbaren Sachverhalt betreffe. Da die gesetzlichen Krankenkassen die Gewähr für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung trügen und auf die peinlich genaue Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vertrauen dürften, müssten weder die gesetzlichen Krankenkassen noch irgendein Vertragsarzt Differenzen zwischen der Honorarzusammenstellung und den Honorarbescheiden von 0,01 EUR und 0,07 EUR hinnehmen. Entgegen der Auffassung des SG habe die Beklagte auch zu Unrecht für R. keinen 10%igen BAG-Aufschlag auf das RLV angesetzt. Sie habe das ihr zustehende Gestaltungsermessen bei der Normierung des § 9 Abs. 5 HVM nicht rechtmäßig ausgeübt. Das SG sei nicht auf ihren Einwand eingegangen, der Beklagten fehle eine sachliche Zuständigkeit. Insoweit bleibe die Klägerin bei ihrem bisherigen Vortrag.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil das Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des RLV-Informationsschreibens für das Quartal 4/2014 sowie der Honorarbescheide der Beklagten vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2016 zu verurteilen, ihr höheres Honorar für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 unter Ansatz eines 10%igen BAG-Aufschlags für D. R. auf das Regelleistungsvolumen und ohne zu ihren Lasten gehende Differenzen zwischen den Beträgen in der Honorarzusammenstellung und den Beträgen in den Honorarbescheiden auszubezahlen,
hilfsweise den Anspruch der Klägerin auf Teilnahme an der Honorarverteilung für die Quartale 4/2013 und 4/2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihre bisherige Argumentation.
Mit Beschluss vom 07.08.2017 hat der Senat mit Einverständnis der Beteiligten wegen eines anhängigen Verfahrens zur Rechtmäßigkeit von Verwaltungskosten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Am 31.10.2018 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen, nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungsbeschwerde der Klägerin gegen das betreffende Urteil des Senats vom 26.10.2016 (L 5 KA 760/14) und den Beschluss des BSG vom 28.06.2017 über die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin (B 6 KA 85/16 B) nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Die Klägerin hat daraufhin erklärt, die streitgegenständlichen Honorarbescheide nicht mehr wegen der Erhebung identischer Verwaltungskosten auf Sachkosten anzugreifen. Auch hinsichtlich der in den Quartalen 1/2014 bis 4/2014 erhobenen prozentualen Sicherstellungsumlage für den Notfalldienst in Höhe von 0,4319 % nahm die Klägerin ihre Berufung zurück.
Der Senat hat die Klägerin schriftlich darauf hingewiesen, dass die Bestandskraft der RLV-Zuweisungen den Erfolgsaussichten der Berufung entgegenstehen dürfte. Die Klägerin hat daraufhin ausgeführt, aus den RLV-Zuweisungen ergebe sich nicht, dass R. keinen Aufschlag erhalte. Es handele sich außerdem nicht um Verwaltungsakte. Aus dem Text der Schreiben ergebe sich, dass es sich um bloße Informationen zum RLV handele. Zudem hat sie auf das Rundschreiben der Beklagten vom Juli 2013 verwiesen, wonach sich die Beklagte nicht auf die Bestandskraft der RLV-Zuweisungsbescheide berufe, wenn nur gegen die Honorarbescheide Widerspruch erhoben und dort Gründe gegen die Festsetzung der RLV vorgebracht worden seien. Die Beklagte hat dies bestätigt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 28.10.2020 vorsorglich Widerspruch gegen die RLV-Zuweisungsschreiben für die Quartale 4/2013 bis 3/2014 eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat entscheidet über die Berufung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 19.05.2017 ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Streitgegenstand sind der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 4/2014 und die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2016 insoweit, als für R. kein 10%iger BAG-Aufschlag auf das RLV erfolgt ist und Differenzen zwischen den Beträgen in der Honorarzusammenstellung und den Honorarbescheiden bestehen, die zu Lasten der Klägerin gehen. Nur insoweit sind sie von der Klägerin ausweislich ihrer Anträge im vorliegenden Verfahren angefochten. Eine derartige Beschränkung auf abtrennbare Regelungsteile des einheitlichen Honorarbescheides ist rechtlich zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.1985 - 6 RKa 15/84 -; Urteil des erkennenden Senats vom 20.11.2019 - L 5 KA 2858/17 -; beide in juris). Soweit sich die Klägerin mit ihrer Berufung ursprünglich auch gegen den Ansatz von Verwaltungskosten und eine prozentuale Sicherstellungsumlage für den Notfalldienst wandte, hat sie dies zuletzt nicht mehr geltend gemacht. Über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungskostenansatzes und der prozentualen Sicherstellungsumlage hat der Senat deshalb vorliegend nicht zu befinden. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
II. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist bereits unzulässig, soweit die Klägerin Rechenfehler in den Honorarbescheiden geltend macht (dazu a). Im Übrigen ist die Klage zulässig, jedoch unbegründet (dazu b).
1. Die Klage ist bereits unzulässig, soweit die Klägerin begehrt, ihr höheres Honorar für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 ohne zu ihren Lasten gehende Differenzen zwischen den Beträgen in den Honorarzusammenstellungen und den Beträgen in den Honorarbescheiden auszubezahlen. Es fehlt insoweit die Durchführung eines Vorverfahrens. Das Widerspruchsverfahren bezog sich nicht auf diesen Verfahrensgegenstand. Dementsprechend enthält auch der Widerspruchsbescheid vom 11.03.2016 hierzu keine Ausführungen. Hierzu bestand auch keine Veranlassung. Denn ausweislich ihrer Widerspruchsschreiben bezogen sich die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 auf klar abtrennbare Regelungsteile, nämlich den 10%igen BAG-Aufschlag, den Verwaltungskostenansatz und die Abschläge im Zusammenhang mit dem Notfalldienst. Der Wortlaut der Widerspruchsschreiben ist insoweit eindeutig. Es bestehen keine Zweifel, die dazu Veranlassung geben müssten, das Begehren der Klägerin im Sinne eines umfassenden Rechtsschutzbegehrens auszulegen. Das erstmals im Klageverfahren geltend gemachte Begehren lässt sich auch nicht mit einer (reinen) Leistungsklage verfolgen. Gegenstand der einem Leistungsbegehren zugängliche Verfügungssatz des Honorarbescheids ist der dort ausgewiesene Gesamtbetrag. Die in den Anlagen zum Honorarbescheid ausgewiesenen Beträge dienen lediglich der Erläuterung.
2. Im Übrigen ist die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide der Quartale 4/2013 bis 4/2014 sind – soweit sie hier zur Überprüfung stehen – rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
a) Hinsichtlich der Quartale 4/2013 bis 3/2014 ist dem klägerischen Begehren der Erfolg bereits deswegen zu versagen, weil die Zuweisungen des RLV für diese Quartale bestandskräftig geworden sind.
Die Zuweisung der RLV stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - und vom 11.12.2013 - B 6 KA 6/13 R -, jew. in juris; Beschluss des Senats vom 21.02.2017 - L 5 KA 332/15 -, n.v.). Die fehlende Unterzeichnung und die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung bedingen keine abweichende Beurteilung der Qualifizierung der RLV-Zuweisung als Verwaltungsakt. Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB X können bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatisierter Einrichtungen erlassen wird, entgegen der ansonsten nach § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestehenden Notwendigkeit, die Unterschrift und die Namenswiedergabe des Behördenleiters fehlen, ohne dass der Verwaltungsakt deswegen formell rechtswidrig ist. Auch das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, sondern einzig dazu, dass die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs nicht zu laufen beginnt (vgl. § 66 Abs. 1 SGG) und die Einlegung desselben innerhalb eines Jahres möglich ist (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die benannten gesetzlichen Regelungen verdeutlichen mit ihren ausdrücklich angeführten Rechtsfolgen, dass weder die fehlende Unterzeichnung noch eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung die Rechtsnatur der getroffenen Entscheidung ändern. Auch der Umstand, dass die Beklagte die RLV-Zuweisung nicht als "Bescheid" bezeichnet hat, führt nicht dazu, die Zuweisung als bloße Information zu qualifizieren, da die Zuweisung einen der Bindungswirkung fähigen Verfügungssatz beinhaltet (vgl. BSG, Urteil vom 29.09.1995 - 11 Rar 109/94 - in juris). Im Übrigen ist für die Abgrenzung eines Verwaltungsaktes zu bloßen informativen Mitteilungen vom Begriff des Verwaltungsaktes auszugehen. Ein solcher ist in § 31 Satz 1 SGB X dahingehend definiert, dass jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, einen Verwaltungsakt darstellt. Eine Regelung i.d.S. liegt vor, wenn Ziel der behördlichen Willenserklärung die Gestaltung oder Bestätigung eines rechtlichen Zustandes ist. Diese Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend erfüllt. Die Beklagte hat in den Zuweisungen für das jeweilige Quartal die RLV der einzelnen Ärzte der Klägerin und insgesamt der Praxis der Höhe nach konkret benannt und durch die Formulierung "beträgt" klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich insoweit um rechtswirksame Regelungen handelt. Dem steht nicht entgegen, dass die Zuweisungen der (Vorab-)"Information" der Praxis zur Gewährleistung einer ausreichenden Kalkulationssicherheit dienen. Auch die in den RLV-Zuweisungen enthaltenen Vorbehalte vermögen den Charakter als Verwaltungsakt nicht zu ändern, da die Vorbehalte ggf. zukünftig eintretende Umstände erfassen sollen, das regelnde Wesen der RLV-Zuweisung jedoch (auch in ihrer Summe) unberührt lassen. Die Zuweisungen erfolgten auch nicht nur vorläufig, sie sollten die Höhe des RLV (zum Zeitpunkt der Zuweisung) endgültig regeln. Dass sich die Beklagte im Wege der Vorbehalte die Möglichkeit eröffnen wollte, auf möglicherweise zukünftig eintretende Umstände zu reagieren, führt nicht dazu, der Regelung einen vorläufigen Charakter beizumessen, da bei Erlass der Zuweisung nicht klar ist, ob die von den Vorbehalten erfassten Sachverhalt tatsächlich eintreten.
Aus der gesonderten Anfechtbarkeit der RLV-Zuweisung folgt, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -; Urteile des erkennenden Senats vom 24.02.2016 - L 5 KA 1991/13 - und vom 05.10.2016 - L 5 KA 773/13 -, jew. in juris; Beschlüsse des Senats vom 10.01.2017 - L 5 KA 2440/14 - und vom 21.02.2017 - L 5 KA 332/15 -, n.v.). Die Klägerin hat die RLV-Zuweisungen für die Quartale 4/2013 bis 3/2014 nicht mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angefochten. Der Senat vermag insbesondere eine Anfechtung der RLV-Zuweisung nicht in der Anfechtung des (jeweiligen) Honorarbescheides zu erkennen. Die Widersprüche der Klägerin richteten sich ausdrücklich - sowohl im Betreff, als auch im begründenden Teil - gegen die Honorarbescheide, sodass eine Auslegung dahingehend, dass auch der Zuweisungsbescheid angefochten sein sollte, nicht möglich ist. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2010 vorsorglich Widerspruch gegen die RLV-Zuweisungen eingelegt hat, vermag dies an der Bestandskraft der Bescheide nichts mehr zu ändern. Denn die Widersprüche wurden nicht innerhalb der Jahresfrist seit Bekanntgabe (s. § 84 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) eingelegt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 84 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 67 SGG ist nicht zu gewähren, weil sie nicht binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses beantragt wurde. Spätestens seit dem Quartal 4/2014 war der Klägerin bekannt, dass sie (jedenfalls vorsorglich) gegen die RLV-Zuweisungsbescheide Widerspruch einlegen muss.
Ohne Belang ist insoweit, dass die Beklagte mit an die Ärzteschaft gerichtetem Rundschreiben vom Juli 2013 dargelegt hat, die Einlegung eines Widerspruchs gegen RLV-Zuweisungsbescheide sei nicht erforderlich (so schon Urteil des Senats vom 22.05.2019 - L 5 KA 90/18 - n.v.). Denn insoweit sind die Gerichte – selbst wenn sich die Beklagte entsprechend ihrer Ankündigung im genannten Rundschreiben auf die der Anfechtung der Honorarbescheide entgegenstehende Bestandskraft der RLV-Zuweisungsbescheide (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -, in juris) nicht ausdrücklich beruft – verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der für die Entscheidung maßgeblichen Verwaltungsakte zu prüfen. Die Durchführung eines Vorverfahrens ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmid, SGG Komm., 13. Auf. 2020, vor § 51 Rn. 13). Sie steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Im Übrigen ergibt sich auch weder aus den Widerspruchsschreiben der anwaltlich vertretenen Klägerin noch aus dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11.03.2016, dass die RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 4/2013 und 3/2014 überprüft werden sollten bzw. überprüft wurden. Die Klägerin legte jeweils ausdrücklich gegen die Honorarbescheide Widerspruch ein und erwähnte die RLV-Zuweisungsbescheide nicht. Auch die Beklagte erwähnt weder in der Kopfzeile des Widerspruchsbescheids noch in dessen Sachverhalt oder in dessen Gründen die RLV-Zuweisungsbescheide oder nimmt auf sie Bezug.
Die von der Beklagten gegenüber der Ärzteschaft abgegebene Zusicherung vermag deshalb der Klägerin nicht zu einer abweichenden, eine erneute Überprüfung der RLV-Zuweisungsbescheide im gerichtlichen Verfahren ermöglichenden Rechtsposition zu verhelfen; ob durch die abgegebene Zusicherung Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte im Innenverhältnis begründet werden, hat der Senat nicht zu entscheiden.
Mithin wurden die RLV-Zuweisungen für die Quartale 4/2013 und 3/2014 bestandskräftig und für die Beteiligten bindend (vgl. § 77 SGG), sodass die Klägerin im vorliegenden Honorarstreit mit ihren Einwänden gegen die Zuweisungen des RLV für die Quartale 4/2013 und 3/2014 nicht durchdringen kann.
b) Auch die RLV-Zuweisung und der Honorarbescheid für das Quartal 4/2014 sind - soweit angefochten - rechtmäßig. Die Beklagte hat der Klägerin zu Recht keinen 10%igen Aufschlag auf das RLV von R. gewährt.
aa) Rechtsgrundlage des angefochtenen Regelungsteils der RLV-Zuweisung und des Honorarbescheids ist § 9 Abs. 5 HVM in der für das Quartal 4/2014 geltenden Fassung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 03.12.2014 (gültig ab 01.07.2014 und 01.10.2014).
Nach § 9 Abs. 5 HVM wird zur Förderung der kooperativen Behandlung von Patienten in der vertragsärztlichen Versorgung das praxisbezogene RLV (a.) bei nicht standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen BAG und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe gem. Anlage 1b um 10 % erhöht, (b.) bei nicht standortübergreifenden fach- und schwerpunktübergreifenden BAG, MVZ und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte unterschiedlicher Arztgruppen gem. Anlage 1b tätig sind, um 10 % erhöht, höchstens jedoch um 20 %, wenn ein höherer Kooperationsgrad der Einrichtung oder Praxis entsprechend der tabellarisch aufgeführten Werte nachgewiesen ist. Standortübergreifende BAG, MVZ und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte der gleichen oder unterschiedlicher Arztgruppen gem. Anlage 1b tätig sind, wurden nicht zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet und werden grundsätzlich nicht gefördert (§ 9 Abs. 5 Satz 2 HVM). Sofern jedoch an einem Vertragsarztsitz innerhalb einer standortübergreifenden BAG, MVZ und Praxis mit angestellten Ärzten mehrere Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen gem. Anlage 1b niedergelassen sind, wird das RLV eines jeden Arztes an diesem Standort um 10 % erhöht (§ 9 Abs. 5 Satz 3 HVM).
bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundlage steht der Klägerin kein 10%iger Aufschlag auf das RLV für R. zu, weil sie als standortübergreifende BAG gemäß § 9 Abs. 5 Satz 2 HVM grundsätzlich keinen Förderanspruch hat. Die Ausnahmevoraussetzungen des § 9 Abs. 5 Satz 3 HMV sind in Bezug auf R. nicht erfüllt, weil er in den streitgegenständlichen Quartalen nicht mit anderen Vertragsärzten oder angestellten Ärzten an seinem Vertragsarztsitz niedergelassen war. Die seinem Vertragsarztsitz zugewiesene Weiterbildungsassistentin ist keine angestellte Ärztin im Sinne von § 9 Abs. 5 Satz 3 HVM (vgl. § 95 Abs. 9, § 95a SGB V).
cc) Die Regelungen des § 9 Abs. 5 Sätze 2 und 3 HVM stehen mit dem Gesetz in Einklang. Sie sind von dem der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraum, der ihr unter Berücksichtigung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben zusteht, gedeckt.
Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V hat der Maßstab zur Verteilung der mit den Krankenkassen gemäß § 87a Abs. 3 SGB V vereinbarten Gesamtvergütungen, den die KV nach § 87b Abs. 1 Satz 2 SGB V im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festsetzt, Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der Verteilungsmaßstab hat nach § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen; dabei können gesonderte Vergütungsregelungen für vernetzte Praxen auch als ein eigenes Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen vorgesehen werden, soweit dies einer Verbesserung der ambulanten Versorgung dient und das Praxisnetz von der Kassenärztlichen Vereinigung anerkannt wird (Satz 3).
Nach § 87b Abs. 4 SGB V in der ab dem 01.01.2012 (bis zum 22.07.2015) geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG), BGBl. I S. 2983) hat die KBV im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des § 87b Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB V zu bestimmen. Die KBV hat im Teil D der "Vorgaben gemäß § 87b Abs. 4 SGB V" (in der jeweiligen – soweit relevant – unveränderten Fassung vom 02.09.2013 bzw. 14.03.2014, jeweils gültig ab 01.10.2013, bzw. vom 01.08.2014, gültig ab 01.10.2014, bzw. vom 29.09.2014, gültig ab 01.07.2014) "Vorgaben zur Berücksichtigung kooperativer Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen" bestimmt. Nach Ziff. 1 der Vorgaben prüft die KV, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorliegen. Liegen Tatbestände für eine Berücksichtigung vor, kann nach Ziff. 2 der Vorgaben zur Förderung der gemeinsamen vertragsärztlichen Versorgung in dafür vorgesehenen Versorgungsformen das zu erwartende praxisbezogene Honorar (a.) bei nicht standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe um 10% erhöht werden, (b.) bei standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe um 10 % erhöht werden, soweit ein Kooperationsgrad von mindestens 10 % erreicht wird und (c.) in fach- und schwerpunktübergreifenden BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte unterschiedlicher Arztgruppen tätig sind, unter Berücksichtigung des Kooperationsgrades der Einrichtung oder Praxis um die (tabellarisch) ausgewiesenen Anpassungsfaktoren erhöht werden. Der Kooperationsgrad ist unter (d.) definiert. Die KV kann ergänzende Regelungen zur Erleichterung der Ermittlung des Kooperationsgrades, zum Beispiel durch Kennzeichnung der Arztfälle, festlegen (e.). Die KV kann für förderungswürdige fach- und schwerpunktübergreifende BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten gemäß (c.) mit weit überwiegend fach- bzw. schwerpunktungleicher ärztlicher Besetzung einen Anpassungsfaktor in Höhe von 10 % für deren fach- bzw. schwerpunktgleiche Tätigkeit festlegen, auch wenn der Kooperationsgrad den Wert von 10 % unterschreitet (f.). Von den in dem Vorschlag gemäß Ziff. 2 zur Förderung der gemeinsamen vertragsärztlichen Versorgung in dafür vorgesehenen Versorgungsformen angegebenen Werten kann nach Maßgabe der KV abgewichen werden (Ziff. 3). Die Regelung in Ziff. 2 ist auch nur in einzelnen Punkten anwendbar (Ziff. 4). Von den vorgeschlagenen Zuschlägen gemäß Ziff. 2 kann die KV abweichende Regelungen festlegen, um der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen (Ziff. 5).
Nach § 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V sind die Vorgaben der KBV von den KVen zu beachten. Das bedeutet, dass sie für die KV verbindlich sind (s. BSG, Urteil vom 08.08.2018 - B 6 KA 26/17 R -, in juris, Rn. 29). Dem gesetzgeberischen Auftrag verbindliche "Vorgaben" zu machen, um damit eine Vereinheitlichung der Verteilungsmaßstäbe herbeizuführen, steht dabei nicht entgegen, wenn die Vorgaben der KBV nur punktuell sind und die weitere Ausgestaltung dem Gestaltungspielraum der KVen überlassen wird. Ebenso unbedenklich ist, wenn die Vorgaben es ermöglichen, in einzelnen Punkten von ihnen abzuweichen. Anderes könnte nur dann gelten, wenn eine Suspendierung im Ganzen ermöglicht wird. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Nach Ziff. 4 der Vorgaben ist es den KVen möglich, Ziff. 2 der Vorgaben nur "in einzelnen Punkten" anzuwenden. Hiervon hat die Beklagte Gebrauch gemacht. Sie hat von der unter Ziff. 2 Buchst. b) aufgeführten Förderung standortübergreifender BAGen keinen Gebrauch macht und stattdessen eine Förderung nur entsprechend nicht standortübergreifender BAGen gewährt, in dem sie gem. § 9 Abs. 5 Satz 3 HVM einen 10%igen Aufschlag gewährt, wenn an einem Vertragsarztsitz innerhalb einer standortübergreifenden BAG mehrere Ärzte niedergelassen sind.
Die Beklagte genügt damit der gesetzlichen Anordnung, der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen "angemessen" Rechnung zu tragen (§ 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V). Gesetzlich vorgegeben ist lediglich, dass der HVM der kooperativen Behandlung Rechnung trägt; das "Wie" steht – unter Beachtung der Vorgaben der KBV – im Ermessen der KV (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 11.05.2016 - L 12 KA 37/15 -, in juris). Denn dem Normgeber des HVM kommt bei dessen Ausformung ein Gestaltungsspielraum zu (BSG, u.a. Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, vom 08.02.2006 - B 6 KA 25/05 R - und vom 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R -, alle in juris), wie er typischerweise mit Rechtsetzungsakten einhergeht. Die Gestaltungsfreiheit dient dabei auch der mit dem GKV-VStG bezweckten Regionalisierung und Flexibilisierung der Honorarverteilung (vgl. BT-Drs. 17/6906 S. 65 zu § 87b) und gilt nicht allein für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen. Die Ausarbeitung des HVM erfordert Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen sind. Dieser Gestaltungsspielraum ist von den Gerichten grundsätzlich zu respektieren; die richterliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die äußeren rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Demgemäß ist der Gestaltungsspielraum durch die gesetzlichen Vorgaben für die Honorarverteilung, insbesondere die Grundsätze der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der leistungsproportionalen Verteilung begrenzt (BSG, Urteil vom 30.11.2016 - B 6 KA 4/16 R -, in juris m.w.N.).
Zweck des § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V ist die Förderung der patientennahen ärztlichen Kooperation in der vertragsärztlichen Versorgung (vgl. BT-Drs. 17/6906 S. 65 zu § 87b). Diesem Zweck entsprechend fördert die Beklagte in § 9 Abs. 5 HVM die nicht standortübergreifenden BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten durch einen 10%igen Aufschlag auf das praxisbezogene RLV. Die standortübergreifenden BAGen werden ebenso wie nicht standortübergreifende BAGen gefördert. Denn sie erhalten für jeden Arzt, der an seinem Vertragsarztsitz zusammen mit anderen Ärzten niedergelassen ist, ebenfalls einen 10%igen Aufschlag auf das RLV. Demgemäß wird auch die Klägerin gefördert, in dem (bis auf R.) alle Vertragsärzte und angestellte Ärzte einen 10%igen Aufschlag auf ihr RLV erhalten haben. Lediglich soweit die Kooperation ausschließlich überörtlich ist, fällt sie nicht unter die Förderung. Die damit verbundene Herausnahme der überörtlichen Kooperationen aus der Förderung ist nicht zu beanstanden. Auf Grundlage der von der KBV vorgegebenen Prüfung, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorliegen, hat die Beklagte festgestellt, dass dies ihrer – dem Beurteilungsspielraum unterliegenden – Einschätzung nach bei standortübergreifenden BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten nicht der Fall ist, weil diese in der Regel nicht vorrangig zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet werden und damit insoweit kein Tatbestand für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen vorliegt. Grundlage dieser Feststellung war die Beobachtung der Beklagten, dass die seit dem VÄndG erheblich zugenommenen ärztlichen Kooperationen häufig aus Gründen der Honoraroptimierung eingegangen worden waren, was sich daran zeigte, dass der vom Bewertungsausschuss nach alter Rechtslage (Nr. 1.3.1. des Beschlusses vom 22.12.2010, gültig ab 01.04.2011; DÄ 2011, A-125) geforderte 10%ige Kooperationsgrad bei standortübergreifenden BAGen oftmals nicht erreicht worden war. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte insoweit von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist, liegen keine vor und werden von der Klägerin auch nicht substantiiert aufgezeigt. Es ist zwar zutreffend – wie die Klägerin einwendet –, dass die Entscheidung darüber, ob die Kriterien einer (ü)BAG erfüllt sind, in dem dafür vorgesehenen Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV getroffen wird und diese Entscheidung zum Status der Arztpraxis grundsätzlich Bindungswirkung auch gegenüber allen vertragsärztlichen Institutionen Dritter entfaltet (BSG, Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R -, in juris, Rn. 47 m.w.N.). Die Beklagte stellt jedoch auch nicht den Zulassungsstatus der Klägerin – oder generell der üBAGen – in Frage. Sie hat sich vielmehr aus sachlichen Erwägungen heraus dazu entschlossen, diese spezielle Kooperationsform nicht zu fördern. Diese Entscheidung obliegt ihr im Rahmen der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben allein.
Die Regelungen des § 9 Abs. 5 HVM verletzen auch nicht die Grundsätze der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) und der leistungsproportionalen Verteilung der Gesamtvergütung.
Die grundsätzliche Zulässigkeit begünstigender Vergütungsbestimmungen zur Förderung von BAGen ist bereits höchstrichterlich geklärt. Der EBM-Ä enthielt in der Zeit vom 01.07.1997 bis zum 30.06.2003 in den Allgemeinen Bestimmungen über die Fallpunktzahlen in den Praxisbudgets Vorgaben über einen Aufschlag von 10 % für Gemeinschaftspraxen zwischen Hausärzten oder zwischen Fachärzten desselben Fachgebiets. Das BSG hat diese Regelung in zwei Beschlüssen gebilligt (Beschluss vom 28.01.2004 - B 6 KA 112/03 B -, Beschluss vom 10.03.2004 - B 6 KA 129/03 B; beide in juris). Nach der Neufassung des EBM-Ä zum 01.04.2005 durch den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 erfolgte die Förderung von Gemeinschaftspraxen im EBM-Ä nicht mehr durch einen prozentualen Aufschlag, sondern durch einen Aufschlag auf den Ordinationskomplex. Daran anknüpfend enthielt Nr. 3.2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 zur Festlegung von RLV durch die KVen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) begünstigende Regelungen für Gemeinschaftspraxen u.a. in Gestalt einer Erhöhung der Fallpunktzahl für arztgruppen- und schwerpunktgleiche Gemeinschaftspraxen. Auch diese Regelungen hat das BSG für rechtmäßig erachtet (Urteil vom 17.03.2010 - B 6 KA 41/08 R -, in juris). Ebenso hat es die in den Jahren 2009 und 2010 geltenden Bestimmungen gebilligt (BSG, Urteil vom 16.05.2018 - B 6 KA 15/17 R -, in juris). Damals bestimmte Nr. 5.1 S 4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä in der ab 2009 geltenden Fassung, dass in arztgruppen- und schwerpunktgleichen (Teil-)BAGen oder Arztpraxen mit angestellten Ärzten derselben Arztgruppe/desselben Schwerpunktes ein Aufschlag in Höhe von 10 % auf die jeweiligen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen vorzunehmen ist.
Es liegt auch keine gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung der üBAGen bei der Honorarverteilung vor, weil die Unterscheidung zwischen nicht standortübergreifenden und standortübergreifenden BAGen von sachlichen Erwägungen getragen ist (s.o.). Darüber hinaus hat der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung vom 31.10.2012 eine Härtefallregelung getroffen, wonach die Anerkennung des 10%igen BAG-Aufschlags in einer standortübergreifenden BAG auch dann möglich ist, wenn alle Ärzte einer üBAG an allen Betriebsstätten nachweislich tätig sind, die Tätigkeit an der/den jeweils anderen Betriebsstätten mindestens einen Umfang von 25 % der Wochenarbeitszeit ausmacht, eine kooperative Behandlung in mehr als 10 % der Fälle (ortsübergreifend) dokumentiert ist, das Vorhandensein von infrastrukturellen Kooperationen glaubhaft versichert wird und das RLV der üBAG im Referenzquartal überschritten wird. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung sind bei der Klägerin indes nicht erfüllt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
V. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Da ungewiss ist, welche finanziellen Vorteile die Klägerin durch den begehrten 10%igen Aufschlag auf das RLV von R. hätte, hält der Senat den Ansatz des Regelstreitwerts pro Quartal für gerechtfertigt.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht höheres Honorar für die Quartale 4/2013 bis 4/2014, wobei zwischen den Beteiligten (noch) die Zuerkennung eines Kooperationszuschlags auf das Regelleistungsvolumen (RLV) und Differenzen zwischen den in den Honorarzusammenstellungen und den in den Honorarbescheiden ausgewiesenen Beträgen streitig sind.
Die Klägerin ist in den Jahren 2013 und 2014 eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) mit Betriebsstätten in S. (Hauptbetriebsstätte), E. (Nebenbetriebsstätte), V. (Nebenbetriebsstätte), D. (Nebenbetriebsstätte), F. (Zweigpraxis) und E. am K. (Zweigpraxis). Die Partner der üBAG waren im streitgegenständlichen Zeitraum zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzte für Augenheilkunde sowie ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Dem Vertragsarztsitz V. waren in den streitgegenständlichen Quartalen der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Facharzt für Augenheilkunde D. R. (im Folgenden R.) und eine Weiterbildungsassistentin zugeordnet. Alle übrigen zugelassenen und angestellten Ärzte der Klägerin waren den anderen Betriebsstätten zugeordnet.
Im September 2013, Dezember 2013, März 2014, Juni 2014 und September 2014 wies die Beklagte der Klägerin für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 jeweils ihr RLV zu. Dabei gewährte sie – mit Ausnahme von R. – allen Vertragsärzten und angestellten Ärzten der Klägerin einen Aufschlag auf ihr RLV für standortübergreifende, fach- und schwerpunktgleiche Berufsausübungsgemeinschaften nach § 9 Abs. 5 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) in der jeweiligen Beschlussfassung der Vertreterversammlung vom 20.09.2013, 04.12.2013, 19.03.2014 bzw. 03.12.2014, gültig ab dem 01.10.2013, 01.01.2014, 01.04.2014 bzw. 01.07.2014. Gegen die RLV-Zuweisungen für die Quartale 4/2013 bis 3/2014 legte die Klägerin (zunächst) keine Widersprüche ein. Gegen die RLV-Zuweisung für das Quartal 4/2014 legte die Klägerin am 18.09.2014 Widerspruch ein.
Mit Honorarbescheiden vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 4/2013 in Höhe von insgesamt 1.287.333,19 EUR, für das Quartal 1/2014 in Höhe von insgesamt 1.340.538,09 EUR, für das Quartal 2/2014 in Höhe von insgesamt 1.299.561,73 EUR, für das Quartal 3/2014 in Höhe von insgesamt 1.318.029,37 EUR und für das Quartal 4/2014 in Höhe von insgesamt 1.498.952,48 EUR fest. Die Beklagte setzte dabei die der Klägerin zugewiesenen RLV an und behielt außerdem einen Verwaltungskostenanteil in Höhe von 2,54 %, eine Sicherstellungsumlage für den Notfalldienst als prozentuale Umlage in Höhe von 0,4319 % (1/2014: 5.757,91 EUR, 2/2014: 5.612,80 EUR, 3/2014: 5.692,57 EUR, 4/2014: 6.473,98 EUR) und als Kopfpauschalen in Höhe von 59,00 EUR je Monat und Arzt (1/2014:) 1.770,00 EUR, (2-4/2014) jeweils 1.725,75 EUR ein.
Gegen die Honorarbescheide legte die Klägerin jeweils fristgerecht Widerspruch ein. Ihr Widerspruch richtete sich gegen die Anwendung von § 9 HVM, den Ansatz des Verwaltungskostensatzes auf die Sachkosten und die Erhebung einer Sicherstellungsumlage/Kopfpauschale für den Notfalldienst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2016 wies die Beklagte die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus, § 9 Abs. 5 HVM regele die Förderung der kooperativen Behandlung von Patienten, wobei eine Förderung standortübergreifender BAGen grundsätzlich nicht stattfinde. Hintergrund dieser Regelung sei, dass dem Trend zur Bildung überörtlicher Gemeinschaftspraxen, in denen keine bzw. nur eine geringe gemeinsame Patientenversorgung stattfinde, entgegengewirkt werden solle. Nur für den Fall, dass innerhalb einer standortübergreifenden BAG, MVZ und Praxis mit angestellten Ärzten mehrere Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen an einem Vertragsarztsitz niedergelassen seien, werde das RLV eines jeden Arztes an diesem Standort um 10 % erhöht. Hierbei würden auch angestellte Ärzte entsprechend ihrer Zuordnung über die Anstellung zum niedergelassenen Arzt berücksichtigt. In der Betriebsstätte V. sei in den widerspruchsbefangenen Quartalen lediglich R. zur vertragsärztlichen Versorgung niedergelassen gewesen, so dass die Voraussetzungen des Kooperationszuschlags nicht gegeben seien. So seien zwar am Standort V. neben R. in den streitbefangenen Quartalen die angestellte Ärztin K. , die angestellten Ärzte Dr. W. , Herr K. , Dr. R. und Dr. H. sowie die zugelassenen Augenärzte Dr. B. und Dr. M. tätig gewesen. Jedoch seien Dr. B. und Dr. M. am Standort S. zugelassen und die angestellten Ärzte K. , Dr. W. und K. seien Dr. B. am Standort S. zugeordnet und Dr. R. und Dr. H. seien angestellte Ärzte des MVZ in D. und erhielten aufgrund dieser Zuordnung jeweils einen BAG-Aufschlag auf das RLV. Der Abzug der Verwaltungskosten vom Honorar für Sachkosten sei ebenfalls nicht zu bestanden.
Hinsichtlich der Widersprüche der Klägerin betreffend die Abzüge für den Notfalldienst entschied die Beklagte mit gesondertem Widerspruchsbescheid vom 14.04.2016 (rechtshängig unter L 5 KA 2812/17).
Am 23.03.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, aus einem Vergleich der Beträge in den Honorarzusammenstellungen und den Honorarbescheiden ergebe sich, dass der Klägerin im Quartal 4/2013 hinsichtlich der sonstigen Kostenträger 0,02 EUR weniger vergütet worden seien, als in der Honorarzusammenstellung ausgewiesen. Im Quartal 1/2014 weise der Honorarbescheid hinsichtlich der sonstigen Kostenträger 0,07 EUR weniger aus als in der Honorarzusammenstellung ausgewiesen. Im Quartal 2/2014 bestünde eine Differenz von 0,01 EUR zu ihren Lasten. Im Quartal 3/2014 verbleibe nach Saldierung mit dem Honorar für den Notfalldienst noch eine Differenz bei den sonstigen Kostenträgern in Höhe von 0,03 EUR. Im Quartal 4/2014 bestünde nach Einbeziehung des Honorars für den Notfalldienst noch eine Differenz von 0,03 EUR bei den sonstigen Kostenträgern. Diese Differenzen müsse die Beklagte erklären. Rundungsdifferenzen könnten die Abweichungen nicht rechtfertigen; es handele sich um Rechenfehler. Außerdem seien die Festsetzungen der Beklagten zur Berechnung des RLV rechtswidrig, soweit es um den BAG-Aufschlag für R. gehe. Die einschlägigen Regelungen in § 9 Abs. 5 Sätze 2 und 3 HVM seien nichtig, weil sie gegen die vorrangigen Ermächtigungsgrundlagen verstießen. Die RLV seien nach § 87b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen und vernetzten Praxen festzulegen. Dabei unterscheide der Gesetzgeber nicht zwischen örtlichen und/oder überörtlichen BAGen. Auch der Bewertungsausschuss nehme in den einschlägigen Beschlüssen keine solche Unterscheidung vor. Die üBAG der Klägerin sei vom Zulassungsausschuss (ZA) genehmigt worden. Im Genehmigungsverfahren habe sie seinerzeit den Gesellschaftsvertrag vorgelegt, wie es das Bundessozialgericht (BSG) verlange. Der ZA habe vor der Erteilung der Genehmigung alle Voraussetzungen einer üBAG geprüft. Damit habe der ZA als sachlich zuständige Behörde das Vorliegen der vertragsarztrechtlichen Anforderungen an die gemeinsame Berufsausübung der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer für die Klägerin positiv bewertet mit der Folge, dass der ZA auch festgestellt habe, dass die üBAG der Klägerin zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet worden sei. Die Genehmigung habe statusrelevanten Charakter und sei für die Beklagte verbindlich. Für die Feststellung und Behauptung in § 9 Abs. 5 Satz 2 HVM, wonach standortübergreifende BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte der gleichen oder unterschiedlicher Arztgruppen tätig seien, nicht zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet worden seien, fehle der Beklagten die sachliche Zuständigkeit. Hieran änderten auch die von der Beklagten angeführten (s. unten) Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV) nichts. Die KBV habe vielmehr ihrerseits gegen die Ermächtigungsgrundlage des § 87b Abs. 4 SGB V verstoßen, indem sie den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) eine umfassende Prüfungspflicht auferlegt habe, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorlägen. Entsprechendes lasse die Ermächtigungsgrundlage nicht zu. Jedenfalls habe die Beklagte den Prüfauftrag nicht oder rechtlich nur unzureichend erfüllt. Davon, dass sie die Prüfung vor Inkrafttreten am 01.01.2013 durchgeführt habe, sei nichts ersichtlich. Die von der Beklagten angeführte Sachlage aus dem Jahr 2007 (s. unten) habe mit der im Jahr 2012 zu prüfenden Sachlage nichts zu tun. Das Gericht müsse im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes feststellen, ob die Beklagte den Prüfauftrag erfüllt habe. Außerdem verstoße die Regelung in § 9 Abs. 5 Satz 3 HVM, wonach dann ein Aufschlag erfolge, wenn an einem Vertragsarztsitz innerhalb einer standortübergreifenden BAG, MVZ und Praxis mit angestellten Ärzten mehrere Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen niedergelassen seien, gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG). Eine Differenzierung nach dem "Standort" des Vertragsarztsitzes im Sinne der konkreten Adresse sei nicht mehr vom Ermessensspielraum der Beklagten gedeckt. Unabhängig von der Adresse gehe es bei der Tätigkeit in einer BAG um die gemeinsame Berufsausübung zugunsten der GKV-Versicherten ohne Überweisung von einem zum anderen Facharzt sowie eine vertragsärztliche Versorgung "aus einer Hand". R. arbeite in der üBAG der Klägerin augenärztlich konservativ und operativ. Er bekomme von anderen Vertragsärzten Überweisungen, arbeite aber noch sehr viel enger mit seinen Kollegen der üBAG zusammen, die ihm Patienten zuwiesen, ohne zu überweisen, wenn es um ambulante augenärztliche Operationen gehe. Ihn von dem 10%igen Aufschlag auszunehmen, weil er in den Praxisräumen in V. nicht mit einem weiteren niedergelassenen und zugelassenen Augenarzt zusammenarbeite, sei grundrechtswidrig. Zur Bekräftigung werde auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 11.05.2016 (L 12 KA 37/15) verwiesen. Darüber hinaus sei auch die Festsetzung der Verwaltungskosten rechtswidrig.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die von der Klägerin angeführten Honorarabweichungen seien nicht streitgegenständlich. Die Widersprüche gegen die Honorarbescheide hätten sich ausdrücklich nur auf den BAG-Aufschlag für R. und den Verwaltungskostenansatz bezogen. Vollständigkeitshalber werde darauf hingewiesen, dass sich die Abweichungen aus Rundungsdifferenzen und aus der unterschiedlichen Ausweisung der Notfallleistungen ergäben. Unabhängig davon, erfolge die Honorarfestsetzung nicht in den von der Klägerin aufgeführten Anlagen, sondern im Honorarbescheid. In den Honorarbescheiden seien keine gerundeten Beträge ausgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe der Bewertungsausschuss in seinen Beschlüssen vom 22.12.2010 und 25.01.2011 eine Unterscheidung zwischen örtlichen und/oder überörtlichen BAGen vorgenommen. Aus diesem Grunde habe die Beklagte auch die verbindlichen Regelungen des Bewertungsausschusses in § 9 Abs. 5 HVV übernommen. Die KBV habe mit Wirkung zum 01.01.2013 auf Grundlage des § 87b Abs. 4 SGB V Vorgaben zur Berücksichtigung kooperativer Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen gemacht, die zwischen nicht standortübergreifenden und standortübergreifenden BAGen und je nach Kooperationsgrad differenzierten. An diese Vorgaben habe sich die Beklagte gehalten. Entsprechend der Vorgaben habe sie geprüft, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorlägen. Sie habe festgestellt, dass bei nicht standortübergreifenden BAGen und bei standortübergreifenden BAGen mit mehreren niedergelassenen Ärzten gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen an einem Vertragsarztsitz Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung vorlägen, nicht hingegen bei standortübergreifenden BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten. Mit dem Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG) von 2007 habe die Zahl der ärztlichen Kooperationen erheblich zugenommen. In vielen dieser Kooperationen habe oftmals die Honoraroptimierung im Vordergrund gestanden. Aus diesem Grund habe der Bewertungsausschuss damals den BAG-Aufschlag vom Erreichen eines 10%igen Kooperationsgrades abhängig gemacht. Damit sollte die nicht förderungswürdige Inanspruchnahme des RLV-Zuschlags durch standortübergreifende BAGen, die kaum eine gemeinsame Patientenversorgung betrieben, verhindert werden. Dabei sei zu beobachten gewesen, dass dieser Kooperationsgrad oftmals nicht erreicht worden sei. Die Beklagte sei deshalb zutreffend davon ausgegangen, dass standortübergreifende BAGen in der Regel nicht zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet worden seien und damit insoweit kein Tatbestand für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen vorliege. Insoweit habe die Beklagte dem Trend zur Bildung überörtlicher BAGen, in denen keine bzw. nur eine geringe gemeinsame Patientenversorgung stattfinde, entgegengewirkt. Eine Ausnahme hiervon habe die Beklagte lediglich dann gesehen, wenn in einer standortübergreifenden BAG an einem Vertragsarztsitz mehrere Ärzte niedergelassen seien, da hier eine Vergleichbarkeit mit einer nicht standortübergreifenden BAG vorliege. Von dieser Ausnahmeregelung profitiere die Klägerin. Sie sei hierdurch nicht beschwert. Unabhängig davon könne sie keine Gleichbehandlung im Unrecht verlangen. Soweit die Klägerin das Urteil des Bayerischen LSG (L 12 KA 37/15) anführe, lasse sich daraus entnehmen, dass es im Gestaltungsspielraum der Kassenärztlichen Vereinigung stehe, in welcher Art und Weise sie die Vorgaben der KBV umsetze. Es müsse sich lediglich um Regelungen handeln, die zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet seien. Dies sei vorliegend der Fall. Wie sich aus § 9 Abs. 5 HVM ergebe, würden auch standortübergreifende BAGen gefördert, wenn an einem Vertragsarztsitz mehrere Ärzte niedergelassen seien. Darüber hinaus habe der Vorstand in seiner Sitzung vom 31.10.2012 entschieden, dass Ausnahmen von § 9 Abs. 5 HVM und damit eine Anerkennung des 10%igen BAG-Aufschlags in einer standortübergreifenden BAG auch dann möglich seien, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien: (1.) alle Ärzte einer üBAG seien an allen Betriebsstätten nachweislich tätig und nicht nur einzelne Teilnehmer, (2.) die Tätigkeit an der/den jeweils anderen Betriebsstätten müsse mindestens einen Umfang von 25 % der Wochenarbeitszeit ausmachen, (3.) eine kooperative Behandlung in mehr als 10 % der Fälle (ortsübergreifend) müsse dokumentiert sein, (4.) es müsse das Vorhandensein von infrastrukturellen Kooperationen glaubhaft versichert werden und (5.) das RLV der üBAG müsse im Referenzquartal überschritten werden. Damit habe die Beklagte Ausnahmeregelungen geschaffen, nach denen eine Förderung auch in einer standortübergreifenden BAG erfolge. Insoweit habe die Beklagte den ihr eingeräumten, weiten Gestaltungsspielraum keinesfalls überschritten. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung seien bei der Klägerin nicht erfüllt. Hinsichtlich der Verwaltungskosten auf Sachkosten habe das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 26.10.2016 (L 5 KA 760/14) entschieden, dass dieselben nicht zu beanstanden seien.
Mit Urteil vom 19.05.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei im Hinblick auf die Rundungsdifferenzen unzulässig, weil es am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Ein Klagebegehren, das auf die Verletzung von Rundungsregelungen gestützt werde und mit dem folglich nur die in dieser Rundungsregelung zum Ausdruck kommende Beschwer (allenfalls 0,03 EUR im Quartal 1/2014 und 0,01 EUR im Quartal 4/2014) geltend gemacht werde, rechtfertige für sich genommen die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtschutzes nicht (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 35/12 R -, in juris, Rn. 16 ff.). Dies gelte erst Recht, nachdem im vorliegenden, zulässigen Teil des Verfahrens Honoraransprüche jenseits der Millionengrenze im Streit stünden. Es stünden somit nicht mehr die eigenen wirtschaftlich sinnvollen Vorteile im Streit. Im Übrigen sei die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung durch Gewährung eines BAG-Aufschlags betreffend R. § 9 Abs. 5 HVM sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Beklagte habe dabei die Vorgaben der KBV gem. § 87b Abs. 4 SGB V beachtet. Den KVen sei mit den in den Vorgaben der KBV eingeräumten Abweichungsbefugnissen ein weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Berücksichtigung kooperativer Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen übertragen worden. Von diesen Abweichungsbefugnissen habe die Beklagte Gebrauch gemacht und den ihr eingeräumten Gestaltungsspielraum rechtmäßig ausgeübt. Sie habe der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen grundsätzlich angemessen Rechnung getragen. Insbesondere sei die Vorschrift vom Grundsatz her auch geeignet, Kooperationen in Form von standortübergreifenden BAGen einer oder mehrerer Arztgruppen angemessen Rechnung zu tragen. Dass hier grundsätzlich nur die Zusammenarbeit mehrerer Ärzte an einem Standort für den RLV-Zuschlag gefördert werde, stehe dem Ziel der angemessenen Berücksichtigung von Kooperationen nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liege es auch innerhalb des Gestaltungsspielraums der Beklagten, von der Grundkonzeption des Vorschlags der KBV abzuweichen und die Zuschläge für nicht standortübergreifende, fach- und schwerpunktübergreifende BAGen zu gewähren und zugleich standortübergreifende, fach- und schwerpunktübergreifende BAGen "in der Regel" hiervon auszuschließen. Die Vorgaben der KBV enthielten keine Anhaltspunkte, wonach die KVen im Rahmen ihrer Abweichungsbefugnisse an die Grundstruktur, den Wesenskern o.Ä. des "Vorschlags" der KBV gebunden wären. Hätte die KBV die Zuschlagsregelungen in ihren Vorgaben als nicht veränderbar vorgegeben, hätte es insbesondere der Regelungen in Ziffer 3 bis 5 nicht bedurft. Zudem wäre Ziff. 2 nicht als Vorschlag, sondern als verbindliche Vorgabe gekennzeichnet gewesen (unter Verweis auf Bayerisches LSG, Urteil vom 11.05.2016 -L 12 KA 37/15 -, in juris). Die in Streit stehende Regelung der Beklagten sei im Übrigen auch nicht unvertretbar oder unverhältnismäßig. Es liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vor (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG). Das maßgebliche Kriterium der Standortbezogenheit – standortübergreifend oder nicht standortübergreifend – rechtfertige grundsätzlich die von der Klägerin beanstandeten BAG-Zuschläge. Auch die KBV differenziere teilweise hinsichtlich des Kriteriums der Standortbezogenheit. Während nach dem Vorschlag der KBV nicht standortübergreifende fach- und schwerpunktgleiche BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe grundsätzlich einen Aufschlag i.H.v. 10 % erhielten, erhielten standortübergreifende fach- und schwerpunktgleiche BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppen diesen nur, soweit ein Kooperationsgrad von mindestens 10 % erreicht werde (Teil D Nr. 2 a. und b.). Wenn der Vorstand der Beklagten mit Beschluss vom 31.10.2012 nunmehr – im Rahmen seines Gestaltungsspielraums – diese Differenzierung aufnehme und fortschreibe, sei dies nicht zu beanstanden. Im Übrigen seien die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid angeführten Erwägungen nachvollziehbar. Danach habe die Beklagte insbesondere die Kooperationsformen an einem Praxisstandort als förderungswürdig angesehen und dabei bei ihrer Ermessensausübung das Interesse der Patienten berücksichtigt. Der besondere Vorteil für den Patienten sei nach Auffassung der Beklagten darin zu sehen, dass er bei gemeinsamer ärztlicher Berufsausübung an einem Ort ein breites Spektrum an ärztlichen Leistungen angeboten bekomme, ohne weitere Wege in Kauf nehmen zu müssen und die Praxisöffnungszeiten an diesem Praxisort flexibler gestaltet werden könnten. Diesen Vorzug für die Patienten sehe die Beklagte bei standortübergreifenden Kooperationsformen nicht in diesem Maße gegeben. Mit diesen Erwägungen bewege sich die Beklagte innerhalb des ihr eingeräumten Gestaltungsspielraums, der nicht der Überprüfungsbefugnis des Gerichts unterliege. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte mit den von ihr angeführten Gründen der Patientenversorgung vor Ort einen höheren Stellenwert einräume als der überörtlichen Patientenversorgung. Hierin sei auch kein Verstoß gegen gesetzgeberische Anliegen erkennbar. Insbesondere sei kein Widerspruch zur Gesetzesbegründung zum VÄndG ersichtlich. Willkürliches Handeln oder die Berücksichtigung sachfremder Erwägungen könne dem Normgeber daher nicht angelastet werden. Es sei nachvollziehbar, dass gerade überörtliche Kooperationsformen besonders leicht für eine Zusammenarbeit genutzt werden könnten, die vorwiegend der Honoraroptimierung diene. Es sei darum sachlich begründet, dass der Bewertungsausschuss und später die KBV dem entgegenwirken wollten, indem die finanzielle Förderung der Kooperation an den gemeinsamen Vertragsarztsitz geknüpft werde. Die Klägerin weise zwar zutreffend darauf hin, dass die Beklagte – insbesondere zur Verhinderung eines Missbrauchs von überörtlichen BAGen – die Möglichkeit gehabt habe, den Zuschlag und die Höhe des Zuschlages bei standortübergreifenden BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten einer oder mehrerer Arztgruppen von anderen Faktoren bzw. von anderen Grenzwerten abhängig zu machen. Die Entscheidung dieser Frage falle jedoch in den der Beklagten obliegenden Gestaltungsspielraum. Schließlich sei nicht erkennbar, inwieweit die Klägerin durch den sie begünstigenden Beschluss des Vorstandes der Beklagten aus seiner Sitzung vom 31.10.2012 in ihren Rechten verletzt sein könnte. Denn ohne diese Regelung wäre es der Klägerin als üBAG - am Standort V. - grundsätzlich verwehrt, einen BAG-Zuschlag zu erhalten. Zudem sei nach ständiger Rechtsprechung des BSG selbst eine gänzlich fehlende Härtefallregelung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in den HVM in Form einer im Einzelfall aus Sicherstellungsgründen erforderlichen (allgemeinen) Anpassungsregelung hineinzulesen (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 84/03 R -, in juris), sodass an der vom Vorstand der Beklagten getroffenen Ausnahmeregelung bzw. Härtefallregelung zu § 9 Abs. 5 HVM keine durchgreifenden (Zuständigkeits-)Bedenken bestünden. Da die Klägerin die Voraussetzungen eines BAG-Zuschlages gemäß dem Vorstandsbeschluss nicht erfüllt habe, sei der Klägerin zu Recht in Bezug auf den angestellten Arzt R. der BAG-Zuschlag verwehrt worden. Schließlich habe die Beklagte auch zu Recht Verwaltungskosten zum Ansatz gebracht.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14.06.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.06.2017 beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt (vormals L 5 KA 2430/17). Zur Begründung wiederholt sie ihren bisherigen Vortrag und macht ergänzend geltend, das SG hätte die Klage wegen der Differenzen zwischen der Honorarzusammenstellung und den Honorarbescheiden nicht als unzulässig abweisen dürfen. Es gehe schon fehlerhaft davon aus, dass Honoraransprüche jenseits der Millionengrenze im Streit stünden. Ausweislich der Streitwertfestsetzung in Höhe von vorläufig nur 53.901,37 EUR sei dies unzutreffend. Zudem irre das SG in Bezug auf die Höhe der Beschwer der Klägerin, die bei 0,13 EUR liege. Eine Saldierung mit Rechenfehlern zu ihren Gunsten sei nicht möglich. Unzulässig sei auch der Verweis auf ein Urteil des BSG zum Arbeitslosengeld II, das einen völlig anderen, nicht vergleichbaren Sachverhalt betreffe. Da die gesetzlichen Krankenkassen die Gewähr für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung trügen und auf die peinlich genaue Abrechnung der zu vergütenden Leistungen vertrauen dürften, müssten weder die gesetzlichen Krankenkassen noch irgendein Vertragsarzt Differenzen zwischen der Honorarzusammenstellung und den Honorarbescheiden von 0,01 EUR und 0,07 EUR hinnehmen. Entgegen der Auffassung des SG habe die Beklagte auch zu Unrecht für R. keinen 10%igen BAG-Aufschlag auf das RLV angesetzt. Sie habe das ihr zustehende Gestaltungsermessen bei der Normierung des § 9 Abs. 5 HVM nicht rechtmäßig ausgeübt. Das SG sei nicht auf ihren Einwand eingegangen, der Beklagten fehle eine sachliche Zuständigkeit. Insoweit bleibe die Klägerin bei ihrem bisherigen Vortrag.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil das Sozialgerichts Stuttgart vom 19.05.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des RLV-Informationsschreibens für das Quartal 4/2014 sowie der Honorarbescheide der Beklagten vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2016 zu verurteilen, ihr höheres Honorar für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 unter Ansatz eines 10%igen BAG-Aufschlags für D. R. auf das Regelleistungsvolumen und ohne zu ihren Lasten gehende Differenzen zwischen den Beträgen in der Honorarzusammenstellung und den Beträgen in den Honorarbescheiden auszubezahlen,
hilfsweise den Anspruch der Klägerin auf Teilnahme an der Honorarverteilung für die Quartale 4/2013 und 4/2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihre bisherige Argumentation.
Mit Beschluss vom 07.08.2017 hat der Senat mit Einverständnis der Beteiligten wegen eines anhängigen Verfahrens zur Rechtmäßigkeit von Verwaltungskosten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Am 31.10.2018 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen, nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungsbeschwerde der Klägerin gegen das betreffende Urteil des Senats vom 26.10.2016 (L 5 KA 760/14) und den Beschluss des BSG vom 28.06.2017 über die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin (B 6 KA 85/16 B) nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Die Klägerin hat daraufhin erklärt, die streitgegenständlichen Honorarbescheide nicht mehr wegen der Erhebung identischer Verwaltungskosten auf Sachkosten anzugreifen. Auch hinsichtlich der in den Quartalen 1/2014 bis 4/2014 erhobenen prozentualen Sicherstellungsumlage für den Notfalldienst in Höhe von 0,4319 % nahm die Klägerin ihre Berufung zurück.
Der Senat hat die Klägerin schriftlich darauf hingewiesen, dass die Bestandskraft der RLV-Zuweisungen den Erfolgsaussichten der Berufung entgegenstehen dürfte. Die Klägerin hat daraufhin ausgeführt, aus den RLV-Zuweisungen ergebe sich nicht, dass R. keinen Aufschlag erhalte. Es handele sich außerdem nicht um Verwaltungsakte. Aus dem Text der Schreiben ergebe sich, dass es sich um bloße Informationen zum RLV handele. Zudem hat sie auf das Rundschreiben der Beklagten vom Juli 2013 verwiesen, wonach sich die Beklagte nicht auf die Bestandskraft der RLV-Zuweisungsbescheide berufe, wenn nur gegen die Honorarbescheide Widerspruch erhoben und dort Gründe gegen die Festsetzung der RLV vorgebracht worden seien. Die Beklagte hat dies bestätigt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 28.10.2020 vorsorglich Widerspruch gegen die RLV-Zuweisungsschreiben für die Quartale 4/2013 bis 3/2014 eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat entscheidet über die Berufung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 19.05.2017 ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Streitgegenstand sind der RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 4/2014 und die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2016 insoweit, als für R. kein 10%iger BAG-Aufschlag auf das RLV erfolgt ist und Differenzen zwischen den Beträgen in der Honorarzusammenstellung und den Honorarbescheiden bestehen, die zu Lasten der Klägerin gehen. Nur insoweit sind sie von der Klägerin ausweislich ihrer Anträge im vorliegenden Verfahren angefochten. Eine derartige Beschränkung auf abtrennbare Regelungsteile des einheitlichen Honorarbescheides ist rechtlich zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.1985 - 6 RKa 15/84 -; Urteil des erkennenden Senats vom 20.11.2019 - L 5 KA 2858/17 -; beide in juris). Soweit sich die Klägerin mit ihrer Berufung ursprünglich auch gegen den Ansatz von Verwaltungskosten und eine prozentuale Sicherstellungsumlage für den Notfalldienst wandte, hat sie dies zuletzt nicht mehr geltend gemacht. Über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungskostenansatzes und der prozentualen Sicherstellungsumlage hat der Senat deshalb vorliegend nicht zu befinden. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).
II. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist bereits unzulässig, soweit die Klägerin Rechenfehler in den Honorarbescheiden geltend macht (dazu a). Im Übrigen ist die Klage zulässig, jedoch unbegründet (dazu b).
1. Die Klage ist bereits unzulässig, soweit die Klägerin begehrt, ihr höheres Honorar für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 ohne zu ihren Lasten gehende Differenzen zwischen den Beträgen in den Honorarzusammenstellungen und den Beträgen in den Honorarbescheiden auszubezahlen. Es fehlt insoweit die Durchführung eines Vorverfahrens. Das Widerspruchsverfahren bezog sich nicht auf diesen Verfahrensgegenstand. Dementsprechend enthält auch der Widerspruchsbescheid vom 11.03.2016 hierzu keine Ausführungen. Hierzu bestand auch keine Veranlassung. Denn ausweislich ihrer Widerspruchsschreiben bezogen sich die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide vom 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015 auf klar abtrennbare Regelungsteile, nämlich den 10%igen BAG-Aufschlag, den Verwaltungskostenansatz und die Abschläge im Zusammenhang mit dem Notfalldienst. Der Wortlaut der Widerspruchsschreiben ist insoweit eindeutig. Es bestehen keine Zweifel, die dazu Veranlassung geben müssten, das Begehren der Klägerin im Sinne eines umfassenden Rechtsschutzbegehrens auszulegen. Das erstmals im Klageverfahren geltend gemachte Begehren lässt sich auch nicht mit einer (reinen) Leistungsklage verfolgen. Gegenstand der einem Leistungsbegehren zugängliche Verfügungssatz des Honorarbescheids ist der dort ausgewiesene Gesamtbetrag. Die in den Anlagen zum Honorarbescheid ausgewiesenen Beträge dienen lediglich der Erläuterung.
2. Im Übrigen ist die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide der Quartale 4/2013 bis 4/2014 sind – soweit sie hier zur Überprüfung stehen – rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
a) Hinsichtlich der Quartale 4/2013 bis 3/2014 ist dem klägerischen Begehren der Erfolg bereits deswegen zu versagen, weil die Zuweisungen des RLV für diese Quartale bestandskräftig geworden sind.
Die Zuweisung der RLV stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - und vom 11.12.2013 - B 6 KA 6/13 R -, jew. in juris; Beschluss des Senats vom 21.02.2017 - L 5 KA 332/15 -, n.v.). Die fehlende Unterzeichnung und die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung bedingen keine abweichende Beurteilung der Qualifizierung der RLV-Zuweisung als Verwaltungsakt. Gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 SGB X können bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatisierter Einrichtungen erlassen wird, entgegen der ansonsten nach § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X bestehenden Notwendigkeit, die Unterschrift und die Namenswiedergabe des Behördenleiters fehlen, ohne dass der Verwaltungsakt deswegen formell rechtswidrig ist. Auch das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, sondern einzig dazu, dass die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs nicht zu laufen beginnt (vgl. § 66 Abs. 1 SGG) und die Einlegung desselben innerhalb eines Jahres möglich ist (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die benannten gesetzlichen Regelungen verdeutlichen mit ihren ausdrücklich angeführten Rechtsfolgen, dass weder die fehlende Unterzeichnung noch eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung die Rechtsnatur der getroffenen Entscheidung ändern. Auch der Umstand, dass die Beklagte die RLV-Zuweisung nicht als "Bescheid" bezeichnet hat, führt nicht dazu, die Zuweisung als bloße Information zu qualifizieren, da die Zuweisung einen der Bindungswirkung fähigen Verfügungssatz beinhaltet (vgl. BSG, Urteil vom 29.09.1995 - 11 Rar 109/94 - in juris). Im Übrigen ist für die Abgrenzung eines Verwaltungsaktes zu bloßen informativen Mitteilungen vom Begriff des Verwaltungsaktes auszugehen. Ein solcher ist in § 31 Satz 1 SGB X dahingehend definiert, dass jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, einen Verwaltungsakt darstellt. Eine Regelung i.d.S. liegt vor, wenn Ziel der behördlichen Willenserklärung die Gestaltung oder Bestätigung eines rechtlichen Zustandes ist. Diese Voraussetzungen sind entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend erfüllt. Die Beklagte hat in den Zuweisungen für das jeweilige Quartal die RLV der einzelnen Ärzte der Klägerin und insgesamt der Praxis der Höhe nach konkret benannt und durch die Formulierung "beträgt" klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich insoweit um rechtswirksame Regelungen handelt. Dem steht nicht entgegen, dass die Zuweisungen der (Vorab-)"Information" der Praxis zur Gewährleistung einer ausreichenden Kalkulationssicherheit dienen. Auch die in den RLV-Zuweisungen enthaltenen Vorbehalte vermögen den Charakter als Verwaltungsakt nicht zu ändern, da die Vorbehalte ggf. zukünftig eintretende Umstände erfassen sollen, das regelnde Wesen der RLV-Zuweisung jedoch (auch in ihrer Summe) unberührt lassen. Die Zuweisungen erfolgten auch nicht nur vorläufig, sie sollten die Höhe des RLV (zum Zeitpunkt der Zuweisung) endgültig regeln. Dass sich die Beklagte im Wege der Vorbehalte die Möglichkeit eröffnen wollte, auf möglicherweise zukünftig eintretende Umstände zu reagieren, führt nicht dazu, der Regelung einen vorläufigen Charakter beizumessen, da bei Erlass der Zuweisung nicht klar ist, ob die von den Vorbehalten erfassten Sachverhalt tatsächlich eintreten.
Aus der gesonderten Anfechtbarkeit der RLV-Zuweisung folgt, dass ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, an diese Festsetzung gebunden ist und im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen kann (BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -; Urteile des erkennenden Senats vom 24.02.2016 - L 5 KA 1991/13 - und vom 05.10.2016 - L 5 KA 773/13 -, jew. in juris; Beschlüsse des Senats vom 10.01.2017 - L 5 KA 2440/14 - und vom 21.02.2017 - L 5 KA 332/15 -, n.v.). Die Klägerin hat die RLV-Zuweisungen für die Quartale 4/2013 bis 3/2014 nicht mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angefochten. Der Senat vermag insbesondere eine Anfechtung der RLV-Zuweisung nicht in der Anfechtung des (jeweiligen) Honorarbescheides zu erkennen. Die Widersprüche der Klägerin richteten sich ausdrücklich - sowohl im Betreff, als auch im begründenden Teil - gegen die Honorarbescheide, sodass eine Auslegung dahingehend, dass auch der Zuweisungsbescheid angefochten sein sollte, nicht möglich ist. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2010 vorsorglich Widerspruch gegen die RLV-Zuweisungen eingelegt hat, vermag dies an der Bestandskraft der Bescheide nichts mehr zu ändern. Denn die Widersprüche wurden nicht innerhalb der Jahresfrist seit Bekanntgabe (s. § 84 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG) eingelegt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 84 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 67 SGG ist nicht zu gewähren, weil sie nicht binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses beantragt wurde. Spätestens seit dem Quartal 4/2014 war der Klägerin bekannt, dass sie (jedenfalls vorsorglich) gegen die RLV-Zuweisungsbescheide Widerspruch einlegen muss.
Ohne Belang ist insoweit, dass die Beklagte mit an die Ärzteschaft gerichtetem Rundschreiben vom Juli 2013 dargelegt hat, die Einlegung eines Widerspruchs gegen RLV-Zuweisungsbescheide sei nicht erforderlich (so schon Urteil des Senats vom 22.05.2019 - L 5 KA 90/18 - n.v.). Denn insoweit sind die Gerichte – selbst wenn sich die Beklagte entsprechend ihrer Ankündigung im genannten Rundschreiben auf die der Anfechtung der Honorarbescheide entgegenstehende Bestandskraft der RLV-Zuweisungsbescheide (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R -, in juris) nicht ausdrücklich beruft – verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der für die Entscheidung maßgeblichen Verwaltungsakte zu prüfen. Die Durchführung eines Vorverfahrens ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmid, SGG Komm., 13. Auf. 2020, vor § 51 Rn. 13). Sie steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Im Übrigen ergibt sich auch weder aus den Widerspruchsschreiben der anwaltlich vertretenen Klägerin noch aus dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11.03.2016, dass die RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 4/2013 und 3/2014 überprüft werden sollten bzw. überprüft wurden. Die Klägerin legte jeweils ausdrücklich gegen die Honorarbescheide Widerspruch ein und erwähnte die RLV-Zuweisungsbescheide nicht. Auch die Beklagte erwähnt weder in der Kopfzeile des Widerspruchsbescheids noch in dessen Sachverhalt oder in dessen Gründen die RLV-Zuweisungsbescheide oder nimmt auf sie Bezug.
Die von der Beklagten gegenüber der Ärzteschaft abgegebene Zusicherung vermag deshalb der Klägerin nicht zu einer abweichenden, eine erneute Überprüfung der RLV-Zuweisungsbescheide im gerichtlichen Verfahren ermöglichenden Rechtsposition zu verhelfen; ob durch die abgegebene Zusicherung Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte im Innenverhältnis begründet werden, hat der Senat nicht zu entscheiden.
Mithin wurden die RLV-Zuweisungen für die Quartale 4/2013 und 3/2014 bestandskräftig und für die Beteiligten bindend (vgl. § 77 SGG), sodass die Klägerin im vorliegenden Honorarstreit mit ihren Einwänden gegen die Zuweisungen des RLV für die Quartale 4/2013 und 3/2014 nicht durchdringen kann.
b) Auch die RLV-Zuweisung und der Honorarbescheid für das Quartal 4/2014 sind - soweit angefochten - rechtmäßig. Die Beklagte hat der Klägerin zu Recht keinen 10%igen Aufschlag auf das RLV von R. gewährt.
aa) Rechtsgrundlage des angefochtenen Regelungsteils der RLV-Zuweisung und des Honorarbescheids ist § 9 Abs. 5 HVM in der für das Quartal 4/2014 geltenden Fassung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 03.12.2014 (gültig ab 01.07.2014 und 01.10.2014).
Nach § 9 Abs. 5 HVM wird zur Förderung der kooperativen Behandlung von Patienten in der vertragsärztlichen Versorgung das praxisbezogene RLV (a.) bei nicht standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen BAG und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe gem. Anlage 1b um 10 % erhöht, (b.) bei nicht standortübergreifenden fach- und schwerpunktübergreifenden BAG, MVZ und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte unterschiedlicher Arztgruppen gem. Anlage 1b tätig sind, um 10 % erhöht, höchstens jedoch um 20 %, wenn ein höherer Kooperationsgrad der Einrichtung oder Praxis entsprechend der tabellarisch aufgeführten Werte nachgewiesen ist. Standortübergreifende BAG, MVZ und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte der gleichen oder unterschiedlicher Arztgruppen gem. Anlage 1b tätig sind, wurden nicht zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet und werden grundsätzlich nicht gefördert (§ 9 Abs. 5 Satz 2 HVM). Sofern jedoch an einem Vertragsarztsitz innerhalb einer standortübergreifenden BAG, MVZ und Praxis mit angestellten Ärzten mehrere Ärzte gleicher oder unterschiedlicher Arztgruppen gem. Anlage 1b niedergelassen sind, wird das RLV eines jeden Arztes an diesem Standort um 10 % erhöht (§ 9 Abs. 5 Satz 3 HVM).
bb) Unter Anwendung dieser Rechtsgrundlage steht der Klägerin kein 10%iger Aufschlag auf das RLV für R. zu, weil sie als standortübergreifende BAG gemäß § 9 Abs. 5 Satz 2 HVM grundsätzlich keinen Förderanspruch hat. Die Ausnahmevoraussetzungen des § 9 Abs. 5 Satz 3 HMV sind in Bezug auf R. nicht erfüllt, weil er in den streitgegenständlichen Quartalen nicht mit anderen Vertragsärzten oder angestellten Ärzten an seinem Vertragsarztsitz niedergelassen war. Die seinem Vertragsarztsitz zugewiesene Weiterbildungsassistentin ist keine angestellte Ärztin im Sinne von § 9 Abs. 5 Satz 3 HVM (vgl. § 95 Abs. 9, § 95a SGB V).
cc) Die Regelungen des § 9 Abs. 5 Sätze 2 und 3 HVM stehen mit dem Gesetz in Einklang. Sie sind von dem der Beklagten zustehenden Gestaltungsspielraum, der ihr unter Berücksichtigung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben zusteht, gedeckt.
Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V hat der Maßstab zur Verteilung der mit den Krankenkassen gemäß § 87a Abs. 3 SGB V vereinbarten Gesamtvergütungen, den die KV nach § 87b Abs. 1 Satz 2 SGB V im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festsetzt, Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden. Der Verteilungsmaßstab hat nach § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen; dabei können gesonderte Vergütungsregelungen für vernetzte Praxen auch als ein eigenes Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen vorgesehen werden, soweit dies einer Verbesserung der ambulanten Versorgung dient und das Praxisnetz von der Kassenärztlichen Vereinigung anerkannt wird (Satz 3).
Nach § 87b Abs. 4 SGB V in der ab dem 01.01.2012 (bis zum 22.07.2015) geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG), BGBl. I S. 2983) hat die KBV im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen Vorgaben insbesondere zu den Regelungen des § 87b Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB V zu bestimmen. Die KBV hat im Teil D der "Vorgaben gemäß § 87b Abs. 4 SGB V" (in der jeweiligen – soweit relevant – unveränderten Fassung vom 02.09.2013 bzw. 14.03.2014, jeweils gültig ab 01.10.2013, bzw. vom 01.08.2014, gültig ab 01.10.2014, bzw. vom 29.09.2014, gültig ab 01.07.2014) "Vorgaben zur Berücksichtigung kooperativer Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen" bestimmt. Nach Ziff. 1 der Vorgaben prüft die KV, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorliegen. Liegen Tatbestände für eine Berücksichtigung vor, kann nach Ziff. 2 der Vorgaben zur Förderung der gemeinsamen vertragsärztlichen Versorgung in dafür vorgesehenen Versorgungsformen das zu erwartende praxisbezogene Honorar (a.) bei nicht standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe um 10% erhöht werden, (b.) bei standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe um 10 % erhöht werden, soweit ein Kooperationsgrad von mindestens 10 % erreicht wird und (c.) in fach- und schwerpunktübergreifenden BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte unterschiedlicher Arztgruppen tätig sind, unter Berücksichtigung des Kooperationsgrades der Einrichtung oder Praxis um die (tabellarisch) ausgewiesenen Anpassungsfaktoren erhöht werden. Der Kooperationsgrad ist unter (d.) definiert. Die KV kann ergänzende Regelungen zur Erleichterung der Ermittlung des Kooperationsgrades, zum Beispiel durch Kennzeichnung der Arztfälle, festlegen (e.). Die KV kann für förderungswürdige fach- und schwerpunktübergreifende BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten gemäß (c.) mit weit überwiegend fach- bzw. schwerpunktungleicher ärztlicher Besetzung einen Anpassungsfaktor in Höhe von 10 % für deren fach- bzw. schwerpunktgleiche Tätigkeit festlegen, auch wenn der Kooperationsgrad den Wert von 10 % unterschreitet (f.). Von den in dem Vorschlag gemäß Ziff. 2 zur Förderung der gemeinsamen vertragsärztlichen Versorgung in dafür vorgesehenen Versorgungsformen angegebenen Werten kann nach Maßgabe der KV abgewichen werden (Ziff. 3). Die Regelung in Ziff. 2 ist auch nur in einzelnen Punkten anwendbar (Ziff. 4). Von den vorgeschlagenen Zuschlägen gemäß Ziff. 2 kann die KV abweichende Regelungen festlegen, um der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen (Ziff. 5).
Nach § 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V sind die Vorgaben der KBV von den KVen zu beachten. Das bedeutet, dass sie für die KV verbindlich sind (s. BSG, Urteil vom 08.08.2018 - B 6 KA 26/17 R -, in juris, Rn. 29). Dem gesetzgeberischen Auftrag verbindliche "Vorgaben" zu machen, um damit eine Vereinheitlichung der Verteilungsmaßstäbe herbeizuführen, steht dabei nicht entgegen, wenn die Vorgaben der KBV nur punktuell sind und die weitere Ausgestaltung dem Gestaltungspielraum der KVen überlassen wird. Ebenso unbedenklich ist, wenn die Vorgaben es ermöglichen, in einzelnen Punkten von ihnen abzuweichen. Anderes könnte nur dann gelten, wenn eine Suspendierung im Ganzen ermöglicht wird. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Nach Ziff. 4 der Vorgaben ist es den KVen möglich, Ziff. 2 der Vorgaben nur "in einzelnen Punkten" anzuwenden. Hiervon hat die Beklagte Gebrauch gemacht. Sie hat von der unter Ziff. 2 Buchst. b) aufgeführten Förderung standortübergreifender BAGen keinen Gebrauch macht und stattdessen eine Förderung nur entsprechend nicht standortübergreifender BAGen gewährt, in dem sie gem. § 9 Abs. 5 Satz 3 HVM einen 10%igen Aufschlag gewährt, wenn an einem Vertragsarztsitz innerhalb einer standortübergreifenden BAG mehrere Ärzte niedergelassen sind.
Die Beklagte genügt damit der gesetzlichen Anordnung, der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen "angemessen" Rechnung zu tragen (§ 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V). Gesetzlich vorgegeben ist lediglich, dass der HVM der kooperativen Behandlung Rechnung trägt; das "Wie" steht – unter Beachtung der Vorgaben der KBV – im Ermessen der KV (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 11.05.2016 - L 12 KA 37/15 -, in juris). Denn dem Normgeber des HVM kommt bei dessen Ausformung ein Gestaltungsspielraum zu (BSG, u.a. Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, vom 08.02.2006 - B 6 KA 25/05 R - und vom 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R -, alle in juris), wie er typischerweise mit Rechtsetzungsakten einhergeht. Die Gestaltungsfreiheit dient dabei auch der mit dem GKV-VStG bezweckten Regionalisierung und Flexibilisierung der Honorarverteilung (vgl. BT-Drs. 17/6906 S. 65 zu § 87b) und gilt nicht allein für die Honorarverteilung im engeren Sinne, sondern umfasst insbesondere auch die Art und Weise der Ausformung von Honorarbegrenzungsregelungen. Die Ausarbeitung des HVM erfordert Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen sind. Dieser Gestaltungsspielraum ist von den Gerichten grundsätzlich zu respektieren; die richterliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die äußeren rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Demgemäß ist der Gestaltungsspielraum durch die gesetzlichen Vorgaben für die Honorarverteilung, insbesondere die Grundsätze der Honorarverteilungsgerechtigkeit und der leistungsproportionalen Verteilung begrenzt (BSG, Urteil vom 30.11.2016 - B 6 KA 4/16 R -, in juris m.w.N.).
Zweck des § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V ist die Förderung der patientennahen ärztlichen Kooperation in der vertragsärztlichen Versorgung (vgl. BT-Drs. 17/6906 S. 65 zu § 87b). Diesem Zweck entsprechend fördert die Beklagte in § 9 Abs. 5 HVM die nicht standortübergreifenden BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten durch einen 10%igen Aufschlag auf das praxisbezogene RLV. Die standortübergreifenden BAGen werden ebenso wie nicht standortübergreifende BAGen gefördert. Denn sie erhalten für jeden Arzt, der an seinem Vertragsarztsitz zusammen mit anderen Ärzten niedergelassen ist, ebenfalls einen 10%igen Aufschlag auf das RLV. Demgemäß wird auch die Klägerin gefördert, in dem (bis auf R.) alle Vertragsärzte und angestellte Ärzte einen 10%igen Aufschlag auf ihr RLV erhalten haben. Lediglich soweit die Kooperation ausschließlich überörtlich ist, fällt sie nicht unter die Förderung. Die damit verbundene Herausnahme der überörtlichen Kooperationen aus der Förderung ist nicht zu beanstanden. Auf Grundlage der von der KBV vorgegebenen Prüfung, ob Tatbestände für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen bei der Honorarverteilung vorliegen, hat die Beklagte festgestellt, dass dies ihrer – dem Beurteilungsspielraum unterliegenden – Einschätzung nach bei standortübergreifenden BAGen, MVZen und Praxen mit angestellten Ärzten nicht der Fall ist, weil diese in der Regel nicht vorrangig zur kooperativen Behandlung von Patienten gebildet werden und damit insoweit kein Tatbestand für eine angemessene Berücksichtigung der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür vorgesehenen Versorgungsformen vorliegt. Grundlage dieser Feststellung war die Beobachtung der Beklagten, dass die seit dem VÄndG erheblich zugenommenen ärztlichen Kooperationen häufig aus Gründen der Honoraroptimierung eingegangen worden waren, was sich daran zeigte, dass der vom Bewertungsausschuss nach alter Rechtslage (Nr. 1.3.1. des Beschlusses vom 22.12.2010, gültig ab 01.04.2011; DÄ 2011, A-125) geforderte 10%ige Kooperationsgrad bei standortübergreifenden BAGen oftmals nicht erreicht worden war. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte insoweit von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist, liegen keine vor und werden von der Klägerin auch nicht substantiiert aufgezeigt. Es ist zwar zutreffend – wie die Klägerin einwendet –, dass die Entscheidung darüber, ob die Kriterien einer (ü)BAG erfüllt sind, in dem dafür vorgesehenen Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV getroffen wird und diese Entscheidung zum Status der Arztpraxis grundsätzlich Bindungswirkung auch gegenüber allen vertragsärztlichen Institutionen Dritter entfaltet (BSG, Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R -, in juris, Rn. 47 m.w.N.). Die Beklagte stellt jedoch auch nicht den Zulassungsstatus der Klägerin – oder generell der üBAGen – in Frage. Sie hat sich vielmehr aus sachlichen Erwägungen heraus dazu entschlossen, diese spezielle Kooperationsform nicht zu fördern. Diese Entscheidung obliegt ihr im Rahmen der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben allein.
Die Regelungen des § 9 Abs. 5 HVM verletzen auch nicht die Grundsätze der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) und der leistungsproportionalen Verteilung der Gesamtvergütung.
Die grundsätzliche Zulässigkeit begünstigender Vergütungsbestimmungen zur Förderung von BAGen ist bereits höchstrichterlich geklärt. Der EBM-Ä enthielt in der Zeit vom 01.07.1997 bis zum 30.06.2003 in den Allgemeinen Bestimmungen über die Fallpunktzahlen in den Praxisbudgets Vorgaben über einen Aufschlag von 10 % für Gemeinschaftspraxen zwischen Hausärzten oder zwischen Fachärzten desselben Fachgebiets. Das BSG hat diese Regelung in zwei Beschlüssen gebilligt (Beschluss vom 28.01.2004 - B 6 KA 112/03 B -, Beschluss vom 10.03.2004 - B 6 KA 129/03 B; beide in juris). Nach der Neufassung des EBM-Ä zum 01.04.2005 durch den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 erfolgte die Förderung von Gemeinschaftspraxen im EBM-Ä nicht mehr durch einen prozentualen Aufschlag, sondern durch einen Aufschlag auf den Ordinationskomplex. Daran anknüpfend enthielt Nr. 3.2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 zur Festlegung von RLV durch die KVen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) begünstigende Regelungen für Gemeinschaftspraxen u.a. in Gestalt einer Erhöhung der Fallpunktzahl für arztgruppen- und schwerpunktgleiche Gemeinschaftspraxen. Auch diese Regelungen hat das BSG für rechtmäßig erachtet (Urteil vom 17.03.2010 - B 6 KA 41/08 R -, in juris). Ebenso hat es die in den Jahren 2009 und 2010 geltenden Bestimmungen gebilligt (BSG, Urteil vom 16.05.2018 - B 6 KA 15/17 R -, in juris). Damals bestimmte Nr. 5.1 S 4 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM-Ä in der ab 2009 geltenden Fassung, dass in arztgruppen- und schwerpunktgleichen (Teil-)BAGen oder Arztpraxen mit angestellten Ärzten derselben Arztgruppe/desselben Schwerpunktes ein Aufschlag in Höhe von 10 % auf die jeweiligen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen vorzunehmen ist.
Es liegt auch keine gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung der üBAGen bei der Honorarverteilung vor, weil die Unterscheidung zwischen nicht standortübergreifenden und standortübergreifenden BAGen von sachlichen Erwägungen getragen ist (s.o.). Darüber hinaus hat der Vorstand der Beklagten in seiner Sitzung vom 31.10.2012 eine Härtefallregelung getroffen, wonach die Anerkennung des 10%igen BAG-Aufschlags in einer standortübergreifenden BAG auch dann möglich ist, wenn alle Ärzte einer üBAG an allen Betriebsstätten nachweislich tätig sind, die Tätigkeit an der/den jeweils anderen Betriebsstätten mindestens einen Umfang von 25 % der Wochenarbeitszeit ausmacht, eine kooperative Behandlung in mehr als 10 % der Fälle (ortsübergreifend) dokumentiert ist, das Vorhandensein von infrastrukturellen Kooperationen glaubhaft versichert wird und das RLV der üBAG im Referenzquartal überschritten wird. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung sind bei der Klägerin indes nicht erfüllt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
V. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Da ungewiss ist, welche finanziellen Vorteile die Klägerin durch den begehrten 10%igen Aufschlag auf das RLV von R. hätte, hält der Senat den Ansatz des Regelstreitwerts pro Quartal für gerechtfertigt.
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