L 3 R 159/19

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 119/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 159/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die seit dem 1. Februar 2018 im laufenden Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) steht, verfolgt im Berufungsverfahren gegenüber der Beklagten noch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Die am ... 1957 geborene Klägerin durchlief im Anschluss an ihre mit dem Abschluss der 10. Klasse beendete allgemeine Schulausbildung nach den in ihrem Versicherungsverlauf gespeicherten Daten vom 1. September 1973 bis zum 17. Mai 1975 eine Berufsausbildung, nach ihren Angaben zum Feinmechaniker, die sie nicht abschloss. Mit Beginn der Ausbildung betrug das für die Sozialversicherung berücksichtigte Entgelt circa 80 Mark pro Monat mit einer nur geringen Erhöhung bis zum Abbruch der Ausbildung. Im Versicherungsverlauf sind vom 1. September 1975 bis zum 31. August 1977 Pflichtbeiträge für Kindererziehung gespeichert. Nach den Eintragungen nahm sie am 10. Januar 1977 eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einem für die Sozialversicherung berücksichtigten Entgelt von über 200 Mark im Monat auf. Dieser Wert betrug in den Jahren 1979 4.488,00 Mark, 1980 4.977,00 Mark, 1981 5.089,00 Mark, 1982 5.199,00 Mark und 1983 5.313,00 Mark.

Die Klägerin verfügt über ein Zeugnis der Konsumgenossenschaft B. vom 4. März 1980 über die bestandene Facharbeiterprüfung im Ausbildungsberuf "Fachverkäufer" mit der Spezialisierungsrichtung "Waren des täglichen Bedarfs". Der Vertrag, der Grundlage der Zuerkennung dieser Qualifikation war, ist von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Seit der Rentenantragstellung hat die Klägerin angegeben, von "´78 bis ´80" bzw. "1978 bis 1980" eine Umschulung bei Konsum zur "Fachverkäuferin im EH" durchlaufen zu haben bzw. in diesem Zeitraum bei der "Abteilung für Berufsbildung B. als Fachverkäuferin" gewesen zu sein. Dem im Original vorliegenden Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung der DDR (SV-Ausweis) sind Eintragungen zur Berufsausbildung nicht zu entnehmen. Dort ist als Tätigkeit der Klägerin ab dem 1. September 1975 "Lehrling" und ab dem 10. Januar 1977 durchgehend bis zum 31. Mai 1986 "Verkäuferin", vom 23. Juni 1986 bis zum 31. Mai 1987 "Rechnungsbearbeiterin" im Braunkohlekombinat B. und vom 1. Juni 1987 bis über den 1. Januar 1991 hinaus "Fl. FV" bzw. "Fl. Verk." eingetragen.

Als von Arbeitgeberseite ausgestellte Unterlagen liegen eine Beurteilung des VE Braunkohlekombinats B. ohne Datum zu einem seit dem 23. Juni 1986 bestehenden Arbeitsverhältnis als Rechnungsbearbeiter für Materialeingangsrechnungen, eine Bescheinigung der W. Backwaren GmbH vom 16. Januar 2002 über ein seit dem 19. November 1991 bestehendes unbefristetes Beschäftigungsverhältnis als Verkäuferin, ein Zeugnis dieser Arbeitgeberin vom 24. Mai 2012, ein Arbeitsvertrag vom 31. Mai 2012 über eine unbefristete Teilzeittätigkeit (30 Wochenstunden) als Verkäuferin in einer Bäckereifiliale ab dem 1. Juni 2012 mit einem Bruttostundenlohn (ohne Tarifbindung) von 6,00 EUR, ein Änderungsvertrag über diese Tätigkeiten mit einem Bruttomonatslohn ab dem 1. April 2013 in Höhe von 720,00 EUR und der Arbeitsvertrag der Klägerin mit B ... über eine unbefristete Teilzeittätigkeit (110 Monatsstunden) als Verkäuferin in ab dem 1. Februar 2014 mit einem Bruttomonatslohn von 660,00 EUR vor. Der von der Beklagten eingeholten Arbeitgeberauskunft von "B .../Der Backshop" vom 22. März 2015 ist eine Tätigkeit der Klägerin bei diesem Betrieb als "Backwarenverkäuferin" mit dem Verkauf von Backwaren inklusive Wareneingangskontrolle, Auspacken und Laden reinigen seit dem 1. Februar 2014 mit einem Bruttostundenlohn (ohne Tarifbindung) von 8,50 EUR bei 4,5 Stunden an fünf Tagen in der Woche zu entnehmen. Diese Tätigkeit könne von betriebsfremden ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet werden.

Das Landesverwaltungsamt stellte bei der Klägerin ab dem 14. November 2014 einen Grad der Behinderung (GdB) von 20, nach einem gerichtlichen Vergleich einen GdB von 40 und auf einen Neufeststellungsantrag der Klägerin ab dem 21. November 2016 einen GdB von 50 fest.

Am 23. Januar 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte nach Einholung des Gutachtens von ihrem Sozialmedizinischen Dienst, Fachärztin für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. G. vom 21. April 2015, dem ein aufgehobenes Leistungsvermögen der Klägerin für eine Tätigkeit als Verkäuferin für Backwaren und ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich in körperlich leichten bis mittelschweren Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne längere Gehstrecken, Gehen auf unebenem Gelände, Treppensteigen, nicht auf Leitern und Gerüsten, im Knien, Hocken, mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Rumpfvorbeuge oder anhaltend in Armvorhalte oder über Kopf sowie in Kälte, Nässe, Zugluft zu entnehmen ist, und der vorgenannten Arbeitgeberauskunft ablehnte (Bescheid vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2016). Zur Begründung der Entscheidung führte die Beklagte aus, mit dem verbleibenden Restleistungsvermögen bestehe nicht mehr die Möglichkeit, in dem bisherigen Beruf als Backwarenverkäuferin mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Diese Tätigkeit unterliege nicht den Regelungen nach § 240 Abs. 2 SGB VI zum Berufsschutz. Vielmehr handele es sich um eine Tätigkeit, die entsprechend dem vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschema den ungelernten Tätigkeiten zuzuordnen sei.

Die Klägerin hat mit ihrer am 22. März 2016 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage zunächst die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung verfolgt und nach Bewilligung der Altersrente in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 26. März 2019 ihr Begehren auf die Bewilligung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum 31. Januar 2018 beschränkt. Sie sei gelernte "Fachverkäuferin" und habe "seit 1990" als "Bäckereifachverkäuferin" bzw. "Backwarenfachverkäuferin" gearbeitet.

Zu dem vom Sozialgericht eingeholten Befundberichten wird auf Blatt 131 Bd. I der Gerichtsakten verwiesen.

Für die Beklagte ist in der öffentlichen Sitzung vor dem Sozialgericht am 19. Dezember 2017 folgende Erklärung abgegeben worden: "Ich erkenne hiermit an, dass die Klägerin als Fachverkäuferin Facharbeiterschutz genießt". Mit Schriftsatz vom 13. März 2018, bei dem Sozialgericht eingegangen am 16. März 2018, hat die Beklagte als Verweisungstätigkeit "Kassiererin in Bädern, Zoologischen Gärten, Theater u.ä." benannt. Zu dem Tätigkeitsprofil wird auf Blatt 166 Bd. II der Gerichtsakten verwiesen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. März 2019 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach dem Anerkenntnis der Beklagten in der öffentlichen Sitzung vom 19. Dezember 2017 habe die Klägerin als Fachverkäuferin mit Facharbeiterzeugnis und weit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung Facharbeiterstatus. Zur Überzeugung der Kammer sei sie aber auf die von der Beklagten genannte Verweisungstätigkeit als "Kassiererin in Bädern, Zoologischen Gärten, Theatern u.ä." gesundheitlich und sozial zumutbar verweisbar. Bei einem Kassierer außerhalb des Einzelhandels in den genannten Einrichtungen handele es sich um eine körperlich leichte Arbeit, die überwiegend im Sitzen mit einem möglichen Wechsel der Körperhaltung ausgeübt werde. Tragebelastungen fielen nur selten an, wobei die Gewichte unter 10 kg lägen (Prospekte, Eintrittskarten usw., eventuell in Kartons verpackt). Die Tätigkeit werde bei öffentlichen Arbeitgebern mindestens nach der Vergütungsgruppe VIII BAT bzw. Entgeltgruppe 3 TVöD entlohnt. Außerhalb des Einzelhandels gebe es für die Kassiererinnen in der vorgenannten Tätigkeitsausübungsform ausreichende Arbeitsplätze. Nach der Präsentation des Anhaltischen Theaters Dessau im Internet seien allein sieben Mitarbeiter im Kartenverkauf an den Vorverkaufsstellen im Theater selbst (Öffnungszeiten von 10.00 bis 17.00 Uhr) und im Dessauer Rathaus-Center (Öffnungszeiten von 10.00 bis 20.00 Uhr) beschäftigt. In der Mitteldeutschen Zeitung vom 29. März 2019 sei ein Artikel im Lokalteil zum Thema veröffentlicht gewesen, dass die fünf städtischen Kassiererinnen die Öffnungszeiten der örtlichen Schwimmbäder im Schichtbetrieb nicht mehr hätten abdecken können, sodass während der Badesaison für Stoßzeiten externe Mitarbeiter hätten beschäftigt werden sollten. Verkäufern sei es innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten möglich, die betrachtete Kassierertätigkeit vollwertig zu verrichten. Nach dem ermittelten Leistungsprofil könne die Klägerin die körperlichen Anforderungen dieser Tätigkeit noch erfüllen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 23. April 2019 zugestellte Urteil am 23. Mai 2019 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Ausgangspunkt der Prüfung, ob sie berufsunfähig sei, sei "die Tätigkeit als Fachverkäuferin bzw. Bäckereifachverkäuferin", für die ihr Leistungsvermögen aufgehoben sei. Eine ihr sozial zumutbare Verweisungstätigkeit sei von der Beklagten nicht benannt worden. Ihr bisheriger Beruf sei der Gruppe der Facharbeiter mit einer dreijährigen Ausbildung zuzuordnen. Die von der Beklagten benannte Verweisungstätigkeit scheide aus, weil sie sich diese Tätigkeit mangels Vorkenntnissen nicht innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten aneignen könne. In der Anlage 1a zum früheren BAT werde die Vergütungsgruppe VIII als schwierige Tätigkeit beschrieben, welche Vor- und Fachkenntnisse erfordere. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen einer Verantwortlichkeit, großen Selbstständigkeit, eigenen Initiative, Arbeitseinsatzentscheidung, besonderen Initiative, besonderen eigenen Überlegung erfülle sie nicht. Soweit die Arbeit als Kassiererin in Bädern, Zoologischen Gärten und Theatern der Vergütungsgruppe des früheren BAT VIII zugeordnet hätte werden können, habe es sich um hervorgehobene Tätigkeiten, die ebenfalls einer längeren Einarbeitungszeit bedürft hätten, gehandelt (Hinweis auf das eine gelernte Köchin betreffende Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2008 - L 21 RJ 177/04 -, juris).

Die Klägerin beantragt ausdrücklich,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 26.03.2019, Az S 12 R 119/16, und den Bescheid der Beklagten vom 29.04.2015, Az.: 08 160257 S 549 0113, (000-01), in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2016, Az.: 08 160257 S 549, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit befristet bis zum 31.01.2018 im gesetzlichen Umfang ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. Juli 2020, der Klägerin zugestellt am 15. Juli 2020, sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Die Klägerin hat erneut das Zeugnis vom 4. März 1980 und die eingangs genannten Arbeits- bzw. Änderungsverträge in Kopie übersandt. Sie hat behauptet, es sei "nicht nachvollziehbar, warum diesem Abschluss nur eine Erwachsenenqualifikation und keine reguläre Ausbildung zu Grunde gelegen haben soll". Es sei ebenso nicht nachvollziehbar, wieso in Bezug auf die Ausbildung mehr als das Facharbeiterzeugnis verlangt werden könne. Zur Richtigkeit dieser Angaben sei auf ihr Vorbringen abzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen haben.

II.

Der Senat hat die Berufung durch Beschluss im Sinne von § 153 Abs. 4 SGG zurückweisen können, weil die Berufsrichter des Senats das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Die Beteiligten sind vorher gehört worden.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig, soweit er mit der Klage angefochten worden ist, und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung kann auch nach § 240 SGB VI nicht befristet bis zu einer vor der Regelaltersgrenze in Anspruch genommenen Altersrente gewährt werden.

Die Klägerin ist vor dem maßgebenden Stichtag geboren, aber nicht berufsunfähig. Die Erklärung der Beklagten vor dem Sozialgericht, "Ich erkenne hiermit an, dass die Klägerin als Fachverkäuferin Facharbeiterschutz genießt", bindet den Senat in seiner rechtlichen Würdigung nicht. Ein Anerkenntnis im rechtlichen Sinne ist das im Wege einseitiger Erklärung gegebene uneingeschränkte Zugeständnis, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. statt aller: B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 101 RdNr. 20 m.w.N.). Prozessualer Anspruch in diesem Sinne ist das mit dem Antrag verfolgte Begehren. Maßgebend sind damit nicht einzelne für einen solchen Anspruch vorauszusetzende Tatsachen oder rechtliche Vorfragen. Nichts Anderes gilt für ein Teilanerkenntnis (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 58/08 R -, juris, RdNr. 12). Die Frage eines Berufsschutzes der Klägerin auf der Ebene der Facharbeiter stellt weder einen prozessualen Anspruch noch einen einem Teilanerkenntnis zugänglichen abtrennbaren Streitgegenstand, über den mit einem Teilurteil entschieden werden könnte, dar.

Ausgehend von ihrem bisherigen Beruf sind der Klägerin auch ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ihrem erlernten Beruf entsprechende Tätigkeiten und die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten sozial und gesundheitlich zumutbar.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die der Versicherte durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4).

Nach Auffassung des Senats steht mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass die Klägerin als Verkäuferin in einem Backshop nicht mehr eingesetzt werden könnte. Es handelt sich hierbei um eine Tätigkeit, die überwiegend im Stehen zu verrichten ist, und der Klägerin damit gesundheitlich nach den überzeugenden Ausführungen in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dr. G. vom 21. April 2015 nicht mehr im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar ist. Vor dem Hintergrund der zumutbaren Verweisungstätigkeiten kann der Senat offenlassen, welche Auswirkungen der Umstand hat, dass die Klägerin die Tätigkeit vertraglich nur im Umfang von 110 Stunden monatlich schuldete, was einer täglichen Arbeitszeit von weniger als sechs Stunden entspricht.

Die Klägerin kann ihrem bisherigen Beruf als Verkäuferin nicht nachweisbar einen Berufsschutz beanspruchen, da es sich nicht mit der hinreichenden Gewissheit um einen Beruf mindestens auf der Ebene der Angelernten im oberen Bereich gehandelt hat. Die sich aus den Akten ergebenden Hinweise auf eine Qualifikation nur auf der Ebene der Angelernten im unteren Bereich kann der Senat nicht zu Gunsten der Klägerin ausblenden.

Auf welche Berufstätigkeiten ein Versicherter nach seinem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine vom Versicherten vollschichtig ausübbare Tätigkeit ist ihm zumutbar im Sinne des § 240 SGB VI, wenn er irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss dem Versicherten ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor. Eine Ausnahme vom Erfordernis der konkreten Benennung eines Verweisungsberufs besteht aber dann, wenn dem Versicherten fachlich-qualitativ ungelernte Tätigkeiten und jedenfalls leichte körperliche, seelische und geistige Belastungen zumutbar sind. Einem Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn sein bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf des angelernten Arbeiters oder dem des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist. Allerdings ist bei den angelernten Arbeitern weiter zu differenzieren: Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von bis zu einem Jahr (sog. untere Angelernte) sind auf alle ungelernten Tätigkeiten verweisbar. Demgegenüber können Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von mehr als einem Jahr bis zu zwei Jahren (sog. obere Angelernte) nur auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch bestimmte Qualitätsmerkmale auszeichnen. Daher sind für Angelernte des oberen Bereichs Verweisungstätigkeiten konkret zu benennen (vgl. statt aller Nazarek in Juris Praxiskommentar (JurisPK), 2. Aufl. 2013, § 240 RdNr. 109 f m.w.N).

Für die Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist sein "bisheriger Beruf" maßgebend. Wenn er diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist die Zumutbarkeit einer anderen Tätigkeit zu prüfen. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. z.B. Nazarek in JurisPK, a.a.O., § 240 RdNr. 35 m.w.N.).

Der Senat hat die Wertigkeit der nach der Ausbildung von der Klägerin verrichteten versicherungspflichtigen Beschäftigungen nicht mindestens auf der Ebene der oberen Angelernten feststellen können, sodass es auf eine Lösung von einem höherwertigen Beruf hier nicht ankommt und auf die chronologisch letzte versicherungspflichtige Beschäftigung abzustellen ist. Das von der Klägerin vorgelegte Facharbeiterzeugnis vom 4. März 1980 genügt nicht, um einen Berufsschutz der Klägerin zu begründen, da es allein auf die auf Grund einer qualifizierten Ausbildung ausgeübte qualifizierte versicherungspflichtige Beschäftigung ankommt. Maßgebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in das Mehrstufenschema ist nur mit dieser Maßgabe neben der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung das Gesamtbild aus der Qualität der Berufstätigkeit und insoweit vorliegenden besonderen Anforderungen (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2001 - B 13 RJ 45/00 R -, juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, juris, RdNr. 15 m.w.N.). Hier ist die Klägerin ausweislich ihres SV-Ausweises durchgängig seit dem 10. Januar 1977 als "Verkäuferin" tätig gewesen, ohne dass durch die Erteilung des Facharbeiterzeugnisses vom 4. März 1980 eine Änderung eingetreten wäre. Eine Lohngruppenzuordnung, insbesondere die Höherstufung aus einer Lohngruppe für ungelernte Kräfte in eine Lohngruppe für Facharbeiter, ist nicht nachweislich vorgenommen worden. Auch eine signifikante Erhöhung der Entlohnung hat nach dem 4. März 1980 nicht stattgefunden.

Die Klägerin verfügt nicht über eine Qualifikation in dem Ausbildungsberuf der DDR Fachverkäufer mit der Spezialisierungsrichtung Backwaren, sodass die von ihr selbst gewählten Bezeichnungen der "Bäckereifachverkäuferin" bzw. "Backwarenfachverkäuferin" nicht mit dem vorgelegten Zeugnis übereinstimmen. Bezüglich des der Klägerin erteilten Zeugnisses über die Berufsausbildung als Fachverkäufer mit der Spezialisierung Waren des täglichen Bedarfs bleibt es fraglich, ob diese einer Facharbeiterqualifikation oder einer Ausbildung auf der Stufe der Anlernebene (ggfs. oberer Bereich) gleichzustellen ist. Zwar stehen gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag (EV) vom 31. August 1990; BGBl. II S. 889) die in dem Beitrittsgebiet oder in den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) abgelegten Prüfungen oder erworbenen Befähigungsnachweise einander gleich und verleihen die gleichen Berechtigungen, wenn sie gleichwertig sind. Der von der Klägerin erworbene Abschluss zum Fachverkäufer mit der Spezialisierung Waren des täglichen Bedarfs hat hier jedoch nicht nachweislich denselben Wert wie ein im alten Bundesgebiet erworbener Abschluss als Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk. Für die Feststellung der Gleichwertigkeit muss eine Niveaugleichheit des in der ehemaligen DDR erworbenen Abschlusses mit einem Ausbildungsniveau vorliegen, das auch bei der Aufnahme neuer beruflicher Betätigung im weiteren fachlichen Feld, in dem der Abschluss erworben wurde, nach geeigneten individuellen Bemühungen um die Beseitigung vorhandener Defizite eine erfolgreiche selbständige Einarbeitung - gegebenenfalls unter Anleitung - in die beruflichen Anforderungen bei großzügiger Betrachtung erwarten lässt: Es muss sich um einander fachlich angenäherte Ausbildungen handeln, die Bildungseinrichtungen müssen bzw. mussten die gleichen oder zumindest etwa gleichgewichtige Zulassungsvoraussetzungen fordern, der Umfang der absolvierten Ausbildung muss bzw. musste einen ähnlich weitgefassten Rahmen haben, das Ausbildungsangebot muss bzw. musste niveaugleich strukturiert sein und die Art der Prüfungen sowie der Studienabschluss bzw. der Bildungsabschluss müssen in einem vergleichbaren Verfahren erworben worden sein bzw. erworben werden (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 6 C 10.97 -, juris, RdNr. 25 ff.).

Die Ausbildung der Klägerin lässt hier nicht hinreichend verlässlich den Schluss auf eine Gleichwertigkeit mit dem vorgenannten Ausbildungsabschluss in den alten Bundesländern zu. Bereits die Dauer der Ausbildung der Klägerin bleibt offen. Der Senat ist nach den Eintragungen im Versicherungsverlauf und dem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung der DDR davon überzeugt, dass Grundlage des Zeugnisses vom 4. März 1980 eine Erwachsenenqualifikation war, zumal die Klägerin im Rentenantragsverfahren selbst eine "Umschulung" zum Fachverkäufer angab. Dabei schließt sich der Senat der Auffassung des BSG an, dass eine vollwertige Ausbildung auch im Rahmen der Erwachsenenqualifikation erworben werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juni 2002 - B 13 RJ 13/02 R -, juris, RdNr. 19; im Ergebnis auch BSG, Urteil vom 21. Juni 2001, a.a.O.). Damit verbunden ist aber nicht ein geringerer Maßstab an die förmliche Berufsausbildung als solcher. Soweit die Klägerin diesen Umstand in Abrede stellt, soll damit scheinbar belegt werden, von "1978 bis 1980" in einer Vollzeitausbildung gestanden zu haben. Es geht insoweit zu Lasten der Klägerin, dass sie dem Senat u.a. den Qualifizierungsvertrag nicht vorgelegt hat. Bereits die von ihr regelmäßig wiederholte Angabe einer Ausbildung "1978 bis 1980" lässt die Interpretation von einem Zeitraum von einem Jahr und zwei Tagen bis genau drei Jahren zu. Insoweit dürfte allerdings das unter dem 4. März 1980 ausgestellte Zeugnis eine eindeutige Zäsur bilden, die noch einen Zeitraum von bis zu (bei dem Jahr 1980 als Schaltjahr) zwei Jahren und 63 Tagen möglich erscheinen lässt. SV-Ausweis und Versicherungsverlauf der Klägerin lassen indes nicht den Beginn einer Ausbildung im Jahr 1978 erkennen. Im Rahmen der Erwachsenqualifizierung ist es insgesamt nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin zwischen dem 10. Januar 1977 und dem 4. März 1980 nur an einzelnen Wochenenden oder Arbeitstagen berufsbegleitend Kurse wahrnahm. Nach den auf der Grundlage des § 25 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (BGBl. I, S. 1112) erlassenen Verordnungen kommen verschiedene Ausbildungen zu der Qualifikation der Klägerin als Vergleich in Betracht, so auch die zum Verkäufer, die seit 2004 einer zweijährigen Berufsausbildung als erste Stufe der Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel entspricht.

Indes lassen die nicht vollständigen Informationen zur Erwerbsbiografie der Klägerin auch die Zuordnung zum Bereich der Angelernten im oberen Bereich nicht hinreichend zuverlässig zu. Dem Senat fehlen jegliche Nachweise zu Arbeitsverhältnissen der Klägerin auf der Ebene auch nur des oberen Anlernbereichs. Insbesondere lässt sich dem SV-Ausweis nicht die Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit ab dem 5. März 1980 entnehmen. Die Klägerin war zuletzt nicht, wie sie selbst angibt, als "Bäckereifachverkäuferin" bzw. "Backwarenfachverkäuferin", sondern als "Verkäuferin für Backwaren" versicherungspflichtig beschäftigt, einer Tätigkeit ohne Eingruppierung in einen Tarifvertrag und ausweislich der Arbeitgeberauskunft vom 22. März 2015 ohne Qualifizierungsvoraussetzungen als Bedingung des Arbeitsvertrages. Vorausgehend liegen nur bis zum 19. November 1991 zurückreichende Arbeitsverträge über eine geschuldete Tätigkeit als "Verkäuferin" vor. Der sich aus den Arbeitsverträgen ergebende Stundenlohn, jeweils ohne Zuordnung zu einem Tarifvertrag, liegt durchgehend im Niedriglohnbereich. Auch wenn dem Senat nicht verschlossen geblieben ist, dass auch qualifizierte Tätigkeiten nicht zwingend höher entlohnt wurden, kann daraus nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine niedrig entlohnte Tätigkeit mit einer hohen Qualität der Arbeit korreliert.

Der Senat hält im Übrigen, wie bereits das Sozialgericht ausgehend von einem Berufsschutz auf der Ebene der Facharbeiter zutreffend entschieden hat, eine Verweisung der Klägerin auf die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten für sozial und gesundheitlich zumutbar. Es wird insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen verwiesen, die sich der Senat zu eigen macht. Soweit sich die Klägerin in Bezug auf ihre Zugangsvoraussetzungen zu einer Kassierertätigkeit unter Hinweis auf obergerichtliche Rechtsprechung mit einer Köchin gleichsetzt, findet sich hierfür kein nachvollziehbarer Anknüpfungspunkt. Vielmehr war die Klägerin seit dem 23. Juni 1986 als Rechnungsbearbeiter für Materialeingangsrechnungen tätig und verfügt damit über fundierte Grundkenntnisse in der Zuordnung von Beträgen zu Abrechnungsvorgängen. Der Senat hat im Übrigen keine Zweifel, dass die Klägerin auch eine Tätigkeit als Verkäuferin für Waren des täglichen Bedarfs in kleinen Geschäften mit überschaubarem Publikumsverkehr noch wettbewerbsfähig verrichten könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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