Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 JVEG 445/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
§ 4 JVEG, § 118 SGG, § 411 Abs. 3 ZPO,
Entschädigung, Gutachten, ergänzende Stellungnahme, Beweisanordnung,
Zur Einordnung einer auf Veranlassung des Gerichts vorgenommenen Erläuterung eines Gutachtens als ergänzende Stellungnahme (Abgrenzung zu einer neuen Begutachtung). Unerheblich ist insoweit, dass die ergänzende Stellungnahme von der Berufungsinstanz angefordert worden ist.
Entschädigung, Gutachten, ergänzende Stellungnahme, Beweisanordnung,
Zur Einordnung einer auf Veranlassung des Gerichts vorgenommenen Erläuterung eines Gutachtens als ergänzende Stellungnahme (Abgrenzung zu einer neuen Begutachtung). Unerheblich ist insoweit, dass die ergänzende Stellungnahme von der Berufungsinstanz angefordert worden ist.
Die Entschädigung für die Fertigung der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Januar 2020 wird auf 413,62 Euro festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 38 KR 824/14 beauftragte die Vorsitzende der 38. Kammer des Sozialgerichts Gotha durch Beweisanordnung vom 20. Juni 2016 in der Gestalt der Beweisanordnung vom 21. Juli 2016 den Erinnerungsführer mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage nach § 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Dieser erstellte am 9. September 2016 sein Gutachten. Entsprechend der abgeschlossenen Pauschalvereinbarung zwischen dem Erinnerungsführer und dem F setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung auf den beantragten Betrag von 740,18 Euro fest. Die Vorsitzende der 38. Kammer beauftragte den Erinnerungsführer mit Schreiben vom 17. November 2016 und 19. Januar 2017 jeweils mit der Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin. Der Erinnerungsführer erstattete am 5. Dezember 2016 und 9. Februar 2017 eine ergänzende Stellungnahme. Diese wurden durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Gotha mit 207,18 Euro bzw. 509,50 Euro vergütet. Mit Urteil vom 2. August 2017 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. Anschließend hat die Klägerin ein Berufungsverfahren beim Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 2 KR 1124/17 anhängig gemacht. Mit Verfügung vom 16. Januar 2020 beauftragte der Berichterstatter des 2. Senats den Erinnerungsführer mit der Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme zum klägerischen Vorbringen auf Bl. 167 - 169 und 177 - 178 jeweils betreffend die Nebendiagnose E11.91. Am 29. Januar 2019 erstattete der Erinnerungsführer eine ohne Deckblatt 4-seitige Stellungnahme. In seiner Kostenrechnung vom 31. Januar 2020 machte er eine Vergütung i. H. v. 829,43 Euro geltend. Er rechnete dabei entsprechend der Pauschalvereinbarung zwischen dem Freistaat Thüringen und ihm selbst vom 15. Februar 2016 die Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage beim Landessozialgericht mit 637 Euro und einen pauschalen Auslagenersatz i. H. v. 60 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer ab.
Durch Verfügung vom 11. Februar 2020 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung auf 413,62 Euro. Entsprechend der Pauschalvereinbarung bemesse sich die Vergü-tung einer ergänzenden Stellungnahme nach den allgemeinen Vorschriften des JVEG. Entschädigungsfähig seien 4,5 Stunden a 75 Euro, Schreibauslagen i. H. v. 6.30 Euro und 19 % Mehrwertsteuer.
Dagegen hat der Erinnerungsführer am 30. April 2020 Erinnerung eingelegt. Das Gutachten könne nicht lediglich als ergänzende Stellungnahme abgerechnet werden. Das zuvor erstellte Gutachten sei im Auftrag des Sozialgerichts Gotha angefertigt worden. Der zweite Auftrag datiere aus dem Januar 2020 vom Thüringer Landessozialgericht. Dieses Schreiben sei als neuer Auftrag einer anderen Instanz einzustufen, der erneut mit der vereinbarten Gutachtenpauschale abzurechnen sei.
Der Erinnerungsführer beantragt,
die Vergütung für das von ihm so bezeichnete Gerichtsgutachten nach Aktenlage vom 29. Januar 2020 auf 829,43 Euro festzusetzen.
Die Staatskasse hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach § 4 Abs. 7 S. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) und dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter.
Auf die nach § 4 Abs. 1 JVEG zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für die ergänzende Stellungnahme vom 29. Januar 2020 auf 413,62 Euro festgesetzt.
Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder den Antrag der Beteiligten gebunden; es kann nur nicht mehr festsetzen, als beantragt ist.
Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG), 2. Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie 4. Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich waren (Satz 2 Halbs. 1).
Die erforderliche Zeit ist nach einem abstrakten Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert. Nach pflichtgemäßem Ermessen hat das Gericht nachzuprüfen, ob der Zeitansatz erforderlich war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 55/07; BGH; Beschluss vom 16. Dezember 2003 – X ZR 206/98, zitiert nach Juris; ThürLSG Beschlüsse vom 5. März 2012 - L 6 SF 1854/11 B und 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Hartmann in Kostengesetze, 48. Auflage 2018, § 8 JVEG Rn. 35,36). Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeiten der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2003 - X ZR 206/98). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind, wenn sich diese in einem gewissen Toleranzbereich bewegen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 - L 1 JVEG 1189/16; ThürLSG, Beschluss vom 13. August 2013 - L 6 SF 266/13 E, zitiert nach Juris). Die Toleranzgrenze beträgt 15 v. H. Werden die üblichen Erfahrungswerte allerdings um mehr als 15 v. H. überschritten, ist eine Plausibilitätsprüfung anhand der Kostenrechnung und der Angaben des Sachverständigen durchzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 - L 1 JVEG 1189/16, zitiert nach Juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist für die Fertigung der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Januar 2020 ein Zeitaufwand von 4,5 Stunden erforderlich. Entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers hat dieser auf Anforderung des Berichterstatters des 2. Senats des Thüringer Landessozialgerichts am 29. Januar 2020 eine ergänzende Stellungnahme und kein neues Sachverständigengutachten erstattet. Dies folgt bereits aus der Beauftragung durch den Berichterstatter vom 16. Januar 2020. Dort wurde der Erinnerungsführer lediglich gebeten, ergänzend Stellung zum klägerischen Vorbringen betreffend die Nebendiagnose E11.91 zu nehmen. Eine neue Beweisanordnung kann darin nicht gesehen werden. Vielmehr hat der Be-richterstatter des 2. Senats den Erinnerungsführer um eine weitere Erläuterung seines Gutachtens im Sinne von §§ 118 Abs. 1 SGG, 411 Abs. 3 ZPO gebeten. Er ist zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass durch die erbetene Erläuterung des Gutachtens eine weitere Beweiserhebung durch einen anderen Sachverständigen (zunächst) vermieden werden kann. Ge-richte sind zu einer weiteren Beweiserhebung erst verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche im Bereich der Befunderhebung enthalten und von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (vgl. BSG, Beschluss vom 08. Dezember 2009 – B 5 R 148/09 B –, Juris). Unerheblich ist insoweit, dass die ergänzende Stellungnahme vom Thüringer Landessozialgericht als Berufungsinstanz angefordert worden ist. Denn auch ein Berufungsgericht muss einen Sachverständigen jedenfalls dann um Erläuterung seines Gutachtens ersuchen, wenn es seine Ausführungen anders oder weitergehender als das Sozialgericht wür-digen will (vgl. BGH, Urteil vom 08. Juni 1993 – VI ZR 192/92 –, Juris). Dass hier eine ergänzende Stellungnahme angefordert worden ist, ergibt sich auch aus dem Inhalt. Bereits mit Beweisanordnung vom 20. Juni 2016 hatte die Vorsitzende der Kammer dem Erinnerungsführer aufgegeben, darzulegen, welche Diagnosen aufgeschlüsselt in Haupt- und Nebendiagnosen zu stellen und wie diese zu codieren waren. Entsprechend hatte der Erinnerungsführer in seinem Gutachten vom 9. September 2016 auf S. 6 die Diagnosen aufgeführt und mit einer ent-sprechenden Codierung versehen. Erstmals in der ergänzenden Stellungnahme vom 5. Dezember 2016 hat er dargelegt, dass die ICD-Nummer E11.91 nicht zu codieren ist. Wenn der Berichterstatter des 2. Senats des Thüringer Landessozialgerichts daran anknüpfend eine weitere Stellungnahme für erforderlich hält, handelt es sich ersichtlich nicht um die Beauftragung mit einem erneuten Gutachten.
Hinsichtlich der Ermittlung des Zeitaufwandes für die Erstellung der ergänzenden Stellungnahme i. H. v. 4,5 Stunden durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bestehen seitens des Senats keine Bedenken.
Die Vergütung des Erinnerungsführers errechnet sich damit wie folgt:
4,5 Stunden x 75 Euro 337,50 Euro Schreibauslagen 6,30 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer 65,32 Euro Porto 4,50 Euro Summe: 413,62 Euro.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Gründe:
I.
Im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 38 KR 824/14 beauftragte die Vorsitzende der 38. Kammer des Sozialgerichts Gotha durch Beweisanordnung vom 20. Juni 2016 in der Gestalt der Beweisanordnung vom 21. Juli 2016 den Erinnerungsführer mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage nach § 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Dieser erstellte am 9. September 2016 sein Gutachten. Entsprechend der abgeschlossenen Pauschalvereinbarung zwischen dem Erinnerungsführer und dem F setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung auf den beantragten Betrag von 740,18 Euro fest. Die Vorsitzende der 38. Kammer beauftragte den Erinnerungsführer mit Schreiben vom 17. November 2016 und 19. Januar 2017 jeweils mit der Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin. Der Erinnerungsführer erstattete am 5. Dezember 2016 und 9. Februar 2017 eine ergänzende Stellungnahme. Diese wurden durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Gotha mit 207,18 Euro bzw. 509,50 Euro vergütet. Mit Urteil vom 2. August 2017 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. Anschließend hat die Klägerin ein Berufungsverfahren beim Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 2 KR 1124/17 anhängig gemacht. Mit Verfügung vom 16. Januar 2020 beauftragte der Berichterstatter des 2. Senats den Erinnerungsführer mit der Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme zum klägerischen Vorbringen auf Bl. 167 - 169 und 177 - 178 jeweils betreffend die Nebendiagnose E11.91. Am 29. Januar 2019 erstattete der Erinnerungsführer eine ohne Deckblatt 4-seitige Stellungnahme. In seiner Kostenrechnung vom 31. Januar 2020 machte er eine Vergütung i. H. v. 829,43 Euro geltend. Er rechnete dabei entsprechend der Pauschalvereinbarung zwischen dem Freistaat Thüringen und ihm selbst vom 15. Februar 2016 die Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage beim Landessozialgericht mit 637 Euro und einen pauschalen Auslagenersatz i. H. v. 60 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer ab.
Durch Verfügung vom 11. Februar 2020 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung auf 413,62 Euro. Entsprechend der Pauschalvereinbarung bemesse sich die Vergü-tung einer ergänzenden Stellungnahme nach den allgemeinen Vorschriften des JVEG. Entschädigungsfähig seien 4,5 Stunden a 75 Euro, Schreibauslagen i. H. v. 6.30 Euro und 19 % Mehrwertsteuer.
Dagegen hat der Erinnerungsführer am 30. April 2020 Erinnerung eingelegt. Das Gutachten könne nicht lediglich als ergänzende Stellungnahme abgerechnet werden. Das zuvor erstellte Gutachten sei im Auftrag des Sozialgerichts Gotha angefertigt worden. Der zweite Auftrag datiere aus dem Januar 2020 vom Thüringer Landessozialgericht. Dieses Schreiben sei als neuer Auftrag einer anderen Instanz einzustufen, der erneut mit der vereinbarten Gutachtenpauschale abzurechnen sei.
Der Erinnerungsführer beantragt,
die Vergütung für das von ihm so bezeichnete Gerichtsgutachten nach Aktenlage vom 29. Januar 2020 auf 829,43 Euro festzusetzen.
Die Staatskasse hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach § 4 Abs. 7 S. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) und dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter.
Auf die nach § 4 Abs. 1 JVEG zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für die ergänzende Stellungnahme vom 29. Januar 2020 auf 413,62 Euro festgesetzt.
Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder den Antrag der Beteiligten gebunden; es kann nur nicht mehr festsetzen, als beantragt ist.
Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG), 2. Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie 4. Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich waren (Satz 2 Halbs. 1).
Die erforderliche Zeit ist nach einem abstrakten Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert. Nach pflichtgemäßem Ermessen hat das Gericht nachzuprüfen, ob der Zeitansatz erforderlich war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 55/07; BGH; Beschluss vom 16. Dezember 2003 – X ZR 206/98, zitiert nach Juris; ThürLSG Beschlüsse vom 5. März 2012 - L 6 SF 1854/11 B und 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Hartmann in Kostengesetze, 48. Auflage 2018, § 8 JVEG Rn. 35,36). Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeiten der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2003 - X ZR 206/98). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind, wenn sich diese in einem gewissen Toleranzbereich bewegen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 - L 1 JVEG 1189/16; ThürLSG, Beschluss vom 13. August 2013 - L 6 SF 266/13 E, zitiert nach Juris). Die Toleranzgrenze beträgt 15 v. H. Werden die üblichen Erfahrungswerte allerdings um mehr als 15 v. H. überschritten, ist eine Plausibilitätsprüfung anhand der Kostenrechnung und der Angaben des Sachverständigen durchzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 - L 1 JVEG 1189/16, zitiert nach Juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist für die Fertigung der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Januar 2020 ein Zeitaufwand von 4,5 Stunden erforderlich. Entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers hat dieser auf Anforderung des Berichterstatters des 2. Senats des Thüringer Landessozialgerichts am 29. Januar 2020 eine ergänzende Stellungnahme und kein neues Sachverständigengutachten erstattet. Dies folgt bereits aus der Beauftragung durch den Berichterstatter vom 16. Januar 2020. Dort wurde der Erinnerungsführer lediglich gebeten, ergänzend Stellung zum klägerischen Vorbringen betreffend die Nebendiagnose E11.91 zu nehmen. Eine neue Beweisanordnung kann darin nicht gesehen werden. Vielmehr hat der Be-richterstatter des 2. Senats den Erinnerungsführer um eine weitere Erläuterung seines Gutachtens im Sinne von §§ 118 Abs. 1 SGG, 411 Abs. 3 ZPO gebeten. Er ist zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass durch die erbetene Erläuterung des Gutachtens eine weitere Beweiserhebung durch einen anderen Sachverständigen (zunächst) vermieden werden kann. Ge-richte sind zu einer weiteren Beweiserhebung erst verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche im Bereich der Befunderhebung enthalten und von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (vgl. BSG, Beschluss vom 08. Dezember 2009 – B 5 R 148/09 B –, Juris). Unerheblich ist insoweit, dass die ergänzende Stellungnahme vom Thüringer Landessozialgericht als Berufungsinstanz angefordert worden ist. Denn auch ein Berufungsgericht muss einen Sachverständigen jedenfalls dann um Erläuterung seines Gutachtens ersuchen, wenn es seine Ausführungen anders oder weitergehender als das Sozialgericht wür-digen will (vgl. BGH, Urteil vom 08. Juni 1993 – VI ZR 192/92 –, Juris). Dass hier eine ergänzende Stellungnahme angefordert worden ist, ergibt sich auch aus dem Inhalt. Bereits mit Beweisanordnung vom 20. Juni 2016 hatte die Vorsitzende der Kammer dem Erinnerungsführer aufgegeben, darzulegen, welche Diagnosen aufgeschlüsselt in Haupt- und Nebendiagnosen zu stellen und wie diese zu codieren waren. Entsprechend hatte der Erinnerungsführer in seinem Gutachten vom 9. September 2016 auf S. 6 die Diagnosen aufgeführt und mit einer ent-sprechenden Codierung versehen. Erstmals in der ergänzenden Stellungnahme vom 5. Dezember 2016 hat er dargelegt, dass die ICD-Nummer E11.91 nicht zu codieren ist. Wenn der Berichterstatter des 2. Senats des Thüringer Landessozialgerichts daran anknüpfend eine weitere Stellungnahme für erforderlich hält, handelt es sich ersichtlich nicht um die Beauftragung mit einem erneuten Gutachten.
Hinsichtlich der Ermittlung des Zeitaufwandes für die Erstellung der ergänzenden Stellungnahme i. H. v. 4,5 Stunden durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bestehen seitens des Senats keine Bedenken.
Die Vergütung des Erinnerungsführers errechnet sich damit wie folgt:
4,5 Stunden x 75 Euro 337,50 Euro Schreibauslagen 6,30 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer 65,32 Euro Porto 4,50 Euro Summe: 413,62 Euro.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
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