Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 28 SO 587/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 85/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. August 2018 sowie der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2014 und des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 21. August 2018 werden aufgehoben. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung und Erstattung von Grundsicherungsleistungen.
Der am xxxxx 1944 geborene Kläger bewohnte im streitigen Zeitraum mit seiner geschiedenen Ehefrau, N., eine Wohnung im H ... Er bezog zunächst bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres am 19. August 2009 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), wobei ihm zuletzt mit Bescheid vom 23. März 2009 für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 18. August 2009 der Regelsatz in Höhe von 351 Euro sowie die Hälfte der Kosten der Unterkunft in Höhe von 279,26 Euro bewilligt wurden. Insgesamt ergaben sich damit monatlich bewilligte Leistungen in Höhe von 630,26 Euro.
Am 16. Juni 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen und teilte mit, seit vier Jahren in Trennung von seiner Ehefrau zu leben. Inzwischen sei die Scheidung beantragt. Beide lebten weiterhin in der gemeinsamen Wohnung, bewohnten aber jeweils ein eigenes Zimmer und wirtschafteten nicht zusammen. Dementsprechend gab der Kläger im Antragsvordruck an, dass in der Wohnung zwei Personen lebten. Zu seinem Einkommen erklärte er, dass er derzeit von Leistungen nach dem SGB II lebe. Er habe aber bereits einen Rentenantrag gestellt.
Mit Bescheiden vom 22. Juli 2009 und vom 5. August 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für die Monate August 2009 und September 2009, wobei sie bei der Bedarfsberechnung den Regelsatz HV/HA in Höhe von 323 Euro sowie für die Kosten der Unterkunft den hälftigen Mietanteil in Höhe von 280,11 Euro zu Grunde legte. Zum 1. Oktober 2009 stellte die Beklagte die Grundsicherungsleistungen ein, da sich im Hinblick auf die laufende Rentenzahlung in Höhe von 617,13 Euro kein Leistungsanspruch mehr errechne.
Am 1. Juni 2010 beantragte der Kläger unter Vorlage seines Scheidungsurteils vom 31. März 2010 erneut Grundsicherungsleistungen. Im Aufnahmebogen vom 2. Juni 2010 machte er im Feld "sonstige Personen im Haushalt" auf Seite 2 des Formulars keine Eintragung, bei den Wohnungsdaten trug er Gesamtkosten in Höhe von 568,65 Euro ein. Schließlich bestätigte er durch seine Unterschrift am Ende des Vordrucks, dass die von ihm gemachten Angaben vollständig und richtig seien. Zum Nachweis seiner Mietkosten legte er eine Mietbescheinigung der SAGA vom 1. Juni 2010 vor, die sowohl ihn als auch seine geschiedene Ehefrau als Mieter der Wohnung aufführte.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Juni 2010 für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 31. Dezember 2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 312,94 Euro unter Berücksichtigung einer monatlichen Miete in Höhe von 561,86 Euro. Nachfolgend erließ die Beklagte folgende Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheide, in denen bei der Bedarfsberechnung jeweils eine Miete in Höhe von 562,18 Euro berücksichtigt wurde: Bescheid vom 24. Juni 2010 für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2010 – bewilligte Grundsicherung: 313,26 Euro Bescheid vom 10. Dezember 2010 für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 – bewilligte Grundsicherung: 318,26 Euro Bescheid vom 15. Januar 2011 für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 30. Juni 2011 – bewilligte Grundsicherung: 320,32 Euro Bescheid vom 14. März 2011 für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. Juni 2011 – bewilligte Grundsicherung: 320,32 Euro
Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 320,67 Euro monatlich unter Berücksichtigung einer Miete in Höhe von 568,65 Euro. Die Erhöhung beruhte darauf, dass nunmehr für die Kosten der Warmwassererzeugung ein pauschaler Betrag von 6,47 Euro monatlich zusätzlich gewährt wurde. Darüber hinaus erhielt der Kläger im Juni 2011 eine Nachzahlung der Pauschale für die Warmwasserkosten für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 1. Juni 2011 in Höhe von insgesamt 32,35 Euro, ohne dass ein entsprechender Bescheid erlassen wurde. Auch in den weiteren Bescheiden vom 20. Dezember 2011 für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 (bewilligte Grundsicherung: 330,67 Euro) und vom 11. Juni 2012 für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 (bewilligte Grundsicherung: 317,11 Euro) berücksichtigte die Beklagte jeweils eine Miete in Höhe von 568,65 Euro.
Insgesamt wurden dem Kläger im Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 9.638,40 Euro bewilligt und ausgezahlt. Anlässlich eines Telefonats mit dem Kläger am 30. Oktober 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger weiterhin zusammen mit seiner geschiedenen Ehefrau in der Wohnung im H. lebte. Im Rahmen einer daraufhin vereinbarten Vorsprache am 1. November 2012 gab der Kläger an, mit seiner Ex-Frau in der Wohnung zu leben und gemeinsam zu haushalten. Er wurde daher aufgefordert, Einkommensunterlagen von ihr vorzulegen. Außerdem wurde dem Kläger ein Anhörungsschreiben übergeben, in dem ausgeführt wurde, dass es zu einer Überzahlung von Sozialhilfeleistungen gekommen sei, weil er nicht angegeben habe, dass er mit seiner geschiedenen Ehefrau in einer Haushaltsgemeinschaft lebe. Es werde deshalb geprüft, ob die zu Unrecht gewährte Leistung zurückgefordert werde. Der Kläger teilte hierzu mit anwaltlichem Schreiben vom 30. November 2012 mit, dass er bei der erstmaligen Antragstellung 2009 mitgeteilt habe, dass er mit seiner Ehefrau in einer gemeinsamen Wohnung lebe. Folgeanträge habe er nicht gestellt. Vielmehr seien diese von Amts wegen auf der Grundlage des Erstantrags beschieden worden. Außerdem ergebe sich auch aus den eingereichten Betriebskostenabrechnungen, die an ihn und seine Ex-Frau gerichtet seien, dass er zusammen mit seiner geschiedenen Ehefrau in der Wohnung lebe. Bezüglich der Vertrauensschutzregelung in § 45 Abs. 2 SGB X vertrat der Kläger die Auffassung, dass ihm nicht habe auffallen müssen, dass in den Leistungsbescheiden die volle Miete berücksichtigt worden sei.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 hob die Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 11. Juni 2010, 10. Dezember 2010, 22. Juni 2011, 11. Juni 2012 und 23. Oktober 2012 für die Monate Juni 2010 bis November 2012 auf und forderte vom Kläger die Rückerstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Sozialhilfe in einer Gesamthöhe von 8.524,98 Euro. Wie sich dieser Betrag zusammensetzte und welche Monate jeweils in welcher Höhe von der Aufhebung betroffen waren, ergab sich weder aus dem Tenor noch aus den Gründen des Bescheides. Die Beklagte begründete die Aufhebung der Bescheide damit, dass der Kläger den Bescheiden hätte entnehmen müssen, dass die Wohnungskosten fälschlicherweise in voller Höhe angerechnet worden seien. Da er sich die Wohnung mit seiner Ex-Frau geteilt habe, habe ihm aber lediglich die Hälfte der Miete zugestanden. Er habe insoweit versäumt, im Folgeantrag vom 2. Juni 2010 Angaben darüber zu machen, dass er sich die Wohnung mit seiner Ex-Frau teile, obwohl er am 1. Juni 2010 eine Erklärung unterschrieben habe, dass er verpflichtet sei, gegenüber der Beklagten wahrheitsgemäße Angaben zu machen und jede Änderung der Einkommens-, Vermögens- und Lebensverhältnisse mitzuteilen. In dieser Erklärung sei er auch darüber informiert worden, dass zu Unrecht erlangte Sozialhilfe erstattet werden müsse, wenn sie aufgrund vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen oder unvollständigen Angaben geleistet wurde. Er habe daher gewusst, dass der ihm bewilligten Sozialhilfe unvollständige Angaben zugrunde lagen und müsse daher auch die Rechtswidrigkeit der Bescheide erkannt haben. Somit könne er sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Bescheide berufen. Da keine Gründe vorgebracht oder ersichtlich seien, dass seine Interessen das Interesse des Sozialleistungsträgers an der Aufhebung der Bescheide und der sich darauf begründeten Erstattung überwiegen, habe die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X nur zu dem Ergebnis führen können, die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide aufzuheben.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 8. März 2013 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass nach Aktenlage nicht ersichtlich sei, dass er falsche Angaben gemacht habe. Vielmehr habe er in dem Antragsformular vom 16. Juni 2009 angegeben, dass zwei Personen in der Wohnung lebten. Er habe auch nicht erkannt, dass die Berechnung der Leistungen fehlerhaft sei. Da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich keine Rechtspflicht bestehe, einen Verwaltungsakt umfassend auf seine Richtigkeit zu überprüfen, wenn der Betroffene im Verwaltungsverfahren zutreffende Angaben gemacht habe, könne ihm auch kein besonders schwerer Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten vorgeworfen werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2014 als unbegründet zurück. Hierbei führte sie zum Sachverhalt aus, dass die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2013 die Leistungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 aufgehoben und die gesamten in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen in Höhe von 8.524,98 Euro zurückgefordert habe, da der Kläger bei seiner erneuten Antragstellung am 1. Juni 2010 keine Angaben darüber gemacht habe, dass er sich die von ihm bewohnte Wohnung weiterhin mit seiner früheren Ehefrau teile. Als Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme stützte sich die Beklagte auf § 45 SGB X. Die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 seien rechtswidrig, da sie die vollen Kosten der Unterkunft berücksichtigten, obwohl eine weitere Person in der Wohnung gelebt habe und somit nur die Hälfte der Unterkunftskosten hätte berücksichtigt werden dürfen. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Bewilligung auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich im Wesentlichen unrichtig gemacht habe (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). So habe er in dem am 3. Juni 2010 abgegebenen Aufnahmebogen nicht angegeben, dass eine weitere Person in der Wohnung lebe. Der Kläger habe hierbei zumindest billigend in Kauf genommen, aufgrund der unrichtigen Angaben erhöhte Leistungen zu erlangen. Unerheblich sei insoweit, ob es weitere Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass zwei Personen in der Wohnung lebten. Im Rahmen der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen gewesen, dass dem fiskalischen Interesse des Trägers der Sozialhilfe an der Rücknahme und der sich darauf gründenden Erstattung kein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes gegenüberstehe. Gründe des Einzelfalles, die ein Abweichen von der Praxis, dass bei rechtswidriger Bewilligung von Leistungen regelmäßig eine Aufhebung der rechtswidrigen Bescheide erfolge, rechtfertigten, seien nicht ersichtlich. Aufgrund der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 sei der in diesem Zeitraum geleistete Betrag in Höhe von 8.524,98 Euro nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Am 10. November 2014 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hält den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für rechtswidrig, da dieser dem Bestimmtheitserfordernis nicht genüge und eine Heilung im Klageverfahren nicht mehr möglich sei. Es sei für keinen der Monate nachvollziehbar, in welcher Höhe konkret eine Aufhebung erfolgen sollte, zudem sei die Rückforderungssumme höher als die eingetretene Überzahlung. Insoweit sei nicht ersichtlich, wie sich der Erstattungsbetrag zusammensetze. Überdies sei der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil die Bescheide vom 15. Januar 2011 und vom 14. März 2011 nicht aufgehoben worden seien.
Die Beklagte hat am 3. Dezember 2014 zur Klagschrift Stellung genommen und eingeräumt, dass die Erstattungssumme falsch berechnet worden sei. Zudem sei auch der Bescheid vom 24. Juni 2010 versehentlich nicht aufgehoben worden. Die sich aus den aufgehobenen Bescheiden ergebende Erstattungssumme betrage somit nur 6.516,75 Euro. Daneben sei jedoch auch der am 7. Juni 2011 ohne Bescheid gezahlte Betrag in Höhe von 32,35 Euro zu erstatten, so dass sich ein zu erstattender Gesamtbetrag von 6.549,10 Euro ergebe. Die falsche Berechnung der Summen führe jedoch nicht zur Unbestimmtheit des angefochtenen Bescheides. Ergänzend hat die Beklagte mit Schreiben vom 6. Mai 2015 darauf hingewiesen, dass in der Anlage zum Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid genau aufgelistet sei, in welcher Höhe und in welchem Monat Leistungen zu Unrecht erbracht worden seien und zurückgefordert würden.
Der Kläger hat darauf erwidert, dass ihm keine Anlage zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bekannt sei.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 21. August 2018 hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 18. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2014 insoweit aufgehoben, als die Erstattungsforderung den Betrag von 6.549,10 Euro überstiegen hat.
Mit Urteil vom 21. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Beklagte habe die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 zu Recht aufgehoben und eine Erstattung in Höhe von 6.549,10 Euro geltend gemacht. Zur Begründung hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass für den Kläger aus dem Gesamtzusammenhang des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides sowie des vorangegangenen Anhörungsschreibens erkennbar gewesen sei, dass die Beklagte alle Bewilligungsentscheidungen im genannten Zeitraum insoweit habe aufheben wollen, als zu Unrecht die vollen Mietkosten der Wohnung angerechnet worden seien. Damit seien alle in dem streitigen Zeitraum ergangenen Bewilligungsbescheide von der Aufhebung umfasst, ohne dass diese ausdrücklich benannt worden seien. Es sei daher unschädlich, dass die Bescheide vom 11. Juni 2010, vom 10. Dezember 2010, vom 22. Juni 2011 und vom 11. Juni 2012 nicht im Verfügungssatz aufgeführt seien und zudem ein weiterer Bescheid genannt sei, der nicht existiere. Ein Formfehler sei nicht erkennbar. Zudem hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten auch insoweit bestätigt, als diese angenommen habe, dass sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig im Antragsformular nicht angegeben, dass seine geschiedene Frau weiterhin mit ihm die Wohnung im H. bewohnt habe, sodass die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass seine Ex-Frau nach der Scheidung nicht mehr mit ihm zusammengewohnt habe. Dem Kläger sei die Rechtswidrigkeit der Bescheide auch bekannt gewesen bzw. hätte ihm bekannt gewesen sein müssen, da bei der Berechnung der Miete erstmals die volle Miete zugrunde gelegt worden sei, während bei den vorherigen Bewilligungen und zuvor auch schon im Rahmen der vom Jobcenter bezogenen Leistungen nach dem SGB II jeweils nur die halbe Miete berücksichtigt worden sei. Im Übrigen sei die Jahresfrist für die Rücknahme eingehalten und auch Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Schließlich sei die nach dem Teilanerkenntnis vom 21. August 2018 verbliebene Erstattungsforderung auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat am 11. Oktober 2018 Berufung gegen das ihm am 5. Oktober 2018 zugestellte Urteil eingelegt. Er macht geltend, dass er bei der Frage nach Personen in seinem Haushalt keine unvollständigen Angaben gemacht habe, weil kein gemeinsamer Haushalt, sondern nur noch eine Wohngemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau bestanden habe. Da er somit zutreffende Angaben gemacht habe, sei er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nicht verpflichtet gewesen, die Berechnungen in den Bewilligungsbescheiden zu prüfen. Außerdem bleibt er bei seiner Auffassung, dass der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nicht hinreichend bestimmt sei. Insofern komme es weniger auf die vom Sozialgericht thematisierte Problematik an, ob die Beklagte alle Bewilligungsbescheide mit den jeweiligen Daten hätte anführen müssen, sondern angesichts der nur teilweise erfolgten Aufhebung für einen Gesamtzeitraum auf die Frage, ob die Beklagte hätte mitteilen müssen, in welchem Umfang in den jeweiligen Monaten eine Aufhebung erfolgt sei und in welchem Umfang dem Kläger Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verblieben.
Der Kläger beantragt nach Aktenlage sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. August 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2014 und des Teilanerkenntnisses vom 21. August 2018 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt nach Aktenlage, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. August 2018 zurückzuweisen. Zur Begründung beruft sie sich auf ihren bisherigen Vortrag sowie das angefochtene Urteil.
Auf die Nachfrage des Senats, ob die Rückforderungsberechnung auf Bl. 54 des II. Bandes der Sachakten als Anlage Bestandteil des dem Kläger übersandten Bescheides vom 18. Februar 2013 gewesen sei, hat die Beklagte mitgeteilt, dass dies den noch vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei entnommen werden könne. Der damalige Sachbearbeiter habe sich nicht erinnern können. Die Beklagte gehe jedoch davon aus, dass der Bescheid nur mit der Berechnung versandt worden sein könne.
Auf die Bitte des Senats, das an den Kläger gerichtete Anhörungsschreiben einschließlich ggf. beigefügter Berechnungen und Anlagen zu übersenden, hat die Beklagte auch den Aufhebungsbescheid vom 18. Februar 2013 übersandt. Weder dem Anhörungsschreiben noch dem Aufhebungsbescheid war eine Berechnung oder Anlage beigefügt.
Am 2. bzw. 3. November 2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2014 und des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 21. August 2018. Streitig ist damit noch die Rechtmäßigkeit der Aufhebung und Erstattung von Grundsicherungsleistungen in Höhe von 6.549,10 Euro für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2010.
II. Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt haben.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit die Beklagte den Klaganspruch nicht anerkannt hat. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Sie ist auch begründet, denn der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides sowie des angenommenen Anerkenntnisses ist rechtwidrig, weil er nicht hinreichend bestimmt ist.
Nach § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies setzt insbesondere voraus, dass der Verfügungssatz des Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist (BSG, Urteil vom 25.10.2017 – B 14 AS 9/17 R, Rn. 17; Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 33 SGB X (Stand: 1.12.2017), Rn. 21). Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, zuletzt Urteil vom 3.7.2020 – B 8 SO 2/19 R, Rn. 15; Engelmann in: Schütze, SGB X, § 33 Rn. 11ff.). Unschädlich ist es insoweit, wenn der Regelungsgehalt des Verfügungssatzes erst durch Auslegung ermittelt werden muss, etwa indem das Anhörungsschreiben, die Begründung der angefochtenen Bescheide, beigefügte Anlagen, früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder andere allgemein zugängliche Unterlagen herangezogen werden (vgl. BSG, Urteile vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R, Rn. 16; vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R, Rn. 15; vom 25.10.2017 – B 14 AS 9/17 R, Rn. 17 und zuletzt Urteil vom 3.7.2020 – B 8 SO 2/19 R, Rn. 15; Engelmann, aaO, § 33 Rn. 16). Diese Auslegungsmöglichkeiten finden allerdings ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R, Rn. 16 m.w.N.).
Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BSG, Urteil vom 3.7.2020 – B 8 SO 2/19 R, Rn. 15; Engelmann, aaO, § 33 Rn. 6 m.w.N.). Für Verwaltungsakte, mit denen eine Leistungsbewilligung aufgehoben wird, also insbesondere Aufhebungsbescheide gem. § 45 SGB X, gilt insoweit, dass der Bescheid zumindest den Adressaten, den Zeitraum der Aufhebung und den konkreten Umfang der Aufhebung erkennen lassen muss (Pattar, aaO, Rn. 46). Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus dem Verfügungssatz des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18. Februar 2013 nicht klar und eindeutig, was die Beklagte regeln wollte, so dass ein Verstoß gegen das Bestimmtheitserfordernis vorliegt.
Zwar lassen sich Adressat und Zeitraum der Aufhebung dem Verfügungssatz des Aufhebungs- verwaltungsaktes eindeutig entnehmen, da der Bescheid an den Kläger adressiert ist, im Verfügungssatz jeweils Bewilligungsbescheide für die Monate Juni 2010 bis November 2012 benannt sind und schließlich in der Begründung mitgeteilt wird, dass der Kläger den ihm "zugegangenen Bescheiden für den Zeitraum 06.2010 – 11.2012" hätte entnehmen müssen, dass die Wohnungskosten fälschlicherweise in voller Höhe angerechnet wurden. Insoweit dürfte es auch, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, zumindest für die Frage der Bestimmtheit unerheblich sein, dass der Beklagte im Verfügungssatz des Aufhebungsverwaltungsaktes nicht alle Bewilligungsentscheidungen, die diesen Zeitraum regelten, aufgeführt hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügungssätze des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, dem Inhalt der Begründung des Bescheids und den bekannten Umständen ergibt sich für den Kläger als objektiven Empfänger unzweideutig, dass auch die anderen, nicht ausdrücklich genannten Bescheide, die in den jeweiligen Bewilligungszeiträumen des Aufhebungszeitraums die dem Kläger bewilligten Leistungen regelten, vom Aufhebungsverwaltungsakt ebenso wie vom Erstattungsverwaltungsakt erfasst sein sollten (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – B 14 AS 9/17 R, Rn. 26 m.w.N.).
Der konkrete Umfang der Aufhebung ergibt sich jedoch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Widerspruchsbescheid und ist auch nicht durch Auslegung unter Heranziehung der dem Kläger zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu ermitteln. Pro-blematisch ist insbesondere, dass die Beklagte nur einen Gesamtbetrag der überzahlten Sozialhilfeleistungen mitgeteilt hat, ohne mitzuteilen, welcher Betrag in welchen Monaten aufgehoben wird. Somit ist für keinen der Monate nachvollziehbar, in welchem Umfang die den Zeitraum betreffenden Bewilligungsentscheidungen aufgehoben wurden. Dies wäre jedoch erforderlich, damit der Bescheid dem Bestimmtheitsgrundsatz aus § 33 SGB X genügt. Es muss für den Leistungsberechtigten erkennbar sein, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verbleiben, um sein Verhalten danach auszurichten (BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R, Rn. 17). Dementsprechend ist eine über mehrere Monate erstreckte Teilaufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur dann hinreichend bestimmt i.S. von § 33 Abs. 1 SGB X, wenn ihm die ändernden Teilbeträge für jeden Monat im Einzelnen entnommen werden können (BSG, Urteil vom 14.5.2020 – B 14 AS 10/19 R, Rn. 18). Dies ist beim Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Februar 2013 jedoch nicht der Fall, so dass der Bescheid schon aus diesem Grund mangels ausreichender Bestimmtheit rechtswidrig ist.
Soweit die Beklagte hierzu vorträgt, dass in der dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid als Anlage beigefügten Berechnung der Rückforderungssumme genau aufgelistet sei, in welcher Höhe und in welchem Monat Leistungen zu Unrecht erbracht worden seien und zurückgefordert werden, mag dies zutreffen, auch wenn die dort genannten Beträge teilweise unzutreffend sind. Allerdings konnte die insoweit beweisbelastete Beklagte nicht nachweisen, dass der Kläger die Rückforderungsberechnung kannte und anhand dieser zweifelsfrei bestimmen konnte, in welchem Umfang sie die ursprünglichen Bewilligungen jeweils aufheben wollte.
Beweismaßstab ist im sozialgerichtlichen Verfahren der Vollbeweis, soweit nicht der niedrigere Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung angeordnet ist. Das bedeutet, dass sich das Gericht grundsätzlich die volle Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Tatsache verschaffen muss. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 128 Rn. 3b m.w.N.). Hier steht nach der Überzeugung des Senats jedoch nicht mit ausreichender Gewissheit fest, dass die Rückforderungsberechnung dem Kläger mit dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid zugegangen ist. Hiergegen spricht zunächst, dass der Kläger mitgeteilt hat, dass ihm keine Anlage zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bekannt sei. Hinzu kommt, dass die Berechnung zwar in der Akte der Beklagten direkt hinter dem Bescheid abgeheftet ist, so dass sie als Anlage zum Bescheid angesehen werden könnte. Genausogut könnte es sich aber um eine interne Berechnung des zuständigen Sachbearbeiters handeln, der sie mit dem Bescheid zur Akte genommen hat, zumal sich in dem Bescheid weder ein Hinweis auf eine beigefügte Anlage findet noch zur Berechnung der Rückforderungssumme auf die Anlage Bezug genommen wird. Zudem sind in der Leistungsakte auf den Seiten 48-53 direkt hintereinander zwei vollständige Kopien des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18. Februar 2013 abgeheftet, denen auf Seite 54 dann einmal die Berechnung folgt. Wäre die Berechnung Teil oder Anlage des Bescheides gewesen, wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass auch nach der ersten Bescheidkopie eine Kopie der Berechnung eingeheftet worden wäre. Außerdem ist auf den Kopien aller Seiten des Bescheides jeweils die Klammer erkennbar, mit der der Bescheid zusammengeheftet war. Auf der Kopie der Berechnung ist hingegen kein Teil der Klammer sichtbar. Schließlich hat selbst die Beklagte auf Befragen des Senats eingeräumt, dass sich ihren noch vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei entnehmen lasse, ob die Rückforderungsberechnung als Anlage Bestandteil des angefochtenen Bescheides geworden ist. Hiergegen spricht letztlich auch, dass die Beklagte auf die Bitte des Senats, das an den Kläger gerichtete Anhörungsschreiben einschließlich ggf. beigefügter Berechnungen und Anlagen zu übersenden, auch eine Kopie des Bescheides vom 18. Februar 2013 übersandt hat, der jedoch die Rückforderungsberechnung nicht beigefügt gewesen ist.
Insgesamt hat der Senat daher ernstliche Zweifel daran, dass die Rückforderungsberechnung dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid tatsächlich beigefügt war. Diese Zweifel gehen zulasten der beweisbelasteten Beklagten, mit der Folge, dass die Rückforderungsberechnung nicht zur Bestimmung des von der Beklagten gewollten Umfangs der Aufhebung herangezogen werden kann und es somit auch dabei verbleibt, dass für den Kläger aus dem Aufhebungsverwaltungsakt nicht erkennbar ist, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verbleiben.
Ungeachtet dessen dürfte die Aufhebungsentscheidung der Beklagten auch deshalb nicht hinreichend bestimmt sein, weil die sich aus dem Tenor des Aufhebungsverwaltungsaktes vom 18. Februar 2013 sowie der Begründung des Widerspruchsbescheides (Bl. 3 des Widerspruchsbescheides) ergebende Regelung der vollständigen Aufhebung der genannten Bescheide und der Rückforderung der gesamten in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen nicht zu dem genannten Überzahlungs- bzw. Rückforderungsbetrag in Höhe von 8.594,98 Euro passt und insoweit nicht eindeutig erkennbar ist, ob eine vollständige oder teilweise Aufhebung beabsichtigt war.
Dieser Bestimmtheitsmangel ist auch nicht durch den Widerspruchsbescheid beseitigt, da auch dort nicht aufgeführt wird, wie sich die Rückforderungssumme berechnet.
Schließlich ist der Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz weder nach § 41 Abs. 1 und 2 SGB X heilbar noch gem. § 42 SGB X unbeachtlich, weil es sich nicht um einen Formfehler handelt (BSG, Urteil vom 13. Juli 2006 – B 7a AL 24/05 R, Rn. 6; Schütze, aaO, § 33 Rn. 31).
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid im Übrigen materiell rechtmäßig ist, insbesondere, ob sich der Kläger auf Vertrauensschutz berufen kann und ob er unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht hat, die Rechtwidrigkeit kannte oder und kennen musste, das Rücknahmeermessen zutreffend ausgeübt wurde und die Rückforderungssumme nunmehr korrekt ermittelt ist, nicht mehr an.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung und Erstattung von Grundsicherungsleistungen.
Der am xxxxx 1944 geborene Kläger bewohnte im streitigen Zeitraum mit seiner geschiedenen Ehefrau, N., eine Wohnung im H ... Er bezog zunächst bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres am 19. August 2009 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), wobei ihm zuletzt mit Bescheid vom 23. März 2009 für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 18. August 2009 der Regelsatz in Höhe von 351 Euro sowie die Hälfte der Kosten der Unterkunft in Höhe von 279,26 Euro bewilligt wurden. Insgesamt ergaben sich damit monatlich bewilligte Leistungen in Höhe von 630,26 Euro.
Am 16. Juni 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen und teilte mit, seit vier Jahren in Trennung von seiner Ehefrau zu leben. Inzwischen sei die Scheidung beantragt. Beide lebten weiterhin in der gemeinsamen Wohnung, bewohnten aber jeweils ein eigenes Zimmer und wirtschafteten nicht zusammen. Dementsprechend gab der Kläger im Antragsvordruck an, dass in der Wohnung zwei Personen lebten. Zu seinem Einkommen erklärte er, dass er derzeit von Leistungen nach dem SGB II lebe. Er habe aber bereits einen Rentenantrag gestellt.
Mit Bescheiden vom 22. Juli 2009 und vom 5. August 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für die Monate August 2009 und September 2009, wobei sie bei der Bedarfsberechnung den Regelsatz HV/HA in Höhe von 323 Euro sowie für die Kosten der Unterkunft den hälftigen Mietanteil in Höhe von 280,11 Euro zu Grunde legte. Zum 1. Oktober 2009 stellte die Beklagte die Grundsicherungsleistungen ein, da sich im Hinblick auf die laufende Rentenzahlung in Höhe von 617,13 Euro kein Leistungsanspruch mehr errechne.
Am 1. Juni 2010 beantragte der Kläger unter Vorlage seines Scheidungsurteils vom 31. März 2010 erneut Grundsicherungsleistungen. Im Aufnahmebogen vom 2. Juni 2010 machte er im Feld "sonstige Personen im Haushalt" auf Seite 2 des Formulars keine Eintragung, bei den Wohnungsdaten trug er Gesamtkosten in Höhe von 568,65 Euro ein. Schließlich bestätigte er durch seine Unterschrift am Ende des Vordrucks, dass die von ihm gemachten Angaben vollständig und richtig seien. Zum Nachweis seiner Mietkosten legte er eine Mietbescheinigung der SAGA vom 1. Juni 2010 vor, die sowohl ihn als auch seine geschiedene Ehefrau als Mieter der Wohnung aufführte.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Juni 2010 für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 31. Dezember 2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 312,94 Euro unter Berücksichtigung einer monatlichen Miete in Höhe von 561,86 Euro. Nachfolgend erließ die Beklagte folgende Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheide, in denen bei der Bedarfsberechnung jeweils eine Miete in Höhe von 562,18 Euro berücksichtigt wurde: Bescheid vom 24. Juni 2010 für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2010 – bewilligte Grundsicherung: 313,26 Euro Bescheid vom 10. Dezember 2010 für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 – bewilligte Grundsicherung: 318,26 Euro Bescheid vom 15. Januar 2011 für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 30. Juni 2011 – bewilligte Grundsicherung: 320,32 Euro Bescheid vom 14. März 2011 für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. Juni 2011 – bewilligte Grundsicherung: 320,32 Euro
Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 320,67 Euro monatlich unter Berücksichtigung einer Miete in Höhe von 568,65 Euro. Die Erhöhung beruhte darauf, dass nunmehr für die Kosten der Warmwassererzeugung ein pauschaler Betrag von 6,47 Euro monatlich zusätzlich gewährt wurde. Darüber hinaus erhielt der Kläger im Juni 2011 eine Nachzahlung der Pauschale für die Warmwasserkosten für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 1. Juni 2011 in Höhe von insgesamt 32,35 Euro, ohne dass ein entsprechender Bescheid erlassen wurde. Auch in den weiteren Bescheiden vom 20. Dezember 2011 für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 (bewilligte Grundsicherung: 330,67 Euro) und vom 11. Juni 2012 für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2013 (bewilligte Grundsicherung: 317,11 Euro) berücksichtigte die Beklagte jeweils eine Miete in Höhe von 568,65 Euro.
Insgesamt wurden dem Kläger im Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 9.638,40 Euro bewilligt und ausgezahlt. Anlässlich eines Telefonats mit dem Kläger am 30. Oktober 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger weiterhin zusammen mit seiner geschiedenen Ehefrau in der Wohnung im H. lebte. Im Rahmen einer daraufhin vereinbarten Vorsprache am 1. November 2012 gab der Kläger an, mit seiner Ex-Frau in der Wohnung zu leben und gemeinsam zu haushalten. Er wurde daher aufgefordert, Einkommensunterlagen von ihr vorzulegen. Außerdem wurde dem Kläger ein Anhörungsschreiben übergeben, in dem ausgeführt wurde, dass es zu einer Überzahlung von Sozialhilfeleistungen gekommen sei, weil er nicht angegeben habe, dass er mit seiner geschiedenen Ehefrau in einer Haushaltsgemeinschaft lebe. Es werde deshalb geprüft, ob die zu Unrecht gewährte Leistung zurückgefordert werde. Der Kläger teilte hierzu mit anwaltlichem Schreiben vom 30. November 2012 mit, dass er bei der erstmaligen Antragstellung 2009 mitgeteilt habe, dass er mit seiner Ehefrau in einer gemeinsamen Wohnung lebe. Folgeanträge habe er nicht gestellt. Vielmehr seien diese von Amts wegen auf der Grundlage des Erstantrags beschieden worden. Außerdem ergebe sich auch aus den eingereichten Betriebskostenabrechnungen, die an ihn und seine Ex-Frau gerichtet seien, dass er zusammen mit seiner geschiedenen Ehefrau in der Wohnung lebe. Bezüglich der Vertrauensschutzregelung in § 45 Abs. 2 SGB X vertrat der Kläger die Auffassung, dass ihm nicht habe auffallen müssen, dass in den Leistungsbescheiden die volle Miete berücksichtigt worden sei.
Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 hob die Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 11. Juni 2010, 10. Dezember 2010, 22. Juni 2011, 11. Juni 2012 und 23. Oktober 2012 für die Monate Juni 2010 bis November 2012 auf und forderte vom Kläger die Rückerstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Sozialhilfe in einer Gesamthöhe von 8.524,98 Euro. Wie sich dieser Betrag zusammensetzte und welche Monate jeweils in welcher Höhe von der Aufhebung betroffen waren, ergab sich weder aus dem Tenor noch aus den Gründen des Bescheides. Die Beklagte begründete die Aufhebung der Bescheide damit, dass der Kläger den Bescheiden hätte entnehmen müssen, dass die Wohnungskosten fälschlicherweise in voller Höhe angerechnet worden seien. Da er sich die Wohnung mit seiner Ex-Frau geteilt habe, habe ihm aber lediglich die Hälfte der Miete zugestanden. Er habe insoweit versäumt, im Folgeantrag vom 2. Juni 2010 Angaben darüber zu machen, dass er sich die Wohnung mit seiner Ex-Frau teile, obwohl er am 1. Juni 2010 eine Erklärung unterschrieben habe, dass er verpflichtet sei, gegenüber der Beklagten wahrheitsgemäße Angaben zu machen und jede Änderung der Einkommens-, Vermögens- und Lebensverhältnisse mitzuteilen. In dieser Erklärung sei er auch darüber informiert worden, dass zu Unrecht erlangte Sozialhilfe erstattet werden müsse, wenn sie aufgrund vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen oder unvollständigen Angaben geleistet wurde. Er habe daher gewusst, dass der ihm bewilligten Sozialhilfe unvollständige Angaben zugrunde lagen und müsse daher auch die Rechtswidrigkeit der Bescheide erkannt haben. Somit könne er sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Bescheide berufen. Da keine Gründe vorgebracht oder ersichtlich seien, dass seine Interessen das Interesse des Sozialleistungsträgers an der Aufhebung der Bescheide und der sich darauf begründeten Erstattung überwiegen, habe die Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 1 SGB X nur zu dem Ergebnis führen können, die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide aufzuheben.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 8. März 2013 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass nach Aktenlage nicht ersichtlich sei, dass er falsche Angaben gemacht habe. Vielmehr habe er in dem Antragsformular vom 16. Juni 2009 angegeben, dass zwei Personen in der Wohnung lebten. Er habe auch nicht erkannt, dass die Berechnung der Leistungen fehlerhaft sei. Da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich keine Rechtspflicht bestehe, einen Verwaltungsakt umfassend auf seine Richtigkeit zu überprüfen, wenn der Betroffene im Verwaltungsverfahren zutreffende Angaben gemacht habe, könne ihm auch kein besonders schwerer Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten vorgeworfen werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2014 als unbegründet zurück. Hierbei führte sie zum Sachverhalt aus, dass die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2013 die Leistungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 aufgehoben und die gesamten in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen in Höhe von 8.524,98 Euro zurückgefordert habe, da der Kläger bei seiner erneuten Antragstellung am 1. Juni 2010 keine Angaben darüber gemacht habe, dass er sich die von ihm bewohnte Wohnung weiterhin mit seiner früheren Ehefrau teile. Als Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme stützte sich die Beklagte auf § 45 SGB X. Die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 seien rechtswidrig, da sie die vollen Kosten der Unterkunft berücksichtigten, obwohl eine weitere Person in der Wohnung gelebt habe und somit nur die Hälfte der Unterkunftskosten hätte berücksichtigt werden dürfen. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Bewilligung auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich im Wesentlichen unrichtig gemacht habe (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). So habe er in dem am 3. Juni 2010 abgegebenen Aufnahmebogen nicht angegeben, dass eine weitere Person in der Wohnung lebe. Der Kläger habe hierbei zumindest billigend in Kauf genommen, aufgrund der unrichtigen Angaben erhöhte Leistungen zu erlangen. Unerheblich sei insoweit, ob es weitere Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass zwei Personen in der Wohnung lebten. Im Rahmen der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen gewesen, dass dem fiskalischen Interesse des Trägers der Sozialhilfe an der Rücknahme und der sich darauf gründenden Erstattung kein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes gegenüberstehe. Gründe des Einzelfalles, die ein Abweichen von der Praxis, dass bei rechtswidriger Bewilligung von Leistungen regelmäßig eine Aufhebung der rechtswidrigen Bescheide erfolge, rechtfertigten, seien nicht ersichtlich. Aufgrund der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 sei der in diesem Zeitraum geleistete Betrag in Höhe von 8.524,98 Euro nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Am 10. November 2014 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hält den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für rechtswidrig, da dieser dem Bestimmtheitserfordernis nicht genüge und eine Heilung im Klageverfahren nicht mehr möglich sei. Es sei für keinen der Monate nachvollziehbar, in welcher Höhe konkret eine Aufhebung erfolgen sollte, zudem sei die Rückforderungssumme höher als die eingetretene Überzahlung. Insoweit sei nicht ersichtlich, wie sich der Erstattungsbetrag zusammensetze. Überdies sei der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil die Bescheide vom 15. Januar 2011 und vom 14. März 2011 nicht aufgehoben worden seien.
Die Beklagte hat am 3. Dezember 2014 zur Klagschrift Stellung genommen und eingeräumt, dass die Erstattungssumme falsch berechnet worden sei. Zudem sei auch der Bescheid vom 24. Juni 2010 versehentlich nicht aufgehoben worden. Die sich aus den aufgehobenen Bescheiden ergebende Erstattungssumme betrage somit nur 6.516,75 Euro. Daneben sei jedoch auch der am 7. Juni 2011 ohne Bescheid gezahlte Betrag in Höhe von 32,35 Euro zu erstatten, so dass sich ein zu erstattender Gesamtbetrag von 6.549,10 Euro ergebe. Die falsche Berechnung der Summen führe jedoch nicht zur Unbestimmtheit des angefochtenen Bescheides. Ergänzend hat die Beklagte mit Schreiben vom 6. Mai 2015 darauf hingewiesen, dass in der Anlage zum Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid genau aufgelistet sei, in welcher Höhe und in welchem Monat Leistungen zu Unrecht erbracht worden seien und zurückgefordert würden.
Der Kläger hat darauf erwidert, dass ihm keine Anlage zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bekannt sei.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 21. August 2018 hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 18. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2014 insoweit aufgehoben, als die Erstattungsforderung den Betrag von 6.549,10 Euro überstiegen hat.
Mit Urteil vom 21. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Beklagte habe die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2012 zu Recht aufgehoben und eine Erstattung in Höhe von 6.549,10 Euro geltend gemacht. Zur Begründung hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass für den Kläger aus dem Gesamtzusammenhang des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides sowie des vorangegangenen Anhörungsschreibens erkennbar gewesen sei, dass die Beklagte alle Bewilligungsentscheidungen im genannten Zeitraum insoweit habe aufheben wollen, als zu Unrecht die vollen Mietkosten der Wohnung angerechnet worden seien. Damit seien alle in dem streitigen Zeitraum ergangenen Bewilligungsbescheide von der Aufhebung umfasst, ohne dass diese ausdrücklich benannt worden seien. Es sei daher unschädlich, dass die Bescheide vom 11. Juni 2010, vom 10. Dezember 2010, vom 22. Juni 2011 und vom 11. Juni 2012 nicht im Verfügungssatz aufgeführt seien und zudem ein weiterer Bescheid genannt sei, der nicht existiere. Ein Formfehler sei nicht erkennbar. Zudem hat das Sozialgericht die Entscheidung der Beklagten auch insoweit bestätigt, als diese angenommen habe, dass sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig im Antragsformular nicht angegeben, dass seine geschiedene Frau weiterhin mit ihm die Wohnung im H. bewohnt habe, sodass die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass seine Ex-Frau nach der Scheidung nicht mehr mit ihm zusammengewohnt habe. Dem Kläger sei die Rechtswidrigkeit der Bescheide auch bekannt gewesen bzw. hätte ihm bekannt gewesen sein müssen, da bei der Berechnung der Miete erstmals die volle Miete zugrunde gelegt worden sei, während bei den vorherigen Bewilligungen und zuvor auch schon im Rahmen der vom Jobcenter bezogenen Leistungen nach dem SGB II jeweils nur die halbe Miete berücksichtigt worden sei. Im Übrigen sei die Jahresfrist für die Rücknahme eingehalten und auch Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Schließlich sei die nach dem Teilanerkenntnis vom 21. August 2018 verbliebene Erstattungsforderung auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat am 11. Oktober 2018 Berufung gegen das ihm am 5. Oktober 2018 zugestellte Urteil eingelegt. Er macht geltend, dass er bei der Frage nach Personen in seinem Haushalt keine unvollständigen Angaben gemacht habe, weil kein gemeinsamer Haushalt, sondern nur noch eine Wohngemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau bestanden habe. Da er somit zutreffende Angaben gemacht habe, sei er nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nicht verpflichtet gewesen, die Berechnungen in den Bewilligungsbescheiden zu prüfen. Außerdem bleibt er bei seiner Auffassung, dass der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid nicht hinreichend bestimmt sei. Insofern komme es weniger auf die vom Sozialgericht thematisierte Problematik an, ob die Beklagte alle Bewilligungsbescheide mit den jeweiligen Daten hätte anführen müssen, sondern angesichts der nur teilweise erfolgten Aufhebung für einen Gesamtzeitraum auf die Frage, ob die Beklagte hätte mitteilen müssen, in welchem Umfang in den jeweiligen Monaten eine Aufhebung erfolgt sei und in welchem Umfang dem Kläger Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes verblieben.
Der Kläger beantragt nach Aktenlage sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. August 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2014 und des Teilanerkenntnisses vom 21. August 2018 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt nach Aktenlage, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. August 2018 zurückzuweisen. Zur Begründung beruft sie sich auf ihren bisherigen Vortrag sowie das angefochtene Urteil.
Auf die Nachfrage des Senats, ob die Rückforderungsberechnung auf Bl. 54 des II. Bandes der Sachakten als Anlage Bestandteil des dem Kläger übersandten Bescheides vom 18. Februar 2013 gewesen sei, hat die Beklagte mitgeteilt, dass dies den noch vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei entnommen werden könne. Der damalige Sachbearbeiter habe sich nicht erinnern können. Die Beklagte gehe jedoch davon aus, dass der Bescheid nur mit der Berechnung versandt worden sein könne.
Auf die Bitte des Senats, das an den Kläger gerichtete Anhörungsschreiben einschließlich ggf. beigefügter Berechnungen und Anlagen zu übersenden, hat die Beklagte auch den Aufhebungsbescheid vom 18. Februar 2013 übersandt. Weder dem Anhörungsschreiben noch dem Aufhebungsbescheid war eine Berechnung oder Anlage beigefügt.
Am 2. bzw. 3. November 2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2014 und des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 21. August 2018. Streitig ist damit noch die Rechtmäßigkeit der Aufhebung und Erstattung von Grundsicherungsleistungen in Höhe von 6.549,10 Euro für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2010.
II. Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt haben.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit die Beklagte den Klaganspruch nicht anerkannt hat. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Sie ist auch begründet, denn der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides sowie des angenommenen Anerkenntnisses ist rechtwidrig, weil er nicht hinreichend bestimmt ist.
Nach § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies setzt insbesondere voraus, dass der Verfügungssatz des Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist (BSG, Urteil vom 25.10.2017 – B 14 AS 9/17 R, Rn. 17; Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 33 SGB X (Stand: 1.12.2017), Rn. 21). Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, zuletzt Urteil vom 3.7.2020 – B 8 SO 2/19 R, Rn. 15; Engelmann in: Schütze, SGB X, § 33 Rn. 11ff.). Unschädlich ist es insoweit, wenn der Regelungsgehalt des Verfügungssatzes erst durch Auslegung ermittelt werden muss, etwa indem das Anhörungsschreiben, die Begründung der angefochtenen Bescheide, beigefügte Anlagen, früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder andere allgemein zugängliche Unterlagen herangezogen werden (vgl. BSG, Urteile vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R, Rn. 16; vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R, Rn. 15; vom 25.10.2017 – B 14 AS 9/17 R, Rn. 17 und zuletzt Urteil vom 3.7.2020 – B 8 SO 2/19 R, Rn. 15; Engelmann, aaO, § 33 Rn. 16). Diese Auslegungsmöglichkeiten finden allerdings ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R, Rn. 16 m.w.N.).
Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BSG, Urteil vom 3.7.2020 – B 8 SO 2/19 R, Rn. 15; Engelmann, aaO, § 33 Rn. 6 m.w.N.). Für Verwaltungsakte, mit denen eine Leistungsbewilligung aufgehoben wird, also insbesondere Aufhebungsbescheide gem. § 45 SGB X, gilt insoweit, dass der Bescheid zumindest den Adressaten, den Zeitraum der Aufhebung und den konkreten Umfang der Aufhebung erkennen lassen muss (Pattar, aaO, Rn. 46). Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus dem Verfügungssatz des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18. Februar 2013 nicht klar und eindeutig, was die Beklagte regeln wollte, so dass ein Verstoß gegen das Bestimmtheitserfordernis vorliegt.
Zwar lassen sich Adressat und Zeitraum der Aufhebung dem Verfügungssatz des Aufhebungs- verwaltungsaktes eindeutig entnehmen, da der Bescheid an den Kläger adressiert ist, im Verfügungssatz jeweils Bewilligungsbescheide für die Monate Juni 2010 bis November 2012 benannt sind und schließlich in der Begründung mitgeteilt wird, dass der Kläger den ihm "zugegangenen Bescheiden für den Zeitraum 06.2010 – 11.2012" hätte entnehmen müssen, dass die Wohnungskosten fälschlicherweise in voller Höhe angerechnet wurden. Insoweit dürfte es auch, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, zumindest für die Frage der Bestimmtheit unerheblich sein, dass der Beklagte im Verfügungssatz des Aufhebungsverwaltungsaktes nicht alle Bewilligungsentscheidungen, die diesen Zeitraum regelten, aufgeführt hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügungssätze des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, dem Inhalt der Begründung des Bescheids und den bekannten Umständen ergibt sich für den Kläger als objektiven Empfänger unzweideutig, dass auch die anderen, nicht ausdrücklich genannten Bescheide, die in den jeweiligen Bewilligungszeiträumen des Aufhebungszeitraums die dem Kläger bewilligten Leistungen regelten, vom Aufhebungsverwaltungsakt ebenso wie vom Erstattungsverwaltungsakt erfasst sein sollten (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – B 14 AS 9/17 R, Rn. 26 m.w.N.).
Der konkrete Umfang der Aufhebung ergibt sich jedoch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Widerspruchsbescheid und ist auch nicht durch Auslegung unter Heranziehung der dem Kläger zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu ermitteln. Pro-blematisch ist insbesondere, dass die Beklagte nur einen Gesamtbetrag der überzahlten Sozialhilfeleistungen mitgeteilt hat, ohne mitzuteilen, welcher Betrag in welchen Monaten aufgehoben wird. Somit ist für keinen der Monate nachvollziehbar, in welchem Umfang die den Zeitraum betreffenden Bewilligungsentscheidungen aufgehoben wurden. Dies wäre jedoch erforderlich, damit der Bescheid dem Bestimmtheitsgrundsatz aus § 33 SGB X genügt. Es muss für den Leistungsberechtigten erkennbar sein, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verbleiben, um sein Verhalten danach auszurichten (BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R, Rn. 17). Dementsprechend ist eine über mehrere Monate erstreckte Teilaufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur dann hinreichend bestimmt i.S. von § 33 Abs. 1 SGB X, wenn ihm die ändernden Teilbeträge für jeden Monat im Einzelnen entnommen werden können (BSG, Urteil vom 14.5.2020 – B 14 AS 10/19 R, Rn. 18). Dies ist beim Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. Februar 2013 jedoch nicht der Fall, so dass der Bescheid schon aus diesem Grund mangels ausreichender Bestimmtheit rechtswidrig ist.
Soweit die Beklagte hierzu vorträgt, dass in der dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid als Anlage beigefügten Berechnung der Rückforderungssumme genau aufgelistet sei, in welcher Höhe und in welchem Monat Leistungen zu Unrecht erbracht worden seien und zurückgefordert werden, mag dies zutreffen, auch wenn die dort genannten Beträge teilweise unzutreffend sind. Allerdings konnte die insoweit beweisbelastete Beklagte nicht nachweisen, dass der Kläger die Rückforderungsberechnung kannte und anhand dieser zweifelsfrei bestimmen konnte, in welchem Umfang sie die ursprünglichen Bewilligungen jeweils aufheben wollte.
Beweismaßstab ist im sozialgerichtlichen Verfahren der Vollbeweis, soweit nicht der niedrigere Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung angeordnet ist. Das bedeutet, dass sich das Gericht grundsätzlich die volle Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Tatsache verschaffen muss. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 128 Rn. 3b m.w.N.). Hier steht nach der Überzeugung des Senats jedoch nicht mit ausreichender Gewissheit fest, dass die Rückforderungsberechnung dem Kläger mit dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid zugegangen ist. Hiergegen spricht zunächst, dass der Kläger mitgeteilt hat, dass ihm keine Anlage zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bekannt sei. Hinzu kommt, dass die Berechnung zwar in der Akte der Beklagten direkt hinter dem Bescheid abgeheftet ist, so dass sie als Anlage zum Bescheid angesehen werden könnte. Genausogut könnte es sich aber um eine interne Berechnung des zuständigen Sachbearbeiters handeln, der sie mit dem Bescheid zur Akte genommen hat, zumal sich in dem Bescheid weder ein Hinweis auf eine beigefügte Anlage findet noch zur Berechnung der Rückforderungssumme auf die Anlage Bezug genommen wird. Zudem sind in der Leistungsakte auf den Seiten 48-53 direkt hintereinander zwei vollständige Kopien des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18. Februar 2013 abgeheftet, denen auf Seite 54 dann einmal die Berechnung folgt. Wäre die Berechnung Teil oder Anlage des Bescheides gewesen, wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass auch nach der ersten Bescheidkopie eine Kopie der Berechnung eingeheftet worden wäre. Außerdem ist auf den Kopien aller Seiten des Bescheides jeweils die Klammer erkennbar, mit der der Bescheid zusammengeheftet war. Auf der Kopie der Berechnung ist hingegen kein Teil der Klammer sichtbar. Schließlich hat selbst die Beklagte auf Befragen des Senats eingeräumt, dass sich ihren noch vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei entnehmen lasse, ob die Rückforderungsberechnung als Anlage Bestandteil des angefochtenen Bescheides geworden ist. Hiergegen spricht letztlich auch, dass die Beklagte auf die Bitte des Senats, das an den Kläger gerichtete Anhörungsschreiben einschließlich ggf. beigefügter Berechnungen und Anlagen zu übersenden, auch eine Kopie des Bescheides vom 18. Februar 2013 übersandt hat, der jedoch die Rückforderungsberechnung nicht beigefügt gewesen ist.
Insgesamt hat der Senat daher ernstliche Zweifel daran, dass die Rückforderungsberechnung dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid tatsächlich beigefügt war. Diese Zweifel gehen zulasten der beweisbelasteten Beklagten, mit der Folge, dass die Rückforderungsberechnung nicht zur Bestimmung des von der Beklagten gewollten Umfangs der Aufhebung herangezogen werden kann und es somit auch dabei verbleibt, dass für den Kläger aus dem Aufhebungsverwaltungsakt nicht erkennbar ist, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verbleiben.
Ungeachtet dessen dürfte die Aufhebungsentscheidung der Beklagten auch deshalb nicht hinreichend bestimmt sein, weil die sich aus dem Tenor des Aufhebungsverwaltungsaktes vom 18. Februar 2013 sowie der Begründung des Widerspruchsbescheides (Bl. 3 des Widerspruchsbescheides) ergebende Regelung der vollständigen Aufhebung der genannten Bescheide und der Rückforderung der gesamten in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen nicht zu dem genannten Überzahlungs- bzw. Rückforderungsbetrag in Höhe von 8.594,98 Euro passt und insoweit nicht eindeutig erkennbar ist, ob eine vollständige oder teilweise Aufhebung beabsichtigt war.
Dieser Bestimmtheitsmangel ist auch nicht durch den Widerspruchsbescheid beseitigt, da auch dort nicht aufgeführt wird, wie sich die Rückforderungssumme berechnet.
Schließlich ist der Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz weder nach § 41 Abs. 1 und 2 SGB X heilbar noch gem. § 42 SGB X unbeachtlich, weil es sich nicht um einen Formfehler handelt (BSG, Urteil vom 13. Juli 2006 – B 7a AL 24/05 R, Rn. 6; Schütze, aaO, § 33 Rn. 31).
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid im Übrigen materiell rechtmäßig ist, insbesondere, ob sich der Kläger auf Vertrauensschutz berufen kann und ob er unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht hat, die Rechtwidrigkeit kannte oder und kennen musste, das Rücknahmeermessen zutreffend ausgeübt wurde und die Rückforderungssumme nunmehr korrekt ermittelt ist, nicht mehr an.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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