S 14 BA 63/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 BA 63/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 05.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 10.07.2019 wird aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene nicht in einem abhängigen, versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu dem Kläger ab dem 01.01.2010 steht. Die Beklagte trägt die Kosten des Klageverfahrens. Der Streitwert wird endgültig festgesetzt auf 5.000 Euro.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Vier-tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) darüber, ob die Beigeladene in der Zeit ab 1. Janu-ar 2010 in der H.Praxis des Klägers in der Tätigkeit als Krankengymnas-tin/Physiotherapeutin abhängig beschäftigt ist und deshalb der Beitragspflicht zur Ren-tenversicherung, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeits-förderung, kurzum der Sozialversicherungspflicht, unterfällt.

Der Kläger und die Beigeladene sind von Beruf Physiotherapeuten. Der Kläger betreibt eine Physiotherapiepraxis gem. § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) am Standort H./Westf. und verfügt über eine Krankenkassenzulassung als Heilmittelerbrin-ger. In der Praxis für Krankengymnastik, Massagen und sonstige Behandlungen sind nach seinen Angaben im Verhandlungstermin derzeit 25 versicherungspflichtige Be-schäftigte angestellt.

Die am 00.00.1964 geborene Beigeladene ist nach eigenen Angaben des Klägers die einzige in der Praxis in H. für ihn freiberuflich tätige Mitarbeiterin. Die Beigeladene hat neben der allgemeinen Ausbildung zur Krankengymnastin/Physiotherapeutin aufgrund vorheriger Tätigkeit u.a. in der Kinder-Spezialeinrichtung "I.- Q. -Haus" in N. Kenntnisse und Erfahrungen in der kindbezogenen Physiotherapie auf neurophysiologischer Grundlage (Vojta und Bobath). Die Beigeladene und der Kläger haben am 22.12.2009 einen schriftlichen Vertrag über freie Mitarbeit u.a. mit folgende Regelungen abge-schlossen(Blatt 20- Bl.23 Gerichtsakte):

"§ 1 Tätigkeit Der Auftragnehmer, N.P., wird ab dem 01.01.2010 für den Auftraggeber alle Tätigkeiten als Auftragnehmer übernehmen, die mit den Betrieb einer physiotherapeutischen Praxis erfor-dern bzw. mit dieser in Verbindung stehen. Ergänzend wird im Einzelfall auf die jeweiligen Auftragsschreiben verwiesen. Der Auftragnehmer unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers. Er ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei. Auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit ist jedoch Rücksicht zu neh-men. Der Auftragnehmer ist an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder Arbeitszeit gebunden. Projektbezogene Zeitvorgaben des Auftraggebers sind ebenso einzuhalten wie fachliche Vorgaben, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind. Der Auftragnehmer ist ferner berechtigt, Aufträge des Auftragsgebers ohne Angaben von Gründen abzulehnen. Gegenüber den Angestellten des Auftragsgebers hat der Auftrag-nehmer keine Weisungsbefugnis.

§ 2 Leistungserbringung Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung eigener Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen bedarf der vorheri-gen Zustimmung des Auftraggebers. De[ Auftraggeber stellt, nach jeweiliger vorheriger Absprache, die entsprechenden betrieb-lichen Einrichtungen zur Verfügung. Darüber hinausgehend stehen dem Auftragnehmer alle zur Ausübung seiner Tätigkeiten erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterla-gen zur Verfügung. Beide Vertragsparteien verpflichten sich zur gegenseitigen Kenntnisgabe, sofern sich bei de/[ Vertragsdurchführung Abwicklungsschwierigkeiten oder aber vorhersehbare Zeitver-zögerungen ergeben sollten.

§ 3 Vergütung Als Vergütung wird ein prozentualer Anteil von 60 % auf den individuell vom Auftragneh-mer erbrachten Umsatz vereinbart. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, jeweils bis zum 10. des Folgemonats eine spezifizierte Abrechnung In Form einer Rechnung zu erstellen. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die monatliche Abrechnung zu prüfen und nicht korrekt Rezepte aus dieser zu entfernen. Das vereinbarte pauschale Honorar wird jeweils am Monatsende fällig. Die Auszahlung erfolgt unbar. Der Auftragnehmer wird innerhalb von 14 Tagen nach Beginn der Zusammenarbeit dem Auftraggeber ein Konto benennen, auf das das Honorar angewiesen werden kann.

§ 4 Aufwendungsersatz und sonstige Ansprüche Mit der Zahlung der in diesem Vertrag vereinbarten Vergütung sind alle Ansprüche des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber aus diesem Vertrag erfüllt. oder Der Auftragnehmer hat Anspruch auf Ersatz der abgerechneten und nachgewiesenen Auf-wendungen, die ihm im Rahmen dieser Vereinbarung in der Ausübung seiner Tätigkeit entstehen. Das Normalmaß erheblich übersteigende Ausgaben werden jedoch nur dann ersetzt, wenn der Auftragnehmer zuvor die Zustimmung des Auftraggebers eingeholt hat. Für die Versteuerung der Vergütung hat der Auftragnehmer selbst zu sorgen. Der Auftragnehmer wird darauf hingewiesen, dass er nach § 2 Nr. 9 SGB V! rentenversi-cherungspflichtig sein kann, wenn er auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auf-traggeber tätig ist und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, deren Ar-beitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400 EUR im Monat übersteigt.

§ 5 Haftung und Gewährleistung Sollte der Auftraggeber auf Grund von Leistungen, die vom Auftragnehmer erbracht wur-den, in Haftung genommen werden, so verpflichtet sich der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber, diesen von derlei Haftung freizustellen. Für den Ausfall von Forderun-gen bei Privatvergütungen bzw. Leistungskürzungen durch die Versicherer haftet der Auf-tragnehmer.

§ 6 Fortbildungspflicht Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich im Rahmen der Durchführung dieses Vertrages auf dem Gebiet seiner Tätigkeit über den aktuellen Entwicklungsstand weiterzubilden und sich aktuelle Veränderungen auf diesem Gebiet jederzeit auf dem Laufenden zu halten.

§ 7 Konkurrenz Der Auftragnehmer darf auch für andere Auftraggeber tätig sein. Will der Auftragnehmer allerdings für einen unmittelbaren Wettbewerber des Auftraggebers tätig werden, bedarf dies der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstra-fe in Höhe von 10.000 EUR zu zahlen.

§ 8 Verschwiegenheit, Aufbewahrung und Rückgabe von Unterlagen Der Auftragnehmer verpflichtet sich, über ihm im Laufe seiner Tätigkeit für das Unterneh-men bekannt gewordene Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Stillschweigen zu bewah-ren. Diese Schweigepflicht besteht auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses fort. Unterlagen, die der Auftragnehmer im Rahmen seiner freien Mitarbeit erhalten hat. sind von ihm sorgfältig und gegen die Einsichtnahme Dritter geschützt aufzubewahren. Nach Beendigung der freien Mitarbeit an dem Projekt/Gegenstand, auf das/den sie sich bezie-hen und für die der Auftragnehmer sie benötigt hat, spätestens jedoch mit Beendigung der freien Mitarbeit sind die Unterlagen an den Auftraggeber zurückzugeben. Die Geltendma-chung eines Zurückbehaltungsrechts ist ausgeschlossen. Für jeden Fall der schuldhaften Verletzung dieser Verpflichtungen wird der Auftragnehmer schadensersatzpflichtig, darüber hinausgehend bleibt die Geltendmachung von Unterlas-sungsansprüchen Vorbehalten.

§ 9 Vertragsdauer und Kündigung Der Auftragnehmer nimmt die Tätigkeit am 01.01.2010 auf. Das Vertragsverhältnis kann unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten zum gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt. Jede Kün-digung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Über die freie Mitarbeit an einem Folgeprojekt/-gegenstand kann eine neue Vereinbarung abgeschlossen werden. Eine solche Nachfolgevereinbarung bedarf wiederum der Schriftform. Dieses Formerfordernis kann weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden.

. § 11 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften

Von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umge-hung beitragsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet."

Der Kläger sowie die Beigeladene haben im September 2018 bei der Beklagten je eigene Anträge auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a SGB IV gestellt, die Formblatt-Anfragen zu den Tätigkeitsbedingungen jeweils gesondert ausge-füllt und vorgelegt. Darin wurde übereinstimmend die Mitarbeit der Beigeladenen als freie Tätigkeit aufgrund einer speziellen Therapieform beschrieben. Die Beklagte hat durch Bescheid vom 05.03.2019 dem Kläger den versicherungsrechtlichen Status für die Bei-geladene dahin gehend mitgeteilt, dass Frau P. ab dem 01.01.2010 bei ihm in einem ab-hängigen Beschäftigungsverhältnis tätig sei. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung würden erkennbar überwiegen, so dass Versicherungspflicht bestehe. Der Kläger widersprach am 29.03.2019 u.a. mit Hinweis auf die freie Mitarbeit der Beigeladenen in mehreren Praxen. Die Beklagte wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2019 als un-begründet zurück und blieb bei ihrer Auffassung.

Einen Bescheid identischen Inhalts erteilte die Beklagte zugleich am 05.03.2019 gegen-über der Beigeladenen. Auch hier bezog sich die Beklagte primär auf § 7 Abs. 1 SGB IV, wonach eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers gegeben sei. Den Widerspruch der Beigeladenen dagegen hat die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 10.07.2019 als unbegründet zurückgewie-sen. Die Beigeladene selbst hat dagegen Klage beim Sozialgericht (SG) Münster - we-gen dieser Statusfeststellungsentscheidung erhoben. Die Klage S 23 BA 63/19 war bei Abschluss des hiesigen Verfahrens am 31.01.2020 noch anhängig.

Der Kläger hat gegen den an ihn gerichteten Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.07.2019 am 30.07.2019 bei dem SG Münster diese Klage erhoben. Er hat zur Be-gründung u.a. ausgeführt, er beschäftige in seiner Praxis 25 sozialversicherungspflichti-ge Angestellte. Die Beigeladene sei die einzige Freiberuflerin, die für ihn tätig werde. Das sei auch seit rund 10 Jahren so der Fall. Die Beigeladene sei auch auf Grund vorheriger Tätigkeiten etwa im I.-Q.-Haus in N. besonders versiert und erfahren in der kinder-neurologischen Krankengymnastik-Behandlung nach den Konzepten von Vojta bzw. Bobath. Vor dem Hintergrund sei die freie Mitarbeit zustande gekommen. Die gesamten Ausführungen der Beklagten wiesen hingegen darauf hin, dass diese einem vorgefertig-ten Be¬gründungschema habe und dieses ohne Gesamtwürdigung der einzelnen Merk-male abschreibe. Jedenfalls sei , wie auch im Vertrag vereinbart, die Beigeladene weder in seine Arbeitsorganisation eingebunden noch ergäben sich aus der Durchführung der freien Mitarbeiterschaft Hinweise darauf, dass sie Arbeitnehmerin sei. Die Beigeladene behandele ihre eigenen Patienten und nicht etwa Patienten seiner Physiotherapiepraxis, so der Kläger. Der Erstkontakt zu den Patienten erfolge durch sie selbst und nicht durch ihn als Praxisinhaber am Standort H ... Außerdem würden die Behandlungen nicht nach seinen Vorgaben durchgeführt, sondern nach den fachlichen Erfordernissen, Kenntnissen und ärztlichen Diagnosen sowie den Regeln der Heilmittelverordnung, wofür die Beigeladene erfahren und verantwortlich sei. Die Beigeladene verfüge über eine eigene Betriebshaftpflichtversicherung. Sie führe einen eigenen Terminkalender getrennt nach der Praxis X. bzw. für die Praxis P ... Sie habe fest zugesicherte Behandlungstage, aber keine festen Arbeitszeiten. Die Arbeitszeiten gäbe die Beigeladene selbst vor, insbesondere durch Abstimmung mit ihren anderen selbstständigen Tätigkeiten, Haus-besuche etc. für weitere, bis zu drei , KG-Praxen. Die Beigeladene träte selbst nach au-ßen hin auf, habe eine eigene Internet-Präsenz (www.p ...de) und nutze diverse u.a. angepasste Visitenkarten. Sie trage auch eindeutig selbst ihr eigenes Unter-nehmerrisiko. Sei sie etwa erkrankt, verdiene sie kein Geld, anders als Arbeitnehmer mit Lohnfortzahlung oder sonstiger Absicherung. Weiterhin zeige sich das Unternehmerrisi-ko der Beigeladenen darin, das ihr Honorar-Kürzungen bei Rezepten bei den nächsten Abrechnungen von den Leistungsträgern abgezogen würden. So könne sie etwa bei Ablehnung einer gesamten Abrechnung durch die entsprechende Krankenkasse ihre Einnahmen komplett verliere. Die Beigeladene stehe nicht in einem arbeitnehmerähnli-chen Verhältnis zu ihm, sondern sei wie geschildert selbstständig. Die Beigeladene sei auch nicht wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert. Die Ausübung der Arbeit obliege ihr und nach ihrem Wissensstand, worauf er als Praxisinhaber keinen Einfluss habe. Sie unterliege keinem Weisungsrecht. Auch teile sie ihre Arbeitszeit frei ein.

Eine andere Arbeitskraft wäre deswegen nicht eingestellt worden. Inwieweit es sich um eine angemessene Entlohnung handele, könne dahingestellt bleiben, da sich die Entlohnung nicht nach der Vergütung für einen Arbeitnehmer richte, sondern nach der Ge¬bührenordnung für Heilberufe, wonach die Krankenkasse die einzelnen Heilbehand-lun¬gen berechne und zahle. Er, so der Kläger weiter, habe weder Lohnsteuer noch Sozi-alabgaben für die Beigeladene abgeführt. Dies liege in ihrer eigenen Verantwortung. Sie habe nicht unbeträchtlich investiert durch Kauf und Anschaffung eines Pkws, einer transportablen Liege und sonstigen medizinischen Hilfsmitteln, damit sie ihre Tätigkeit auch bei Hausbesuchen durchführen könne. Den einzigen Vorteil, den sie durch die freie Mitarbeit in der Praxis in H. habe , sei, dass sie ihre Tätigkeit in seinen Räumen durchführen könne und er dann mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechne. Mit Privatpatienten rechne die Beigeladene selbstständig ab. Zur Erwiderung der Beklagten stellte der Kläger noch ergänzend klar, dass es nicht stimme, dass die Beigeladene nur während seiner Arbeitszeiten in den Räumlichkeiten tätig sein könne. Die Beigeladene habe einen eigenen Schlüssel und könne die Räumlichkeiten - zwei Räume zur Auswahl - nutzen. Sie habe mit ihm insoweit ein Vorbelegungsrecht abgesprochen. Sie gebe selbst die Termine vor, vereinbare diese auch selbst. Die Beigeladene sei damit nicht in den Arbeitsablauf seiner Praxis eingebunden. Auch werde sie nicht in seinem Namen tätig, sondern im eigenen. Die einzige Abweichung bestehe darin, dass sie mit den Krankenkassen selbst nicht abrechnen könne und dies durch ihn erfolge.Ein unter-nehmerisches Risiko habe sie insofern nur nicht, als dass kein Personal von ihr be-schäftigt werde. Personalkosten würde damit nicht anfallen. Das unternehmerische Ri-siko bestehe darin, dass die Beigeladene keine Patienten fände, die sie behandeln kön-ne und dann Einnahmenausfälle habe, obschon sie Zeit hätte zu arbeiten. Des Weiteren bestehe das unternehmerische Risiko der Beigeladenen darin, wie auch aus vorgelegten Rechnungen ersichtlich, dass bei Kürzungen durch die Krankenkassen die Einnahmen-ausfälle die Beigeladene direkt träfen. Ferner nutze sie ihre eigenen Arbeitsmaterialien. Dabei könne es in den Hintergrund treten, dass sie gegebenenfalls mal eine Arbeitsliege des Klägers benutze.

Zudem hätten beide Parteien die Vereinbarung gelebt. Die Beigeladene sei als Selbst-ständige tätig und nicht als Angestellte. Dabei seien auch nicht nur die einzelne Tätigkeit zu betrachten, sondern eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Diese ergäbe eindeutig, dass die Beigeladene als Selbstständige tätig sei, ebenso wie sie auch bei anderen Kol-legen des Klägers in gleicher Weise tätig werde bzw. geworden sei. Neben der Tätigkeit für Kassenpatienten behandele sie auch Privatpatienten, die sie eigenständig abrechne. Außerdem sei ein Verweis auf das intensive Oualitätsmanagement abwegig, da der Klä-ger für die Beigeladene kein Oualitätsmanagement durchführe, sondern sie dafür selbst verantwortlich sei. Erfülle sie die Kriterien nicht und habe Einnahmenausfälle, gehe das zu ihren Lasten und nicht seinen Lasten, so der Kläger. Auch sei sie verpflichtet, sich auf den qualitativen Wissensstand für ihre Tätigkeit zu halten, denn eine andere Person könne diese Arbeit überhaupt nicht durchführen. Die Therapien würden im Übrigen nicht vom Kläger angeboten. Die Beigeladene sei damit auch keinesfalls weisungsgebunden.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 05.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2019 aufzuheben und festzustellen, dass kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen zu ihm vorliege.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen beantragt wörtlich, so wie nach dem klägerischen Antrag zu erkennen und der Beklagten die Kosten des Klageverfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte bleibt bei ihrer Einschätzung und hält die Beigeladene in der Tätigkeit als Physiotherapeutin allgemein nach § 7 Abs. 1 SGB IV beim Kläger als sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigte. Für das Gesamtbild der Tätigkeit , und zwar als Rechtsbe-ziehung, so wie sie praktiziert werde, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig sei, käme es auf die Bezeichnung, die die Parteien ihrem Rechtsverhältnis ge-geben hätten oder die von ihnen gewünschte Rechtsfolge nicht an. Ausgehend von dem schriftlichen Vertrag über freie Mitarbeit vom 28.02.2009 sei die Beigeladene bei Mitbe-nutzung der Praxisräume des Klägers an Absprache gebunden. Einen eigenen Behand-lungsraum in freier Disposition habe die Beigeladene nicht. Damit sei sie zugleich nicht völlig frei in der Arbeitszeit und zudem in den Arbeitsablauf der klägerischen Praxis ein-gegliedert gewesen. Desweiteren zitiert die Beklagte die Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringe. Danach sei der Kläger berechtigt, gegenüber den Leistungsträgern abzurechnen. Inner-halb dieser Struktur, die einem intensiven Qualitätsmanagement unterliege, erbringe die Beigeladene ihre Leistungen für den Kläger. Eine eigene Zulassung zur Abrechnung gegenüber den Leistungsträgern besitze die Beigeladene nicht. Sie sei daher für die Ausübung ihrer erlernten Tätigkeit auf die Eingliederung in die klägerische Betriebsor-ganisation angewiesen. Unbestritten verfüge die Beigeladene nicht über eine das Un-ternehmerrisiko kennzeichnende eigene Betriebsstätte. Die im Streit stehende Tätigkeit übe sie in den Räumlichkeiten des Klägers u.a. mit dessen Betriebsmitteln und in dessen Namen aus. Der prozentuale Honorarabzug dafür stelle kein unternehmerisches Risiko dar, da die indirekte Kostenbeteiligung nur anfalle, wenn die Beigeladene tatsächlich tätig werde. Das Kostenrisiko für Praxismiete und das (übrige) Personal trage allein der Kläger als Praxisinhaber, und zwar auch in Zeiten, in denen die Praxis mangels Nachfrage nicht kostendeckend ausgelastet sei. Der Umstand, dass die Beigeladene hinsicht-lich der therapeutischen Maßnahmen keine Weisungen des Klägers erhalte, trete bei Gesamtabwägung in den Hintergrund, da die Leistungen auf ärztliche Anordnung erbracht würden und damit festgelegt seien. Darüber hinaus stünden dem Behandler im Bereich der medizinischen Berufe gewisse Spielräume zu ( Hinweis auf Beschluss des Landessozialgericht - LSG - Berlin-Brandenburg vom 24.10.2010 - L 1 KR 341/09).

Die durch Beschluss des Gerichts vom 05.09.2019 Beigeladene hat im Rahmen des Kla-geverfahrens schriftsätzlich geltend gemacht, sie und der Kläger seien sich darüber einig gewesen, dass sie nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Sie habe ausdrücklich kein Beschäftigungsverhältnis gewollt. Im Übrigen bestünde eine strikte Trennung der Patientenstämme. Sie führ auch ihren Terminplan eigenständig. Sie sei "freie Mitarbeiterin" in der Physiotherapie und nicht im Betrieb des Klägers eingegliedert. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.01.2020 hat der Kläger eine nach seiner eigenen Wahrnehmung gefertigte Aufstellung zur Unterscheidung zwischen Arbeitneh-mern und der Tätigkeit der Beigeladenen vorgelegt, die zur Akte genommen und allen Beteiligten in Kopie überreicht wurde. Darauf wird verwiesen. Auch die Beigeladene hat im Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzend ihren Wochenablaufplan in Kopie zur Gerichtsakte und an die weiteren Beteiligten überreicht. Die Beigeladene wies dabei noch auf den Wochentag "Mittwoch" hin, in dem ihr in H. die Praxis des Klägers zur Ver-fügung stehe sowie "Freitagvormittag", den sie ebenfalls für die Praxis in H. bestimmt ha-be. Zudem habe sie Krankengymnastikbehandlungen im Einzelfall in anderer Praxis, in B., in eigener Verantwortung noch am Samstagsvormittag anbieten können. Sie habe zu der Praxis in B. einen eigenen Schlüssel und freien Zugang gehabt.

Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.01.2020 zudem Kopien des Schreibens der Beklagten vom 05.12.2019 sowie ihres Bescheides vom 05.12.2019 über die Betriebsprüfung nach § 28 p SGB IV zum Prüfzeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018 im Betrieb des Klägers vorgelegt. Danach ergab sich die Feststellung einer Nachforderung für eine einzelne - nicht mit der Beigeladenen identische - Mitarbeiterin iHv 55,43 Euro Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2019 zur Betriebsprüfung in der Praxis des Klägers ist nach dessen Angaben bestandkräftig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bezieht sich das Ge-richt auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der 2 Bände Verwaltungsakte der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidungsfindung vorgelegen ha-ben.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat wie tenoriert Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht unter Wahrung der Monatsfrist nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG - erhoben. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 1. Alt., 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen - LSG NRW v 25. 11.2015 - L 8 R 538/14). Denn auch soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass kein abhängiges Beschäftigungs-verhältnis der Beigeladenen zu ihm vorliege, ist der Antrag so auszulegen, dass er der Klärung fehlender Versicherungspflicht der Beigeladenen aufgrund eines zwischen ihr und dem Kläger bestehenden freien Mitarbeiter-Verhältnisses im streitigen Zeitraum seit Januar 2010 für die konkrete Physiotherapeuten-Tätigkeit dient. Das begründet hier pro-zessual das berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eben dieses Rechtsverhältnisses im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Die darauf bezogene Klageantragsfassung wiederum ist dem Streit um die Statusfeststel-lung gemäß § 7 a SGB IV geradezu eigen ( vgl. zur Abgrenzung auch BSG Urt. v. 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R = BSGE 103, 17 mit Anmerkung von Plagemann, EWiR 2009, 689).

Die Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 05.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2019 10.12.2014 ist rechtswidrig. Die angefochte-nen Feststellungen beschweren den Kläger iSv § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Streitgegenstand der Statusfeststellung nach § 7a SGB IV ist die Feststellung von Versi-cherungspflicht oder Versicherungsfreiheit in der konkreten Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (BSG Urteil v. 11.3.2009 - B 12 R 11/07 R, Urt. v. 4.6.2009 - B 12 KR 31/07 R, Urt. v ... 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R und Urt. v. 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R, jeweils nach juris). Nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamt-würdigung aller Umstände über die Beschäftigung (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III). Beurtei-lungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeits-verhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Wei-sungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2).

Der nach ordnungsgemäßer Beteiligung auch der Beigeladenen von der Beklagten am 05.03.2019 gemäß § 7a Abs. 4 SGB IV gegenüber dem Kläger erteilte Bescheid ist formell rechtmäßig zustande gekommen. Die Beklagte hat durch schriftlichen Verwaltungsakt, § 31 SGB X, darin gegenüber dem Kläger festgestellt, dass die Beigeladene für die Tätigkeit ab 01.01.2010 in seiner Praxis der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-versicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie zur Kranken- und nachgehend auch zur Pflegeversicherung unterliege.

Diese Feststellung ist materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beigeladende ist seit dem 01.01.2010 nach Maßgabe des auch so gelebten freien Mitarbeitervertrages als Physiotherapeutin in der Praxis des Klägers selbstständig und nicht als abhängig beschäftigte Arbeitnehmerin sozialversicherungspflichtig tätig. Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BSG Urt. v. 14.03.2018 - B 12 KR 3/17 R, juris, Rn. 12 mwN, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Ar-beitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unter-liegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - ein-geschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Un-ternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmög-lichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand als Arbeitnehmer beschäftigt oder als Auftrag-nehmer selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfas-sungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -Beschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96, juris). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG Urt. v. 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R, juris Rn. 16). Dies bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Be-schäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Rechtsver-hältnis der Beteiligten zueinander, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tat-sächlich vollzogen worden ist (so bereits BSG Urt. v. 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R, juris Rn. 17 m.w.N.). Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen.

Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in ei-nem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon ab-weichende Beurteilung notwendig machen (vgl BSG Urt. v. B 12 KR 20/14 R, juris, mwN). Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbstän-digkeit hindeuten können, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen ( vgl. BSG Urt. v. 23.06.1994 - 12 RK 72/92 = NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG Beschluss vom 23.02.1995 - 12 BK 98/94, juris).

Dabei wiederum kommt dem am 22.12.2009 zwischen der Klägerin und der Beigelade-nen tatsächlich abgeschlossenen freien Mitarbeiter-Vertrag aus sich heraus erhebliche Relevanz zu. Das BSG hat durch Urt. v. 14.09.1989 – 12 RK 64/17 = Die Beiträge 1990, 121 ff. = Breith. 1990, 535 ff. über die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines auf Grund eines freien Mitarbeitervertrags tätigen Physiotherapeuten entschieden und eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Wesentlichen aufgrund tatsächlich freier Gestaltung der Berufsausübung und angesichts entsprechenden Parteiwillens abgelehnt ... Dem folgt das hier erkennende Gericht ausdrücklich, zumal sich hier der Sachverhalt er-kennbar vergleichbar gestaltet: Der freie Mitarbeiter bestimmt Arbeitszeit, Urlaub und an-derweitige Fehlzeiten, bei rechtzeitiger Benachrichtigung des Praxisinhabers selbst. Der freie Mitarbeiter ist in seiner Berufsausübung weitestgehend frei, nimmt selbst Patienten an und teilt seine Arbeitszeit nach eigenem Ermessen ein. Dabei ist es unschädlich, dass er zweimal in der Woche anwesend sein muss. Unerheblich ist es mit dem BSG,aaO., auch, dass bei Diensten wie denen eines ausgebildeten Physiotherapeuten fachliche Weisungen (etwa zur Art der Behandlung) nach der Natur der Sache kaum in Betracht kommen. Der Parteiwille ist erkennbar ausdrücklich auf den Abschluss eines freien Dienstvertrags und gerade nicht auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtet. Der Wille der Vertragsparteien ist von Bedeutung, obwohl sich die Versicherungspflicht aus objektiven Merkmalen ergibt. Das gilt insbesondere dann, wenn die vertraglichen Beziehungen der Beteiligten tatsächlich entsprechend der getroffenen Abrede gestaltet werden. Die Frage der Abrechnung mit der Krankenkasse hat für die sozialversiche-rungsrechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses dann keine Bedeutung, wenn der geschlossene freie Mitarbeitervertrag und seine tatsächliche Abwicklung keine Zweifel über den Parteiwillen zulassen.

Ausgehend von diesen überzeugenden Grundsätzen kommt es für die Prüfung auf die Vertragslage und die gelebte Vertragswirklichkeit an. Rechtliche Grundlage für die Tätig-keit der Beigeladenen war der mit dem Kläger bereits am 22. Dezember 2009 geschlos-sene Vertrag über eine freie Mitarbeit. Die Beigeladene hat danach ab 01.01.2010 in der Praxis des Klägers auch tatsächlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit als Physiothe-rapeutin ausgeübt. Die Beigeladene ist insoweit nach eigenen Angaben ausgebildet in den speziellen Methoden, die vom tschechischen Kinderneurologen Václav Vojta in den 1960er Jahren (de.wikipedia.org/wiki/Vojta-Therapie) sowie von der Physiotherapeutin Berta Bobath und deren Ehemann, dem Neurologen und Kinderarzt Karol Bobath (de.wikipedia.org/wiki/Bobath-Konzept), bereits früher zur neurologischen Therapie u.a. bei Kindern entwickelt wurden. Vor dem Hintergrund u.a. dieser Spezialkenntnisse und zur erleichterten Selbstbestimmung in der Erziehung ihrer eigenen drei Kinder hat sich die Beigeladene nach ihren für die Kammer schlüssigen, nachvollziehbaren Angaben bereits vor über 10 Jahren zu Kooperationen mit mehreren, zeitweise bis zu 4 verschie-denen, Krankengymnastik-Praxen im Kreis Borken bzw. im Westmünsterland als freie Mitarbeiterin entschieden.

Die tatsächliche Durchführung widerspricht dem nicht. Die Vertragsregelungen stand in Übereinstimmung mit der tatsächlich durchgeführten Patientenbehandlung. Der Beklagte obliegt die objektive Beweislast für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung. Eine gesetzliche Regel, dass im Zweifel eine versicherungspflichtige Beschäftigung an-zunehmen ist, existiert nicht (BSG Urt. v. 24.10.1978 – 12 RK 58/76, juris, Rn. 14; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17. 07.2015 – L 4 R 1570/12 – nicht veröffentlicht ). Entsprechend ist es unzulässig, bestimmte Tätigkeiten als in der Regel abhängige Be-schäftigung zu kategorisieren und die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung mit die-ser Prämisse vorzunehmen. Das ist auch für in fremder Praxis tätige Physiotherapeuten so nicht erlaubt, d.h., gleichsam im Wege einer dem Grundsatz der objektiven Beweislast entgegenstehenden Beweisregelung eine abhängige Beschäftigung aus Gründen als gegeben zu unterstellen, die mit dem Tatbestand der Abhängigkeit nicht zu tun haben müssen (BSG Urt. v. 24.10.1978 – 12 RK 58/76, juris Rn. 14). Die Aufstellung einer solchen Zweifelsregelung wäre mit den grundrechtlichen Positionen der betroffenen Personen auch nicht zu vereinbaren. Sowohl für den Auftraggeber als auch den Auftrag-nehmer stellt die Feststellung der Sozialversicherungspflicht - und der dem nachgehen-den Beitragspflicht - einen Eingriff jedenfalls in das Grundrecht der allgemeinen Hand-lungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) dar (vgl. BVerfG Beschluss vom 18.02.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 – juris, Rn. 66 m.w.N.; BVerfG, vom 09.12.2003 – 1 BvR 558/9 juris, Rn. 38, 39). Dafür muss der abhängige Charakter der Tätigkeit und damit Sozialversicherungspflicht positiv feststehen. Fehlt es hingen bereits an dem für ein Be-schäftigungsverhältnis typischen Synallagma der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten, ist der Annahme, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, von vorneherein der Boden entzogen. Hier verweist das Gericht auch auf die im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.01.2020 vom Kläger nach seiner eigenen Wahrnehmung gefertigte Aufstellung zur Unterscheidung zwischen seinen 25 Angestellten und der Tätigkeit der Beigeladenen als alleiniger freier Mitarbeiterin. Der Kläger bringt damit ausgesprochen plausibel die wesentlichen Tatsachenunterschiede und Merkmale auf den Punkt. Darauf wird verwiesen.

Selbst wenn man aber – mit der Beklagten – davon ausgehen würde, dass eine Pflicht der Beigeladenen zur Erbringung von Arbeitsleistung bestanden hätte, könnte eine ab-hängige Beschäftigung so wie seitens der Beklagten hier geschehen, nicht festgestellt werden. Das bedarf erkennbar differenzierterer Betrachtung als die Beklagten üblicher-weise anstellt. Hinzuweisen ist etwa auf die Darstellung zu "Physiotherapeu-ten/Krankengymnasten" in "Praxis des Arbeitsrechts", 6. Aufl. 2018, Hrsg. Kunz/Henssler/Brand/Nebeling, § 16 Rz. 1127, mwN., ebenso Minn in: Figge, Sozialver-sicherungs-Handbuch-Beitragsrecht 122. Lieferung November 2019, Die Versicherungs-pflicht in der Sozialversicherung, Suchwort: "Krankengymnast" und schließlich Segebrecht in juris Praxis Kommentar SGB IV § 7 Stand 2018, zu Physiotherapeuten und Krankengymnasten.

Aber auch hier widerspricht sich die Beklagte schon erkennbar selbst, wenn sie laut Textbaustein die Entscheidungsfindung an den tatsächlichen Verhältnissen orientieren will, ohne die Besonderheiten zu "Physiotherapeuten/Krankengymnasten" abzuwägen und erst recht die neurophysiotherapeutische Spezial-Tätigkeit der Beigeladenen mit keinem einzigen Wort zu würdigen.

Im Einzelnen besteht kein Weisungsrecht des Klägers gegenüber der Beigeladenen ... Ein solches Weisungsrecht ist in § 1 Absatz 2 des zwischen dem Kläger und der Beige-ladenen am 22.12.2009 geschlossenen Vertrages ausdrücklich ausgeschlossen wor-den; eine davon abweichende tatsächliche Handhabung kann nicht festgestellt werden; hierfür gibt es auch keine Anhaltspunkte. Dass die Beigeladene keinen fachlichen Wei-sungen des Klägers unterlegen ist, hat dieser nicht nur mehrfach erklärt, es ist auch an-gesichts der Spezialisierung der Beigeladenen sachlich nachvollziehbar und für das Gericht überzeugend.Für die Sichtweise der Beklagten lässt sich aus diesem Umstand je-denfalls nichts herleiten (vgl. auch BSG Urt. v. 14.09. 1989 – 12 RK 64/87juris, Rn. 25 a.E.).

Neben der fachlichen Weisungsfreiheit besteht auch eine Weisungsfreiheit hinsichtlich des Zeitpunkts und der Dauer der Tätigkeit der Beigeladenen. Dies entspricht der Rege-lung in § 1 Absatz 3 und § 2 des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen im Dezem-ber 2009 geschlossenen Vereinbarung und nach dem unwiderlegten Vortrag des Klägers und der Beigeladenen auch der tatsächlichen Praxis. Anhaltspunkte für vertragliche Vorgaben und die tatsächliche Ausübung eines Direktionsrechts des Klägers hinsicht-lich Zeitpunkt und Dauer der Tätigkeit fehlen. Die Beigeladene war nicht nur hinsichtlich ihrer Zeiteinteilung frei, sondern bereits hinsichtlich des Zeitvolumens. Dies hat sie zu-dem im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.01.2020 durch Vorlage einer Kopie der Skizze des Wochenablaufplans schlüssig und plausibel dargelegt. Sie hatte sich den Wochentag "Mittwoch" für die Tätigkeit in H. in der Praxis des Klägers reserviert sowie den "Freitagvormittag". Weitere selbstständige Aufträge , auch an anderen Orten bzw. in anderen Praxen sind übereinstimmend und überzeugend vom Kläger und der Beigela-denen geschildert worden. Dass die Beigeladene auch für andere Auftraggeber Physio-therapieleistungen erbringt, ist zwar für die konkrete Tätigkeit für den Kläger nicht aus-schlaggebend. Aber durch den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten mit Vorgän-gen zu weiteren Statusfeststellungsanträgen betreffend die Beigeladene von gänzlich anderen Praxisinhabern an anderen Standorten bei nahezu identischer freier Mitarbeiter-Vereinbarung wird das Modell der Tätigkeit als neurophysiologische Freiberuflerin er-heblich objektiv gestützt.

Die Beigeladene hat selbst entschieden, ob, wann und welche Patienten sie behandelt. Der Erstkontakt zu den Patienten der Beigeladenen fand nicht exklusiv über die Praxis des Klägers statt. Die Beigeladene hat u.a. die Terminierung ihrer Patienten selbst über-nommen. Das spricht für Selbstständigkeit, vgl. LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.10. 2015 – L 4 R 3874/14, juris, Rn. 51 bis Rn. 64, mwN). Sie hat die Termine mit den Patienten selbst vereinbart. Dies gilt auch dann, wenn sie gelegentlich Patienten behan-delt hat, die eigentlich Patienten des Klägers waren. Gegen eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation spricht, dass die von der Beigeladenen durchgeführten neurophysiologischen Therapietechniken (Bobath und Vojta- Therapie) nur von dieser erbracht werden dürfen, nicht vom Kläger. Eine fachliche Leitung bzw. Verantwortung scheidet insoweit aus. Aufgrund der Qualifikation der Beigeladenen als ausgebildete Fachphysiotherapeutin sowie Bobath-Therapeutin unterlag sie bei den Behandlungen auf diesen Fachgebieten auch keinen Weisungen des Klägers. Das entspricht dem Sachverhalt in der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 15.08.2017 – L 1 KR 468/16, juris Rn. 32, rechtskräftig.

Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht auch, dass die Beigelade-ne eine eigene Patientenkartei führt hat, eigenes Therapiematerial anschaffen und nut-zen kann. Durch die Verwendung auch noch eigener Visitenkarten und bei ihrer Inter-net-Website tritt sie nicht als Mitarbeiterin des Klägers auf. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt auch von demjenigen, der etwa dem Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 4.5.2011 - L 1 KR 11/11 B ER , juris, Rn. 77 zugrunde lag. Die Beigeladene hier führt eine eigene Patientenkartei und vereinbart weitere Behandlungstermine auch allein. Sie war bei der Ausübung ihrer Tätigkeit - wie schon in § 1 Abs. 2 Satz 2 des Ver-trags über eine freie Mitarbeit am 22.1.2009 vereinbart und auch tatsächlich so ausge-führt - nicht weisungsgebunden und unterliegt den allgemeinen Praxisregelungen beim Kläger nicht. Es bestand kein Weisungsrecht sowohl hinsichtlich fachlicher Weisungen als auch bzgl. Zeitpunkt, Lage und Dauer der Tätigkeit. Sie konnte ihre Behandlungster-mine auch selbst bestimmen. Zudem war die Beigeladene nicht etwa durchgängig über die Praxis des Klägers in H. tätig. Vielmehr hatte sie freie Bestimmung über den Ort ihrer Tätigkeit, sie musste nicht zwingend und ausschließlich in der Praxis des Klägers arbei-ten, sondern bei entsprechender Verordnung auch bei Hausbesuchen den Patienten vor Ort therapieren. Allenfalls ist - wie beim Kläger - die Zulassung zur Erbringung von Leis-tungen der physikalischen Therapie an bestimmte Räumlichkeiten gebunden (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 SGB V; Schneider, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 124 Rn. 20 m.w.N.). Je-denfalls belegt das eben kein Weisungsrecht des Klägers. Würde man den Umstand gleichwohl als – gar entscheidendes – Merkmal einer abhängigen Beschäftigung ein-ordnen, könnte ein Physiotherapeut ohne eigene Praxis nie selbstständig tätig sein. Dies entspricht zumindest nicht der von der erkennenden Kammer vollauf geteilten, weil überzeugenden, Rechtsprechung des BSG, das die Möglichkeit selbständiger Tätigkeit eines Physiotherapeuten in einer fremden Praxis sowohl im Rahmen der sozialversiche-rungsrechtlichen Beurteilung annimmt (Urt. v.14.09.1989 – 12 RK 64/87, juris, Rn. 24 ff.) als auch im krankenversicherungsrechtlichen Kontext die Abrechenbarkeit von Leistun-gen freier Mitarbeiter durch den (zugelassenen) Praxisinhaber bejaht (BSG Urt. v.29.11.1995 – 3 RK 33/94, juris, Rn. 16 ff.). Die zuletzt genannte Entscheidung wird von der Beklagten hier im Übrigen gar nicht (hinreichend) gewürdigt.

Für die Kammer definitiv auch kein Argument für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen ist der wiederum aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 124, 125 SGB V; vgl. dazu etwa BSG Urt. v. 12.08.2010 – B 3 KR 9/09 R, juris, Rn. 14 ff., 19) resultierende Umstand, dass die Beigeladene ihre Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten nicht mit den Kostenträgern - den gesetzlichen Krankenkassen - direkt abrechnen durfte, sondern dass dies durch den Kläger geschah (so bereits in ähn-lichen Konstellationen LSG Baden-Württemberg Beschl. v. 11.05.2011 – L 11 R 1075/11 ER-B , juris, Rn. 18; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 14.10.2008 – L 11 R 515/08 – nicht veröffentlicht). Das Zulassungserfordernis für Heilmittelerbringer der gesetzlichen Kran-kenversicherung bedingt auch nach durchaus neuerer Rechtsprechung des BSG nicht, dass die für Leistungs-/Heilmittelerbringer tätigen Personen sozialversicherungsrechtlich stets den Status als Beschäftigte innehaben ( so explizit BSG Urteil vom 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 27, 28; dazu auch Bespr. von Hanten, jurisPraxisReport Medizin-recht 9/2016 vom 27.10.2016, Anm. 1, mwN namentlich zur Abgrenzung von Selbstständigkeit zu abhängiger Beschäftigung im Falle einer Physiotherapeutin).

Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Eingliederung der Beigeladenen in den Be-trieb des Klägers ist hierdurch genauso wenig erfolgt, wie Ärzte zu Angestellten privat-ärztlicher Verrechnungsstellen werden, die sie mit der Eintreibung ihrer (ggf. an diese abgetretenen) Forderungen gegenüber Privatpatienten beauftragt haben. Ausgangs-punkt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung sind zunächst die privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Die Vorgaben des Krankenversicherungsrechts zu den Anforderungen an die Abrechenbarkeit von Physio-therapieleistungen stehen privatrechtlichen Vereinbarungen, wie sie der Kläger und die Beigeladene getroffen haben, nicht entgegen. Es ist in der Rechtsprechung des BSG – wie bereits erwähnt – ohnehin geklärt, dass ein nach § 124 SGB V zugelassener Praxis-inhaber auch freie Mitarbeiter beschäftigen und deren Leistungen mit dem Leistungsträ-ger abrechnen darf (BSG Urt. v. 29.11.1995 – 3 RK 33/94, juris, Rn. 16 ff.). Dass die Bei-geladene unter praktischen Gesichtspunkten plausibel hingegen die Abrechnung mit den Privatpatienten selbst durchführt und sich der Notwendigkeit einer quasi eigenen Inkassotätigkeit aussetzt, spricht für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen, auch im Sinne des eigenen Unternehmerrisikos. Kriterium für ein Unternehmerrisiko eines Selbstständigen, das im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG Beschl. v.16.08.2010 – B 12 KR 100/09 B,juris Rn. 10 m.w.N.), ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG Urt. v. 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R, juris Rn. 27 m.w.N.; BSG Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R, juris, Rn. 29). Das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist aber nicht schlechthin entscheidend (BSG Beschl. v.16.08.2010 – B 12 KR 100/09 B, aaO.).

Soweit die Beklagte bei der Beurteilung eines Unternehmerrisikos auf den Einsatz etwa eigener Betriebsmittel abstellt, ist dies jedenfalls keine notwendige Voraussetzung für ei-ne selbstständige Tätigkeit. Dies gilt schon deshalb, weil anderenfalls geistige oder ande-re betriebsmittelarme Tätigkeiten - eine Vielzahl hochqualifizierter freier , akademischer Beruf z.B. , nie selbständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG Urt. v. 30.10. 2013 – B 12 R 3/12 R, juris Rn. 25; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 27.02.2015 – L 4 R 3943/13 und vom 24.04.2015 – L 4 R 1787/14 – jeweils nicht veröffentlicht). Insofern ist – zugunsten der Position des Klägers im Einklang mit seinem dahin gehenden einschlägigen Vortrag - durchaus zu berücksichtigen, dass die Beigeladene eben doch auch finanzielle Investitionen für einen Pkw, eine transportable Behandlungsbank sowie etwa-iges therapeutisches Kleingerät getätigt hat. Im Sinne eines gewissen Unternehmerrisikos wertet das Gericht auch, dass die Beigeladene einen Vergütungsanspruch nur erlangt, wenn es tatsächlich zu Behandlungen von Patienten kommt. Ihre Arbeitskraft ohne Behandlungen ist - was der Kläger ebenfalls ausgesprochen plausibel vorträgt – sinngemäß nicht abgerechnete Anwesenheit, jedenfalls ohne jeden eigenen Vergütungsanspruch. Die Beigeladene hat dann ihre Arbeitskraft vergeblich vorgehalten

Kein Argument gegen die Selbständigkeit wäre schließlich, dass die Beigeladene keine Arbeitnehmer hat und keine Vertreter einsetzt. Zwar ist im positiven Fall das Vorhanden-sein von Arbeitnehmern des Auftragnehmers ein wichtiges Indiz für selbstständige Tätig-keit. Das Fehlen solcher Arbeitnehmer lässt aber nicht den Umkehrschluss auf eine ei-gene Arbeitnehmereigenschaft des Auftragnehmers zu, sondern ist neutral. Es entspricht auch seit Jahrzehnten bereits der gesetzlichen Wertung, Selbstständige ohne versiche-rungspflichtigen Arbeitnehmer rechtlich im Rahmen der "Solo-Rentenversicherungspflicht" anzuerkennen (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 9 lit. a SGB VI).

Die weiteren Umstände wie etwa das Fehlen von Entgeltfortzahlungsregelungen für Ur-laubszeiten bzw. im Krankheitsfall sprechen im Rahmen der vorzunehmenden Gesamt-abwägung der Umstände des Einzelfalles typisch für die Vertragsgestaltung und auch die danach gelebte selbstständige Tätigkeit , in der logischerweise solche Arbeitnehmer-schutzrechte nicht vereinbart werden, vgl. § 1 und § 11 des freien Mitarbeitervertrages vom 22.12.2009, und das Risiko des Auftragnehmers insoweit einseitig besteht. Für das Gericht ergibt sich in der Gesamtabwägung damit das Bild einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen im Zusammenwirken mit dem Kläger in streitiger Zeit ab 01.01.2010.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwal-tungsgerichtsordnung (VwGO). Dabei entspricht es der Billigkeit, dass die Beklagte auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ausgleichen muss. Denn die Beigela-dene hat sich bei sachgerechter Auslegung ihres Antrags, § 123 SGG, dem klägerischen Kassationsbegehren vollinhaltlich angeschlossen und sich damit kraft Gesetzes dem Prozessrisiko gestellt (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 2 iVm § 63 Abs. 2 Satz 1 Ge-richtskostengesetz (GKG). Im Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV ist, soweit es nicht um eine Beitragsforderung, sondern wie hier um den sozialversicherungsrecht-lichen Status geht, der Auffangstreitwert allgemein anerkannt als Regelstreitwert festzu-setzen (Anschuss an BSG Beschluss vom 22. 03. 2017-B 12 R 23/16, juris Rn. 14 sowie LSG NRW Beschluss v. 12.04.2017- L8R 104/17 B, ebenfalls juris).

Für die Streitwertfestsetzung gilt die Rechtsmittelbelehrung 2.

Im Übrigen gilt die Rechtsmittelbelehrung 1.
Rechtskraft
Aus
Saved