S 2 SO 170/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 170/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 237/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 85/20 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Bedürftigkeitsbescheinigung zwecks Befreiung von den Rundfunkgebühren.

Der am 00.00.1952 geborene Kläger ist verheiratet. Er bezieht eine Rente von 523,92 Euro, seine Ehefrau bezieht eine Rente von 885,37 Euro. Die Kosten der Unterkunft betragen 488,25 Euro.

Am 25.11.2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Befreiungsbescheinigung für die GEZ ab 2020. Eine Zuzahlung oder Aufstockung des Einkommens sei nicht möglich. Die Fakten zum Lebensbedarf seien der Beklagten bekannt. Er beantrage daher die Befreiungsbescheinigung für die GEZ.

Mit Schreiben vom 11.12.2019 teilte die Beklagte dem Kläger mit, in der Vergangenheit sei bereits mehrfach festgestellt worden, dass kein Sozialhilfeanspruch bestehe, weil übersteigendes Einkommen vorhanden sei. Für Personen, die nicht im laufenden Sozialhilfebezug stünden, könne eine Bescheinigung nur ausgestellt werden, wenn das monatliche übersteigende Einkommen geringer ist als der monatliche Rundfunkbeitrag. Dies sei hier nach den vorliegenden Unterlagen nicht der Fall.

Dagegen legte der Kläger mit Telefax vom 12.12.2019 Widerspruch ein. Er habe gestern noch ausgeführt, warum die Bescheinigung für die GEZ notwendig sei. Er habe alle Unterlagen für eine positive Entscheidung zugestellt. Die Feststellung sollte nach den Feststellungen der Ministerien für die Armutsbegrenzung möglich sein.

Der Kreis Q veranlasste im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine erneute Einkommensprüfung durch die Beklagte. Diese übersandte dem Kläger eine Bedarfsberechnung, aus der sich ergab, dass das vorhandene Einkommen den Bedarf um 120,49 Euro und somit um mehr als die Höhe der GEZ-Gebühr von monatlich 17,50 Euro übersteigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2020 wies der Kreis Q den Widerspruch zurück. Die nachgereichten Unterlagen hätten ein Einkommen ergeben, dass den sozialhilferechtlichen Bedarf um 120,49 Euro übersteige. Dass das übersteigende Einkommen den monatlichen Rundfunkbeitrag übersteige, sei ihm von der Beklagten mit Schreiben vom 11.12.2019 mitgeteilt worden.

Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Für die Einzelheiten wird auf die Klageschrift und den Schriftsatz vom 10.07.2020 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.05.2020 zu verpflichten, ihm zu bescheinigen, dass er mangels ausreichenden Einkommens von den Rundfunkgebühren ab 2020 antragsgemäß zu befreien sei.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre bisherigen Ausführungen. Der Kläger habe Einkommen, das den sozialhilferechtlichen Bedarf um mehr als 17,50 Euro monatlich übersteige. Eine Bescheinigung, dass er kein ausreichendes Einkommen habe und daher von den Rundfunkgebühren zu befreien sei, könne ihm nicht erteilt werden.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des Verwaltungsverfahrens.

Das Gericht hat die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid in formeller und materieller Hinsicht angehört.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.

Klagegegenstand ist der Bescheid der Stadt Q1 vom 11.12.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Kreises Paderborn vom 06.05.2020. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist richtigerweise gegen denjenigen zu richten, der den Ausgangsbescheid, hier den Bescheid vom 11.12.2019, erlassen hat. Das ist hier die Stadt Q1. Das Klagebegehren des anwaltlich nicht vertretenen Klägers war hier zu seinen Gunsten als Klage gegen die Stadt Q1 auszulegen. Der Kläger hat zwar formal in der Klage den Kreis Q als Beklagten benannt, sodann aber die Stadt Q1 als den Ausgangsbescheid erlassende Behörde bezeichnet. Dies konnte als Klage gegen die Stadt Q1 ausgelegt werden. Eine Klage gegen den Kreis Q wäre bereits unzulässig gewesen.

Die so zulässige Klage ist sodann jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung, dass er kein ausreichendes Einkommen zur Zahlung der Rundfunkgebühren habe.

Der Kläger ist weder hilfebedürftig im Sinne der Grundsicherung nach dem SGB XII noch übersteigt sein monatliches Einkommen seinen sozialhilferechtlichen Bedarf um weniger als den Betrag der Rundfunkgebühr.

Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

Von dem Einkommen sind gemäß § 82 Abs. 2 SGB XII abzusetzen 1. auf das Einkommen entrichtete Steuern, 2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, 3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und 4. die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die nach § 3 Nummer 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind oder die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 200 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist gemäß § 82 Abs. 3 SGB XII ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist gemäß § 82 Abs. 4 SGB XII ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist gemäß § 82 Abs. 5 SGB V jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus 1. einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes, 2. einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und 3. einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag. Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist gemäß § 82 Abs. 6 SGB XII ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden gemäß § 82 Abs. 7 SGB XII im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

Hiervon ausgehend liegt keine sozialhilferechtliche Bedürftigkeit oder auch nur ein Einkommen, dass weniger als 17,50 Euro über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegen würde, vor. Für die Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zutreffende, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Bedarfsberechnung der Beklagten auf Blatt 22 der Akte des Verwaltungsverfahrens. Die Berechnung ist dem Kläger zugeschickt worden. Ferner wird Bezug genommen auf die Ausführungen zum Einkommen im Widerspruchsbescheid vom 06.05.2020.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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