Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
25
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 25 SO 133/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 43/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist ein Anspruch auf häusliche Pflegehilfe gem. §§ 61, 63 SGB XII für Leistungen, die von der S. GmbH, Intensivpflege S., erbracht werden.
Die am ... 1961 geborene unter Betreuung stehende Antragstellerin ist seit einem Herz-Kreislauf-Stillstand im Dezember 2016 nach erfolgreicher Reanimation beatmungspflichtig und benötigt seitdem die intensivpflegerische Versorgung. Bei der Antragstellerin ist der Pflegegrad 4 festgestellt. Sie erhält Sachleistungen aus der Pflegversicherung i.H.v. 1612 Euro pro Monat (Bescheid vom 03.04.2017, Bl. 183 der Verwaltungsakte) sowie zusätzlich einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 08.01.2018 übernimmt die Krankenkasse der Antragstellerin, die AOK Nordost, die Kosten der häuslichen Krankenpflege vom 01.01.2018 bis einschließlich 31.12.2018 täglich bis zu 22 Stunden und 16 Minuten aus der Krankenversicherung.
Ursprünglich lebte die Antragstellerin nach der Frührehabilitation in der Sanitas Intensiv Wohngemeinschaft in N. und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Mit Schreiben vom 21.02.2017 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe. Auf diesen Antrag hin wurden mit Bescheid vom 17.05.2017 Leistungen zur häuslichen Pflege bewilligt.
Zum 01.09.2017 zog die Antragstellerin nach S. in die dortige Wohngemeinschaft des Vermieters S. GmbH, I.-Straße. Es fallen für ein möbliertes Einzelzimmer monatliche Mietkosten in Höhe von 450 Euro an. Die Miete umfasst die Nebenkosten sowie die Nutzung der Gemeinschaftsräume.
Mit Bescheid vom 15.11.2017 hob der Antragsgegner die bewilligte häusliche Pflegehilfe gemäß § 63 b, 84 b SGB XII für die Antragstellerin mit Wirkung ab dem 1.8.2017 auf. Der Antragsgegner begründete seine Entscheidung damit, dass der Antragstellerin mit Bescheid der Krankenkasse vom 07.04.2017 die Kosten der häuslichen Krankenpflege im Zeitraum vom 02.03.2017 bis 31.12.2017 bewilligt wurden. Laut Bescheid übernimmt die Krankenkasse dabei bis zu 22 Stunden und 16 Minuten für die erforderliche 24-stündige Interventionsbereitschaft. Der verbleibende Anteil von 104 Minuten wird durch die Pflegekasse gedeckt. In diesem Rahmen kann die Antragstellerin monatlich Pflegesachleistungen der Pflegeversicherung in Höhe von 1612 EUR (PG4) in Anspruch nehmen. Eines Anspruches auf weitergehende Leistungen des Antragsgegners stehe § 63 b Abs. 1 SGB XII entgegen. Danach werden Leistungen nicht erbracht, soweit Pflegebedürftige gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten.
Mit Bescheid vom 08.01.2018 übernimmt die Krankenkasse der Antragstellerin, die AOK Nordost, die Kosten der häuslichen Krankenpflege vom 01.01.2018 bis einschließlich 31.12.2018 täglich bis zu 22 Stunden und 16 Minuten aus der Krankenversicherung. Dabei berücksichtige die Krankenkasse die parallel zu erbringenden und zeitlich anrechenbaren Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, die gesondert vergütet werden. Damit sei eine umfassende Pflege aus der Kranken- und Pflegeversicherung sichergestellt.
Am 22.11.2017 stellte die Antragstellerin beim Landkreis S. einen Antrag auf ambulante Pflege sowie ein Antrag auf Grundsicherung, der unter dem 16.04.2018 an den Antragsgegner weitergeleitet wurde.
Der Antrag auf Hilfe zur Pflege wurde sodann unter dem 04.05.2018 (Bl. 38 der Verwaltungsakte) abgelehnt. Der Antragsgegner führt zur Begründung aus, dass die Leistungen durch die Bescheide der Kranken- und Pflegekasse umfasst seien, da die erforderliche 24stündige Interventionsbereitschaft abgedeckt sei. Ein Anspruch darüber hinaus bestehe nicht. Mangels Widerspruchs ist der Bescheid bestandskräftig geworden.
Unter dem 24.05.2018 sandte der Antragsgegner zudem die Verwaltungsakte zur Bearbeitung des Antrages auf Grundsicherungsleistungen an den Landkreis S. zurück, da er sich nicht für zuständig erachte.
Mit Bescheid vom 25.06.2018 gewährte der Landkreis S. vorläufig gem. § 43 Abs. 1 SGB I Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII gem. § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41ff für die Zeit vom 1.3.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 411,02 Euro und für die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 31.12.2018 in Höhe von 393,92 Euro unter Verweis auf die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners gem. § 98 Abs. 5 SGB XII.
Der Landkreis S. berücksichtigte die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlich anfallenden Mietkosten in Höhe von 450 Euro sowie den Regelbedarf i.H.v. § 42 i.V.m. § 27a SGB XII i.H.v. 416 Euro abzgl. 35,05 Euro Sachleistung Abt. 4 Energie, Wohnen, und zuzüglich einen Mehrbedarf gem. § 42 i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII i.H.v. 70,72 Euro. Diesem Gesamtbedarf i.H.v. 901,67 Euro stellte der Landkreis S. ab Juli 2018 anrechenbares Einkommen i.H.v. 507,75 Euro gegenüber. Das anrechenbare Einkommen ermittelt sich durch die gewährte große Witwenrente i.H.v. 524,73 Euro abzgl. Haftpflichtversicherung i.H.v. 10,64 Euro sowie Hausratsversicherung i.H.v. 6,34 Euro.
Mit Schreiben vom 07.08.2018 beantragte die Antragstellerin die Überprüfung des Bescheides vom 04.05.2018 gem. § 44 SGB X. Der Antragsgegner habe die Übernahme notwendiger Sachleistungen zur Deckung des pflegerischen Bedarfes für die Inanspruchnahme einer Pflegeperson gem. § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII zu übernehmen. Der monatliche Mehrbedarf und damit der Eigenanteil der Antragstellerin liege nach dem Kostenvoranschlag der Intensivpflege S. bei 1881,86 Euro pro Monat.
Unter dem 20.09.2018 lehnte der Antragsgegner die erneute Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 04.05.2018 ab, wogegen die Antragstellerin unter dem 25.09.2018 Widerspruch einlegte. Über diesen Widerspruch ist bislang noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin hat am 18.09.2018 beim Sozialgericht Magdeburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Die Antragstellerin meint, dass ihr für den Mehraufwand des ambulanten Pflegedienstes Intensivpflege S., der über den von der Pflegekasse getragen Betrag i.H.v. 1612 Euro hinausgehe, ein sozialhilferechtlicher Anspruch auf häusliche Pflege zustehe. Die Antragstellerin sei aufgrund ihrer persönlichen finanziellen Situation nicht in der Lage, den Differenzbetrag von monatlich zwischen ca. 1300 Euro und ca. 1800 Euro als Eigenanteil zu leisten. Es stehe dem Sozialhilfeträger nicht zu, den Mehraufwand zu begrenzen. Die vom GKV-Spitzenverband erlassenen Kostenabgrenzungs-Richtlinien vom 16.12.2016 regelten nur die Aufteilung zwischen Kranken- und Pflegeversicherung und bezogen sich ausschließlich auf die Grundpflege, nicht aber auf den bei ihr vorliegenden Mehrbedarf. Diese Richtlinien seien nicht heranzuziehen.
Seit der Aufnahme der Antragstellerin im Wohnheim in S. am 08.08.2017 seien mit Stand 04.10.2018 offene Forderungen der Intensivpflege S. in Höhe von 18.784,14 Euro aufgelaufen, die jedoch bislang noch nicht angemahnt wurden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die monatlich anfallenden Mehrkosten der Pflege, die als Eigenanteil anfallen, zu bewilligen sowie die bereits bestehenden offenen Forderungen der Intensivpflege S. in Höhe von 18.784,14 Euro zu begleichen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, dass hinsichtlich der begehrten Leistungen zur Pflege bereits kein Anordnungsanspruch bestehe, weil die Leistungen vollumfänglich durch den Kranken- und den Pflegeversicherungsträger abgedeckt würden. Soweit der Antragsteller die Übernahme weiterer Kosten monatlich durch den Antragsgegner begehre, seien diese Kosten nicht erforderlich. Aus dem Bescheid der Krankenkasse gehe hervor, dass mit den von dort erbrachten Leistungen eine zeitlich umfassende Versorgung sichergestellt sei. Einen darüber hinausgehenden mit dem Pflegedienst vereinbarten Eigenanteil müsse die Antragstellerin selbst zahlen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Antragsgegners, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, das heißt des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, das heißt die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Anordnungsgrund kann nur die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sein. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in den eine Entscheidung in den grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Dies bedeutet zugleich, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und Durchsetzung bietet, wenn also der Antragstellerin auch mit einer späteren Realisierung ihres Rechts geholfen ist.
Der Antrag ist bereits unbegründet, als er für die Zeit vor dem 18.09.2018 (Eingang des Antrags bei Gericht) rückwirkend auf die Begleichung offener Forderungen der Intensivpflege S. und damit auf die Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB XII gerichtet ist. In zeitlicher Hinsicht ist der Anordnungsgrund auf Leistungen ab Antragstellung - vorliegend am 18.09.2018 - zu begrenzen. Dies folgt daraus, dass die Gewährung von Sozialleistungen im Wege der einstweiligen Anordnung nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dienen soll. Es fehlt daher grundsätzlich an einem Anordnungsgrund, wenn Leistungen für die Vergangenheit, d.h. für Zeiträume vor Eingang des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei Gericht begehrt werden (LSG NRW, Beschlüsse vom 05.11.2008, Az. L 19 B 95/08 AS ER; vom 04.02.2009, Az. L 9 B 211/08 AS ER; vom 29.08.2006, Az. L 20 B 77/06 SO ER).
Die Kammer hat auch Bedenken hinsichtlich eines Anordnungsgrundes ab Antragstellung, denn nach den Ausführungen der Antragstellerin und der übermittelten Stellungnahme der Leiterin der Intensivpflege S. Frau Z. ist bezüglich der Zahlungsrückstände noch nichts unternommen wurden.
Unabhängig davon besteht jedoch auch kein Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin hat keine Anspruch auf die Gewährung von Hilfe zur Pflege gem. §§ 61 ff. SGB XII.
Dabei ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegner aus § 98 Abs. 5 SGB XII und knüpft an die Zuständigkeit an, die vor Eintritt in eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit vorgelegen hat. Bis zum Umzug in das ambulant betreute Intensiv Therapiezentrum in S. war unstreitig der Antragsgegner örtlich zuständig, so dass sich dessen Zuständigkeit gem. § 98 Abs. 5 SGB XII weiterhin begründet.
Gemäß § 63b Abs. 1 SGB XII, der seit dem 1.1.2017 gilt, werden Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII nicht erbracht, soweit Pflegebedürftige gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten. Damit ist der Nachranggrundsatz gem. § 2 SGB XII für die Hilfe zur Pflege ausdrücklich aufgegriffen.
Von der Pflegekasse erhält die Antragstellerin Sachleistungen des Pflegegrades 4 (Bescheid vom 3.4.2017) sowie von der Krankenversicherung Sachleistungen nach § 37 SGB V (Bescheid vom 08.01.2018) als häusliche Krankenpflege. Insgesamt ist damit eine 24stündige Interventionsbereitschaft sichergestellt. Die Leistungen erhält die Antragstellerin auch tatsächlich.
Allerdings ist auch die von der Antragstellerin begehrte häusliche Pflegehilfe nach § 64b Abs. 1 S. 1 SGB XII als Pflegesachleistung zu beanspruchen (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 23.04.2018, Az. S 5 SO 3075/17). Damit handelt es sich um gleichartige Leistungen i.S.d. § 63b Abs. 1 SGB XII. Leistungen der Hilfe zur Pflege seitens des Antragsgegners sind damit nach § 63b Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 193, 183 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist ein Anspruch auf häusliche Pflegehilfe gem. §§ 61, 63 SGB XII für Leistungen, die von der S. GmbH, Intensivpflege S., erbracht werden.
Die am ... 1961 geborene unter Betreuung stehende Antragstellerin ist seit einem Herz-Kreislauf-Stillstand im Dezember 2016 nach erfolgreicher Reanimation beatmungspflichtig und benötigt seitdem die intensivpflegerische Versorgung. Bei der Antragstellerin ist der Pflegegrad 4 festgestellt. Sie erhält Sachleistungen aus der Pflegversicherung i.H.v. 1612 Euro pro Monat (Bescheid vom 03.04.2017, Bl. 183 der Verwaltungsakte) sowie zusätzlich einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 08.01.2018 übernimmt die Krankenkasse der Antragstellerin, die AOK Nordost, die Kosten der häuslichen Krankenpflege vom 01.01.2018 bis einschließlich 31.12.2018 täglich bis zu 22 Stunden und 16 Minuten aus der Krankenversicherung.
Ursprünglich lebte die Antragstellerin nach der Frührehabilitation in der Sanitas Intensiv Wohngemeinschaft in N. und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Mit Schreiben vom 21.02.2017 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe. Auf diesen Antrag hin wurden mit Bescheid vom 17.05.2017 Leistungen zur häuslichen Pflege bewilligt.
Zum 01.09.2017 zog die Antragstellerin nach S. in die dortige Wohngemeinschaft des Vermieters S. GmbH, I.-Straße. Es fallen für ein möbliertes Einzelzimmer monatliche Mietkosten in Höhe von 450 Euro an. Die Miete umfasst die Nebenkosten sowie die Nutzung der Gemeinschaftsräume.
Mit Bescheid vom 15.11.2017 hob der Antragsgegner die bewilligte häusliche Pflegehilfe gemäß § 63 b, 84 b SGB XII für die Antragstellerin mit Wirkung ab dem 1.8.2017 auf. Der Antragsgegner begründete seine Entscheidung damit, dass der Antragstellerin mit Bescheid der Krankenkasse vom 07.04.2017 die Kosten der häuslichen Krankenpflege im Zeitraum vom 02.03.2017 bis 31.12.2017 bewilligt wurden. Laut Bescheid übernimmt die Krankenkasse dabei bis zu 22 Stunden und 16 Minuten für die erforderliche 24-stündige Interventionsbereitschaft. Der verbleibende Anteil von 104 Minuten wird durch die Pflegekasse gedeckt. In diesem Rahmen kann die Antragstellerin monatlich Pflegesachleistungen der Pflegeversicherung in Höhe von 1612 EUR (PG4) in Anspruch nehmen. Eines Anspruches auf weitergehende Leistungen des Antragsgegners stehe § 63 b Abs. 1 SGB XII entgegen. Danach werden Leistungen nicht erbracht, soweit Pflegebedürftige gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten.
Mit Bescheid vom 08.01.2018 übernimmt die Krankenkasse der Antragstellerin, die AOK Nordost, die Kosten der häuslichen Krankenpflege vom 01.01.2018 bis einschließlich 31.12.2018 täglich bis zu 22 Stunden und 16 Minuten aus der Krankenversicherung. Dabei berücksichtige die Krankenkasse die parallel zu erbringenden und zeitlich anrechenbaren Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, die gesondert vergütet werden. Damit sei eine umfassende Pflege aus der Kranken- und Pflegeversicherung sichergestellt.
Am 22.11.2017 stellte die Antragstellerin beim Landkreis S. einen Antrag auf ambulante Pflege sowie ein Antrag auf Grundsicherung, der unter dem 16.04.2018 an den Antragsgegner weitergeleitet wurde.
Der Antrag auf Hilfe zur Pflege wurde sodann unter dem 04.05.2018 (Bl. 38 der Verwaltungsakte) abgelehnt. Der Antragsgegner führt zur Begründung aus, dass die Leistungen durch die Bescheide der Kranken- und Pflegekasse umfasst seien, da die erforderliche 24stündige Interventionsbereitschaft abgedeckt sei. Ein Anspruch darüber hinaus bestehe nicht. Mangels Widerspruchs ist der Bescheid bestandskräftig geworden.
Unter dem 24.05.2018 sandte der Antragsgegner zudem die Verwaltungsakte zur Bearbeitung des Antrages auf Grundsicherungsleistungen an den Landkreis S. zurück, da er sich nicht für zuständig erachte.
Mit Bescheid vom 25.06.2018 gewährte der Landkreis S. vorläufig gem. § 43 Abs. 1 SGB I Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII gem. § 19 Abs. 2 i.V.m. §§ 41ff für die Zeit vom 1.3.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 411,02 Euro und für die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 31.12.2018 in Höhe von 393,92 Euro unter Verweis auf die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners gem. § 98 Abs. 5 SGB XII.
Der Landkreis S. berücksichtigte die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlich anfallenden Mietkosten in Höhe von 450 Euro sowie den Regelbedarf i.H.v. § 42 i.V.m. § 27a SGB XII i.H.v. 416 Euro abzgl. 35,05 Euro Sachleistung Abt. 4 Energie, Wohnen, und zuzüglich einen Mehrbedarf gem. § 42 i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII i.H.v. 70,72 Euro. Diesem Gesamtbedarf i.H.v. 901,67 Euro stellte der Landkreis S. ab Juli 2018 anrechenbares Einkommen i.H.v. 507,75 Euro gegenüber. Das anrechenbare Einkommen ermittelt sich durch die gewährte große Witwenrente i.H.v. 524,73 Euro abzgl. Haftpflichtversicherung i.H.v. 10,64 Euro sowie Hausratsversicherung i.H.v. 6,34 Euro.
Mit Schreiben vom 07.08.2018 beantragte die Antragstellerin die Überprüfung des Bescheides vom 04.05.2018 gem. § 44 SGB X. Der Antragsgegner habe die Übernahme notwendiger Sachleistungen zur Deckung des pflegerischen Bedarfes für die Inanspruchnahme einer Pflegeperson gem. § 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII zu übernehmen. Der monatliche Mehrbedarf und damit der Eigenanteil der Antragstellerin liege nach dem Kostenvoranschlag der Intensivpflege S. bei 1881,86 Euro pro Monat.
Unter dem 20.09.2018 lehnte der Antragsgegner die erneute Überprüfung des Ablehnungsbescheides vom 04.05.2018 ab, wogegen die Antragstellerin unter dem 25.09.2018 Widerspruch einlegte. Über diesen Widerspruch ist bislang noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin hat am 18.09.2018 beim Sozialgericht Magdeburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Die Antragstellerin meint, dass ihr für den Mehraufwand des ambulanten Pflegedienstes Intensivpflege S., der über den von der Pflegekasse getragen Betrag i.H.v. 1612 Euro hinausgehe, ein sozialhilferechtlicher Anspruch auf häusliche Pflege zustehe. Die Antragstellerin sei aufgrund ihrer persönlichen finanziellen Situation nicht in der Lage, den Differenzbetrag von monatlich zwischen ca. 1300 Euro und ca. 1800 Euro als Eigenanteil zu leisten. Es stehe dem Sozialhilfeträger nicht zu, den Mehraufwand zu begrenzen. Die vom GKV-Spitzenverband erlassenen Kostenabgrenzungs-Richtlinien vom 16.12.2016 regelten nur die Aufteilung zwischen Kranken- und Pflegeversicherung und bezogen sich ausschließlich auf die Grundpflege, nicht aber auf den bei ihr vorliegenden Mehrbedarf. Diese Richtlinien seien nicht heranzuziehen.
Seit der Aufnahme der Antragstellerin im Wohnheim in S. am 08.08.2017 seien mit Stand 04.10.2018 offene Forderungen der Intensivpflege S. in Höhe von 18.784,14 Euro aufgelaufen, die jedoch bislang noch nicht angemahnt wurden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die monatlich anfallenden Mehrkosten der Pflege, die als Eigenanteil anfallen, zu bewilligen sowie die bereits bestehenden offenen Forderungen der Intensivpflege S. in Höhe von 18.784,14 Euro zu begleichen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, dass hinsichtlich der begehrten Leistungen zur Pflege bereits kein Anordnungsanspruch bestehe, weil die Leistungen vollumfänglich durch den Kranken- und den Pflegeversicherungsträger abgedeckt würden. Soweit der Antragsteller die Übernahme weiterer Kosten monatlich durch den Antragsgegner begehre, seien diese Kosten nicht erforderlich. Aus dem Bescheid der Krankenkasse gehe hervor, dass mit den von dort erbrachten Leistungen eine zeitlich umfassende Versorgung sichergestellt sei. Einen darüber hinausgehenden mit dem Pflegedienst vereinbarten Eigenanteil müsse die Antragstellerin selbst zahlen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Antragsgegners, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, das heißt des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, das heißt die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Anordnungsgrund kann nur die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sein. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in den eine Entscheidung in den grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Dies bedeutet zugleich, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und Durchsetzung bietet, wenn also der Antragstellerin auch mit einer späteren Realisierung ihres Rechts geholfen ist.
Der Antrag ist bereits unbegründet, als er für die Zeit vor dem 18.09.2018 (Eingang des Antrags bei Gericht) rückwirkend auf die Begleichung offener Forderungen der Intensivpflege S. und damit auf die Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB XII gerichtet ist. In zeitlicher Hinsicht ist der Anordnungsgrund auf Leistungen ab Antragstellung - vorliegend am 18.09.2018 - zu begrenzen. Dies folgt daraus, dass die Gewährung von Sozialleistungen im Wege der einstweiligen Anordnung nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dienen soll. Es fehlt daher grundsätzlich an einem Anordnungsgrund, wenn Leistungen für die Vergangenheit, d.h. für Zeiträume vor Eingang des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei Gericht begehrt werden (LSG NRW, Beschlüsse vom 05.11.2008, Az. L 19 B 95/08 AS ER; vom 04.02.2009, Az. L 9 B 211/08 AS ER; vom 29.08.2006, Az. L 20 B 77/06 SO ER).
Die Kammer hat auch Bedenken hinsichtlich eines Anordnungsgrundes ab Antragstellung, denn nach den Ausführungen der Antragstellerin und der übermittelten Stellungnahme der Leiterin der Intensivpflege S. Frau Z. ist bezüglich der Zahlungsrückstände noch nichts unternommen wurden.
Unabhängig davon besteht jedoch auch kein Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin hat keine Anspruch auf die Gewährung von Hilfe zur Pflege gem. §§ 61 ff. SGB XII.
Dabei ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegner aus § 98 Abs. 5 SGB XII und knüpft an die Zuständigkeit an, die vor Eintritt in eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit vorgelegen hat. Bis zum Umzug in das ambulant betreute Intensiv Therapiezentrum in S. war unstreitig der Antragsgegner örtlich zuständig, so dass sich dessen Zuständigkeit gem. § 98 Abs. 5 SGB XII weiterhin begründet.
Gemäß § 63b Abs. 1 SGB XII, der seit dem 1.1.2017 gilt, werden Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII nicht erbracht, soweit Pflegebedürftige gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten. Damit ist der Nachranggrundsatz gem. § 2 SGB XII für die Hilfe zur Pflege ausdrücklich aufgegriffen.
Von der Pflegekasse erhält die Antragstellerin Sachleistungen des Pflegegrades 4 (Bescheid vom 3.4.2017) sowie von der Krankenversicherung Sachleistungen nach § 37 SGB V (Bescheid vom 08.01.2018) als häusliche Krankenpflege. Insgesamt ist damit eine 24stündige Interventionsbereitschaft sichergestellt. Die Leistungen erhält die Antragstellerin auch tatsächlich.
Allerdings ist auch die von der Antragstellerin begehrte häusliche Pflegehilfe nach § 64b Abs. 1 S. 1 SGB XII als Pflegesachleistung zu beanspruchen (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 23.04.2018, Az. S 5 SO 3075/17). Damit handelt es sich um gleichartige Leistungen i.S.d. § 63b Abs. 1 SGB XII. Leistungen der Hilfe zur Pflege seitens des Antragsgegners sind damit nach § 63b Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 193, 183 SGG.
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