S 60 KR 304/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
60
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 60 KR 304/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 336/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert beträgt 5.040,00 EUR.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vergütung eines stationären Krankenhausaufenthaltes. Mit Klageschrift vom 19.03.2020 hat der Bevollmächtigte der Klägerin "wegen: Vergütung von Krankenhausbehandlung (K., Agnes)" 5.040 EUR eingeklagt. Die Klageschrift beschreibt den stationären Aufenthalt der Versicherten Agnes K. in der Zeit vom 06.05.2019 bis zum 05.06.2019 im Hause der Klägerin, dessen Rechnungsstellung am 29.05.2019 und 13.06.2019 und das durchgeführte Prüfverfahren hinsichtlich der Verweildauer. Die Beklagte habe die Rechnung ausgeglichen und nach durchgeführtem Prüfverfahren "ihren – angeblichen – Rückforderungsanspruch in Höhe von 8.043,21 EUR mit anderen – unstreitigen – Vergütungsforderungen" verrechnet. Bei der Schilderung der Rechtslage wird angegeben, dass sich "der Vergütungsanspruch aus § 109 Absatz 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 17 Absatz 1 KHG, § 8 Absatz 1 KHEntgG und den Regeln der PEPPV 2019" ergäbe. In der Folge werde nur der Anspruch aus der Behandlung der Patientin Agnes K. erörtert, nicht der unstreitige Vergütungsanspruch, wobei um gerichtlichen Hinweis bei fehlenden Angaben gebeten werde. Am Ende der Klagschrift wird ausgeführt, dass die "Höhe der geltend gemachten Vergütung [ ] den abrechnungstechnischen Vorgaben und Regelungen auf Grundlage der Diagnosen, Prozeduren und des Alters der Patientin" entspräche. Mit Klageeingangsverfügung vom 23.03.2020 hat die Vorsitzende den Kläger darauf hingewiesen, dass die Klage nach vorläufiger Würdigung des Sach- und Streitstandes nach § 17c Absatz 2b Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) unzulässig sein dürfte, da eine einzelfallbezogene Erörterung des Behandlungsfalles noch nicht stattgefunden haben dürfte und damit eine nach der Gesetzesbegründung zwingende Sachurteilsvoraussetzung fehle. Sie hat die Rücknahme der Klage angeregt und Gerichtsbescheid angekündigt, zugestellt den Beteiligten am 31.03.2020 (Bl. 37 und 41 der Gerichtsakte). Mit Schriftsatz vom 01.04.2020 (Bl. 30/31 der Gerichtsakte) hat der Klägervertreter auf das Gesetz zur Anpassung des Medizinrechts an die Verordnung (EU) 2017/754 und die Verordnung (EU) 2017/46 hingewiesen, dass am 27.03.2020 den Bundesrat passiert habe und eine Ergänzung des § 17c Absatz 2b KHG vorsehe. Aus diesem Grund sei von der Zulässigkeit der Klage auszugehen. Daraufhin hat die Vorsitzende mit Verfügung vom 03.04.2020 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Würdigung des Sach- und Streitstandes infolge der rückwirkenden Inkraftsetzung der Einfügung in § 17c Absatz 2b KHG zum 01.01.2020 die Klage (rückwirkend) zulässig werden dürfte, sobald das genannte Gesetz verkündet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werde. Die Klägerin dürfte indes die falsche Klageforderung eingeklagt haben, da mit der Klage der bereits durch Zahlung erloschene Anspruch aus der Krankenhausbehandlung der Agnes K. verfolgt werde, weshalb die Vorsitzende an ihrer Absicht zum Erlass des bereits angekündigten Gerichtsbescheides festhalte. Der Klägervertreter hat mit Schriftsatz vom 07.04.2020 weitere Ausführungen zur Rechtsauffassung des Gerichts gemacht. In seinem Schriftsatz vom 15.04.2020 (Bl. 44/45 der Gerichtsakte) verweist er auf das in der Anlage zur Klageschrift vorgelegte Sammelavis, aus dem sich nicht direkt erkennen lasse, wegen welcher Forderung nunmehr geklagt werde. Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.040 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.01.2020 zu zahlen. Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, nicht indes begründet. I. Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist. Den Beteiligten wurde ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. II. Zwar scheitert die Zulässigkeit der Klage nicht an der fehlenden Durchführung einer einzelfallbezogenen Erörterung des streitigen Behandlungsfalls nach § 17c Absatz 2b Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Nach § 17c Absatz 2b Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) – in der zum Zeitpunkt des Erlasses der Gerichtsbescheides gültigen Fassung – findet eine gerichtliche Überprüfung einer Krankenhausabrechnung nur statt, wenn vor der Klageerhebung die Rechtmäßigkeit der Abrechnung einzelfallbezogen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus erörtert worden ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/13397, S. 45 und 87) bezweckt die zum 01.01.2020 in Kraft getretene Regelung eine Entlastung der Sozialgerichte. Vor einer Klageerhebung sollen die Krankenhäuser und Krankenkassen eine verpflichtende einzelfallbezogene Erörterung durchführen. Die einzelfallbezogene Erörterung ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift und der eindeutigen Gesetzesbegründung "Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage" (BT-Drs- 19/13397, S. 88). Eine einzelfallbezogene Erörterung des Behandlungsfalles wurde bislang nicht durchgeführt, weshalb die Klage – in der ursprünglichen, zum Zeitpunkt des Erlasses des Gerichtsbescheides infolge der noch nicht erfolgten Veröffentlichung des ändernden Gesetzes weiter gültigen Gesetzesfassung – mangels vorliegender Sachurteilungsvoraussetzungen als unzulässig abzuweisen gewesen wäre. Dem hätte auch nicht – anders als der Klägervertreter meint – entgegengestanden, dass das Verfahren für die einzelfallbezogene Erörterung nach § 17c Absatz 2 Nr. 8, Satz 5 KHG noch nicht festgelegt wurde und entsprechende Regelungen erst bis zum 30.06.2020 zu treffen sind. Zwar knüpft in systematischer die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 17b Absatz 2b Satz 1 KHG prinzipiell an die einzelfallbezogene Erörterung im Sinne von § 17c Absatz 2 Nr. 8, Satz 5 KHG an. Auch die Übergangsvereinbarung des GKV-Spitzenverbandes Berlin und der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. zur Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) gemäß § 17 Absatz 2 KHG vom 10.12.2019 (Übergangsvereinbarung) stellt diesen Konnex her. Nach ihrem Artikel 1 Nr. 7 findet das verpflichtende Erörterungsverfahren nach § 17c Absatz 2b KHG erst dann Anwendung, wenn die entsprechenden Verfahrensregelungen zu dessen Konkretisierung in der bis zum 30.06.2020 diesbezüglich zu überarbeitenden PrüfvV vorliegen. Ausweislich des Hinweises zu Art. 1 Nr. 7 soll diese Anpassung Klarheit hinsichtlich des zeitlichen Anwendungsbereichs des verpflichtenden Erörterungsverfahrens nach § 17c Absatz 2b KHG schaffen. Anders als der Klägerbevollmächtigte meint folgt hieraus indes nicht, dass die zum 01.01.2020 in Kraft getretene Klagezulässigkeitsvoraussetzung nach § 17c Absatz 2b Satz 1 KHG frühestens mit Inkrafttreten der Verfahrensregelungen über das verpflichtende Erörterungsverfahren anzuwenden ist. Denn über die nach dem Wortlaut des § 17c Absatz 2b Satz 1 KHG und der Gesetzesbegründung ausdrückliche Zulässigkeitsvoraussetzung haben die Vertragspartner der Übergangsvereinbarung gerade keine Regelung bzgl. gerichtlicher Sachurteilsvoraussetzungen getroffen und hätten über diese auch keine Regelung treffen dürfen, da Klagevoraussetzungen zur Entlastung der Sozialgerichte gerade der Disposition der Vertragspartner entzogen sind. Mit dem am 13.03.2020 durch den Bundestag beschlossenen Gesetz zur Anpassung des Medizinprodukterechts an die Verordnung (EU) 2017/745 und die Verordnung (EU) 2017/746 (im Folgenden Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz), dem der Bundesrat am 27.03.2020 zugestimmt hat, ist indes eine Einfügung in § 17c Absatz 2b Satz 1 KHG vorgesehen, die der Gesetzgeber rückwirkend zum 01.01.2020 in Kraft gesetzt hat (siehe Art. 10a und 17 Absatz 2 BT-Drs. 19/18589, S. 167 und 187). Die genannte Vorschrift wird nach Verkündung und Veröffentlichung im Gesetzblatt wie folgt lauten: "Eine gerichtliche Überprüfung einer Krankenhausabrechnung über die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die nach Inkrafttreten der Vereinbarung nach Absatz 2 Satz 5 oder der Festsetzung nach Absatz 2 Satz 6 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 5 aufgenommen werden findet nur statt, wenn vor der Klageerhebung die Rechtmäßigkeit der Abrechnung einzelfallbezogen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus erörtert worden ist." (Einfügung durch Verf. fett gedruckt). Das bedeutet, dass mit Verkündung und Veröffentlichung des Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz, die nach Rechtsansicht der Kammer zunächst unzulässige Klage durch die rückwirkende Geltungsanordnung des Gesetzgebers zulässig werden. Da es genügt, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen während des Verfahrens – auch noch in der Berufungsinstanz – (vgl. BSG, Urt. v. 9. 3. 1988 – 9/9a RVs 13/87MDR 1988, 806; Lüdtke/Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, SGG § 143 Rn. 5, beck-online) erfüllt sind, ist die Klage nicht als unzulässig abzuweisen. III. Die Klage ist indes als unbegründet abzuweisen, da der ursprüngliche Vergütungsanspruch aus dem Behandlungsfall der Agnes K. vom 06.05.2019 bis 05.06.2019 nach § 362 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch Zahlung erloschen ist und auch nicht nach erfolgter Aufrechnung wiederauflebt. Die Klägerin hat den falschen Klaganspruch eingeklagt. Zutreffend hat der Klägervertreter auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17.12.2019 – B 1 KR 19/19 R –, Rn. 17 hingewiesen, nach der Klagegegenstand der erhobenen Leistungsklage gerade nicht der Anspruch für die Behandlung des Versicherten, mit dem die Beklagte ihren Erstattungsanspruch aufrechnete ist, sondern derjenige aus der "Behandlung anderer Versicherter", vorliegend also die unstreitigen Behandlungsfälle. Der Klägerbevollmächtigter hat im Rubrum seiner Klageschrift indes ausdrücklich als Klagegenstand die Vergütung der Krankenhausbehandlung der Agnes K. bezeichnet und ausgeführt, dass die Höhe der "geltend gemachten Vergütung den abrechnungstechnischen Vorgaben und Regelungen auf Grundlage der Diagnosen, Prozeduren und des Alters der Patientin" entspräche. Dabei hat er sich gerade nicht auf den Erstattungsanspruch der Beklagten für diesen Behandlungsfall bezogen, sondern – wie sich aus den Ausführungen zu Beginn der Darstellung in der Klageschrift ergibt – den "Vergütungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte" aus dem streitigen Behandlungsfall geltend gemacht. Zwar bezieht der Klägervertreter seinen Antrag selbst nicht auf einen bestimmten Anspruch, sondern macht einen Zahlungsanspruch auf Zahlung von 5.040 EUR geltend und er beschreibt in seiner Klageschrift auch, dass die Beklagte den Anspruch zunächst bezahlt und sodann mit Verrechnungsmitteilung vom 23.01.2020 mit "anderen – unstreitigen – Vergütungsforderungen" – verrechnet habe. Auf die mit der Klageschrift als Anlage K 6 eingereichte Verrechnungsmitteilung hat der Bevollmächtigte der Klägerin auch in seinem Schriftsatz vom 15.04.2020 verwiesen und gemeint, dass sich aus dieser nicht erkennen lasse, wegen welcher Forderung geklagt werden solle. Bereits die Tatsache, dass der Klägervertreter bei der Darstellung der Rechtslage von einem Vergütungsanspruch im Singular und auch am Ende der Darstellung der Rechtslage von der geltend gemachten Vergütung – ebenfalls im Singular – spricht, zeigt indes, dass er nicht die zwei unstreitigen Vergütungsansprüche aus den unstreitigen Behandlungsfällen, sondern den ursprünglichen bereits durch Zahlung nach § 362 Absatz 1 BGB analog erloschenen Anspruch einklagt. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Klägervertreter als Grundlage des geltend gemachten Anspruchs u. a. auf die PEPPV 2019 und damit auf die Vereinbarung zum pauschalierenden Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen für das Jahr 2019 verweist. Diese dürfte nur für den streitigen Behandlungsfall einer Patientin mit psychischen Erkrankungen Anwendung finden, hingegen ist unwahrscheinlich, dass es sich auch bei den unstreitigen Behandlungsfällen um solche im Anwendungsbereich der genannten Vereinbarung handelt. Die Vorsitzende hat den Klägervertreter ausdrücklich mit richterlicher Verfügung vom 03.04.2020 auf die Unbegründetheit der Klage infolge des "falschen eingeklagten Anspruchs" hingewiesen. Der daraufhin von dem Bevollmächtigten der Klägerin verfasste Schriftsatz enthält weder eine Klageänderung noch lässt sich dieser als Klageänderung § 99 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auslegen. Denn der Klägerbevollmächtigte teilte der Vorsitzenden lediglich mit, dass er die im Hinweis mitgeteilte Auffassung des Gerichts für unzutreffend halte. Auch die im Schriftsatz vom 15.04.2020 enthaltene Bezugnahme auf das Sammelavis sowie der Hinweis, dass sich hieraus nicht erkennen lasse, wegen welcher Forderung geklagt werden solle, lässt sich infolge der Pauschalität nicht als Klageänderung auslegen. Denn das Sammelavis vom 23.01.2020 enthält sehr wohl eine Erläuterung der Verrechnung, aus der sich ausdrücklich ergibt, gegen welche Forderungen aufgerechnet wurde (S. 4 des Sammelavis, Bl. 4 der Gerichtsakte, siehe dazu noch unten), sodass es dem Klägerbevollmächtigten durchaus möglich gewesen wäre, die beiden unstreitigen Forderungen zu bezeichnen. Die Vorsitzende ist infolge ihres ausdrücklichen Hinweises vom 08.04.2020 die "Vergütungsansprüche aus der Behandlung anderer Versicherter" zu bezeichnen, nicht gehalten die Bezugnahme auf das Sammelavis vom 23.01.2020 als Bezeichnung der beiden unstreitigen Forderungen auszulegen, gegen die die Beklagte den streitigen Anspruch aufgerechnet hat. Denn die Vorsitzende hat zwar nach § 92 Absatz 2 Satz 2 SGG auf die hinreichende Bezeichnung des Klagebegehrens hinzuwirken. Erfolgt dies indes trotz mehrfachen Hinweisen nicht, darf die Vorsitzende nicht den Klagegegenstand für die anwaltlich vertretene Klägerin definieren. Auch ein Fall des § 99 Absatz 3 Nr. 3 SGG liegt nicht vor, nach dem es nicht als eine Änderung der Klage anzusehen ist, wenn ohne Änderung des Klagegrundes statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird. Denn bei der Verrechnung am 23.01.2020 handelt es sich nicht bereits um eine nach Klageerhebung am 19.03.2020 eingetretene Veränderung. Im Übrigen würde sich bei einer nach Klageerhebung eingetretenen Aufrechnung auch der zu Grunde liegende Anspruch und mithin der Klagegrund ändern, weshalb § 99 Absatz 3 Nr. 3 SGG ohnehin keine Anwendung finden darf. Dem Klägervertreter ist zwar zuzugeben, dass mit der Zulassung der Aufrechnung im Sammelavis durch die Entscheidung des BSG vom 31.07.2019 – B 1 KR 31/18 R – die Feststellung Schwierigkeiten bereiten dürfte, welche Einzelforderungen mit der Aufrechnung getilgt worden sein sollen. Auch kann die Kammer den Einwand des Klägervertreters, dass der Mehrwert der Kennzeichnung der geltend gemachten unstreitigen Behandlungsfälle nicht hoch sei, nachvollziehen, zumal in aller Regel im Verfahren über die unstreitigen Behandlungsfälle nicht weiter Beweis erhoben werden muss. Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich indes bei der Kennzeichnung des oder der geltend gemachten unstreitigen Forderung(en) nicht um eine bloße Förmelei. Denn mit der Benennung des geltend gemachten Anspruchs bzw. der Ansprüche wird der Streitgegenstand des Verfahrens im Sinne von § 95 SGG benannt. Für den geltend gemachten Anspruch tritt Rechtshängigkeit nach § 94 Satz 1 SGG ein, mit der Folge, dass dieser Anspruch bei keinem anderen Gericht mehr geltend gemacht wird, die einmal begründete Zuständigkeit des Gerichts durch nachträgliche Veränderungen nicht mehr tangiert wird (perpetuatio fori) und auch materiell-rechtliche Konsequenzen im Hinblick auf Zinsforderungen und der Verjährung von Ansprüchen zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus hat die Beklagte in ihrer Verrechnungsmitteilung vom 23.01.2020 ausweislich der Erläuterungen im Sammelavis die Aufrechnung auf zwei konkrete Forderungen bezogen und zwar diejenige aus den beiden Rechnungen vom 31.12.2019 mit der Rechnungsnummern xxxxxxxxxxx und xxxxxxxxxx in Höhe von 6.842,82 EUR bzw. 6.567,92 EUR und damit eine Tilgungsbestimmung getroffen. Selbst im Fall fehlender Tilgungsbestimmung wäre nach § 396 Absatz 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 366 Absatz 1 BGB bei fehlenden Anhaltspunkten für einen mutmaßlichen Willen der Beklagten und mangels Angaben zur Fälligkeit, Sicherheit oder Lästigkeit der Forderung auf das Alter der Forderung abzustellen (BSG, Urteil vom 30.07.2019 – B 1 KR 31/18 R –, Rn. 16), was eine Identifizierung der unstreitigen Forderungen ohne Weiteres ermöglicht. III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung. IV. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 Teil 1 SGG i. V. m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG.
Rechtskraft
Aus
Saved