Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 1753/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 875/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 35/19 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 31.10.2018 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 14.096,32 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung einer Krankenhausbehandlung i.H.v. Von 14.096,32 EUR. Die 1939 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte J T (fortan: Versicherte) wurde vom 2.6. - 4.6.2014 im Krankenhaus der Klägerin wegen eines Aortenaneurysmas stationär behandelt. Der Versicherten wurde am 3.6.2014 eine Stent-Prothese gesetzt. Dabei kam es zu einer Aortenruptur mit intraoperativer Reanimation und erschwerter Reparation der Aortenverletzung bei Einriss der rechten Nierenarterie und der Aorta mesenterica superior. Nach hochdosierter Gabe von Katecholaminen wurde die Versicherte auf die Intensivstation verlegt. Dort wurde eine Revision mit Bauchtuchtamponade erforderlich. Die Versicherte wurde unter hoher Substitution von Gerinnungsfaktoren und Blutprodukten stabilisiert. Sie verstarb am Folgetag bei der Bauchtuchentfernung an einer Darmischämie.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten gab es jedenfalls für das Jahr 2014 keine Vereinbarung für das Zusatzentgelt ZE2014-98 (Gabe von Blutgerinnungsfaktoren).
Die Klägerin berechnete der Beklagten am 12.6.2014 unter Zugrundelegung der DRG (Diagnosis Related Group) F42Z insgesamt 38.412,66 EUR, wobei sie dreimal das Zusatzentgelt ZE2014-98 in Ansatz brachte (Teilbeträge: 4.519 EUR, 3.850,77 EUR und 5.718,09 EUR). Die Beklagte wies die Rechnung am 8.7.2014 zurück. Da das ZE2014-98 nicht vereinbart sei, könne die Klägerin nach der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) nur dreimal 600 EUR (= 1.800 EUR) abrechnen. Da dieser Betrag aber unterhalb des in Anlage 4 Fußnote 8 der FPV vorgesehenen Schwellenwerts von 9.500 EUR liege, habe sie gar nichts zu zahlen.
Die Beklagte leistete am 14.11.2014 zunächst eine Abschlagszahlung i.H.v. 5.228,61 EUR auf die DRG F43B ohne Zusatzentgelte. Dr. S vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) bestätigte im Mai 2015, dass die Zusatzentgelte ZE2014-98 belegt seien und die Rechnung richtig sei. Daraufhin stornierte die Beklagte am 19.6.2015 ihre erste Zahlung und wies am 22.6.2016 nach der DRG F42Z 4 Abschlagszahlungen i.H.v. insgesamt 21.948,79 EUR ohne Zusatzentgelte an. Der weiterhin offene Betrag von 16.463,87 EUR setzte sich aus 2.367,55 EUR (für die von der Beklagten zunächst angenommene Überschreitung der Grenzverweildauer) sowie aus den streitigen 14.096,32 EUR (die drei streitigen Zusatzentgelte zuzüglich 8,46 EUR [Differenz des von der Klägerin geltend gemachten Zuschlags "Hygiene-Förderprogramm nach § 4 Abs. 11 KHEntgG" in Höhe von 22,88 EUR und dem von der Beklagten tatsächlich hierauf gezahlten Betrag von 14,42 EUR]) zusammen.
Mit ihrer am 21.12.2015 erhobenen Klage hat die Klägerin betont, dass nach § 5 Abs. 1 FPV 2014 zusätzlich zu einer Fallpauschale oder zu den Entgelten nach § 6 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) bundeseinheitliche Zusatzentgelte nach dem Katalog nach Anlage 2 bis 5 abgerechnet werden dürften. Nach § 5 Abs. 2 FPV vereinbarten die Vertragsparteien krankenhausindividuelle Zusatzentgelte für die nach dem bundeseinheitlichen Zusatzentgelte-Katalog nicht vergüteten Leistungen. Das hier streitige ZE2014-98 finde sich in Anlage 6 des Katalogs. Da hier keine Vereinbarungen zwischen den Beteiligten getroffen worden seien, sei § 5 Abs. 2 Satz 4 und 5 einschlägig, wonach eigentlich für jedes Zusatzentgelt 600 EUR abzurechnen seien. Nach Fußnote 8 zum Zusatzentgelt ZE2014-98 gebe es für die Behandlung von Patienten mit Blutgerinnungsfaktoren einen Schwellenwert von 9.500 EUR. Ab dessen Überschreitung sei der gesamte für die Behandlung des Patienten angefallene Betrag zu berechnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten setze sich der Schwellenwert nämlich nicht aus den 600 EUR-Pauschalen nach § 5 Abs. 2 Satz 4 und 5 FPV zusammen. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Fußnote 8. Zum anderen gehe die Division nicht glatt auf, wenn der Schwellenwert durch 600 dividiert werde (15,83). Es sei auch kaum vorstellbar, dass man 15,83 Blutgerinnungsfaktoren in einer einzigen Behandlung verabreichen müsse, um den Schwellenwert zu erreichen. Die "Abrechnungsbestimmungen nach den KHEntgG und der FPV 2014" seien nicht allgemeinverbindlich, da die Deutsche Krankenhausgesellschaft hieran nicht beteiligt gewesen sei. Für ihre Auffassung spreche auch der InEK-Abschlussbericht 2014, aus dem sich ergebe, dass der Schwellenwert für das streitige Zusatzentgelt auf 9.500 EUR abgesenkt und die Formulierung für die Berechnung von "je Gerinnungsfaktor" in "Gabe von Gerinnungsfaktoren je Fall" geändert worden sei.
Nachdem Dr. S vom MDK in einem weiteren Gutachten aus Juni 2016 die Verweildauer bestätigt hatte, hat die Beklagte am 28.6.2016 einen weiteren Teilbetrag von 2.367,55 EUR gezahlt. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.096,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 23.6.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat daran festgehalten, dass für die Berechnung des Schwellenwerts nicht die tatsächlichen Kosten des Krankenhauses anzusetzen seien, da die Krankenkassen dann vom Verhandlungsgeschick der Krankenhäuser mit den Pharmaunternehmen abhingen. Die Berechnung erfolge vielmehr anhand einheitlicher Kriterien und Vergütungsstrukturen. Im letzten Satz der "Abrechnungsbestimmungen nach dem KHEntgG und der FPV 2014" des GKV-Spitzenverbands sei vorgesehen, dass nach den Kodierrichtlinien die mengenmäßigen Prozeduren zusammenzuzählen seien.
Das SG hat den Rechtsstreit im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil vom 31.10.2018 entschieden und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Abrechnungsbestimmungen seien wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung eines Vergütungstatbestands innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems streng nach ihrem Wortlaut auszulegen (BSG, Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R). Die wortlautorientierte Auslegung des ZE2014-98, Fußnote 8 ergebe eindeutig, dass zunächst die im Rahmen der Behandlung mit Blutgerinnungsfaktoren angefallenen Beträge je Prozedur zu ermitteln und diese dann zu addieren seien. Im zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob der Schwellenwert überschritten werde. Für die Annahme der Beklagte, dass bereits vorab bei jeder Prozedur mit Pauschalen zu arbeiten sei, finde sich keinerlei Raum.
Gegen das ihr am 4.12.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.12.2018 Berufung eingelegt und ihr Vorbringen vertieft. Das SG übersehe in seiner Entscheidung, die Formulierung des § 5 Abs. 2 Satz 5 FPV 2014, die es gerade für Fälle gebe, in denen kein Zusatzentgelt vereinbart worden sei. Da die Klägerin die OPS 8-810.ed, 8-810.jd und 8-810.68 und das verwendete Präparat jeweils einmal in ihrer Abrechnung zu Grunde gelegt habe, ergebe sich ein Gesamtbetrag von 1.800 EUR. Erst im nächsten Schritt sei dann die Fußnote 8 und die Frage zu prüfen, ob damit der Schwellenwert von 9.500 EUR überschritten werde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 31.10.2018 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils und ihr bisheriges Vorbringen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht mit Urteil vom 31.10.2018 stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der Vergütung für die Behandlung von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (std. Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, Rn. 8, juris m.w.N.).
Die Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2014 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i.V.m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, FPV für das Behandlungsjahr 2014) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG gemeinsam mit der KHG als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog (hier: G-DRG-Version 2014) einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in der FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG (BSG, Urteil vom 10.3.2015, B 1 KR 2/15 R). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung von Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der seit dem 1.1.1997 geltende Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vom 1.7.1991 (KÜV).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht, unabhängig von einer Kostenzusage, unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (st. Rspr., vergleiche BSG, Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 2/15 R).
Die Klägerin hat im vorliegenden Fall richtigerweise drei ZE2014-98 mit insgesamt 14.087,86 EUR abgerechnet. Denn sie war berechtigt, die Gaben der drei verschiedenen Blutgerinnungsfaktoren in Höhe der jeweiligen tatsächlichen Kosten zu berechnen und - da die Gesamtsumme den Schwellenwert überschritt - auch in Rechnung zu stellen.
Nach § 5 Abs. 1 FPV 2014 dürfen zusätzlich zu einer Fallpauschale oder zu den Entgelten nach § 6 Abs. 1 KHEntgG bundeseinheitliche Zusatzentgelte nach dem Zusatzentgelte-Katalog nach Anl. 2 bzw. 5 abgerechnet werden. Die Zusatzentgelte nach Satz 1 sind mit Inkrafttreten der Vereinbarung (§ 12) abrechenbar. Nach Abs. 2 vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG für die in Anl. 4 bzw. 6 genannten, mit dem bundeseinheitlichen Zusatzentgelte-Katalog nicht vergüteten Leistungen krankenhausindividuelle Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 1 KGEntgG. Diese können zusätzlich zu den DRG-Fallpauschalen oder den nach § 6 Abs. 1 KHEntgG vereinbarten Entgelten abgerechnet werden. Für die in Anl. 4 bzw. 6 gekennzeichneten Zusatzentgelte gilt § 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG entsprechend. Können für die Leistungen nach Anl. 4 bzw. 6 aufgrund einer fehlenden Vereinbarung für den Vereinbarungszeitraum 2014 noch keine krankenhausindividuellen Zusatzentgelte abgerechnet werden, sind für jedes Zusatzentgelt 600 EUR abzurechnen. Wurden für Leistungen nach Anl. 4 bzw. 6 im Jahr 2014 keine Zusatzentgelte vereinbart, sind im Einzelfall auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 S. 3 KHEntgG für jedes Zusatzentgelt 600 EUR abzurechnen.
In Anlage 4 des Zusatzentgelte-Katalogs 2014 ist das ZE2014-98 mit der Fußnote 8 versehen. In Fußnote 8 heißt es:
"Für die Jahre 2014 und 2015 gilt ein Schwellenwert i.H.v. 9500 EUR für die Summe der im Rahmen der Behandlung des Patienten für Blutgerinnungsfaktoren angefallenen Beträge. Ab Überschreitung dieses Schwellenwerts ist der gesamte für die Behandlung des Patienten mit Blutgerinnungsfaktoren angefallene Betrag abzurechnen. Ab dem Katalog 2016 wird der Schwellenwert bzw. werden die Schwellenwerte auf Grundlage der InEK-Kalkulation festgelegt."
Die für die Vergütung von Krankenhausbehandlungen geltenden Abrechnungsbestimmungen einschließlich der Regelungen über Zusatzentgelte sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb des vorgegebenen Vergütungssystems (des Krankenhausvergütungsrechts, siehe BSG, Urteil vom 17.11.2015 - B 1 KR 41/14 R - juris) eng am Wortlaut orientiert und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG, Urteil vom 18.7.2013 - B 3 KR 7/12 R - juris; zur Auslegung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts siehe BSG, Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 16/15 R und Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 15/14 R - beide juris). Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nämlich nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen lässt. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17 Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zu Tage tretenden Wertungswidersprüchen, Unrichtigkeiten und sonstigen Ungereimtheiten oder bei Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG, Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 26/13 R - juris). Die zuständigen Stellen haben es selbst in der Hand, durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs, der OPS-Kodes und der DKR ggf. Abhilfe zu schaffen (BSG, Urteil vom 18.7.2013; Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B).
Aus der zur Bildung des Schwellenwerts in Fußnote 8 zu ZE2014-98 gewählten Formulierung " ...Summe der ...angefallenen Beträge." ergibt sich für den Senat zwanglos, dass die tatsächlich für die Gabe der Blutgerinnungsfaktoren aufgewendeten Kosten zu addieren sind. Denn die Wortwahl impliziert, dass es je nach Einzelfall verschieden hohe Werte seien können. Der Wortlaut ergibt entgegen der Ansicht der Beklagten gerade nicht, dass die Gabe eines Blutgerinnungsfaktors stets mit 600 EUR zu berechnen und als einer der beiden Faktoren der Multiplikation in Ansatz zu bringen ist. Für eine solche Interpretation bedürfte es einer anderen Wortwahl (z.B. "Summe der Pauschalen", "Summe der Gaben von Blutgerinnungsfaktoren á 600 EUR").
An der Auslegung vermag auch der Umstand, dass bei einer fehlenden Vereinbarung der Beteiligten für das ZE2014-98 bei Errechnung des Schwellenwerts die in § 5 Abs. 2 FPV genannte Pauschale keine Anwendung findet, nichts zu ändern. Dadurch verliert die Regelung des § 5 Abs. 2 FPV in keiner Weise ihren Anwendungsbereich, gilt die Ausnahmeregelung der Fußnote 8 jedoch allein für das ZE2014-98.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) besteht nicht, da es sich zum einen um einen Einzelfall handelt und die Blutgerinnungsfaktoren zum anderen seit 2018 im Zusatzentgeltkatalog neu gefasst worden sind.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist gem. § 197a Abs. 1 Hlbs.1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 und Abs. 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.H.v 14.096,32 EUR festzusetzen.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung einer Krankenhausbehandlung i.H.v. Von 14.096,32 EUR. Die 1939 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte J T (fortan: Versicherte) wurde vom 2.6. - 4.6.2014 im Krankenhaus der Klägerin wegen eines Aortenaneurysmas stationär behandelt. Der Versicherten wurde am 3.6.2014 eine Stent-Prothese gesetzt. Dabei kam es zu einer Aortenruptur mit intraoperativer Reanimation und erschwerter Reparation der Aortenverletzung bei Einriss der rechten Nierenarterie und der Aorta mesenterica superior. Nach hochdosierter Gabe von Katecholaminen wurde die Versicherte auf die Intensivstation verlegt. Dort wurde eine Revision mit Bauchtuchtamponade erforderlich. Die Versicherte wurde unter hoher Substitution von Gerinnungsfaktoren und Blutprodukten stabilisiert. Sie verstarb am Folgetag bei der Bauchtuchentfernung an einer Darmischämie.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten gab es jedenfalls für das Jahr 2014 keine Vereinbarung für das Zusatzentgelt ZE2014-98 (Gabe von Blutgerinnungsfaktoren).
Die Klägerin berechnete der Beklagten am 12.6.2014 unter Zugrundelegung der DRG (Diagnosis Related Group) F42Z insgesamt 38.412,66 EUR, wobei sie dreimal das Zusatzentgelt ZE2014-98 in Ansatz brachte (Teilbeträge: 4.519 EUR, 3.850,77 EUR und 5.718,09 EUR). Die Beklagte wies die Rechnung am 8.7.2014 zurück. Da das ZE2014-98 nicht vereinbart sei, könne die Klägerin nach der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) nur dreimal 600 EUR (= 1.800 EUR) abrechnen. Da dieser Betrag aber unterhalb des in Anlage 4 Fußnote 8 der FPV vorgesehenen Schwellenwerts von 9.500 EUR liege, habe sie gar nichts zu zahlen.
Die Beklagte leistete am 14.11.2014 zunächst eine Abschlagszahlung i.H.v. 5.228,61 EUR auf die DRG F43B ohne Zusatzentgelte. Dr. S vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) bestätigte im Mai 2015, dass die Zusatzentgelte ZE2014-98 belegt seien und die Rechnung richtig sei. Daraufhin stornierte die Beklagte am 19.6.2015 ihre erste Zahlung und wies am 22.6.2016 nach der DRG F42Z 4 Abschlagszahlungen i.H.v. insgesamt 21.948,79 EUR ohne Zusatzentgelte an. Der weiterhin offene Betrag von 16.463,87 EUR setzte sich aus 2.367,55 EUR (für die von der Beklagten zunächst angenommene Überschreitung der Grenzverweildauer) sowie aus den streitigen 14.096,32 EUR (die drei streitigen Zusatzentgelte zuzüglich 8,46 EUR [Differenz des von der Klägerin geltend gemachten Zuschlags "Hygiene-Förderprogramm nach § 4 Abs. 11 KHEntgG" in Höhe von 22,88 EUR und dem von der Beklagten tatsächlich hierauf gezahlten Betrag von 14,42 EUR]) zusammen.
Mit ihrer am 21.12.2015 erhobenen Klage hat die Klägerin betont, dass nach § 5 Abs. 1 FPV 2014 zusätzlich zu einer Fallpauschale oder zu den Entgelten nach § 6 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) bundeseinheitliche Zusatzentgelte nach dem Katalog nach Anlage 2 bis 5 abgerechnet werden dürften. Nach § 5 Abs. 2 FPV vereinbarten die Vertragsparteien krankenhausindividuelle Zusatzentgelte für die nach dem bundeseinheitlichen Zusatzentgelte-Katalog nicht vergüteten Leistungen. Das hier streitige ZE2014-98 finde sich in Anlage 6 des Katalogs. Da hier keine Vereinbarungen zwischen den Beteiligten getroffen worden seien, sei § 5 Abs. 2 Satz 4 und 5 einschlägig, wonach eigentlich für jedes Zusatzentgelt 600 EUR abzurechnen seien. Nach Fußnote 8 zum Zusatzentgelt ZE2014-98 gebe es für die Behandlung von Patienten mit Blutgerinnungsfaktoren einen Schwellenwert von 9.500 EUR. Ab dessen Überschreitung sei der gesamte für die Behandlung des Patienten angefallene Betrag zu berechnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten setze sich der Schwellenwert nämlich nicht aus den 600 EUR-Pauschalen nach § 5 Abs. 2 Satz 4 und 5 FPV zusammen. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Fußnote 8. Zum anderen gehe die Division nicht glatt auf, wenn der Schwellenwert durch 600 dividiert werde (15,83). Es sei auch kaum vorstellbar, dass man 15,83 Blutgerinnungsfaktoren in einer einzigen Behandlung verabreichen müsse, um den Schwellenwert zu erreichen. Die "Abrechnungsbestimmungen nach den KHEntgG und der FPV 2014" seien nicht allgemeinverbindlich, da die Deutsche Krankenhausgesellschaft hieran nicht beteiligt gewesen sei. Für ihre Auffassung spreche auch der InEK-Abschlussbericht 2014, aus dem sich ergebe, dass der Schwellenwert für das streitige Zusatzentgelt auf 9.500 EUR abgesenkt und die Formulierung für die Berechnung von "je Gerinnungsfaktor" in "Gabe von Gerinnungsfaktoren je Fall" geändert worden sei.
Nachdem Dr. S vom MDK in einem weiteren Gutachten aus Juni 2016 die Verweildauer bestätigt hatte, hat die Beklagte am 28.6.2016 einen weiteren Teilbetrag von 2.367,55 EUR gezahlt. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.096,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 23.6.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat daran festgehalten, dass für die Berechnung des Schwellenwerts nicht die tatsächlichen Kosten des Krankenhauses anzusetzen seien, da die Krankenkassen dann vom Verhandlungsgeschick der Krankenhäuser mit den Pharmaunternehmen abhingen. Die Berechnung erfolge vielmehr anhand einheitlicher Kriterien und Vergütungsstrukturen. Im letzten Satz der "Abrechnungsbestimmungen nach dem KHEntgG und der FPV 2014" des GKV-Spitzenverbands sei vorgesehen, dass nach den Kodierrichtlinien die mengenmäßigen Prozeduren zusammenzuzählen seien.
Das SG hat den Rechtsstreit im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil vom 31.10.2018 entschieden und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Abrechnungsbestimmungen seien wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung eines Vergütungstatbestands innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems streng nach ihrem Wortlaut auszulegen (BSG, Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R). Die wortlautorientierte Auslegung des ZE2014-98, Fußnote 8 ergebe eindeutig, dass zunächst die im Rahmen der Behandlung mit Blutgerinnungsfaktoren angefallenen Beträge je Prozedur zu ermitteln und diese dann zu addieren seien. Im zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob der Schwellenwert überschritten werde. Für die Annahme der Beklagte, dass bereits vorab bei jeder Prozedur mit Pauschalen zu arbeiten sei, finde sich keinerlei Raum.
Gegen das ihr am 4.12.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.12.2018 Berufung eingelegt und ihr Vorbringen vertieft. Das SG übersehe in seiner Entscheidung, die Formulierung des § 5 Abs. 2 Satz 5 FPV 2014, die es gerade für Fälle gebe, in denen kein Zusatzentgelt vereinbart worden sei. Da die Klägerin die OPS 8-810.ed, 8-810.jd und 8-810.68 und das verwendete Präparat jeweils einmal in ihrer Abrechnung zu Grunde gelegt habe, ergebe sich ein Gesamtbetrag von 1.800 EUR. Erst im nächsten Schritt sei dann die Fußnote 8 und die Frage zu prüfen, ob damit der Schwellenwert von 9.500 EUR überschritten werde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 31.10.2018 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils und ihr bisheriges Vorbringen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht mit Urteil vom 31.10.2018 stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der Vergütung für die Behandlung von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (std. Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, Rn. 8, juris m.w.N.).
Die Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2014 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i.V.m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, FPV für das Behandlungsjahr 2014) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG gemeinsam mit der KHG als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog (hier: G-DRG-Version 2014) einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in der FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG (BSG, Urteil vom 10.3.2015, B 1 KR 2/15 R). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung von Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der seit dem 1.1.1997 geltende Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vom 1.7.1991 (KÜV).
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht, unabhängig von einer Kostenzusage, unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist (st. Rspr., vergleiche BSG, Urteil vom 10.3.2015 - B 1 KR 2/15 R).
Die Klägerin hat im vorliegenden Fall richtigerweise drei ZE2014-98 mit insgesamt 14.087,86 EUR abgerechnet. Denn sie war berechtigt, die Gaben der drei verschiedenen Blutgerinnungsfaktoren in Höhe der jeweiligen tatsächlichen Kosten zu berechnen und - da die Gesamtsumme den Schwellenwert überschritt - auch in Rechnung zu stellen.
Nach § 5 Abs. 1 FPV 2014 dürfen zusätzlich zu einer Fallpauschale oder zu den Entgelten nach § 6 Abs. 1 KHEntgG bundeseinheitliche Zusatzentgelte nach dem Zusatzentgelte-Katalog nach Anl. 2 bzw. 5 abgerechnet werden. Die Zusatzentgelte nach Satz 1 sind mit Inkrafttreten der Vereinbarung (§ 12) abrechenbar. Nach Abs. 2 vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG für die in Anl. 4 bzw. 6 genannten, mit dem bundeseinheitlichen Zusatzentgelte-Katalog nicht vergüteten Leistungen krankenhausindividuelle Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 1 KGEntgG. Diese können zusätzlich zu den DRG-Fallpauschalen oder den nach § 6 Abs. 1 KHEntgG vereinbarten Entgelten abgerechnet werden. Für die in Anl. 4 bzw. 6 gekennzeichneten Zusatzentgelte gilt § 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG entsprechend. Können für die Leistungen nach Anl. 4 bzw. 6 aufgrund einer fehlenden Vereinbarung für den Vereinbarungszeitraum 2014 noch keine krankenhausindividuellen Zusatzentgelte abgerechnet werden, sind für jedes Zusatzentgelt 600 EUR abzurechnen. Wurden für Leistungen nach Anl. 4 bzw. 6 im Jahr 2014 keine Zusatzentgelte vereinbart, sind im Einzelfall auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 S. 3 KHEntgG für jedes Zusatzentgelt 600 EUR abzurechnen.
In Anlage 4 des Zusatzentgelte-Katalogs 2014 ist das ZE2014-98 mit der Fußnote 8 versehen. In Fußnote 8 heißt es:
"Für die Jahre 2014 und 2015 gilt ein Schwellenwert i.H.v. 9500 EUR für die Summe der im Rahmen der Behandlung des Patienten für Blutgerinnungsfaktoren angefallenen Beträge. Ab Überschreitung dieses Schwellenwerts ist der gesamte für die Behandlung des Patienten mit Blutgerinnungsfaktoren angefallene Betrag abzurechnen. Ab dem Katalog 2016 wird der Schwellenwert bzw. werden die Schwellenwerte auf Grundlage der InEK-Kalkulation festgelegt."
Die für die Vergütung von Krankenhausbehandlungen geltenden Abrechnungsbestimmungen einschließlich der Regelungen über Zusatzentgelte sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb des vorgegebenen Vergütungssystems (des Krankenhausvergütungsrechts, siehe BSG, Urteil vom 17.11.2015 - B 1 KR 41/14 R - juris) eng am Wortlaut orientiert und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG, Urteil vom 18.7.2013 - B 3 KR 7/12 R - juris; zur Auslegung des vertragsärztlichen Vergütungsrechts siehe BSG, Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 16/15 R und Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 15/14 R - beide juris). Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nämlich nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen lässt. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17 Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zu Tage tretenden Wertungswidersprüchen, Unrichtigkeiten und sonstigen Ungereimtheiten oder bei Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG, Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 26/13 R - juris). Die zuständigen Stellen haben es selbst in der Hand, durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs, der OPS-Kodes und der DKR ggf. Abhilfe zu schaffen (BSG, Urteil vom 18.7.2013; Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B).
Aus der zur Bildung des Schwellenwerts in Fußnote 8 zu ZE2014-98 gewählten Formulierung " ...Summe der ...angefallenen Beträge." ergibt sich für den Senat zwanglos, dass die tatsächlich für die Gabe der Blutgerinnungsfaktoren aufgewendeten Kosten zu addieren sind. Denn die Wortwahl impliziert, dass es je nach Einzelfall verschieden hohe Werte seien können. Der Wortlaut ergibt entgegen der Ansicht der Beklagten gerade nicht, dass die Gabe eines Blutgerinnungsfaktors stets mit 600 EUR zu berechnen und als einer der beiden Faktoren der Multiplikation in Ansatz zu bringen ist. Für eine solche Interpretation bedürfte es einer anderen Wortwahl (z.B. "Summe der Pauschalen", "Summe der Gaben von Blutgerinnungsfaktoren á 600 EUR").
An der Auslegung vermag auch der Umstand, dass bei einer fehlenden Vereinbarung der Beteiligten für das ZE2014-98 bei Errechnung des Schwellenwerts die in § 5 Abs. 2 FPV genannte Pauschale keine Anwendung findet, nichts zu ändern. Dadurch verliert die Regelung des § 5 Abs. 2 FPV in keiner Weise ihren Anwendungsbereich, gilt die Ausnahmeregelung der Fußnote 8 jedoch allein für das ZE2014-98.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) besteht nicht, da es sich zum einen um einen Einzelfall handelt und die Blutgerinnungsfaktoren zum anderen seit 2018 im Zusatzentgeltkatalog neu gefasst worden sind.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist gem. § 197a Abs. 1 Hlbs.1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 und Abs. 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.H.v 14.096,32 EUR festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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