Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 913/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 695/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom
1. Dezember 2013 bis 30. April 2014, insbesondere die Frage, ob die Klägerin Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist.
Die 1968 geborene Klägerin befindet sich seit längerem beim Beklagten im Leistungsbezug. Sie ist Mieterin einer Wohnung in 06766 W., Gutenbergstraße 6, im ersten Obergeschoss. Nach der Mietbescheinigung des Vermieters Hagen R. vom 31. Januar 2014 besteht das Mietverhältnis seit 1. November 2009. Die Wohnung hat eine Gesamtwohnfläche von 69 m², die Anzahl der Bewohner ist mit zwei Personen angegeben. Die Gebäudefläche des 1925 erbauten Mehrfamilienwohnhauses, in dem sich die Wohnung befindet, beträgt 451 m². Die Gesamtmiete belief sich im streitigen Zeitraum auf 290 EUR, wovon 190 EUR auf die Grundmiete entfielen (5,50 EUR pro Quadratmeter), 53,00 EUR auf die kalten Betriebskosten (unter anderem Trinkwasser, Abwasser, Müllentsorgung, Hausverwaltung), 23,50 EUR auf die Heizkosten und 23,50 EUR auf Warmwasser. Bei der zweiten Bewohnerin der Wohnung handelt es sich um die ebenfalls 1968 geborene Thurid Pfennig, die über einen gleichlautenden Mietvertrag, ebenfalls ab 1. November 2009, verfügt. Auch sie befindet sich seit längerem beim Beklagten in Leistungsbezug. Die Gesamtkosten der Wohnung beliefen sich für den Zeitraum von Dezember 2013 bis April 2014 auf 580 EUR (290 × 2).
Der Beklagte regelte die Leistungsansprüche der Klägerin und ihrer Mitbewohnerin Pfennig jahrelang jeweils als Einzelbedarfsgemeinschaften, u.a. mit vorläufigem Bescheid für die Klägerin vom 11. April 2013 für den Leistungszeitraum vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013. Mit diesem Bescheid setzte der Beklagte die Leistungen auf jeweils monatlich 620,00 EUR fest, wobei 382,00 EUR auf den Regelbedarf nach § 20 SGB II entfielen, 190,00 EUR auf die Miete, 53,00 EUR auf die Nebenkosten und 47,00 EUR auf die Heizkosten. Einen Abzug von 52,00 EUR nahm der Beklagte für die von der Klägerin im streitigen Zeitraum ausgeübte Nebentätigkeit mit einem Einkommen von jeweils monatlich 165,00 EUR vor (165 minus 113 [Freibetrag nach § 11 b Abs. 3 SGB II] = 52). Die Kosten für die Unterkunft erkannte der Beklagte in voller Höhe an. Die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung stützte er auf das Einkommen der Klägerin und den Bedarf für Unterkunft und Heizung wegen der beabsichtigten Anrechnung eines Guthabens aus einer Betriebskostenabrechnung.
Nachdem der Beklagte Ermittlungen zum Zahlungsverkehr über Konten der Klägerin und der Mieterin Pfennig durchgeführt hatte, forderte er die Klägerin mit Schreiben vom 1. August 2013 auf, die Anlage VE einzureichen, damit der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II überprüft werden könne. Wörtlich teilte er außerdem folgendes mit: "Auf Ihren eingereichten Kontoauszügen ist kein Zahlungsverkehr ersichtlich. Da Ihr gesamter Zahlungsverkehr über das Konto von Frau P. läuft und Sie bereits länger als ein Jahr zusammenleben, liegen mehrere Indizien dafür vor, dass Sie mit Frau P. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft leben. Die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Einstehensgemeinschaft kann von Ihnen widerlegt werden. Sie haben dann geeignete Nachweise vorzulegen, die der Vermutung der Lebenswirklichkeit widersprechen." Hierauf antwortete die Klägerin mit einem als "Eidesstattliche Versicherung" bezeichneten Schreiben vom 5. August 2013, sie habe keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit Frau P ... Beide bewohnten zusammen die Wohnung in W. in der Gutenbergstraße 6. Sie wirtschafteten nicht aus einem Topf. Jeder habe seinen eigenen Mietvertrag sowie eigene Versicherungen und Konten.
Mit internem Prüfvermerk vom 26. August 2013 stellte der Beklagte fest, es werde aufgrund der Indizien ab 1. September 2013 eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft unterstellt. Indizien seien das Zusammenleben der Klägerin mit Frau P. in einem gemeinsamen Haushalt seit 2004. Die Miete werde für beide Personen vom Konto der Frau P. gezahlt, Wohnungsaufteilung bzw. Wohnverhältnisse hätten bislang nicht geprüft werden können, da kein Hausbesuch ermöglicht worden sei. Frau P. besitze zwei Autos, von denen eines die Klägerin nutze, obwohl Frau P. auch für dieses Fahrzeug Versicherung und Steuern zahle. Gutschriften aus Betriebskostenabrechnungen gingen stets auf das Konto der Frau P., obwohl getrennte Mietverträge bestünden und demzufolge auch die Abrechnungen der Betriebskosten getrennt vorgenommen würden. Die Klägerin sei Inhaberin eines Pfändungsschutz-Kontos (P-Konto) und gebe an, von diesem Konto keine Online-Überweisungen tätigen zu können. Dies widerspreche dem Ergebnis einer Internetrecherche und Aussagen anderer Kunden, wonach Online-Überweisungen auch mit einem P-Konto möglich seien. Die Klägerin hebe monatlich nach dem Eingang der Leistungszahlungen die jeweiligen Beträge ab und übergebe diese an Frau P. zur Begleichung von Rechnungen, jedoch deckten sich Einnahmen und Ausgaben nicht.
Mit Bescheid vom 26. August 2013 setzte der Beklagte die vorläufige Bewilligung mit Bescheid vom 1. April 2013 endgültig fest und berücksichtigte für Juli 2013 ein Guthaben aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2012 in Höhe von 247,26 EUR. Mit weiterem vorläufigen Änderungsbescheid vom selben Tag hob der Beklagte den Bescheid vom
11. April 2013 mit Wirkung für die Zukunft ab 1. September 2013 auf und gab zur Begründung an, ab September 2013 sei Frau P. in die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin aufzunehmen, da beide seit 2004 in einem Haushalt lebten und nach Aktenlage gemeinsam wirtschafteten. Die Indizien seien nicht widerlegt worden. Die Leistungshöhe betrug für die gesamte Bedarfsgemeinschaft 641,14 EUR (jeweils 320,57 EUR für die Klägerin und Frau P.), wobei diesen Beträgen ein Regelbedarf von jeweils 345,00 EUR und ein unveränderter Mietanteil von jeweils 290 EUR zu Grunde lag. Vom daraus resultierenden Gesamtbedarf von 635,00 EUR setzte der Beklagte das von beiden erzielte geringfügige Erwerbseinkommen von monatlich 165,00 EUR nach Berücksichtigung eines Freibetrages von 113,00 EUR ab. Außerdem berücksichtigte er sonstige Einnahmen in Höhe von monatlich 524,86 EUR aufgrund der Ermittlungen zu Zahlungseingängen auf das Konto von Frau P ...
Schließlich hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2013 im Kostensenkungsverfahren zu den unangemessenen Kosten ihrer Unterkunft an und teilte ihr die gemäß der Richtlinie des Landkreises Anhalt-B. seit 1. April 2012 geltenden angemessenen Kosten der Unterkunft für Grundmiete und Betriebskosten mit. Nach den Vorgaben der Richtlinie überschritten die Mietkosten die angemessenen Werte um 135,60 EUR (jeweils 67,80 EUR für die Klägerin und für Frau P.). Die unangemessenen Kosten würden nur noch bis 30. November 2013 übernommen. Für den anschließenden Zeitraum werde nur noch der aus der Tabelle ersichtliche Unterkunftsbedarf geleistet.
Zu der Frage einer Bedarfsgemeinschaft von Frau P. mit der Klägerin führte Frau P. vor dem SG ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren unter dem Aktenzeichen S 19 AS 1575/13 ER durch, das nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung mit Zeugenvernehmung am 3. September 2013 mit rechtskräftigem Beschluss des SG vom 24. September 2013 beendet wurde. Das SG sprach der Antragstellerin Pfennig vorläufig weitere Leistungen für Juli 2013 in Höhe von 240,05 EUR und für August bis Oktober 2013 in Höhe von monatlich weiteren 262,43 EUR zu, wies den Antrag im Übrigen aber ab. In den Gründen führte das SG u. a. aus, die Antragstellerin bilde mit Frau S. eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c, Abs. 3a SGB II. Nach Vernehmung von Zeugen und unter Berücksichtigung weiterer Indizien stehe fest, dass beide Personen seit rund acht Jahren eine partnerschaftliche Beziehung führten, die von einer gewissen Ausschließlichkeit geprägt sei und daneben keine vergleichbare Lebensgemeinschaft zulasse. Die bei den beiden Kfz verwendeten Kennzeichen ABI-AT 22 und BTF-AT 22 ließen darauf schließen, dass die Anfangsbuchstaben der Vornamen von Frau S. und der Antragstellerin verwendet worden seien. Gegenüber dem Kfz-Versicherer sei angegeben worden, die Fahrzeuge würden ausschließlich vom Versicherungsnehmer und Ehepartner genutzt. Dies spreche für eine Verbundenheit der beiden Frauen ... Der Umstand, dass die Unterhaltskosten für ein Fahrzeug von der Antragstellerin getragen, das Auto aber von Frau S. genutzt werde, spreche für die wirtschaftliche Verflechtung beider Personen.
Mit vorläufigen Bescheiden vom 23. Oktober 2013 und 4. November 2013 regelte der Beklagte den Leistungszeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 und behandelte die Klägerin und Frau P. weiterhin als Mitglieder derselben Bedarfsgemeinschaft. Wesentlicher Regelungsgehalt des Bescheides vom 23. Oktober 2013 war die Berücksichtigung sonstiger Einkünfte in Höhe von 524,86 EUR monatlich sowie eine Kürzung der Kosten der Unterkunft wegen Unangemessenheit, während dem Bescheid vom 4. November 2013, mit dem der Beklagte den Bescheid vom 23. Oktober 2013 wegen des Beschlusses des SG vom 24. September 2013 aufhob, im Wesentlichen die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und Frau P. sowie die Unangemessenheit der Wohnkosten ab Dezember 2013 zu Grunde lag.
Wegen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau P. führte auch die Klägerin ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem SG unter dem Aktenzeichen S 14 AS 2584/13 ER durch, das mit dem Beschluss des SG vom 27. November 2013 rechtskräftig beendet wurde. Auch in diesem Verfahren ging das SG vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und Frau P. aus, da beide Frauen ... bereits gleichgeschlechtliche Partner gehabt hätten, beide die gemeinsame Unterkunft bereits zweimal gemeinsam gewechselt hätten und beide bislang keinen Hausbesuch durch Mitarbeiter des Beklagten zugelassen hätten. Die Annahme einer Wohngemeinschaft sei vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihren Angaben zufolge das Durchgangszimmer zur Küche alleine bewohne, abwegig. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft hatte das einstweilige Rechtsschutzverfahren für die Klägerin allerdings teilweise Erfolg, da das SG ihr einen weiteren Leistungsanspruch in Höhe von monatlich 67,80 EUR für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2014 und für die Monate März und April 2014 in Höhe von monatlich 33,80 EUR zusprach. Dieses Ergebnis hatte zur Folge, dass die Klägerin für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2013 Anspruch auf volle Übernahme des auf sie entfallenden Anteils an den Kosten der Unterkunft hatte und für die beiden folgenden Monate März und April 2014 noch auf der Grundlage der Tabelle zu § 12 WoGG nebst Zuschlag in Höhe von 10 %.
In Umsetzung des ER-Beschlusses des SG vom 27. November 2013 erließ der Beklagte den vorläufigen Änderungsbescheid vom 19. Dezember 2013, hob den Bescheid vom 4. November 2013 mit Wirkung vom 1. Dezember 2013 gemäß § 40 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III und § 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 SGB X auf und regelte folgende Änderung: "Nachzahlung Kosten der Unterkunft für den Zeitraum 1.12.2013 bis 28.2.2014 in Höhe von 67,80 EUR und vom 1.3.2014 bis 30.4.2014 in Höhe von 33,80 EUR". Danach ergab sich für die Klägerin und Frau P. ein jeweiliger Leistungsbetrag von 549,10 EUR, mithin insgesamt von 1.098,20 EUR, für Dezember 2013, für Januar und Februar 2014 von jeweils 557,10 EUR (insgesamt 1.114,20 EUR) und für März und April 2014 von jeweils 540,10 EUR (insgesamt 1.080,20 EUR). Dabei lagen die anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung bei 418,20 EUR monatlich für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2014 und bei 384,20 EUR für die Monate März und April 2014. Hierbei berücksichtigte der Beklagte einen zusätzlichen Leistungsanspruch der Klägerin von 67,80 EUR für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2014 und in Höhe von 33,80 EUR für die Monate März und April 2014. Demgegenüber beließ er den Anteil von Frau P. an den Kosten der Unterkunft auf der Höhe der mit den Bescheiden vom 23. Oktober 2013 und 4. November 2013 festgesetzten Beträgen, denen ein Kürzungsbetrag von 67,80 EUR wegen Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft zu Grunde lag. Dass für beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Leistungsbeträge für die Monate Dezember 2013 bis April 2014 dennoch gleich hoch waren, beruhte auf der Aufteilung der Kosten der Unterkunft nach Kopfteilen, sodass der Teilerfolg der Klägerin im ER-Verfahren durch den Beschluss des SG vom 27. November 2013 zur Hälfte auch dem Anteil von Frau P. zu Gute kam, deren Anteil an den Kosten der Unterkunft aber wegen Unangemessenheit in Höhe von 67,80 EUR gemindert blieb, was wegen des Kopfteilungsprinzips auch auf den Anteil der Klägerin durchschlug.
Gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2013 legte die Klägerin erfolglos Widerspruch ein (Widerspruchsbescheid vom 13. März 2014, endgültige Festsetzung mit Bescheid vom 2. April 2014). Mit ihrer dagegen am 11. April 2014 vor dem SG erhobenen Klage hat die Klägerin (ebenso wie Frau P.) ihr Begehren weiterverfolgt und vorgetragen, der Bescheid vom 19. Dezember 2013 sei rechtswidrig, weil sie und Frau P. nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, sondern lediglich eine Wohngemeinschaft bildeten. Mehrfach hätten sie darauf hingewiesen, zum Zwecke der Kostenminimierung eine Wohnung zu teilen, aber keine Partner zu sein. Der Beklagte habe nichts Gegenteiliges festgestellt. Beide Klägerinnen wirtschafteten nicht aus einem Topf. Sie trügen ihre Verbindlichkeiten, auch die Miete, jeweils selbst, hätten eigene Versicherungsverträge, eigene Mietverträge und verfügten über eigene Girokonten. Die Klägerin habe zwar ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto, könne von diesem aber keine Online-Überweisungen tätigen, sondern nur Barabhebungen und Überweisungen am Bankschalter vornehmen. Die Zahlungen an die jeweiligen Vertragspartner seien umständlich und zeitraubend, weshalb sie sich mit Zustimmung von Frau P. für den einfachen Weg entschieden habe, nämlich Online-Überweisungen bequem von Zuhause aus zu erledigen. Zu diesem Zweck zahle die Klägerin vor der unmittelbaren Überweisung durch Frau P. einen Geldbetrag in Höhe ihrer Verbindlichkeiten auf das Konto von Frau P. ein. Dies führe allerdings nicht dazu, dass beide als Partnerinnen anzusehen sein. Die Klägerinnen seien lediglich sehr gut befreundet und bereits seit der Lehrzeit miteinander bekannt. Nach der Scheidung der Frau P. von ihrem Ehemann hätten sich die Klägerinnen zufällig wieder getroffen und über die jeweiligen Wohnsituationen gesprochen. Frau P. habe damals mit ihrer Tochter bei einer Freundin gewohnt und die Klägerin habe sich mit Frau C. Müller eine Wohnung geteilt. Nach dem Auszug der Frau M. seien zwei Wohnräume in der Wohnung der Klägerin freigeworden, die sie Frau P. und ihrer Tochter angeboten habe. Es treffe zu, dass Frau P. mit der Freundin, bei der sie mit ihrer Tochter einige Zeit gelebt habe, eine eingetragene Lebenspartnerschaft gehabt habe. Dies sei aufgrund mehrerer Missverständnisse zustande gekommen, da weder Frau P. noch die damalige Partnerin lesbisch seien. Nach ca. einem Jahr der Lebenspartnerschaft hätten beide festgestellt, dass sie einem Irrtum unterlegen waren, nicht lesbisch seien, und hätten sich schließlich getrennt.
Bereits mit Bescheid vom 2. April 2014 hat der Beklagte die mit Bescheid vom 4. November 2013 für die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin (mit Frau P.) vorläufig bewilligten Leistungen unter Berücksichtigung von Einkommen in nachgewiesener Höhe endgültig für die Monate November 2013 bis April 2014 in Höhe von 1.166,00 EUR für November 2013 (jeweils 583,00 EUR), 1.098,20 EUR für Dezember 2013 (jeweils 549,10 EUR), 1.119,00 EUR für Januar 2014 (jeweils 559,50 EUR und 1.085,00 EUR jeweils für März und April 2014 (jeweils 542,50 EUR) festgesetzt, was zu einer Gesamtnachzahlung in Höhe von 19,20 EUR führte. Gegenüber dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2013 ergaben sich durch die endgültige Festsetzung Änderungen hinsichtlich des Nebeneinkommens für beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Es belief sich ab Januar 2014 nicht mehr auf 165,00, sondern auf 162,00 EUR. Im Übrigen beließ es der Beklagte bei der Berechnung wie im Bescheid vom 19. Dezember 2013, d.h. er ließ die Verpflichtung durch den Beschluss des SG vom 27. November 2013 hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin (höhere Kosten der Unterkunft) weiter gegen sich gelten.
Das SG hat am 9. Mai 2018 eine nichtöffentliche Sitzung zu neun anhängigen Verfahren der Klägerin und Frau P. mit den Aktenzeichen S 14 AS 913/14 (= vorliegendes Verfahren), S 14 AS 1533/15, S 14 AS 813/16, S 14 AS 2123/14, S 14 AS 3303/14, S 14 AS 2455/15, S 14 AS 1523/15, S 14 AS 784/16 und S 14 AS 2443/15 durchgeführt und nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 14. Mai 2018 das Frau P. betreffende Klageverfahren vom vorliegenden Verfahren abgetrennt.
In der mündlichen Verhandlung vom 8. August 2018 hat das SG sechs Zeugen vernommen, hinsichtlich deren Aussagen auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 282-296 der Gerichtsakte) verwiesen wird. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 in der Fassung des Festsetzungsbescheides vom 2. April 2014 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 30. April 2014 in Höhe von 392,50 EUR zu zahlen. Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 8. August 2018 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin bilde mit Frau P. eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c, Abs. 3a SGB II. Zur Bedarfsgemeinschaft gehöre danach eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebe, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dies werde gemäß § 7 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Nach Nr. 4 gelte dies auch dann, wenn Partner befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes, dessen fehlende Widerlegung und schließlich das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft ergäben sich hier aus einer Gesamtschau und Würdigung des Akteninhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung. Die Annahme einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft folge insbesondere aus der Aussage der Zeugin U., der Tochter der Zeugen Pfennig. Diese Zeugin habe glaubhaft ausgeführt, dass sich ihre Mutter von der damaligen Lebenspartnerin, Frau M., getrennt habe, und zwar im Hinblick auf das "Näherkommen" zwischen der Klägerin und der Zeugin P., welches dann 2004 oder 2005 auch zum erstmaligen Zusammenzug in Wolfen geführt habe. Für die Zeugin sei es ihren Angaben zufolge von vornherein klar gewesen, dass es sich bei den beiden Frauen ... um eine Paarbeziehung gehandelt habe, denn sie hätten in einem gemeinsamen Bett geschlafen und auch Zärtlichkeiten ausgetauscht. Zu würdigen seien auch weitere Umstände, wie die Kfz-Kennzeichen mit den Initialen der Vornamen der Klägerin und der Zeugin P. und die Angabe gegenüber der Versicherung bezüglich der Nutzung des Fahrzeuges. Die Begründung für die Gestaltung des Autokennzeichens eines 2010 auf die Zeugin P. zugelassenen PKW mit dem schon Jahre zuvor ("2004 oder 2005") aufgegebenen väterlichen Betrieb sei für die Kammer nicht plausibel. Die Nutzung des Fahrzeugs, das der Zeugin P. gehöre, durch die Klägerin zeige eine enge wirtschaftliche Verflechtung der beteiligten Personen auf. Denn Versicherungsnehmerin sei die Zeugin P., weshalb ihr Schadensfreiheitrabatt nach einem Unfall hochgestuft werden würde, ohne dass sie von der Klägerin hierfür eine entsprechende Kompensation zu erwarten hätte. Die Klägerin habe auch bestätigt, in der jetzigen Wohnung ein Durchgangszimmer zur Küche zu bewohnen, was deutlich für eine mangelnde Abgrenzung der jeweiligen Privatsphären spreche. Eine solche Abgrenzung sei innerhalb einer festen Partnerschaft aber auch nicht erforderlich. Dies spreche dafür, dass hier eine Partnerschaft gegeben sei. Es möge sein, dass jedes einzelne Indiz für sich genommen nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer Partnerschaft schließen lasse. Indizien seien mehrfache gemeinsame Umzüge, lange Dauer des gemeinsamen Wohnens, Durchgangszimmer, gemeinsame Urlaube, Kfz-Kennzeichen, Angaben gegenüber der Versicherung und unentgeltliche Nutzung des PKW der Zeugin P. durch die Klägerin. In Summe verdichteten sich diese Indizien aber zu einem entsprechenden Gesamtbild, das durch die Angaben der Zeugin verdeutlicht werde. Dieses Gesamtbild sei durch die Angaben der Zeugin P. nicht erschüttert worden.
Die Klägerin wendet sich gegen das ihr am 7. September 2018 zugestellte Urteil mit der am 28. September 2018 vom SG im Urteil ausdrücklich zugelassenen Berufung. Sie macht weiterhin die Rechtswidrigkeit der Einstufung als Bedarfsgemeinschaft mit Frau P. geltend und wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. August 2018 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 und den Bescheid vom 2. April 2014 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den Leistungszeitraum vom
1. Dezember 2013 bis 30. April 2014 weitere Leistungen in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung und seine Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeuginnen P. und U. Wegen der Einzelheiten des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. Juli 2020 verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG für den Senat gemäß § 144 Abs. 3 SGG bindend zugelassene Berufung ist von der Klägerin form- und fristgerecht erhoben worden.
Die Klage richtet sich nur noch gegen den Bescheid des Beklagten vom 2. April 2014, der den vorläufigen Bescheid vom 19. Dezember 2013 und den Widerspruchsbescheid vom
13. März 2014 im Sinne von § 96 SGG ersetzt hat. Denn eine abschließende (endgültige) Entscheidung ersetzt und erledigt mit ihrem Erlass eine vorläufige Entscheidung über den Leistungsanspruch, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung bedarf (BSG, Urteil vom 5. Juli 2017 – B 14 AS 36/16 R –, SozR 4-1500 § 86 Nr. 3, RdNr. 15 m.w.N. Dem auf Änderung des Bescheides vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 gerichteten Klageantrag kommt demnach nur noch deklaratorische Bedeutung zu.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der endgültige Festsetzungsbescheid vom 2. April 2014, gegen den sich die Klägerin zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 und 4 i. V. m. § 56 SGG) wendet, erweist sich hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Ansprüche als rechtens und greift daher nicht rechtswidrig in ihre geschützten Rechte ein.
Streitbefangen ist der Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 30. April 2014, weil mit dem streitigen Bescheid nur über Leistungsansprüche in diesem Zeitraum entschieden wurde. In diesem Zeitraum hat die Klägerin keinen Anspruch auf höhere Leistungen.
Die Klägerin begehrt zunächst als höhere Leistung den Regelbedarf für eine alleinstehende Person nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II statt des nur bewilligten geringeren Regelbedarfs nach § 20 Abs. 4 SGB II. Zusätzlich begehrt sie aber auch höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft, da diese für den Leistungszeitraum ab März 2014 hinter den tatsächlichen Kosten der Unterkunft zurückbleiben. Die Differenz beim Regelsatz beträgt für Dezember 2013 37 EUR (345 zu 382) und für die Monate Januar bis April 2014 jeweils 38 EUR (391 zu 353). Die Kürzung der KdU beläuft sich für die Monate März und April 2014 auf jeweils 34 EUR (135,60 gesamt, hiervon 67,80 für die Klägerin, von denen sie 33,80 EUR wegen des ER-Schlusses des SG vom 27. November 2013 aber noch erhalten hat = 34 EUR), sodass der Klägerin insgesamt weitere 257 EUR zustünden, wenn die Berufung erfolgreich wäre.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten höheren Leistungsanspruch ist § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 i. V. m. §§ 7 ff., 20 ff. SGB II (jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 bzw. [§ 7] 20. Dezember 2011; Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 53/15 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 78 = juris, jeweils Rdnr. 14 f.).
Die Klägerin erfüllt im streitbefangenen Zeitraum die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Sie hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Ferner war sie erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 8 Abs. 1 SGB II, was durch die im streitbefangenen Zeitraum ausgeübte Nebentätigkeit auch belegt wird.
Schließlich war die Klägerin auch hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist, gilt nach § 9 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB II jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 = juris Rdnr. 15).
Im streitbefangenen Zeitraum stand zur Deckung des Bedarfs der Klägerin zum Lebensunterhalt nur geringes eigenes Einkommen in Höhe von 165 EUR bzw. (ab Januar 2014) von 162 EUR zur Verfügung.
In diesem Zeitraum bestand nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 3 Buchst. a SGB II eine Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Klägerin und Frau T. Pfennig. Die Klägerin war nicht alleinstehend und lebte auch nicht in Trennung (zu den Anforderungen an die Feststellung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft: BSG, Urteil vom
23. August 2012 – B 4 AS 34/12 R – BSGE 111, 250 ff. = SozR 4-4200 § 7 Nr. 32 = juris, jeweils Rdnr. 13 ff.; BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 60/15 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 51 = juris Rdnr. 25 ff.).
Alleinstehend im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist, wer keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen hilfebedürftigen Personen angehört oder allein für seine Person "eine Bedarfsgemeinschaft" bildet (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2014 – B 14 AS 54/13 R – BSGE 116, 200 ff. = SozR 4-4200 § 7 Nr. 37 = juris Rdnr. 27; zur Auslegung von § 20 Abs. 2 SGB II mit Blick auf den Zweck der Zuweisung des Regelbedarfs: BSG, Urteil vom 1. Dezember 2016 – B 14 AS 21/15 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 26 = juris Rdnr. 16 ff.).
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II (in der ab dem 1. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006, BGBl. I S. 1706) gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr. 4). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2012, a.a.O.) normiert § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen (§ 20 SGB X bzw. § 103 SGG) - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden (BT-Drucks 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann.
Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG (Urteil vom 17. November 1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3) auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (siehe auch Geiger in Münder/Geiger, SGB II, 7. Aufl. 2021, § 7 RdNr. 86 ff.; Becker in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 7 RdNr. 106 ff.).
In Anwendung dieser Grundsätze ist hier von einer langjährigen Partnerschaft zwischen der Klägerin und Frau P. auszugehen, die die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3c SGB II erfüllt. Für diese Annahme hat das SG in drei unterschiedlichen Verfahren und in jeweils einer anderen Kammerbesetzung mit teilweise aufwendigen Ermittlungen einschließlich Zeugenvernehmungen wesentliche Anknüpfungspunkte benannt, auf die weitgehend verwiesen werden kann. Wiederholend und vertiefend ist zu ergänzen, dass die Partnerin Pfennig ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2020 zufolge bereits 2005 mit ihrer damals noch minderjährigen Tochter in die damalige Wohnung der Klägerin eingezogen ist. Seither ist sie zweimal mit der Klägerin umgezogen und wohnt mit ihr seit November 2009, mithin seit mehr als 10 Jahren, in einer gemeinsamen Wohnung. Die Klägerin nutzt ein Auto, für das ihre Partnerin den Unterhalt trägt, sie übergibt ihren eigenen Angaben zufolge der Partnerin praktisch die gesamten Einkünfte zur Begleichung aller anfallenden Kosten und Rechnungen, beide sind mehrfach gemeinsam verreist, was nicht nur durch die Tochter der Partnerin, die in zwei Verfahren als Zeugin gehörte Lisa U., bestätigt wird, sondern auch aus Buchungen auf dem Konto der Partnerin ("Oeger Tours") ersichtlich ist. Für eine Ausschließlichkeit der Beziehung spricht zusätzlich, dass beide Frauen ... offenbar auch ihre Nebentätigkeit präzise aufeinander abgestimmt haben, sodass sie seit 2012 bzw. 2013 bei demselben Unternehmen ("Red Pizza") im selben Umfang (165/162 EUR netto monatlich) tätig sind und beide gemeinsam gleichzeitig den Umfang dieser Tätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt ausgeweitet haben.
Daneben ist nach Aktenlage auffällig, dass im Verlaufe vieler Jahre des Leistungsbezugs Anträge und Erklärungen gegenüber dem Leistungsträger nicht nur im Regelfall zeitgleich abgegeben und wortidentisch verfasst worden sind, sondern sogar, soweit es um handschriftliche Eintragungen geht, in der Regel von nur einer Person ausgefüllt und geschrieben wurden. Hierdurch ergibt sich das Bild der vollständigen Kontrolle und gewollten Übereinstimmung wesentlicher Lebensbereiche (Erwerbstätigkeit, Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bezug von Sozialleistungen, Bewirtschaftung des gemeinsamen Haushalts, Kontoführung) durch beide Partner, was beide gleichermaßen einengt und andere Beziehungen erschwert oder sogar ausschließt. Für das Bild einer festen Partnerschaft zwischen der Klägerin und Frau P. spricht auch, dass die Zeugin U. bei ihrer Vernehmung am 22. Juli 2020 ausgesagt hat, zu ihrer Jugendweihe sei auch die gesamte Familie der Klägerin eingeladen gewesen. Zu beachten war auch die Aussage der Zeugin P., die zu der Leistungsbeziehung zum Jobcenter ausweislich der Sitzungsniederschrift ausgeführt hat: "Zurzeit beziehe ich keine Leistungen vom Jobcenter. Aus meiner Sicht hat das auch keinen Sinn mehr, das weiterzuverfolgen, weil es ohnehin keine Antwort oder keine positive Antwort gibt. Zwischendurch waren wir sogar beim Vorsitzenden, dem Herrn K., der das eigentlich in die Hand nehmen wollte. Aber anscheinend ist auch das nicht so richtig geglückt." Hiermit hat die Zeugin, wenngleich unfreiwillig, das enge und partnerschaftliche Zusammenwirken der beiden Personen auch im Hinblick auf die Leistungsbeziehungen zum Jobcenter unterstrichen. Auch diesem Umstand kommt bei der Gesamtwürdigung Bedeutung zu.
Nach Aktenlage bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine der beiden Frauen ..., möglicherweise die Klägerin, der "strategische Kopf" in der Beziehung ist und den dominanten Teil in der Partnerschaft darstellt, auf den wesentliche Anteile bei der Planung und Organisation des Zusammenlebens und des gemeinsamen Wirtschaftens entfallen. Letztlich ist dieses jedoch unerheblich. Denn auch wenn Frau P. die Strategin und dominierende Partnerin sein sollte, würde sich dadurch an der Ausschließlichkeit der Partnerschaft zwischen beiden Personen nichts ändern.
Ergänzend und beispielhaft für die Festigkeit der Beziehung und die Ernsthaftigkeit und Verantwortung, mit der sie gelebt wird, ist die Stellungnahme des Beklagten vom
24. Oktober 2013 an den Landrat des Landkreises Anhalt-B. zu einer Beschwerde der Klägerin wegen Vorkommnissen in der 41. Kalenderwoche 2013. Anlass sollen mehrere persönliche Kontakte der Klägerin und ihrer Partnerin zum Jobcenter gewesen sein, wobei die Klägerin mit Nachdruck die sofortige Nachzahlung von Leistungen für ihre Partnerin als Barzahlung verlangt haben soll. Auch sonst ist anhand der Unterlagen und Akten festzustellen, dass persönliche Vorsprachen der Partnerinnen beim Beklagten häufig gemeinsam erfolgten und die "Meinungsführerschaft" meist bei der Klägerin gelegen hat. Da beide inzwischen seit etwa 14 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt leben und nachweislich, selbst nach eigener Darstellung, im Wesentlichen auch gemeinsam wirtschaften, wobei Frau P. ausweislich der Kontobewegungen die hauptsächliche Verantwortung trägt, während die Klägerin nur wenige Buchungsvorgänge zu verzeichnen hat, ist es offensichtlich, dass die Vermutungsregel für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft heranzuziehen ist. Zutreffend ist das SG daher im angefochtenen Urteil zu der Einschätzung gelangt, es lägen in Summe gewichtige Indizien für die Annahme einer solchen Partnerschaft und Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vor. Unter Berücksichtigung der weiteren Anknüpfungspunkte (Verhalten gegenüber Behörden, Verfassen von Anträgen und Schriftstücken, siehe oben) ist die Indizienkette als erdrückend anzusehen.
Eine Widerlegung dieser Vermutung ist der Klägerin nicht gelungen. Sie hat die im April 2014 erhobene Klage erst nach Monaten begründet und hat auch im Berufungsverfahren schriftlich keinerlei neuen Aspekte angeführt, die im Sinne einer anderen Interpretation und Anwendung des § 7 Abs. 3, 3a SGB II diskutiert werden könnten. Ihr in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2020 dargebotenes Vorbringen, es käme auf den inneren Willen und die gemeinsam getroffene Entscheidung an, lediglich in einer Wohngemeinschaft zusammenzuleben, ist angesichts der erdrückenden Indizienkette, die für eine Partnerschaft spricht, nicht überzeugend und deshalb unbeachtlich. Sie konnte auch den Ausführungen der Zeugin U. nichts Wesentliches entgegensetzen. Soweit sie ausgeführt hat, bei der Jugendweihe der Zeugin wären mangels eigener Familie ansonsten gar keine Gäste anwesend gewesen, spricht dies allenfalls dafür, dass die Zeugin U. offenbar nur wenige Familienmitglieder hat, die sie hätte einladen können. An der Tatsache, dass die Klägerin die eigene Familie zu den Gästen zählen durfte und damit ihre Verbundenheit zu ihrer Partnerin Pfennig und deren Tochter unterstrichen hat, ändert dieser Einwand nichts.
Auch hinsichtlich der Kosten der Unterkunft hat die Klägerin keinen höheren Leistungsanspruch. Dies ergibt sich für die Monate Dezember 2013, Januar 2014 und Februar 2014 aus der Tatsache, dass der Beklagte den auf die Klägerin entfallenden Anteil an den Kosten der Unterkunft (290 EUR) in vollem Umfang übernommen hat, nachdem er durch den rechtskräftigen Beschluss des SG vom 27. November 2013 hierzu verpflichtet worden war. In Ausführung dieses Beschlusses hat er den Bescheid vom 19. Dezember 2013 erlassen und der Klägerin weitere 67,80 EUR bewilligt, sodass sie im Ergebnis für die genannten Monate die vollen Kosten der Unterkunft erhalten hat. Dass sich dies rechnerisch im Bescheid vom 19. Dezember 2013 und im endgültigen Festsetzungsbescheid vom 2. April 2014 beim Anteil der Klägerin nicht niedergeschlagen hat, beruht auf der Aufteilung der Kosten der Unterkunft nach Kopfteilen, so das rechnerisch auch die Partnerin Pfennig zur Hälfte von den zusätzlich bewilligten 67,80 EUR partizipiert hat. Da es bei ihr aber bei der Kürzung wegen Unangemessenheit der Wohnkosten ab Dezember 2013 in anteiliger Höhe von 67,80 EUR geblieben war, hat die Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus beiden Personen, ab Dezember 2013 bis zum Ende des Leistungszeitraums im April 2014 nicht mehr die vollen Kosten der Unterkunft erhalten. Dies beruht auf dem Umstand, dass Frau P. offenbar nicht ihrerseits ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes parallel zu dem der Klägerin geführt hat, sodass die Frage ihres Anspruchs auf weitere Kosten der Unterkunft im abgetrennten Klageverfahren, das beim SG noch anhängig ist, zu klären sein wird.
Hinsichtlich der Monate März und April 2014 besteht ebenfalls kein weitergehender Leistungsanspruch der Klägerin, weil entgegen den Darlegungen des SG im Urteil vom
8. August 2018 die Kosten der Unterkunft nicht wegen Unangemessenheit auf der Grundlage der Richtlinie ab 1. April 2012 gedeckelt wurden, sondern der Beklagte auch hier den Beschluss des SG vom 27. November 2013 vollständig umgesetzt hat, wonach die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft gemäß der Tabelle zu § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % hat. Einen weitergehenden Anspruch kann die Klägerin vor dem Hintergrund, dass die Angemessenheit ihrer Wohnkosten nicht nach den Werten für einen Ein-Personen-Haushalt, sondern, wie jetzt feststeht, nach einem Zweipersonenhaushalt zu prüfen ist, nicht geltend machen, weil die Berechnung nach der Tabelle zu § 12 WoGG + 10 Prozent den Maximalbetrag ergibt, der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und der ständigen Praxis der Sozialgerichtsbarkeit zugesprochen werden kann. Diese Beträge hat die Klägerin für die Monate März und April erhalten, so dass darüber nicht hinausgegangen werden kann. Hinsichtlich des anteiligen Anspruchs der Partnerin Pfennig ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom
1. Dezember 2013 bis 30. April 2014, insbesondere die Frage, ob die Klägerin Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist.
Die 1968 geborene Klägerin befindet sich seit längerem beim Beklagten im Leistungsbezug. Sie ist Mieterin einer Wohnung in 06766 W., Gutenbergstraße 6, im ersten Obergeschoss. Nach der Mietbescheinigung des Vermieters Hagen R. vom 31. Januar 2014 besteht das Mietverhältnis seit 1. November 2009. Die Wohnung hat eine Gesamtwohnfläche von 69 m², die Anzahl der Bewohner ist mit zwei Personen angegeben. Die Gebäudefläche des 1925 erbauten Mehrfamilienwohnhauses, in dem sich die Wohnung befindet, beträgt 451 m². Die Gesamtmiete belief sich im streitigen Zeitraum auf 290 EUR, wovon 190 EUR auf die Grundmiete entfielen (5,50 EUR pro Quadratmeter), 53,00 EUR auf die kalten Betriebskosten (unter anderem Trinkwasser, Abwasser, Müllentsorgung, Hausverwaltung), 23,50 EUR auf die Heizkosten und 23,50 EUR auf Warmwasser. Bei der zweiten Bewohnerin der Wohnung handelt es sich um die ebenfalls 1968 geborene Thurid Pfennig, die über einen gleichlautenden Mietvertrag, ebenfalls ab 1. November 2009, verfügt. Auch sie befindet sich seit längerem beim Beklagten in Leistungsbezug. Die Gesamtkosten der Wohnung beliefen sich für den Zeitraum von Dezember 2013 bis April 2014 auf 580 EUR (290 × 2).
Der Beklagte regelte die Leistungsansprüche der Klägerin und ihrer Mitbewohnerin Pfennig jahrelang jeweils als Einzelbedarfsgemeinschaften, u.a. mit vorläufigem Bescheid für die Klägerin vom 11. April 2013 für den Leistungszeitraum vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013. Mit diesem Bescheid setzte der Beklagte die Leistungen auf jeweils monatlich 620,00 EUR fest, wobei 382,00 EUR auf den Regelbedarf nach § 20 SGB II entfielen, 190,00 EUR auf die Miete, 53,00 EUR auf die Nebenkosten und 47,00 EUR auf die Heizkosten. Einen Abzug von 52,00 EUR nahm der Beklagte für die von der Klägerin im streitigen Zeitraum ausgeübte Nebentätigkeit mit einem Einkommen von jeweils monatlich 165,00 EUR vor (165 minus 113 [Freibetrag nach § 11 b Abs. 3 SGB II] = 52). Die Kosten für die Unterkunft erkannte der Beklagte in voller Höhe an. Die Vorläufigkeit der Leistungsbewilligung stützte er auf das Einkommen der Klägerin und den Bedarf für Unterkunft und Heizung wegen der beabsichtigten Anrechnung eines Guthabens aus einer Betriebskostenabrechnung.
Nachdem der Beklagte Ermittlungen zum Zahlungsverkehr über Konten der Klägerin und der Mieterin Pfennig durchgeführt hatte, forderte er die Klägerin mit Schreiben vom 1. August 2013 auf, die Anlage VE einzureichen, damit der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II überprüft werden könne. Wörtlich teilte er außerdem folgendes mit: "Auf Ihren eingereichten Kontoauszügen ist kein Zahlungsverkehr ersichtlich. Da Ihr gesamter Zahlungsverkehr über das Konto von Frau P. läuft und Sie bereits länger als ein Jahr zusammenleben, liegen mehrere Indizien dafür vor, dass Sie mit Frau P. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft leben. Die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Einstehensgemeinschaft kann von Ihnen widerlegt werden. Sie haben dann geeignete Nachweise vorzulegen, die der Vermutung der Lebenswirklichkeit widersprechen." Hierauf antwortete die Klägerin mit einem als "Eidesstattliche Versicherung" bezeichneten Schreiben vom 5. August 2013, sie habe keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit Frau P ... Beide bewohnten zusammen die Wohnung in W. in der Gutenbergstraße 6. Sie wirtschafteten nicht aus einem Topf. Jeder habe seinen eigenen Mietvertrag sowie eigene Versicherungen und Konten.
Mit internem Prüfvermerk vom 26. August 2013 stellte der Beklagte fest, es werde aufgrund der Indizien ab 1. September 2013 eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft unterstellt. Indizien seien das Zusammenleben der Klägerin mit Frau P. in einem gemeinsamen Haushalt seit 2004. Die Miete werde für beide Personen vom Konto der Frau P. gezahlt, Wohnungsaufteilung bzw. Wohnverhältnisse hätten bislang nicht geprüft werden können, da kein Hausbesuch ermöglicht worden sei. Frau P. besitze zwei Autos, von denen eines die Klägerin nutze, obwohl Frau P. auch für dieses Fahrzeug Versicherung und Steuern zahle. Gutschriften aus Betriebskostenabrechnungen gingen stets auf das Konto der Frau P., obwohl getrennte Mietverträge bestünden und demzufolge auch die Abrechnungen der Betriebskosten getrennt vorgenommen würden. Die Klägerin sei Inhaberin eines Pfändungsschutz-Kontos (P-Konto) und gebe an, von diesem Konto keine Online-Überweisungen tätigen zu können. Dies widerspreche dem Ergebnis einer Internetrecherche und Aussagen anderer Kunden, wonach Online-Überweisungen auch mit einem P-Konto möglich seien. Die Klägerin hebe monatlich nach dem Eingang der Leistungszahlungen die jeweiligen Beträge ab und übergebe diese an Frau P. zur Begleichung von Rechnungen, jedoch deckten sich Einnahmen und Ausgaben nicht.
Mit Bescheid vom 26. August 2013 setzte der Beklagte die vorläufige Bewilligung mit Bescheid vom 1. April 2013 endgültig fest und berücksichtigte für Juli 2013 ein Guthaben aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2012 in Höhe von 247,26 EUR. Mit weiterem vorläufigen Änderungsbescheid vom selben Tag hob der Beklagte den Bescheid vom
11. April 2013 mit Wirkung für die Zukunft ab 1. September 2013 auf und gab zur Begründung an, ab September 2013 sei Frau P. in die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin aufzunehmen, da beide seit 2004 in einem Haushalt lebten und nach Aktenlage gemeinsam wirtschafteten. Die Indizien seien nicht widerlegt worden. Die Leistungshöhe betrug für die gesamte Bedarfsgemeinschaft 641,14 EUR (jeweils 320,57 EUR für die Klägerin und Frau P.), wobei diesen Beträgen ein Regelbedarf von jeweils 345,00 EUR und ein unveränderter Mietanteil von jeweils 290 EUR zu Grunde lag. Vom daraus resultierenden Gesamtbedarf von 635,00 EUR setzte der Beklagte das von beiden erzielte geringfügige Erwerbseinkommen von monatlich 165,00 EUR nach Berücksichtigung eines Freibetrages von 113,00 EUR ab. Außerdem berücksichtigte er sonstige Einnahmen in Höhe von monatlich 524,86 EUR aufgrund der Ermittlungen zu Zahlungseingängen auf das Konto von Frau P ...
Schließlich hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2013 im Kostensenkungsverfahren zu den unangemessenen Kosten ihrer Unterkunft an und teilte ihr die gemäß der Richtlinie des Landkreises Anhalt-B. seit 1. April 2012 geltenden angemessenen Kosten der Unterkunft für Grundmiete und Betriebskosten mit. Nach den Vorgaben der Richtlinie überschritten die Mietkosten die angemessenen Werte um 135,60 EUR (jeweils 67,80 EUR für die Klägerin und für Frau P.). Die unangemessenen Kosten würden nur noch bis 30. November 2013 übernommen. Für den anschließenden Zeitraum werde nur noch der aus der Tabelle ersichtliche Unterkunftsbedarf geleistet.
Zu der Frage einer Bedarfsgemeinschaft von Frau P. mit der Klägerin führte Frau P. vor dem SG ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren unter dem Aktenzeichen S 19 AS 1575/13 ER durch, das nach Durchführung einer nichtöffentlichen Sitzung mit Zeugenvernehmung am 3. September 2013 mit rechtskräftigem Beschluss des SG vom 24. September 2013 beendet wurde. Das SG sprach der Antragstellerin Pfennig vorläufig weitere Leistungen für Juli 2013 in Höhe von 240,05 EUR und für August bis Oktober 2013 in Höhe von monatlich weiteren 262,43 EUR zu, wies den Antrag im Übrigen aber ab. In den Gründen führte das SG u. a. aus, die Antragstellerin bilde mit Frau S. eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c, Abs. 3a SGB II. Nach Vernehmung von Zeugen und unter Berücksichtigung weiterer Indizien stehe fest, dass beide Personen seit rund acht Jahren eine partnerschaftliche Beziehung führten, die von einer gewissen Ausschließlichkeit geprägt sei und daneben keine vergleichbare Lebensgemeinschaft zulasse. Die bei den beiden Kfz verwendeten Kennzeichen ABI-AT 22 und BTF-AT 22 ließen darauf schließen, dass die Anfangsbuchstaben der Vornamen von Frau S. und der Antragstellerin verwendet worden seien. Gegenüber dem Kfz-Versicherer sei angegeben worden, die Fahrzeuge würden ausschließlich vom Versicherungsnehmer und Ehepartner genutzt. Dies spreche für eine Verbundenheit der beiden Frauen ... Der Umstand, dass die Unterhaltskosten für ein Fahrzeug von der Antragstellerin getragen, das Auto aber von Frau S. genutzt werde, spreche für die wirtschaftliche Verflechtung beider Personen.
Mit vorläufigen Bescheiden vom 23. Oktober 2013 und 4. November 2013 regelte der Beklagte den Leistungszeitraum vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 und behandelte die Klägerin und Frau P. weiterhin als Mitglieder derselben Bedarfsgemeinschaft. Wesentlicher Regelungsgehalt des Bescheides vom 23. Oktober 2013 war die Berücksichtigung sonstiger Einkünfte in Höhe von 524,86 EUR monatlich sowie eine Kürzung der Kosten der Unterkunft wegen Unangemessenheit, während dem Bescheid vom 4. November 2013, mit dem der Beklagte den Bescheid vom 23. Oktober 2013 wegen des Beschlusses des SG vom 24. September 2013 aufhob, im Wesentlichen die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und Frau P. sowie die Unangemessenheit der Wohnkosten ab Dezember 2013 zu Grunde lag.
Wegen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau P. führte auch die Klägerin ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren vor dem SG unter dem Aktenzeichen S 14 AS 2584/13 ER durch, das mit dem Beschluss des SG vom 27. November 2013 rechtskräftig beendet wurde. Auch in diesem Verfahren ging das SG vom Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Klägerin und Frau P. aus, da beide Frauen ... bereits gleichgeschlechtliche Partner gehabt hätten, beide die gemeinsame Unterkunft bereits zweimal gemeinsam gewechselt hätten und beide bislang keinen Hausbesuch durch Mitarbeiter des Beklagten zugelassen hätten. Die Annahme einer Wohngemeinschaft sei vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihren Angaben zufolge das Durchgangszimmer zur Küche alleine bewohne, abwegig. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft hatte das einstweilige Rechtsschutzverfahren für die Klägerin allerdings teilweise Erfolg, da das SG ihr einen weiteren Leistungsanspruch in Höhe von monatlich 67,80 EUR für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2014 und für die Monate März und April 2014 in Höhe von monatlich 33,80 EUR zusprach. Dieses Ergebnis hatte zur Folge, dass die Klägerin für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2013 Anspruch auf volle Übernahme des auf sie entfallenden Anteils an den Kosten der Unterkunft hatte und für die beiden folgenden Monate März und April 2014 noch auf der Grundlage der Tabelle zu § 12 WoGG nebst Zuschlag in Höhe von 10 %.
In Umsetzung des ER-Beschlusses des SG vom 27. November 2013 erließ der Beklagte den vorläufigen Änderungsbescheid vom 19. Dezember 2013, hob den Bescheid vom 4. November 2013 mit Wirkung vom 1. Dezember 2013 gemäß § 40 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III und § 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 SGB X auf und regelte folgende Änderung: "Nachzahlung Kosten der Unterkunft für den Zeitraum 1.12.2013 bis 28.2.2014 in Höhe von 67,80 EUR und vom 1.3.2014 bis 30.4.2014 in Höhe von 33,80 EUR". Danach ergab sich für die Klägerin und Frau P. ein jeweiliger Leistungsbetrag von 549,10 EUR, mithin insgesamt von 1.098,20 EUR, für Dezember 2013, für Januar und Februar 2014 von jeweils 557,10 EUR (insgesamt 1.114,20 EUR) und für März und April 2014 von jeweils 540,10 EUR (insgesamt 1.080,20 EUR). Dabei lagen die anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung bei 418,20 EUR monatlich für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2014 und bei 384,20 EUR für die Monate März und April 2014. Hierbei berücksichtigte der Beklagte einen zusätzlichen Leistungsanspruch der Klägerin von 67,80 EUR für die Monate Dezember 2013 bis Februar 2014 und in Höhe von 33,80 EUR für die Monate März und April 2014. Demgegenüber beließ er den Anteil von Frau P. an den Kosten der Unterkunft auf der Höhe der mit den Bescheiden vom 23. Oktober 2013 und 4. November 2013 festgesetzten Beträgen, denen ein Kürzungsbetrag von 67,80 EUR wegen Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft zu Grunde lag. Dass für beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Leistungsbeträge für die Monate Dezember 2013 bis April 2014 dennoch gleich hoch waren, beruhte auf der Aufteilung der Kosten der Unterkunft nach Kopfteilen, sodass der Teilerfolg der Klägerin im ER-Verfahren durch den Beschluss des SG vom 27. November 2013 zur Hälfte auch dem Anteil von Frau P. zu Gute kam, deren Anteil an den Kosten der Unterkunft aber wegen Unangemessenheit in Höhe von 67,80 EUR gemindert blieb, was wegen des Kopfteilungsprinzips auch auf den Anteil der Klägerin durchschlug.
Gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2013 legte die Klägerin erfolglos Widerspruch ein (Widerspruchsbescheid vom 13. März 2014, endgültige Festsetzung mit Bescheid vom 2. April 2014). Mit ihrer dagegen am 11. April 2014 vor dem SG erhobenen Klage hat die Klägerin (ebenso wie Frau P.) ihr Begehren weiterverfolgt und vorgetragen, der Bescheid vom 19. Dezember 2013 sei rechtswidrig, weil sie und Frau P. nicht in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, sondern lediglich eine Wohngemeinschaft bildeten. Mehrfach hätten sie darauf hingewiesen, zum Zwecke der Kostenminimierung eine Wohnung zu teilen, aber keine Partner zu sein. Der Beklagte habe nichts Gegenteiliges festgestellt. Beide Klägerinnen wirtschafteten nicht aus einem Topf. Sie trügen ihre Verbindlichkeiten, auch die Miete, jeweils selbst, hätten eigene Versicherungsverträge, eigene Mietverträge und verfügten über eigene Girokonten. Die Klägerin habe zwar ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto, könne von diesem aber keine Online-Überweisungen tätigen, sondern nur Barabhebungen und Überweisungen am Bankschalter vornehmen. Die Zahlungen an die jeweiligen Vertragspartner seien umständlich und zeitraubend, weshalb sie sich mit Zustimmung von Frau P. für den einfachen Weg entschieden habe, nämlich Online-Überweisungen bequem von Zuhause aus zu erledigen. Zu diesem Zweck zahle die Klägerin vor der unmittelbaren Überweisung durch Frau P. einen Geldbetrag in Höhe ihrer Verbindlichkeiten auf das Konto von Frau P. ein. Dies führe allerdings nicht dazu, dass beide als Partnerinnen anzusehen sein. Die Klägerinnen seien lediglich sehr gut befreundet und bereits seit der Lehrzeit miteinander bekannt. Nach der Scheidung der Frau P. von ihrem Ehemann hätten sich die Klägerinnen zufällig wieder getroffen und über die jeweiligen Wohnsituationen gesprochen. Frau P. habe damals mit ihrer Tochter bei einer Freundin gewohnt und die Klägerin habe sich mit Frau C. Müller eine Wohnung geteilt. Nach dem Auszug der Frau M. seien zwei Wohnräume in der Wohnung der Klägerin freigeworden, die sie Frau P. und ihrer Tochter angeboten habe. Es treffe zu, dass Frau P. mit der Freundin, bei der sie mit ihrer Tochter einige Zeit gelebt habe, eine eingetragene Lebenspartnerschaft gehabt habe. Dies sei aufgrund mehrerer Missverständnisse zustande gekommen, da weder Frau P. noch die damalige Partnerin lesbisch seien. Nach ca. einem Jahr der Lebenspartnerschaft hätten beide festgestellt, dass sie einem Irrtum unterlegen waren, nicht lesbisch seien, und hätten sich schließlich getrennt.
Bereits mit Bescheid vom 2. April 2014 hat der Beklagte die mit Bescheid vom 4. November 2013 für die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin (mit Frau P.) vorläufig bewilligten Leistungen unter Berücksichtigung von Einkommen in nachgewiesener Höhe endgültig für die Monate November 2013 bis April 2014 in Höhe von 1.166,00 EUR für November 2013 (jeweils 583,00 EUR), 1.098,20 EUR für Dezember 2013 (jeweils 549,10 EUR), 1.119,00 EUR für Januar 2014 (jeweils 559,50 EUR und 1.085,00 EUR jeweils für März und April 2014 (jeweils 542,50 EUR) festgesetzt, was zu einer Gesamtnachzahlung in Höhe von 19,20 EUR führte. Gegenüber dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 19. Dezember 2013 ergaben sich durch die endgültige Festsetzung Änderungen hinsichtlich des Nebeneinkommens für beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Es belief sich ab Januar 2014 nicht mehr auf 165,00, sondern auf 162,00 EUR. Im Übrigen beließ es der Beklagte bei der Berechnung wie im Bescheid vom 19. Dezember 2013, d.h. er ließ die Verpflichtung durch den Beschluss des SG vom 27. November 2013 hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin (höhere Kosten der Unterkunft) weiter gegen sich gelten.
Das SG hat am 9. Mai 2018 eine nichtöffentliche Sitzung zu neun anhängigen Verfahren der Klägerin und Frau P. mit den Aktenzeichen S 14 AS 913/14 (= vorliegendes Verfahren), S 14 AS 1533/15, S 14 AS 813/16, S 14 AS 2123/14, S 14 AS 3303/14, S 14 AS 2455/15, S 14 AS 1523/15, S 14 AS 784/16 und S 14 AS 2443/15 durchgeführt und nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 14. Mai 2018 das Frau P. betreffende Klageverfahren vom vorliegenden Verfahren abgetrennt.
In der mündlichen Verhandlung vom 8. August 2018 hat das SG sechs Zeugen vernommen, hinsichtlich deren Aussagen auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 282-296 der Gerichtsakte) verwiesen wird. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 in der Fassung des Festsetzungsbescheides vom 2. April 2014 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 30. April 2014 in Höhe von 392,50 EUR zu zahlen. Sodann hat das SG die Klage mit Urteil vom 8. August 2018 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin bilde mit Frau P. eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c, Abs. 3a SGB II. Zur Bedarfsgemeinschaft gehöre danach eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebe, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dies werde gemäß § 7 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Nach Nr. 4 gelte dies auch dann, wenn Partner befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Die Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes, dessen fehlende Widerlegung und schließlich das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft ergäben sich hier aus einer Gesamtschau und Würdigung des Akteninhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung. Die Annahme einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft folge insbesondere aus der Aussage der Zeugin U., der Tochter der Zeugen Pfennig. Diese Zeugin habe glaubhaft ausgeführt, dass sich ihre Mutter von der damaligen Lebenspartnerin, Frau M., getrennt habe, und zwar im Hinblick auf das "Näherkommen" zwischen der Klägerin und der Zeugin P., welches dann 2004 oder 2005 auch zum erstmaligen Zusammenzug in Wolfen geführt habe. Für die Zeugin sei es ihren Angaben zufolge von vornherein klar gewesen, dass es sich bei den beiden Frauen ... um eine Paarbeziehung gehandelt habe, denn sie hätten in einem gemeinsamen Bett geschlafen und auch Zärtlichkeiten ausgetauscht. Zu würdigen seien auch weitere Umstände, wie die Kfz-Kennzeichen mit den Initialen der Vornamen der Klägerin und der Zeugin P. und die Angabe gegenüber der Versicherung bezüglich der Nutzung des Fahrzeuges. Die Begründung für die Gestaltung des Autokennzeichens eines 2010 auf die Zeugin P. zugelassenen PKW mit dem schon Jahre zuvor ("2004 oder 2005") aufgegebenen väterlichen Betrieb sei für die Kammer nicht plausibel. Die Nutzung des Fahrzeugs, das der Zeugin P. gehöre, durch die Klägerin zeige eine enge wirtschaftliche Verflechtung der beteiligten Personen auf. Denn Versicherungsnehmerin sei die Zeugin P., weshalb ihr Schadensfreiheitrabatt nach einem Unfall hochgestuft werden würde, ohne dass sie von der Klägerin hierfür eine entsprechende Kompensation zu erwarten hätte. Die Klägerin habe auch bestätigt, in der jetzigen Wohnung ein Durchgangszimmer zur Küche zu bewohnen, was deutlich für eine mangelnde Abgrenzung der jeweiligen Privatsphären spreche. Eine solche Abgrenzung sei innerhalb einer festen Partnerschaft aber auch nicht erforderlich. Dies spreche dafür, dass hier eine Partnerschaft gegeben sei. Es möge sein, dass jedes einzelne Indiz für sich genommen nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer Partnerschaft schließen lasse. Indizien seien mehrfache gemeinsame Umzüge, lange Dauer des gemeinsamen Wohnens, Durchgangszimmer, gemeinsame Urlaube, Kfz-Kennzeichen, Angaben gegenüber der Versicherung und unentgeltliche Nutzung des PKW der Zeugin P. durch die Klägerin. In Summe verdichteten sich diese Indizien aber zu einem entsprechenden Gesamtbild, das durch die Angaben der Zeugin verdeutlicht werde. Dieses Gesamtbild sei durch die Angaben der Zeugin P. nicht erschüttert worden.
Die Klägerin wendet sich gegen das ihr am 7. September 2018 zugestellte Urteil mit der am 28. September 2018 vom SG im Urteil ausdrücklich zugelassenen Berufung. Sie macht weiterhin die Rechtswidrigkeit der Einstufung als Bedarfsgemeinschaft mit Frau P. geltend und wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. August 2018 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 und den Bescheid vom 2. April 2014 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den Leistungszeitraum vom
1. Dezember 2013 bis 30. April 2014 weitere Leistungen in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung und seine Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeuginnen P. und U. Wegen der Einzelheiten des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. Juli 2020 verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom SG für den Senat gemäß § 144 Abs. 3 SGG bindend zugelassene Berufung ist von der Klägerin form- und fristgerecht erhoben worden.
Die Klage richtet sich nur noch gegen den Bescheid des Beklagten vom 2. April 2014, der den vorläufigen Bescheid vom 19. Dezember 2013 und den Widerspruchsbescheid vom
13. März 2014 im Sinne von § 96 SGG ersetzt hat. Denn eine abschließende (endgültige) Entscheidung ersetzt und erledigt mit ihrem Erlass eine vorläufige Entscheidung über den Leistungsanspruch, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung dieser vorläufigen Entscheidung bedarf (BSG, Urteil vom 5. Juli 2017 – B 14 AS 36/16 R –, SozR 4-1500 § 86 Nr. 3, RdNr. 15 m.w.N. Dem auf Änderung des Bescheides vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2014 gerichteten Klageantrag kommt demnach nur noch deklaratorische Bedeutung zu.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der endgültige Festsetzungsbescheid vom 2. April 2014, gegen den sich die Klägerin zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 und 4 i. V. m. § 56 SGG) wendet, erweist sich hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Ansprüche als rechtens und greift daher nicht rechtswidrig in ihre geschützten Rechte ein.
Streitbefangen ist der Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 30. April 2014, weil mit dem streitigen Bescheid nur über Leistungsansprüche in diesem Zeitraum entschieden wurde. In diesem Zeitraum hat die Klägerin keinen Anspruch auf höhere Leistungen.
Die Klägerin begehrt zunächst als höhere Leistung den Regelbedarf für eine alleinstehende Person nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II statt des nur bewilligten geringeren Regelbedarfs nach § 20 Abs. 4 SGB II. Zusätzlich begehrt sie aber auch höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft, da diese für den Leistungszeitraum ab März 2014 hinter den tatsächlichen Kosten der Unterkunft zurückbleiben. Die Differenz beim Regelsatz beträgt für Dezember 2013 37 EUR (345 zu 382) und für die Monate Januar bis April 2014 jeweils 38 EUR (391 zu 353). Die Kürzung der KdU beläuft sich für die Monate März und April 2014 auf jeweils 34 EUR (135,60 gesamt, hiervon 67,80 für die Klägerin, von denen sie 33,80 EUR wegen des ER-Schlusses des SG vom 27. November 2013 aber noch erhalten hat = 34 EUR), sodass der Klägerin insgesamt weitere 257 EUR zustünden, wenn die Berufung erfolgreich wäre.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten höheren Leistungsanspruch ist § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 i. V. m. §§ 7 ff., 20 ff. SGB II (jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 bzw. [§ 7] 20. Dezember 2011; Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 53/15 R – SozR 4-4200 § 11 Nr. 78 = juris, jeweils Rdnr. 14 f.).
Die Klägerin erfüllt im streitbefangenen Zeitraum die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Sie hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Ferner war sie erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 8 Abs. 1 SGB II, was durch die im streitbefangenen Zeitraum ausgeübte Nebentätigkeit auch belegt wird.
Schließlich war die Klägerin auch hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist, gilt nach § 9 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB II jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 = juris Rdnr. 15).
Im streitbefangenen Zeitraum stand zur Deckung des Bedarfs der Klägerin zum Lebensunterhalt nur geringes eigenes Einkommen in Höhe von 165 EUR bzw. (ab Januar 2014) von 162 EUR zur Verfügung.
In diesem Zeitraum bestand nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 3 Buchst. a SGB II eine Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Klägerin und Frau T. Pfennig. Die Klägerin war nicht alleinstehend und lebte auch nicht in Trennung (zu den Anforderungen an die Feststellung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft: BSG, Urteil vom
23. August 2012 – B 4 AS 34/12 R – BSGE 111, 250 ff. = SozR 4-4200 § 7 Nr. 32 = juris, jeweils Rdnr. 13 ff.; BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 60/15 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 51 = juris Rdnr. 25 ff.).
Alleinstehend im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist, wer keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen hilfebedürftigen Personen angehört oder allein für seine Person "eine Bedarfsgemeinschaft" bildet (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 2014 – B 14 AS 54/13 R – BSGE 116, 200 ff. = SozR 4-4200 § 7 Nr. 37 = juris Rdnr. 27; zur Auslegung von § 20 Abs. 2 SGB II mit Blick auf den Zweck der Zuweisung des Regelbedarfs: BSG, Urteil vom 1. Dezember 2016 – B 14 AS 21/15 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 26 = juris Rdnr. 16 ff.).
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II (in der ab dem 1. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006, BGBl. I S. 1706) gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr. 4). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2012, a.a.O.) normiert § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu 1. und 2. (Partnerschaft und Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebendenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer der dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen (§ 20 SGB X bzw. § 103 SGG) - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden (BT-Drucks 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann.
Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG (Urteil vom 17. November 1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3) auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Zudem muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen (siehe auch Geiger in Münder/Geiger, SGB II, 7. Aufl. 2021, § 7 RdNr. 86 ff.; Becker in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 7 RdNr. 106 ff.).
In Anwendung dieser Grundsätze ist hier von einer langjährigen Partnerschaft zwischen der Klägerin und Frau P. auszugehen, die die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3c SGB II erfüllt. Für diese Annahme hat das SG in drei unterschiedlichen Verfahren und in jeweils einer anderen Kammerbesetzung mit teilweise aufwendigen Ermittlungen einschließlich Zeugenvernehmungen wesentliche Anknüpfungspunkte benannt, auf die weitgehend verwiesen werden kann. Wiederholend und vertiefend ist zu ergänzen, dass die Partnerin Pfennig ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2020 zufolge bereits 2005 mit ihrer damals noch minderjährigen Tochter in die damalige Wohnung der Klägerin eingezogen ist. Seither ist sie zweimal mit der Klägerin umgezogen und wohnt mit ihr seit November 2009, mithin seit mehr als 10 Jahren, in einer gemeinsamen Wohnung. Die Klägerin nutzt ein Auto, für das ihre Partnerin den Unterhalt trägt, sie übergibt ihren eigenen Angaben zufolge der Partnerin praktisch die gesamten Einkünfte zur Begleichung aller anfallenden Kosten und Rechnungen, beide sind mehrfach gemeinsam verreist, was nicht nur durch die Tochter der Partnerin, die in zwei Verfahren als Zeugin gehörte Lisa U., bestätigt wird, sondern auch aus Buchungen auf dem Konto der Partnerin ("Oeger Tours") ersichtlich ist. Für eine Ausschließlichkeit der Beziehung spricht zusätzlich, dass beide Frauen ... offenbar auch ihre Nebentätigkeit präzise aufeinander abgestimmt haben, sodass sie seit 2012 bzw. 2013 bei demselben Unternehmen ("Red Pizza") im selben Umfang (165/162 EUR netto monatlich) tätig sind und beide gemeinsam gleichzeitig den Umfang dieser Tätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt ausgeweitet haben.
Daneben ist nach Aktenlage auffällig, dass im Verlaufe vieler Jahre des Leistungsbezugs Anträge und Erklärungen gegenüber dem Leistungsträger nicht nur im Regelfall zeitgleich abgegeben und wortidentisch verfasst worden sind, sondern sogar, soweit es um handschriftliche Eintragungen geht, in der Regel von nur einer Person ausgefüllt und geschrieben wurden. Hierdurch ergibt sich das Bild der vollständigen Kontrolle und gewollten Übereinstimmung wesentlicher Lebensbereiche (Erwerbstätigkeit, Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bezug von Sozialleistungen, Bewirtschaftung des gemeinsamen Haushalts, Kontoführung) durch beide Partner, was beide gleichermaßen einengt und andere Beziehungen erschwert oder sogar ausschließt. Für das Bild einer festen Partnerschaft zwischen der Klägerin und Frau P. spricht auch, dass die Zeugin U. bei ihrer Vernehmung am 22. Juli 2020 ausgesagt hat, zu ihrer Jugendweihe sei auch die gesamte Familie der Klägerin eingeladen gewesen. Zu beachten war auch die Aussage der Zeugin P., die zu der Leistungsbeziehung zum Jobcenter ausweislich der Sitzungsniederschrift ausgeführt hat: "Zurzeit beziehe ich keine Leistungen vom Jobcenter. Aus meiner Sicht hat das auch keinen Sinn mehr, das weiterzuverfolgen, weil es ohnehin keine Antwort oder keine positive Antwort gibt. Zwischendurch waren wir sogar beim Vorsitzenden, dem Herrn K., der das eigentlich in die Hand nehmen wollte. Aber anscheinend ist auch das nicht so richtig geglückt." Hiermit hat die Zeugin, wenngleich unfreiwillig, das enge und partnerschaftliche Zusammenwirken der beiden Personen auch im Hinblick auf die Leistungsbeziehungen zum Jobcenter unterstrichen. Auch diesem Umstand kommt bei der Gesamtwürdigung Bedeutung zu.
Nach Aktenlage bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine der beiden Frauen ..., möglicherweise die Klägerin, der "strategische Kopf" in der Beziehung ist und den dominanten Teil in der Partnerschaft darstellt, auf den wesentliche Anteile bei der Planung und Organisation des Zusammenlebens und des gemeinsamen Wirtschaftens entfallen. Letztlich ist dieses jedoch unerheblich. Denn auch wenn Frau P. die Strategin und dominierende Partnerin sein sollte, würde sich dadurch an der Ausschließlichkeit der Partnerschaft zwischen beiden Personen nichts ändern.
Ergänzend und beispielhaft für die Festigkeit der Beziehung und die Ernsthaftigkeit und Verantwortung, mit der sie gelebt wird, ist die Stellungnahme des Beklagten vom
24. Oktober 2013 an den Landrat des Landkreises Anhalt-B. zu einer Beschwerde der Klägerin wegen Vorkommnissen in der 41. Kalenderwoche 2013. Anlass sollen mehrere persönliche Kontakte der Klägerin und ihrer Partnerin zum Jobcenter gewesen sein, wobei die Klägerin mit Nachdruck die sofortige Nachzahlung von Leistungen für ihre Partnerin als Barzahlung verlangt haben soll. Auch sonst ist anhand der Unterlagen und Akten festzustellen, dass persönliche Vorsprachen der Partnerinnen beim Beklagten häufig gemeinsam erfolgten und die "Meinungsführerschaft" meist bei der Klägerin gelegen hat. Da beide inzwischen seit etwa 14 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt leben und nachweislich, selbst nach eigener Darstellung, im Wesentlichen auch gemeinsam wirtschaften, wobei Frau P. ausweislich der Kontobewegungen die hauptsächliche Verantwortung trägt, während die Klägerin nur wenige Buchungsvorgänge zu verzeichnen hat, ist es offensichtlich, dass die Vermutungsregel für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft heranzuziehen ist. Zutreffend ist das SG daher im angefochtenen Urteil zu der Einschätzung gelangt, es lägen in Summe gewichtige Indizien für die Annahme einer solchen Partnerschaft und Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vor. Unter Berücksichtigung der weiteren Anknüpfungspunkte (Verhalten gegenüber Behörden, Verfassen von Anträgen und Schriftstücken, siehe oben) ist die Indizienkette als erdrückend anzusehen.
Eine Widerlegung dieser Vermutung ist der Klägerin nicht gelungen. Sie hat die im April 2014 erhobene Klage erst nach Monaten begründet und hat auch im Berufungsverfahren schriftlich keinerlei neuen Aspekte angeführt, die im Sinne einer anderen Interpretation und Anwendung des § 7 Abs. 3, 3a SGB II diskutiert werden könnten. Ihr in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2020 dargebotenes Vorbringen, es käme auf den inneren Willen und die gemeinsam getroffene Entscheidung an, lediglich in einer Wohngemeinschaft zusammenzuleben, ist angesichts der erdrückenden Indizienkette, die für eine Partnerschaft spricht, nicht überzeugend und deshalb unbeachtlich. Sie konnte auch den Ausführungen der Zeugin U. nichts Wesentliches entgegensetzen. Soweit sie ausgeführt hat, bei der Jugendweihe der Zeugin wären mangels eigener Familie ansonsten gar keine Gäste anwesend gewesen, spricht dies allenfalls dafür, dass die Zeugin U. offenbar nur wenige Familienmitglieder hat, die sie hätte einladen können. An der Tatsache, dass die Klägerin die eigene Familie zu den Gästen zählen durfte und damit ihre Verbundenheit zu ihrer Partnerin Pfennig und deren Tochter unterstrichen hat, ändert dieser Einwand nichts.
Auch hinsichtlich der Kosten der Unterkunft hat die Klägerin keinen höheren Leistungsanspruch. Dies ergibt sich für die Monate Dezember 2013, Januar 2014 und Februar 2014 aus der Tatsache, dass der Beklagte den auf die Klägerin entfallenden Anteil an den Kosten der Unterkunft (290 EUR) in vollem Umfang übernommen hat, nachdem er durch den rechtskräftigen Beschluss des SG vom 27. November 2013 hierzu verpflichtet worden war. In Ausführung dieses Beschlusses hat er den Bescheid vom 19. Dezember 2013 erlassen und der Klägerin weitere 67,80 EUR bewilligt, sodass sie im Ergebnis für die genannten Monate die vollen Kosten der Unterkunft erhalten hat. Dass sich dies rechnerisch im Bescheid vom 19. Dezember 2013 und im endgültigen Festsetzungsbescheid vom 2. April 2014 beim Anteil der Klägerin nicht niedergeschlagen hat, beruht auf der Aufteilung der Kosten der Unterkunft nach Kopfteilen, so das rechnerisch auch die Partnerin Pfennig zur Hälfte von den zusätzlich bewilligten 67,80 EUR partizipiert hat. Da es bei ihr aber bei der Kürzung wegen Unangemessenheit der Wohnkosten ab Dezember 2013 in anteiliger Höhe von 67,80 EUR geblieben war, hat die Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus beiden Personen, ab Dezember 2013 bis zum Ende des Leistungszeitraums im April 2014 nicht mehr die vollen Kosten der Unterkunft erhalten. Dies beruht auf dem Umstand, dass Frau P. offenbar nicht ihrerseits ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes parallel zu dem der Klägerin geführt hat, sodass die Frage ihres Anspruchs auf weitere Kosten der Unterkunft im abgetrennten Klageverfahren, das beim SG noch anhängig ist, zu klären sein wird.
Hinsichtlich der Monate März und April 2014 besteht ebenfalls kein weitergehender Leistungsanspruch der Klägerin, weil entgegen den Darlegungen des SG im Urteil vom
8. August 2018 die Kosten der Unterkunft nicht wegen Unangemessenheit auf der Grundlage der Richtlinie ab 1. April 2012 gedeckelt wurden, sondern der Beklagte auch hier den Beschluss des SG vom 27. November 2013 vollständig umgesetzt hat, wonach die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft gemäß der Tabelle zu § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % hat. Einen weitergehenden Anspruch kann die Klägerin vor dem Hintergrund, dass die Angemessenheit ihrer Wohnkosten nicht nach den Werten für einen Ein-Personen-Haushalt, sondern, wie jetzt feststeht, nach einem Zweipersonenhaushalt zu prüfen ist, nicht geltend machen, weil die Berechnung nach der Tabelle zu § 12 WoGG + 10 Prozent den Maximalbetrag ergibt, der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und der ständigen Praxis der Sozialgerichtsbarkeit zugesprochen werden kann. Diese Beträge hat die Klägerin für die Monate März und April erhalten, so dass darüber nicht hinausgegangen werden kann. Hinsichtlich des anteiligen Anspruchs der Partnerin Pfennig ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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