S 50 KR 2539/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
50
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 50 KR 2539/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1128,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent seit dem 30.11.2015 zu zahlen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Abrechnung einer stationären Krankenhausbehandlung des bei der Beklagten krankenversicherten F. in der Klinik der Klägerin im Zeitraum vom 25.02.2015 bis 27.02.2015. Umstritten ist die richtige Kodierung des Behandlungsfalls, insbesondere die Frage, ob bezüglich der durchgeführten Behandlung (Revision eines bestehenden Dialyseshunts mit Venenrektion und langstreckiger Raffung mittels Hegarstift) die OPS-Prozedur 5-397.x:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Sonstige) oder die Prozedur 5-397.a2 (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Oberflächliche Venen: Unterarm und Hand) zu kodieren ist.

Der Versicherte leidet an chronischer Niereninsuffizienz und benötigt regelmäßig die Durchführung von Dialysen. Am 25.02.2015 erfolgte die Aufnahme in der Klinik der Klägerin zur operativen Revision eines vorhandenen Shunts am linken Arm. Ausweislich des Arztbriefes erfolgte die Shuntrevision am Aufnahmetag mittels Venenresektion und langstreckiger Raffung mittels Hegarstift. Am 27.02.2015 wurde der Versicherte aus der stationären Behandlung entlassen.

Die Beklagte hat die Rechnung über die Behandlung in Höhe von 4459,85 EUR zunächst beglichen. Ausweislich des seitens der Beklagten eingeholten Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 27.08.2015 sei die Kodierung nicht in vollem Umfang nachvollziehbar. Laut des Operationsberichts sei eine Shuntrevision im Sinne einer distalen Shuntvenenresektion und langstreckiger Venenraffung über einen Hegarstift erfolgt. Dabei wurde das Wort "Venen" seitens des Gutachters des MDK jeweils fett markiert. Außerdem sei die notwendige Verweildauer um einen Tag zu kürzen. Am 13.11.2015 nahm die Beklagte dann einen Abzug in Höhe von 2322,15 EUR vor und verrechnete den ihrer Meinung nach bestehenden Rückforderungsanspruch mit unstreitigen Behandlungskosten in einem anderen Behandlungsfall.

Bezüglich der Kürzung der Verweildauer um einen Tag bestand Konsens zwischen den Beteiligten. Die Klägerin änderte die Rechnung auf einen Betrag von 3255,60 EUR, so dass nach Auffassung der Klägerin noch 1128,90 EUR offen sind.

Am 01.12.2016 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Sie begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Betrages von 1128,90 EUR. Zur Begründung trägt sie vor, die Auffassung des MDK zur Kodierung der Shuntrevision sei falsch. Die Shuntvene sei zwar aus einer körpereigenen Vene hervorgegangen, habe sich aber in der Zeit nach Anlage der Anastomose anatomisch umgewandelt. Nicht nur das Lumen weite sich entsprechend dem Durchfluss, sondern auch die Dicke und Beschaffenheit der Gefäßwand.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1128,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent seit dem 30.11.2015 zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt der Stellungnahmen des MDK. Statt der OPS-Prozedur 5-397.x:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Sonstige) sei die Prozedur 5-397.a2 (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Oberflächliche Venen: Unterarm und Hand) zu kodieren.

Das Gericht hat den Sachverständigen Dr. O. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, welches am 26.02.2018 erging. Der Sachverständige erklärte, bei dem Dialyseshunt habe sich die abführende Vene unter dem für eine Vene massiv erhöhten Druck mit der Zeit erweitert und verlängert. Dies habe zu einem Overflow-Phänomen (also zu deutlich erhöhten Durchflussraten) geführt. Aus diesem Grund habe die Shuntvene gekürzt und verengt werden sollen. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, zwar seien die seitens des Klägervertreters geschilderten feingeweblichen Veränderungen an der abführenden Vene zutreffend und auch erwünscht. Durch den hohen Blutdruck weite sich die Vene und ihre Wand verhärte sich, um den Belastungen standzuhalten. Dies seien erwünschte und notwendige Veränderungen. Eine normale Vene würde durch das vermehrte Punktierten im Rahmen der wöchentlichen Dialysesitzungen rasch thrombosieren und wäre anschließend nicht mehr nutzbar. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, dass es sich unverändert um eine Vene handele, nicht um eine Arterie oder anderes Gefäß. Damit sei die Verwendung der Prozedur 5-397.a2 (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Oberflächliche Venen: Unterarm und Hand) richtig. Um arterielle, aufwendigere Eingriffsziffern nutzen zu können, müsse die Legende unter Berücksichtigung der histologischen Wandveränderungen der Vene geändert bzw. angepasst werden. Bei der genannten Auffassung blieb der Sachverständige auch im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.12.2018.

Der Klägervertreter hat mit Schreiben vom 19.03.2019 erklärt, die Stellungnahme des Sachverständigen sei lediglich auf medizinische Aspekte gestützt, was an der Sache vorbeigehe. Entscheidend sei, dass die Einteilung der Blutgefäße im OPS-Kode für bestimmte Operationen nicht dichotom sei. In den Hinweisen zum Kapitel "Operationen an den Blutgefäßen" seien die Kodes.0-.8 für Behandlungen an Arterien und die Kodes.9 und.a für Behandlungen an Venen vorgesehen. Der Kode.x sei für sonstige Blutgefäße, die weder als Arterien noch als Venen zu kodieren seien, bestimmt. Diese Kodierung sei für Behandlungen an Shunts zu wählen. Diese Einschätzung würde durch eine Stellungnahme des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) vom 12.04.2018 gegenüber der Klägerin mit folgendem Inhalt gestützt: "Bei ausgereiften Shuntgefäßen ist für die Kodes 5-380 bis 5-383, 5-386, 5-388, 5-389 und 5-395 bis 5-397 die Lokalisationsangabe.x (sonstige Blutgefäße) zu verwenden:" Es handele sich nicht um eine medizinische Frage, sondern um eine kodiertechnische Frage, für deren Aufklärung das DIMDI als Autorität anzuerkennen sei.

Das Gericht hat am 10.12.2019 die mündliche Verhandlung durchgeführt. Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.12.2019 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die - als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthafte - Klage ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf die Vergütung von Krankenbehandlungen in Höhe von 1128,90 EUR zu. Der unstreitig entstandene Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung der Krankenhausbehandlungsleistungen aus einem anderen Behandlungsfall erlosch nicht dadurch in Höhe von 1128,90 EUR, dass die Beklagte mit einem vorgeblichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die hier streitige Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete. Denn der Beklagten steht ein solcher Erstattungsanspruch in Höhe von 1128,90 EUR nicht zu, da die Klägerin die streitige Krankenhausbehandlung –jedenfalls nach der Rechnungskorrektur am 13.11.2015- korrekt abgerechnet hat. Die Klägerin hat neben dem Vergütungsanspruch in Höhe von 1128,90 EUR auch einen Zinsanspruch auf diesen Betrag in Höhe von fünf Prozent ab dem 30.11.2015.

Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass der Klägerin aus einem anderen Behandlungsfall zunächst ein Anspruch auf die abgerechnete Vergütung zustand, so dass sich insoweit eine nähere Prüfung des erkennenden Gerichts erübrigt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 01.07.2014, Az. B 1 KR 2/15 R).

Der anderweitige Vergütungsanspruch für eine Krankenhausbehandlung erlosch auch nicht dadurch, dass die Beklagte mit einem vorgeblichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Aufrechnung erklärte. Die Voraussetzungen des etwaigen Gegenanspruchs der Beklagten aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 1128,90 EUR lagen nicht vor, da die von ihr bezahlten Rechnungen für die streitige Behandlung des Versicherten in dieser Höhe zu Recht erfolgt waren. Hinsichtlich der Kürzung der Verweildauer um einen Tag hat die Klägerin ihre ursprüngliche Rechnung vom 03.03.2015 storniert und am 13.11.2015 eine neue Rechnung erstellt.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 S.3 SGB V, § 17b Abs. 1 S.10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und § 7 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) [ ] sowie dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten (Vertrag nach § 112 SGB V) sowie dem Fallpauschalenkatalog der G-DRG-Version 2015. Wird die Versorgung -wie hier- in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt und ist sie – was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist - gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich, entsteht die Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach unmittelbar nach der Inanspruchnahme der Leistung durch den versicherten Patienten (vgl. BSG, Urteil vom 8.11.2011, Az. B 1 KR 8/11 R, st. Rspr.).

Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Maßgebliche Kriterien für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG sind die Hauptdiagnose, die Nebendiagnosen, eventuelle den Behandlungsverlauf wesentlich beeinflussende Komplikationen, die im Krankenhaus durchgeführten Prozeduren sowie weitere Faktoren (Alter, Geschlecht etc.). Die Diagnosen werden mit einem Kode gemäß der vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (Version 2010 – ICD-10; § 301 Abs. 2 S. 1 SGB V) verschlüsselt. Zur sachgerechten Durchführung dieser Verschlüsselung ("Kodierung") haben die Vertragspartner auf Bundesebene die "Deutschen Kodierrichtlinien" (hier: Version 2015) beschlossen. Aus diesen Kodes wird sodann zusammen mit den weiteren für den Behandlungsfall maßgeblichen Faktoren unter Verwendung einer bestimmten vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zertifizierten Software ("Grouper") die entsprechende DRG ermittelt (sog. "Groupierung"), anhand derer die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird (Landessozialgericht (LSG) Hamburg, Urteil vom 1.3.2012, Az. L 1 KR 28/10). Im vorliegenden Verfahren ist zwischen den Beteiligten einzig die Frage, ob die OPS-Prozedur 5-397.x:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Sonstige) oder die Prozedur 5-397.a2 (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Oberflächliche Venen: Unterarm und Hand) zu kodieren war, streitig. Zur Überzeugung der Kammer hat die Klägerin den Behandlungsfall (nach Umsetzung der Verweildauerkürzung um einen Behandlungstag) zu Recht mit der DRG F59B abgerechnet, da der OPS-Kode 5-397.x:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Sonstige) kodiert werden durfte.

Die Beklagte geht unter Verweis auf die Auffassung des MDK hingegen davon aus, dass stattdessen die Prozedur OPS 5-397.a2:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Oberflächliche Venen: Unterarm und Hand) zu kodieren war. Zur Begründung erklärte der MDK, es sei eine Shuntrevision im Sinn einer distalen Shuntvenenresektion und langstreckige Venenraffung über einen Hegarstift durchgeführt worden. Dabei hat der Gutachter des MDK jeweils den Wortteil "Venen" fett markiert.

Der Sachverständige Dr. O. geht ebenfalls davon aus, dass die Prozedur OPS 5-397.a2:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Oberflächliche Venen: Unterarm und Hand) zu kodieren war. Er hat ausgeführt, es sei zutreffend, dass bei einem Dialyseshunt die abführende Vene feingeweblich verändert wird. Dies sei auch erwünscht, schließlich werde ein Shunt nicht sofort genutzt, sondern man gebe der "durch den Shunt überfluteten" Vene ca. sechs Wochen Zeit, um sich zu entwickeln. Durch den ungewohnt hohen Blutdruck weite sich die Vene, ihre Wand verhärte sich, um letztlich den Belastungen standzuhalten. Eine normale Vene würde durch das vermehrte Punktieren im Rahmen der wöchentlichen Dialysesitzungen rasch thrombosieren und wäre anschließend nicht nutzbar. Dies ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass es sich um eine Vene handele, nicht um eine Arterie oder ein anderes Gefäß.

Zur Einschätzung des Sachverständigen bezüglich der zu kodierenden Prozedur ist festzustellen, dass andere Sachverständige bei vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen (beispielsweise in den Verfahren am SG Hamburg mit den Az. S 8 KR 1239/16, S 46 KR 1838/16, S 59 KR 572/16 und S 46 KR 1714/16) zum Teil die Kodierung der Prozedur OPS 5-397.x:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Sonstige) befürwortet haben. Diese Gutachten beruhten auf der Annahme, dass es sich bei einer Shuntvene aufgrund der Gewebeveränderungen nicht mehr um eine Vene im engeren Sinne handele. In den Verfahren S 38 KR 571/16, S 6 KR 1786/15, S 48 KR 1786/15 haben die jeweiligen Sachverständigen hingegen die Kodierung der Prozedur OPS 5-397.a:L befürwortet. Unter den medizinischen Sachverständigen werden also unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Bei der Frage, welche OPS-Prozedur für die durchgeführte Behandlung zu kodieren ist, handelt es sich jedoch nicht um eine medizinische, sondern um eine kodiertechnische Frage. Über die Auslegung des Regelwerks für die Vergütung von Krankenhausleistungen muss im Streitfall das Gericht im Wege der Rechtsanwendung, nämlich der Anwendung der nach der Rechtsprechung des BSG hierfür maßgeblichen Auslegungsregeln, entscheiden. Die Entscheidung über die Enge oder Weite von Leistungstatbeständen ist eine Frage der rechtlichen Auslegung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2017, Az. L 5 KR 3595/15; zur Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsbestimmungen: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2016, Az. L 5 KA 5799/11). Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Anwendung der normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (BSG, Urteil vom 19.06.2018, Az. B 1 KR 39/17 R). Sind danach allein juristische Auslegungsmethoden maßgeblich, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2017, Az. L 5 KR 3595/15; BSG, Beschluss vom 12.12.2012, Az. B 6 KA 31/12 B).

Den vorstehenden Erwägungen folgend war es in dem hier zu beurteilenden Fall alleinige Aufgabe des Sachverständigen, dem Gericht den Ablauf und die Auswirkungen der durchgeführten Behandlung, sowie deren medizinischen Nutzen darzulegen. Den insoweit überzeugenden Auswirkungen des Sachverständigen ist folgende medizinische Ausgangskonstellation des streitigen Behandlungsfalls zu entnehmen:

Der Versicherte leidet an chronischer Niereninsuffizienz, die im Jahr 2000 erstmals zur Dialysepflicht geführt hatte. Aus diesem Grund wurde bei dem Versicherten in der Mitte des Jahres 2000 ein sogenannter Dialyseshunt gelegt. Dabei handelt es sich um eine chirurgisch angelegte Kurzschlussverbindung (Shunt) zwischen einer Arterie und einer Vene. Nach dem Legen der oben genannten Kurzschlussverbindung wird der Shunt nicht sofort genutzt. Vielmehr wird der Vene ca. sechs Wochen Zeit gegeben, "sich zu entwickeln" bzw. "zu reifen". Dies geschieht dadurch, dass sich die Vene durch den ungewohnt hohen Blutdruck des Shunts weitet und die Gefäßwände sich verhärten. Diese feingeweblichen Veränderungen sind erwünscht und haben den Zweck, das Blutgefäß in die Lage zu versetzen, den Belastungen des vermehrten Punktierens im Rahmen der wöchentlichen Dialysesitzungen standzuhalten. Eine herkömmliche Vene würde durch die genannte Belastung schnell thrombosieren und wäre anschließend nicht mehr nutzbar. Die streitgegenständliche Behandlung war hier eine sogenannte Shuntrevision durch Kürzung und Verengung der Shuntvene. Dies war notwendig, da sich die Shuntvene infolge des massiv erhöhten Blutdrucks mit der Zeit erweitert und verlängert hatte. Dies hatte zu einem Overflow-Phänomen (also zu deutlich höheren Durchflussraten) geführt. Ziel der streitigen Behandlung war die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Shutgefäßes.

Nach Auffassung der Kammer war hier der OPS-Kode 5-397.x:L zu kodieren. Die seitens der Klägerin abgerechnete DRG F59B ist damit nicht zu beanstanden.

Dafür, dass bezüglich der durchgeführten Behandlung der OPS-Kode 5-397.x:L (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen: Sonstige) zu kodieren war, spricht insbesondere die Stellungnahme des DIMDI vom 12.04.2018. Darin heißt es, dass bei "ausgereiften Shuntgefäßen" [ ] für die Kodes 5-380 bis 5-383, 5-386, 5-388, 5-389 und 5-395 bis 5-397 die Lokalisationsangabe.x (sonstige Blutgefäße) zu verwenden sei. Auch wenn es sich bei dieser Stellungnahme nicht um eine bindende Klarstellung gemäß § 301 Absatz 2 Satz 4 SGB V und § 295 Absatz 1 Satz 6 SGB V handelt, liegt somit doch ein starkes Indiz für die Verwendung des Kodes OPS 5-397.x:L vor, da dem DIMDI nach den gesetzlichen Vorgaben und der Rechtsprechung die Aufgabe zukommt, die Kodes des OPS-Kataloges zu konkretisieren.

Außerdem sprechen systematische Erwägungen für die Verwendung des Kodes OPS 5-397.x:L: Der Kode 5-397 (Andere plastische Rekonstruktion von Blutgefäßen) ist im OPS-Katalog unter der Überschrift "Operationen an den Blutgefäßen" aufgeführt. Im Rahmen des Kodes 5-397 wird zwischen Arterien (.0 bis.9), Venen (.9 und.a) und Sonstigen (.x) unterschieden. Es stellt sich die Frage, für welche Blutgefäße der Kode -397.x:L angewendet werden soll. Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. O. in der ergänzenden Stellungnahme vom 20.12.2018, die.x-Kodierung könne bei Gefäßersatz, Patches o.ä. angewendet werden, überzeugt nicht. Denn nach der Überschrift des Kodes 5-397 muss es sich bei den "Sonstigen" um Blutgefäße handeln, die weder Venen, noch Arterien sind. Bei einem Patch handelt es sich jedoch nicht um ein Blutgefäß, sondern eine Erweiterung oder Abdeckung von Venen oder Arterien. Auch ein Gefäßersatz dürfte nicht als -neben Venen und Arterien eigenständiges- Blutgefäß zu beschreiben sein. Eine ausgereifte Shuntvene hingegen lässt sich nach der gebotenen Auslegung unter den Begriff des sonstigen Blutgefäßes im Sinne des OPS 5-397.x:L: fassen. Aufgrund der anatomischen Umwandlung der ursprünglichen Vene (Verhärtung der Gefäßwand, Lumenzunahme, Vermischung von venösem und arteriellem Blut) handelt es sich nicht mehr um eine Vene im engeren Sinne. Die Shuntvene unterscheidet sich sowohl hinsichtlich ihrer Anatomie, als auch hinsichtlich ihrer Funktion und ihrer Eigenschaften von einer "natürlichen" Vene. Dennoch handelt es sich bei der Shuntvene um ein Blutgefäß, nur eben um eines, das weder Vene, noch Arterie im engeren Sinne ist.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 14 Satz 1 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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