Die Härtefallklausel des Bundesausbildungsförderungsrechts bzgl der Berücksichtigung von Elterneinkommen ist auch bei der Entscheidung über die Gewährung von Ausbildungsgeld anwendbar.
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 11. Dezember 2019 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Revisionsverfahren.
Gründe:
I
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Streitig ist die Gewährung von Ausbildungsgeld nach dem SGB III.
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Bei dem 1998 geborenen Kläger ist eine Schwerbehinderung anerkannt. Er lebt mit seiner Mutter und seinem Bruder zusammen sowie mit dem Ehemann der Mutter, der nicht der Vater des Klägers ist. Der 1990 geborene Bruder des Klägers und seine Mutter sind ebenfalls als Schwerbehinderte anerkannt. Am 3.8.2015 begann der Kläger eine Ausbildung zum "Fachinformatiker Systemintegration", die nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 3.8.2015 am 2.8.2018 enden sollte. Der Kläger und die Ausbildungsstätte hoben den Ausbildungsvertrag in beiderseitigem Einvernehmen mit Wirkung zum 21.7.2017 auf.
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Für diese Ausbildung beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Ausbildungsgeld, was die Beklagte ablehnte (Bescheid vom 1.9.2015). Während des Vorverfahrens machte der Kläger insbesondere die Berücksichtigung von Steuerfreibeträgen geltend und verlangte einen Härtefreibetrag bzw die Anrechnung außergewöhnlicher Belastungen nach § 25 Abs 6 BAföG. Die Beklagte lehnte die Gewährung von Ausbildungsgeld nach erneuten Prüfungen wiederholt ab (Bescheide vom 20.10.2015, vom 6.4.2016 und vom 14.4.2016). Sodann wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20.10.2015 zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.4.2016). Das zu berücksichtigende Einkommen der Mutter übersteige den Bedarf des Klägers. Die Freibeträge seien in § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III abschließend geregelt und schlössen die Härtefallregelung des § 25 Abs 6 BAföG aus. Die Beklagte wies auch den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 6.4.2016 zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.8.2016).
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Im Klageverfahren hat der Kläger zunächst beantragt, ihm für die Zeit vom 3.8.2015 bis 31.1.2017 Ausbildungsgeld zu zahlen; zuletzt hat er nur eine Verurteilung zur Neubescheidung beantragt. Das SG hat die Beklagte unter Abänderung der angegriffenen Bescheide verurteilt, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (Urteil vom 19.2.2019). Nach § 122 Abs 2 SGB III iVm § 67 Abs 2 Satz 1 SGB III iVm § 25 Abs 6 BAföG könne zur Vermeidung unbilliger Härten auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen sei, ein weiterer Teil des Einkommens der Eltern und des Ehegatten anrechnungsfrei bleiben. Einen entsprechenden Antrag habe der Kläger gestellt, so dass die Bewilligung eines weiteren anrechnungsfreien Betrages im Ermessen der Beklagten stehe.
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Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 11.12.2019). Die Beklagte habe zu Unrecht keine Ermessensentscheidung über die Erbringung von Leistungen im Hinblick auf einen Härtefall iS des § 25 Abs 6 BAföG getroffen.
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Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III sei eine abschließende Regelung, die den behinderungsbedingten Besonderheiten Rechnung trage, und stehe der Anwendung der Härtefallklausel des § 25 Abs 6 BAföG entgegen. Das Ausbildungsgeld sei keine Entgeltersatzleistung. Es diene nicht der Abgeltung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs, sondern ausschließlich der (ausbildungsbedingten) Bedarfsdeckung. Dies habe den Gesetzgeber dazu bewogen, auf das Ausbildungsgeld das eigene Einkommen und das der Eltern und Ehegatten oberhalb fester Freibeträge anzurechnen.
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Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 11. Dezember 2019 und das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 19. Februar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung.
II
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Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen, nachdem das SG die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Neubescheidung verpflichtet hatte.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid vom 1.9.2015 in der Fassung der gemäß § 86 Halbsatz 1 SGG in das Vorverfahren einbezogenen Bescheide vom 20.10.2015, vom 6.4.2016 und vom 14.4.2016, mit denen jeweils die Gewährung von Ausbildungsgeld (erneut) abgelehnt worden ist, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2016. Der Widerspruchsbescheid vom 25.8.2016 hätte nicht erlassen werden dürfen, da der Bescheid vom 6.4.2016 bereits Gegenstand des Vorverfahrens gegen den Bescheid vom 1.9.2015 geworden war. Eine zusätzliche Beschwer des Klägers ist damit aber nicht verbunden.
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In zeitlicher Hinsicht streitgegenständlich ist die Zeit vom 3.8.2015 bis zum 31.1.2017, da sich die Klage nur auf diesen Zeitraum erstreckt hat. Ob neue Anträge auf Gewährung von Ausbildungsgeld während eines noch laufenden Verwaltungs- oder Vorverfahrens ebenso wie im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl insofern nur BSG vom 28.10.2009 - B 14 AS 62/08 R - juris RdNr 17) eine Zäsur bilden und den Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht begrenzen, kann hier dahinstehen. Denn die vom Kläger während des Vorverfahrens übermittelten Schreiben zielten ersichtlich nicht auf eine neue Antragstellung, sondern auf die Änderung der ursprünglichen Verwaltungsentscheidung von Anfang an, die die Beklagte nach jeweils erneuter Sachprüfung abgelehnt hat.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nicht, ob der Kläger einen Anspruch auf Ausbildungsgeld hat, sondern nur, ob er einen Anspruch gegen die Beklagte auf Neubescheidung seines Antrags hat. Nur dies war Gegenstand des Antrags des Klägers vor dem SG in der mündlichen Verhandlung; das SG hat auch nur hierüber entschieden.
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2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags.
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a) Gemäß § 122 Abs 1 Nr 1 SGB III haben behinderte Menschen Anspruch auf Ausbildungsgeld unter anderem während einer Berufsausbildung. Das Ausbildungsgeld dient der Sicherung des Lebensunterhaltes während der Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen (Jenak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl 2019, § 122 RdNr 13 mwN; Siefert in Hauck/Noftz, SGB III, § 122 RdNr 2, Stand Dezember 2019; vgl auch BSG vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R - BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, RdNr 24 ff). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG war der Kläger dem Grunde nach leistungsberechtigt. Insbesondere absolvierte er in der Zeit vom 3.8.2015 bis 21.7.2017 eine Berufsausbildung; auch war bei ihm ein GdB von 70 anerkannt.
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b) Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass auch bei der Gewährung von Ausbildungsgeld die Härtefallklausel des § 25 Abs 6 Satz 1 BAföG Anwendung finden kann. Nach dieser Norm kann zur Vermeidung unbilliger Härten auf besonderen Antrag, der vor dem Ende des Bewilligungszeitraums zu stellen ist, abweichend von den vorstehenden Vorschriften ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben.
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Die Anwendbarkeit des § 25 Abs 6 BAföG folgt allerdings nicht schon daraus, dass diese Norm einen "allgemeinen Rechtsgrundsatz" enthielte. Grundsatznormen sind Normen, die - etwa als Einweisungsvorschriften - insbesondere den Gesetzeszweck beschreiben und denen interpretationsleitende Bedeutung für die Auslegung anderer Normen zukommen kann (so etwa §§ 1 bis 11 SGB III; vgl etwa für § 2 Abs 2 SGB II BSG vom 19.3.2020 - B 4 AS 1/20 R - juris RdNr 28; vgl zu dieser Kategorie auch Höger, Die Bedeutung von Zweckbestimmungen in der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland, 1976; Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl 2002, § 11 RdNr 327 f) oder die für Ausübung behördlichen Ermessens relevant sein können (so etwa § 7 SGB III), die aber selbst keine unmittelbare Rechtsfolge herbeiführen. Um eine solche Grundsatznorm handelt es sich bei § 25 Abs 6 BAföG nicht, sondern vielmehr um eine Regelungsnorm, also eine an Tatbestandsvoraussetzungen anknüpfende Rechtsfolgenanordnung. Einer Verallgemeinerung solcher bereichsspezifischen Regelungen steht der Vorbehalt des Gesetzes entgegen, der verfassungsrechtlich in Art 20 Abs 3 GG (vgl insoweit BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175, 223 f = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 136; BVerfG (Kammer) vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09 - BVerfGK 17, 186, 189 = SozR 4-4200 § 20 Nr 11 RdNr 7) und einfachrechtlich in § 31 SGB I verankert ist.
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Die Anwendbarkeit des § 25 Abs 6 BAföG folgt allerdings aus § 122 Abs 2 SGB III iVm § 67 Abs 2 SGB III. Gemäß § 122 Abs 2 SGB III gelten für das Ausbildungsgeld die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. Gemäß dem im Abschnitt über die Berufsausbildungsbeihilfe verorteten § 67 Abs 2 Satz 1 SGB III gelten wiederum für die Ermittlung des Einkommens und dessen Anrechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen § 11 Abs 4 SGB III sowie die Vorschriften des Vierten Abschnitts des BAföG (also die §§ 21 bis 25 BAföG) mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend.
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Eine abweichende Bestimmung iS von § 122 Abs 2 SGB III enthält § 126 SGB III für die Fragen der Anrechnung von Einkommen und Freibeträgen. Diese Norm ist insofern lex specialis. In diesem Sinne hat das BSG bereits zu § 108 Abs 2 Nr 2 SGB III aF, der nahezu textgleichen Vorgängervorschrift des § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III, entschieden, dass § 108 Abs 2 Nr 2 SGB III aF eine gegenüber den Berufsausbildungsbeihilferegelungen vorrangige und abschließende Sonderregelung ist, die den behinderungsbedingten Besonderheiten Rechnung trägt, die mit der Integration eines behinderten Menschen in den Arbeitsmarkt verbunden sind (BSG vom 18.5.2010 - B 7 AL 36/08 R - BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1, RdNr 15). § 108 Abs 2 Nr 2 SGB III aF sollte - wie nun § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III - eine übermäßige Belastung des behinderten Menschen sowie der ihm gegenüber zum Unterhalt verpflichteten Personen und eine unzumutbare Beeinträchtigung in ihrem Lebensstandard verhindern (BSG vom 18.5.2010 - B 7 AL 36/08 R - BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1, RdNr 16).
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Allerdings errichtet § 126 SGB III kein geschlossenes System der Anrechnung von Elterneinkommen. Hiervon geht auch die Beklagte in ihren "Fachlichen Weisungen" aus, nach denen § 25 Abs 3 BAföG anwendbar ist (Fachliche Weisungen zu § 126 SGB III vom 1.8.2019, Ziffer 2.2 Abs 3). Soweit sich die Formulierung des Senats in seinen Urteilen vom 14.5.2014, wonach § 108 Abs 2 Nr 2 SGB III aF etwas Abweichendes iS des § 104 Abs 2 SGB III aF (der Vorgängernorm des § 122 Abs 2 Nr 2 SGB III) und damit Abschließendes regelt und ein Rückgriff auf die Regeln zur Berücksichtigung elterlichen Einkommens im Bereich der Berufsausbildungsbeihilfe (§ 71 Abs 2 SGB III aF iVm § 25 BAföG) ausscheide (BSG vom 14.5.2014 - B 11 AL 3/13 R - BSGE 116, 25 = SozR 4-4300 § 108 Nr 2, RdNr 14; BSG vom 14.5.2014 - B 11 AL 20/13 R - juris RdNr 20), anders verstehen ließ, hält er daran nicht fest.
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Das zwischen § 126 SGB III und § 25 BAföG bestehende Spezialitätsverhältnis sperrt insbesondere nicht die Anwendung des § 25 Abs 6 BAföG (ebenso Kador in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 126 RdNr 6; Nebe in Gagel, SGB II/SGB III, § 126 SGB III RdNr 11, Stand März 2017; Roos, SGb 2002, 667, 668 f; aA Schmidt in Jahn/Sauer, SGB III, § 126 RdNr 21, Stand 27.12.2019). Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Einkommensberücksichtigung nach § 126 SGB III dem Grunde nach für den Betroffenen günstiger ist als diejenige nach § 25 BAföG, und dass überdies auch die Einkommensberücksichtigung nach § 126 SGB III der Höhe nach grundsätzlich - insbesondere bei niedrigerem Einkommen - günstiger ist als diejenige nach §§ 21, 25 BAföG. Nach § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III ist auf das Ausbildungsgeld eines behinderten Menschen Einkommen seiner Eltern nur anzurechnen, soweit der behinderte Auszubildende mit seinen Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebt (BSG vom 18.5.2010 - B 7 AL 36/08 R - BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1, RdNr 15; BSG vom 14.5.2014 - B 11 AL 3/13 R - BSGE 116, 25 = SozR 4-4300 § 108 Nr 2, RdNr 13; BSG vom 14.5.2014 - B 11 AL 20/13 R - juris RdNr 19). Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, greifen die Freibeträge ein. § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III in der vom 1.4.2012 bis 31.7.2016 geltenden Fassung stellte das Einkommen der Eltern bis zu 2909 Euro monatlich bzw bei einem Elternteil bis 1813 Euro monatlich anrechnungsfrei. Diese Beträge betrugen nach § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III in der vom 1.8.2016 bis 31.12.2017 geltenden Fassung 3113 Euro bzw 1940 Euro monatlich. Das Einkommen der Eltern wird nach § 25 BAföG demgegenüber auch dann berücksichtigt, wenn der Leistungsbezieher nicht bei zumindest einem Elternteil lebt. Der anrechnungsfreie Betrag je Elternteil nach § 25 Abs 1 Nr 2 BAföG betrug 1070 Euro monatlich (1.4.2012 bis 31.7.2016) bzw 1145 Euro monatlich (1.8.2016 bis 15.7.2019). Diese Freibeträge erhöhten sich gemäß § 25 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BAföG für den nicht in Eltern-Kind-Beziehung zum Ausbildenden stehenden Ehegatten oder Lebenspartner des Einkommensbeziehers um 535 Euro (1.4.2012 bis 31.7.2016) bzw 570 Euro (1.8.2016 bis 15.7.2019). Das diese (ggf addierten) Freibeträge übersteigende Einkommen der Eltern blieb dann zu 50 vom Hundert anrechnungsfrei (§ 25 Abs 4 Nr 1 BAföG). Auch das Einkommen des behinderten Menschen selbst ist im Rahmen des Ausbildungsgeldes gegenüber den Regelungen des BAföG privilegiert. So blieb das Einkommen des behinderten Menschen, der Ausbildungsgeld beansprucht, aus Waisenrente und Waisengeld bis zum 31.7.2016 zu 242 Euro (vom 1.8.2016 bis 31.12.2017: 259 Euro) monatlich anrechnungsfrei (§ 126 Abs 2 Nr 1 SGB III), während solche Zahlungen nach § 21 Abs 3 Satz 1 Nr 1 BAföG in voller Höhe berücksichtigt werden.
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Mit diesen Sonderregelungen konnte aber nur dem Umstand Rechnung getragen werden, dass derjenige, der Ausbildungsgeld begehrt, und die ihm Unterhalt leistenden Elternteile aufgrund der Behinderung des jeweiligen Antragstellers besonderen finanziellen Belastungen ausgesetzt sind. In diesem Sinne ist die Formulierung, dass § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III den behinderungsbedingten Besonderheiten Rechnung trägt (zu § 108 Abs 2 Nr 2 SGB III aF BSG vom 18.5.2010 - B 7 AL 36/08 R - BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1, RdNr 15), zu verstehen. Andere, nicht an die Behinderung des Leistungsbegehrenden anknüpfende Umstände, konnten durch § 126 Abs 2 SGB III nicht antizipiert werden. Da zugleich kein sachlicher Grund ersichtlich ist, Personen, die Ausbildungsgeld begehren, insoweit anders und schlechter zu behandeln, als Personen, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, rechtfertigt dies die Annahme, dass der Verweis in § 122 Abs 2 iVm § 67 Abs 2 SGB III auf die Regelungen des Vierten Abschnitts des BAföG auch die Härtefallregelung des § 25 Abs 6 BAföG erfasst.
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Insofern ist aus historischer Perspektive von Bedeutung, dass § 108 SGB III aF seinerzeit den auf der Grundlage der Ermächtigung des § 58 Abs 2 Satz 1 iVm § 191 Abs 3 AFG erlassenen § 27 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (RehaAnO) ersetzt hat, der in Abs 6 eine Härtefallklausel enthalten hatte, wonach von dem an sich zu berücksichtigenden Einkommen bis zur Höhe von 500 DM monatlich abgewichen werden konnte, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt war. Da auch insofern nicht ersichtlich ist, dass mit der Überführung der Regelungen in das SGB III eine Schlechterstellung derjenigen, die Ausbildungsgeld begehren, verbunden sein sollte, streitet dies ebenfalls für die Anwendbarkeit des § 25 Abs 6 BAföG, auch wenn die Gesetzesmaterialien selbst insofern unergiebig sind. In der Begründung des Gesetzentwurfes zu § 108 SGB III wird lediglich ausgeführt, dass die Vorschrift "die Anrechnung von Einkommen auf die Bedarfssätze in Übernahme des geltenden Rechts (§ 27 A Reha) unter Berücksichtigung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung für ein 18. BAföG-Änderungsgesetz" regele (Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung - Arbeitsförderungs-Reformgesetz - (AFRG) vom 18.6.1996, BT-Drucks 13/4941, S 174). Ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass die Härtefallklausel des (bereits seit dem 1.9.1971 geltenden) § 25 Abs 6 BAföG nun auch im Anwendungsbereich des Ausbildungsgeldes gelten solle, lässt sich dem nicht entnehmen. Andererseits lässt sich aber auch kein eindeutiger Wille des Gesetzgebers (zu dessen Bedeutung für die Gesetzesauslegung zuletzt BSG vom 24.6.2020 - B 4 AS 7/20 R - RdNr 42 mwN - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) feststellen, der dem Auslegungsergebnis des Senats entgegenstehen würde.
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c) Das LSG ist im Ergebnis auch zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall Umstände vorliegen, die zur Anwendung der Härtefallklausel des § 25 Abs 6 BAföG führen können.
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§ 25 Abs 6 BAföG dient der Berücksichtigung atypischer Umstände (BVerwG vom 23.6.1983 - 5 C 113/81 - BVerwGE 67, 280, 285 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 6 - juris RdNr 24; BVerwG vom 11.10.1984 - 5 C 17/82 - BVerwGE 70, 189, 191 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 7 - juris RdNr 17; BVerwG vom 7.5.1987 - 5 C 66/84 - BVerwGE 77, 222, 227 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 8 - juris RdNr 14), wobei an das Merkmal der unbilligen Härte grundsätzlich erhebliche Anforderungen zu stellen sind (Knoop in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl 2020, § 25 RdNr 39). Diese Anforderungen sind hier aber erfüllt, weil bei der Mutter des Klägers ein Grad der Behinderung anerkannt ist, so dass zu ihren Gunsten als außergewöhnliche Belastungen jedenfalls die Pauschbeträge nach Maßgabe des § 33b EStG zu berücksichtigen sind; dies ergibt sich aus § 25 Abs 6 Satz 2 BAföG. Außergewöhnliche Belastungen können eine unbillige Härte darstellen, deren Vermeidung die Anwendung des § 25 Abs 6 BAföG rechtfertigt (vgl BVerwG vom 17.7.1998 - 5 C 14/97 - BVerwGE 107, 164, 166 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 13 - juris RdNr 12 mwN). Dass der Kläger selbst behindert ist, kann allerdings keinen Härtefall begründen, da die Behinderung bereits Voraussetzung für einen Anspruch auf Ausbildungsgeld ist. Die Erfüllung einer Anspruchsvoraussetzung kann nicht zugleich einen Härtefall begründen. Ob die Behinderung des volljährigen Bruders des Klägers zu einem Härtefall führt, kann der Senat nicht beurteilen, da die Feststellungen des LSG nicht ausreichen, um entscheiden zu können, ob die Mutter des Klägers gegenüber dessen Bruder nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist (vgl § 25 Abs 6 Satz 2 BAföG). Die Frage der Berücksichtigung der Behinderung des Bruders ist aber für das Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, da bereits die Behinderung der Mutter einen Härtefall begründet. Die Beklagte wird diesen Aspekt im Rahmen des neu eröffneten Verwaltungsverfahrens indes zu ermitteln und zu würdigen haben.
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Die Entscheidung nach § 25 Abs 6 Satz 1 BAföG steht grundsätzlich im Ermessen der Behörde (vgl BVerwG vom 7.5.1987 - 5 C 66/84 - BVerwGE 77, 222, 231 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 8 - juris RdNr 22; BVerwG vom 17.7.1998 - 5 C 14/97 - BVerwGE 107, 164, 166 f - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 13 - juris RdNr 13), wobei das der Behörde eingeräumte Ermessen mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte "gekoppelt" ist (Knoop in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl 2020, § 25 RdNr 37; vgl BVerwG vom 17.7.1998 - 5 C 14/97 - BVerwGE 107, 164, 167 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 13 - juris RdNr 13). Das Ermessen betrifft bei der Gewährung von Ausbildungsgeld das Entschließungs- und das Auswahlermessen, also das Ob und die Höhe der Freistellung weiteren Einkommens von der Anrechnung (vgl BVerwG vom 7.5.1987 - 5 C 66/84 - BVerwGE 77, 222, 231 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 8 - juris RdNr 22). Für das Bestehen eines Auswahlermessens bei der Anwendung des § 25 Abs 6 BAföG, wenn um die Gewährung von Ausbildungsgeld gestritten wird, streitet wiederum die historische, auf die Härtefallklausel des § 27 RehaAnO gerichtete Perspektive. Die Härtefallklausel des § 27 RehaAnO unterschied sich von derjenigen in § 25 Abs 6 BAföG dadurch, dass erstere auch im Härtefall eine Freistellung höchstens in Höhe von 500 DM (dies entspricht ca 255 Euro) vorsah, während § 25 Abs 6 BAföG keinerlei höhenmäßige Begrenzung vorsieht. Damit ist allerdings keine - ohnehin entsprechend der allgemeinen Preisentwicklung anzupassende - absolute Obergrenze umschrieben; entscheidend sind - wie bei jeder Ermessensentscheidung - die Umstände des konkreten Einzelfalles (vgl BVerwG vom 15.11.1990 - 5 C 78/88 - BVerwGE 87, 103, 111 - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 9 - juris RdNr 19). Zudem spricht die Hervorhebung außergewöhnlicher Belastungen nach §§ 33 bis 33b EStG und von Aufwendungen für behinderte Personen, denen der Einkommensbezieher nach dem bürgerlichen Recht unterhaltspflichtig ist, in § 25 Abs 6 Satz 2 BAföG dafür, dass das Vorliegen dieser Voraussetzungen ein besonders erheblicher Ermessensgesichtspunkt ist (vgl BVerwG vom 17.7.1998 - 5 C 14/97 - BVerwGE 107, 164, 166 f - Buchholz 436.36 § 25 BAföG Nr 13 - juris RdNr 12; Knoop in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl 2020, § 25 RdNr 41). Dies gilt umso mehr, soweit aufgrund der Behinderungen und der Unterhaltspflicht außergewöhnliche Belastungen tatsächlich vorliegen und nicht nur im Rahmen der Pauschbeträge nach § 33b EStG vermutet werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.