L 10 U 1326/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1220/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1326/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.12.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten steht die Höhe der von der Beklagten gewährten Verletztenrente im Streit.

Der am1958 geborene Kläger verletzte sich am 10.05.2011 im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit bei einem Bauunternehmen beim Verladen eines Rammax (Verdichtungsmaschine, s. L95 S. 18 VA-I) mittels eines Radladers. Der Kläger versuchte, den am Radlader hängenden, ins Schwingen geratenen, mehrere 100 kg schweren Rammax festzuhalten, als er von diesem am linken Arm und der linken Schulter getroffen wurde. Daraufhin stürzte er zu Boden und sein linker Fuß und Unterschenkel wurden von dem rechten Vorderrad des Radladers zweimal überfahren (s. Unfalluntersuchungsbericht L52 S. 4 VA-I sowie eigene Angaben des Klägers Bl. L25 S. 2 ff. VA-I und Unfallhergangsschilderung im Ersten Rentengutachten des Prof. Dr. S. L358 S. 3 VA-VI). Der Kläger wurde mit dem Rettungshubschrauber in das Universitätsklinikum F. gebracht und bis 17.05.2011 stationär behandelt. Es wurde eine Lisfranc-Luxation links, eine Fraktur der Ossa cuneiformia links, eine Metatarsalfraktur I bis III links, ein Kompartmentsyndrom am linken Fuß, eine Grundgliedfraktur der Großzehe rechts (s. Röntgenbefund von Mai 2011, L211 S. 113 VA-III und hierzu auch die Angaben des Klägers L25 S. 4 VA-I), eine proximale Fibula-fraktur links, eine Ruptur der Bursa praepatellaris links und eine anterior-inferiore Schulterluxation links diagnostiziert (L9 S. 1 ff. VA-I).

Im Dezember 2011 stellte sich der Kläger bei der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie E.-S. vor, die eine Axillarisparese und Fußheberschwäche links bei Zustand nach Kompartmentsyndrom links diagnostizierte. Weitere Nervenschädigungen beschrieb sie nicht (L195 S. 1 f. VA-II).

Im Februar und März 2012 stellte sich der Kläger in der Psychotraumatologischen Ambulanz der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. bei dem psychologischen Psychotherapeuten Dr. A. vor, der von einer posttraumatischen Belastungsstörung (DD: psychische Anpassungsstörung) ausging (L241 S. 3 VA-III) und in der Folgezeit eine ambulante verhaltenstherapeutische Behandlung des Klägers vornahm (L268 S. 1 ff. VA-IV, L396 S. 1 f. VA-VIII). Im März 2013 berichtete er gegenüber der Beklagten, dass beim Kläger eine deutliche Symptombesserung erreicht worden sei, ab etwa Herbst 2012 die Diagnosekriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung nicht mehr erfüllt seien und nur noch eine psychische Restsymptomatik im Sinne einer mittelbaren Verarbeitungsproblematik vorliege (L396 S. 1 VA-VIII). Im August 2013 wurde die psychotherapeutische Behandlung beendet (L435 S. 2 VA-IX).

Die Beklagte holte ein Erstes Rentengutachten bei dem geschäftsführenden Direktor des Departements Orthopädie und Traumatologie des Universitätsklinikums Freiburg, Prof. Dr. S. , ein (L358 S. 1 ff. VA-VI und L373 S. 2 ff. VA-VII, Untersuchungstag: 05.11.2012). Dieser teilte als wesentliche Unfallfolgen einen Zustand nach traumatischer Schulterluxation mit persistierender Bewegungseinschränkung links und Schädigung des Nervus axillaris, einen Zustand nach Lisfrancscher Luxationsfraktur links mit Kompartmentsyndrom und hoher Fibulafraktur links mit persistierender Bewegungseinschränkung und Schädigung des Nervus peronaeus, eine Grundgliedfraktur der Großzehe rechts, eine Ruptur der Bursa praepatellaris links mit Zustand nach Bursektomie am 10.05.2011 und eine posttraumatische Belastungsstörung mit (L358 S. 8 f. VA-VI). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf unfallchirurgischem Fachgebiet ab dem 05.11.2012 bis auf weiteres auf 40 v.H. (L358 S. 10 VA-VI).

Die Beklagte holte außerdem ein neuropsychiatrisches Gutachten bei dem Facharzt (u.a.) für Neurologie und Psychiatrie Dr. von K. (L379 S. 1 ff. VA-VIII, Untersuchungstag: 30.01.2013) und ein testpsychologisches Gutachten bei dem Diplom-Psychologen und Psychotherapeuten Dr. U. (L400 S. 1 ff. VA-VIII, Untersuchungstag: 25.03.2013) ein.

Dr. von K. diagnostizierte als Unfallfolgen - ohne Durchführung elektrophysiologischer Untersuchungen oder einer Messung der Kraftgrade - auf neurologischem Fachgebiet eine kombinierte weitgehend komplette Axillarislähmung links kombiniert mit Ausfällen einer oberen Armplexuslähmung und Teilschädigung des Nervus radialis mit Streckschwäche des ersten und zweiten Fingers sowie eine kombinierte Schädigung des Nervus peronaeus und tibialis links mit ausgedehnter Sensibilitätsstörung am linken Fuß, Fußheberschwäche und Aufhebung der Fähigkeit, die Zehen zu spreizen. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege nur noch eine leichte Anpassungsstörung als Folge der abgeklungenen posttraumatischen Belastungsstörung vor (L379 S. 10 VA-VIII). Die MdE für den linken Arm schätzte er auf 40 v.H. - für die kombinierte Schädigung des Nervus axillaris mit einer Teillähmung des unteren Armplexus links setzte er eine MdE von 35 v.H. und für die Teilschädigung des Nervus radialis oder/und der Wurzel C6 eine MdE von 10 v.H. an - und für die Folgen am linken Bein auf 20 v.H., die sich auch mit den chirurgischen Unfallfolgen überschnitten. Auf psychiatrischem Gebiet bestehe keine messbare MdE mehr. Die Gesamt-MdE schätzte er auf 60 v.H. ein, da sich die Funktionsstörungen des linken Armes und des linken Beines nicht überlappten (L379 S. 11 VA-VIII).

Dr. U. teilte als Unfallfolgen auf psychologischem Fachgebiet noch geringgradig ausgeprägte Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, vorwiegend in den Bereichen Wiedererleben und psychophysiologische Übererregung, sowie eine geringgradig ausgeprägte Klaustrophobie in Situationen, die mit Hilflosigkeit und mangelnder Fluchtmöglichkeit assoziiert seien, mit, maß diesen Folgen jedoch keine messbare MdE bei (L400 S. 10 VA-VIII).

In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme von Juli 2013 trat der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. S. den Gutachten des Dr. von K. und Dr. U. entgegen (L417 S. 2 ff. VA-IX). Mangels Durchführung elektrophysiologischer Untersuchungen und einer Messung der Kraftgrade ergäben sich aus dem Gutachten des Dr. von K. bereits keine gesicherten Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet. Auf Grund der Vorbefunde - namentlich der von der Fachärztin E.-S. im Dezember 2011 erhobenen - sei lediglich eine Teilschädigung des linken Nervus axillaris und des linken Nervus peronaeus anzunehmen (L417 S. 2 f. VA-IX). Eine Armnervengeflechtsschädigung links, eine Teilschädigung des linken Nervus radialis und/oder eine Schädigung des Nervus tibialis seien durch elektrophysiologische Voruntersuchungen ausgeschlossen worden (L417 S. 8 VA-IX). Auch hätten keine Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet im Vollbeweis vorgelegen (L417 S. 8 VA-IX). Die MdE sei auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet mit 40 v.H. zu bewerten, wobei erhebliche Überschneidungen zu den auf unfallchirurgischem Fachgebiet angenommenen Unfallfolgen bestünden, so dass die MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vollständig in dieser MdE aufgehe (L417 S. 3 VA-IX).

Mit Bescheid vom 16.09.2013 (Bl. 4 ff. SG-Akte) gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls ab dem 06.11.2012 bis auf weiteres eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 40 v.H., berechnet nach einem Jahresarbeitsverdienst (JAV) von 24.534,96 EUR. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, dass sie (am linken Arm) eine Muskelminderung sowie Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes nach traumatischer Schulterluxation mit Schädigung des Nervus axillaris und (am linken Bein) eine endgradige Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes, eine Schädigung des Nervus peronaeus sowie radiologisch nachweisbare Veränderungen im Sinne einer Arthrose im Naviculometatarsalgelenk und Arthrose im Bereich der Chopartschen Gelenklinie, nach fest verheiltem Lisfrancschen Luxationsbruch mit Kompartmentsyndrom und hohem Wadenbeinbruch sowie eine Ruptur der Bursa praepatellaris (Schleimbeutel) mit Entfernung des Schleimbeutels am 10.05.2011 berücksichtigt habe. Der Bruch der rechten Großzehe sowie die Leberprellung seien folgenlos ausgeheilt.

Dem hiergegen erhobenen Widerspruch (L430 S. 1 ff. VA-IX) gab die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2014 (Bl. 8 ff. SG-Akte) teilweise insoweit statt, als der der Rente zu Grunde liegende JAV auf 29.462,34 EUR erhöht wurde.

Zur Feststellung, ob dem Kläger zwischenzeitlich ein Anspruch auf Verletztenrente auf unbestimmte Zeit zustehe, veranlasste die Beklagte erneut Begutachtungen durch Dr. von K. (Gutachten Bl. 25 ff. SG-Akte, Untersuchungstag: 16.01.2014) und Prof. Dr. S. (Gutachten Bl. 30 ff. SG-Akte, Untersuchungstag: 16.01.2014).

Dr. von K. diagnostizierte - wiederum ohne Durchführung elektrophysiologischer Zusatz-untersuchungen und einer Messung der Kraftgrade - auf neurologischem Fachgebiet als Unfallfolgen eine schwere, aber nicht ganz komplette sensomotorische Axillarislähmung links kombiniert mit dem Ausfall des Musculus supraspinatus und der Außenrotatoren im Schultergelenk (Nervus suprascapularis), eine am ehesten durch eine Armplexusschädigung und Schädigung von Fasern des Nervus radialis links verursachte Schwäche der radialen Finger besonders für die Streckung und einer Sensibilitätsstörung der radialen Finger sowie der radialen Unterarmkante und eine kombinierte Schädigung des Nervus peronaeus und Ästen des Nervus tibialis links mit Fußheberschwäche, Atrophie und Schwäche der kleinen Fußmuskeln, ausgedehnter Sensibilitätsstörung am linken Fuß und Entwicklung eines Belastungsschmerzes ähnlich wie bei einer Mortonneuralgie, bewertete die MdE für den linken Arm mit 40 v.H. und für das linke Bein mit 20 v.H. sowie insgesamt mit 60 v.H. (Bl. 28 f. SG-Akte). Die vormals auf psychiatrischem Fachgebiet bestehende posttraumatische Belastungsstörung sei abgeklungen und bedinge keine messbare MdE mehr (Bl. 29 SG-Akte).

Prof. Dr. S. diagnostizierte als noch bestehende Unfallfolgen einen Zustand nach traumatischer Schulterluxation mit persistierender Bewegungseinschränkung links und gutachterlich neurologisch angenommener Schädigung des Nervus axillaris und im Seitenvergleich geminderter Muskelmasse, einen Zustand nach Lisfrancscher Luxationsfraktur links mit Kompartmentsyndrom und hoher Fibulafraktur links, eine aktuell weiterhin persistierende Bewegungseinschränkung und ebenfalls neurologisch gutachterlich angenommene kombinierte Schädigung des Nervus peronaeus und tibialis links mit ausgedehnter Sensibilitätsstörung am linken Fuß, eine dezente Fußheberschwäche und Aufhebung der Fähigkeit, die Zehen zu spreizen, einen Zustand nach Grundgliedfraktur der Großzehe rechts (hier: Restitutio ad integrum), eine Ruptur der Bursa praepatellaris links mit Zustand nach Bursektomie am 10.05.2011 sowie eine sich in Remission befindende posttraumatische Belastungsstörung. Er schätzte die MdE auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet auf 40 v.H. (Bl. 31 f. SG-Akte). Insgesamt führte er aus (Bl. 43 f. SG-Akte), dass die orthopädisch-unfallchirurgischen Unfallfolgen vollständig in den neuropsychiatrisch beschriebenen Unfallfolgen aufgingen und die Gesamt-MdE daher 60 v.H. betrage.

Mit Bescheid vom 06.03.2014 (Bl. 21 f. SG-Akte) gewährte die Beklagte dem Kläger an Stelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit in gleicher Höhe (weiter) und begründete ihre Entscheidung mit den bereits im Bescheid vom 16.09.2013 aufgeführten und durch die nochmaligen Begutachtungen von Prof. Dr. S. und Dr. von K. am 16.01.2014 bestätigten Unfallfolgen.

Am 12.03.2014 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 16.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2014 mit dem Ziel der Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 60 v.H. Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und sich (u.a.) mit den von Dr. von K. und Prof. Dr. S. in ihren Gutachten von Januar und Februar 2014 "festgestellten Gesundheitsschädigungen einverstanden" erklärt; er greife diese Gutachten "in keiner Weise" an (Bl. 20 SG-Akte).

Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. eingeholt (Bl. 66 ff. SG-Akte, Untersuchungstag: 23.03.2016). Da der Kläger auf die Anwesenheit seines Neffen bei der Exploration bestanden hat, hat der Sachverständige eine psychiatrische Exploration abgelehnt, sich auf das neurologische Fachgebiet beschränkt (Bl. 77 f. SG-Akte) und u.a. elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen durchgeführt (Bl. 85 SG-Akte). Der Sachverständige hat als Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet eine Teilschädigung des linken Nervus axillaris insbesondere im Bereich der hinteren Portion und eine Teilschädigung des linken Nervus peronaeus profundus diagnostiziert. Für die Schädigung an der linken oberen Extremität hat er eine MdE von 15 v.H. - jedenfalls nicht über 20 v.H. hinausgehend (Bl. 90 SG-Akte) -, für die linke untere Extremität unter Einbeziehung der Schmerzsymptomatik und der Teilversteifung eine MdE von 25 v.H. - allenfalls 30 v.H. - und auf Grund des Betroffenseins unterschiedlicher Körperregionen eine Gesamt-MdE von 40 v.H. angesetzt. Eine wesentliche Änderung sei für ihn in der Summe der Funktionseinschränkungen zuletzt auch angesichts der Tatsache, dass keine laufende Schmerzmedikation mehr bestehe und somit eine "unübliche" Schmerzsymptomatik nicht zu begründen sei, nicht ersichtlich (Bl. 91 SG-Akte).

Mit Urteil vom 22.12.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zum Streitgegenstand hat es ausgeführt, dass der Bescheid vom 06.03.2014, mit dem die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. auf unbestimmte Zeit gewährt habe, gemäß § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, da er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen sei und den angefochtenen Verwaltungsakt abändere. In materieller Hinsicht hat es ausgeführt, dass beim Kläger als Unfallfolgen am linken Arm eine Muskelminderung sowie eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes nach traumatischer Schulterluxation mit Schädigung des Nervus axillaris und am linken Bein eine endgradige Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes mit (Teil-)Schädigung des Nervus peronaeus profundus und eine radiologisch nachweisbare Veränderung im Sinne einer Arthrose im Naviculometatarsalgelenk und im Bereich der Chopartschen Gelenklinie bestehe. Die chirurgisch-orthopädischen Unfallfolgen ergäben sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. S. , die neurologischen aus demjenigen des Prof. Dr. Dr. W ... Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. habe über eine (Teil-)Schädigung des linken Nervus axillaris und des linken Nervus peronaeus profundus keine weiteren Nervenausfälle finden können. Er habe ausgeführt, dass die deutlich demonstrierte Herabsetzung der Handkraft nicht im Einklang mit der Bemuskelung und deren Einsatz in der Begutachtungssituation stehe, weshalb das Funktionsdefizit der linken Extremität im Alltag ersichtlich keiner funktionellen Einarmigkeit gleichkomme. Auch habe der Sachverständige keine Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Armes feststellen können, weshalb auch bei großzügiger Einschätzung allenfalls eine Teil-MdE von 20 v.H. anzusetzen sei. Die Bewegungseinschränkungen im Bereich der linken unteren Extremität habe der Sachverständige unter Heranziehung der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017) zutreffend mit einer MdE von 25 v.H. bewertet und insgesamt eine MdE von 40 v.H. angesetzt. Hierbei habe er auch berücksichtigt, dass bei der Bildung der Gesamt-MdE eine integrierende Gesamtschau der Funktionsdefizite vorzunehmen sei. Sofern dieselben Funktionseinschränkungen auf unterschiedlichen Fachgebieten beurteilt würden, flössen diese nur einmal in die MdE ein. Dem Gutachten des Dr. von K. sei demgegenüber - auf der Grundlage u.a. des Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. Dr. W. - nicht zu folgen, da dieser Ausfälle der Nerven lediglich vermutet, nicht aber durch elektrophysiologische Messungen objektiviert habe. So liege beispielsweise die behauptete Schädigung des Nervus suprascapularis nicht vor. Die von Dr. von K. für die linke obere Extremität angesetzte Teil-MdE von 40 v.H. entspräche einer annähernden Gebrauchslosigkeit des Armes, die ebenfalls nicht vorliege. Es bestünden lediglich Einschränkungen beim Heben über die Horizontale hinaus. Auch sei ein vollständiger Ausfall des Nervus peronaeus profundus gerade nicht gegeben. Sofern Prof. Dr. S. eine Gesamt-MdE von 60 v.H. vorgeschlagen habe, sei dem nicht zu folgen, da dieser die Einschätzung des Dr. von K. zu Grunde gelegt habe. Weitere Unfallfolgen - insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet - lägen nicht vor.

Gegen dieses - seinem Prozessbevollmächtigten am 06.03.2017 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 05.04.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und sein Begehren auf eine Verletztenrente nach einer MdE von 60 v.H. weiterverfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. W. nicht vollständig sei, da er sich nicht mit den Funktionseinschränkungen der linken Hand befasst habe (Bl. 20 LSG-Akte). Er mutmaße auch fälschlicherweise, dass eine Schädigung des Nervus axillaris schon älter sei, diese sei jedoch durch den Unfall entstanden (Bl. 31 LSG-Akte). Außerdem habe er den Unfallhergang nicht korrekt wiedergegeben, sondern hauptsächlich aus den Akten "abdiktiert" (Bl. 29 LSG-Akte). Der Unfallhergang sei in dem Gutachten des Universitätsklinikums F. (Prof. Dr. S. ) vom 09.11.2012 korrekt wiedergegeben. Die Beklagte solle im Übrigen die Unfallrekonstruktion des Mitarbeiters "S." (gemeint: S.) vorlegen (Bl. 29 LSG-Akte). Der Unfall habe auch eine (rechtsseitige) Hüft- und (beidseitige) Kniegelenksschädigung verursacht (Bl. 20 f. LSG-Akte). Über entsprechende Beschwerden habe er bereits bei der Untersuchung im Universitätsklinikum F. geklagt. Es seien jedoch keine weiteren Untersuchungen veranlasst worden, weshalb er selbst im April 2015 (Bl. 23 LSG-Akte) und im Juni 2017 (Bl. 24 f. LSG-Akte) entsprechende radiologische Untersuchungen habe vornehmen lassen. Der Kläger hat Berichte über radiologische Untersuchungen des linken Handgelenks von Mai 2017 (Bl. 22 LSG-Akte), der Hüfte rechts von April 2015 (Bl. 23 LSG-Akte) sowie beider Kniegelenke und des Beckens von Juni 2017 (Bl. 24 f. LSG-Akte) vorgelegt. Er habe auch die Beklagte bereits im September 2014 auf Hüftbeschwerden aufmerksam gemacht (Bl. 34 und 38 LSG-Akte). Unter Einbeziehung der Beeinträchtigungen im Bereich der linken Hand und Finger, der Hüfte und beider Kniegelenke betrage die MdE - wie von Prof. Dr. S. angenommen - 60 v.H. Im Übrigen zweifele er daran, dass bei der Begutachtung im Universitätsklinikum F. alles "mit rechten Dingen" zugegangen sei (Bl. 30 f. und 33 LSG-Akte).

Der Kläger beantragt (teilweise sachdienlich gefasst, vgl. Bl. 19 LSG-Akte),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.12.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2014 sowie des Bescheids vom 06.03.2014 zu verurteilen, ihm auf Grund des Arbeitsunfalls vom 10.05.2011 eine Verletztenrente nach einer MdE um 60 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Weder die geklagten Hüft- noch die Kniegelenksbeschwerden seien auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Der Kläger habe auch weder im Rahmen der ersten, noch der zweiten Rentenbegutachtung durch Prof. Dr. S. entsprechende Beschwerden geklagt. Eine Verletzung der Hüfte sei auch im D-Arzt-Bericht vom 11.05.2011 nicht diagnostiziert worden. Die MdE sei auf Grundlage der Gutachten des Prof. Dr. S. und des Prof. Dr. Dr. W. mit 40 v.H. ausreichend bemessen.

Der Senat hat ein Sachverständigengutachten bei dem Facharzt u.a. für Orthopädie Dr. H. eingeholt (Bl. 49 ff. LSG-Akte, Untersuchungstag: 14.08.2018). Als Unfallfolgen hat er eine Luxation der linken Schulter (Erstluxation/traumatisch) mit persistierender Nervenschädigung des linken Armes und Bewegungseinschränkung, eine Bursitis praepatellaris links (OP 10.05.2011), eine hohe Fibulafraktur links (Maisonneuve) und eine Luxationsfraktur an der Lisfranclinie links mit Fraktur des Os cuneiforme I bis III und des Os metatarsale I bis III und Kompartmentsyndrom diagnostiziert (Bl. 72 f. LSG-Akte). Die von ihm ebenfalls diagnostizierte Hüftgelenksarthrose rechts mehr als links und die Verschleißerkrankung beider Kniegelenke mit Knorpelschaden und Innenmeniskuläsion hat er als Ergebnis langjährig vorbestehender und insbesondere für die Kniegelenke altersentsprechend normal verlaufender Verschleißerkrankungen - mithin unfallunabhängig - angesehen (Bl. 73 LSG-Akte). Die geklagten Beschwerden im Bereich der linken Hand ließen sich auf der Grundlage der orthopädischen und der bildgebenden Befunde nicht erklären. Ob eine neurologische Genese objektivierbar sei, müsse anhand der neurologischen Befunde und in Ansehung der nicht konsistenten Beschwerdeangaben des Klägers beurteilt werden (vgl. Bl. 74 f. LSG-Akte). Insgesamt hat sich Dr. H. der MdE-Einschätzung von Prof. Dr. S. - MdE 40 v.H. - angeschlossen. In seiner ergänzenden Stellungnahme (Bl. 93 ff. LSG-Akte) ist der Sachverständige den Einwendungen des Klägers gegen sein Gutachten (Bl. 82 ff., 89 LSG-Akte) entgegengetreten und hat an seiner Einschätzung festgehalten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 16.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.2014 ist (soweit angefochten) ebenso wie der Bescheid vom 06.03.2014, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist (vgl. dazu nur Senatsurteil vom 20.11.2011, L 10 U 4346/08, in juris, Rdnr. 22, sowie Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 96 Rdnr. 3a m.w.N.), hinsichtlich der Bemessung der MdE, wie sie der jeweiligen Rente - zum einen der Rente als vorläufige Entschädigung und zum anderen der Rente auf unbestimmte Zeit - zu Grunde liegt, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Unfallfolgen nicht mit einer höheren MdE als 40 v.H. bewertet hat. Dem Kläger steht die bewilligte Rente - weder als vorläufige Entschädigung noch auf unbestimmte Zeit - daher nicht nach einer MdE um mehr als 40 v.H. zu, insbesondere nicht nach der von dem Kläger geltend gemachten MdE um 60 v.H.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Verletztenrente (§ 56 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VII -) dargelegt - die hier lediglich um die Regelungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VII hinsichtlich der Gewährung der Verletztenrente als vorläufige Entschädigung ergänzt werden - und zutreffend ausgeführt, dass und warum der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer höheren Verletztenrente nicht erfüllt. Es hat sich dabei zu Recht den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. , der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. S. und - in medizinischer Hinsicht - dem Gutachter Prof. Dr. S. angeschlossen und unter Heranziehung des Standardwerks Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O.), das auch der Senat regelmäßig seinen Entscheidungen zu Grunde legt, zutreffend dargelegt, dass beim Kläger eine höhere MdE als 40 v.H. nicht vorliegt und somit auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer höheren Verletztenrente nicht gegeben sind. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Das Berufungsvorbringen, mit dem der Kläger Beschwerden der (rechten) Hüfte, beider Kniegelenke sowie im Bereich der linken Hand ganz in den Vordergrund gerückt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Hinsichtlich der geklagten Kniegelenksbeschwerden hat der Sachverständige Dr. H. zwar eine am 10.05.2011 erfolgreich operierte Bursitis praepatellaris links - die er ebenso wie bereits Prof. Dr. S. in seinen urkundenbeweislich verwertbaren Rentengutachten (vgl. L358 S. 9 VA-VI und Bl. 32 SG-Akte) als unfallbedingt angesehen hat - sowie im MRT von Juni 2017 kernspintomographisch sichtbare Knorpelschäden beidseits bei beidseitiger Innenmeniskusläsion diagnostiziert. Der Senat kann offenlassen, ob diese Knorpelschäden bzw. beidseitigen Läsionen ursächlich auf dem Unfallereignis beruhen, was der Sachverständige unter Hinweis auf degenerative Veränderungen verneint hat. Denn die Beschwerden an den Knien bedingen (insgesamt) jedenfalls keine rentenrelevante (Teil-)MdE und sind daher nicht geeignet, zu einer höheren Verletztenrente zu führen.

Nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 685 f.) kommt eine MdE von 10 v.H. (erst) bei einer Bewegungseinschränkung des Kniegelenks (Streckung/Beugung) von 0-0-120° bzw. bei einer (muskulär kompensierten) Knieinstabilität in Betracht. Eine derartige eingeschränkte Kniebeweglichkeit oder eine Kniebandinstabilität vermag der Senat indes nicht festzustellen, nachdem Prof. Dr. S. in seinem Ersten Rentengutachten seitengleich freie Kniegelenksbeweglichkeiten (ohne Hinweise auf eine Meniskusläsion, intakte Kreuz- und Kollateralbänder, freies Gangbild; s. L358 S. 5, 7 und 13 VA-VI) und in seinem Zweiten Rentengutachten eine beidseitige Kniegelenksbeweglichkeit (Streckung/Beugung) von 0-0-130° (wiederum: keine Hinweise auf eine Meniskusläsion, Kreuz- und Kollateralbänder intakt, zudem: Varus- und Valgusstress negativ, kräftige Ober- und Unterschenkelmuskulatur, reizfreie und gut verschiebliche Narbe nach Bursektomie über dem linken Kniegelenk, freies Gangbild; s. Bl. 31 f., 34 Rs. SG-Akte) dokumentierte. Auch der gerichtliche Sachverständige Dr. H. hat weder eine Bewegungseinschränkung von 0-0-120° (oder schlechter) noch eine Knieinstabilität befundet, sondern im Gegenteil eine verbesserte beidseitige Kniegelenksbeweglichkeit von 0-0-160° (im Übrigen ohne Ergussbildung oder Überwärmung, Bandapparat seitengleich stabil, s. Bl. 65 LSG-Akte) beschrieben. Im Übrigen hat auch bereits Dr. B. im Rahmen seiner Verlaufskontrolle am 12.12.2011 eine Instabilität des operierten linken Knies ausdrücklich verneint (L186 S. 1 VA-II).

Damit ist eine relevante (bei Einzelbetrachtung also mit einer MdE von wenigstens 10 v.H. zu bewertende) Bewegungseinschränkung der Knie zu verneinen. Soweit der Kläger - lediglich pauschal - gemeint hat, bereits bei "der" Untersuchung im Universitätsklinikum F. über "erhebliche Beschwerden" der Kniegelenke geklagt zu haben, ist eine Relevanz für die Höhe der ab dem 06.11.2012 gewährten Rente in Ansehung der oben dargelegten Befunde nicht erkennbar. Die bloße Angabe von Kniebeschwerden ändert nichts daran, dass ein objektiv-klinischer Befund, der nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten (s.o.) eine entsprechende (Teil-)MdE rechtfertigen würde, gerade nicht vorliegt. Nämliches gilt, soweit der Kläger auf die (urkundenbeweislich verwertbare) beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. S. verwiesen hat (vgl. L417 S. 3 VA-IX). Ungeachtet dessen hat Prof. Dr. S. insoweit auch lediglich (Verdachts-)Diagnosen referiert, die sich im Übrigen nicht bestätigt haben ("Verdacht auf Außenbandriss") bzw. durch die erfolgreiche Bursektomie des linken Kniegelenks - entsprechend der obigen Darlegungen - überholt sind bzw. gerade nicht zu rentenrelevanten Funktionsdefiziten führen (s.o.).

Soweit der Kläger - wiederum nur pauschal - gemeint hat, Dr. H. hätte weitere Röntgenaufnahmen beim Universitätsklinikum F. beiziehen müssen, erschließt sich dem Senat eine entsprechende Relevanz schon deshalb nicht, weil radiologischen Befunden bei der MdE-Bewertung von Funktionsstörungen im Bereich der Knie keine entscheidende Bedeutung zukommt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 685), sondern die funktionellen Defizite im Vordergrund stehen, die vorliegend indes - wie bereits dargelegt - nicht rentenrelevant sind. Nur am Rande merkt der Senat an, dass dem Sachverständigen ohnehin (u.a.) die im Rahmen des stationären Aufenthalts des Klägers im Universitätsklinikum F. erstellten Befundberichte einschließlich Bildaufnahmen aktenkundig vorgelegen haben - worauf der Sachverständige hingewiesen hat (vgl. Bl. 94, 97 LSG-Akte) - und sich dem Senat auch nicht erschließt, welche (unspezifischen, vgl. Bl. 30 LSG-Akte) "Unterlagen" dort noch zusätzlich hätten beigezogen werden sollen, nachdem der Kläger selbst vorgebracht hat (Bl. 20 LSG-Akte), dass die Ärzte des Universitätsklinikums seinem Wunsch nach einer weitergehenden Untersuchung (auch) der Knie nicht nachgekommen seien. Unabhängig davon führt ohnehin auch eine (angenommene) pflichtwidrig unterlassene Befunderhebung nicht dazu, dass ein auffälliger Befund unterstellt werden könnte (s. dazu bereits Senatsbeschluss vom 30.07.2019, L 10 U 3856/16).

Soweit sich der Kläger schließlich insgesamt gegen die Einschätzung des Dr. H. gewandt hat (vgl. Bl. 82 ff., 89 LSG-Akte), hat der Sachverständige im Einzelnen dargelegt und ebenso schlüssig wie nachvollziehbar begründet, dass und warum die Einwände keine andere Bewertung rechtfertigen. Nachdem die Klägerseite dem nichts (mehr) entgegengehalten hat, macht sich der Senat die ergänzende Stellungnahme des Dr. H. zu eigen und verweist auf diese (Bl. 93 ff. LSG-Akte).

Hinsichtlich der vom Kläger geklagten Beschwerden im Bereich der (rechten) Hüfte und der linken Hand kommt eine höhere MdE-Bewertung ebenfalls nicht in Betracht.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Gesundheitsschaden geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können; sie müssen daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (vgl. u.a. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 20.12.2016, B 2 U 16/15 R, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris). Nur hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung sowie der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, a.a.O.; vgl. auch BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 mit weiteren Ausführungen zur Begründung); hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90).

Unter Zugrundelegung dessen vermag der Senat einen ursächlichen Zusammenhang der vom Kläger geklagten Beschwerden der (rechten) Hüfte sowie im Bereich der linken Hand mit dem Unfallereignis nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen.

Die erstmals vom Sachverständigen Dr. H. auch unter Berücksichtigung der bildgebenden Befunde diagnostizierte beidseitige Coxarthrose - rechts im Stadium III-IV, links im Stadium II-III - ist vielmehr eine hier altersentsprechend normal verlaufende Verschleißerkrankung und steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis (vgl. Bl. 73 LSG-Akte). Der Sachverständige hat dies überzeugend daraus abgeleitet, dass die auf den Röntgenbildern von Juni 2017 (Bl. 24 f. LSG-Akte) dargestellte Arthrose des rechten Hüftgelenks in ihrer Ausprägung bereits auf Voraufnahmen von Juni 2014 (Bl. 98 LSG-Akte) und April 2015 (Bl. 23 LSG-Akte) zu erkennen gewesen ist und nur eine geringe Progredienz stattgefunden hat. Er hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die bereits auf diesen Voraufnahmen dargestellte Hüftgelenksarthrose nur das Ergebnis einer langjährig vorbestehenden degenerativen Erkrankung sein kann, da sie, wäre sie auf den Unfall vom 10.05.2011 zurückzuführen, mit einer erheblichen Gelenkverletzung hätte einhergehen müssen (Bl. 74 LSG-Akte). Eine derartige (traumatische) Hüftgelenksverletzung ist jedoch weder durch die erstbehandelnden Ärzte noch durch Dr. B. dokumentiert worden - worauf der Sachverständige hingewiesen hat - und auch Prof. Dr. S. dokumentierte weder in seinem Ersten noch in seinem Zweiten Rentengutachten entsprechende Störungen, sondern beschrieb im Gegenteil eine klinisch beidseits freie Beweglichkeit der Hüftgelenke (L358 S. 7 VA-VI, L480 S. 3 VA-XI).

Der - ohnehin nur pauschal gebliebene - Vortrag des Klägers, er habe (rechtsseitige) Hüftbeschwerden bereits "anlässlich der Untersuchung in der Universitätsklinik F. geltend gemacht" (wobei die dortigen Ärzte eine entsprechende Untersuchung nicht für erforderlich erachtet hätten, s. Bl. 20 LSG-Akte) bzw. in einem Schriftsatz an die Beklagte von September 2014 (vgl. Bl. 38 LSG-Akte) beschrieben, ändert nichts daran, dass es an einer klinischen Befunddokumentation einer zeitnah nach dem Unfall aufgetretenen entsprechenden Beschwerdesymptomatik gerade mangelt und dass auch Prof. Dr. S. bei seinen späteren Begutachtungen keine entsprechenden Funktionsstörungen beschrieben hat. Der bloße Umstand, dass beim Kläger eine Cox-arthrose vorliegt, ist für sich gesehen nicht geeignet, eine höhere Verletztenrente zu begründen, denn dies sagt noch nichts über den erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen aus, der positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R). Der ursächliche Zusammenhang (im naturwissenschaftlichen Sinn) kann dabei ohnehin auch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dem entsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gerade nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dabei ist - wie bereits oben ausgeführt - zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden muss (was vorliegend nicht in Betracht kommt, s.o.) und es nicht genügt, Alternativursachen auszuschließen, was vorliegend aber noch nicht einmal gelungen ist.

Nur am Rande merkt der Senat auch im vorliegenden Zusammenhang an, dass der Kläger auch insoweit selbst eingeräumt hat, dass die Ärzte des Universitätsklinikums F. gerade keine Veranlassung zu einer (weitergehenden) Untersuchung der (rechten) Hüfte sahen, dass selbst eine (angenommene) pflichtwidrig unterlassene Befunderhebung nicht dazu führt, dass ein auffälliger Befund unterstellt werden könnte (s.o.) und dass der Kläger sich im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich mit den in den Gutachten von Dr. von K. von Januar 2014 und Prof. Dr. S. von Februar 2014 beschriebenen Gesundheitsstörungen, in denen diese weder Hüftgelenksbeschwerden dokumentiert, geschweige denn solche als Unfallfolgen beschrieben haben, "einverstanden" erklärt hat und diese "in keiner Weise" hat angreifen wollen (Bl. 20 SG-Akte).

Was die vom Kläger geklagten Beschwerden im Bereich der linken Hand anbelangt, kann sich der Senat schon nicht von einer entsprechenden (unfallbedingten) Gesundheitsstörung überzeugen.

Eine solche hat der gerichtliche Sachverständige Dr. H. aus orthopädischer Sicht nicht zu diagnostizieren vermocht. Zwar hat sich bei der Untersuchung des Klägers links ein Druckschmerz des Daumenballens und des radialen Handgelenkes sowie ein Kompressionsschmerz der Mittelhandknochen gezeigt und der Faustschluss links ist mit etwa einem Viertel der Kraft von rechts, das Fingerspreizen und -schließen aktiv nicht möglich gewesen, ebenso wenig das Abspreizen des Daumens (Bl. 64 LSG-Akte). Indes hat die Untersuchung der Handgelenke keine klinischen Auffälligkeiten gezeigt (Dorsal-/Palmarflexion rechts von 70-0-80° und links von 75-0-90°, Radial-/ Ulnarabduktion seitengleich 55-0-45°) und auch die Oppositionsbewegung des Daumens ist praktisch seitengleich möglich, die Abspreizung links lediglich schmerzhaft eingeschränkt gewesen (Bl. 63 LSG-Akte). Veränderungen traumatischen Ursprungs hat Dr. H. nicht gefunden und auch die bildgebenden Befunde (CT vom 23.05.2017 und MRT vom 23.06.2017) zeigen - so der Sachverständige - keine Veränderungen, die die geklagten Beschwerden objektivieren (vgl. Bl. 74 LSG-Akte). Im Übrigen diagnostizierte auch Prof. Dr. S. weder in seinem Ersten noch in seinem Zweiten Rentengutachten (unfallbedingte) Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet im Bereich der linken Hand.

Soweit der Sachverständige Dr. H. eine neurologische Störung im Hinblick auf die geklagten Beschwerden im Bereich der linken Hand in Erwägung gezogen und insoweit auf die neurologischen Befunde verwiesen hat, vermag sich der Senat auch insoweit nicht von einer (unfallbedingten) Gesundheitsstörung zu überzeugen. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. hat nach der Durchführung elektrophysiologischer Zusatzuntersuchungen (Bl. 85 SG-Akte) eine Schädigung der distal zum Arm hin verlaufenden Nerven (Nervus radialis, medianus und ulnaris) ausgeschlossen und im Bereich der oberen Extremitäten ausschließlich eine Schädigung des Nervus axillaris dokumentiert (Bl. 89 SG-Akte). Im Rahmen der körperlichen Untersuchung hat er eine völlig seitengleich ausgebildete Unterarm- und Handmuskulatur ohne trophische Störungen beschrieben und entgegen der demonstrierten Schwäche der Handkraft bei Prüfung mit verschiedenen Messgeräten bei der Einzelprüfung der Muskulatur an den Händen keinen ersichtlichen Unterschied bei Daumenopposition, Daumenabduktion und Kleinfingerabduktion finden können (Bl. 83 und 88 SG-Akte). Die Ergebnisse der von Prof. Dr. Dr. W. durchgeführten elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen stehen in Einklang mit den Messergebnissen der Fachärztin E.-S. von Dezember 2011 (L195 S. 2 VA-II), die im Bereich der oberen Extremitäten durch elektrophysiologische Untersuchungen ebenfalls lediglich eine Schädigung des Nervus axillaris links und gerade keine Schädigung des Nervus radialis nachwies. Eine Schädigung der distal zum Arm hin verlaufenden Nerven wies auch Dr. von K. im Rahmen seiner beiden Begutachtungen nicht nach. Zwar diagnostizierte er in beiden Gutachten u.a. eine Schädigung des Nervus radialis (L379 S. 9 VA-VIII, L469 S. 7 VA-XI), blieb jedoch - worauf auch Prof. Dr. S. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme (L417 S. 7 VA-IX) zu Recht hinwies - bei beiden Begutachtungen die Durchführung einer elektrophysiologischen Untersuchung zur Objektivierung schuldig.

Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung behauptet hat, Prof. Dr. Dr. W. habe sich nicht mit den Funktionseinschränkungen der linken Hand befasst und entsprechende Untersuchungen und Messungen nicht vorgenommen (Bl. 20 und 29 LSG-Akte), so trifft dies nicht zu. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten insbesondere auch den Befund der linken Hand ausführlich beschrieben und eine Sensibilitätsprüfung vorgenommen, die gleichsam keine Anhaltspunkte für eine Schädigung des Nervus radialis ergeben hat (Bl. 83 f. SG-Akte). Darüber hinaus hat er - wie bereits oben ausgeführt und im Gegensatz zu Dr. von K. - elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen der distal zum Arm hin verlaufenden Nerven vorgenommen, die jedoch unauffällig gewesen sind (Bl. 84 SG-Akte).

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. die diagnostizierte Schädigung des Nervus axillaris als "schon älter" bezeichnet hat (Bl. 31 LSG-Akte), ist eine Relevanz nicht ersichtlich. Denn dies ändert nichts an dem von Prof. Dr. Dr. W. erhobenen klinischen Befund, der gerade eine neurologische Störung im Bereich der linken Hand nicht belegt.

Soweit der Kläger ferner gemeint hat, Prof. Dr. Dr. W. habe einen "falschen" Unfallhergang wiedergegeben und nur aus den Akten "abdiktiert", ohne sich mit ihm zu unterhalten (Bl. 20, 29 LSG-Akte), ist Letzteres bereits unzutreffend (s. etwa die anamnestischen Angaben des Klägers, Bl. 77 ff. SG-Akte, seine Angaben zum Unfallereignis, Bl. 78 f. SG-Akte, sowie zu "aktuellen Beschwerden", Bl. 81 f. SG-Akte) und auch im Übrigen lässt dieser (ohnehin nur pauschale) Vortrag insoweit eine Relevanz nicht erkennen. Zum einen ändert dies nichts an den vom Sachverständigen dokumentierten objektiv-klinischen Befunden, zum anderen kommt es auf den genauen Unfallhergang nicht an, nachdem schon eine Gesundheitsstörung im Bereich der linken Hand - entsprechend der obigen Ausführungen - nicht nachgewiesen ist; insoweit bedarf es auch keiner Beiziehung des Unfalluntersuchungsberichts des Beklagten-Mitarbeiters S., der sich ohnehin in der Verwaltungsakte befindet (L52 S. 2 ff. VA-I). Im Übrigen entspricht der von Prof. Dr. Dr. W. geschilderte Unfallhergang demjenigen, den auch Prof. Dr. S. in seinem Gutachten von November 2012 - worauf sich der Kläger beruft - schilderte (L358 S. 3 VA-VI). Hieran ändert auch die Falschbezeichnung des "Radladers" als "Gabelstapler" (Bl. 79 SG-Akte) in der Sache nichts.

Als Unfallfolgen bestehen beim Kläger demnach auf neurologischem Fachgebiet - was der Senat ebenso wie bereits das SG auf das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. W. stützt - eine Teilschädigung des linken Nervus axillaris insbesondere im Bereich der hinteren Portion und des linken Nervus peronaeus profundus (Bl. 91 SG-Akte) und auf orthopädischem Fachgebiet - dies stützt der Senat auf das Sachverständigengutachten des Dr. Heinold, der insoweit die Einschätzung des Prof. Dr. S. bestätigt hat - ein Zustand nach traumatischer Erstluxation der linken Schulter mit Bewegungseinschränkung, ein Zustand nach Lisfrancscher Luxationsfraktur links mit Kompartmentsyndrom und hoher Fibulafraktur links mit persistierenden Bewegungseinschränkungen, ein Zustand nach folgenlos ausgeheilter Grundgliedfraktur der Großzehe rechts und ein Zustand nach erfolgreich behandelter Bursitis praepatellaris links (Bl. 31 f. SG-Akte, Bl. 72 LSG-Akte). Diese sind mit einer Gesamt-MdE von 40 v.H. ausreichend bewertet.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel. Hierbei ist zu beachten, dass dieselben Funktionseinschränkungen auf unterschiedlichen Fachgebieten nur einmal in die MdE einfließen (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 131)

Hat ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, so ist die MdE im Ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (BSG, Beschluss vom 24.11.1988, 2 BU 139/88 unter Hinweis auf Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht). Dementsprechend sind mathematische Formeln kein rechtlich zulässiges oder gar gebotenes Beurteilungsmittel zur Feststellung der Gesamt-MdE (BSG, Urteil vom 15.03.1979, 9 RVs 6/77), vielmehr muss bei der Gesamtbeurteilung bemessen werden, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSG, a.a.O.).

Nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 249 und 252) ist ein vollständiger Ausfall des Nervus axillaris - dieser führt zu einer Schwäche beim Abspreizen, Vor-, Zurückführen und Auswärtsdrehen des Armes - mit einer MdE von 30 v.H., Teillähmungen hingegen sind geringer zu bemessen. Ein vollständiger Ausfall des Nervus axillaris liegt - wie von Prof. Dr. Dr. W. überzeugend ausgeführt - beim Kläger nicht vor. Dies ergibt sich auch aus den von Prof. Dr. S. und Dr. H. erhobenen Befunden, denn das Ausmaß einer Nervenschädigung manifestiert sich gerade in den tatsächlichen Funktionsdefiziten respektive in entsprechenden Bewegungseinschränkungen (vgl. Senatsurteil vom 19.02.2009, L 10 U 4834/05), worauf Prof. Dr. Dr. W. aufmerksam gemacht hat und woran er sich auch bei seiner MdE-Einschätzung zu Recht orientiert hat (vgl. Bl. 90 SG-Akte); auch Prof. Dr. S. ist im Übrigen von einem "vollständigen Aufgehen" der orthopädischen Beeinträchtigungen in den neurologischen ausgegangen (vgl. Bl. 44 SG-Akte). Prof. Dr. S. beschrieb im Januar 2014 die Abduktion und Adduktion im linken Schultergelenk mit 40-0-90°, die Ante-/Retroversion mit 120-0-45° und die Innen- und Außenrotation mit 90-0-45°. Der Schürzengriff gelang dem Kläger bis Höhe L3 und der Nackengriff - wenn auch verlangsamt gegenüber rechts - vollständig (Bl. 31 SG-Akte). Auch Dr. H. hat ähnliche Befunde beschrieben. So ist dem Kläger im August 2018 bei rein aktiver Bewegung eine Anteversion links bis 110°, eine Abduktion links bis 100°, der Schürzengriff links bis LWK4 und der Nackengriff links - ebenfalls verlangsamt gegenüber rechts - vollständig möglich gewesen. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O., S. 560) wird eine Bewegungseinschränkung der Schulter vorwärts/seitwärts bis 90° bei freier Rotation mit einer MdE von 20 v.H., bei einer Beweglichkeit bis 120° bei freier Rotation mit 10 v.H. bewertet. Trotz der von Prof. Dr. Dr. W. diagnostizierten Teilschädigung des Nervus axillaris ist das linke Schultergelenk in seiner wichtigsten Funktion der Vorhebung (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 560) beim Kläger erst ab ca. 110° (s.o.) beeinträchtigt. Insoweit kommt - wovon auch Prof. Dr. Dr. W. ausgegangen ist (Bl. 91 SG-Akte) - eine höhere (Teil-)MdE als 15 v.H. für die Funktionsdefizite im Bereich der linken oberen Extremität nicht in Betracht.

In Bezug auf die linke untere Extremität hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. wiederum in Anlehnung an die bereits zitierte unfallversicherungsrechtliche Literatur ausgeführt, dass ein vollständiger Ausfall des Nervus peronaeus profundus, der mit einer MdE von 20 v.H. bewertet wird (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 253), nicht vorliegt, da die vom Kläger zum Teil demonstrierte vollständige Plegie inkonstant erscheint und auch keine Sensibilitätsstörung zu objektivieren ist (Bl. 90 SG-Akte). Auch hier ergibt sich das Ausmaß der Nervenschädigung wiederum aus den bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen, mithin also namentlich aus den objektivierten Bewegungseinschränkungen. Prof. Dr. S. dokumentierte insoweit im Januar 2014 eine endgradig schmerzhafte Bewegungseinschränkung (Bl. 31 SG-Akte) des linken oberen Sprunggelenks auf 0-5-30° und des linken unteren Sprunggelenks auf 8/10 der Gesamtbeweglichkeit (Bl. 34 SG-Akte). Dr. H. hat eine Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenks auf 5-0-30° und eine passiv seitengleich freie Pro- und Supination (Bl. 65 LSG-Akte) beschrieben. Da auch insoweit die Nervenschädigung mit den orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen korreliert (s.o.), hat Prof. Dr. Dr. W. als Vergleichsparameter für die schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Mittelfuß zu Recht die orthopädische MdE-Bewertung des Sprunggelenks herangezogen. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O., S. 713) beträgt die MdE für die Versteifung des unteren Sprunggelenks in "schmerzhafter Wackelsteife" 20-30 v.H., die vollständige Versteifung des unteren Sprunggelenks und des Vorfußes 25 v.H. und die Versteifung des vorderen unteren Sprunggelenks 10 v.H. Eine Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks auf 0-0-30° ist mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 712). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe und unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beweglichkeit des linken Sprunggelenks des Klägers noch wesentlich besser ist, als bei einer vollständigen Versteifung des unteren Sprunggelenks und Vorfußes sowie der beim Kläger bestehenden - nicht außergewöhnlichen (worauf Prof. Dr. Dr. W. ebenfalls hingewiesen hat) - Schmerzzustände sieht der Senat keinen Raum dafür, für die Funktionsbeeinträchtigungen des linken Fußes von einer höheren (Teil-)MdE als den von Prof. Dr. Dr. W. angenommenen 25 v.H. (s. Bl. 91 SG-Akte) auszugehen.

Da die beim Kläger noch vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - linke Schulter und linker Fuß - unterschiedliche Funktionssysteme betreffen und sich diese nicht überschneiden, ist die von Prof. Dr. Dr. W. angenommene Gesamt-MdE von 40 v.H. (Bl. 91 SG-Akte) unter Zugrundelegung einer Teil-MdE von 15 v.H. für die Funktionsdefizite im Bereich der linken Schulter und von 25 v.H. für die Funktionsdefizite im Bereich des linken Fußes auch unter Berücksichtigung einer integrierenden (Gesamt-)MdE-Bewertung jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig bemessen. Auch Prof. Dr. S. (L417 S. 3 VA-IX) und der gerichtliche Sachverständige Dr. H. (Bl. 76 LSG-Akte) haben keine höhere MdE als 40 v.H. angenommen.

Der Gesamt-MdE-Einschätzung des Prof. Dr. S. - 60 v.H. (Bl. 44 SG-Akte) - ist hingegen nicht zu folgen. Richtigerweise führte er zwar aus, dass die orthopädisch-unfallchirurgischen Unfallfolgen vollständig mit den neurologisch beschriebenen Unfallfolgen korrelieren. Allerdings legte er zur Bemessung der Gesamt-MdE - insoweit fachfremd - die sämtlichen von Dr. von K. angenommenen, aber von diesem gerade nicht objektivierten (s.o.) neurologischen Gesundheitsstörungen zu Grunde. Der Senat kann sich indes - ebenso wenig wie bereits das SG - auf der Grundlage namentlich des Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. Dr. W. und der beratungsärztlichen Stellungnahme des Prof. Dr. S. nicht davon überzeugen, dass beim Kläger über die Teilschädigung des Nervus axillaris und des Nervus peronaeus profundus (s. dazu bereits oben) hinaus neurologische Unfallfolgen bestehen.

Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, Prof. Dr. Dr. W. habe keine Ausführungen zur Einschätzung der Gesamt-MdE des Prof. Dr. S. gemacht (Bl. 34 LSG-Akte), kommt es darauf bereits deshalb nicht an, weil Prof. Dr. Dr. W. zutreffend darauf hingewiesen hat, dass Dr. von K. - dessen Ausführungen Prof. Dr. S. bei seiner Gesamt-MdE-Bewertung zu Grunde legte - Gesundheitsstörungen annahm, die - wie schon dargelegt - nicht nachgewiesen sind. Ohnehin ist es Aufgabe des Tatrichters, die (Gesamt-)MdE zu bewerten (s.o.) und der Senat hat dargelegt, dass und warum die Gesamt-Bewertung von Prof. Dr. Dr. W. überzeugt, die des Prof. Dr. S. hingegen nicht.

Soweit die Klägerseite noch gemeint hat, bei "der" (Bl. 33 LSG-Akte) Begutachtung im Universitätsklinikum F. sei es "nicht mit rechten Dingen zugegangen" (vgl. Bl. 30 f., 33 f. LSG-Akte), das Zweite Rentengutachten weise eine nicht nachvollziehbare "PIZ-Zahl" aus und ein "Dr. T. Hammer" sei dort gar nicht bekannt, erschließt sich dem Senat dieses Vorbringen schon deshalb nicht, weil sich der Kläger ja gerade auf die Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. S. - der den Kläger auf dessen Wahl hin (s. L324 S. 1 VA-V und L454 S. 1 VA-X) zweimal im Universitätsklinikum begutachtete - beruft und diese verteidigt. Unabhängig davon bliebe es auch bei den von den gerichtlichen Sachverständigen erhobenen objektiv-klinischen Befunden - mit denen, wie dargelegt, eine höhere (Gesamt-)MdE als 40 v.H. gerade nicht begründet werden kann -, wollte man die Gutachten des Prof. Dr. S. "hinwegdenken".

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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