Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 164/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 811/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 wird festgestellt, dass der Unfall des Klägers vom 08.06.1994 ein Arbeitsunfall war. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der Kläger streitet um die Anerkennung eines Unfalles vom 08.06.1994 als Arbeitsunfall.
Der am 00.00.1973 geborene Kläger stand seit August 1991 in einer Ausbildung zum Maurer, welche er ab Mai 1993 im Unternehmen Baugesellschaft T GmbH, C, durchführte.
Einige Wochen vor dem Unfall lernte der Kläger in einer zufälligen Begegnung den T1 C1 (B), welcher sich ebenfalls für eine Ausbildung im Baugewerbe interessierte, dann aber eine andere Ausbildung nicht geklärten Inhaltes aufnahm, kennen. Im Handwerks-Bildungs-Zentrum (HBZ) C traf man sich im Rahmen des Blockunterrichts wieder. Da der Kläger im Gegensatz zu B über ein Kraftfahrzeug verfügte, bildete man eine Fahrgemeinschaft, bei welcher der Kläger den B auf dem Hin- und Rückweg (Gesamtstrecke ca. 14 km) mitnahm, d. h. zu Hause abholte und dort wieder nach Beendigung des Unterrichts absetzte; dabei betrug die Entfernung des direkten Weges von der Wohnung des Klägers zum HBZ ca. 7,5 km (Fahrzeit 11 Minuten), die Wegstrecke von der Wohnung des B zum HBZ ca. 8 km (Fahrzeit ca. 12 Minuten), die Fahrzeit des Klägers für die Gesamtstrecke von ca. 14 km unter Abholung des B ca. 25 Minuten. Die Ausbildung im HBZ umfasste dabei praktische Übungen, zu denen die Auszubildenden eigenes Werkzeug benutzen konnten, indes nicht mussten, da auch das HBZ solches zur Verfügung stellen konnte.
Am 08.06.1994 –zu diesem Zeitpunkt waren der Kläger und B seit ca. 6 Wochen be- kannt und hatten eine Fahrgemeinschaft gebildet- hatte der Kläger ausnahmsweise den B nicht an dessen Wohnung zur Verbringung ins HBZ abgeholt, vielmehr war dieser selbst dort hingelangt. Da B festgestellt hatte, Handwerkszeug zu Hause ver- gessen zu haben, fragte er den Kläger, ob er ihn in der Frühstückspause mit dessen Kraftfahrzeug nach Hause verbringen könnte, damit dieser dort sein Werkzeug holen könne. Nach Angaben des Klägers in einem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren zufolge lehnte dieser dieses Ansinnen zunächst ab, wurde dann aber auf wiederholtes Bitten des B "weich", so dass man zu Beginn der Frühstückspause zur Wohnung des B aufbrach. Auf dem Weg dorthin kam der Kläger als Fahrer seines Kraftfahrzeuges von der Straße ab und prallte gegen einen Baum; er erlitt hierbei schwere Verletzungen im Sinne eines Bauchtraumas mit Leberriss, beidseitige Oberschenkelfrakturen, einen rechtsseitigen Schienbeinkopfbruch und Brüche der rechten Mittelfußknochen; sein Beifahrer B verunglückte tödlich.
Die seinerzeit mit der Angelegenheit befasste Berufsgenossenschaft der Bauwirt- schaft lehnte mit Bescheid vom 27.03.1996 es gegenüber dem Kläger ab, das Er- eignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und führte zur Begründung aus, der Kläger habe nicht unter Versicherungsschutz gestanden; Versicherungsschutz aufgrund seines eigenen Ausbildungsverhältnisses bestehe nicht, da die zum Unfall führende Tätigkeit nicht Ausfluss dessen gewesen sei; Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung –RVO- (nunmehr: § 2 Abs. 2 des 7. Buches Sozialgesetzbuch –SGB VII-) als arbeitnehmerähnlich Tätiger komme nicht in Frage, da der Kläger dem B eine Gefälligkeit erwiesen habe, welche durch die persönlichen Beziehungen geprägt gewesen sei.
Wegen der im Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers erbrachter Leistungen machte die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Erstattungsansprüche gegen die AOK geltend und erhob nach deren Ablehnung Klage vor dem Sozialgericht Hannover (Az. S 22 U 347/04, im Späteren S 22 U 310/08), zu welchem die Beklagte und die für das HBZ zuständige Verwaltungs-Berufsgenossenschaft beigeladen wurden, nicht hingegen der Kläger. Diesen vernahm das Gericht in mündlicher Ver- handlung am 25.01.2012 ebenso als Zeugen wie den seinerzeitigen Ausbildungs- meister im HBZ U T2 und den Maurermeister und Ausbildungsvorge- setzten B1 L. Mit Urteil vom gleichen Tage wies das Gericht die Er- stattungsklage mit der Begründung ab, die AOK sei nicht zuständiger Versiche- rungsträger und habe keine Leistungen zu erbringen, da der Kläger einen Arbeits- unfall erlitten habe, nämlich zum Unfallzeitpunkt wie ein Versicherter tätig geworden sei; er habe allein eine dem B dienende Tätigkeit verrichtet, als er auf dessen Bitten diesen zu seiner Wohnung habe fahren wollen; die Tätigkeit sei auch nicht als selbst- verständliche Gefälligkeit zu werten, sondern sei deutlich über das hinausgegangen, was das Bekanntschaftsverhältnis beider geprägt habe; ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte sei im Grunde zwar gegeben, aber nicht durchsetzbar; die Be- klagte sei zwar zuständiger Unfallversicherungsträger, die Klägerin habe jedoch den Erstattungsanspruch nicht fristwahrend geltend gemacht. Auf den näheren Inhalt des Urteils sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen.
Gestützt hierauf beantragte nachfolgend der Kläger die Anerkennung und Entschädi- gung des Unfalles als Arbeitsunfall. Mit Bescheid vom 04.08.2014 lehnte es auch die Beklagte ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen; weder sei er für den Privat- haushalt des B tätig geworden noch entspreche die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit zur Personenbeförderung einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, vielmehr sei er eher unternehmerähnlich tätig geworden; unabhängig davon sei die Beförderung um Unfalltage geprägt gewesen durch die vor dem Unfall bestehende Bekanntschaft, insbesondere aus der Fahrgemeinschaft heraus, so dass es sich um eine Gefällig- keitsleistung gehandelt habe.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.08.2014 Widerspruch und machte sich die Be- gründung des sozialgerichtlichen Urteils zu Eigen; die Tätigkeit sei deutlich über eine freundschaftliche Gefälligkeit hinausgegangen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und bekräftigte ihre Auffassung, nach dem Gesamtbild habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt keine arbeitnehmerähnliche, sondern unternehmerähnliche Tätigkeit verrichtet; die Beförderungsdienstleistung entspreche eher z. B. der Beauftragung eines Taxi- unternehmens; im anderen Falle sei von einer nicht versicherten Gefälligkeits- leistung im Hinblick auf die regelmäßige Fahrgemeinschaft und die hierdurch geprägte gute Bekanntschaft auszugehen.
Hiergegen richtet sich die am 28.04.2015 erhobene Klage, mit welcher der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er macht geltend, zwischen ihm und B habe, zumal man sich zum Unfallzeitpunkt lediglich wenige Wochen gekannt habe, eine nähere Bekanntschaft nicht bestanden; die unfallbringende Tätigkeit sei über das Maß dessen hinausgegangen, was die nur für einen kurzen Zeitraum durchgeführte Fahrgemeinschaft geprägt hätte; es handele sich nicht um einen selbstverständ- lichen Hilfsdienst.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2014 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 25.03.2015 festzustellen, dass der Unfall vom 08.06.1994 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidungen zum Gegenstand ihrer Klageerwiderung und bekräftigt ihre Auffassung, der Kläger sei unternehmer- ähnlich tätig geworden, unter keinem Gesichtspunkt sei die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne eines quasi arbeitnehmerähnlichen Fahrers für einen Privathaushalt zu begründen.
Das Gericht hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 02.02.2017 den Kläger persönlich gehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsnieder- schrift verwiesen. Es hat nachfolgend die bei der Berufsgenossenschaft der Bau- wirtschaft geführten Verwaltungsvorgänge beigezogen und an die Jugendhilfe C2 OWL in C –nach Angaben des als Zeugen im vorgehenden sozial- gerichtlichen Verfahren gehörten Zeugen T2 durchlief B hier eine Ausbildung zum Hochbaufachwerker- ein Auskunftsersuchen gerichtet; B war hier nicht bekannt, was sich mit erfolglosen Ermittlungsbemühungen der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft im Jahre 2006 deckte.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten ver- wiesen. Dieser war Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozial- gerichtsgesetz –SGG- ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat am 08.06.1994 einen Arbeitsunfall erlitten. Der entgegenstehende Bescheid der Beklagten vom 04.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG) und war deshalb aufzuheben.
Der Anspruch des Klägers richtet sich dabei noch nach den Vorschriften der Reichs- versicherungsordnung –RVO-, weil der von ihm geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des 7. Buches Sozialgesetzbuch –SGB VII- am 01.01.1997 ein- getreten ist (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Im Zeitpunkt des Unfalles stand der Kläger zwar in einem Beschäftigungsverhältnis, und zwar aufgrund eines Lehrverhältnisses, ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO scheidet indes, was seinerzeit die Bau-Berufsgenossenschaft zutreffend ausgeführt hat, aus, da die zum Unfall führende Tätigkeit nicht Ausfluss des beim Unternehmen T bestehenden Ausbildungsverhältnisses war, sondern den Interessen von B dienen sollte.
Zum Zeitpunkt des Unfalles stand der Kläger indes nach § 539 Abs. 2 RVO unter Versicherungsschutz. Hiernach sind gegen Arbeitsunfall ferner Personen versichert, die wie ein nach Absatz 1 Versicherter tätig werden; dies gilt auch bei nur vorüber- gehender Tätigkeit. Ein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Betreffende im Unfallzeitpunkt wie ein aufgrund eines Arbeits- oder Dienst- verhältnisses Beschäftigter für ein Unternehmen tätig gewesen wäre. Dies war der Fall.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts –BSG- (SozR 3 – 2200 § 539 Nr. 25; SozR 4 – 2700 § 2 Nr. 6; Lauterbach, Unfallversicherung, Kommentar, § 2 SGB VII Rdnr. 639 mit zahlreichen weiteren Nachweisen) soll die Vorschrift den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstrecken, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen der Handlungstendenz nach dienende und dem wirklichen oder mut- maßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden abhängigen Beschäf- tigungsverhältnis stehen; sie muss ferner unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich war, was dann nicht anzunehmen ist, wenn die Tätigkeit im Wesentlichen auf einer Sonderbeziehung, etwa als Familienangehöriger, Vereinsmitglied oder Freund, be- ruht. Ein Versicherungsschutz ist ausgeschlossen, wenn eine Person im Rahmen und im Interesse ihres eigenen Unternehmens für dieses oder wie ein Unternehmer tätig wurde. Für die Beurteilung ist die Handlungstendenz von ausschlaggebender Bedeutung, welche vom bloßen Motiv des Tätigwerdens, also des Beweggrundes, zu unterscheiden ist. Dabei braucht, um eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren, eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen. Grundsätzlich schließen auch Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nicht aus. Allerdings vermag das Vorliegen einen Gefälligkeitsverhältnisses eine arbeitnehmerähnliche Stellung nicht zu erzeugen, auch wenn die Tätigkeit ihrer Art nach arbeitnehmerähnlich ist. Insoweit ist eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit zu verneinen, wenn sich die Hand- lung als selbstverständliche Gefälligkeitsleistung aufgrund verwandtschaftlicher, mitgliedschaftsrechtlicher, freundschaftlicher oder nachbarschaftlicher Beziehungen darstellt, die durch das Verhältnis zwischen den Beteiligten geprägt sind. Zur Ab- grenzung einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit von einer bloßen, selbstverständ- lichen Gefälligkeit kommt es auf die Stärke und Intensität der Beziehungen und den Umfang der Tätigkeiten an. Je stärker und enger die persönlichen Beziehungen sind, desto größer ist der Kreis zu ziehen, innerhalb dessen Hilfeleistungen als selbstverständliche Gefälligkeiten gewertet werden müssen.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen stand der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalles unter Unfallversicherungsschutz. Im Unfallzeitpunkt hat er eine ausschließ- lich dem B dienende Tätigkeit, die diesem ernsthaft nützte, verrichtet. Dies ist der Fall, wenn sie wirtschaftlich als Arbeit anzusehen ist und dadurch für das unterstützte Unternehmen einen wirtschaftlichen Wert darstellt; dabei genügt auch eine bereits geringfügige Hilfe, ein erheblicher Nutzen ist nicht erforderlich. Die Fahrt am Unfalltage in der Frühstückspause sollte allein dazu dienen, dass der B sich von seinem Wohnort "ein Werkzeug" holen konnte. Wie bereits das Sozialgericht Hannover zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich weder aus den Angaben des Klägers selbst noch seines seinerzeitigen Verteidigers im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens und auch nicht aus seiner Vernehmung als Zeuge in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2012, dass er eigene Interessen verfolgt hat mit der beabsichtigten Verbringung des B zu dessen Wohnort. Dabei kann auch nicht eingewandt werden, der Kläger sei erst nach mehrfachem Drängen des B "weich" geworden, was dahingehend zu würdi- gen sei, der Kläger habe die Fahrt als Ersatz für seine sonst übliche Tätigkeit im Rahmen der Fahrgemeinschaft angesehen, bei welcher, wäre sie üblicherweise auch am Unfalltage durchgeführt worden, sichergestellt worden wäre, dass der B über sein zu Hause aufbewahrtes "Werkzeug" verfügt hätte. Dieses Nachgeben des Klägers auf Bitten des B berührt allenfalls seine Motivationslage, nicht jedoch, was entschei- dend ist, die Handlungstendenz, welche allein darauf gerichtet gewesen war, dem B zu dienen. Der Kläger hat auch nicht auf der unfallbringenden Fahrt einer eigenen Verpflichtung genüge getan, was den vorliegenden Fall wesentlich von der Entschei- dung des BSG vom 08.12.1983 (Breithaupt 1984, 375) unterscheidet; in jenem Fall hatte der Verletzte den Weg als Fahrer einer Fahrgemeinschaft unternommen, um den Transport der Mitglieder der Fahrgemeinschaft, welcher er selbst angehörte, zu sichern, so dass er deren (Mit-)Unternehmer war. Im vorliegenden Fall kann dies lediglich für die normale Fahrgemeinschaft des Klägers mit dem B und dessen zugesagtem Hin- und Rücktransport zum/vom HBZ konstatiert werden; hier hatte der Kläger die –wohl unentgeltliche- Verpflichtung gegenüber B übernommen, diesen zum HBZ zu verbringen bzw. abzuholen, wobei er auf den betreffenden Wegen, da auch er zum HBZ fahren musste, und insoweit eigene Interessen ver- folgte, Unternehmer bzw. Mitunternehmer war. Für die unfallbringende Tätigkeit indes hat der Kläger keine eigenen Interessen verfolgt, war insoweit nicht Unter- nehmer. Daraus folgt zugleich, dass auch keine unternehmerähnliche Tätigkeit, obwohl für die Fahrt, wie auch sonst üblich, das Kraftfahrzeug des Klägers benutzt wurde, verrichtet wurde. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten wesentlich eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und steht daher nicht nach § 539 Abs. 2 RVO (bzw. § 2 Abs. 2 SGB VII) wie ein nach Absatz 1 Nr. 1 Tätiger unter Unfallversiche- rungsschutz (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.1992 –Az. B 2 RU 48/91-; BSG, Urteil vom 05.03.2002 –Az. B 2 U 8/01 R-). Berücksichtigungsfähig in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Initiative zu diesem Tätigwerden nicht, wie in anderen in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen, vom Kläger, sondern von B ausgegangen ist; dass durch das Tätigwerden des Klägers ein persönliches Abhängigkeitsver- hältnis nicht begründet wurde, ist dabei unmaßgeblich, wesentlich ist, dass die maßgebliche Tätigkeit nicht zu dem bezeichneten eigenen Pflichtenkreis im Rahmen der üblichen Fahrgemeinschaft gehörte, so dass vorliegend nicht fest- gestellt werden kann, dass im konkreten Falle die fremdbestimmten Zwecke der Handlung hinter unternehmerische Eigeninteressen zurücktraten, vielmehr bestand eine ausschließlich fremdwirtschaftliche Zweckbestimmung.
Das Tätigwerden des Klägers ist auch nicht als selbstverständliche Gefälligkeit zu werten, was eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ihrer Art nach ausschlösse. Sie unterschied sich deutlich von der üblichen Tätigkeit im Rahmen der Fahrgemein- schaft, innerhalb derer der Kläger verpflichtet war, eine Beförderung des B durch- zuführen. Zu einer Beförderung, wie von B gewünscht, in der Frühstückspause hingegen bestand keine Verpflichtung aus den Beziehungen der beiden zueinan- der heraus, auch ist die Tätigkeit nicht lediglich als ganz geringfügige, quasi im Handumdrehen zu verrichtende Betätigung zu werten, welche ohne weiteres erwartbar gewesen wäre, was bereits allein der Umstand belegt, dass der Kläger erst auf wiederholtes Bitten des B hin tätig geworden ist. Es ist auch nicht nach allgemeiner Lebensauffassung selbstverständlich, von einem anderen zu erwarten, auf die ihm zustehende und notwendige Erholungspause zu verzichten, um einem anderen Hilfe zukommen zu lassen, jedenfalls nicht unter den vorliegend festzu- stellenden persönlichen Beziehungen der beiden zueinander. Von einer freund- schaftlichen Beziehung kann nicht ausgegangen werden, das Verhältnis zwischen dem Kläger und B bestand in einer rein, seit wenigen Wochen bestehenden Fahrgemeinschaft zum Blockunterricht des HBZ; private Kontakte darüber hinaus bestanden nicht. Ausgehend von dem Grundsatz (vgl. BSG SozR 2200 § 539 Nr. 49), dass, je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer der Rahmen dessen ist, in welchem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge erhalten, kann die Tätigkeit nicht als Ausdruck eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses gewertet werden; für die Tätigkeit wäre einschließlich Hin- und Rückfahrt und Abholung der von B benötigten "Werkzeuge" wenigstens eine halbe Stunde, mithin die gesamte Frühstückspause, erforderlich gewesen. Dabei fiel auch der Zeitraum der Hilfeleistung nicht in den üblichen, vom Kläger ohnehin zu veranschlagenden, wesentlich eigenwirtschaftlich geprägten Zeitkorridor des morgendlichen Fahrens zum HBZ bzw. nachmitttäglichen Fahrens zur eigenen Wohnung.
Zur Überzeugung des Gerichts ist die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Gemeinde-Unfallversicherungsverbandes auch zuständiger Unfallversicherungsträger. Gemäß § 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO sind Gemeinde-Unfallversicherungsverbände Träger der Unfallversicherung für Versicherte in Haushaltungen. Unter einem Haushalt wird die private Lebens- und Wirtschaftsführung einer Person verstanden, wobei sich der Haushalt an dem Ort, an dem oder von dem aus menschliche Grundbedürfnisse erfüllt werden, befindet, also regelmäßig in der Wohnung (BSG SozR 4 – 2500 § 37 SGB V Nr. 5). Haushaltstätigkeiten sind sowohl solche im engeren Sinne haus- wirtschaftlicher Verrichtungen wie sonstige im weiteren Sinne damit zusammen- hängende Handlungen. Zum Beispiel zählt hierzu die Pflege und Instandhaltung von Haushaltsräumen einschließlich der Wohnung, aber auch Pflege und Besor- gung, insbesondere Wechseln und Waschen von Wäsche und Kleidung (so der Begriff der hauswirtschaftlichen Versorgung in der Pflegeversicherung). Über den genauen, vom verstorbenen B verfolgten Zweck des Aufsuchens seiner Wohnung sind zwar wegen dessen Todes zuverlässige Feststellungen nicht möglich; das Gericht konnte sich jedoch unter Berücksichtigung der verfügbaren Anknüpfungs- tatsachen die Überzeugung verschaffen, dass das Aufsuchen der Wohnung des B dazu dienen sollte, dem Verstorbenen einen Wechsel der Kleidung zu ermöglichen. Von einer beabsichtigten Mitnahme von Werkzeug ist in Anbetracht der Gesamt- umstände hingegen nicht auszugehen. Dies folgt aus den Bekundungen der vom Sozialgericht Hannover uneidlich gehörten Zeugen und den Angaben des Klägers. Nach Angaben des Ausbildungsmeisters T2 hatten zwar Auszubildende ihr eigenes Werkzeug, konnten jedoch, sollte dies vergessen worden sein, dieses gestellt bekommen, so dass dieser keinen Grund hierin sah, deshalb nach Hause zu fahren. Arbeitskleidung hingegen wurde nicht vorrätig gehalten. Dementsprechend hat auch der Kläger, welcher konkrete Erinnerungen an den Unfall nicht mehr hatte, angegeben, der B habe von zu Hause etwas abholen wollen, nämlich eine Wasser- waage oder Arbeitskleidung. Letzteres erscheint in Anbetracht des Umstandes, dass B am fraglichen Tage anderweitig wohl übernachtet hatte und deshalb vom Kläger nicht von seiner Wohnung zur Fahrt zum HBZ abgeholt werden musste, überzeugend, so dass für das Gericht hier ein Wechsel der Kleidung bzw. Wechsel der Kleidung in Arbeitskleidung als einzig möglicher verfolgter Zweck des Auf- suchens der Wohnung in Betracht kam, womit die Zuständigkeit der Beklagten begründet ist. Unabhängig davon mag diese im Innenverhältnis prüfen, ob die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft als Rechtsnachfolgerin der Bau-Berufsgenossenschaft aufgrund der Vereinbarung über die vereinfachte Klärung der Zuständigkeiten für Unfallentschädigung in den Fällen des § 539 Abs. 2 RVO im Innenverhältnis für die Tätigkeit des Klägers im Stammunternehmen zuständige Berufsgenossenschaft wegen zumindest zeitlichen Zusammenhanges der Tätigkeit des Klägers mit seiner Ausbildung ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger streitet um die Anerkennung eines Unfalles vom 08.06.1994 als Arbeitsunfall.
Der am 00.00.1973 geborene Kläger stand seit August 1991 in einer Ausbildung zum Maurer, welche er ab Mai 1993 im Unternehmen Baugesellschaft T GmbH, C, durchführte.
Einige Wochen vor dem Unfall lernte der Kläger in einer zufälligen Begegnung den T1 C1 (B), welcher sich ebenfalls für eine Ausbildung im Baugewerbe interessierte, dann aber eine andere Ausbildung nicht geklärten Inhaltes aufnahm, kennen. Im Handwerks-Bildungs-Zentrum (HBZ) C traf man sich im Rahmen des Blockunterrichts wieder. Da der Kläger im Gegensatz zu B über ein Kraftfahrzeug verfügte, bildete man eine Fahrgemeinschaft, bei welcher der Kläger den B auf dem Hin- und Rückweg (Gesamtstrecke ca. 14 km) mitnahm, d. h. zu Hause abholte und dort wieder nach Beendigung des Unterrichts absetzte; dabei betrug die Entfernung des direkten Weges von der Wohnung des Klägers zum HBZ ca. 7,5 km (Fahrzeit 11 Minuten), die Wegstrecke von der Wohnung des B zum HBZ ca. 8 km (Fahrzeit ca. 12 Minuten), die Fahrzeit des Klägers für die Gesamtstrecke von ca. 14 km unter Abholung des B ca. 25 Minuten. Die Ausbildung im HBZ umfasste dabei praktische Übungen, zu denen die Auszubildenden eigenes Werkzeug benutzen konnten, indes nicht mussten, da auch das HBZ solches zur Verfügung stellen konnte.
Am 08.06.1994 –zu diesem Zeitpunkt waren der Kläger und B seit ca. 6 Wochen be- kannt und hatten eine Fahrgemeinschaft gebildet- hatte der Kläger ausnahmsweise den B nicht an dessen Wohnung zur Verbringung ins HBZ abgeholt, vielmehr war dieser selbst dort hingelangt. Da B festgestellt hatte, Handwerkszeug zu Hause ver- gessen zu haben, fragte er den Kläger, ob er ihn in der Frühstückspause mit dessen Kraftfahrzeug nach Hause verbringen könnte, damit dieser dort sein Werkzeug holen könne. Nach Angaben des Klägers in einem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren zufolge lehnte dieser dieses Ansinnen zunächst ab, wurde dann aber auf wiederholtes Bitten des B "weich", so dass man zu Beginn der Frühstückspause zur Wohnung des B aufbrach. Auf dem Weg dorthin kam der Kläger als Fahrer seines Kraftfahrzeuges von der Straße ab und prallte gegen einen Baum; er erlitt hierbei schwere Verletzungen im Sinne eines Bauchtraumas mit Leberriss, beidseitige Oberschenkelfrakturen, einen rechtsseitigen Schienbeinkopfbruch und Brüche der rechten Mittelfußknochen; sein Beifahrer B verunglückte tödlich.
Die seinerzeit mit der Angelegenheit befasste Berufsgenossenschaft der Bauwirt- schaft lehnte mit Bescheid vom 27.03.1996 es gegenüber dem Kläger ab, das Er- eignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und führte zur Begründung aus, der Kläger habe nicht unter Versicherungsschutz gestanden; Versicherungsschutz aufgrund seines eigenen Ausbildungsverhältnisses bestehe nicht, da die zum Unfall führende Tätigkeit nicht Ausfluss dessen gewesen sei; Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung –RVO- (nunmehr: § 2 Abs. 2 des 7. Buches Sozialgesetzbuch –SGB VII-) als arbeitnehmerähnlich Tätiger komme nicht in Frage, da der Kläger dem B eine Gefälligkeit erwiesen habe, welche durch die persönlichen Beziehungen geprägt gewesen sei.
Wegen der im Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers erbrachter Leistungen machte die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Erstattungsansprüche gegen die AOK geltend und erhob nach deren Ablehnung Klage vor dem Sozialgericht Hannover (Az. S 22 U 347/04, im Späteren S 22 U 310/08), zu welchem die Beklagte und die für das HBZ zuständige Verwaltungs-Berufsgenossenschaft beigeladen wurden, nicht hingegen der Kläger. Diesen vernahm das Gericht in mündlicher Ver- handlung am 25.01.2012 ebenso als Zeugen wie den seinerzeitigen Ausbildungs- meister im HBZ U T2 und den Maurermeister und Ausbildungsvorge- setzten B1 L. Mit Urteil vom gleichen Tage wies das Gericht die Er- stattungsklage mit der Begründung ab, die AOK sei nicht zuständiger Versiche- rungsträger und habe keine Leistungen zu erbringen, da der Kläger einen Arbeits- unfall erlitten habe, nämlich zum Unfallzeitpunkt wie ein Versicherter tätig geworden sei; er habe allein eine dem B dienende Tätigkeit verrichtet, als er auf dessen Bitten diesen zu seiner Wohnung habe fahren wollen; die Tätigkeit sei auch nicht als selbst- verständliche Gefälligkeit zu werten, sondern sei deutlich über das hinausgegangen, was das Bekanntschaftsverhältnis beider geprägt habe; ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte sei im Grunde zwar gegeben, aber nicht durchsetzbar; die Be- klagte sei zwar zuständiger Unfallversicherungsträger, die Klägerin habe jedoch den Erstattungsanspruch nicht fristwahrend geltend gemacht. Auf den näheren Inhalt des Urteils sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen.
Gestützt hierauf beantragte nachfolgend der Kläger die Anerkennung und Entschädi- gung des Unfalles als Arbeitsunfall. Mit Bescheid vom 04.08.2014 lehnte es auch die Beklagte ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen; weder sei er für den Privat- haushalt des B tätig geworden noch entspreche die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit zur Personenbeförderung einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, vielmehr sei er eher unternehmerähnlich tätig geworden; unabhängig davon sei die Beförderung um Unfalltage geprägt gewesen durch die vor dem Unfall bestehende Bekanntschaft, insbesondere aus der Fahrgemeinschaft heraus, so dass es sich um eine Gefällig- keitsleistung gehandelt habe.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.08.2014 Widerspruch und machte sich die Be- gründung des sozialgerichtlichen Urteils zu Eigen; die Tätigkeit sei deutlich über eine freundschaftliche Gefälligkeit hinausgegangen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und bekräftigte ihre Auffassung, nach dem Gesamtbild habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt keine arbeitnehmerähnliche, sondern unternehmerähnliche Tätigkeit verrichtet; die Beförderungsdienstleistung entspreche eher z. B. der Beauftragung eines Taxi- unternehmens; im anderen Falle sei von einer nicht versicherten Gefälligkeits- leistung im Hinblick auf die regelmäßige Fahrgemeinschaft und die hierdurch geprägte gute Bekanntschaft auszugehen.
Hiergegen richtet sich die am 28.04.2015 erhobene Klage, mit welcher der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er macht geltend, zwischen ihm und B habe, zumal man sich zum Unfallzeitpunkt lediglich wenige Wochen gekannt habe, eine nähere Bekanntschaft nicht bestanden; die unfallbringende Tätigkeit sei über das Maß dessen hinausgegangen, was die nur für einen kurzen Zeitraum durchgeführte Fahrgemeinschaft geprägt hätte; es handele sich nicht um einen selbstverständ- lichen Hilfsdienst.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2014 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 25.03.2015 festzustellen, dass der Unfall vom 08.06.1994 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht die Ausführungen ihrer Verwaltungsentscheidungen zum Gegenstand ihrer Klageerwiderung und bekräftigt ihre Auffassung, der Kläger sei unternehmer- ähnlich tätig geworden, unter keinem Gesichtspunkt sei die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne eines quasi arbeitnehmerähnlichen Fahrers für einen Privathaushalt zu begründen.
Das Gericht hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 02.02.2017 den Kläger persönlich gehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsnieder- schrift verwiesen. Es hat nachfolgend die bei der Berufsgenossenschaft der Bau- wirtschaft geführten Verwaltungsvorgänge beigezogen und an die Jugendhilfe C2 OWL in C –nach Angaben des als Zeugen im vorgehenden sozial- gerichtlichen Verfahren gehörten Zeugen T2 durchlief B hier eine Ausbildung zum Hochbaufachwerker- ein Auskunftsersuchen gerichtet; B war hier nicht bekannt, was sich mit erfolglosen Ermittlungsbemühungen der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft im Jahre 2006 deckte.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten ver- wiesen. Dieser war Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozial- gerichtsgesetz –SGG- ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat am 08.06.1994 einen Arbeitsunfall erlitten. Der entgegenstehende Bescheid der Beklagten vom 04.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG) und war deshalb aufzuheben.
Der Anspruch des Klägers richtet sich dabei noch nach den Vorschriften der Reichs- versicherungsordnung –RVO-, weil der von ihm geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des 7. Buches Sozialgesetzbuch –SGB VII- am 01.01.1997 ein- getreten ist (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Nach § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Im Zeitpunkt des Unfalles stand der Kläger zwar in einem Beschäftigungsverhältnis, und zwar aufgrund eines Lehrverhältnisses, ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO scheidet indes, was seinerzeit die Bau-Berufsgenossenschaft zutreffend ausgeführt hat, aus, da die zum Unfall führende Tätigkeit nicht Ausfluss des beim Unternehmen T bestehenden Ausbildungsverhältnisses war, sondern den Interessen von B dienen sollte.
Zum Zeitpunkt des Unfalles stand der Kläger indes nach § 539 Abs. 2 RVO unter Versicherungsschutz. Hiernach sind gegen Arbeitsunfall ferner Personen versichert, die wie ein nach Absatz 1 Versicherter tätig werden; dies gilt auch bei nur vorüber- gehender Tätigkeit. Ein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Betreffende im Unfallzeitpunkt wie ein aufgrund eines Arbeits- oder Dienst- verhältnisses Beschäftigter für ein Unternehmen tätig gewesen wäre. Dies war der Fall.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts –BSG- (SozR 3 – 2200 § 539 Nr. 25; SozR 4 – 2700 § 2 Nr. 6; Lauterbach, Unfallversicherung, Kommentar, § 2 SGB VII Rdnr. 639 mit zahlreichen weiteren Nachweisen) soll die Vorschrift den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstrecken, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen der Handlungstendenz nach dienende und dem wirklichen oder mut- maßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden abhängigen Beschäf- tigungsverhältnis stehen; sie muss ferner unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich war, was dann nicht anzunehmen ist, wenn die Tätigkeit im Wesentlichen auf einer Sonderbeziehung, etwa als Familienangehöriger, Vereinsmitglied oder Freund, be- ruht. Ein Versicherungsschutz ist ausgeschlossen, wenn eine Person im Rahmen und im Interesse ihres eigenen Unternehmens für dieses oder wie ein Unternehmer tätig wurde. Für die Beurteilung ist die Handlungstendenz von ausschlaggebender Bedeutung, welche vom bloßen Motiv des Tätigwerdens, also des Beweggrundes, zu unterscheiden ist. Dabei braucht, um eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren, eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen. Grundsätzlich schließen auch Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nicht aus. Allerdings vermag das Vorliegen einen Gefälligkeitsverhältnisses eine arbeitnehmerähnliche Stellung nicht zu erzeugen, auch wenn die Tätigkeit ihrer Art nach arbeitnehmerähnlich ist. Insoweit ist eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit zu verneinen, wenn sich die Hand- lung als selbstverständliche Gefälligkeitsleistung aufgrund verwandtschaftlicher, mitgliedschaftsrechtlicher, freundschaftlicher oder nachbarschaftlicher Beziehungen darstellt, die durch das Verhältnis zwischen den Beteiligten geprägt sind. Zur Ab- grenzung einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit von einer bloßen, selbstverständ- lichen Gefälligkeit kommt es auf die Stärke und Intensität der Beziehungen und den Umfang der Tätigkeiten an. Je stärker und enger die persönlichen Beziehungen sind, desto größer ist der Kreis zu ziehen, innerhalb dessen Hilfeleistungen als selbstverständliche Gefälligkeiten gewertet werden müssen.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen stand der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalles unter Unfallversicherungsschutz. Im Unfallzeitpunkt hat er eine ausschließ- lich dem B dienende Tätigkeit, die diesem ernsthaft nützte, verrichtet. Dies ist der Fall, wenn sie wirtschaftlich als Arbeit anzusehen ist und dadurch für das unterstützte Unternehmen einen wirtschaftlichen Wert darstellt; dabei genügt auch eine bereits geringfügige Hilfe, ein erheblicher Nutzen ist nicht erforderlich. Die Fahrt am Unfalltage in der Frühstückspause sollte allein dazu dienen, dass der B sich von seinem Wohnort "ein Werkzeug" holen konnte. Wie bereits das Sozialgericht Hannover zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich weder aus den Angaben des Klägers selbst noch seines seinerzeitigen Verteidigers im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens und auch nicht aus seiner Vernehmung als Zeuge in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2012, dass er eigene Interessen verfolgt hat mit der beabsichtigten Verbringung des B zu dessen Wohnort. Dabei kann auch nicht eingewandt werden, der Kläger sei erst nach mehrfachem Drängen des B "weich" geworden, was dahingehend zu würdi- gen sei, der Kläger habe die Fahrt als Ersatz für seine sonst übliche Tätigkeit im Rahmen der Fahrgemeinschaft angesehen, bei welcher, wäre sie üblicherweise auch am Unfalltage durchgeführt worden, sichergestellt worden wäre, dass der B über sein zu Hause aufbewahrtes "Werkzeug" verfügt hätte. Dieses Nachgeben des Klägers auf Bitten des B berührt allenfalls seine Motivationslage, nicht jedoch, was entschei- dend ist, die Handlungstendenz, welche allein darauf gerichtet gewesen war, dem B zu dienen. Der Kläger hat auch nicht auf der unfallbringenden Fahrt einer eigenen Verpflichtung genüge getan, was den vorliegenden Fall wesentlich von der Entschei- dung des BSG vom 08.12.1983 (Breithaupt 1984, 375) unterscheidet; in jenem Fall hatte der Verletzte den Weg als Fahrer einer Fahrgemeinschaft unternommen, um den Transport der Mitglieder der Fahrgemeinschaft, welcher er selbst angehörte, zu sichern, so dass er deren (Mit-)Unternehmer war. Im vorliegenden Fall kann dies lediglich für die normale Fahrgemeinschaft des Klägers mit dem B und dessen zugesagtem Hin- und Rücktransport zum/vom HBZ konstatiert werden; hier hatte der Kläger die –wohl unentgeltliche- Verpflichtung gegenüber B übernommen, diesen zum HBZ zu verbringen bzw. abzuholen, wobei er auf den betreffenden Wegen, da auch er zum HBZ fahren musste, und insoweit eigene Interessen ver- folgte, Unternehmer bzw. Mitunternehmer war. Für die unfallbringende Tätigkeit indes hat der Kläger keine eigenen Interessen verfolgt, war insoweit nicht Unter- nehmer. Daraus folgt zugleich, dass auch keine unternehmerähnliche Tätigkeit, obwohl für die Fahrt, wie auch sonst üblich, das Kraftfahrzeug des Klägers benutzt wurde, verrichtet wurde. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten wesentlich eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und steht daher nicht nach § 539 Abs. 2 RVO (bzw. § 2 Abs. 2 SGB VII) wie ein nach Absatz 1 Nr. 1 Tätiger unter Unfallversiche- rungsschutz (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.1992 –Az. B 2 RU 48/91-; BSG, Urteil vom 05.03.2002 –Az. B 2 U 8/01 R-). Berücksichtigungsfähig in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Initiative zu diesem Tätigwerden nicht, wie in anderen in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen, vom Kläger, sondern von B ausgegangen ist; dass durch das Tätigwerden des Klägers ein persönliches Abhängigkeitsver- hältnis nicht begründet wurde, ist dabei unmaßgeblich, wesentlich ist, dass die maßgebliche Tätigkeit nicht zu dem bezeichneten eigenen Pflichtenkreis im Rahmen der üblichen Fahrgemeinschaft gehörte, so dass vorliegend nicht fest- gestellt werden kann, dass im konkreten Falle die fremdbestimmten Zwecke der Handlung hinter unternehmerische Eigeninteressen zurücktraten, vielmehr bestand eine ausschließlich fremdwirtschaftliche Zweckbestimmung.
Das Tätigwerden des Klägers ist auch nicht als selbstverständliche Gefälligkeit zu werten, was eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ihrer Art nach ausschlösse. Sie unterschied sich deutlich von der üblichen Tätigkeit im Rahmen der Fahrgemein- schaft, innerhalb derer der Kläger verpflichtet war, eine Beförderung des B durch- zuführen. Zu einer Beförderung, wie von B gewünscht, in der Frühstückspause hingegen bestand keine Verpflichtung aus den Beziehungen der beiden zueinan- der heraus, auch ist die Tätigkeit nicht lediglich als ganz geringfügige, quasi im Handumdrehen zu verrichtende Betätigung zu werten, welche ohne weiteres erwartbar gewesen wäre, was bereits allein der Umstand belegt, dass der Kläger erst auf wiederholtes Bitten des B hin tätig geworden ist. Es ist auch nicht nach allgemeiner Lebensauffassung selbstverständlich, von einem anderen zu erwarten, auf die ihm zustehende und notwendige Erholungspause zu verzichten, um einem anderen Hilfe zukommen zu lassen, jedenfalls nicht unter den vorliegend festzu- stellenden persönlichen Beziehungen der beiden zueinander. Von einer freund- schaftlichen Beziehung kann nicht ausgegangen werden, das Verhältnis zwischen dem Kläger und B bestand in einer rein, seit wenigen Wochen bestehenden Fahrgemeinschaft zum Blockunterricht des HBZ; private Kontakte darüber hinaus bestanden nicht. Ausgehend von dem Grundsatz (vgl. BSG SozR 2200 § 539 Nr. 49), dass, je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer der Rahmen dessen ist, in welchem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge erhalten, kann die Tätigkeit nicht als Ausdruck eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses gewertet werden; für die Tätigkeit wäre einschließlich Hin- und Rückfahrt und Abholung der von B benötigten "Werkzeuge" wenigstens eine halbe Stunde, mithin die gesamte Frühstückspause, erforderlich gewesen. Dabei fiel auch der Zeitraum der Hilfeleistung nicht in den üblichen, vom Kläger ohnehin zu veranschlagenden, wesentlich eigenwirtschaftlich geprägten Zeitkorridor des morgendlichen Fahrens zum HBZ bzw. nachmitttäglichen Fahrens zur eigenen Wohnung.
Zur Überzeugung des Gerichts ist die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Gemeinde-Unfallversicherungsverbandes auch zuständiger Unfallversicherungsträger. Gemäß § 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO sind Gemeinde-Unfallversicherungsverbände Träger der Unfallversicherung für Versicherte in Haushaltungen. Unter einem Haushalt wird die private Lebens- und Wirtschaftsführung einer Person verstanden, wobei sich der Haushalt an dem Ort, an dem oder von dem aus menschliche Grundbedürfnisse erfüllt werden, befindet, also regelmäßig in der Wohnung (BSG SozR 4 – 2500 § 37 SGB V Nr. 5). Haushaltstätigkeiten sind sowohl solche im engeren Sinne haus- wirtschaftlicher Verrichtungen wie sonstige im weiteren Sinne damit zusammen- hängende Handlungen. Zum Beispiel zählt hierzu die Pflege und Instandhaltung von Haushaltsräumen einschließlich der Wohnung, aber auch Pflege und Besor- gung, insbesondere Wechseln und Waschen von Wäsche und Kleidung (so der Begriff der hauswirtschaftlichen Versorgung in der Pflegeversicherung). Über den genauen, vom verstorbenen B verfolgten Zweck des Aufsuchens seiner Wohnung sind zwar wegen dessen Todes zuverlässige Feststellungen nicht möglich; das Gericht konnte sich jedoch unter Berücksichtigung der verfügbaren Anknüpfungs- tatsachen die Überzeugung verschaffen, dass das Aufsuchen der Wohnung des B dazu dienen sollte, dem Verstorbenen einen Wechsel der Kleidung zu ermöglichen. Von einer beabsichtigten Mitnahme von Werkzeug ist in Anbetracht der Gesamt- umstände hingegen nicht auszugehen. Dies folgt aus den Bekundungen der vom Sozialgericht Hannover uneidlich gehörten Zeugen und den Angaben des Klägers. Nach Angaben des Ausbildungsmeisters T2 hatten zwar Auszubildende ihr eigenes Werkzeug, konnten jedoch, sollte dies vergessen worden sein, dieses gestellt bekommen, so dass dieser keinen Grund hierin sah, deshalb nach Hause zu fahren. Arbeitskleidung hingegen wurde nicht vorrätig gehalten. Dementsprechend hat auch der Kläger, welcher konkrete Erinnerungen an den Unfall nicht mehr hatte, angegeben, der B habe von zu Hause etwas abholen wollen, nämlich eine Wasser- waage oder Arbeitskleidung. Letzteres erscheint in Anbetracht des Umstandes, dass B am fraglichen Tage anderweitig wohl übernachtet hatte und deshalb vom Kläger nicht von seiner Wohnung zur Fahrt zum HBZ abgeholt werden musste, überzeugend, so dass für das Gericht hier ein Wechsel der Kleidung bzw. Wechsel der Kleidung in Arbeitskleidung als einzig möglicher verfolgter Zweck des Auf- suchens der Wohnung in Betracht kam, womit die Zuständigkeit der Beklagten begründet ist. Unabhängig davon mag diese im Innenverhältnis prüfen, ob die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft als Rechtsnachfolgerin der Bau-Berufsgenossenschaft aufgrund der Vereinbarung über die vereinfachte Klärung der Zuständigkeiten für Unfallentschädigung in den Fällen des § 539 Abs. 2 RVO im Innenverhältnis für die Tätigkeit des Klägers im Stammunternehmen zuständige Berufsgenossenschaft wegen zumindest zeitlichen Zusammenhanges der Tätigkeit des Klägers mit seiner Ausbildung ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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