Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1724/20 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 654/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Aufenthaltskarte nach § 5 FreizügG/EU ist eine bloße Bescheinigung mit deklaratorischer Bedeutung. Es handelt sich nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt, sodass die Aufenthaltskarte kein Aufenthaltsrecht begründet.
2. Das Ermessen hinsichtlich der Gewährung vorläufiger Leistungen nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II wegen Anhängigkeit einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage vor dem Bundessozialgericht kann im Hinblick auf den existenzsichernden Charakter der Leistungen nach dem SGB II (Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG) auf Null reduziert sein.
3. Soweit ein tatsächlich eingetretener und bisher vom SGB II-Leistungsträger noch nicht gedeckter Bedarf an Aufwendungen für Unterkunft und Heizung streitig ist, handelt es sich nicht um Schulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II, sondern um tatsächliche Aufwendungen iSd § 22 Abs. 1 SGB II.
4. Zu den Bedarfen für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II können auch Gebühren und Kosten für ein Mahnverfahren gegen den Leistungsberechtigten hinsichtlich der Mietrückstände gehören.
5. Bei fristloser Kündigung des Mietverhältnisses kann ein Anordnungsgrund wegen Nachholbedarfs für Leistungen für die Vergangenheit vor Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz zu bejahen sein. Ein Abwarten der Räumungsklage ist dem Leistungsberechtigten nicht zumutbar.
2. Das Ermessen hinsichtlich der Gewährung vorläufiger Leistungen nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II wegen Anhängigkeit einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage vor dem Bundessozialgericht kann im Hinblick auf den existenzsichernden Charakter der Leistungen nach dem SGB II (Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG) auf Null reduziert sein.
3. Soweit ein tatsächlich eingetretener und bisher vom SGB II-Leistungsträger noch nicht gedeckter Bedarf an Aufwendungen für Unterkunft und Heizung streitig ist, handelt es sich nicht um Schulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II, sondern um tatsächliche Aufwendungen iSd § 22 Abs. 1 SGB II.
4. Zu den Bedarfen für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II können auch Gebühren und Kosten für ein Mahnverfahren gegen den Leistungsberechtigten hinsichtlich der Mietrückstände gehören.
5. Bei fristloser Kündigung des Mietverhältnisses kann ein Anordnungsgrund wegen Nachholbedarfs für Leistungen für die Vergangenheit vor Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz zu bejahen sein. Ein Abwarten der Räumungsklage ist dem Leistungsberechtigten nicht zumutbar.
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 02.11.2020 aufgehoben. Der Beschwerdegegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Beschwerdeführerinnen vorläufig (weitere) Leistungen für Unterkunft und Heizung für Februar 2020 in Höhe von 650,16 Euro, für März 2020 in Höhe von 356,04 Euro, für Juli 2020 in Höhe von 38,- Euro, für August 2020 in Höhe von 278,90 Euro, für September 2020 in Höhe von 38,- Euro sowie für Oktober 2020 in Höhe von 160,44 Euro zu gewähren. Diese Leistungen sind direkt an die Vermieterin der Beschwerdeführerin zu 1 zu überweisen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdegegner hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerinnen zu erstatten.
III. Der Beschwerdeführerin zu 1 wird für das Beschwerdeverfahren ab Eingang der Beschwerde Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Gründe:
I.
Streitgegenständlich ist im Beschwerdeverfahren die Übernahme von Miet- und Stromschulden der Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 1 (Bf zu 1) im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die 1979 geborene Bf zu 1 und ihre 2004 geborene Tochter, die Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 2 (Bf zu 2), sind georgische Staatsangehörige. Die Bf zu 1 ist Inhaberin eines Schwerbehindertenausweises, gültig ab 16.04.2018 bis Mai 2021 mit einem Grad der Behinderung von 50. Für die gemeinsam bewohnte Wohnung in der A-Straße in A-Stadt fällt seit 01.09.2019 ein monatlicher Mietzins von 650,16 Euro an (Grundmiete 476,16 Euro, Vorauszahlung für Betriebskosten 104,- Euro, Vorauszahlung für Heizkosten 70,- Euro), ab 01.12.2020 ein monatlicher Mietzins in Höhe von 659,16 Euro (Grundmiete 476,16 Euro, Vorauszahlung für Betriebskosten 104,- Euro, Vorauszahlung für Heizkosten 79,- Euro). Die Bf zu 1 erhält monatlich 204,- Euro Kindergeld für die Bf zu 2. Ein seit 20.04.2020 bestehendes Arbeitsverhältnis (geringfügige Beschäftigung) der Bf zu 2 mit der R. GmbH wurde zum 31.07.2020 gekündigt. Beide Beschwerdeführerinnen (Bf) üben derzeit nach eigenen Angaben keine Erwerbstätigkeit aus. Die Bf zu 2 absolvierte im Juli 2019 eine private griechische, staatlich genehmigte Volksschule (Teilhauptschule II) in A-Stadt. Laut Bestätigung der Schulzugehörigkeit besucht sie (nach Durchlaufen einer 9. Klasse an der Mittelschule am W.-Platz im Schuljahr 2019/2020) seit 08.09.2020 die Jahrgangsstufe 9 des E.-G.-Gymnasiums A-Stadt. Der Vater der Bf zu 2 ist georgischer Staatsangehöriger und war bis zum 30.08.2010 mit der Bf zu 1 verheiratet. Seit dem Jahr 2013 ist die Bf zu 1 mit dem griechischen Staatsangehörigen G. S. verheiratet, lebt von diesem aber nach eigenen Angaben getrennt.
Die Bf zu 1 war erstmals vom 26.05.2013 bis 01.10.2013 und danach wieder ab dem 10.07.2016 bis zum aktuellen Zeitpunkt in A-Stadt gemeldet. Die Bf zu 2 reiste am 12.09.2016 wieder nach Deutschland ein. Die Bf zu 1 gab am 28.09.2020 laut einer Gesprächsnotiz vom selben Tag gegenüber dem Antrags- und Beschwerdegegner (Bg) an, sie habe von 2013 bis 2015 in Deutschland gelebt und sei dann nach Griechenland zurückgegangen. Erst Mitte des Jahres 2016 sei sie wieder nach Deutschland gezogen. Nach Angaben des Kreisverwaltungsreferats (KVR) wurde der Bf zu 1 erstmalig am 10.10.2013 eine Aufenthaltskarte nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) als Familienangehörige eines EU-Bürgers, ihres griechischen Ehemannes G. S., mit Gültigkeit bis 09.10.2018 erteilt. Diese wurde auf Antrag am 27.11.2018 bis zum 26.11.2023 verlängert. Die Bf zu 2 erhielt ebenfalls eine Aufenthaltskarte nach dem FreizügG/EU als Familienangehörige, die bis 26.11.2023 befristet war. Der Ehemann der Bf zu 1 ist nach den Angaben des KVR am 10.07.2019 nach Griechenland verzogen, wo er sich seither aufhält.
Die Bf bezogen seit August 2017 Leistungen nach dem SGB II vom Bg. Mit Bescheid vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2020 hob der Bg die Leistungsbewilligung ab dem 01.09.2019 aufgrund des Wegzugs des Ehemanns der Bf zu 1 und der nach Auffassung des Bg hieraus folgenden fehlenden Leistungsberechtigung der Bf auf. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wurden den Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 zugesprochen (Beschluss des Sozialgerichts vom 12.03.2020 - S 41 AS 435/20 ER; Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.05.2020 - L 16 AS 238/20 B ER). Dabei wurde lediglich eine Gesamtmiete in Höhe von 612,16 Euro berücksichtigt, die direkt an den Vermieter zu zahlen sei.
Die Bf zu 1 stellte am 16.01.2020 beim Bg einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II, der mit Bescheid vom 26.02.2020 abgelehnt wurde. Der Widerspruch der Bf zu 1 hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 zurückgewiesen. Ob und wann der Bf zu 1 dieser Widerspruchsbescheid bekannt gegeben wurde, ist nicht bekannt. Ein Zugangsnachweis lässt sich der Verwaltungsakte des Bg nicht entnehmen. Auf Nachfrage des Senats im Verfahren L 16 AS 238/20 B ER, ob der Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 zum Bescheid vom 26.02.2020 zugegangen sei, übersandte die Bf zu 1 lediglich den Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 zum Aufhebungsbescheid vom 22.08.2019.
Der Bg bewilligte den Bf nach Durchführung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf der Grundlage von § 41a SGB II mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 05.06.2020 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 in Höhe von 813,33 Euro für März 2020 (davon Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 408,12 Euro), 1.220,- Euro für April 2020 und 983,20 Euro für Mai bis September 2020 unter Berücksichtigung einer Gesamtmiete von 612,16 Euro. Dabei wurden als Einkommen der Bf zu 2 das Kindergeld in Höhe von 204,- Euro und vorläufig ein Lohn in Höhe von 236,80 Euro angerechnet. Als Grund für die Vorläufigkeit wurde die unklare Einkommenshöhe der Bf zu 2 und das fehlende Ergebnis im Hauptsacheverfahren angegeben. Am Ende der Begründung des Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheid in Ausführung des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 27.05.2020 (L 16 AS 238/20 B ER) ergehe. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf zu 1 am 07.10.2020 Klage zum Sozialgericht München mit dem Ziel der Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.02.2020 bis 30.09.2020 (S 13 AS 1662/20). Ihnen seien seit Februar 2020 nicht 612,16 Euro an Mietkosten entstanden, sondern monatlich 650,16 Euro. Außerdem seien bislang die Stromkosten immer an den Stromversorger direkt überwiesen worden. Hilfsweise werde ein Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 05.06.2020 gestellt.
Den Weiterbewilligungsantrag der Bf zu 1 vom 22.08.2020 für die Zeit ab Oktober 2020 lehnte der Bg mit Bescheid vom 29.09.2020 ab. Die Bf hätten keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen, da sich der Ehemann der Bf zu 1 nicht mehr in Deutschland aufhalte. Ein zum Leistungsbezug nach dem SGB II berechtigendes Freizügigkeitsrecht könne von diesem nicht mehr abgeleitet werden. Einen ständigen Aufenthalt von länger als fünf Jahren hätten die Bf nicht nachgewiesen. Mit weiterem Bescheid vom 29.09.2020 lehnte der Bg die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.02.2020 bis 11.03.2020 gegenüber der Bf zu 2 ab. Die Bf zu 1 übersandte dem Bg am 19.10.2020 eine Kopie ihres Widerspruchs vom 04.03.2020 gegen den Ablehnungsbescheid vom 26.02.2020, wobei sie im Betreff (Ablehnungsbescheid vom 26.02.2020) das Datum 26.02.2020 durchstrich. Neben dem Betreff hatte die Bf zu 1 das Datum 16.10.2020 handschriftlich hinzugefügt. Auf Seite 2 des Widerspruchs heißt es u.a.: "Wir sind mit Euren Entscheidung nicht einverstanden." Am Seitenende hatte die Bf zu 1 ihren Namen und ihre Unterschrift sowie das Datum 16.10.2020 ergänzt. Der Bg wies die Bf zu 1 darauf hin, dass es einen Bescheid vom 16.10.2020 nicht gebe und bat um Mitteilung, gegen welchen Bescheid sich der am 19.10.2020 eingegangene Widerspruch richte. Mit Schreiben vom 25.10.2020 teilte die Bf zu 1 mit, sie sei mit "eurer Entscheidung" nicht einverstanden. Seit Februar 2020 seien die Miete nicht vollständig und die Stromkosten nicht übernommen worden. Die 1.000,- Euro, die sie von einem Bekannten erhalten habe, müssten von ihr zurückgezahlt werden. Die Situation sei sehr schwierig. Sie sei nicht damit einverstanden, dass all ihre Kosten nicht übernommen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2020 verwarf der Bg den Widerspruch als unzulässig, da es einen Bescheid vom 16.10.2020 nicht gebe.
Am 22.08.2020 stellte die Bf zu 1 beim Bg einen Antrag auf Übernahme des (vollen) Mietzinses für Februar 2020 in Höhe von 650,16 Euro sowie des (teilweise noch offenen) Mietzinses für März 2020 in Höhe von 356,04 Euro sowie für Juli bis August 2020 in Höhe von jeweils 38 Euro, insgesamt 1.154,64 Euro. Mit weiterem Schreiben vom 03.09.2020 beantragte die Bf zu 1 unter Vorlage diverser Rechnungen beim Bg u.a. die Übernahme offener Abschlagszahlungen für Strom des Anbieters M. GmbH (zuletzt: Zahlungsaufforderung der LDM Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 04.08.2020 in Höhe von 409,18 Euro, davon ausstehende Abschlagszahlungen für Juni bis August 2020 in Höhe von jeweils 103 Euro sowie Bank- und Mahngebühren in Höhe von 100,18 Euro).
Mit zwei Bescheiden vom 23.10.2020 stellte das KVR A-Stadt für die Bf fest, dass diese ihr Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hätten, kein Daueraufenthaltsrecht-EU entstanden sei, die ihnen erteilte Aufenthaltskarte EU bis 26.11.2023 nachträglich zeitlich bis zum 01.11.2020 befristet werde, die Aufenthaltskarte EU einzuziehen sei und die Bf verpflichtet seien, das Bundesgebiet bis spätestens 23.11.2020 zu verlassen. Bei nicht fristgerechter Ausreise werde die Abschiebung nach Griechenland angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bf seien seit der Abmeldung des Ehemanns der Bf zu 1 am 10.07.2019 nicht mehr Familienangehörige eines Unionsbürgers im Sinne von § 3 FreizügG/EU gewesen, da der Tatbestand des Nachzugs zum Unionsbürger im Bundesgebiet entfallen sei. Der Tatbestand des § 3 Abs. 5 FreizügG/EU, wonach Ehegatten oder Lebenspartner bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft ein Aufenthaltsrecht behielten, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Freizügigkeitsvoraussetzungen erfüllten und wenn die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden habe, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet, sei nicht anzuwenden, da keine Scheidung oder Aufhebung der Ehe erfolgt sei. Auch ein Härtefall nach § 3 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU sei nicht gegeben. Die Bf hätten ferner kein Daueraufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU erlangt, da sie sich nicht seit fünf Jahren ständig rechtmäßig mit dem Unionsbürger (hier: dem Ehemann der Bf zu 1) im Bundesgebiet aufgehalten hätten. Die Bf zu 1 halte sich erst seit 10.07.2016, die Bf zu 2 seit dem 12.09.2016 im Bundesgebiet auf. Der Ehemann der Bf zu 1 habe sich bis zur Abmeldung am 10.07.2019 lediglich mit Unterbrechungen im Bundesgebiet aufgehalten. Auch ein anderes Aufenthaltsrecht stehe den Bf nicht zu. Eine Beschäftigung werde derzeit nicht ausgeübt und sei auch nicht in der Vergangenheit ausgeübt worden. Die Bf zu 2 habe die Mittelschule bereits abgeschlossen; der derzeitige Gastschüleraufenthalt an einem M. Gymnasium begründe keinen Aufenthaltszweck zum weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Eine medizinische Behandlung der Bf zu 1 im Bundesgebiet sei nicht erforderlich, da die erforderliche Medikamenteneinnahme auch in einem anderen EU-Staat erfolgen könne. Auch eine Aufenthaltserlaubnis zum Führen der familiären Lebensgemeinschaft komme nicht in Betracht, da die Bf zum Verlassen des Bundesgebiets verpflichtet seien. Weiterhin hätten die Bf Kopien ihrer griechischen Aufenthaltstitel mit Gültigkeit bis zum 11.03.2028 übersandt.
Gegen den Bescheid des KVR vom 23.10.2020 erhob die Bf zu 1 am 10.11.2020 Klage zum Verwaltungsgericht A-Stadt. Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts im Verfahren L 16 AS 653/20 B ER wurde gegen den die Bf zu 2 betreffenden Bescheid vom 23.10.2020 bis 03.12.2020 keine Klage erhoben.
Am 07.10.2020 beantragte die Bf zu 1 für sich und die Bf zu 2 einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München (S 13 AS 1656/20 ER) und trug vor, sie habe keine finanziellen Mittel, um ihren Lebensunterhalt sowie den ihrer Tochter zu bestreiten. Der Leistungsbezug habe am 30.09.2020 geendet. Sie könne aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten. Ihre Miete betrage 650,16 Euro. Das Sozialgericht verpflichtete den Bg mit Beschluss vom 26.10.2020, den Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 07.10.2020 bis 31.10.2020 in Höhe von 935,33 Euro zu gewähren und dabei die Kosten der Unterkunft und Heizung (anteilig 489,72 Euro) direkt an den Vermieter zu zahlen. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt, da der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II greife. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (L 16 AS 653/20 B ER) erklärte die Bf für erledigt, nachdem die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) dem Grunde nach anerkannt hatte.
Am 19.10.2020 erhob die Bf zu 1 zum Sozialgericht München nochmals Klage hinsichtlich der Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Februar bis September 2020 (Übernahme noch nicht zugesprochener Kosten für Unterkunft und Heizung sowie der Stromkosten - S 13 AS 1729/20) und stellte gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, zunächst in Bezug auf die aufgelaufenen Stromschulden (S 13 AS 1724/20 ER). Sie legte die Erklärung von Herrn P. V. vom 03.09.2020 vor, wonach ihr dieser in den Monaten Februar bis Juli 2020 insgesamt 1.000,- Euro geliehen habe, da der Bg nicht mehr geleistet habe und sie sehr krank gewesen sei. Außerdem übersandte sie u.a. eine Mahnung des Stromversorgers M. GmbH vom 23.09.2020 über 390,57 Euro (offene Abschläge seit 01.07.2020 nebst Bank- und Mahngebühren sowie Kosten für einen Sperrversuch) sowie die Mahnung der D. vom 26.10.2020, wonach Forderungen in Höhe von insgesamt 2.011,26 Euro offen seien (Miete Februar 2020: 650,16 Euro, Restmiete für März 2020: 356,04 Euro, Restmiete für Juli, August und September 2020: jeweils 38,- Euro, Miete für Oktober 2020: 650,16 Euro, sowie Mahngebühren und Kosten im Zusammenhang mit einem Mahnbescheid in Höhe von insgesamt 240,90 Euro, fällig zu verschiedenen Zeitpunkten im August 2020). Ausweislich einer von der Bf vorgelegten Quittung wurde am 05.10.2020 von einem Konto des Herrn K. D. mit einer SEPA-Überweisung ein Betrag von 390,57 Euro mit dem Verwendungszweck "Kunden-Nr. xxx S." an den Stromversorger überwiesen.
Der Bg erwiderte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, der Bf zu 1 seien in Ausführung des Beschwerdeverfahrens L 16 AS 238/20 B ER für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 vorläufig Leistungen gewährt worden. Im Kontext zu § 67 Abs. 4 SGB II gelte diese Verfügung als endgültige Entscheidung. Die begehrte Aufstockung der Leistungen sei daher nicht möglich. Die Übernahme von Stromschulden werde noch geprüft.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 19.10.2020 mit Beschluss vom 02.11.2020 ab. Das Gericht lege den Antrag anhand der dem Bg sowie dem Gericht vorgelegten Unterlagen dahingehend aus, dass eine (darlehensweise) Übernahme der rückständigen Miet- und Stromabschlagszahlungen begehrt werde. Die Antragstellung sei beim Bg bzgl. der Mietschulden am 22.08.2020 und hinsichtlich der Stromschulden am 03.09.2020 erfolgt. Ein Anordnungsanspruch sei weder hinsichtlich der begehrten Übernahme der Mietschulden noch der Stromschulden glaubhaft gemacht. Nach summarischer Prüfung habe die Bf zu 1 keinen Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs. 8 SGB II. Die Bf zu 1 erhalte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine SGB II-Leistungen mehr und habe auch keinen Anspruch hierauf, da sie unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b SGB II falle. Das KVR habe ihr mit Bescheid vom 23.10.2020 die Freizügigkeit entzogen, die ihr erteilte Aufenthaltskarte EU nachträglich bis 01.11.2020 befristet und ihr eine Frist zur Ausreise bis 23.11.2020 gesetzt. Die förmliche Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts durch die Ausländerbehörde sei bindend. Ein Anspruch auf Übernahme der Miet- und Energieschulden scheide bereits deswegen aus. Auch wenn es hierauf nicht mehr ankomme, seien auch die weiteren Voraussetzungen des § 22 Abs. 8 SGB II vorliegend nicht erfüllt. Es liege ein atypischer Fall vor, da die vorliegende Fallgestaltung signifikant vom (typischen) Regelfall abweiche und eine Übernahme der Mietschulden nicht gerechtfertigt erscheine. Denn die Bf hätten seit dem 01.11.2020 kein Aufenthaltsrecht mehr in der Bundesrepublik Deutschland. Bei einer Übernahme der aufgelaufenen Mietschulden könnte also die Intention des § 22 Abs. 8 SGB II, nämlich der langfristige Erhalt einer Wohnung, gar nicht erfüllt werden. Aus den gleichen Gründen scheide auch eine Übernahme der Stromschulden beim Versorger M. GmbH aus, die ohnehin nicht mehr in der beantragten Höhe bestehen dürften, nachdem sie ausweislich der vorgelegten Überweisungsquittung am 05.10.2020 teilweise in Höhe von 390,57 Euro durch Herrn K. D. zugunsten der Bf beglichen worden seien. Im Übrigen habe die Bf zu 1 nicht alle zumutbaren Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft.
Gegen den ihr am 05.11.2020 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts hat die Bf zu 1 am 23.11.2020 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Sie hat ein Schreiben der D. vom 16.11.2020 vorgelegt, wonach das Mietverhältnis wegen der aufgelaufenen Mietrückstände in Höhe von 1.930,80 Euro zzgl. Mahnkosten in Höhe von 240,90 Euro, fristlos gekündigt und die Bf aufgefordert wurde, die Wohnung binnen einer Räumungsfrist von einer Woche ab Zugang des Kündigungsschreibens zu räumen. Einer Fortsetzung des Mietverhältnisses wurde widersprochen. Außerdem ist eine Mahnung der M. GmbH vom 10.11.2020 vorgelegt worden, wonach die Abschläge für Strom im Oktober und November 2020 in Höhe von jeweils 103,- Euro nicht bezahlt worden sind; zzgl. Mahngebühr sei ein Betrag in Höhe von 210,84 Euro bis 18.11.2020 zu leisten.
Mit Beschluss vom 04.12.2020 hat der Senat die Landeshauptstadt München, Sozialreferat, zum Verfahren notwendig beigeladen.
Die Bf beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 02.11.2020 abzuändern und den Bg, hilfsweise die Beigeladene vorläufig zu verpflichten, die seit Februar 2020 (teilweise) noch offenen Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren sowie die Stromschulden zu übernehmen.
Der Bg beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Bg verweist zur Begründung auf die den Beschluss des Sozialgerichts München tragenden Gründe.
Die Beigeladene hat zu den Beschwerdeverfahren L 16 AS 653/20 B ER und L 16 AS 654/20 B ER ausgeführt, ein Bescheid über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG liege noch nicht vor. Die Antragsunterlagen seien der Bf zu 1 am 18.12.2020 zugesandt worden. Die Mietschulden könnten weder nach dem SGB XII noch nach dem AsylbLG übernommen werden. Ein Leistungsanspruch nach dem SGB XII komme nicht in Betracht, da die Bf von den Leistungen nach § 23 SGB XII ausgeschlossen seien. Auch im Rahmen des AsylbLG könne eine Übernahme der Mietschulden nicht erfolgen. Grundsätzlich müssten hierfür die konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Wegen der Ausreisepflicht der Bf laut Bescheiden des KVR vom 23.10.2020 könne die Intention der Schuldenübernahme, nämlich der langfristige Erhalt der Unterkunft, nicht mehr erfüllt werden. Diese Argumentation greife auch im Rahmen des AsylbLG. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Bf mit Einsetzen der Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG auch einen Antrag auf Genehmigung der privaten Wohnsitznahme bei der Regierung von Oberbayern stellen müssten.
Auf Nachfrage erläuterte die D. die offenen Forderungen gegenüber der Bf zu 1 mit Schreiben vom 30.12.2020, wonach folgende Posten ausstünden:
Forderung; Betrag; Fälligkeit:
Miete 02/2020; 650,16 Euro; 05.02.2020
Restmiete 03/2020; 356,04 Euro; 04.03.2020
Restmiete 07/2020; 38,00 Euro; 03.07.2020
Restmiete 08/2020; 38,00 Euro; 05.08.2020
Restmiete 09/2020; 38,00 Euro; 03.09.2020
Miete 10/2020; 650,16 Euro; 05.10.2020
Restmiete 11/2020; 160,44 Euro; 04.11.2020
Miete 12/2020; 659,16 Euro; 03.12.2020
Umbuchung Mahngebühren; 7,50 Euro; 07.08.2020
Gerichtskosten für Mahnbescheid; 35,50 Euro; 10.08.2020
Umbuchung Zinsen aus Mahnbescheid; 20,40 Euro; 10.08.2020
Gerichtskosten Widerspruch Mahnbescheid; 177,50 Euro; 25.08.2020
Forderung aus Nebenkostenabrechnung 201; 419,57 Euro; 01.12.2020
Gesamt: 3.250,43 Euro
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, auch im Verfahren L 16 AS 653/20 B ER, sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Bg verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet, soweit die Bf die Übernahme der noch offenen Mietzahlungen seit Februar 2020 bis Oktober 2020 nebst der aufgelaufenen Kosten für das Mahnverfahren begehren. Hinsichtlich der Übernahme von Stromschulden ist die Beschwerde unbegründet.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 02.11.2020 ist statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da der Beschwerdewert in Höhe von 750,- Euro überschritten wird. Den Bf geht es um die Übernahme von Stromschulden sowie offener Mietzinsforderungen. Allein die (reinen) Mietrückstände beliefen sich bis Oktober 2020 auf einen Betrag, der 750,- Euro übersteigt.
Die Beschwerde führt in der Sache teilweise zum Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt, soweit die Bf die Übernahme der noch offenen Mietforderungen für die Zeit von Februar 2020 bis Oktober 2020 begehren. Im Übrigen (Übernahme von Stromschulden) ist die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Dabei geht der Senat davon aus, dass auch die Bf zu 2 Beteiligte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Instanzen ist. Wie dem von der juristisch nicht gebildeten Bf zu 1 erhobenen Antrags- und Beschwerdebegehren hinreichend deutlich zu entnehmen ist, geht es im vorliegenden Verfahren insbesondere um die Gewährung offener Mietkosten. Der Antrag kann aufgrund der kopfteiligen Aufteilung der Unterkunfts- und Heizkosten auf beide Bf nach § 22 SGB II nur dann vollen Erfolg haben, wenn auch die Bf zu 2 ihren Anspruch geltend macht, da es vorliegend nicht um eine reine Mietschuldenübernahme zugunsten der Bf zu 1 als Partei des Mietvertrages geht (s. dazu die Ausführungen unter Ziffer 3b dd). Insoweit waren der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und auch die Beschwerde nach dem so genannten Meistbegünstigungsprinzip (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 18/10 R, Rdnr. 13 juris mit weiteren Nachweisen) unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens auszulegen (§ 123 SGG). Dabei hat sich der Senat daran zu orientieren, was als Leistung möglich ist, wenn jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (BSG, a.a.O.). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die inhaltliche Ausgestaltung eines Antrags einer Person; sie müssen vielmehr im Hinblick auf die vorliegenden rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft iSd SGB II und die daraus resultierenden tatsächlichen Ungereimtheiten des Verwaltungs- und prozessualen Verfahrens auch für die Auslegung herangezogen werden, welche Personen überhaupt (einstweiligen) Rechtsschutz suchen (zur Auslegung von Klageanträgen vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, Rdnr. 11 juris; BSG, Urteil vom 08.05.2019 - B 14 AS 15/18 R, Rdnr. 11 juris). Insoweit ist davon auszugehen, dass die Bf zu 1 auch im Namen ihrer Tochter gehandelt hat. Auch ist der Streitgegenstand des Verfahrens, wie das Sozialgericht zu Recht erkannt hat, nicht auf die Übernahme der (zunächst im Antragsschriftsatz nur genannten) Stromschulden begrenzt, da sich den von der Bf zu 1 übersandten Unterlagen (insbesondere den Mahnungen der D., aus denen die drohende und mittlerweile ausgesprochene Kündigung der Vermieterin ersichtlich ist) entnehmen lässt, dass die Bf auch die Übernahme der offenen Mietforderungen begehren.
2. Dem Antrag der Bf auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 19.10.2020 steht nicht die (materielle) Rechtskraft des Beschlusses des Senats vom 27.05.2020 (L 16 AS 238/20 B ER) entgegen, da sich die entscheidungserheblichen Verhältnisse geändert haben (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rdnr. 45a) und der frühere Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht nur wiederholt wird.
3. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Die Entscheidungen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988 - 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69 (75); BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, Rdnr. 3 juris; Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13 -, Rdnr. 20 juris; Beschluss vom 26.06.2018 - 1 BvR 733/18 -, Rdnr. 4 juris). Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich - etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte -, ist es von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann auf der Grundlage einer Folgenabwägung erfolgt (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12 -, Rdnr. 2 f. juris; Beschluss vom 26.06.2018 - 1 BvR 733/18 -, Rdnr. 3 f juris, Beschluss vom 14.03.2019 - 1 BvR 169/19 -, Rdnr. 15 juris).
Der Senat entscheidet aufgrund einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs.
3a) Der Zulässigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz steht nicht die Bestandskraft (§ 77 SGG) der für die Zeit von Februar 2020 bis Oktober 2020 ergangenen Bescheide des Bg entgegen. Nach der im Beschwerdeverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die Bescheide des Bg vom 26.02.2020 (Ablehnung der Leistungen auf den Weiterbewilligungsantrag vom 17.01.2020), vom 05.06.2020 und vom 29.09.2020 wohl nicht bestandskräftig geworden.
Der zunächst gegenüber der Bf zu 1 ergangene Ablehnungsbescheid vom 26.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2020 dürfte nicht bestandskräftig geworden sein, da der Bg einen Zugang dieses Widerspruchsbescheides bei der Bf zu 1 nicht belegen kann und die Bf zu 1 dem Senat im Rahmen des Verfahrens L 16 AS 238/20 B ER auf Nachfrage nach dessen Zugang nur einen anderen Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 (Widerspruch gegen einen Aufhebungsbescheid vom 22.08.2019) übermittelte. Da die Widerspruchsbescheide vom 01.04.2020 nach dem Inhalt der Verwaltungsakte an unterschiedlichen Tagen in den (internen) Postauslauf gegeben wurden, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass diese gemeinsam in einem Umschlag an die Bf zu 1 versandt wurden. Eine Klärung des Zugangs muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Auch der Bescheid vom 05.06.2020, mit dem der Bg den Bf vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 unter Berücksichtigung einer Gesamtmiete von 612,16 Euro bewilligt hat, ist nicht bestandskräftig geworden. Dieser Bescheid, der nach seinem Tenor und der Begründung als vorläufiger Bewilligungsbescheid nach § 41a SGB II und nicht als reiner Umsetzungsbescheid in Bezug auf den Beschluss des Senats vom 27.05.2020 (L 16 AS 238/20 B ER) erging, enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung, so dass dieser gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG jedenfalls noch binnen Jahresfrist angefochten werden kann, soweit man die diesbezügliche Klage vom 19.10.2020 gegen den Bescheid vom 05.06.2020 nicht bereits als Widerspruch gegen den Bescheid auslegen will.
Auch von einer Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 29.09.2020 für die Zeit ab 01.10.2020 sowie des Ablehnungsbescheides vom 29.09.2020 gegenüber der Bf zu 2 für die Zeit vom 01.02.2020 bis 11.03.2020 ist nicht auszugehen. Die Bf haben, vertreten durch die Bf zu 1, mit dem Schreiben vom 16.10.2020, das am 19.10.2020 beim Bg einging, zum Ausdruck gebracht, dass sie gegen die erneuten Ablehnungsbescheide vorgehen wollten. In dem Schreiben vom 16.10.2020 heißt es: "Wir sind mit Euren Entscheidung nicht einverstanden." Dass die Bf nicht einen nicht existierenden Bescheid vom 16.10.2020 anfechten wollten, lässt sich der Unterschrift der Bf zu 1 auf dem in Kopie nochmals übersandten Widerspruch vom 04.03.2020 und dem unter der Unterschrift auf Seite 2 des Widerspruchsschreibens nochmals beigefügten Datum 16.10.2020 entnehmen. Schon denklogisch kann angesichts der üblichen Postlaufzeiten nicht am 16.10.2020 gegen einen Bescheid vom selben Tag Widerspruch eingelegt werden. Aus dem Inhalt der Verwaltungsakte kann geschlossen werden, dass die Bf mit ihrem Widerspruch vom 16.10.2020 nur die zuletzt ergangenen Ablehnungsbescheide vom 29.09.2020 meinen konnten.
3b) Die Bf haben einen Anordnungsanspruch auf Übernahme der rückständigen Mieten für Februar 2020 in Höhe von 650,16 Euro, für März 2020 in Höhe von 356,04 Euro, für Juli 2020 in Höhe von 38,- Euro, für August 2020 in Höhe von 278,90 Euro (38,- Euro Mietrückstand zzgl. 240,90 Euro Gebühren und Kosten für das Mahnverfahren der Vermieterin), für September 2020 in Höhe von 38,- Euro sowie für Oktober 2020 in Höhe von 160,44 Euro glaubhaft gemacht.
aa) Die 41 Jahre alte Bf zu 1 und die inzwischen 17 Jahre alte Bf zu 2 sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Das Bestehen eines Aufenthaltsrechts ist keine Voraussetzung für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland (vgl. Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 7 Rdnr. 85; Becker in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 7 Rdnr. 21, 23; BSG, Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R, Rdnr. 19 juris; BSG, Urteil vom 20.01.2016 - B 14 AS 15/15 R, Rdnr. 15 juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 06.11.2017 - L 8 SO 262/17 B ER, Rdnr. 22 juris). Die Bf zu 2 gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft der Bf zu 1.
bb) Zwar unterfielen die Bf nach heutigem Erkenntnisstand des Senats im streitgegenständlichen Leistungszeitraum bereits ab Februar 2020 dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da sie kein Aufenthaltsrecht in Deutschland mehr hatten und mangels gewöhnlichen Aufenthalts von mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet nicht in die Rückausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II fielen. Dass die Bf in der Vergangenheit und jedenfalls bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 23.10.2020 im Besitz einer Aufenthaltskarte nach § 5 FreizügG/EU als Familienangehörige von Unionsbürgern sind bzw. waren, die sie nach der Regelung im Bescheid erst ab seiner Bestandskraft an die Ausländerbehörde zurücksenden mussten bzw. müssen, bindet den Senat hinsichtlich der Prüfung eines Aufenthaltsrechts nicht, da der Aufenthaltskarte lediglich deklaratorische Bedeutung mit der Funktion eines Nachweismittels zukommt, ohne dass sie konstitutiv ein Aufenthaltsrecht begründet. Es handelt sich hierbei nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt, sondern eine bloße Bescheinigung (vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 5 FreizüG/EU Rdnr. 28, 33; in diese Richtung auch Kurzidem in BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 01.10.2020, § 5 FreizügG/EU Rdnr. 5; Geyer in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 5 FreizügG/EU Rdnr. 8; Brinkmann in Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 5 FreizügG/EU Rdnr. 4).
Die Bf sind keine Unionsbürgerinnen und haben daher kein eigenes Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 1 Alt. 1 FreizüG/EU. Ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt ergibt sich auch nicht mehr aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 iVm § 3 FreizügG/EU als Familienangehörige, da der griechische Ehegatte der Bf zu 1 seit 10.07.2019 nach Griechenland verzogen ist. Auch ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 iVm § 3 Abs. 3 FreizügG/EU der Bf zu 1 als Elternteil, der die elterliche Sorge für ein Kind tatsächlich ausübt, das sich im Bundesgebiet aufhält und eine Ausbildungseinrichtung besucht, besteht nicht, da diese Regelung voraussetzt, dass es sich um das Kind eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers handelt. Der Ehegatte der Bf zu 1 ist jedoch nicht der leibliche Vater der Bf zu 2. Aus demselben Grund scheidet auch ein Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union, geändert durch die Verordnung EU (2016/589), aus. Ebenfalls nicht einschlägig ist § 3 Abs. 4 Nr. 3 FreizügG/EU in der seit 24.11.2020 geltenden Fassung, wonach Ehegatten, die nicht Unionsbürger sind, bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe ein Aufenthaltsrecht behalten, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 FreizügG/EU erfüllen und wenn es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange ein Festhalten an der Ehe oder der Lebenspartnerschaft nicht zugemutet werden konnte. Die Bf zu 1 erfüllt bereits nicht die Voraussetzungen der § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 FreizügG/EU, da sie sich nicht zur Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Aufnahme einer Ausbildung im Bundesgebiet aufhält (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FreizügG/EU) und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verfügt (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 iVm § 4 FreizügG/EU). Auch auf die Rückausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 4 1. Halbsatz SGB II (Daueraufenthaltsrecht nach einem gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens fünf Jahren) können sich die Bf nicht berufen, da sie sich erst seit 10.07.2016 bzw. seit 12.09.2016 wieder durchgehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für ein Arbeitsuche-Aufenthaltsrecht der Bf zu 1 als Drittstaatsangehörige nach dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vom 01.03.2020 nicht vor, da sich die Bf nicht zum Zweck der Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) iSd §§ 16, 17 AufenthG oder als Fachkraft zur Arbeitsplatzsuche (§ 20 AufenthG) in Deutschland aufhält. Auch für ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 4, 5 AufenthG) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Europarechtliche Bedenken gegen die Ausschlussnormen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und 2b SGB II bestehen nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 11.11.2014 - C-333/13 - Dano; EuGH, Urteil vom 15.09.2015 - C-67/14 - Alimanovic zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a.F.).
cc) Ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. bzw. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und Nr. 2b SGB II n.F. aber mit dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar ist, ist nach Verwerfung eines Vorlagebeschlusses des Sozialgerichts Mainz (Beschluss vom 18.04.2016 - S 3 AS 149/16 zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der bis 28.12.2016 geltenden Fassung) durch das Bundesverfassungsgericht als unzulässig (BVerfG, Kammerbeschluss vom 04.12.2019 - 1 BvL 4/16) weiterhin nicht höchstrichterlich geklärt. Zum Teil wird daraus gefolgert, dass bis zu einer Klärung der Verfassungsmäßigkeit die Voraussetzungen für eine vorläufige Leistungsgewährung nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II als erfüllt anzusehen sind (vgl. Leopold, a.a.O., § 7 Rdnr. 138 unter Verweis auf Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.07.2017 - L 7 AS 427/17 B ER, Rdnr. 20, 22 juris; SG Hannover, Beschluss vom 14.07.2017 - S 48 AS 1951/17 ER). Allerdings verlangt § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II, dass die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB II bzw. einer Vorschrift, auf die das SGB II verweist (vgl. Klerks in LPK-SGB II, 7. Aufl. 2021, § 41a Rdnr. 88; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 41a Rdnr. 77), von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Union ist. Soweit ersichtlich ist derzeit die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II nicht beim BVerfG anhängig.
Nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II kann eine vorläufige Entscheidung aber auch dann ergehen, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundessozialgericht (BSG) ist. Das ist anzunehmen, wenn ihr über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommt, sie bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt wurde und die Entscheidung über die Leistungserbringung von ihr abhängt. Ausreichend ist es, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage Auswirkungen auf die Entscheidung über Geld- oder Sachleistungen hat (vgl. Klerks, a.a.O., § 41a Rdnr. 89). Vor dem BSG sind zwei Verfahren anhängig, die die Frage des Zugangs von Unionsbürgern zu existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zum Gegenstand haben (B 14 AS 25/20 R, u.a. zur vom Landessozialgericht bejahten Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses von Unionsbürgern nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und 2b SGB II in der ab 29.12.2016 g.F.; B 14 AS 42/19 R zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F.). Zwar handelt es sich bei den Bf nicht um Unionsbürgerinnen; die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und 2b SGB II treffen jedoch Unionsbürger sowie Drittstaatsangehörige gleichermaßen, so dass die beim BSG anhängige Frage auch für die Entscheidung im hiesigen Beschwerdeverfahren erheblich ist.
Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Auffassung, dass die Bf gegenüber dem Bg hinsichtlich der noch ausstehenden Mietzahlungen für Februar 2020 bis Oktober 2020 einen Anspruch auf vorläufige Leistungen nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II haben. Liegen die Voraussetzungen des § 41a Abs. 7 Satz 1 SGB II vor, haben die Grundsicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob Geld- oder Sachleistungen vorläufig zu erbringen sind und hierbei den Grund der Vorläufigkeit anzugeben. Zwar erstreckt sich bei diesen Entscheidungen das Ermessen grundsätzlich auch auf die Höhe der Leistungen; da hier jedoch die Anspruchsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht feststehen, dürfte kein Grund denkbar sein, bei den vorläufig zu bewilligenden Leistungen einen Abschlag vorzunehmen (vgl. Kemper, a.a.O., § 41a Rdnr. 80, 23). Das Ermessen hinsichtlich der Entscheidung, vorläufig Leistungen zu bewilligen, ist vorliegend auf Null reduziert. Dies folgt aus dem existenzsichernden Charakter der begehrten Leistungen und aus dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums, Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11; BSG, Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R; Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.07.2017 - L 7 AS 427/17 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.02.2017 - L 8 SO 344/16 B ER, Rdnr. 39 juris; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.05.2017 - L 11 AS 247/17 B ER, Rdnr. 24; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.04.2017 - L 13 AS 113/17 B ER, wonach weitere Punkte hinzutreten müssen, um eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen). Für die Bf hätte die Nichtgewährung von Leistungen erheblich schwerwiegendere Folgen als eine Leistungsgewährung für den Bg. Für die Bf geht es aktuell um die Sicherung ihrer Wohnung. Sie würden ohne eine vorläufige Leistungsgewährung aufgrund der bereits ausgesprochenen fristlosen Kündigung Gefahr laufen, ihre aktuelle kostenangemessene Unterkunft zu verlieren. Zwar besteht für den Bg bei einer Leistungsgewährung die Gefahr, dass er für den Fall seines Obsiegens im Hauptsacheverfahren die vorläufig gewährten Leistungen aufgrund von Einkommens-/ Vermögenslosigkeit der Bf nicht zurückerstattet erhält. Im Rahmen der Folgenabwägung kommt aber den Grundrechten besondere Bedeutung zu; die Gerichte haben sich vorrangig schützend und fördernd vor die Grundrechte zu stellen, sodass diese fiskalischen Interessen dahinter zurückzutreten haben.
dd) Zu Unrecht hat allerdings das Sozialgericht als Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Mietrückstände § 22 Abs. 8 SGB II herangezogen, da vorliegend laufende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Streit stehen. Nach § 22 Abs. 8 SGB II können, sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Ob Schulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II oder tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II vorliegen, ist - unabhängig von deren zivilrechtlicher Einordnung - ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II zu beurteilen, einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht vom Jobcenter gedeckten Bedarf aufzufangen. Bezieht sich die Nachforderung auf einen während der Hilfebedürftigkeit des SGB II-Leistungsberechtigten eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handelt es sich jedenfalls um vom SGB II-Träger zu übernehmende tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 SGB II. Hat der Grundsicherungsträger den aktuellen Bedarf des Leistungsberechtigten in der Vergangenheit bereits vollständig gedeckt und beruht die Nachforderung auf der Nichtzahlung durch den Leistungsberechtigten, handelt es sich dagegen um Schulden (BSG, Urteil vom 22.03.2020 - B 4 AS 62/09 R, Rdnr. 17 juris; BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R; Rdnr. 17 f. juris; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rdnr. 256).
Gemessen hieran sind die Außenstände der Bf bei der D. für die Monate Februar 2020 (650,16 Euro), März 2020 (356,04 Euro), Juli bis September 2020 (jeweils 38,- Euro) und Oktober 2020 (160,44 Euro) nicht als Mietschulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II anzusehen, sondern als laufender Bedarf der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II in den genannten Monaten, der vom Bg noch nicht (vollständig) gedeckt wurde. Dies resultiert daraus, dass der Bg den Bf Leistungen für die Zeit von 01.02.2020 bis 11.03.2020 und vom 01.10.2020 bis 31.10.2020 aufgrund der (nicht bestandskräftigen) Ablehnung mit Bescheiden vom 26.02.2020 und vom 29.09.2020 noch nicht bewilligt hat und bei der Bewilligung für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 nicht die vollen Unterkunftskosten in Höhe von 650,16 Euro berücksichtigt hat.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind dabei auch die bislang angefallenen und im August 2020 fälligen Gebühren und Kosten für das Mahnverfahren der Vermieterin in Höhe von insgesamt 240,90 Euro (7,50 Euro Umbuchung Mahngebühren, 35,50 Euro Gerichtskosten für den Mahnbescheid, 20,40 Euro Umbuchung Zinsen aus dem Mahnbescheid und 177,50 Euro Gerichtskosten für den Widerspruch zum Mahnbescheid) zu übernehmen. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch die Übernahme von Gerichts- und Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit den Unterkunftskosten entstanden sind, als sog. Annex zu den Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht. Entstehen infolge einer unberechtigten Versagung von SGB II-Leistungen Mietrückstände und erhebt der Vermieter deshalb Räumungsklage, sind auch die dem Leistungsberechtigten auferlegten Gerichtskosten als einmalig anfallender Bedarf im Fälligkeitsmonat für die Unterkunft zu berücksichtigen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2014 - L 9 AS 1742/14, Rdnr. 56 juris unter Verweis auf BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R zur Übernahme von Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten zur Sicherung der Unterkunft im Falle der Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs. 5 SGB II a.F.; Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 - L 7 AS 676/13; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 22 Rdnr. 70). Die Übernahme der durch das Mahnverfahren entstandenen Zinsen und Kosten in Höhe von 240,90 Euro erscheint auch vorliegend sachgerecht, da die Kosten durch die fehlende (vollständige) Leistungsbewilligung durch den Bg verursacht wurden und die Bf sie mangels finanzieller Leistungsfähigkeit nicht verhindern konnten.
Die Bf haben daher gegen den Bg nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGG iVm § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 650,16 Euro für Februar 2020, 356,04 Euro für März 2020, 38,- Euro für Juli 2020, 278,90 Euro für August 2020, 38,- Euro für September 2020 und 160,44 Euro für Oktober 2020. Dabei ist davon auszugehen, dass - anders als in der übersandten Forderungsaufstellung der D. - für Oktober 2020 nicht die volle Miete von 650,16 Euro, sondern nur noch ein Restbetrag in Höhe von 160,44 Euro an Miete offen ist, da seitens des Bg aufgrund des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 13 AS 1656/20 ER bereits anteilige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 489,72 Euro an die Vermieterin gezahlt wurden. Diese wurden von der D. offensichtlich irrtümlich auf die Miete für November 2020 und nicht für Oktober 2020 verbucht, da der Kontostand für November 2020 nur noch eine offene Restmiete in Höhe von 160,44 Euro ausweist. Für März 2020 spricht der Senat im Beschwerdeverfahren eine laut Forderungsaufstellung der D. offene Restmiete in Höhe von 356,04 Euro zu. Weshalb - nach Bewilligung anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 408,12 Euro durch den Bg - nicht nur ein Betrag in Höhe von 242,04 Euro (650,16 Euro abzüglich 408,12 Euro) offen ist, muss einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten werden.
3c) Hinsichtlich der offenen Mietzahlungen wurde auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Bf sind mittellos. Dies belegen die vorgelegten Kontoauszüge. Die Mittellosigkeit und Dringlichkeit der Entscheidung wird auch durch die Tatsache untermauert, dass die Bf neben den Schulden bei ihrer Vermieterin und den Außenständen beim Stromversorger auch Forderungen der Krankenversicherung und der Fa. H. ausgesetzt sind. Für aktuelle Unterstützungsleistungen durch andere Personen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Das Mietverhältnis der Bf wurde bereits fristlos gekündigt (vgl. zum bestehenden Anordnungsgrund insoweit auch ohne Erhebung einer Räumungsklage BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 - 1 BvR 1910/12, Rdnr. 18 juris mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung; Beschluss des Senats vom 19.03.2013 - L 16 AS 61/13 B ER). Dass die Mietrückstände bis Oktober 2020 Leistungen für die Vergangenheit darstellen, steht der Verpflichtung des Bg im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ausnahmsweise nicht entgegen. Zwar werden Leistungen im Wege einer einstweiligen Anordnung in der Regel erst ab Eingang des Eilantrags bei Gericht zugesprochen. Eine Verpflichtung zu Leistungen für die Zeit vor dem Eilantrag kommt aber ausnahmsweise bei einem Nachholbedarf in Betracht, d.h. wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt. Dies kommt z.B. bei Leistungen für Unterkunft und Heizung infrage, wenn der Vermieter Räumungsklage angestrengt hat, weil der Antragsteller wegen fehlender finanzieller Mittel die Miete nicht gezahlt hatte und deshalb den Verlust seiner Wohnung befürchten muss oder wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen rückständiger Schulden, die der Hilfesuchende wegen der Nichtgewährung von Leistungen nach dem SGB II machen musste, eingeleitet wurden oder unmittelbar bevorstehen. In einem solchen Fall ist eine Räumungsklage zur Bejahung eines Anordnungsgrundes nicht zwingend notwendig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rdnr. 35a mit weiteren Nachweisen). Einen solchen Nachholbedarf sieht der Senat vorliegend als gegeben an. Den Bf droht mit dem Wohnungsverlust ein gegenwärtiger schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bf zu 2 minderjährig ist. Nicht erforderlich für die Annahme eines fortwirkenden Nachteils ist nach Auffassung des Senats die Erhebung der Räumungsklage. Zwar wird die fristlose Kündigung unwirksam, wenn binnen zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage die rückständige Miete gezahlt wird (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Dies macht ein Abwarten der Räumungsklage, zumal vorliegend nach dem Mahnbescheid der Vermieterin bereits ein gerichtlichen Zivilverfahren wegen der Mietrückstände rechtshängig ist, aber nicht zumutbar, unabhängig davon, dass der Leistungsträger vom Amtsgericht über die Räumungsklage nach § 22 Abs. 9 SGB II zu informieren ist und ebenfalls die Räumung durch Zahlung abwenden kann. Dies folgt bereits daraus, dass die Abwendung der fristlosen Kündigung keine Auswirkungen auf eine ordentliche Kündigung hat (vgl. auch Hessisches LSG, Beschluss vom 12.10.2018 - L 9 AS 462/18 B ER, Rdnr. 38 juris).
4. Einen Anordnungsanspruch hinsichtlich bestehender Stromschulden haben die Bf nicht glaubhaft gemacht. Dem Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass vor Stellung des Eilantrags beim Sozialgericht am 19.10.2020 zuletzt mit Schreiben des Stromversorgers, der M. GmbH, ein Betrag in Höhe von 390,57 Euro geltend gemacht wurde, der am 05.10.2020 durch Überweisung vom Konto des Herrn D. getilgt wurde. Soweit die Bf zu 1 eine erneute Mahnung vom 10.11.2020 vorgelegt hat, wonach die Abschläge für Oktober 2020 und November 2020 in Höhe von jeweils 103,- Euro offen waren sowie Mahnkosten in Höhe von 4,84 Euro geltend gemacht wurden, handelt es sich nicht mehr um die ursprünglich gegenüber dem Bg mit Antrag vom 03.09.2020 geltend gemachte Übernahme der Stromschulden. Die Bf zu 1 hat sich bezüglich evtl. neu entstandener Stromschulden daher zunächst an die Beigeladene als für sie seit 01.11.2020 zuständigen Leistungsträger zu wenden, zumal es sich bei den Stromabschlägen für die Zeit ab November 2020 nicht um Schulden handelt, sondern um den laufenden Bedarf der Bf im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Jedenfalls ist diesbezüglich eine Eilbedürftigkeit nicht erkennbar, da für eine aktuell drohende Stromsperre keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Der Senat geht außerdem davon aus, dass die Bf zu 1 durch die anstehende Leistungsgewährung nach dem AsylbLG für die Zeit ab 01.11.2020 in der Lage sein wird, die seit Oktober 2020 entstandenen Stromkosten zu tilgen. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Bf zu 1 sich insoweit auch im Rahmen ihrer Selbsthilfeobliegenheiten zunächst selbst an den Stromversorger zu richten und sich um eine Ratenzahlungsvereinbarung zu bemühen hat.
5. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind die Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab November 2020, da es sich insoweit nicht um - gemessen an dem Tag des Eingangs des Eilantrags beim Sozialgericht München am 19.10.2020 - rückständige Mietaufwendungen der Bf handelt. Für die Zeit ab November 2020 ist die Beigeladene leistungspflichtig, die ihre Leistungspflicht dem Grunde nach auch bereits mit Schreiben vom 09.12.2020 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens L 16 AS 653/20 B ER anerkannt hat.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er davon ausgeht, dass die Beigeladene die aktuellen Mietaufwendungen der Bf im November 2020 in Höhe von 650,16 Euro und ab Dezember 2020 in Höhe von 659,16 Euro im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem AsylbLG berücksichtigen wird. Im Dezember 2020 wird dabei von der Beigeladenen auch die Forderung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2019 in Höhe von 419,57 Euro als Unterkunftsbedarf zu prüfen sein. Die Bf dürften für die Zeit ab 01.11.2020 nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG analogleistungsberechtigt sein, da sie sich seit 10.07.2016 bzw. seit 12.09.2016 und damit seit mehr als 18 Monaten durchgehend im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthaltes auch nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben (vgl. zum Begriff der Rechtsmissbräuchlichkeit BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht im bloßen Verweilen in der Bundesrepublik trotz bestehender vollziehbarer Ausreisepflicht (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 31 juris). Zwar hat die Beigeladene mit Bescheid vom 23.10.2020 den Verlust des Aufenthaltsrechts der Bf festgestellt, ihnen eine Frist zur Ausreise gesetzt sowie die Abschiebung nach Griechenland angedroht. Die Bf zu 1 hat gegen diesen Bescheid jedoch Klage zum Verwaltungsgericht A-Stadt erhoben, der nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zukommt mit der Folge, dass eine bestandskräftige Ausreisepflicht der Bf zu 1 nicht vorliegt und eine Abschiebung für die Dauer des Gerichtsverfahrens nicht vollzogen werden kann. Die alleinige Abschiebung der Bf zu 2 als minderjährigem Kind der Bf zu 1 dürfte nicht in Betracht kommen. Allein der Verbleib der Bf im Bundesgebiet kann vor diesem Hintergrund nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, da die Bf zu 1 nur von den ihr zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch macht.
Auch die Voraussetzungen für eine private Wohnsitznahme der Bf dürften vorliegen. Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Aufnahmegesetzes (AufnG) sind zum Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft berechtigt Alleinerziehende mit mindestens einem minderjährigen Kind nach Abschluss des behördlichen Erstverfahrens vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und wenn durch den Ausländer eine anderweitige Unterkunft nachgewiesen wird, deren Aufwendungen den angemessenen Umfang nicht übersteigen und der Auszug mindestens zwei Monate vorher der zuständigen Behörde angezeigt wird. Die Frage des Abschlusses des behördlichen Erstverfahrens vor dem BAMF stellt sich vorliegend nicht, da die Bf ab ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet am 10.07.2016 bzw. 12.09.2016 nicht zunächst ein Asylverfahren beim BAMF zu durchlaufen hatten, sondern zunächst als Angehörige eines Unionsbürgers aufenthaltsberechtigt waren. Die Abschiebung der Bf ist wegen der vor dem Verwaltungsgericht A-Stadt erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 23.10.2020 aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Die Aufwendungen für die von der Bf und ihrer Tochter bewohnten Wohnung übersteigen auch nicht den angemessenen Umfang, da die Miete in Höhe von 650,16 Euro bzw. (ab Dezember 2020) in Höhe von 659,16 Euro für zwei Personen als angemessen anzusehen ist. Nach der aktuellen Mietobergrenze für einen Zweipersonenhaushalt in der Landeshauptstadt A-Stadt ist eine Bruttokaltmiete in Höhe von bis zu 897,- Euro (ab 01.01.2021) im Rahmen des § 35 SGB XII als angemessen anzusehen. Auf die vorherige Anzeige des Auszugs aus der Gemeinschaftsunterkunft iSd Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufnG kommt es nicht an, da die Bf die Wohnung bereits bewohnen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
7. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG iVm §§ 114 ff. ZPO für die Bf zu 1 liegen vor. Die Bf zu 1, die nach dem Wortlaut ihrer Erklärung den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für sich gestellt hat, ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Rechtsverfolgung auch nur zum Teil zu tragen. Der Rechtsstreit hatte nach den obigen Ausführungen auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdegegner hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerinnen zu erstatten.
III. Der Beschwerdeführerin zu 1 wird für das Beschwerdeverfahren ab Eingang der Beschwerde Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Gründe:
I.
Streitgegenständlich ist im Beschwerdeverfahren die Übernahme von Miet- und Stromschulden der Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 1 (Bf zu 1) im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die 1979 geborene Bf zu 1 und ihre 2004 geborene Tochter, die Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 2 (Bf zu 2), sind georgische Staatsangehörige. Die Bf zu 1 ist Inhaberin eines Schwerbehindertenausweises, gültig ab 16.04.2018 bis Mai 2021 mit einem Grad der Behinderung von 50. Für die gemeinsam bewohnte Wohnung in der A-Straße in A-Stadt fällt seit 01.09.2019 ein monatlicher Mietzins von 650,16 Euro an (Grundmiete 476,16 Euro, Vorauszahlung für Betriebskosten 104,- Euro, Vorauszahlung für Heizkosten 70,- Euro), ab 01.12.2020 ein monatlicher Mietzins in Höhe von 659,16 Euro (Grundmiete 476,16 Euro, Vorauszahlung für Betriebskosten 104,- Euro, Vorauszahlung für Heizkosten 79,- Euro). Die Bf zu 1 erhält monatlich 204,- Euro Kindergeld für die Bf zu 2. Ein seit 20.04.2020 bestehendes Arbeitsverhältnis (geringfügige Beschäftigung) der Bf zu 2 mit der R. GmbH wurde zum 31.07.2020 gekündigt. Beide Beschwerdeführerinnen (Bf) üben derzeit nach eigenen Angaben keine Erwerbstätigkeit aus. Die Bf zu 2 absolvierte im Juli 2019 eine private griechische, staatlich genehmigte Volksschule (Teilhauptschule II) in A-Stadt. Laut Bestätigung der Schulzugehörigkeit besucht sie (nach Durchlaufen einer 9. Klasse an der Mittelschule am W.-Platz im Schuljahr 2019/2020) seit 08.09.2020 die Jahrgangsstufe 9 des E.-G.-Gymnasiums A-Stadt. Der Vater der Bf zu 2 ist georgischer Staatsangehöriger und war bis zum 30.08.2010 mit der Bf zu 1 verheiratet. Seit dem Jahr 2013 ist die Bf zu 1 mit dem griechischen Staatsangehörigen G. S. verheiratet, lebt von diesem aber nach eigenen Angaben getrennt.
Die Bf zu 1 war erstmals vom 26.05.2013 bis 01.10.2013 und danach wieder ab dem 10.07.2016 bis zum aktuellen Zeitpunkt in A-Stadt gemeldet. Die Bf zu 2 reiste am 12.09.2016 wieder nach Deutschland ein. Die Bf zu 1 gab am 28.09.2020 laut einer Gesprächsnotiz vom selben Tag gegenüber dem Antrags- und Beschwerdegegner (Bg) an, sie habe von 2013 bis 2015 in Deutschland gelebt und sei dann nach Griechenland zurückgegangen. Erst Mitte des Jahres 2016 sei sie wieder nach Deutschland gezogen. Nach Angaben des Kreisverwaltungsreferats (KVR) wurde der Bf zu 1 erstmalig am 10.10.2013 eine Aufenthaltskarte nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) als Familienangehörige eines EU-Bürgers, ihres griechischen Ehemannes G. S., mit Gültigkeit bis 09.10.2018 erteilt. Diese wurde auf Antrag am 27.11.2018 bis zum 26.11.2023 verlängert. Die Bf zu 2 erhielt ebenfalls eine Aufenthaltskarte nach dem FreizügG/EU als Familienangehörige, die bis 26.11.2023 befristet war. Der Ehemann der Bf zu 1 ist nach den Angaben des KVR am 10.07.2019 nach Griechenland verzogen, wo er sich seither aufhält.
Die Bf bezogen seit August 2017 Leistungen nach dem SGB II vom Bg. Mit Bescheid vom 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2020 hob der Bg die Leistungsbewilligung ab dem 01.09.2019 aufgrund des Wegzugs des Ehemanns der Bf zu 1 und der nach Auffassung des Bg hieraus folgenden fehlenden Leistungsberechtigung der Bf auf. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wurden den Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 zugesprochen (Beschluss des Sozialgerichts vom 12.03.2020 - S 41 AS 435/20 ER; Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27.05.2020 - L 16 AS 238/20 B ER). Dabei wurde lediglich eine Gesamtmiete in Höhe von 612,16 Euro berücksichtigt, die direkt an den Vermieter zu zahlen sei.
Die Bf zu 1 stellte am 16.01.2020 beim Bg einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II, der mit Bescheid vom 26.02.2020 abgelehnt wurde. Der Widerspruch der Bf zu 1 hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 zurückgewiesen. Ob und wann der Bf zu 1 dieser Widerspruchsbescheid bekannt gegeben wurde, ist nicht bekannt. Ein Zugangsnachweis lässt sich der Verwaltungsakte des Bg nicht entnehmen. Auf Nachfrage des Senats im Verfahren L 16 AS 238/20 B ER, ob der Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 zum Bescheid vom 26.02.2020 zugegangen sei, übersandte die Bf zu 1 lediglich den Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 zum Aufhebungsbescheid vom 22.08.2019.
Der Bg bewilligte den Bf nach Durchführung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens auf der Grundlage von § 41a SGB II mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 05.06.2020 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 in Höhe von 813,33 Euro für März 2020 (davon Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 408,12 Euro), 1.220,- Euro für April 2020 und 983,20 Euro für Mai bis September 2020 unter Berücksichtigung einer Gesamtmiete von 612,16 Euro. Dabei wurden als Einkommen der Bf zu 2 das Kindergeld in Höhe von 204,- Euro und vorläufig ein Lohn in Höhe von 236,80 Euro angerechnet. Als Grund für die Vorläufigkeit wurde die unklare Einkommenshöhe der Bf zu 2 und das fehlende Ergebnis im Hauptsacheverfahren angegeben. Am Ende der Begründung des Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheid in Ausführung des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 27.05.2020 (L 16 AS 238/20 B ER) ergehe. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf zu 1 am 07.10.2020 Klage zum Sozialgericht München mit dem Ziel der Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.02.2020 bis 30.09.2020 (S 13 AS 1662/20). Ihnen seien seit Februar 2020 nicht 612,16 Euro an Mietkosten entstanden, sondern monatlich 650,16 Euro. Außerdem seien bislang die Stromkosten immer an den Stromversorger direkt überwiesen worden. Hilfsweise werde ein Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 05.06.2020 gestellt.
Den Weiterbewilligungsantrag der Bf zu 1 vom 22.08.2020 für die Zeit ab Oktober 2020 lehnte der Bg mit Bescheid vom 29.09.2020 ab. Die Bf hätten keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen, da sich der Ehemann der Bf zu 1 nicht mehr in Deutschland aufhalte. Ein zum Leistungsbezug nach dem SGB II berechtigendes Freizügigkeitsrecht könne von diesem nicht mehr abgeleitet werden. Einen ständigen Aufenthalt von länger als fünf Jahren hätten die Bf nicht nachgewiesen. Mit weiterem Bescheid vom 29.09.2020 lehnte der Bg die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.02.2020 bis 11.03.2020 gegenüber der Bf zu 2 ab. Die Bf zu 1 übersandte dem Bg am 19.10.2020 eine Kopie ihres Widerspruchs vom 04.03.2020 gegen den Ablehnungsbescheid vom 26.02.2020, wobei sie im Betreff (Ablehnungsbescheid vom 26.02.2020) das Datum 26.02.2020 durchstrich. Neben dem Betreff hatte die Bf zu 1 das Datum 16.10.2020 handschriftlich hinzugefügt. Auf Seite 2 des Widerspruchs heißt es u.a.: "Wir sind mit Euren Entscheidung nicht einverstanden." Am Seitenende hatte die Bf zu 1 ihren Namen und ihre Unterschrift sowie das Datum 16.10.2020 ergänzt. Der Bg wies die Bf zu 1 darauf hin, dass es einen Bescheid vom 16.10.2020 nicht gebe und bat um Mitteilung, gegen welchen Bescheid sich der am 19.10.2020 eingegangene Widerspruch richte. Mit Schreiben vom 25.10.2020 teilte die Bf zu 1 mit, sie sei mit "eurer Entscheidung" nicht einverstanden. Seit Februar 2020 seien die Miete nicht vollständig und die Stromkosten nicht übernommen worden. Die 1.000,- Euro, die sie von einem Bekannten erhalten habe, müssten von ihr zurückgezahlt werden. Die Situation sei sehr schwierig. Sie sei nicht damit einverstanden, dass all ihre Kosten nicht übernommen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2020 verwarf der Bg den Widerspruch als unzulässig, da es einen Bescheid vom 16.10.2020 nicht gebe.
Am 22.08.2020 stellte die Bf zu 1 beim Bg einen Antrag auf Übernahme des (vollen) Mietzinses für Februar 2020 in Höhe von 650,16 Euro sowie des (teilweise noch offenen) Mietzinses für März 2020 in Höhe von 356,04 Euro sowie für Juli bis August 2020 in Höhe von jeweils 38 Euro, insgesamt 1.154,64 Euro. Mit weiterem Schreiben vom 03.09.2020 beantragte die Bf zu 1 unter Vorlage diverser Rechnungen beim Bg u.a. die Übernahme offener Abschlagszahlungen für Strom des Anbieters M. GmbH (zuletzt: Zahlungsaufforderung der LDM Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 04.08.2020 in Höhe von 409,18 Euro, davon ausstehende Abschlagszahlungen für Juni bis August 2020 in Höhe von jeweils 103 Euro sowie Bank- und Mahngebühren in Höhe von 100,18 Euro).
Mit zwei Bescheiden vom 23.10.2020 stellte das KVR A-Stadt für die Bf fest, dass diese ihr Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hätten, kein Daueraufenthaltsrecht-EU entstanden sei, die ihnen erteilte Aufenthaltskarte EU bis 26.11.2023 nachträglich zeitlich bis zum 01.11.2020 befristet werde, die Aufenthaltskarte EU einzuziehen sei und die Bf verpflichtet seien, das Bundesgebiet bis spätestens 23.11.2020 zu verlassen. Bei nicht fristgerechter Ausreise werde die Abschiebung nach Griechenland angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bf seien seit der Abmeldung des Ehemanns der Bf zu 1 am 10.07.2019 nicht mehr Familienangehörige eines Unionsbürgers im Sinne von § 3 FreizügG/EU gewesen, da der Tatbestand des Nachzugs zum Unionsbürger im Bundesgebiet entfallen sei. Der Tatbestand des § 3 Abs. 5 FreizügG/EU, wonach Ehegatten oder Lebenspartner bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft ein Aufenthaltsrecht behielten, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Freizügigkeitsvoraussetzungen erfüllten und wenn die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden habe, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet, sei nicht anzuwenden, da keine Scheidung oder Aufhebung der Ehe erfolgt sei. Auch ein Härtefall nach § 3 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU sei nicht gegeben. Die Bf hätten ferner kein Daueraufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU erlangt, da sie sich nicht seit fünf Jahren ständig rechtmäßig mit dem Unionsbürger (hier: dem Ehemann der Bf zu 1) im Bundesgebiet aufgehalten hätten. Die Bf zu 1 halte sich erst seit 10.07.2016, die Bf zu 2 seit dem 12.09.2016 im Bundesgebiet auf. Der Ehemann der Bf zu 1 habe sich bis zur Abmeldung am 10.07.2019 lediglich mit Unterbrechungen im Bundesgebiet aufgehalten. Auch ein anderes Aufenthaltsrecht stehe den Bf nicht zu. Eine Beschäftigung werde derzeit nicht ausgeübt und sei auch nicht in der Vergangenheit ausgeübt worden. Die Bf zu 2 habe die Mittelschule bereits abgeschlossen; der derzeitige Gastschüleraufenthalt an einem M. Gymnasium begründe keinen Aufenthaltszweck zum weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Eine medizinische Behandlung der Bf zu 1 im Bundesgebiet sei nicht erforderlich, da die erforderliche Medikamenteneinnahme auch in einem anderen EU-Staat erfolgen könne. Auch eine Aufenthaltserlaubnis zum Führen der familiären Lebensgemeinschaft komme nicht in Betracht, da die Bf zum Verlassen des Bundesgebiets verpflichtet seien. Weiterhin hätten die Bf Kopien ihrer griechischen Aufenthaltstitel mit Gültigkeit bis zum 11.03.2028 übersandt.
Gegen den Bescheid des KVR vom 23.10.2020 erhob die Bf zu 1 am 10.11.2020 Klage zum Verwaltungsgericht A-Stadt. Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts im Verfahren L 16 AS 653/20 B ER wurde gegen den die Bf zu 2 betreffenden Bescheid vom 23.10.2020 bis 03.12.2020 keine Klage erhoben.
Am 07.10.2020 beantragte die Bf zu 1 für sich und die Bf zu 2 einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München (S 13 AS 1656/20 ER) und trug vor, sie habe keine finanziellen Mittel, um ihren Lebensunterhalt sowie den ihrer Tochter zu bestreiten. Der Leistungsbezug habe am 30.09.2020 geendet. Sie könne aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten. Ihre Miete betrage 650,16 Euro. Das Sozialgericht verpflichtete den Bg mit Beschluss vom 26.10.2020, den Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 07.10.2020 bis 31.10.2020 in Höhe von 935,33 Euro zu gewähren und dabei die Kosten der Unterkunft und Heizung (anteilig 489,72 Euro) direkt an den Vermieter zu zahlen. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt, da der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II greife. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (L 16 AS 653/20 B ER) erklärte die Bf für erledigt, nachdem die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) dem Grunde nach anerkannt hatte.
Am 19.10.2020 erhob die Bf zu 1 zum Sozialgericht München nochmals Klage hinsichtlich der Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Februar bis September 2020 (Übernahme noch nicht zugesprochener Kosten für Unterkunft und Heizung sowie der Stromkosten - S 13 AS 1729/20) und stellte gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, zunächst in Bezug auf die aufgelaufenen Stromschulden (S 13 AS 1724/20 ER). Sie legte die Erklärung von Herrn P. V. vom 03.09.2020 vor, wonach ihr dieser in den Monaten Februar bis Juli 2020 insgesamt 1.000,- Euro geliehen habe, da der Bg nicht mehr geleistet habe und sie sehr krank gewesen sei. Außerdem übersandte sie u.a. eine Mahnung des Stromversorgers M. GmbH vom 23.09.2020 über 390,57 Euro (offene Abschläge seit 01.07.2020 nebst Bank- und Mahngebühren sowie Kosten für einen Sperrversuch) sowie die Mahnung der D. vom 26.10.2020, wonach Forderungen in Höhe von insgesamt 2.011,26 Euro offen seien (Miete Februar 2020: 650,16 Euro, Restmiete für März 2020: 356,04 Euro, Restmiete für Juli, August und September 2020: jeweils 38,- Euro, Miete für Oktober 2020: 650,16 Euro, sowie Mahngebühren und Kosten im Zusammenhang mit einem Mahnbescheid in Höhe von insgesamt 240,90 Euro, fällig zu verschiedenen Zeitpunkten im August 2020). Ausweislich einer von der Bf vorgelegten Quittung wurde am 05.10.2020 von einem Konto des Herrn K. D. mit einer SEPA-Überweisung ein Betrag von 390,57 Euro mit dem Verwendungszweck "Kunden-Nr. xxx S." an den Stromversorger überwiesen.
Der Bg erwiderte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, der Bf zu 1 seien in Ausführung des Beschwerdeverfahrens L 16 AS 238/20 B ER für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 vorläufig Leistungen gewährt worden. Im Kontext zu § 67 Abs. 4 SGB II gelte diese Verfügung als endgültige Entscheidung. Die begehrte Aufstockung der Leistungen sei daher nicht möglich. Die Übernahme von Stromschulden werde noch geprüft.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 19.10.2020 mit Beschluss vom 02.11.2020 ab. Das Gericht lege den Antrag anhand der dem Bg sowie dem Gericht vorgelegten Unterlagen dahingehend aus, dass eine (darlehensweise) Übernahme der rückständigen Miet- und Stromabschlagszahlungen begehrt werde. Die Antragstellung sei beim Bg bzgl. der Mietschulden am 22.08.2020 und hinsichtlich der Stromschulden am 03.09.2020 erfolgt. Ein Anordnungsanspruch sei weder hinsichtlich der begehrten Übernahme der Mietschulden noch der Stromschulden glaubhaft gemacht. Nach summarischer Prüfung habe die Bf zu 1 keinen Anspruch auf Leistungen nach § 22 Abs. 8 SGB II. Die Bf zu 1 erhalte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine SGB II-Leistungen mehr und habe auch keinen Anspruch hierauf, da sie unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b SGB II falle. Das KVR habe ihr mit Bescheid vom 23.10.2020 die Freizügigkeit entzogen, die ihr erteilte Aufenthaltskarte EU nachträglich bis 01.11.2020 befristet und ihr eine Frist zur Ausreise bis 23.11.2020 gesetzt. Die förmliche Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts durch die Ausländerbehörde sei bindend. Ein Anspruch auf Übernahme der Miet- und Energieschulden scheide bereits deswegen aus. Auch wenn es hierauf nicht mehr ankomme, seien auch die weiteren Voraussetzungen des § 22 Abs. 8 SGB II vorliegend nicht erfüllt. Es liege ein atypischer Fall vor, da die vorliegende Fallgestaltung signifikant vom (typischen) Regelfall abweiche und eine Übernahme der Mietschulden nicht gerechtfertigt erscheine. Denn die Bf hätten seit dem 01.11.2020 kein Aufenthaltsrecht mehr in der Bundesrepublik Deutschland. Bei einer Übernahme der aufgelaufenen Mietschulden könnte also die Intention des § 22 Abs. 8 SGB II, nämlich der langfristige Erhalt einer Wohnung, gar nicht erfüllt werden. Aus den gleichen Gründen scheide auch eine Übernahme der Stromschulden beim Versorger M. GmbH aus, die ohnehin nicht mehr in der beantragten Höhe bestehen dürften, nachdem sie ausweislich der vorgelegten Überweisungsquittung am 05.10.2020 teilweise in Höhe von 390,57 Euro durch Herrn K. D. zugunsten der Bf beglichen worden seien. Im Übrigen habe die Bf zu 1 nicht alle zumutbaren Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft.
Gegen den ihr am 05.11.2020 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts hat die Bf zu 1 am 23.11.2020 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Sie hat ein Schreiben der D. vom 16.11.2020 vorgelegt, wonach das Mietverhältnis wegen der aufgelaufenen Mietrückstände in Höhe von 1.930,80 Euro zzgl. Mahnkosten in Höhe von 240,90 Euro, fristlos gekündigt und die Bf aufgefordert wurde, die Wohnung binnen einer Räumungsfrist von einer Woche ab Zugang des Kündigungsschreibens zu räumen. Einer Fortsetzung des Mietverhältnisses wurde widersprochen. Außerdem ist eine Mahnung der M. GmbH vom 10.11.2020 vorgelegt worden, wonach die Abschläge für Strom im Oktober und November 2020 in Höhe von jeweils 103,- Euro nicht bezahlt worden sind; zzgl. Mahngebühr sei ein Betrag in Höhe von 210,84 Euro bis 18.11.2020 zu leisten.
Mit Beschluss vom 04.12.2020 hat der Senat die Landeshauptstadt München, Sozialreferat, zum Verfahren notwendig beigeladen.
Die Bf beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 02.11.2020 abzuändern und den Bg, hilfsweise die Beigeladene vorläufig zu verpflichten, die seit Februar 2020 (teilweise) noch offenen Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren sowie die Stromschulden zu übernehmen.
Der Bg beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Bg verweist zur Begründung auf die den Beschluss des Sozialgerichts München tragenden Gründe.
Die Beigeladene hat zu den Beschwerdeverfahren L 16 AS 653/20 B ER und L 16 AS 654/20 B ER ausgeführt, ein Bescheid über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG liege noch nicht vor. Die Antragsunterlagen seien der Bf zu 1 am 18.12.2020 zugesandt worden. Die Mietschulden könnten weder nach dem SGB XII noch nach dem AsylbLG übernommen werden. Ein Leistungsanspruch nach dem SGB XII komme nicht in Betracht, da die Bf von den Leistungen nach § 23 SGB XII ausgeschlossen seien. Auch im Rahmen des AsylbLG könne eine Übernahme der Mietschulden nicht erfolgen. Grundsätzlich müssten hierfür die konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Wegen der Ausreisepflicht der Bf laut Bescheiden des KVR vom 23.10.2020 könne die Intention der Schuldenübernahme, nämlich der langfristige Erhalt der Unterkunft, nicht mehr erfüllt werden. Diese Argumentation greife auch im Rahmen des AsylbLG. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Bf mit Einsetzen der Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG auch einen Antrag auf Genehmigung der privaten Wohnsitznahme bei der Regierung von Oberbayern stellen müssten.
Auf Nachfrage erläuterte die D. die offenen Forderungen gegenüber der Bf zu 1 mit Schreiben vom 30.12.2020, wonach folgende Posten ausstünden:
Forderung; Betrag; Fälligkeit:
Miete 02/2020; 650,16 Euro; 05.02.2020
Restmiete 03/2020; 356,04 Euro; 04.03.2020
Restmiete 07/2020; 38,00 Euro; 03.07.2020
Restmiete 08/2020; 38,00 Euro; 05.08.2020
Restmiete 09/2020; 38,00 Euro; 03.09.2020
Miete 10/2020; 650,16 Euro; 05.10.2020
Restmiete 11/2020; 160,44 Euro; 04.11.2020
Miete 12/2020; 659,16 Euro; 03.12.2020
Umbuchung Mahngebühren; 7,50 Euro; 07.08.2020
Gerichtskosten für Mahnbescheid; 35,50 Euro; 10.08.2020
Umbuchung Zinsen aus Mahnbescheid; 20,40 Euro; 10.08.2020
Gerichtskosten Widerspruch Mahnbescheid; 177,50 Euro; 25.08.2020
Forderung aus Nebenkostenabrechnung 201; 419,57 Euro; 01.12.2020
Gesamt: 3.250,43 Euro
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, auch im Verfahren L 16 AS 653/20 B ER, sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Bg verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet, soweit die Bf die Übernahme der noch offenen Mietzahlungen seit Februar 2020 bis Oktober 2020 nebst der aufgelaufenen Kosten für das Mahnverfahren begehren. Hinsichtlich der Übernahme von Stromschulden ist die Beschwerde unbegründet.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 02.11.2020 ist statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da der Beschwerdewert in Höhe von 750,- Euro überschritten wird. Den Bf geht es um die Übernahme von Stromschulden sowie offener Mietzinsforderungen. Allein die (reinen) Mietrückstände beliefen sich bis Oktober 2020 auf einen Betrag, der 750,- Euro übersteigt.
Die Beschwerde führt in der Sache teilweise zum Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt, soweit die Bf die Übernahme der noch offenen Mietforderungen für die Zeit von Februar 2020 bis Oktober 2020 begehren. Im Übrigen (Übernahme von Stromschulden) ist die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Dabei geht der Senat davon aus, dass auch die Bf zu 2 Beteiligte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Instanzen ist. Wie dem von der juristisch nicht gebildeten Bf zu 1 erhobenen Antrags- und Beschwerdebegehren hinreichend deutlich zu entnehmen ist, geht es im vorliegenden Verfahren insbesondere um die Gewährung offener Mietkosten. Der Antrag kann aufgrund der kopfteiligen Aufteilung der Unterkunfts- und Heizkosten auf beide Bf nach § 22 SGB II nur dann vollen Erfolg haben, wenn auch die Bf zu 2 ihren Anspruch geltend macht, da es vorliegend nicht um eine reine Mietschuldenübernahme zugunsten der Bf zu 1 als Partei des Mietvertrages geht (s. dazu die Ausführungen unter Ziffer 3b dd). Insoweit waren der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und auch die Beschwerde nach dem so genannten Meistbegünstigungsprinzip (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 18/10 R, Rdnr. 13 juris mit weiteren Nachweisen) unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens auszulegen (§ 123 SGG). Dabei hat sich der Senat daran zu orientieren, was als Leistung möglich ist, wenn jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (BSG, a.a.O.). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die inhaltliche Ausgestaltung eines Antrags einer Person; sie müssen vielmehr im Hinblick auf die vorliegenden rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft iSd SGB II und die daraus resultierenden tatsächlichen Ungereimtheiten des Verwaltungs- und prozessualen Verfahrens auch für die Auslegung herangezogen werden, welche Personen überhaupt (einstweiligen) Rechtsschutz suchen (zur Auslegung von Klageanträgen vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, Rdnr. 11 juris; BSG, Urteil vom 08.05.2019 - B 14 AS 15/18 R, Rdnr. 11 juris). Insoweit ist davon auszugehen, dass die Bf zu 1 auch im Namen ihrer Tochter gehandelt hat. Auch ist der Streitgegenstand des Verfahrens, wie das Sozialgericht zu Recht erkannt hat, nicht auf die Übernahme der (zunächst im Antragsschriftsatz nur genannten) Stromschulden begrenzt, da sich den von der Bf zu 1 übersandten Unterlagen (insbesondere den Mahnungen der D., aus denen die drohende und mittlerweile ausgesprochene Kündigung der Vermieterin ersichtlich ist) entnehmen lässt, dass die Bf auch die Übernahme der offenen Mietforderungen begehren.
2. Dem Antrag der Bf auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 19.10.2020 steht nicht die (materielle) Rechtskraft des Beschlusses des Senats vom 27.05.2020 (L 16 AS 238/20 B ER) entgegen, da sich die entscheidungserheblichen Verhältnisse geändert haben (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rdnr. 45a) und der frühere Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht nur wiederholt wird.
3. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Die Entscheidungen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988 - 2 BvR 745/88, BVerfGE 79, 69 (75); BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12, Rdnr. 3 juris; Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13 -, Rdnr. 20 juris; Beschluss vom 26.06.2018 - 1 BvR 733/18 -, Rdnr. 4 juris). Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich - etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte -, ist es von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann auf der Grundlage einer Folgenabwägung erfolgt (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12 -, Rdnr. 2 f. juris; Beschluss vom 26.06.2018 - 1 BvR 733/18 -, Rdnr. 3 f juris, Beschluss vom 14.03.2019 - 1 BvR 169/19 -, Rdnr. 15 juris).
Der Senat entscheidet aufgrund einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs.
3a) Der Zulässigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz steht nicht die Bestandskraft (§ 77 SGG) der für die Zeit von Februar 2020 bis Oktober 2020 ergangenen Bescheide des Bg entgegen. Nach der im Beschwerdeverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die Bescheide des Bg vom 26.02.2020 (Ablehnung der Leistungen auf den Weiterbewilligungsantrag vom 17.01.2020), vom 05.06.2020 und vom 29.09.2020 wohl nicht bestandskräftig geworden.
Der zunächst gegenüber der Bf zu 1 ergangene Ablehnungsbescheid vom 26.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.04.2020 dürfte nicht bestandskräftig geworden sein, da der Bg einen Zugang dieses Widerspruchsbescheides bei der Bf zu 1 nicht belegen kann und die Bf zu 1 dem Senat im Rahmen des Verfahrens L 16 AS 238/20 B ER auf Nachfrage nach dessen Zugang nur einen anderen Widerspruchsbescheid vom 01.04.2020 (Widerspruch gegen einen Aufhebungsbescheid vom 22.08.2019) übermittelte. Da die Widerspruchsbescheide vom 01.04.2020 nach dem Inhalt der Verwaltungsakte an unterschiedlichen Tagen in den (internen) Postauslauf gegeben wurden, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass diese gemeinsam in einem Umschlag an die Bf zu 1 versandt wurden. Eine Klärung des Zugangs muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Auch der Bescheid vom 05.06.2020, mit dem der Bg den Bf vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 unter Berücksichtigung einer Gesamtmiete von 612,16 Euro bewilligt hat, ist nicht bestandskräftig geworden. Dieser Bescheid, der nach seinem Tenor und der Begründung als vorläufiger Bewilligungsbescheid nach § 41a SGB II und nicht als reiner Umsetzungsbescheid in Bezug auf den Beschluss des Senats vom 27.05.2020 (L 16 AS 238/20 B ER) erging, enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung, so dass dieser gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG jedenfalls noch binnen Jahresfrist angefochten werden kann, soweit man die diesbezügliche Klage vom 19.10.2020 gegen den Bescheid vom 05.06.2020 nicht bereits als Widerspruch gegen den Bescheid auslegen will.
Auch von einer Bestandskraft des Ablehnungsbescheides vom 29.09.2020 für die Zeit ab 01.10.2020 sowie des Ablehnungsbescheides vom 29.09.2020 gegenüber der Bf zu 2 für die Zeit vom 01.02.2020 bis 11.03.2020 ist nicht auszugehen. Die Bf haben, vertreten durch die Bf zu 1, mit dem Schreiben vom 16.10.2020, das am 19.10.2020 beim Bg einging, zum Ausdruck gebracht, dass sie gegen die erneuten Ablehnungsbescheide vorgehen wollten. In dem Schreiben vom 16.10.2020 heißt es: "Wir sind mit Euren Entscheidung nicht einverstanden." Dass die Bf nicht einen nicht existierenden Bescheid vom 16.10.2020 anfechten wollten, lässt sich der Unterschrift der Bf zu 1 auf dem in Kopie nochmals übersandten Widerspruch vom 04.03.2020 und dem unter der Unterschrift auf Seite 2 des Widerspruchsschreibens nochmals beigefügten Datum 16.10.2020 entnehmen. Schon denklogisch kann angesichts der üblichen Postlaufzeiten nicht am 16.10.2020 gegen einen Bescheid vom selben Tag Widerspruch eingelegt werden. Aus dem Inhalt der Verwaltungsakte kann geschlossen werden, dass die Bf mit ihrem Widerspruch vom 16.10.2020 nur die zuletzt ergangenen Ablehnungsbescheide vom 29.09.2020 meinen konnten.
3b) Die Bf haben einen Anordnungsanspruch auf Übernahme der rückständigen Mieten für Februar 2020 in Höhe von 650,16 Euro, für März 2020 in Höhe von 356,04 Euro, für Juli 2020 in Höhe von 38,- Euro, für August 2020 in Höhe von 278,90 Euro (38,- Euro Mietrückstand zzgl. 240,90 Euro Gebühren und Kosten für das Mahnverfahren der Vermieterin), für September 2020 in Höhe von 38,- Euro sowie für Oktober 2020 in Höhe von 160,44 Euro glaubhaft gemacht.
aa) Die 41 Jahre alte Bf zu 1 und die inzwischen 17 Jahre alte Bf zu 2 sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Das Bestehen eines Aufenthaltsrechts ist keine Voraussetzung für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland (vgl. Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 7 Rdnr. 85; Becker in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 7 Rdnr. 21, 23; BSG, Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R, Rdnr. 19 juris; BSG, Urteil vom 20.01.2016 - B 14 AS 15/15 R, Rdnr. 15 juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 06.11.2017 - L 8 SO 262/17 B ER, Rdnr. 22 juris). Die Bf zu 2 gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft der Bf zu 1.
bb) Zwar unterfielen die Bf nach heutigem Erkenntnisstand des Senats im streitgegenständlichen Leistungszeitraum bereits ab Februar 2020 dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Nr. 2a SGB II, da sie kein Aufenthaltsrecht in Deutschland mehr hatten und mangels gewöhnlichen Aufenthalts von mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet nicht in die Rückausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II fielen. Dass die Bf in der Vergangenheit und jedenfalls bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 23.10.2020 im Besitz einer Aufenthaltskarte nach § 5 FreizügG/EU als Familienangehörige von Unionsbürgern sind bzw. waren, die sie nach der Regelung im Bescheid erst ab seiner Bestandskraft an die Ausländerbehörde zurücksenden mussten bzw. müssen, bindet den Senat hinsichtlich der Prüfung eines Aufenthaltsrechts nicht, da der Aufenthaltskarte lediglich deklaratorische Bedeutung mit der Funktion eines Nachweismittels zukommt, ohne dass sie konstitutiv ein Aufenthaltsrecht begründet. Es handelt sich hierbei nicht um einen feststellenden Verwaltungsakt, sondern eine bloße Bescheinigung (vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 5 FreizüG/EU Rdnr. 28, 33; in diese Richtung auch Kurzidem in BeckOK, Ausländerrecht, Stand: 01.10.2020, § 5 FreizügG/EU Rdnr. 5; Geyer in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 5 FreizügG/EU Rdnr. 8; Brinkmann in Huber, Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 5 FreizügG/EU Rdnr. 4).
Die Bf sind keine Unionsbürgerinnen und haben daher kein eigenes Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 1 Alt. 1 FreizüG/EU. Ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt ergibt sich auch nicht mehr aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 iVm § 3 FreizügG/EU als Familienangehörige, da der griechische Ehegatte der Bf zu 1 seit 10.07.2019 nach Griechenland verzogen ist. Auch ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 iVm § 3 Abs. 3 FreizügG/EU der Bf zu 1 als Elternteil, der die elterliche Sorge für ein Kind tatsächlich ausübt, das sich im Bundesgebiet aufhält und eine Ausbildungseinrichtung besucht, besteht nicht, da diese Regelung voraussetzt, dass es sich um das Kind eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers handelt. Der Ehegatte der Bf zu 1 ist jedoch nicht der leibliche Vater der Bf zu 2. Aus demselben Grund scheidet auch ein Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union, geändert durch die Verordnung EU (2016/589), aus. Ebenfalls nicht einschlägig ist § 3 Abs. 4 Nr. 3 FreizügG/EU in der seit 24.11.2020 geltenden Fassung, wonach Ehegatten, die nicht Unionsbürger sind, bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe ein Aufenthaltsrecht behalten, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 FreizügG/EU erfüllen und wenn es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange ein Festhalten an der Ehe oder der Lebenspartnerschaft nicht zugemutet werden konnte. Die Bf zu 1 erfüllt bereits nicht die Voraussetzungen der § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 FreizügG/EU, da sie sich nicht zur Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Aufnahme einer Ausbildung im Bundesgebiet aufhält (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FreizügG/EU) und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verfügt (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 iVm § 4 FreizügG/EU). Auch auf die Rückausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 4 1. Halbsatz SGB II (Daueraufenthaltsrecht nach einem gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens fünf Jahren) können sich die Bf nicht berufen, da sie sich erst seit 10.07.2016 bzw. seit 12.09.2016 wieder durchgehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für ein Arbeitsuche-Aufenthaltsrecht der Bf zu 1 als Drittstaatsangehörige nach dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vom 01.03.2020 nicht vor, da sich die Bf nicht zum Zweck der Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) iSd §§ 16, 17 AufenthG oder als Fachkraft zur Arbeitsplatzsuche (§ 20 AufenthG) in Deutschland aufhält. Auch für ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 4, 5 AufenthG) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Europarechtliche Bedenken gegen die Ausschlussnormen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und 2b SGB II bestehen nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 11.11.2014 - C-333/13 - Dano; EuGH, Urteil vom 15.09.2015 - C-67/14 - Alimanovic zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a.F.).
cc) Ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. bzw. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und Nr. 2b SGB II n.F. aber mit dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vereinbar ist, ist nach Verwerfung eines Vorlagebeschlusses des Sozialgerichts Mainz (Beschluss vom 18.04.2016 - S 3 AS 149/16 zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der bis 28.12.2016 geltenden Fassung) durch das Bundesverfassungsgericht als unzulässig (BVerfG, Kammerbeschluss vom 04.12.2019 - 1 BvL 4/16) weiterhin nicht höchstrichterlich geklärt. Zum Teil wird daraus gefolgert, dass bis zu einer Klärung der Verfassungsmäßigkeit die Voraussetzungen für eine vorläufige Leistungsgewährung nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II als erfüllt anzusehen sind (vgl. Leopold, a.a.O., § 7 Rdnr. 138 unter Verweis auf Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.07.2017 - L 7 AS 427/17 B ER, Rdnr. 20, 22 juris; SG Hannover, Beschluss vom 14.07.2017 - S 48 AS 1951/17 ER). Allerdings verlangt § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II, dass die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB II bzw. einer Vorschrift, auf die das SGB II verweist (vgl. Klerks in LPK-SGB II, 7. Aufl. 2021, § 41a Rdnr. 88; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 41a Rdnr. 77), von der die Entscheidung über den Antrag abhängt, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesverfassungsgericht oder dem Gerichtshof der Europäischen Union ist. Soweit ersichtlich ist derzeit die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II nicht beim BVerfG anhängig.
Nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II kann eine vorläufige Entscheidung aber auch dann ergehen, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundessozialgericht (BSG) ist. Das ist anzunehmen, wenn ihr über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommt, sie bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt wurde und die Entscheidung über die Leistungserbringung von ihr abhängt. Ausreichend ist es, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage Auswirkungen auf die Entscheidung über Geld- oder Sachleistungen hat (vgl. Klerks, a.a.O., § 41a Rdnr. 89). Vor dem BSG sind zwei Verfahren anhängig, die die Frage des Zugangs von Unionsbürgern zu existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zum Gegenstand haben (B 14 AS 25/20 R, u.a. zur vom Landessozialgericht bejahten Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses von Unionsbürgern nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und 2b SGB II in der ab 29.12.2016 g.F.; B 14 AS 42/19 R zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F.). Zwar handelt es sich bei den Bf nicht um Unionsbürgerinnen; die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und 2b SGB II treffen jedoch Unionsbürger sowie Drittstaatsangehörige gleichermaßen, so dass die beim BSG anhängige Frage auch für die Entscheidung im hiesigen Beschwerdeverfahren erheblich ist.
Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Auffassung, dass die Bf gegenüber dem Bg hinsichtlich der noch ausstehenden Mietzahlungen für Februar 2020 bis Oktober 2020 einen Anspruch auf vorläufige Leistungen nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II haben. Liegen die Voraussetzungen des § 41a Abs. 7 Satz 1 SGB II vor, haben die Grundsicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob Geld- oder Sachleistungen vorläufig zu erbringen sind und hierbei den Grund der Vorläufigkeit anzugeben. Zwar erstreckt sich bei diesen Entscheidungen das Ermessen grundsätzlich auch auf die Höhe der Leistungen; da hier jedoch die Anspruchsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht feststehen, dürfte kein Grund denkbar sein, bei den vorläufig zu bewilligenden Leistungen einen Abschlag vorzunehmen (vgl. Kemper, a.a.O., § 41a Rdnr. 80, 23). Das Ermessen hinsichtlich der Entscheidung, vorläufig Leistungen zu bewilligen, ist vorliegend auf Null reduziert. Dies folgt aus dem existenzsichernden Charakter der begehrten Leistungen und aus dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums, Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11; BSG, Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R; Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.07.2017 - L 7 AS 427/17 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.02.2017 - L 8 SO 344/16 B ER, Rdnr. 39 juris; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.05.2017 - L 11 AS 247/17 B ER, Rdnr. 24; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.04.2017 - L 13 AS 113/17 B ER, wonach weitere Punkte hinzutreten müssen, um eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen). Für die Bf hätte die Nichtgewährung von Leistungen erheblich schwerwiegendere Folgen als eine Leistungsgewährung für den Bg. Für die Bf geht es aktuell um die Sicherung ihrer Wohnung. Sie würden ohne eine vorläufige Leistungsgewährung aufgrund der bereits ausgesprochenen fristlosen Kündigung Gefahr laufen, ihre aktuelle kostenangemessene Unterkunft zu verlieren. Zwar besteht für den Bg bei einer Leistungsgewährung die Gefahr, dass er für den Fall seines Obsiegens im Hauptsacheverfahren die vorläufig gewährten Leistungen aufgrund von Einkommens-/ Vermögenslosigkeit der Bf nicht zurückerstattet erhält. Im Rahmen der Folgenabwägung kommt aber den Grundrechten besondere Bedeutung zu; die Gerichte haben sich vorrangig schützend und fördernd vor die Grundrechte zu stellen, sodass diese fiskalischen Interessen dahinter zurückzutreten haben.
dd) Zu Unrecht hat allerdings das Sozialgericht als Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Mietrückstände § 22 Abs. 8 SGB II herangezogen, da vorliegend laufende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Streit stehen. Nach § 22 Abs. 8 SGB II können, sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Ob Schulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II oder tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II vorliegen, ist - unabhängig von deren zivilrechtlicher Einordnung - ausgehend von dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II zu beurteilen, einen tatsächlich eingetretenen und bisher noch nicht vom Jobcenter gedeckten Bedarf aufzufangen. Bezieht sich die Nachforderung auf einen während der Hilfebedürftigkeit des SGB II-Leistungsberechtigten eingetretenen und bisher noch nicht gedeckten Bedarf, handelt es sich jedenfalls um vom SGB II-Träger zu übernehmende tatsächliche Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 SGB II. Hat der Grundsicherungsträger den aktuellen Bedarf des Leistungsberechtigten in der Vergangenheit bereits vollständig gedeckt und beruht die Nachforderung auf der Nichtzahlung durch den Leistungsberechtigten, handelt es sich dagegen um Schulden (BSG, Urteil vom 22.03.2020 - B 4 AS 62/09 R, Rdnr. 17 juris; BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R; Rdnr. 17 f. juris; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rdnr. 256).
Gemessen hieran sind die Außenstände der Bf bei der D. für die Monate Februar 2020 (650,16 Euro), März 2020 (356,04 Euro), Juli bis September 2020 (jeweils 38,- Euro) und Oktober 2020 (160,44 Euro) nicht als Mietschulden iSd § 22 Abs. 8 SGB II anzusehen, sondern als laufender Bedarf der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II in den genannten Monaten, der vom Bg noch nicht (vollständig) gedeckt wurde. Dies resultiert daraus, dass der Bg den Bf Leistungen für die Zeit von 01.02.2020 bis 11.03.2020 und vom 01.10.2020 bis 31.10.2020 aufgrund der (nicht bestandskräftigen) Ablehnung mit Bescheiden vom 26.02.2020 und vom 29.09.2020 noch nicht bewilligt hat und bei der Bewilligung für die Zeit vom 12.03.2020 bis 30.09.2020 nicht die vollen Unterkunftskosten in Höhe von 650,16 Euro berücksichtigt hat.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind dabei auch die bislang angefallenen und im August 2020 fälligen Gebühren und Kosten für das Mahnverfahren der Vermieterin in Höhe von insgesamt 240,90 Euro (7,50 Euro Umbuchung Mahngebühren, 35,50 Euro Gerichtskosten für den Mahnbescheid, 20,40 Euro Umbuchung Zinsen aus dem Mahnbescheid und 177,50 Euro Gerichtskosten für den Widerspruch zum Mahnbescheid) zu übernehmen. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch die Übernahme von Gerichts- und Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit den Unterkunftskosten entstanden sind, als sog. Annex zu den Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht. Entstehen infolge einer unberechtigten Versagung von SGB II-Leistungen Mietrückstände und erhebt der Vermieter deshalb Räumungsklage, sind auch die dem Leistungsberechtigten auferlegten Gerichtskosten als einmalig anfallender Bedarf im Fälligkeitsmonat für die Unterkunft zu berücksichtigen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2014 - L 9 AS 1742/14, Rdnr. 56 juris unter Verweis auf BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 58/09 R zur Übernahme von Rechtsanwalts-, Gerichts- und Vollstreckungskosten zur Sicherung der Unterkunft im Falle der Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs. 5 SGB II a.F.; Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 - L 7 AS 676/13; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 22 Rdnr. 70). Die Übernahme der durch das Mahnverfahren entstandenen Zinsen und Kosten in Höhe von 240,90 Euro erscheint auch vorliegend sachgerecht, da die Kosten durch die fehlende (vollständige) Leistungsbewilligung durch den Bg verursacht wurden und die Bf sie mangels finanzieller Leistungsfähigkeit nicht verhindern konnten.
Die Bf haben daher gegen den Bg nach § 41a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGG iVm § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II einen Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen der Unterkunft und Heizung in Höhe von 650,16 Euro für Februar 2020, 356,04 Euro für März 2020, 38,- Euro für Juli 2020, 278,90 Euro für August 2020, 38,- Euro für September 2020 und 160,44 Euro für Oktober 2020. Dabei ist davon auszugehen, dass - anders als in der übersandten Forderungsaufstellung der D. - für Oktober 2020 nicht die volle Miete von 650,16 Euro, sondern nur noch ein Restbetrag in Höhe von 160,44 Euro an Miete offen ist, da seitens des Bg aufgrund des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 13 AS 1656/20 ER bereits anteilige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 489,72 Euro an die Vermieterin gezahlt wurden. Diese wurden von der D. offensichtlich irrtümlich auf die Miete für November 2020 und nicht für Oktober 2020 verbucht, da der Kontostand für November 2020 nur noch eine offene Restmiete in Höhe von 160,44 Euro ausweist. Für März 2020 spricht der Senat im Beschwerdeverfahren eine laut Forderungsaufstellung der D. offene Restmiete in Höhe von 356,04 Euro zu. Weshalb - nach Bewilligung anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 408,12 Euro durch den Bg - nicht nur ein Betrag in Höhe von 242,04 Euro (650,16 Euro abzüglich 408,12 Euro) offen ist, muss einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten werden.
3c) Hinsichtlich der offenen Mietzahlungen wurde auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Bf sind mittellos. Dies belegen die vorgelegten Kontoauszüge. Die Mittellosigkeit und Dringlichkeit der Entscheidung wird auch durch die Tatsache untermauert, dass die Bf neben den Schulden bei ihrer Vermieterin und den Außenständen beim Stromversorger auch Forderungen der Krankenversicherung und der Fa. H. ausgesetzt sind. Für aktuelle Unterstützungsleistungen durch andere Personen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Das Mietverhältnis der Bf wurde bereits fristlos gekündigt (vgl. zum bestehenden Anordnungsgrund insoweit auch ohne Erhebung einer Räumungsklage BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 - 1 BvR 1910/12, Rdnr. 18 juris mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung; Beschluss des Senats vom 19.03.2013 - L 16 AS 61/13 B ER). Dass die Mietrückstände bis Oktober 2020 Leistungen für die Vergangenheit darstellen, steht der Verpflichtung des Bg im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ausnahmsweise nicht entgegen. Zwar werden Leistungen im Wege einer einstweiligen Anordnung in der Regel erst ab Eingang des Eilantrags bei Gericht zugesprochen. Eine Verpflichtung zu Leistungen für die Zeit vor dem Eilantrag kommt aber ausnahmsweise bei einem Nachholbedarf in Betracht, d.h. wenn die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt. Dies kommt z.B. bei Leistungen für Unterkunft und Heizung infrage, wenn der Vermieter Räumungsklage angestrengt hat, weil der Antragsteller wegen fehlender finanzieller Mittel die Miete nicht gezahlt hatte und deshalb den Verlust seiner Wohnung befürchten muss oder wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen rückständiger Schulden, die der Hilfesuchende wegen der Nichtgewährung von Leistungen nach dem SGB II machen musste, eingeleitet wurden oder unmittelbar bevorstehen. In einem solchen Fall ist eine Räumungsklage zur Bejahung eines Anordnungsgrundes nicht zwingend notwendig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rdnr. 35a mit weiteren Nachweisen). Einen solchen Nachholbedarf sieht der Senat vorliegend als gegeben an. Den Bf droht mit dem Wohnungsverlust ein gegenwärtiger schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bf zu 2 minderjährig ist. Nicht erforderlich für die Annahme eines fortwirkenden Nachteils ist nach Auffassung des Senats die Erhebung der Räumungsklage. Zwar wird die fristlose Kündigung unwirksam, wenn binnen zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage die rückständige Miete gezahlt wird (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Dies macht ein Abwarten der Räumungsklage, zumal vorliegend nach dem Mahnbescheid der Vermieterin bereits ein gerichtlichen Zivilverfahren wegen der Mietrückstände rechtshängig ist, aber nicht zumutbar, unabhängig davon, dass der Leistungsträger vom Amtsgericht über die Räumungsklage nach § 22 Abs. 9 SGB II zu informieren ist und ebenfalls die Räumung durch Zahlung abwenden kann. Dies folgt bereits daraus, dass die Abwendung der fristlosen Kündigung keine Auswirkungen auf eine ordentliche Kündigung hat (vgl. auch Hessisches LSG, Beschluss vom 12.10.2018 - L 9 AS 462/18 B ER, Rdnr. 38 juris).
4. Einen Anordnungsanspruch hinsichtlich bestehender Stromschulden haben die Bf nicht glaubhaft gemacht. Dem Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass vor Stellung des Eilantrags beim Sozialgericht am 19.10.2020 zuletzt mit Schreiben des Stromversorgers, der M. GmbH, ein Betrag in Höhe von 390,57 Euro geltend gemacht wurde, der am 05.10.2020 durch Überweisung vom Konto des Herrn D. getilgt wurde. Soweit die Bf zu 1 eine erneute Mahnung vom 10.11.2020 vorgelegt hat, wonach die Abschläge für Oktober 2020 und November 2020 in Höhe von jeweils 103,- Euro offen waren sowie Mahnkosten in Höhe von 4,84 Euro geltend gemacht wurden, handelt es sich nicht mehr um die ursprünglich gegenüber dem Bg mit Antrag vom 03.09.2020 geltend gemachte Übernahme der Stromschulden. Die Bf zu 1 hat sich bezüglich evtl. neu entstandener Stromschulden daher zunächst an die Beigeladene als für sie seit 01.11.2020 zuständigen Leistungsträger zu wenden, zumal es sich bei den Stromabschlägen für die Zeit ab November 2020 nicht um Schulden handelt, sondern um den laufenden Bedarf der Bf im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Jedenfalls ist diesbezüglich eine Eilbedürftigkeit nicht erkennbar, da für eine aktuell drohende Stromsperre keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Der Senat geht außerdem davon aus, dass die Bf zu 1 durch die anstehende Leistungsgewährung nach dem AsylbLG für die Zeit ab 01.11.2020 in der Lage sein wird, die seit Oktober 2020 entstandenen Stromkosten zu tilgen. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Bf zu 1 sich insoweit auch im Rahmen ihrer Selbsthilfeobliegenheiten zunächst selbst an den Stromversorger zu richten und sich um eine Ratenzahlungsvereinbarung zu bemühen hat.
5. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind die Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab November 2020, da es sich insoweit nicht um - gemessen an dem Tag des Eingangs des Eilantrags beim Sozialgericht München am 19.10.2020 - rückständige Mietaufwendungen der Bf handelt. Für die Zeit ab November 2020 ist die Beigeladene leistungspflichtig, die ihre Leistungspflicht dem Grunde nach auch bereits mit Schreiben vom 09.12.2020 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens L 16 AS 653/20 B ER anerkannt hat.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er davon ausgeht, dass die Beigeladene die aktuellen Mietaufwendungen der Bf im November 2020 in Höhe von 650,16 Euro und ab Dezember 2020 in Höhe von 659,16 Euro im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem AsylbLG berücksichtigen wird. Im Dezember 2020 wird dabei von der Beigeladenen auch die Forderung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2019 in Höhe von 419,57 Euro als Unterkunftsbedarf zu prüfen sein. Die Bf dürften für die Zeit ab 01.11.2020 nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG analogleistungsberechtigt sein, da sie sich seit 10.07.2016 bzw. seit 12.09.2016 und damit seit mehr als 18 Monaten durchgehend im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthaltes auch nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben (vgl. zum Begriff der Rechtsmissbräuchlichkeit BSG, Urteil vom 17.06.2008 - B 8/9b AY 1/07 R). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht im bloßen Verweilen in der Bundesrepublik trotz bestehender vollziehbarer Ausreisepflicht (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 31 juris). Zwar hat die Beigeladene mit Bescheid vom 23.10.2020 den Verlust des Aufenthaltsrechts der Bf festgestellt, ihnen eine Frist zur Ausreise gesetzt sowie die Abschiebung nach Griechenland angedroht. Die Bf zu 1 hat gegen diesen Bescheid jedoch Klage zum Verwaltungsgericht A-Stadt erhoben, der nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zukommt mit der Folge, dass eine bestandskräftige Ausreisepflicht der Bf zu 1 nicht vorliegt und eine Abschiebung für die Dauer des Gerichtsverfahrens nicht vollzogen werden kann. Die alleinige Abschiebung der Bf zu 2 als minderjährigem Kind der Bf zu 1 dürfte nicht in Betracht kommen. Allein der Verbleib der Bf im Bundesgebiet kann vor diesem Hintergrund nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, da die Bf zu 1 nur von den ihr zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch macht.
Auch die Voraussetzungen für eine private Wohnsitznahme der Bf dürften vorliegen. Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Aufnahmegesetzes (AufnG) sind zum Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft berechtigt Alleinerziehende mit mindestens einem minderjährigen Kind nach Abschluss des behördlichen Erstverfahrens vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und wenn durch den Ausländer eine anderweitige Unterkunft nachgewiesen wird, deren Aufwendungen den angemessenen Umfang nicht übersteigen und der Auszug mindestens zwei Monate vorher der zuständigen Behörde angezeigt wird. Die Frage des Abschlusses des behördlichen Erstverfahrens vor dem BAMF stellt sich vorliegend nicht, da die Bf ab ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet am 10.07.2016 bzw. 12.09.2016 nicht zunächst ein Asylverfahren beim BAMF zu durchlaufen hatten, sondern zunächst als Angehörige eines Unionsbürgers aufenthaltsberechtigt waren. Die Abschiebung der Bf ist wegen der vor dem Verwaltungsgericht A-Stadt erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 23.10.2020 aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Die Aufwendungen für die von der Bf und ihrer Tochter bewohnten Wohnung übersteigen auch nicht den angemessenen Umfang, da die Miete in Höhe von 650,16 Euro bzw. (ab Dezember 2020) in Höhe von 659,16 Euro für zwei Personen als angemessen anzusehen ist. Nach der aktuellen Mietobergrenze für einen Zweipersonenhaushalt in der Landeshauptstadt A-Stadt ist eine Bruttokaltmiete in Höhe von bis zu 897,- Euro (ab 01.01.2021) im Rahmen des § 35 SGB XII als angemessen anzusehen. Auf die vorherige Anzeige des Auszugs aus der Gemeinschaftsunterkunft iSd Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufnG kommt es nicht an, da die Bf die Wohnung bereits bewohnen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
7. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG iVm §§ 114 ff. ZPO für die Bf zu 1 liegen vor. Die Bf zu 1, die nach dem Wortlaut ihrer Erklärung den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für sich gestellt hat, ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Rechtsverfolgung auch nur zum Teil zu tragen. Der Rechtsstreit hatte nach den obigen Ausführungen auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
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