Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 AS 7007/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 1933/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die gesetzlich vorgegebene Dauer des Bewilligungszeitraums im Sinne eines Verteilzeitraums kann nicht durch die "Abmeldung" aus dem Leistungsbezug verkürzt werden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die (endgültige) Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Mai bis Juli 2013 und die Rechtmäßigkeit einer gegen den Kläger gerichteten Erstattungsforderung für in diesem Zeitraum vorläufig erbrachte Leistungen.
Der Beklagte gewährte dem 1965 geborenen, alleinlebenden, als Historiker selbständig tätigen Kläger auf dessen Antrag vom 21. März 2013, dem u.a. die Anlage "Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit" beigefügt war, für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 767 Euro (382 Euro als Regelbedarf, 385 Euro als Bedarfe für Unterkunft und Heizung) ohne Einkommensanrechnung (Bescheid vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013). Zur Begründung hieß es, die Einnahmen bzw. Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit seien im Bewilligungszeitraum aufgrund der Angaben des Klägers zunächst vorläufig festgesetzt worden. Am 4. Juli 2013 meldete sich der Kläger zunächst telefonisch und am Folgetag auch schriftlich zum 1. August 2013 aus dem Leistungsbezug ab, weshalb mit Bescheid vom 4. Juli 2013 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 1. August 2013 aufgehoben und als Grund für die Aufhebung die "Eigene Abmeldung" genannt wurde. Im August 2013 war der Kläger auf Werkvertragsbasis in D beim Sächsischen Hauptstaatsarchivtätig, wobei er ursprünglich davon ausgegangen war, dass seine Tätigkeit in D länger dauern würde. Seine Wohnung in Berlin behielt er in dieser Zeit bei; in D wohnte er bei einem Freund. In der abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) vom 28. November 2013 gab der Kläger an, in der Zeit von Mai bis Oktober 2013 Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 9.316 Euro (Mai: 115 Euro, Juni: 120 Euro, Juli: 120 Euro, August: 8.841 Euro, September: 120 Euro, Oktober: 0,00 Euro) gehabt zu haben. Die Betriebsausgaben hätten sich in dieser Zeit auf insgesamt 562,20 Euro (Mai: 21,20 Euro, Juni: 28 Euro, Juli: 34 Euro, August: 190 Euro, September 189,30 Euro, Oktober: 99,70 Euro) belaufen.
Im Rahmen der abschließenden Entscheidung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2014 den Antrag des Klägers vom 21. März 2013 auf Leistungen für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 mangels Hilfebedürftigkeit ab, wobei er bei einem Bedarf in Höhe von 767 Euro ein Durchschnittseinkommen im Bewilligungszeitraum (Mai 2013 bis Oktober 2013) bildete und ein monatlich zu berücksichtigendes Gesamteinkommen aus selbständiger Tätigkeit von 1.158,97 Euro (Betriebseinnahmen von 1.552,67 Euro abzüglich: Betriebsausgaben von 93,70 Euro, Grundfreibetrag von 100 Euro und Freibetrag auf das Erwerbseinkommen von 200 Euro) ermittelte. Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 2014 forderte der Beklagte von dem Kläger die Erstattung von insgesamt 2.301 Euro (3 x 767 Euro – jeweils 382 Euro Regelbedarf und 385 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung ) betreffend die Zeit von Mai bis Oktober 2013.
Der Kläger legte Widerspruch unter Verweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2013 zum Aktenzeichen S 197 AS 15266/10 u.a. mit der Begründung ein, ihm seien für die Zeit von Mai bis Juli 2013 Leistungen in Höhe seines Bedarfs, d.h. ohne Anrechnung von Einkünften, zu bewilligen. Der Erstattungsbescheid sei aufzuheben. Er habe mit Ablauf des 31. Juli 2013 auf Leistungen verzichtet. Damit sei der Bewilligungszeitraum verkürzt worden. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben für die Zeit ab August 2013 seien daher nicht zu berücksichtigen. In der Zeit von Mai bis Juli 2013 habe der Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit unterhalb des Grundfreibetrags gelegen und sei daher anrechnungsfrei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2014 zurück. Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt und unter Vertiefung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahrens vorgetragen hat, das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit sei aus den Betriebseinnahmen und –ausgaben für die Zeit von Mai bis Juli 2013 zu berechnen.
Der Beklagte hat vorgetragen: Bei der Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2013 zum Aktenzeichen S 197 AS 15266/10 handele es sich um eine Einzelfallentscheidung. Sofern man ferner davon ausgehe, dass der Kläger im Hinblick auf § 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) überhaupt wirksam auf die ihm vorläufig für den Zeitraum von sechs Monaten bewilligten Leistungen habe verzichten können, habe er nicht auf sein Stammrecht, sondern lediglich auf seinen Auszahlungsanspruch verzichten können. Der Bewilligungszeitraum sei mithin durch den Verzicht nicht verkürzt. Das Einkommen sei für den Bewilligungszeitraum von sechs Monaten zu ermitteln gewesen; der ermittelte Durchschnitt sei auf den Bedarf anzurechnen gewesen. Es verstoße nicht gegen Art. 1 i.V.m. Art. 20 Grundgesetz, wenn bei der endgültigen Entscheidung über die Leistungen eine Zuordnung von bereinigtem Einkommen gleichmäßig auf sechs Monate vorgenommen werde. Die Einkommensermittlung sei nicht zu beanstanden. Mit Urteil vom 17. Mai 2017 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und auf die Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ergänzend hat es auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. November 1991 (4 RA 10/91) und 22. August 2013 (B 14 AS 1/13 R) verwiesen, aus denen sich einerseits ergebe, dass der Kläger nur auf seinen Auszahlungsanspruch habe verzichten können, und andererseits, dass von dem sechsmonatigen Bewilligungszeitraum auszugehen sei. Dies erscheine auch gerechtfertigt, da ansonsten bei Zufluss hoher Einkünfte deren Anrechnung regelmäßig durch Abmeldung von der Leistung verhindert werden könnte. Gerade dies solle jedoch vermieden werden.
Gegen das ihm am 16. August 2017 zugegangene Urteil wendet sich der Kläger mit der am 13. September 2017 eingegangenen Berufung, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er habe sich nach der Abmeldung aus dem Leistungsbezug ab Anfang August 2013 durchgängig nicht an seinem Wohnort in Berlin aufgehalten, sondern vor Ort beim Sächsischen Hauptstaatsarchiv in D eine Werkvertragsleistung zu erbringen gehabt. Er sei somit gar nicht berechtigt gewesen, in Berlin weiter SGB II-Leistungen zu erhalten bzw. habe sich abmelden müssen. Er habe wegen der zeitaufwendigen, bis zu einer bestimmten Frist zu erbringenden Werkleistung in den betreffenden Monaten auch nicht für die Arbeitsvermittlung oder anderweitige Termine des Jobcenters zur Verfügung gestanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 sowie den Erstattungsbescheid vom 10. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Ablehnungsbescheides vom 10. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Juli 2013 endgültige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der vorläufig bewilligten Leistungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie im erstinstanzlichen Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entschieden werden, weil der Beklagte in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf diese gemäß §§ 153 Abs. 1, 126 SGG bestehende Möglichkeit hingewiesen worden war.
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 2, § 56 Sozialgerichtsgesetz – SGG –; vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2017 – B 14 AS 22/16 R –, juris Rn. 10) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Ablehnungsbescheid vom 10. Februar 2014 und der Erstattungsbescheid vom 10. Februar 2014, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Mai bis Juli 2013 abgelehnt und damit zu Recht endgültig festgesetzt, dass ein Leistungsanspruch für diesen Zeitraum nicht besteht. Dementsprechend hat der Kläger für die Zeit von Mai bis Juli 2013 keinen Anspruch auf endgültige Leistungen in Höhe der vorläufig bewilligten Leistungen. Auch die vom Beklagten für die Zeit von Mai bis Juli 2013 geltend gemachte Erstattungsforderung begegnet keinen Bedenken.
Rechtsgrundlage für die endgültige Festsetzung sind § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.) i.V.m. § 328 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Danach ist eine vorläufige Entscheidung nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist. Folglich hat eine endgültige Entscheidung zu ergehen, wenn die vorläufige Entscheidung aufzuheben oder zu ändern ist.
Es liegt eine vorläufige Bewilligung vor. Denn mit Bescheid vom 17. April 2013 in der Fassung des Bescheides vom 28. Mai 2013 sind dem Kläger u.a. für die Zeit von Mai bis Juli 2013 vorläufig Leistungen bewilligt worden.
Die dem Kläger vorläufig für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Juli 2013 bewilligten Leistungen entsprechen nicht den endgültig festzusetzenden, da der Kläger ein von der Prognose des Beklagten abweichendes Einkommen erzielte. Endgültig festzusetzen war, dass dem Kläger für die Zeit vom Mai bis Oktober 2013 kein Leistungsanspruch zusteht. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind die §§ 19 ff. i.V.m. §§ 7 ff. SGB II. Leistungsberechtigt sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich Personen, die u.a. hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Bedarfe nach den Absätzen 1 und 2 erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind.
Der Bedarf des Klägers war im streitigen Zeitraum durch sein Einkommen vollständig gedeckt. Zu Recht hat der Beklagte einen Gesamtbedarf von monatlich 767 Euro angesetzt. Dieser setzt sich zusammen aus 382 Euro für den Regelbedarf und 385 Euro für Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung. Dem Gesamtbedarf war das Einkommen des Klägers gegenüberzustellen. Bei Selbständigen – wie hier dem Kläger – errechnet sich das zu berücksichtigende Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II i. V. m. den Bestimmungen der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V) in der ab dem 1. Juli 2011 geltenden Fassung (BGBl. I 2011, 1175).
§ 3 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V bestimmt: Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.
Diese in § 3 Abs. 4 Alg II-V normierte, gleichmäßige monatliche Aufteilung der Einnahmen – abweichend von ihrem tatsächlichen Zufluss und ohne Überprüfung, ob sie in diesem Monat tatsächlich zur Bedarfsdeckung zur Verfügung standen – steht mit der Ermächtigungsgrundlage in § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Einklang und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R –, juris Rn. 33 ff. m.w.N.).
Zutreffend ist der Beklagte danach im streitigen Zeitraum von einem zu berücksichtigenden monatlichen (Durchschnitts-)Einkommen von 1.158,97 Euro (Gewinn der Monate Mai bis Oktober 2013./. 6) ausgegangen. Denn gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V ist das Gesamteinkommen im Bewilligungszeitraum zugrunde zu legen. Bewilligungs- bzw. Verteilzeitraum und damit Berechnungsgrundlage für das zu berücksichtigende Einkommen aus selbständiger Tätigkeit war vorliegend gemäß Bescheid vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013 der (gesamte) Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Oktober 2013. Diesen Zeitraum konnte der Kläger nicht dadurch verkürzen, dass er sich zum 1. August 2013 aus dem Leistungsbezug "abgemeldet" hat.
Der Ansicht des Sozialgerichts Berlin (Urteil vom 29. Juli 2013 – S 197 AS 15266/10 –), auf die sich der Kläger beruft, kann nicht gefolgt werden. Danach soll es grundsätzlich möglich sein, den Bewilligungszeitraum durch eigene Abmeldung aus dem Leistungsbezug zu verkürzen. Die Abmeldung, die im SGB II nicht geregelt sei, sei insofern als Verzicht (§ 46 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I –) auf den bereits bewilligten Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu verstehen.
Die gesetzlich vorgegebene Dauer des Bewilligungszeitraums von – gemäß 41 Abs. 1 SGB II i.d.F. vom 13. Mai 2011 – regelmäßig sechs Monaten im Sinne eines Verteilzeitraums (vgl. BSG, Urteil 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R –, juris Rn. 28) steht nicht zur Disposition des Leistungsempfängers. Ebenso wenig wie sich dieser während eines laufenden Bewilligungszeitraums "abmelden" kann, um eine zugeflossene Erbschaft zu geschütztem Vermögen (statt zu anrechenbarem Einkommen) werden zu lassen (vgl. Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. November 2010 – L 18 AS 1826/08 –, juris Rn. 23), ist vorliegend eine "Abmeldung" möglich, um eine Nichtberücksichtigung der im August 2013 erzielten (hohen) Einnahmen zu erreichen.
Nach Eintritt der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides – hier des Bescheides vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013 – ist eine Rücknahme des Antrags gemäß § 37 SGB II nicht mehr möglich (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 23; Hlava, in Gagel, SGB II / SGB III, Stand: September 2020, § 37 Rn. 87 m.w.N.). Dementsprechend ist ein Leistungsberechtigter nicht befugt, durch nachträgliche Beschränkung eines einmal gestellten Antrags einseitig in die materiell-rechtliche Rechtslage einzugreifen, um Einkommen, das nach im Antrag bestimmten Leistungsbeginn zugeflossen ist, in Vermögen zu wandeln (BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R –, juris Rn. 23; Silbermann, in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 37 Rn. 23). Ebenso wenig konnte der Kläger auf den bereits bewilligten Anspruch auf Arbeitslosengeld II gemäß § 46 Abs. 1 SGB I verzichten. Denn gemäß § 46 Abs. 1 SGB I kann lediglich auf die Leistungsgewährung (d.h. die Auszahlung der Sozialleistung), nicht jedoch auf das zugrunde liegende subjektive Recht (Stammrecht) verzichtet werden (BSG, Urteil vom 27. November 1991 – 4 RA 10/91 –, juris Rn. 16; Schifferdecker, in Kasseler Kommentar, SGB I, Stand: September 2020, § 46 Rn. 21 und 24 a.E.; Gutzler, in BeckOK, SGB I, Stand: 01.09.2020, § 46 Rn. 11).
Das Subsidiaritätsprinzip staatlicher Fürsorgeleistungen geht im Übrigen so weit, dass der Verteilzeitraum nicht auf den Bewilligungszeitraum beschränkt ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R –, juris Rn. 26 ff.). Wird der Hilfsbedürftige aber selbst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums nicht aus der Verantwortung entlassen (vgl. hierzu Luik, SGb 2009, 672, 679, Anm. zu BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R –), muss eine "Abmeldung" – wie hier – vor Ablauf des Bewilligungszeitraums erst recht ausscheiden.
Auch auf die Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 3 Alg II-V, nach der, wenn eine Erwerbstätigkeit nur für einen Teil des Bewilligungszeitraums ausgeübt wird, das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen ist, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg stützen. § 3 Abs. 1 Satz 3 Alg II-V ist nicht anwendbar auf Fälle, in denen – wie hier – die Erwerbstätigkeit während des ganzen Bewilligungszeitraums ausgeübt wird, aber nur in einzelnen Monaten auch Einnahmen erzielt werden (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. März 2014 – L 2 AS 720/13 NZB –, juris Rn. 28) bzw. – wie hier im August 2013 – in einzelnen Monaten die Einnahmen besonders hoch sind. Dass der Kläger in der gesamten Zeit von Mai bis Oktober 2013 mit seiner selbständigen Tätigkeit wirtschaftlich aktiv war, ist der EKS vom 28. November 2013 zu entnehmen. Danach konnte der Kläger in den Monaten Mai bis September 2013 Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielen, wenn auch in unterschiedlicher Höhe. Während des gesamten Zeitraums – also auch im Oktober 2013, in dem der Kläger keine Einnahmen erzielte – fielen Betriebsausgaben an, die sich nur mit einer selbständigen – wenn auch monatlich unterschiedlich gewinnbringenden – Tätigkeit erklären lassen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).
Auch soweit der Kläger vorträgt, er habe sich ab August 2013 in D aufgehalten und sei gar nicht mehr berechtigt gewesen, in Berlin Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, führt dies zu keiner anderen Betrachtungsweise. Ob vorliegend etwas anderes gälte, wenn der Beklagte für den Kläger ab August 2013 tatsächlich nicht mehr örtlich zuständig gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben. Denn der Kläger hatte angesichts seines nur kurzzeitigen und provisorischen Aufenthalts in D – unter Beibehaltung seiner Berliner Wohnung – auch im August 2013 weiter seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin, so dass für Leistungen nach dem SGB II weiterhin der Beklagte gemäß § 36 Abs. 1 SGB II örtlich zuständig war. Im Übrigen wird hinsichtlich der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Ablehnungsbescheid vom 10. Februar 2014 sowie im Widerspruchsbescheid vom 6. März 2014 verwiesen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG).
Mit der abschließenden Feststellung erledigt sich die vorläufige Bewilligung (vgl. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch), ohne dass es einer gesonderten Aufhebung bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R –, juris Rn. 13; Kallert, in: Gagel, SGB II /SGB III, 79. EL September 2020, § 328 Rn. 75).
Die vom Beklagten für Mai bis Juli 2013 geltend gemachte Erstattung in Höhe von insgesamt 2.301 Euro ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III sind, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten. Die Erstattungsverfügung ist gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt. An den Kläger sind aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013 für die Zeit von Mai bis Juli 2013 monatlich 382 Euro als Regelbedarf und 385 als Bedarfe für Unterkunft und Heizung erbracht worden. Da dem Kläger mit der abschließenden Entscheidung für Mai bis Juli 2013 kein Leistungsanspruch zuerkannt wurde, hat er dem Beklagten die vorläufig erbrachten 2.301 Euro zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die (endgültige) Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Mai bis Juli 2013 und die Rechtmäßigkeit einer gegen den Kläger gerichteten Erstattungsforderung für in diesem Zeitraum vorläufig erbrachte Leistungen.
Der Beklagte gewährte dem 1965 geborenen, alleinlebenden, als Historiker selbständig tätigen Kläger auf dessen Antrag vom 21. März 2013, dem u.a. die Anlage "Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit" beigefügt war, für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 767 Euro (382 Euro als Regelbedarf, 385 Euro als Bedarfe für Unterkunft und Heizung) ohne Einkommensanrechnung (Bescheid vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013). Zur Begründung hieß es, die Einnahmen bzw. Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit seien im Bewilligungszeitraum aufgrund der Angaben des Klägers zunächst vorläufig festgesetzt worden. Am 4. Juli 2013 meldete sich der Kläger zunächst telefonisch und am Folgetag auch schriftlich zum 1. August 2013 aus dem Leistungsbezug ab, weshalb mit Bescheid vom 4. Juli 2013 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 1. August 2013 aufgehoben und als Grund für die Aufhebung die "Eigene Abmeldung" genannt wurde. Im August 2013 war der Kläger auf Werkvertragsbasis in D beim Sächsischen Hauptstaatsarchivtätig, wobei er ursprünglich davon ausgegangen war, dass seine Tätigkeit in D länger dauern würde. Seine Wohnung in Berlin behielt er in dieser Zeit bei; in D wohnte er bei einem Freund. In der abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) vom 28. November 2013 gab der Kläger an, in der Zeit von Mai bis Oktober 2013 Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 9.316 Euro (Mai: 115 Euro, Juni: 120 Euro, Juli: 120 Euro, August: 8.841 Euro, September: 120 Euro, Oktober: 0,00 Euro) gehabt zu haben. Die Betriebsausgaben hätten sich in dieser Zeit auf insgesamt 562,20 Euro (Mai: 21,20 Euro, Juni: 28 Euro, Juli: 34 Euro, August: 190 Euro, September 189,30 Euro, Oktober: 99,70 Euro) belaufen.
Im Rahmen der abschließenden Entscheidung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2014 den Antrag des Klägers vom 21. März 2013 auf Leistungen für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 mangels Hilfebedürftigkeit ab, wobei er bei einem Bedarf in Höhe von 767 Euro ein Durchschnittseinkommen im Bewilligungszeitraum (Mai 2013 bis Oktober 2013) bildete und ein monatlich zu berücksichtigendes Gesamteinkommen aus selbständiger Tätigkeit von 1.158,97 Euro (Betriebseinnahmen von 1.552,67 Euro abzüglich: Betriebsausgaben von 93,70 Euro, Grundfreibetrag von 100 Euro und Freibetrag auf das Erwerbseinkommen von 200 Euro) ermittelte. Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 2014 forderte der Beklagte von dem Kläger die Erstattung von insgesamt 2.301 Euro (3 x 767 Euro – jeweils 382 Euro Regelbedarf und 385 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung ) betreffend die Zeit von Mai bis Oktober 2013.
Der Kläger legte Widerspruch unter Verweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2013 zum Aktenzeichen S 197 AS 15266/10 u.a. mit der Begründung ein, ihm seien für die Zeit von Mai bis Juli 2013 Leistungen in Höhe seines Bedarfs, d.h. ohne Anrechnung von Einkünften, zu bewilligen. Der Erstattungsbescheid sei aufzuheben. Er habe mit Ablauf des 31. Juli 2013 auf Leistungen verzichtet. Damit sei der Bewilligungszeitraum verkürzt worden. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben für die Zeit ab August 2013 seien daher nicht zu berücksichtigen. In der Zeit von Mai bis Juli 2013 habe der Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit unterhalb des Grundfreibetrags gelegen und sei daher anrechnungsfrei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2014 zurück. Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt und unter Vertiefung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahrens vorgetragen hat, das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit sei aus den Betriebseinnahmen und –ausgaben für die Zeit von Mai bis Juli 2013 zu berechnen.
Der Beklagte hat vorgetragen: Bei der Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2013 zum Aktenzeichen S 197 AS 15266/10 handele es sich um eine Einzelfallentscheidung. Sofern man ferner davon ausgehe, dass der Kläger im Hinblick auf § 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) überhaupt wirksam auf die ihm vorläufig für den Zeitraum von sechs Monaten bewilligten Leistungen habe verzichten können, habe er nicht auf sein Stammrecht, sondern lediglich auf seinen Auszahlungsanspruch verzichten können. Der Bewilligungszeitraum sei mithin durch den Verzicht nicht verkürzt. Das Einkommen sei für den Bewilligungszeitraum von sechs Monaten zu ermitteln gewesen; der ermittelte Durchschnitt sei auf den Bedarf anzurechnen gewesen. Es verstoße nicht gegen Art. 1 i.V.m. Art. 20 Grundgesetz, wenn bei der endgültigen Entscheidung über die Leistungen eine Zuordnung von bereinigtem Einkommen gleichmäßig auf sechs Monate vorgenommen werde. Die Einkommensermittlung sei nicht zu beanstanden. Mit Urteil vom 17. Mai 2017 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und auf die Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ergänzend hat es auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. November 1991 (4 RA 10/91) und 22. August 2013 (B 14 AS 1/13 R) verwiesen, aus denen sich einerseits ergebe, dass der Kläger nur auf seinen Auszahlungsanspruch habe verzichten können, und andererseits, dass von dem sechsmonatigen Bewilligungszeitraum auszugehen sei. Dies erscheine auch gerechtfertigt, da ansonsten bei Zufluss hoher Einkünfte deren Anrechnung regelmäßig durch Abmeldung von der Leistung verhindert werden könnte. Gerade dies solle jedoch vermieden werden.
Gegen das ihm am 16. August 2017 zugegangene Urteil wendet sich der Kläger mit der am 13. September 2017 eingegangenen Berufung, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er habe sich nach der Abmeldung aus dem Leistungsbezug ab Anfang August 2013 durchgängig nicht an seinem Wohnort in Berlin aufgehalten, sondern vor Ort beim Sächsischen Hauptstaatsarchiv in D eine Werkvertragsleistung zu erbringen gehabt. Er sei somit gar nicht berechtigt gewesen, in Berlin weiter SGB II-Leistungen zu erhalten bzw. habe sich abmelden müssen. Er habe wegen der zeitaufwendigen, bis zu einer bestimmten Frist zu erbringenden Werkleistung in den betreffenden Monaten auch nicht für die Arbeitsvermittlung oder anderweitige Termine des Jobcenters zur Verfügung gestanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 sowie den Erstattungsbescheid vom 10. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Ablehnungsbescheides vom 10. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Juli 2013 endgültige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der vorläufig bewilligten Leistungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie im erstinstanzlichen Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entschieden werden, weil der Beklagte in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf diese gemäß §§ 153 Abs. 1, 126 SGG bestehende Möglichkeit hingewiesen worden war.
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 2, § 56 Sozialgerichtsgesetz – SGG –; vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2017 – B 14 AS 22/16 R –, juris Rn. 10) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Ablehnungsbescheid vom 10. Februar 2014 und der Erstattungsbescheid vom 10. Februar 2014, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2014, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Mai bis Juli 2013 abgelehnt und damit zu Recht endgültig festgesetzt, dass ein Leistungsanspruch für diesen Zeitraum nicht besteht. Dementsprechend hat der Kläger für die Zeit von Mai bis Juli 2013 keinen Anspruch auf endgültige Leistungen in Höhe der vorläufig bewilligten Leistungen. Auch die vom Beklagten für die Zeit von Mai bis Juli 2013 geltend gemachte Erstattungsforderung begegnet keinen Bedenken.
Rechtsgrundlage für die endgültige Festsetzung sind § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.) i.V.m. § 328 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Danach ist eine vorläufige Entscheidung nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist. Folglich hat eine endgültige Entscheidung zu ergehen, wenn die vorläufige Entscheidung aufzuheben oder zu ändern ist.
Es liegt eine vorläufige Bewilligung vor. Denn mit Bescheid vom 17. April 2013 in der Fassung des Bescheides vom 28. Mai 2013 sind dem Kläger u.a. für die Zeit von Mai bis Juli 2013 vorläufig Leistungen bewilligt worden.
Die dem Kläger vorläufig für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Juli 2013 bewilligten Leistungen entsprechen nicht den endgültig festzusetzenden, da der Kläger ein von der Prognose des Beklagten abweichendes Einkommen erzielte. Endgültig festzusetzen war, dass dem Kläger für die Zeit vom Mai bis Oktober 2013 kein Leistungsanspruch zusteht. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind die §§ 19 ff. i.V.m. §§ 7 ff. SGB II. Leistungsberechtigt sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich Personen, die u.a. hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Bedarfe nach den Absätzen 1 und 2 erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind.
Der Bedarf des Klägers war im streitigen Zeitraum durch sein Einkommen vollständig gedeckt. Zu Recht hat der Beklagte einen Gesamtbedarf von monatlich 767 Euro angesetzt. Dieser setzt sich zusammen aus 382 Euro für den Regelbedarf und 385 Euro für Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung. Dem Gesamtbedarf war das Einkommen des Klägers gegenüberzustellen. Bei Selbständigen – wie hier dem Kläger – errechnet sich das zu berücksichtigende Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II i. V. m. den Bestimmungen der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V) in der ab dem 1. Juli 2011 geltenden Fassung (BGBl. I 2011, 1175).
§ 3 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V bestimmt: Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.
Diese in § 3 Abs. 4 Alg II-V normierte, gleichmäßige monatliche Aufteilung der Einnahmen – abweichend von ihrem tatsächlichen Zufluss und ohne Überprüfung, ob sie in diesem Monat tatsächlich zur Bedarfsdeckung zur Verfügung standen – steht mit der Ermächtigungsgrundlage in § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Einklang und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R –, juris Rn. 33 ff. m.w.N.).
Zutreffend ist der Beklagte danach im streitigen Zeitraum von einem zu berücksichtigenden monatlichen (Durchschnitts-)Einkommen von 1.158,97 Euro (Gewinn der Monate Mai bis Oktober 2013./. 6) ausgegangen. Denn gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V ist das Gesamteinkommen im Bewilligungszeitraum zugrunde zu legen. Bewilligungs- bzw. Verteilzeitraum und damit Berechnungsgrundlage für das zu berücksichtigende Einkommen aus selbständiger Tätigkeit war vorliegend gemäß Bescheid vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013 der (gesamte) Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Oktober 2013. Diesen Zeitraum konnte der Kläger nicht dadurch verkürzen, dass er sich zum 1. August 2013 aus dem Leistungsbezug "abgemeldet" hat.
Der Ansicht des Sozialgerichts Berlin (Urteil vom 29. Juli 2013 – S 197 AS 15266/10 –), auf die sich der Kläger beruft, kann nicht gefolgt werden. Danach soll es grundsätzlich möglich sein, den Bewilligungszeitraum durch eigene Abmeldung aus dem Leistungsbezug zu verkürzen. Die Abmeldung, die im SGB II nicht geregelt sei, sei insofern als Verzicht (§ 46 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I –) auf den bereits bewilligten Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu verstehen.
Die gesetzlich vorgegebene Dauer des Bewilligungszeitraums von – gemäß 41 Abs. 1 SGB II i.d.F. vom 13. Mai 2011 – regelmäßig sechs Monaten im Sinne eines Verteilzeitraums (vgl. BSG, Urteil 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R –, juris Rn. 28) steht nicht zur Disposition des Leistungsempfängers. Ebenso wenig wie sich dieser während eines laufenden Bewilligungszeitraums "abmelden" kann, um eine zugeflossene Erbschaft zu geschütztem Vermögen (statt zu anrechenbarem Einkommen) werden zu lassen (vgl. Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. November 2010 – L 18 AS 1826/08 –, juris Rn. 23), ist vorliegend eine "Abmeldung" möglich, um eine Nichtberücksichtigung der im August 2013 erzielten (hohen) Einnahmen zu erreichen.
Nach Eintritt der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides – hier des Bescheides vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013 – ist eine Rücknahme des Antrags gemäß § 37 SGB II nicht mehr möglich (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 23; Hlava, in Gagel, SGB II / SGB III, Stand: September 2020, § 37 Rn. 87 m.w.N.). Dementsprechend ist ein Leistungsberechtigter nicht befugt, durch nachträgliche Beschränkung eines einmal gestellten Antrags einseitig in die materiell-rechtliche Rechtslage einzugreifen, um Einkommen, das nach im Antrag bestimmten Leistungsbeginn zugeflossen ist, in Vermögen zu wandeln (BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R –, juris Rn. 23; Silbermann, in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 37 Rn. 23). Ebenso wenig konnte der Kläger auf den bereits bewilligten Anspruch auf Arbeitslosengeld II gemäß § 46 Abs. 1 SGB I verzichten. Denn gemäß § 46 Abs. 1 SGB I kann lediglich auf die Leistungsgewährung (d.h. die Auszahlung der Sozialleistung), nicht jedoch auf das zugrunde liegende subjektive Recht (Stammrecht) verzichtet werden (BSG, Urteil vom 27. November 1991 – 4 RA 10/91 –, juris Rn. 16; Schifferdecker, in Kasseler Kommentar, SGB I, Stand: September 2020, § 46 Rn. 21 und 24 a.E.; Gutzler, in BeckOK, SGB I, Stand: 01.09.2020, § 46 Rn. 11).
Das Subsidiaritätsprinzip staatlicher Fürsorgeleistungen geht im Übrigen so weit, dass der Verteilzeitraum nicht auf den Bewilligungszeitraum beschränkt ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R –, juris Rn. 26 ff.). Wird der Hilfsbedürftige aber selbst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums nicht aus der Verantwortung entlassen (vgl. hierzu Luik, SGb 2009, 672, 679, Anm. zu BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 29/07 R –), muss eine "Abmeldung" – wie hier – vor Ablauf des Bewilligungszeitraums erst recht ausscheiden.
Auch auf die Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 3 Alg II-V, nach der, wenn eine Erwerbstätigkeit nur für einen Teil des Bewilligungszeitraums ausgeübt wird, das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen ist, kann sich der Kläger nicht mit Erfolg stützen. § 3 Abs. 1 Satz 3 Alg II-V ist nicht anwendbar auf Fälle, in denen – wie hier – die Erwerbstätigkeit während des ganzen Bewilligungszeitraums ausgeübt wird, aber nur in einzelnen Monaten auch Einnahmen erzielt werden (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. März 2014 – L 2 AS 720/13 NZB –, juris Rn. 28) bzw. – wie hier im August 2013 – in einzelnen Monaten die Einnahmen besonders hoch sind. Dass der Kläger in der gesamten Zeit von Mai bis Oktober 2013 mit seiner selbständigen Tätigkeit wirtschaftlich aktiv war, ist der EKS vom 28. November 2013 zu entnehmen. Danach konnte der Kläger in den Monaten Mai bis September 2013 Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielen, wenn auch in unterschiedlicher Höhe. Während des gesamten Zeitraums – also auch im Oktober 2013, in dem der Kläger keine Einnahmen erzielte – fielen Betriebsausgaben an, die sich nur mit einer selbständigen – wenn auch monatlich unterschiedlich gewinnbringenden – Tätigkeit erklären lassen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).
Auch soweit der Kläger vorträgt, er habe sich ab August 2013 in D aufgehalten und sei gar nicht mehr berechtigt gewesen, in Berlin Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, führt dies zu keiner anderen Betrachtungsweise. Ob vorliegend etwas anderes gälte, wenn der Beklagte für den Kläger ab August 2013 tatsächlich nicht mehr örtlich zuständig gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben. Denn der Kläger hatte angesichts seines nur kurzzeitigen und provisorischen Aufenthalts in D – unter Beibehaltung seiner Berliner Wohnung – auch im August 2013 weiter seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin, so dass für Leistungen nach dem SGB II weiterhin der Beklagte gemäß § 36 Abs. 1 SGB II örtlich zuständig war. Im Übrigen wird hinsichtlich der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Ablehnungsbescheid vom 10. Februar 2014 sowie im Widerspruchsbescheid vom 6. März 2014 verwiesen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG).
Mit der abschließenden Feststellung erledigt sich die vorläufige Bewilligung (vgl. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch), ohne dass es einer gesonderten Aufhebung bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R –, juris Rn. 13; Kallert, in: Gagel, SGB II /SGB III, 79. EL September 2020, § 328 Rn. 75).
Die vom Beklagten für Mai bis Juli 2013 geltend gemachte Erstattung in Höhe von insgesamt 2.301 Euro ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III sind, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten. Die Erstattungsverfügung ist gemäß § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt. An den Kläger sind aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013 für die Zeit von Mai bis Juli 2013 monatlich 382 Euro als Regelbedarf und 385 als Bedarfe für Unterkunft und Heizung erbracht worden. Da dem Kläger mit der abschließenden Entscheidung für Mai bis Juli 2013 kein Leistungsanspruch zuerkannt wurde, hat er dem Beklagten die vorläufig erbrachten 2.301 Euro zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved