Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 47 KR 717/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 KR 202/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Statusfeststellung
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann in einem Statusfeststellungsverfahren keine Anwendung finden, weil in diesem Zusammenhang weder Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht noch Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Bei der Prüfung des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist zu beachten, dass die Beurteilung von Versicherungsverhältnissen rückwirkend grundsätzlich nicht geändert werden soll.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann in einem Statusfeststellungsverfahren keine Anwendung finden, weil in diesem Zusammenhang weder Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht noch Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Bei der Prüfung des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist zu beachten, dass die Beurteilung von Versicherungsverhältnissen rückwirkend grundsätzlich nicht geändert werden soll.
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Juni 2016 sowie der an die Klägerin gerichtete Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 abgeändert; es wird festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Oktober 2013 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unterlag.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, der Beigeladene zu 1 sei in der Zeit vom 1. September 2010 bis 13. August 2014 (zum Endzeitpunkt siehe Handelsregisterauszug HRB. vom 5. November 2020) als selbstständiger Gesellschafter-Geschäftsführer für sie tätig gewesen und habe nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen.
Die Klägerin ist eine am 31. August 2010 von dem Beigeladenen zu 1, Y ..., X ..., W ..., V ... und U ... gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand "die Planung von Werbekampagnen, insbesondere die Platzierung der Werbung in Print- und Onlinemedien, Beratungsdienstleistungen für Unternehmen, die Vermarktung von Werbeflächen sowie alle damit zusammenhängenden Geschäfte" ist (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. August 2010). Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 27.000,00 EUR, wovon jeder Gesellschafter einen Anteil von 4.500,00 EUR hielt (§ 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. August 2010, Liste der Gesellschafter und der übernommenen Geschäftsanteile vom 31. August 2010). Zu Geschäftsführern wurden der Beigeladene zu 1 und U ... bestellt (II des Gründungsvertrages). Sie durften die Gesellschaft stets allein vertreten und waren von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Die Klägerin wurde am 22. September 2010 ins Handelsregister B des Amtsgerichts A ... – Registergericht – eingetragen (Handelsregisterauszug HRB. vom 5. November 2020).
Im Gesellschaftsvertrag vom 31. August 2010 war ferner unter anderem ausgeführt:
"§ 6 Veräußerung von Geschäftsanteilen 1) Zur Veräußerung oder Belastung von Geschäftsanteilen oder von Teilen von Geschäftsanteilen und zum Abschluss von Stimmrechtsbindungsverträgen ist die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich. Dies gilt auch für schuldrechtliche Vereinbarungen oder einseitige Verpflichtungen, die einer Abtretung wirtschaftlich gleichkommen, wie insbesondere Treuhandverträge sowie die Einräumung von Unterbeteiligungen. Die Zustimmung kann insbesondere davon abhängig gemacht werden, dass die Erwerber die weiteren Vereinbarungen, die zwischen den Gesellschaftern bestehen, gegen sich gelten lassen ... § 10 Gesellschafterversammlung 1) Beschlüsse der Gesellschaft werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht gesetzlich oder im Gesellschaftsvertrag andere Mehrheiten vorgeschrieben sind ... § 11 Einziehung von Geschäftsanteilen ... 2) Die Einziehung erfolgt durch Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der betroffene Gesellschafter hat dabei kein Stimmrecht ..."
Am 10. März 2011 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1 einen "Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer". Dort war unter anderem ausgeführt:
"§ 1 Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis
1) Herr C ... wird mit Wirkung vom 1. September 2010 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt und ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich allein zu vertreten ... § 2 Zustimmungspflichtige Geschäfte
1) Die Befugnis des Geschäftsführers umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit sich bringt.
2) Für darüber hinaus gehende Maßnahmen bedarf der Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung nur in den in der Satzung geregelten Fällen.
§ 3 Pflichten und Verantwortlichkeit
1) Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu führen und die ihm durch Gesetz, Satzung und diesen Vertrag obliegenden Pflichten genau und gewissenhaft zu erfüllen ... § 4 Haftung des Geschäftsführers ... 2) Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft nicht, sofern und soweit er auf ausdrückliche Weisung der Gesellschafter tätig geworden ist.
§ 5 Arbeitszeit
1) Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft und alle Fähigkeiten und Kenntnisse in den Dienst der Gesellschaft zu stellen.
2) An eine bestimmte Arbeitszeit ist der Geschäftsführer nicht gebunden. Er ist jedoch gehalten, jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen ... § 7 Vergütung
1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes, jeweils am Monatsende zu zahlendes Gehalt in Höhe von 3.500,00 Euro brutto, erstmals zahlbar für März 2011.
2) Darüber hinaus erhält der Geschäftsführer eine Tantieme, ... § 8 Vergütung bei Dienstverhinderung und Tod
1) Im Falle der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Dienstverhinderung hat der Geschäftsführer für die Dauer von 6 Wochen Anspruch auf Fortzahlung seiner vertragsmäßigen Bezüge ... § 10 Jahresurlaub
1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf 30 Arbeitstage bezahlten Urlaub (Samstag ist kein Arbeitstag) ... § 11 Vertragsdauer und Kündigung
1) Dieser Vertrag tritt mit Wirkung vom 1. September 2010 in Kraft ... 3) Das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
4) Ein wichtiger Grund liegt für die Gesellschaft insbesondere vor, wenn ... c) der Geschäftsführer Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 2 vornimmt ohne die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht oder der Geschäftsführer trotz Abmahnung wiederholt solche Verstöße begeht;
d) der Geschäftsführer schwere Verstöße gegen besondere Anweisungen der Gesellschafterversammlung begeht, es sei denn, dass diese ein gesetzwidriges Verhalten des Geschäftsführers fordern; ..."
Durch Gesellschafterbeschluss vom 10. März 2011 wurden folgende Entscheidungen einstimmig gefasst:
"1. Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer C ...
2. Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer U ...
3. Den Geschäftsführern wird der Anspruch auf Tantieme für das Geschäftsjahr 2011 als zusätzliche Motivation in der Gründungsphase ungequotelt zugebilligt, da es sich bei ihnen um keine beherrschenden Gesellschafter im Sinne des Steuerrechts handelt."
Der Beigeladene zu 1 stellte bei der Beigeladenen zu 4 im März 2011 einen Antrag auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht als selbstständig Tätiger in Bezug auf seine Tätigkeit für die Klägerin mit einer tatsächlichen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 55 Stunden. Die Beigeladene zu 4 sah darin einen gleichzeitigen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) und bat die Beklagte mit Schreiben vom 30. März 2011 um Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Wegen der aus ihrer Sicht bestehenden Vorgreiflichkeit dieses Verfahrens sah sie selbst von der Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung einer Beschäftigung ab.
Am 26. April 2011 stellte der Beigeladene zu 1 bei der Beklagten einen förmlichen "Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status" in Bezug auf seine bei der Klägerin ab "31.08.2010" ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer. Dabei gab er unter anderem an, sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung werde die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Jahre 2011 (49.500,00 EUR) voraussichtlich nicht übersteigen. Auch in den drei letzten Kalenderjahren hätten seine regelmäßigen Jahresarbeitsentgelte aus abhängiger Beschäftigung die jeweilige Arbeitsentgeltgrenze nicht durchgängig überschritten. Er sei als ordentlich Studierender an einer Hochschule oder einer Fachschule im neunten Fachsemester immatrikuliert.
Mit Schreiben vom 5. August 2011 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1 zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status als Gesellschafter-Geschäftsführer seit dem 1. September 2010 an. Es sei beabsichtigt, Bescheide über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Weiterhin sei beabsichtigt, bezüglich dieser Beschäftigung Versicherungspflicht in der Pflege- und Rentenversicherung festzustellen, weil sich aus den vorliegenden Unterlagen keine Tatbestände ergäben, die die Versicherungspflicht ausschlössen oder Versicherungsfreiheit begründeten beziehungsweise weil keine Befreiung von der Versicherungspflicht bestehe. In der Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe in der ausgeübten Beschäftigung jeweils Versicherungsfreiheit, weil der Beigeladene zu 1 ordentlich Studierender einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule sei (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Der Beigeladene zu 1 sei als Gesellschafter-Geschäftsführer an der Klägerin beteiligt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH vor, wenn die Gesellschafter-Geschäftsführer funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhätten, für ihre Beschäftigung ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhielten und keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft ihrer Anteile am Stammkapital geltend machen könnten. Maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft hätten Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann, wenn sie für Beschlüsse der Gesellschafter über eine Stimmenmehrheit oder über eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Sperrminorität verfügten. Vorliegend bestehe ein gesonderter Arbeitsvertrag, welcher die Mitarbeit in der Gesellschaft regele und arbeitsvertraglich typische Regelungen zum Urlaubsanspruch, über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts und zur Kündigung enthalte. Für die Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1 eine Vergütung von 3.500,00 EUR monatlich und damit ein für die Tätigkeit übliches Arbeitsentgelt. Auf Grund seines Anteils am Stammkapital von 16,67 % könne er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen, da Beschlüsse der Klägerin mit einfacher Mehrheit gefasst würden und sich das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters nach der Höhe seines Geschäftsanteils richte. Durch den Gesellschaftsvertrag sei dem Beigeladenen zu 1 keine Sperrminorität eingeräumt. Er verfüge auch nicht allein über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse. Er unterliege hinsichtlich der Ausführung der zu erbringenden Leistung den Einschränkungen durch die Gesellschafterversammlung. Schließlich sei er nicht zum alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Für eine selbstständige Tätigkeit sprächen lediglich die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB, die Einzelvertretungsberechtigung und die gewinnabhängige Tantiemenzahlung. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der jeweiligen Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Am 16. August 2011 veräußerte U ... seinen Anteil am Stammkapital der Klägerin von 4.500,00 EUR an die fünf übrigen Gesellschafter; jeder von ihnen erwarb einen zusätzlichen Anteil am Stammkapital von 900,00 EUR. Jeder der fünf übrigen Gesellschafter hielt nunmehr einen Anteil am Stammkapital der Klägerin von 5.400,00 EUR.
Durch Schreiben vom 29. August 2011 machte der Beigeladene zu 1 insbesondere geltend, seit 1. Juli 2011 alleiniger Geschäftsführer der Klägerin zu sein, weil U ... mit Wirkung vom 30. Juni 2011 als Geschäftsführer abberufen worden sei. – Dies war ausweislich Blatt 131 der Verwaltungsakte der Beklagten tatsächlich der Fall. – Darüber hinaus sei er im Hinblick auf Arbeitsort, -zeit und ausübung seiner Tätigkeit völlig frei. Er verfüge nunmehr allein über die zur Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse.
Mit Schreiben vom 7. November 2011 stellte der Beigeladene zu 1 klar, für die Tätigkeit bei der Klägerin täglich mehr Arbeitsstunden aufzuwenden (an den Werktagen jeweils neun Stunden, an den Wochenenden jeweils fünf Stunden täglich) als für die Anfertigung seiner Diplomarbeit (fünf Stunden täglich) im Rahmen seines Studiums. Im Sommersemester 2010 und im Wintersemester 2010/2011 war er beurlaubt.
Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 22. November 2011 stellte die Beklagte – insoweit im Wesentlichen unter Beibehaltung ihrer bisherigen Argumentation – fest, der Beigeladene zu 1 übe seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin seit 1. September 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Die vom Beigeladenen zu 1 in seinem Schreiben vom 29. August 2011 aufgeführten Gründe führten nicht zu einer anderen Entscheidung. In Abweichung zu der im Rahmen der Anhörung geäußerten Einschätzung stellte die Beklagte nunmehr fest, es bestehe ab 1. September 2010 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Eine Erläuterung der neuen Sichtweise erfolgte nicht. Da der Antrag auf Statusfeststellung für die am 1. September 2010 aufgenommene Beschäftigung am 23. März 2011 gestellt worden sei, lägen die Voraussetzungen des § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nicht vor.
Ein inhaltlich identischer Bescheid vom 22. November 2011 erging auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1.
Am 1. Februar 2012 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1 einen "Geschäftsführerdienstvertrag", der den bisherigen "Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer" vom 10. März 2011 ersetzte (§ 9 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012). Im Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012 hieß es unter anderem:
"§ 1 Aufgaben und Pflichten
Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft und hat die verantwortliche Leitung und Überwachung des gesamten Geschäftsbetriebs nach Maßgabe des Gesetzes, des Gesellschaftsvertrages, einer etwaigen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ... § 2 Geschäftsführung und Vertretung
Der Geschäftsführer ist befugt, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Einschränkungen ergeben sich nur durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung der Geschäftsführung und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.
Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
§ 3 Arbeitszeit
Der Geschäftsführer ist an eine bestimmte Arbeitszeit nicht gebunden. Die Arbeitszeit richtet sich vielmehr nach den betrieblichen Erfordernissen und ist vom Geschäftsführer frei und eigenverantwortlich zu gestalten.
§ 4 Vergütung
Der Geschäftsführer erhält ein Monatsgehalt in Höhe von 3.500,00 EUR brutto, das jeweils zum Ende eines Monats zu zahlen ist.
(Abs. 2 Satz 1) Ferner erhält der Geschäftsführer für seine Tätigkeit eine Tantieme ... § 5 Haftung des Geschäftsführers ... (Abs. 2) Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft nicht, sofern und soweit er auf ausdrückliche Weisung der Gesellschafter tätig geworden ist.
§ 6 Vergütungsfortzahlung
(Satz 1) Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung bleibt der Anspruch auf die feste Vergütung für die Dauer von drei Monaten bestehen ... § 9 Vertragsdauer
Dieser Vertrag ist auf unbestimmte Dauer abgeschlossen.
Vertragsbeginn ist der 1. Februar 2012.
Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Tätigkeit des Geschäftsführers. Dieser Vertrag ersetzt alle bisherigen arbeits- oder dienstvertraglichen Vereinbarungen ersatzlos.
§ 10 Kündigung ... (Abs. 4) Die Abberufung des Geschäftsführers gilt gleichzeitig als Kündigung dieses Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt ...".
I. Am 27. Februar 2012 stellte – jedenfalls auch – die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Überprüfung des ihr gegenüber ergangenen Bescheides vom 22. November 2011. Zum einen halte der Beigeladene zu 1 seit 16. August 2011 einen Anteil am Stammkapital der Klägerin von 20 %, zum anderen sei er insbesondere deren "Kopf und Seele". Er allein verfüge über die für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Kenntnisse und Kontakte. Demzufolge träfen die Gesellschafter Entscheidungen ausschließlich nach den Empfehlungen des Beigeladenen zu 1.
Mit gegenüber der Klägerin erlassenem Bescheid vom 8. März 2012 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin mit der Begründung ab, im Bescheid vom 22. November 2011 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Besondere Kenntnisse stünden der Beurteilung als abhängige Beschäftigung nicht entgegen. Der Beigeladene zu 1 sei nach wie vor Minderheitsgesellschafter.
Ein inhaltlich gleich lautender Bescheid vom 8. März 2012 erging auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1.
Gegen den ihr gegenüber erlassenen Bescheid vom 8. März 2012 legte die Klägerin bei der Beklagten am 15. März 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, bei der Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer (abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit) dürfe nicht nur sein Anteil am Stammkapital Berücksichtigung finden, vielmehr sei maßgeblich, dass er ausweislich des Anstellungsvertrages und des Gesellschaftsvertrages keinerlei Beschränkungen unterlegen habe; denn im Gesellschaftsvertrag seien keine zustimmungspflichtigen Geschäfte genannt worden, so dass § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages ins Leere laufe (Schreiben vom 5. April 2012).
Durch "Änderungsvereinbarung zum Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012" vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 unter dem 28. Mai 2012 mit Wirkung vom 1. Juni 2012 die Erhöhung des Monatsgehalts auf 5.000,00 EUR brutto. Dem lag ein entsprechender Gesellschafterbeschluss vom 28. Mai 2012 zu Grunde.
Mit an die Klägerin gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 20. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 8. März 2012 zurück. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer nur eingeschränkten Sperrminorität, die sich nicht auf sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft beziehe, habe keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Er sei nicht dazu in der Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheit in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art seiner Geschäftsführertätigkeit zur Wehr zu setzen. Somit sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Der Bescheid vom 22. November 2011 entspreche demnach der Sach- und Rechtslage.
Gegenüber dem Beigeladenen zu 1 erging kein entsprechender Bescheid.
Gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2012 hat die Klägerin unter dem Aktenzeichen S 47 KR 717/12 am 17. September 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 28. November 2012 haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1 die Stundung seiner Gehaltsansprüche für die Monate von Dezember 2012 bis März 2013 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2013 vereinbart.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 1. November 2013 ist der Gehaltsanspruch des Beigeladenen zu 1 ab November 2013 von 5.000,00 EUR auf 4.000,00 EUR reduziert worden.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 9. Januar 2013 ist Danny Roller "mit sofortiger Wirkung" zum neuen weiteren Geschäftsführer bestellt worden. Eine entsprechende Eintragung im Handelsregister ist am 28. Januar 2013 erfolgt (Handelsregisterauszug HRB 29316 vom 5. November 2020). Nach dessen Einarbeitung durch den Beigeladenen zu 1 ist dieser selbst als Geschäftsführer ausgeschieden; dies ist im Handelsregister am 13. August 2014 eingetragen worden (Handelsregisterauszug HRB. vom 5. November 2020).
Mit Gesellschafterbeschluss vom 12. November 2013 haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1 die Stundung seiner Gehaltsansprüche für die Monate von November 2013 bis Mai 2014 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 vereinbart.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis als Gesellschafter-Geschäftsführer habe nicht vorgelegen. Der Beigeladene zu 1 sei der einzige Gesellschafter, der über die für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendigen Kontakte verfüge. Bis Februar 2011 sei der Beigeladene zu 1 für die Klägerin unentgeltlich tätig gewesen. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin habe keine zustimmungspflichtigen Geschäfte für den Geschäftsführer vorgesehen. Tatsächlich habe der Beigeladene zu 1 weisungsunabhängig und selbstständig über die Geschicke der Klägerin entschieden. Dass die übrigen Gesellschafter dem Beigeladenen zu 1 Weisungen hätten erteilen können, sei unbeachtlich, weil dies tatsächlich nicht erfolgt sei. Der Anspruch des Beigeladenen zu 1 auf eine Tantieme zeige sein Unternehmerrisiko. Darüber hinaus sei der Beigeladene zu 1 "Kopf und Seele" der Klägerin. Er allein sei für die operativen Entscheidungen zuständig und verantwortlich gewesen. Trotz seiner Beteiligung am Stammkapital der Klägerin von weniger als 50 % habe er einen maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin ausgeübt. Er allein habe auch Mitarbeiter eingestellt oder entlassen, ohne dass es insoweit Beschlüsse der Gesellschafter hierzu gegeben hätte. Ferner müsse berücksichtigt werden, dass der Beigeladene zu 1 seine Vergütung gestundet habe.
Die Beklagte hat an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten. Es könne nur derjenige maßgebend Einfluss auf die Geschicke einer GmbH nehmen, der über mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital oder die zum Erreichen einer Sperrminorität benötigten Kapitalanteile verfüge. Denn die Stimmrechte zur Beschlussfassung richteten sich nach der kapitalmäßigen Beteiligung. Der Beigeladene zu 1 habe aber zunächst lediglich Anteile von 16,67 % und zuletzt Anteile von 20 % des Stammkapitals gehalten. Nach § 10 der Satzung sei zur Beschlussfassung der Gesellschafter jedoch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Der Beigeladene zu 1 habe somit nach den Regelungen in der Satzung nicht über die Rechtsmacht verfügt, wesentliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung herbeizuführen oder zu verhindern. Vielmehr habe er als Geschäftsführer nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfen und damit der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterlegen. Er habe sich damit nicht von einem leitenden Angestellten anderer Unternehmen unterschieden. In Anbetracht der bindenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages und des Anstellungsvertrages komme es daher nicht darauf an, ob der Beigeladene zu 1 in seiner Funktion als Geschäftsführer "Kopf und Seele" des Betriebes und allein fachkundig sei. Im Übrigen sei die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung des BSG inzwischen aufgegeben worden (Hinweis auf die Urteile des BSG vom 29. Juli 2015 mit den Aktenzeichen B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R). Die Gewinnbeteiligung in Form einer Tantieme sei nicht mit einem Wagniskapital gleichzusetzen, sondern Ausdruck eines - auch bei Arbeitnehmern verbreiteten - leistungsorientierten Vergütungsbestandteiles (Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R). Aus einer Darlehensgewährung könne kein unternehmerisches Risiko hergeleitet werden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R).
II. Am 8. November 2012 stellten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin ab dem Zeitpunkt der "Gründung der Gesellschaft am 31.08.2010". Dabei gab der Beigeladene zu 1 unter anderem an, sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Tätigkeit werde die Jahresarbeitsentgeltgrenze von 50.850,00 EUR im Jahre 2012 voraussichtlich überschreiten. In den Jahren 2010 und 2011 sei sie jeweils nicht überschritten worden. Er unterliege keiner Kontrolle durch die Klägerin hinsichtlich der Auftragsausführung, Einschränkungen und Vorgaben bestünden insoweit nicht. Ebenso wenig sei er an Vorgaben bezüglich seiner Arbeits- und Anwesenheitszeiten gebunden. Entsprechendes gelte für seinen Tätigkeitsort. Er könne nicht durch vertragliche Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern. Seine tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage mindestens 65 Stunden. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1 beantragten festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliegt.
Durch Bescheid vom 13. November 2012 teilte die Beklagte dem Beigeladenen zu 1 mit, dem erneuten Antrag vom 8. November 2012 könne nicht entsprochen werden. Die Beklagte habe über den sozialversicherungsrechtlichen Status in der zu beurteilenden Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bereits mit Bescheid vom 22. November 2011 und Überprüfungsbescheid vom 8. März 2012 entschieden. Ein abermaliges Statusfeststellungsverfahren sei von der Beklagten nicht durchzuführen.
Gegenüber der Klägerin erging ein inhaltlich identischer Bescheid vom 13. November 2012.
Gegen die Bescheide vom 13. November 2012 legten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 Widerspruch ein (Schreiben vom 17. Dezember 2012). Zur Begründung führten sie aus, der Geschäftsführeranstellungsvertrag sei geändert worden, weshalb eine erneute Beurteilung des Status des Beigeladenen zu 1 erforderlich sei (Schreiben vom 25. Januar 2013).
Mit an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1 gerichteten Bescheiden vom 12. Februar 2013 half die Beklagte den Widersprüchen gegen die beiden Bescheide vom 13. November 2012 ab und nahm "die Durchführung eines Überprüfungsverfahrens zum Bescheid vom 22.11.2011 anlässlich Ihres Antrages vom 08.11.2012 wieder" auf.
Durch Bescheid vom 22. Februar 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dem "Antrag vom 08.11.2012 auf Rücknahme des Bescheides vom 22.11.2011" könne nicht entsprochen werden. Auch unter Berücksichtigung des am 1. Februar 2012 abgeschlossenen Geschäftsführerdienstvertrages und der Änderungsvereinbarung hierzu vom 28. Mai 2012 komme unter Zugrundelegung von § 44 SGB X keine abweichende Entscheidung in Betracht. Denn daraus ergebe sich keine andere rechtliche Würdigung der tätigkeitsrelevanten Merkmale. Hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Ausführung der Tätigkeit sei dem Beigeladenen zu 1 weit gehende Gestaltungsfreiheit belassen. Trotzdem bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sie sich in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich - wie bei Diensten höherer Art üblich - zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Allein aus der weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne jedoch nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Denn der Beigeladene zu 1 habe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfen und habe daher der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterlegen. Dies gelte auch dann, wenn die Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch gemacht hätten. In Anbetracht der Zahlung fester Bezüge habe der Beigeladene zu 1 kein Unternehmerrisiko getragen, weil ein solches voraussetze, dass der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts verbunden sei. Die zusätzlich gewährte Gewinnbeteiligung in Form von Tantiemen führe zu keiner anderen Beurteilung, da diese einem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck eines - auch bei Arbeitnehmern verbreiteten - leistungsorientierten Vergütungsbestandteiles seien.
Der Beigeladene zu 1 erhielt einen inhaltlich identischen Bescheid vom 22. Februar 2013.
Hiergegen legten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 Widerspruch ein.
Ein von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 vorgeschlagenes Ruhen des Widerspruchsverfahrens (Schreiben vom 23. Januar 2013) lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die "Einbeziehung der geänderten Verhältnisse in das bereits laufende Verfahren beim Sozialgericht Dresden für die Zeit ab 16.08.2011 sei nicht möglich". Das bereits anhängige Verfahren beim SG (S 47 KR 717/12) sei auf den Zeitpunkt der erneuten Änderung der Verhältnisse zu begrenzen.
Daraufhin begründete die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 die erhobenen Widersprüche (Schreiben vom 23. Januar 2013). Der Beigeladene zu 1 habe maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen können. Insbesondere enthielten weder der Gesellschaftsvertrag noch der Dienstvertrag Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Geschäfte. Der Beigeladene zu 1 habe keine fremdbestimmte Dienstleistung erbracht. Er allein habe über die entscheidenden Branchenkenntnisse verfügt und sei "Kopf und Seele" des Unternehmens. Darüber hinaus bringe der Bezug einer Tantieme ein zusätzliches Unternehmerrisiko zum Ausdruck. Weiterhin müsse beachtet werden, dass der Beigeladene zu 1 seine Vergütung gestundet habe.
Mit an den Beigeladenen zu 1 gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 wies die Beklagte seinen Widerspruch zurück. Dem Begehren auf Feststellung, dass auf Grund einer Änderung in den Verhältnissen ab 1. Februar 2012 in der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer keine abhängige Beschäftigung mehr ausgeübt wird, könne nicht entsprochen werden. Der Bescheid vom 22. November 2011 werde nicht aufgehoben. Die Voraussetzungen des § 48 SGB X lägen nicht vor. Weder durch den neuen Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1. Februar 2012 noch durch die Änderungsvereinbarung zur Erhöhung der Geschäftsführervergütung vom 28. Mai 2012 sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers könne nicht mehr an Kompetenzen vermitteln als dies der Gesellschaftsvertrag zulasse. Die Beschlüsse der Gesellschafter erfolgten weiterhin mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Beigeladene zu 1 besitze nur 20 % der Anteile am Stammkapital der Gesellschaft und habe dadurch keinen maßgeblichen Einfluss auf deren Geschicke. Daher komme es nicht darauf an, ob er "Kopf und Seele" des Betriebes sei. Für eine Klage gegen diesen Widerspruchsbescheid sei das SG T ... zuständig.
Dagegen hat der Beigeladene zu 1 unter dem Aktenzeichen am 24. Juni 2013 Klage beim SG T ... erhoben.
Gegenüber der Klägerin erging ein im Wesentlichen gleich lautender Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013. Für eine Klage gegen diesen Widerspruchsbescheid sei das Sozialgericht Dresden zuständig.
Dagegen hat die Klägerin unter dem Aktenzeichen S 47 KR 628/13 am 24. Juni 2013 Klage beim SG Dresden erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage hat sie vorgetragen, der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens unterscheide sich allein dadurch von demjenigen des Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 47 KR 717/12, dass sich auf Grund der Änderung des Dienstvertrages des Beigeladenen zu 1 die vertraglichen Grundlagen geändert hätten. Insbesondere sei § 2 des ursprünglichen Geschäftsführerdienstvertrages für überflüssig befunden und gestrichen worden. Durch die Änderungsvereinbarung vom 28. Mai 2012 sei die monatliche Vergütung des Beigeladenen zu 1 von 3.500,00 EUR auf 5.000,00 EUR brutto erhöht worden.
Die Beklagte hat zur Begründung auf den gegenüber der Klägerin ergangenen Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 verwiesen. Weiterhin müsse berücksichtigt werden, dass das BSG seine so genannte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung aufgegeben habe und dass aus einer Darlehensgewährung kein unternehmerisches Risiko hergeleitet werden könne.
Durch Schreiben vom 22. Oktober 2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 beim SG T ... beantragt, das Verfahren mit dem Aktenzeichen ruhend zu stellen. Dem Ruhen hat die Beklagte zugestimmt (Schreiben vom 22. November 2013). Mit Beschluss vom 29. November 2013 hat das SG T ... das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Durch Beschluss vom 10. Juni 2016 hat das SG Dresden das Verfahren S 47 KR 628/13 zu dem nunmehr führenden Verfahren S 47 KR 717/12 verbunden.
Nach umfangreichen weiteren Ermittlungen hat das SG die Klagen durch Urteil vom 10. Juni 2016 abgewiesen. Dabei hat es seiner Entscheidung den Antrag zu Grunde gelegt, "den Bescheid vom 08.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2012 sowie den Bescheid vom 22.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 22.11.2011 aufzuheben sowie festzustellen, dass der Beigeladene ab dem 01.09.2010 nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu der Klägerin steht". Die von der Beklagten im Rahmen des § 7a SGB IV getroffene Feststellung, der Beigeladene zu 1 sei bei der Klägerin vom 1. September 2010 bis zu seinem Ausscheiden als Geschäftsführer im Juli/August 2014 abhängig beschäftigt gewesen und habe der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beigeladene zu 1 sei bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Denn er sei insbesondere bei der Geschäftsführung an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden gewesen. Das ergebe sich auch aus der Neufassung von § 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012 ("Einschränkungen ergeben sich nur durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung der Geschäftsführung und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung."). Der Umstand, dass schon zuvor zustimmungspflichtige Maßnahmen im Gesellschaftsvertrag nicht geregelt worden seien, ändere daran nichts. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1 in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nur einen Anspruch auf ein festes Monatsgehalt gehabt, sondern außerdem einen Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgelts im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung, ferner einen solchen auf Inanspruchnahme von Urlaub. Die Mehrheit der Gesellschafterversammlung habe gegenüber dem Beigeladenen zu 1 über die Rechtsmacht verfügt, ihm in einem etwaigen Konfliktfall Weisungen zu erteilen. Denn sein Geschäftsanteil habe zunächst bei 16,6 % und nach dem Ausscheiden des Gesellschafters Hoffmann bei 20 % der Anteile am Stammkapital gelegen. Nach § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages hätten Beschlüsse der Gesellschaft jedoch mit einfacher Mehrheit gefasst werden können. Die weit reichenden Entscheidungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1 hätten nicht zu einer selbstständigen Tätigkeit geführt. Vielmehr habe er als Geschäftsführer in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterlegen. An seiner "Kopf und Seele"-Rechtsprechung habe das BSG nicht festgehalten. Denn eine Abhängigkeit der Statuszuordnung von rein faktischem, nicht rechtlich gebundenem und daher jederzeit änderbarem Verhalten der Beteiligten entspreche nicht dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände. Rechtlich hätte es allein die Mehrheit der Gesellschafter in der Hand gehabt, den Unternehmenszweck zu bestimmen oder die Ausrichtung zu verändern. Dem Beigeladenen zu 1 hätte – nach den rechtlichen Möglichkeiten – von der Gesellschaftermehrheit auch gekündigt werden können. Die Gewährung von Tantiemen führe nicht zu einem entscheidenden Unternehmerrisiko. Nach alledem sei der Beigeladene zu 1 in die fremdbestimmte Ordnung des Betriebes der Klägerin eingegliedert gewesen. Deshalb seien beide Klagen abzuweisen gewesen.
Gegen das ihr am 22. Juli 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. August 2016 Berufung eingelegt.
Die Klägerin macht unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags zusätzlich geltend, die Gesellschafterversammlung habe auch bei aufgetretenen Konfliktfällen mit den Mitgesellschaftern ihr Weisungsrecht tatsächlich nicht ausgeübt. Neben der Satzung habe es eine schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern W ..., Y ... und dem Beigeladenen zu 1 gegeben, jedenfalls seit Mitte des Jahres 2011. Danach hätten die Stimmrechte in der Gesellschaft künftig nur einheitlich ausgeübt werden sollen. Bei dieser Sachlage sei die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als selbstständig anzusehen (Hinweis unter anderem auf Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 4. März 2014 – L 1 KR 9/11). Die Auffassung des BSG, Stimmbindungsvereinbarungen könnten für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht von Bedeutung sein, überzeuge nicht. Zudem habe die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung des BSG ein schutzwürdiges Vertrauen der Rechtsunterworfenen begründet. Die Abkehr von dieser Rechtsprechung habe sich frühestens Ende 2012 angedeutet, ihre ausdrückliche Aufgabe sei erst im Jahre 2015 erfolgt. Die erhobenen Beiträge seien verjährt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Juni 2016 aufzuheben und
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 22. November 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2010 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag,
2. den Bescheid vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Nach der Rechtsprechung des BSG sei allein die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Rechtsmacht entscheidend. Auf die tatsächliche Handhabung oder außerhalb des Gesellschaftsvertrages bestehende Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte komme es nicht an (Hinweis auf BSG, Urteile vom 14. März 2018 mit den Aktenzeichen B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R).
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen, ebenso die Akte zu dem vor dem SG T ... anhängigen Verfahren mit dem Aktenzeichen ...
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da das Einverständnis der Beteiligten hierzu vorliegt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist ganz überwiegend unbegründet (II).
Sie ist lediglich begründet, soweit sie sich auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2013 bezieht (I).
I. Das Urteil des SG vom 10. Juni 2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 waren abzuändern; es war festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2013 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unterlag.
Rechtsgrundlage für den Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 ist ausschließlich § 48 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 1 SGB X. Dass die Beklagte beim Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2013 noch § 44 SGB X benannte und erst im Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 auf § 48 SGB X Bezug nahm, ist unschädlich. Denn dadurch entsteht der Klägerin kein Rechtsnachteil, weil § 44 SGB X für sie zu keinem günstigeren Ergebnis führen kann (siehe dazu noch unter II 1 a bis b).
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Bei dem Verwaltungsakt vom 22. November 2011 handelte es sich um einen solchen mit Dauerwirkung.
In den tatsächlichen Verhältnissen trat gegenüber seinem Erlass dadurch eine wesentliche Änderung ein, dass der Beigeladene zu 1 für seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin auf Grund der "Änderungsvereinbarung zum Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012" vom 28. Mai 2012 ab 1. Juni 2012 einen Anspruch auf monatliches Arbeitsentgelt von 5.000,00 EUR brutto hatte. Dadurch war der Beigeladene zu 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungsfrei. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Jahre 2012 betrug nämlich 50.850,00 EUR (4.237,50 EUR monatlich).
Da der Beigeladene zu 1 die Jahresarbeitsentgeltgrenze für das Jahr 2012 in Höhe von 4.237,50 EUR monatlich und prognostisch auch diejenige in Höhe von (52.200,00 EUR: 12 Monate =) 4.350,00 EUR monatlich für das Jahr 2013 (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V) überschritt, war er ab 1. Januar 2013 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei. Denn bei einer Erhöhung des Arbeitsentgelts ist nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf die Höhe der gegenwärtigen Monatsbezüge abzustellen (siehe hierzu Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, § 6 Rn. 35, 45 und insbesondere Rn. 54; vgl. außerdem Felix in jurisPK-SGB V, 3. Auflage, § 6 Rn. 17, 19). § 6 Abs. 4 SGB V regelt dann ausdrücklich den Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Versicherungspflicht, wenn die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird (siehe hierzu und zum Folgenden Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, § 6 Rn. 53). Danach endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird.
Da das monatliche Arbeitsentgelt des Beigeladenen zu 1 ab 1. November 2013 von 5.000,00 EUR auf 4.000,00 EUR reduziert wurde (Gesellschafterbeschluss vom 1. November 2013), war der Beigeladene zu 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr versicherungsfrei. Denn die Versicherungspflicht tritt insoweit bei Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze sofort ein (so Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Januar 2020, § 6 Rn. 62; siehe hierzu und zum Folgenden auch Felix in jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 6 Rn. 36). Dies folgt aus dem Fehlen einer § 6 Abs. 4 SGB V entsprechenden Regelung für den Fall der Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze.
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch gilt für die Pflegeversicherung Entsprechendes.
Die Beklagte musste auf den Antrag der Klägerin vom 8. November 2012 insofern den Zeitpunkt der Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1. Januar 2013 (erste Änderung) berücksichtigen. Der Zeitpunkt der Überschreitung liegt – vom Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 aus gesehen – in der Vergangenheit, so dass § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X zur Anwendung kommt.
Dessen Voraussetzungen liegen vor.
Die erste Änderung erfolgte zu Gunsten der Klägerin, da diese für Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2013 in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu entrichten hatte.
Das Wort "soll" lässt eine Ermessensausübung lediglich in einem atypischen Fall zu. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Einzelfall aufgrund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, welche die Aufhebung des Bescheides für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht (so etwa Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X, Stand Juli 2020, § 48 Rn. 37). In der Regel hat eine Aufhebung mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erfolgen, die Behörde hat also eine gebundene Entscheidung zu treffen (siehe nur BSG, Urteil vom 16. Januar 1986 – 4b RV 25/85- juris Rn. 26; Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2. Auflage, § 48 Rn. 143, und Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X, Stand Juli 2020, § 48 Rn 36).
Bei der Feststellung einer Versicherungspflicht handelt es sich vorliegend um eine im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens regelhafte Vorgehensweise, die keine Besonderheiten erkennen lässt. Besondere Umstände im Einzelfall, die eine Abweichung vom Regelfall des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Allerdings war der zweiten Änderung durch die erneute Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1. November 2013 im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens Rechnung zu tragen. Dementsprechend war der Bescheid vom 22. November 2011 - unter Abänderung des Bescheides vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 - auch insoweit anzupassen.
II. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet.
1. Materiell ist der Bescheid vom 22. November 2011 zwar rechtswidrig, soweit dort eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit vom 1. September 2010 bis 28. Februar 2011 festgestellt wurde, weil der Beigeladene zu 1 ausweislich § 7 Abs. 1 des Anstellungsvertrages für Gesellschafter-Geschäftsführer vom 10. März 2011 in dieser Zeit unentgeltlich tätig war. Denn die Versicherungspflicht setzt ebenso wie der Versicherungsschutz in den einzelnen Versicherungszweigen regelmäßig die Entgeltlichkeit der Beschäftigung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R - juris Rn. 20, und Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7 Rn. 17, 35 und 46).
Gleichwohl war die Beklagte mangels Rechtsgrundlage (auch insoweit) nicht unter Aufhebung des Bescheides vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 22. November 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2010 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Insoweit steht die Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2011 entgegen.
a) Nach dem Sondertatbestand des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X (zur Systematik siehe Baumeister in jurisPK-SGB X, 2. Auflage, § 44 Rn. 63, 92, und Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Juli 2020, § 48 Rn. 4) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Bestimmung kann in einem Statusfeststellungsverfahren keine Anwendung finden, weil in diesem Zusammenhang weder Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht noch Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (siehe nur Merten in Hauck/Noftz SGB X, Stand April 2018, § 44 Rn. 45, 47 m.w.N., und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2019 – L 10 BA 1824/18 – juris Rn. 26; a.A. – soweit ersichtlich – nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Oktober 2017 – L 8 R 288/17 – juris Rn. 133, unter Hinweis auf Pietrek in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7a Rn. 160, der allerdings nur die Möglichkeit eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X erwähnt, ohne nach den einzelnen Regelungen in § 44 SGB X zu differenzieren). Ein nur mittelbarer Bezug zur Erhebung von Beiträgen genügt insoweit nicht (ebenso Hessisches LSG, Urteil vom 15. März 2010 – L 1 KR 47/08 – juris Rn. 33).
b) Es kann daher nur auf die Grundregelung des § 44 Abs. 2 SGB X zurückgegriffen werden. Insoweit ist die Definition der Rechtswidrigkeit in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X (unrichtige Rechtsanwendung bei Erlass des Bescheides, Ausgehen von einem Sachverhalt, der sich als unrichtig erweist) grundsätzlich auch hier maßgeblich (Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Juli 2020, § 48 Rn. 4 spricht insoweit von einer "Quasi-Legaldefinition").
Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt im Übrigen, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen.
Diese Vorschrift ist in Anbetracht ihrer Rechtsfolge nicht einschlägig, weil die Klägerin eine Rücknahme für die Vergangenheit anstrebt. Eine solche ist nur nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X möglich. Danach kann ein derartiger Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Rücknahme für die Vergangenheit ist bei einem feststellenden Bescheid wie dem vorliegenden aber ausgeschlossen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass die Beurteilung von Versicherungsverhältnissen rückwirkend grundsätzlich nicht geändert werden soll (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1999 – B 12 KR 12/99 – juris Rn. 24, und Hessisches LSG, Urteil vom 15. März 2010 – L 1 KR 47/08 – juris Rn. 34). So hat das BSG in ständiger Rechtsprechung die rückwirkende Begründung einer Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner abgelehnt, wenn die Aufhebung einer die Mitgliedschaft ablehnenden bindenden Entscheidung streitig war. Nichts anderes kann für den umgekehrten Fall der Begründung einer Versicherungspflicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung gelten. Die Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2011 steht der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X daher ausnahmsweise entgegen (§ 77 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
c) Die Durchbrechung der Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2011 kommt auch nicht nach anderen Vorschriften in Betracht.
aa) Die Anwendung des § 45 SGB X scheitert bereits an dem Umstand, dass es sich bei dem Bescheid der Beklagten vom 22. November 2011 für die Klägerin nicht um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt handelt. Denn der Bescheid ist für sie (mittelbar) mit der späteren Pflicht zur Zahlung von Beiträgen verbunden.
bb) § 48 SGB X setzt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse voraus, die beim Erlass eines Bescheides mit Dauerwirkung vorgelegen haben, Daran fehlte es – wohl selbst nach dem Vortrag der Klägerseite – jedenfalls bis zum 31. Januar 2012, weil der geänderte Geschäftsführerdienstvertrag erst am 1. Februar 2012 in Kraft trat (dazu im Einzelnen unter 2).
2. Ebenso wenig war der Bescheid vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 im Übrigen aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Als Rechtsgrundlage für den Erlass des Bescheides der Beklagten vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 kommt nur § 48 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 1 SGB X in Betracht (siehe hierzu schon oben I).
Der Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012 führte hinsichtlich der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 nicht zu einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse.
Rechtsgrundlage der Entscheidungen der Beklagten ist § 7a SGB IV. Danach entscheidet die Beklagte auf Antrag, ob eine Tätigkeit versicherungspflichtig in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird oder als selbstständige Tätigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2 der Vorschrift). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (siehe nur BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 16 f.), welcher der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist regelmäßig eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Bei dieser Abwägung kommt dem Kriterium der Rechtsmacht eine besondere Bedeutung zu. Insoweit hat das BSG ausgeführt (BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 14):
"Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist."
Diese Maßstäbe sind auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 anzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 18. März 2018 – B 12 R 5/16 R – juris Rn. 13, und BSG, Urteil vom 18. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 18). Dabei erachtet das BSG die Rechtsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit ausnahmsweise für ausreichend, wenn er exakt 50 % der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 21, BSG, Urteil vom 14. März 2018 B 12 R 5/16 R – juris Rn. 16). Eine solche Sperrminorität kann allerdings nicht durch außerhalb des Gesellschaftsvertrages liegende Umstände begründet werden. Denn außerhalb des Gesellschaftsvertrages bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden und Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH können die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung verschieben (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 22, BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 R 5/16 R – juris Rn. 17). Andernfalls fehlte es an der erforderlichen Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände.
Der Beigeladene zu 1 war auch nach Änderung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zum 1. Februar 2012 als Gesellschaftergeschäftsführer bei der Klägerin abhängig beschäftigt.
Auch nach der Neufassung des Geschäftsführerdienstvertrages hatte der Beigeladene zu 1 die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu führen (§ 1 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012). Außerdem unterlag er bei der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft den Einschränkungen durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012). Schließlich war eine Haftung des Beigeladenen zu 1 gegenüber der Gesellschaft ausgeschlossen, sofern und soweit er auf ausdrückliche Weisung der Gesellschaft tätig geworden ist (§ 5 Abs. 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012; vgl. insoweit schon die Regelungen in § 4 Abs. 2 und § 11 Abs. 4 Buchstabe d des Anstellungsvertrages für Gesellschafter-Geschäftsführer vom 10. März 2011). Da § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. August 2010 nach wie vor grundsätzlich die einfache Mehrheit zur Fassung von Gesellschafterbeschlüssen vorsah, konnte der Beigeladene zu 1 auch mit seinem zwischenzeitlich (ab 16. August 2011) auf 20 % gestiegenen Anteil am Stammkapital der Klägerin keinen maßgeblichen Einfluss auf deren Geschicke ausüben. Vielmehr unterlag er den Weisungen der Gesellschafterversammlung.
Die ihm in § 3 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012 eingeräumten Freiheiten im Hinblick auf seine Arbeitszeit ändern daran nichts. Darin kommt lediglich die – bei Diensten höherer Art übliche – funktionsgerecht dienende Teilhabe des Beigeladenen zu 1 am Arbeitsprozess der Klägerin zum Ausdruck.
Die Gehaltserhöhung ab 1. Juni 2012 auf 5.000,00 EUR monatlich lässt ebenfalls keinen Schluss auf eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 zu. Denn im Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012 war in § 6 Satz 1 nach wie vor eine arbeitnehmertypische Vereinbarung über eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall enthalten.
3. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin vorgetragenen Argumente nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der erkennende Senat folgt, ohnehin nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 1. März 2011 bis 13. August 2014 rechtfertigen würden.
a) Die Argumentation, dem Beigeladenen zu 1 seien durch die Klägerin tatsächlich keine Weisungen erteilt worden, berücksichtigt nicht, dass der Beigeladene zu 1 im Konfliktfall oder im Fall eines Zerwürfnisses stets die Weisungen der Mehrheit der Gesellschafter hätte befolgen müssen. Dies galt unabhängig von der Frage, ob es im Rahmen der Geschäftsführung Zustimmungsvorbehalte gab.
Nur diese Betrachtungsweise wird auch derjenigen der Gesellschafter selbst gerecht. Denn diese hatten im Gesellschafterbeschluss vom 10. März 2011 selbst angenommen, die Geschäftsführer – und damit auch der Beigeladene zu 1 – seien keine beherrschenden Gesellschafter im Sinne des Steuerrechts. Eine beherrschende Stellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH liegt aus steuerrechtlicher Sicht regelmäßig dann vor, wenn der Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann (so zum Beispiel Uckermann in Uckermann/Fuhrmanns/Ostermayer/Doetsch, Das Recht der betrieblichen Altersvorsorge, 2014, Kapitel 20 Rn. 3; siehe auch Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. April 2020 – VI R 44/17 – juris Rn. 27). Ein vergleichbarer Maßstab hat aber auch im Bereich des Sozialversicherungsrechts zu gelten, weil dem Gesellschafter-Geschäftsführer andernfalls eine maßgebliche Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft nicht möglich ist. Eine Einflussnahme in diesem Sinne setzt nach der Rechtsprechung des BSG mindestens einen Anteil am Stammkapital von 50 % oder eine umfassende Sperrminorität voraus. Über beides verfügte der Beigeladene zu 1 zu keinem Zeitpunkt.
b) Die schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung zwischen einem Teil der Gesellschafter ab Mitte 2011 ist für die Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Bedeutung. Im Gesellschaftsvertrag vom 31. August 2010 ist in § 6 Abs. 1 lediglich geregelt, dass zum Abschluss von Stimmrechtsbindungsverträgen die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist. Daraus folgt aber noch keine gesellschaftsvertraglich konkretisierte inhaltliche Stimmbindungsvereinbarung. Nur eine solche würde aber dem Kriterium der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände gerecht. Soweit sich die Klägerin auf die frühere Rechtsprechung des 1. Senats des Sächsischen LSG bezogen hat (Urteil vom 4. März 2014 – L 1 KR 9/11 – juris Rn. 44 f., und Beschluss vom 9. Februar 2015 – L 1 KR 103/15 B ER – amtlicher Umdruck S. 16 bis 18), ist darauf hinzuweisen, dass der 1. Senat des Sächsischen LSG diese Rechtsprechung inzwischen ausdrücklich aufgegeben hat (siehe hierzu Sächsisches LSG, Beschluss vom 1. Februar 2018 – L 1 KR 468/17 B ER – amtlicher Umdruck S. 15) und nunmehr der Rechtsprechung des BSG folgt. Auch der erkennende Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG.
c) Die Gewährung einer Tantieme als solche genügt vor diesem Hintergrund nicht, um die Annahme einer abhängigen Beschäftigung auszuschließen, zumal die Gewährung von Tantiemen an Arbeitnehmer nicht außergewöhnlich ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 28).
d) Die Gewährung von Darlehen begründet nur ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, nicht aber unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 – juris Rn. 33). Nichts anderes kann für die Stundung der Vergütung gelten.
e) Die Argumentation der Klägerin, der Beigeladene zu 1 sei "Kopf und Seele" der Gesellschaft gewesen, verfängt ebenfalls nicht. Denn das BSG hat seine "Kopf und Seele"-Rechtsprechung inzwischen aufgegeben (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 29). Im Übrigen verfügen auch leitende Angestellte regelmäßig über die jeweils erforderlichen Branchenkenntnisse.
f) Ein Vertrauensschutz wurde durch die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung des BSG nicht begründet (so ausdrücklich BSG, Urteile vom 19. September 2019 – B 12 KR 21/19 R – juris Rn. 21 ff., B 12 R 7/19 R – juris Rn. 19 ff. und B 12 R 25/18 R – juris Rn. 19 ff.).
4. Abschließend ist zu bemerken, dass der Status des Beigeladenen zu 1 als (jedenfalls ursprünglich) ordentlich Studierender kein anderes Ergebnis im Hinblick auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zulässt.
Denn bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 55 Stunden (später sogar 65 Stunden) für die Klägerin wurde der Kläger nicht durch die Einschreibung als Student versicherungspflichtig (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V in der bis 14. Dezember 2018 geltenden Fassung), sondern durch seine für die Klägerin entfaltete Tätigkeit. Insofern ist auf den deutlich größeren zeitlichen Umfang der Tätigkeit für die Klägerin abzustellen (BSG, Urteil vom 11. November 2003 – B 12 KR 5/03 R – juris Rn. 15, und Felix in jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 6 Rn. 46). Er war daher nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V (in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) versicherungsfrei.
Aus denselben Gründen war er auch nicht gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III versicherungsfrei (Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage, § 27 Rn. 37).
5. Soweit die Klägerin die Einrede der Verjährung im Hinblick auf etwaige Beitragserhebungen erklärt hat, ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend ausschließlich Fragen der Statusfeststellung betroffen sind.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
IV. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG; vgl. insoweit auch Meyer-Ladewig u.a., SGG, Kommentar, § 136 Rn. 5a und § 160 Rn. 24a).
V. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 sowie § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Insoweit war zu berücksichtigen, dass auch verbundene Verfahren prozessrechtlich selbstständig bleiben. Da die bisherigen Prozesshandlungen wirksam bleiben, wirkt sich dies auch in kostenrechtlicher Hinsicht aus (siehe hierzu Haupt/Wehrhahn in Ficht/Jüttner, SGG, 3. Auflage § 113 Rn. 8).
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, der Beigeladene zu 1 sei in der Zeit vom 1. September 2010 bis 13. August 2014 (zum Endzeitpunkt siehe Handelsregisterauszug HRB. vom 5. November 2020) als selbstständiger Gesellschafter-Geschäftsführer für sie tätig gewesen und habe nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen.
Die Klägerin ist eine am 31. August 2010 von dem Beigeladenen zu 1, Y ..., X ..., W ..., V ... und U ... gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand "die Planung von Werbekampagnen, insbesondere die Platzierung der Werbung in Print- und Onlinemedien, Beratungsdienstleistungen für Unternehmen, die Vermarktung von Werbeflächen sowie alle damit zusammenhängenden Geschäfte" ist (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. August 2010). Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 27.000,00 EUR, wovon jeder Gesellschafter einen Anteil von 4.500,00 EUR hielt (§ 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. August 2010, Liste der Gesellschafter und der übernommenen Geschäftsanteile vom 31. August 2010). Zu Geschäftsführern wurden der Beigeladene zu 1 und U ... bestellt (II des Gründungsvertrages). Sie durften die Gesellschaft stets allein vertreten und waren von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Die Klägerin wurde am 22. September 2010 ins Handelsregister B des Amtsgerichts A ... – Registergericht – eingetragen (Handelsregisterauszug HRB. vom 5. November 2020).
Im Gesellschaftsvertrag vom 31. August 2010 war ferner unter anderem ausgeführt:
"§ 6 Veräußerung von Geschäftsanteilen 1) Zur Veräußerung oder Belastung von Geschäftsanteilen oder von Teilen von Geschäftsanteilen und zum Abschluss von Stimmrechtsbindungsverträgen ist die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich. Dies gilt auch für schuldrechtliche Vereinbarungen oder einseitige Verpflichtungen, die einer Abtretung wirtschaftlich gleichkommen, wie insbesondere Treuhandverträge sowie die Einräumung von Unterbeteiligungen. Die Zustimmung kann insbesondere davon abhängig gemacht werden, dass die Erwerber die weiteren Vereinbarungen, die zwischen den Gesellschaftern bestehen, gegen sich gelten lassen ... § 10 Gesellschafterversammlung 1) Beschlüsse der Gesellschaft werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht gesetzlich oder im Gesellschaftsvertrag andere Mehrheiten vorgeschrieben sind ... § 11 Einziehung von Geschäftsanteilen ... 2) Die Einziehung erfolgt durch Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der betroffene Gesellschafter hat dabei kein Stimmrecht ..."
Am 10. März 2011 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1 einen "Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer". Dort war unter anderem ausgeführt:
"§ 1 Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis
1) Herr C ... wird mit Wirkung vom 1. September 2010 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt und ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich allein zu vertreten ... § 2 Zustimmungspflichtige Geschäfte
1) Die Befugnis des Geschäftsführers umfasst die Vornahme aller Maßnahmen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb der Gesellschaft mit sich bringt.
2) Für darüber hinaus gehende Maßnahmen bedarf der Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung nur in den in der Satzung geregelten Fällen.
§ 3 Pflichten und Verantwortlichkeit
1) Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu führen und die ihm durch Gesetz, Satzung und diesen Vertrag obliegenden Pflichten genau und gewissenhaft zu erfüllen ... § 4 Haftung des Geschäftsführers ... 2) Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft nicht, sofern und soweit er auf ausdrückliche Weisung der Gesellschafter tätig geworden ist.
§ 5 Arbeitszeit
1) Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft und alle Fähigkeiten und Kenntnisse in den Dienst der Gesellschaft zu stellen.
2) An eine bestimmte Arbeitszeit ist der Geschäftsführer nicht gebunden. Er ist jedoch gehalten, jederzeit, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen ... § 7 Vergütung
1) Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit ein festes, jeweils am Monatsende zu zahlendes Gehalt in Höhe von 3.500,00 Euro brutto, erstmals zahlbar für März 2011.
2) Darüber hinaus erhält der Geschäftsführer eine Tantieme, ... § 8 Vergütung bei Dienstverhinderung und Tod
1) Im Falle der Erkrankung oder sonstiger unverschuldeter Dienstverhinderung hat der Geschäftsführer für die Dauer von 6 Wochen Anspruch auf Fortzahlung seiner vertragsmäßigen Bezüge ... § 10 Jahresurlaub
1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf 30 Arbeitstage bezahlten Urlaub (Samstag ist kein Arbeitstag) ... § 11 Vertragsdauer und Kündigung
1) Dieser Vertrag tritt mit Wirkung vom 1. September 2010 in Kraft ... 3) Das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
4) Ein wichtiger Grund liegt für die Gesellschaft insbesondere vor, wenn ... c) der Geschäftsführer Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 2 vornimmt ohne die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht oder der Geschäftsführer trotz Abmahnung wiederholt solche Verstöße begeht;
d) der Geschäftsführer schwere Verstöße gegen besondere Anweisungen der Gesellschafterversammlung begeht, es sei denn, dass diese ein gesetzwidriges Verhalten des Geschäftsführers fordern; ..."
Durch Gesellschafterbeschluss vom 10. März 2011 wurden folgende Entscheidungen einstimmig gefasst:
"1. Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer C ...
2. Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer U ...
3. Den Geschäftsführern wird der Anspruch auf Tantieme für das Geschäftsjahr 2011 als zusätzliche Motivation in der Gründungsphase ungequotelt zugebilligt, da es sich bei ihnen um keine beherrschenden Gesellschafter im Sinne des Steuerrechts handelt."
Der Beigeladene zu 1 stellte bei der Beigeladenen zu 4 im März 2011 einen Antrag auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht als selbstständig Tätiger in Bezug auf seine Tätigkeit für die Klägerin mit einer tatsächlichen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 55 Stunden. Die Beigeladene zu 4 sah darin einen gleichzeitigen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) und bat die Beklagte mit Schreiben vom 30. März 2011 um Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Wegen der aus ihrer Sicht bestehenden Vorgreiflichkeit dieses Verfahrens sah sie selbst von der Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung einer Beschäftigung ab.
Am 26. April 2011 stellte der Beigeladene zu 1 bei der Beklagten einen förmlichen "Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status" in Bezug auf seine bei der Klägerin ab "31.08.2010" ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer. Dabei gab er unter anderem an, sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung werde die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Jahre 2011 (49.500,00 EUR) voraussichtlich nicht übersteigen. Auch in den drei letzten Kalenderjahren hätten seine regelmäßigen Jahresarbeitsentgelte aus abhängiger Beschäftigung die jeweilige Arbeitsentgeltgrenze nicht durchgängig überschritten. Er sei als ordentlich Studierender an einer Hochschule oder einer Fachschule im neunten Fachsemester immatrikuliert.
Mit Schreiben vom 5. August 2011 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1 zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status als Gesellschafter-Geschäftsführer seit dem 1. September 2010 an. Es sei beabsichtigt, Bescheide über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen. Weiterhin sei beabsichtigt, bezüglich dieser Beschäftigung Versicherungspflicht in der Pflege- und Rentenversicherung festzustellen, weil sich aus den vorliegenden Unterlagen keine Tatbestände ergäben, die die Versicherungspflicht ausschlössen oder Versicherungsfreiheit begründeten beziehungsweise weil keine Befreiung von der Versicherungspflicht bestehe. In der Krankenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe in der ausgeübten Beschäftigung jeweils Versicherungsfreiheit, weil der Beigeladene zu 1 ordentlich Studierender einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule sei (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Der Beigeladene zu 1 sei als Gesellschafter-Geschäftsführer an der Klägerin beteiligt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH vor, wenn die Gesellschafter-Geschäftsführer funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhätten, für ihre Beschäftigung ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhielten und keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft ihrer Anteile am Stammkapital geltend machen könnten. Maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft hätten Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann, wenn sie für Beschlüsse der Gesellschafter über eine Stimmenmehrheit oder über eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Sperrminorität verfügten. Vorliegend bestehe ein gesonderter Arbeitsvertrag, welcher die Mitarbeit in der Gesellschaft regele und arbeitsvertraglich typische Regelungen zum Urlaubsanspruch, über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts und zur Kündigung enthalte. Für die Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1 eine Vergütung von 3.500,00 EUR monatlich und damit ein für die Tätigkeit übliches Arbeitsentgelt. Auf Grund seines Anteils am Stammkapital von 16,67 % könne er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen, da Beschlüsse der Klägerin mit einfacher Mehrheit gefasst würden und sich das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters nach der Höhe seines Geschäftsanteils richte. Durch den Gesellschaftsvertrag sei dem Beigeladenen zu 1 keine Sperrminorität eingeräumt. Er verfüge auch nicht allein über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse. Er unterliege hinsichtlich der Ausführung der zu erbringenden Leistung den Einschränkungen durch die Gesellschafterversammlung. Schließlich sei er nicht zum alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Für eine selbstständige Tätigkeit sprächen lediglich die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB, die Einzelvertretungsberechtigung und die gewinnabhängige Tantiemenzahlung. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der jeweiligen Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Am 16. August 2011 veräußerte U ... seinen Anteil am Stammkapital der Klägerin von 4.500,00 EUR an die fünf übrigen Gesellschafter; jeder von ihnen erwarb einen zusätzlichen Anteil am Stammkapital von 900,00 EUR. Jeder der fünf übrigen Gesellschafter hielt nunmehr einen Anteil am Stammkapital der Klägerin von 5.400,00 EUR.
Durch Schreiben vom 29. August 2011 machte der Beigeladene zu 1 insbesondere geltend, seit 1. Juli 2011 alleiniger Geschäftsführer der Klägerin zu sein, weil U ... mit Wirkung vom 30. Juni 2011 als Geschäftsführer abberufen worden sei. – Dies war ausweislich Blatt 131 der Verwaltungsakte der Beklagten tatsächlich der Fall. – Darüber hinaus sei er im Hinblick auf Arbeitsort, -zeit und ausübung seiner Tätigkeit völlig frei. Er verfüge nunmehr allein über die zur Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse.
Mit Schreiben vom 7. November 2011 stellte der Beigeladene zu 1 klar, für die Tätigkeit bei der Klägerin täglich mehr Arbeitsstunden aufzuwenden (an den Werktagen jeweils neun Stunden, an den Wochenenden jeweils fünf Stunden täglich) als für die Anfertigung seiner Diplomarbeit (fünf Stunden täglich) im Rahmen seines Studiums. Im Sommersemester 2010 und im Wintersemester 2010/2011 war er beurlaubt.
Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 22. November 2011 stellte die Beklagte – insoweit im Wesentlichen unter Beibehaltung ihrer bisherigen Argumentation – fest, der Beigeladene zu 1 übe seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin seit 1. September 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Die vom Beigeladenen zu 1 in seinem Schreiben vom 29. August 2011 aufgeführten Gründe führten nicht zu einer anderen Entscheidung. In Abweichung zu der im Rahmen der Anhörung geäußerten Einschätzung stellte die Beklagte nunmehr fest, es bestehe ab 1. September 2010 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Eine Erläuterung der neuen Sichtweise erfolgte nicht. Da der Antrag auf Statusfeststellung für die am 1. September 2010 aufgenommene Beschäftigung am 23. März 2011 gestellt worden sei, lägen die Voraussetzungen des § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nicht vor.
Ein inhaltlich identischer Bescheid vom 22. November 2011 erging auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1.
Am 1. Februar 2012 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1 einen "Geschäftsführerdienstvertrag", der den bisherigen "Anstellungsvertrag für Gesellschafter-Geschäftsführer" vom 10. März 2011 ersetzte (§ 9 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012). Im Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012 hieß es unter anderem:
"§ 1 Aufgaben und Pflichten
Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft und hat die verantwortliche Leitung und Überwachung des gesamten Geschäftsbetriebs nach Maßgabe des Gesetzes, des Gesellschaftsvertrages, einer etwaigen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ... § 2 Geschäftsführung und Vertretung
Der Geschäftsführer ist befugt, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft allein zu führen. Einschränkungen ergeben sich nur durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung der Geschäftsführung und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.
Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
§ 3 Arbeitszeit
Der Geschäftsführer ist an eine bestimmte Arbeitszeit nicht gebunden. Die Arbeitszeit richtet sich vielmehr nach den betrieblichen Erfordernissen und ist vom Geschäftsführer frei und eigenverantwortlich zu gestalten.
§ 4 Vergütung
Der Geschäftsführer erhält ein Monatsgehalt in Höhe von 3.500,00 EUR brutto, das jeweils zum Ende eines Monats zu zahlen ist.
(Abs. 2 Satz 1) Ferner erhält der Geschäftsführer für seine Tätigkeit eine Tantieme ... § 5 Haftung des Geschäftsführers ... (Abs. 2) Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft nicht, sofern und soweit er auf ausdrückliche Weisung der Gesellschafter tätig geworden ist.
§ 6 Vergütungsfortzahlung
(Satz 1) Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung bleibt der Anspruch auf die feste Vergütung für die Dauer von drei Monaten bestehen ... § 9 Vertragsdauer
Dieser Vertrag ist auf unbestimmte Dauer abgeschlossen.
Vertragsbeginn ist der 1. Februar 2012.
Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Tätigkeit des Geschäftsführers. Dieser Vertrag ersetzt alle bisherigen arbeits- oder dienstvertraglichen Vereinbarungen ersatzlos.
§ 10 Kündigung ... (Abs. 4) Die Abberufung des Geschäftsführers gilt gleichzeitig als Kündigung dieses Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt ...".
I. Am 27. Februar 2012 stellte – jedenfalls auch – die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Überprüfung des ihr gegenüber ergangenen Bescheides vom 22. November 2011. Zum einen halte der Beigeladene zu 1 seit 16. August 2011 einen Anteil am Stammkapital der Klägerin von 20 %, zum anderen sei er insbesondere deren "Kopf und Seele". Er allein verfüge über die für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Kenntnisse und Kontakte. Demzufolge träfen die Gesellschafter Entscheidungen ausschließlich nach den Empfehlungen des Beigeladenen zu 1.
Mit gegenüber der Klägerin erlassenem Bescheid vom 8. März 2012 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag der Klägerin mit der Begründung ab, im Bescheid vom 22. November 2011 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Besondere Kenntnisse stünden der Beurteilung als abhängige Beschäftigung nicht entgegen. Der Beigeladene zu 1 sei nach wie vor Minderheitsgesellschafter.
Ein inhaltlich gleich lautender Bescheid vom 8. März 2012 erging auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1.
Gegen den ihr gegenüber erlassenen Bescheid vom 8. März 2012 legte die Klägerin bei der Beklagten am 15. März 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, bei der Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer (abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit) dürfe nicht nur sein Anteil am Stammkapital Berücksichtigung finden, vielmehr sei maßgeblich, dass er ausweislich des Anstellungsvertrages und des Gesellschaftsvertrages keinerlei Beschränkungen unterlegen habe; denn im Gesellschaftsvertrag seien keine zustimmungspflichtigen Geschäfte genannt worden, so dass § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages ins Leere laufe (Schreiben vom 5. April 2012).
Durch "Änderungsvereinbarung zum Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012" vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 unter dem 28. Mai 2012 mit Wirkung vom 1. Juni 2012 die Erhöhung des Monatsgehalts auf 5.000,00 EUR brutto. Dem lag ein entsprechender Gesellschafterbeschluss vom 28. Mai 2012 zu Grunde.
Mit an die Klägerin gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 20. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 8. März 2012 zurück. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer nur eingeschränkten Sperrminorität, die sich nicht auf sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft beziehe, habe keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Er sei nicht dazu in der Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheit in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art seiner Geschäftsführertätigkeit zur Wehr zu setzen. Somit sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Der Bescheid vom 22. November 2011 entspreche demnach der Sach- und Rechtslage.
Gegenüber dem Beigeladenen zu 1 erging kein entsprechender Bescheid.
Gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2012 hat die Klägerin unter dem Aktenzeichen S 47 KR 717/12 am 17. September 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Dresden erhoben.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 28. November 2012 haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1 die Stundung seiner Gehaltsansprüche für die Monate von Dezember 2012 bis März 2013 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2013 vereinbart.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 1. November 2013 ist der Gehaltsanspruch des Beigeladenen zu 1 ab November 2013 von 5.000,00 EUR auf 4.000,00 EUR reduziert worden.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 9. Januar 2013 ist Danny Roller "mit sofortiger Wirkung" zum neuen weiteren Geschäftsführer bestellt worden. Eine entsprechende Eintragung im Handelsregister ist am 28. Januar 2013 erfolgt (Handelsregisterauszug HRB 29316 vom 5. November 2020). Nach dessen Einarbeitung durch den Beigeladenen zu 1 ist dieser selbst als Geschäftsführer ausgeschieden; dies ist im Handelsregister am 13. August 2014 eingetragen worden (Handelsregisterauszug HRB. vom 5. November 2020).
Mit Gesellschafterbeschluss vom 12. November 2013 haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1 die Stundung seiner Gehaltsansprüche für die Monate von November 2013 bis Mai 2014 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014 vereinbart.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis als Gesellschafter-Geschäftsführer habe nicht vorgelegen. Der Beigeladene zu 1 sei der einzige Gesellschafter, der über die für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendigen Kontakte verfüge. Bis Februar 2011 sei der Beigeladene zu 1 für die Klägerin unentgeltlich tätig gewesen. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin habe keine zustimmungspflichtigen Geschäfte für den Geschäftsführer vorgesehen. Tatsächlich habe der Beigeladene zu 1 weisungsunabhängig und selbstständig über die Geschicke der Klägerin entschieden. Dass die übrigen Gesellschafter dem Beigeladenen zu 1 Weisungen hätten erteilen können, sei unbeachtlich, weil dies tatsächlich nicht erfolgt sei. Der Anspruch des Beigeladenen zu 1 auf eine Tantieme zeige sein Unternehmerrisiko. Darüber hinaus sei der Beigeladene zu 1 "Kopf und Seele" der Klägerin. Er allein sei für die operativen Entscheidungen zuständig und verantwortlich gewesen. Trotz seiner Beteiligung am Stammkapital der Klägerin von weniger als 50 % habe er einen maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin ausgeübt. Er allein habe auch Mitarbeiter eingestellt oder entlassen, ohne dass es insoweit Beschlüsse der Gesellschafter hierzu gegeben hätte. Ferner müsse berücksichtigt werden, dass der Beigeladene zu 1 seine Vergütung gestundet habe.
Die Beklagte hat an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten. Es könne nur derjenige maßgebend Einfluss auf die Geschicke einer GmbH nehmen, der über mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital oder die zum Erreichen einer Sperrminorität benötigten Kapitalanteile verfüge. Denn die Stimmrechte zur Beschlussfassung richteten sich nach der kapitalmäßigen Beteiligung. Der Beigeladene zu 1 habe aber zunächst lediglich Anteile von 16,67 % und zuletzt Anteile von 20 % des Stammkapitals gehalten. Nach § 10 der Satzung sei zur Beschlussfassung der Gesellschafter jedoch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Der Beigeladene zu 1 habe somit nach den Regelungen in der Satzung nicht über die Rechtsmacht verfügt, wesentliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung herbeizuführen oder zu verhindern. Vielmehr habe er als Geschäftsführer nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfen und damit der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterlegen. Er habe sich damit nicht von einem leitenden Angestellten anderer Unternehmen unterschieden. In Anbetracht der bindenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages und des Anstellungsvertrages komme es daher nicht darauf an, ob der Beigeladene zu 1 in seiner Funktion als Geschäftsführer "Kopf und Seele" des Betriebes und allein fachkundig sei. Im Übrigen sei die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung des BSG inzwischen aufgegeben worden (Hinweis auf die Urteile des BSG vom 29. Juli 2015 mit den Aktenzeichen B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R). Die Gewinnbeteiligung in Form einer Tantieme sei nicht mit einem Wagniskapital gleichzusetzen, sondern Ausdruck eines - auch bei Arbeitnehmern verbreiteten - leistungsorientierten Vergütungsbestandteiles (Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R). Aus einer Darlehensgewährung könne kein unternehmerisches Risiko hergeleitet werden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R).
II. Am 8. November 2012 stellten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Klägerin ab dem Zeitpunkt der "Gründung der Gesellschaft am 31.08.2010". Dabei gab der Beigeladene zu 1 unter anderem an, sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Tätigkeit werde die Jahresarbeitsentgeltgrenze von 50.850,00 EUR im Jahre 2012 voraussichtlich überschreiten. In den Jahren 2010 und 2011 sei sie jeweils nicht überschritten worden. Er unterliege keiner Kontrolle durch die Klägerin hinsichtlich der Auftragsausführung, Einschränkungen und Vorgaben bestünden insoweit nicht. Ebenso wenig sei er an Vorgaben bezüglich seiner Arbeits- und Anwesenheitszeiten gebunden. Entsprechendes gelte für seinen Tätigkeitsort. Er könne nicht durch vertragliche Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern. Seine tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage mindestens 65 Stunden. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1 beantragten festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliegt.
Durch Bescheid vom 13. November 2012 teilte die Beklagte dem Beigeladenen zu 1 mit, dem erneuten Antrag vom 8. November 2012 könne nicht entsprochen werden. Die Beklagte habe über den sozialversicherungsrechtlichen Status in der zu beurteilenden Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bereits mit Bescheid vom 22. November 2011 und Überprüfungsbescheid vom 8. März 2012 entschieden. Ein abermaliges Statusfeststellungsverfahren sei von der Beklagten nicht durchzuführen.
Gegenüber der Klägerin erging ein inhaltlich identischer Bescheid vom 13. November 2012.
Gegen die Bescheide vom 13. November 2012 legten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 Widerspruch ein (Schreiben vom 17. Dezember 2012). Zur Begründung führten sie aus, der Geschäftsführeranstellungsvertrag sei geändert worden, weshalb eine erneute Beurteilung des Status des Beigeladenen zu 1 erforderlich sei (Schreiben vom 25. Januar 2013).
Mit an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1 gerichteten Bescheiden vom 12. Februar 2013 half die Beklagte den Widersprüchen gegen die beiden Bescheide vom 13. November 2012 ab und nahm "die Durchführung eines Überprüfungsverfahrens zum Bescheid vom 22.11.2011 anlässlich Ihres Antrages vom 08.11.2012 wieder" auf.
Durch Bescheid vom 22. Februar 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dem "Antrag vom 08.11.2012 auf Rücknahme des Bescheides vom 22.11.2011" könne nicht entsprochen werden. Auch unter Berücksichtigung des am 1. Februar 2012 abgeschlossenen Geschäftsführerdienstvertrages und der Änderungsvereinbarung hierzu vom 28. Mai 2012 komme unter Zugrundelegung von § 44 SGB X keine abweichende Entscheidung in Betracht. Denn daraus ergebe sich keine andere rechtliche Würdigung der tätigkeitsrelevanten Merkmale. Hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Ausführung der Tätigkeit sei dem Beigeladenen zu 1 weit gehende Gestaltungsfreiheit belassen. Trotzdem bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sie sich in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich - wie bei Diensten höherer Art üblich - zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Allein aus der weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne jedoch nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Denn der Beigeladene zu 1 habe nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfen und habe daher der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterlegen. Dies gelte auch dann, wenn die Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch gemacht hätten. In Anbetracht der Zahlung fester Bezüge habe der Beigeladene zu 1 kein Unternehmerrisiko getragen, weil ein solches voraussetze, dass der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts verbunden sei. Die zusätzlich gewährte Gewinnbeteiligung in Form von Tantiemen führe zu keiner anderen Beurteilung, da diese einem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck eines - auch bei Arbeitnehmern verbreiteten - leistungsorientierten Vergütungsbestandteiles seien.
Der Beigeladene zu 1 erhielt einen inhaltlich identischen Bescheid vom 22. Februar 2013.
Hiergegen legten die Klägerin und der Beigeladene zu 1 Widerspruch ein.
Ein von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 vorgeschlagenes Ruhen des Widerspruchsverfahrens (Schreiben vom 23. Januar 2013) lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die "Einbeziehung der geänderten Verhältnisse in das bereits laufende Verfahren beim Sozialgericht Dresden für die Zeit ab 16.08.2011 sei nicht möglich". Das bereits anhängige Verfahren beim SG (S 47 KR 717/12) sei auf den Zeitpunkt der erneuten Änderung der Verhältnisse zu begrenzen.
Daraufhin begründete die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 die erhobenen Widersprüche (Schreiben vom 23. Januar 2013). Der Beigeladene zu 1 habe maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen können. Insbesondere enthielten weder der Gesellschaftsvertrag noch der Dienstvertrag Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Geschäfte. Der Beigeladene zu 1 habe keine fremdbestimmte Dienstleistung erbracht. Er allein habe über die entscheidenden Branchenkenntnisse verfügt und sei "Kopf und Seele" des Unternehmens. Darüber hinaus bringe der Bezug einer Tantieme ein zusätzliches Unternehmerrisiko zum Ausdruck. Weiterhin müsse beachtet werden, dass der Beigeladene zu 1 seine Vergütung gestundet habe.
Mit an den Beigeladenen zu 1 gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 wies die Beklagte seinen Widerspruch zurück. Dem Begehren auf Feststellung, dass auf Grund einer Änderung in den Verhältnissen ab 1. Februar 2012 in der Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer keine abhängige Beschäftigung mehr ausgeübt wird, könne nicht entsprochen werden. Der Bescheid vom 22. November 2011 werde nicht aufgehoben. Die Voraussetzungen des § 48 SGB X lägen nicht vor. Weder durch den neuen Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1. Februar 2012 noch durch die Änderungsvereinbarung zur Erhöhung der Geschäftsführervergütung vom 28. Mai 2012 sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers könne nicht mehr an Kompetenzen vermitteln als dies der Gesellschaftsvertrag zulasse. Die Beschlüsse der Gesellschafter erfolgten weiterhin mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Beigeladene zu 1 besitze nur 20 % der Anteile am Stammkapital der Gesellschaft und habe dadurch keinen maßgeblichen Einfluss auf deren Geschicke. Daher komme es nicht darauf an, ob er "Kopf und Seele" des Betriebes sei. Für eine Klage gegen diesen Widerspruchsbescheid sei das SG T ... zuständig.
Dagegen hat der Beigeladene zu 1 unter dem Aktenzeichen am 24. Juni 2013 Klage beim SG T ... erhoben.
Gegenüber der Klägerin erging ein im Wesentlichen gleich lautender Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013. Für eine Klage gegen diesen Widerspruchsbescheid sei das Sozialgericht Dresden zuständig.
Dagegen hat die Klägerin unter dem Aktenzeichen S 47 KR 628/13 am 24. Juni 2013 Klage beim SG Dresden erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage hat sie vorgetragen, der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens unterscheide sich allein dadurch von demjenigen des Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 47 KR 717/12, dass sich auf Grund der Änderung des Dienstvertrages des Beigeladenen zu 1 die vertraglichen Grundlagen geändert hätten. Insbesondere sei § 2 des ursprünglichen Geschäftsführerdienstvertrages für überflüssig befunden und gestrichen worden. Durch die Änderungsvereinbarung vom 28. Mai 2012 sei die monatliche Vergütung des Beigeladenen zu 1 von 3.500,00 EUR auf 5.000,00 EUR brutto erhöht worden.
Die Beklagte hat zur Begründung auf den gegenüber der Klägerin ergangenen Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 verwiesen. Weiterhin müsse berücksichtigt werden, dass das BSG seine so genannte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung aufgegeben habe und dass aus einer Darlehensgewährung kein unternehmerisches Risiko hergeleitet werden könne.
Durch Schreiben vom 22. Oktober 2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 beim SG T ... beantragt, das Verfahren mit dem Aktenzeichen ruhend zu stellen. Dem Ruhen hat die Beklagte zugestimmt (Schreiben vom 22. November 2013). Mit Beschluss vom 29. November 2013 hat das SG T ... das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Durch Beschluss vom 10. Juni 2016 hat das SG Dresden das Verfahren S 47 KR 628/13 zu dem nunmehr führenden Verfahren S 47 KR 717/12 verbunden.
Nach umfangreichen weiteren Ermittlungen hat das SG die Klagen durch Urteil vom 10. Juni 2016 abgewiesen. Dabei hat es seiner Entscheidung den Antrag zu Grunde gelegt, "den Bescheid vom 08.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2012 sowie den Bescheid vom 22.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 22.11.2011 aufzuheben sowie festzustellen, dass der Beigeladene ab dem 01.09.2010 nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu der Klägerin steht". Die von der Beklagten im Rahmen des § 7a SGB IV getroffene Feststellung, der Beigeladene zu 1 sei bei der Klägerin vom 1. September 2010 bis zu seinem Ausscheiden als Geschäftsführer im Juli/August 2014 abhängig beschäftigt gewesen und habe der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beigeladene zu 1 sei bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Denn er sei insbesondere bei der Geschäftsführung an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden gewesen. Das ergebe sich auch aus der Neufassung von § 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012 ("Einschränkungen ergeben sich nur durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung der Geschäftsführung und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung."). Der Umstand, dass schon zuvor zustimmungspflichtige Maßnahmen im Gesellschaftsvertrag nicht geregelt worden seien, ändere daran nichts. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1 in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht nur einen Anspruch auf ein festes Monatsgehalt gehabt, sondern außerdem einen Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgelts im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung, ferner einen solchen auf Inanspruchnahme von Urlaub. Die Mehrheit der Gesellschafterversammlung habe gegenüber dem Beigeladenen zu 1 über die Rechtsmacht verfügt, ihm in einem etwaigen Konfliktfall Weisungen zu erteilen. Denn sein Geschäftsanteil habe zunächst bei 16,6 % und nach dem Ausscheiden des Gesellschafters Hoffmann bei 20 % der Anteile am Stammkapital gelegen. Nach § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages hätten Beschlüsse der Gesellschaft jedoch mit einfacher Mehrheit gefasst werden können. Die weit reichenden Entscheidungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1 hätten nicht zu einer selbstständigen Tätigkeit geführt. Vielmehr habe er als Geschäftsführer in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterlegen. An seiner "Kopf und Seele"-Rechtsprechung habe das BSG nicht festgehalten. Denn eine Abhängigkeit der Statuszuordnung von rein faktischem, nicht rechtlich gebundenem und daher jederzeit änderbarem Verhalten der Beteiligten entspreche nicht dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände. Rechtlich hätte es allein die Mehrheit der Gesellschafter in der Hand gehabt, den Unternehmenszweck zu bestimmen oder die Ausrichtung zu verändern. Dem Beigeladenen zu 1 hätte – nach den rechtlichen Möglichkeiten – von der Gesellschaftermehrheit auch gekündigt werden können. Die Gewährung von Tantiemen führe nicht zu einem entscheidenden Unternehmerrisiko. Nach alledem sei der Beigeladene zu 1 in die fremdbestimmte Ordnung des Betriebes der Klägerin eingegliedert gewesen. Deshalb seien beide Klagen abzuweisen gewesen.
Gegen das ihr am 22. Juli 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. August 2016 Berufung eingelegt.
Die Klägerin macht unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags zusätzlich geltend, die Gesellschafterversammlung habe auch bei aufgetretenen Konfliktfällen mit den Mitgesellschaftern ihr Weisungsrecht tatsächlich nicht ausgeübt. Neben der Satzung habe es eine schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung zwischen den Gesellschaftern W ..., Y ... und dem Beigeladenen zu 1 gegeben, jedenfalls seit Mitte des Jahres 2011. Danach hätten die Stimmrechte in der Gesellschaft künftig nur einheitlich ausgeübt werden sollen. Bei dieser Sachlage sei die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als selbstständig anzusehen (Hinweis unter anderem auf Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 4. März 2014 – L 1 KR 9/11). Die Auffassung des BSG, Stimmbindungsvereinbarungen könnten für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht von Bedeutung sein, überzeuge nicht. Zudem habe die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung des BSG ein schutzwürdiges Vertrauen der Rechtsunterworfenen begründet. Die Abkehr von dieser Rechtsprechung habe sich frühestens Ende 2012 angedeutet, ihre ausdrückliche Aufgabe sei erst im Jahre 2015 erfolgt. Die erhobenen Beiträge seien verjährt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Juni 2016 aufzuheben und
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 22. November 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2010 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag,
2. den Bescheid vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Nach der Rechtsprechung des BSG sei allein die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Rechtsmacht entscheidend. Auf die tatsächliche Handhabung oder außerhalb des Gesellschaftsvertrages bestehende Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte komme es nicht an (Hinweis auf BSG, Urteile vom 14. März 2018 mit den Aktenzeichen B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R).
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen, ebenso die Akte zu dem vor dem SG T ... anhängigen Verfahren mit dem Aktenzeichen ...
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da das Einverständnis der Beteiligten hierzu vorliegt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist ganz überwiegend unbegründet (II).
Sie ist lediglich begründet, soweit sie sich auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2013 bezieht (I).
I. Das Urteil des SG vom 10. Juni 2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 waren abzuändern; es war festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2013 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unterlag.
Rechtsgrundlage für den Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 ist ausschließlich § 48 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 1 SGB X. Dass die Beklagte beim Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2013 noch § 44 SGB X benannte und erst im Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 auf § 48 SGB X Bezug nahm, ist unschädlich. Denn dadurch entsteht der Klägerin kein Rechtsnachteil, weil § 44 SGB X für sie zu keinem günstigeren Ergebnis führen kann (siehe dazu noch unter II 1 a bis b).
Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
Bei dem Verwaltungsakt vom 22. November 2011 handelte es sich um einen solchen mit Dauerwirkung.
In den tatsächlichen Verhältnissen trat gegenüber seinem Erlass dadurch eine wesentliche Änderung ein, dass der Beigeladene zu 1 für seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin auf Grund der "Änderungsvereinbarung zum Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012" vom 28. Mai 2012 ab 1. Juni 2012 einen Anspruch auf monatliches Arbeitsentgelt von 5.000,00 EUR brutto hatte. Dadurch war der Beigeladene zu 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungsfrei. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Jahre 2012 betrug nämlich 50.850,00 EUR (4.237,50 EUR monatlich).
Da der Beigeladene zu 1 die Jahresarbeitsentgeltgrenze für das Jahr 2012 in Höhe von 4.237,50 EUR monatlich und prognostisch auch diejenige in Höhe von (52.200,00 EUR: 12 Monate =) 4.350,00 EUR monatlich für das Jahr 2013 (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 2 SGB V) überschritt, war er ab 1. Januar 2013 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei. Denn bei einer Erhöhung des Arbeitsentgelts ist nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf die Höhe der gegenwärtigen Monatsbezüge abzustellen (siehe hierzu Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, § 6 Rn. 35, 45 und insbesondere Rn. 54; vgl. außerdem Felix in jurisPK-SGB V, 3. Auflage, § 6 Rn. 17, 19). § 6 Abs. 4 SGB V regelt dann ausdrücklich den Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Versicherungspflicht, wenn die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird (siehe hierzu und zum Folgenden Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, § 6 Rn. 53). Danach endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird.
Da das monatliche Arbeitsentgelt des Beigeladenen zu 1 ab 1. November 2013 von 5.000,00 EUR auf 4.000,00 EUR reduziert wurde (Gesellschafterbeschluss vom 1. November 2013), war der Beigeladene zu 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr versicherungsfrei. Denn die Versicherungspflicht tritt insoweit bei Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze sofort ein (so Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Januar 2020, § 6 Rn. 62; siehe hierzu und zum Folgenden auch Felix in jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 6 Rn. 36). Dies folgt aus dem Fehlen einer § 6 Abs. 4 SGB V entsprechenden Regelung für den Fall der Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze.
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch gilt für die Pflegeversicherung Entsprechendes.
Die Beklagte musste auf den Antrag der Klägerin vom 8. November 2012 insofern den Zeitpunkt der Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1. Januar 2013 (erste Änderung) berücksichtigen. Der Zeitpunkt der Überschreitung liegt – vom Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 aus gesehen – in der Vergangenheit, so dass § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X zur Anwendung kommt.
Dessen Voraussetzungen liegen vor.
Die erste Änderung erfolgte zu Gunsten der Klägerin, da diese für Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2013 in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu entrichten hatte.
Das Wort "soll" lässt eine Ermessensausübung lediglich in einem atypischen Fall zu. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Einzelfall aufgrund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, welche die Aufhebung des Bescheides für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht (so etwa Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X, Stand Juli 2020, § 48 Rn. 37). In der Regel hat eine Aufhebung mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erfolgen, die Behörde hat also eine gebundene Entscheidung zu treffen (siehe nur BSG, Urteil vom 16. Januar 1986 – 4b RV 25/85- juris Rn. 26; Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2. Auflage, § 48 Rn. 143, und Steinwedel in Kasseler Kommentar, SGB X, Stand Juli 2020, § 48 Rn 36).
Bei der Feststellung einer Versicherungspflicht handelt es sich vorliegend um eine im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens regelhafte Vorgehensweise, die keine Besonderheiten erkennen lässt. Besondere Umstände im Einzelfall, die eine Abweichung vom Regelfall des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Allerdings war der zweiten Änderung durch die erneute Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1. November 2013 im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens Rechnung zu tragen. Dementsprechend war der Bescheid vom 22. November 2011 - unter Abänderung des Bescheides vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 - auch insoweit anzupassen.
II. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet.
1. Materiell ist der Bescheid vom 22. November 2011 zwar rechtswidrig, soweit dort eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit vom 1. September 2010 bis 28. Februar 2011 festgestellt wurde, weil der Beigeladene zu 1 ausweislich § 7 Abs. 1 des Anstellungsvertrages für Gesellschafter-Geschäftsführer vom 10. März 2011 in dieser Zeit unentgeltlich tätig war. Denn die Versicherungspflicht setzt ebenso wie der Versicherungsschutz in den einzelnen Versicherungszweigen regelmäßig die Entgeltlichkeit der Beschäftigung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 R - juris Rn. 20, und Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7 Rn. 17, 35 und 46).
Gleichwohl war die Beklagte mangels Rechtsgrundlage (auch insoweit) nicht unter Aufhebung des Bescheides vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 22. November 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. September 2010 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Insoweit steht die Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2011 entgegen.
a) Nach dem Sondertatbestand des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X (zur Systematik siehe Baumeister in jurisPK-SGB X, 2. Auflage, § 44 Rn. 63, 92, und Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Juli 2020, § 48 Rn. 4) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Bestimmung kann in einem Statusfeststellungsverfahren keine Anwendung finden, weil in diesem Zusammenhang weder Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht noch Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (siehe nur Merten in Hauck/Noftz SGB X, Stand April 2018, § 44 Rn. 45, 47 m.w.N., und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2019 – L 10 BA 1824/18 – juris Rn. 26; a.A. – soweit ersichtlich – nur LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Oktober 2017 – L 8 R 288/17 – juris Rn. 133, unter Hinweis auf Pietrek in jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7a Rn. 160, der allerdings nur die Möglichkeit eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X erwähnt, ohne nach den einzelnen Regelungen in § 44 SGB X zu differenzieren). Ein nur mittelbarer Bezug zur Erhebung von Beiträgen genügt insoweit nicht (ebenso Hessisches LSG, Urteil vom 15. März 2010 – L 1 KR 47/08 – juris Rn. 33).
b) Es kann daher nur auf die Grundregelung des § 44 Abs. 2 SGB X zurückgegriffen werden. Insoweit ist die Definition der Rechtswidrigkeit in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X (unrichtige Rechtsanwendung bei Erlass des Bescheides, Ausgehen von einem Sachverhalt, der sich als unrichtig erweist) grundsätzlich auch hier maßgeblich (Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Juli 2020, § 48 Rn. 4 spricht insoweit von einer "Quasi-Legaldefinition").
Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt im Übrigen, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen.
Diese Vorschrift ist in Anbetracht ihrer Rechtsfolge nicht einschlägig, weil die Klägerin eine Rücknahme für die Vergangenheit anstrebt. Eine solche ist nur nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X möglich. Danach kann ein derartiger Verwaltungsakt auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Rücknahme für die Vergangenheit ist bei einem feststellenden Bescheid wie dem vorliegenden aber ausgeschlossen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass die Beurteilung von Versicherungsverhältnissen rückwirkend grundsätzlich nicht geändert werden soll (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1999 – B 12 KR 12/99 – juris Rn. 24, und Hessisches LSG, Urteil vom 15. März 2010 – L 1 KR 47/08 – juris Rn. 34). So hat das BSG in ständiger Rechtsprechung die rückwirkende Begründung einer Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner abgelehnt, wenn die Aufhebung einer die Mitgliedschaft ablehnenden bindenden Entscheidung streitig war. Nichts anderes kann für den umgekehrten Fall der Begründung einer Versicherungspflicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung gelten. Die Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2011 steht der Anwendbarkeit des § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X daher ausnahmsweise entgegen (§ 77 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
c) Die Durchbrechung der Bestandskraft des Bescheides vom 22. November 2011 kommt auch nicht nach anderen Vorschriften in Betracht.
aa) Die Anwendung des § 45 SGB X scheitert bereits an dem Umstand, dass es sich bei dem Bescheid der Beklagten vom 22. November 2011 für die Klägerin nicht um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt handelt. Denn der Bescheid ist für sie (mittelbar) mit der späteren Pflicht zur Zahlung von Beiträgen verbunden.
bb) § 48 SGB X setzt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse voraus, die beim Erlass eines Bescheides mit Dauerwirkung vorgelegen haben, Daran fehlte es – wohl selbst nach dem Vortrag der Klägerseite – jedenfalls bis zum 31. Januar 2012, weil der geänderte Geschäftsführerdienstvertrag erst am 1. Februar 2012 in Kraft trat (dazu im Einzelnen unter 2).
2. Ebenso wenig war der Bescheid vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 im Übrigen aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Als Rechtsgrundlage für den Erlass des Bescheides der Beklagten vom 22. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 kommt nur § 48 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 1 SGB X in Betracht (siehe hierzu schon oben I).
Der Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012 führte hinsichtlich der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 nicht zu einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse.
Rechtsgrundlage der Entscheidungen der Beklagten ist § 7a SGB IV. Danach entscheidet die Beklagte auf Antrag, ob eine Tätigkeit versicherungspflichtig in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird oder als selbstständige Tätigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2 der Vorschrift). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (siehe nur BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 16 f.), welcher der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist regelmäßig eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Bei dieser Abwägung kommt dem Kriterium der Rechtsmacht eine besondere Bedeutung zu. Insoweit hat das BSG ausgeführt (BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 14):
"Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist."
Diese Maßstäbe sind auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2012 bis 13. August 2014 anzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 18. März 2018 – B 12 R 5/16 R – juris Rn. 13, und BSG, Urteil vom 18. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 18). Dabei erachtet das BSG die Rechtsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit ausnahmsweise für ausreichend, wenn er exakt 50 % der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende, die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 21, BSG, Urteil vom 14. März 2018 B 12 R 5/16 R – juris Rn. 16). Eine solche Sperrminorität kann allerdings nicht durch außerhalb des Gesellschaftsvertrages liegende Umstände begründet werden. Denn außerhalb des Gesellschaftsvertrages bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden und Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH können die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung verschieben (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R – juris Rn. 22, BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 R 5/16 R – juris Rn. 17). Andernfalls fehlte es an der erforderlichen Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände.
Der Beigeladene zu 1 war auch nach Änderung des Geschäftsführeranstellungsvertrages zum 1. Februar 2012 als Gesellschaftergeschäftsführer bei der Klägerin abhängig beschäftigt.
Auch nach der Neufassung des Geschäftsführerdienstvertrages hatte der Beigeladene zu 1 die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu führen (§ 1 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012). Außerdem unterlag er bei der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft den Einschränkungen durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012). Schließlich war eine Haftung des Beigeladenen zu 1 gegenüber der Gesellschaft ausgeschlossen, sofern und soweit er auf ausdrückliche Weisung der Gesellschaft tätig geworden ist (§ 5 Abs. 2 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012; vgl. insoweit schon die Regelungen in § 4 Abs. 2 und § 11 Abs. 4 Buchstabe d des Anstellungsvertrages für Gesellschafter-Geschäftsführer vom 10. März 2011). Da § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 31. August 2010 nach wie vor grundsätzlich die einfache Mehrheit zur Fassung von Gesellschafterbeschlüssen vorsah, konnte der Beigeladene zu 1 auch mit seinem zwischenzeitlich (ab 16. August 2011) auf 20 % gestiegenen Anteil am Stammkapital der Klägerin keinen maßgeblichen Einfluss auf deren Geschicke ausüben. Vielmehr unterlag er den Weisungen der Gesellschafterversammlung.
Die ihm in § 3 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 1. Februar 2012 eingeräumten Freiheiten im Hinblick auf seine Arbeitszeit ändern daran nichts. Darin kommt lediglich die – bei Diensten höherer Art übliche – funktionsgerecht dienende Teilhabe des Beigeladenen zu 1 am Arbeitsprozess der Klägerin zum Ausdruck.
Die Gehaltserhöhung ab 1. Juni 2012 auf 5.000,00 EUR monatlich lässt ebenfalls keinen Schluss auf eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 zu. Denn im Geschäftsführerdienstvertrag vom 1. Februar 2012 war in § 6 Satz 1 nach wie vor eine arbeitnehmertypische Vereinbarung über eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall enthalten.
3. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin vorgetragenen Argumente nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der erkennende Senat folgt, ohnehin nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 1. März 2011 bis 13. August 2014 rechtfertigen würden.
a) Die Argumentation, dem Beigeladenen zu 1 seien durch die Klägerin tatsächlich keine Weisungen erteilt worden, berücksichtigt nicht, dass der Beigeladene zu 1 im Konfliktfall oder im Fall eines Zerwürfnisses stets die Weisungen der Mehrheit der Gesellschafter hätte befolgen müssen. Dies galt unabhängig von der Frage, ob es im Rahmen der Geschäftsführung Zustimmungsvorbehalte gab.
Nur diese Betrachtungsweise wird auch derjenigen der Gesellschafter selbst gerecht. Denn diese hatten im Gesellschafterbeschluss vom 10. März 2011 selbst angenommen, die Geschäftsführer – und damit auch der Beigeladene zu 1 – seien keine beherrschenden Gesellschafter im Sinne des Steuerrechts. Eine beherrschende Stellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH liegt aus steuerrechtlicher Sicht regelmäßig dann vor, wenn der Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann (so zum Beispiel Uckermann in Uckermann/Fuhrmanns/Ostermayer/Doetsch, Das Recht der betrieblichen Altersvorsorge, 2014, Kapitel 20 Rn. 3; siehe auch Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. April 2020 – VI R 44/17 – juris Rn. 27). Ein vergleichbarer Maßstab hat aber auch im Bereich des Sozialversicherungsrechts zu gelten, weil dem Gesellschafter-Geschäftsführer andernfalls eine maßgebliche Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft nicht möglich ist. Eine Einflussnahme in diesem Sinne setzt nach der Rechtsprechung des BSG mindestens einen Anteil am Stammkapital von 50 % oder eine umfassende Sperrminorität voraus. Über beides verfügte der Beigeladene zu 1 zu keinem Zeitpunkt.
b) Die schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung zwischen einem Teil der Gesellschafter ab Mitte 2011 ist für die Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Bedeutung. Im Gesellschaftsvertrag vom 31. August 2010 ist in § 6 Abs. 1 lediglich geregelt, dass zum Abschluss von Stimmrechtsbindungsverträgen die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist. Daraus folgt aber noch keine gesellschaftsvertraglich konkretisierte inhaltliche Stimmbindungsvereinbarung. Nur eine solche würde aber dem Kriterium der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände gerecht. Soweit sich die Klägerin auf die frühere Rechtsprechung des 1. Senats des Sächsischen LSG bezogen hat (Urteil vom 4. März 2014 – L 1 KR 9/11 – juris Rn. 44 f., und Beschluss vom 9. Februar 2015 – L 1 KR 103/15 B ER – amtlicher Umdruck S. 16 bis 18), ist darauf hinzuweisen, dass der 1. Senat des Sächsischen LSG diese Rechtsprechung inzwischen ausdrücklich aufgegeben hat (siehe hierzu Sächsisches LSG, Beschluss vom 1. Februar 2018 – L 1 KR 468/17 B ER – amtlicher Umdruck S. 15) und nunmehr der Rechtsprechung des BSG folgt. Auch der erkennende Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG.
c) Die Gewährung einer Tantieme als solche genügt vor diesem Hintergrund nicht, um die Annahme einer abhängigen Beschäftigung auszuschließen, zumal die Gewährung von Tantiemen an Arbeitnehmer nicht außergewöhnlich ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 28).
d) Die Gewährung von Darlehen begründet nur ein Haftungs- oder Ausfallrisiko, nicht aber unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 – juris Rn. 33). Nichts anderes kann für die Stundung der Vergütung gelten.
e) Die Argumentation der Klägerin, der Beigeladene zu 1 sei "Kopf und Seele" der Gesellschaft gewesen, verfängt ebenfalls nicht. Denn das BSG hat seine "Kopf und Seele"-Rechtsprechung inzwischen aufgegeben (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 29). Im Übrigen verfügen auch leitende Angestellte regelmäßig über die jeweils erforderlichen Branchenkenntnisse.
f) Ein Vertrauensschutz wurde durch die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung des BSG nicht begründet (so ausdrücklich BSG, Urteile vom 19. September 2019 – B 12 KR 21/19 R – juris Rn. 21 ff., B 12 R 7/19 R – juris Rn. 19 ff. und B 12 R 25/18 R – juris Rn. 19 ff.).
4. Abschließend ist zu bemerken, dass der Status des Beigeladenen zu 1 als (jedenfalls ursprünglich) ordentlich Studierender kein anderes Ergebnis im Hinblick auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zulässt.
Denn bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 55 Stunden (später sogar 65 Stunden) für die Klägerin wurde der Kläger nicht durch die Einschreibung als Student versicherungspflichtig (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V in der bis 14. Dezember 2018 geltenden Fassung), sondern durch seine für die Klägerin entfaltete Tätigkeit. Insofern ist auf den deutlich größeren zeitlichen Umfang der Tätigkeit für die Klägerin abzustellen (BSG, Urteil vom 11. November 2003 – B 12 KR 5/03 R – juris Rn. 15, und Felix in jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 6 Rn. 46). Er war daher nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V (in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) versicherungsfrei.
Aus denselben Gründen war er auch nicht gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III versicherungsfrei (Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage, § 27 Rn. 37).
5. Soweit die Klägerin die Einrede der Verjährung im Hinblick auf etwaige Beitragserhebungen erklärt hat, ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend ausschließlich Fragen der Statusfeststellung betroffen sind.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
IV. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG; vgl. insoweit auch Meyer-Ladewig u.a., SGG, Kommentar, § 136 Rn. 5a und § 160 Rn. 24a).
V. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 sowie § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Insoweit war zu berücksichtigen, dass auch verbundene Verfahren prozessrechtlich selbstständig bleiben. Da die bisherigen Prozesshandlungen wirksam bleiben, wirkt sich dies auch in kostenrechtlicher Hinsicht aus (siehe hierzu Haupt/Wehrhahn in Ficht/Jüttner, SGG, 3. Auflage § 113 Rn. 8).
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