Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 76/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 159/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17. September 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die uneingeschränkte Berücksichtigung der von der Klägerin aufgrund eines privaten Versicherungsvertrages bezogenen vorzeitigen Witwenrente bei der Höhe ihres Beitrages zur Krankenversicherung.
Die 1941 geborene Klägerin hatte gemeinsam mit ihrem 1940 geborenen und am 14.02.1996 verstorbenen Ehemann bei der xxxxxxxx-Lebensversicherungs AG zum 01.07.1988 einen Versicherungsvertrag über aufgeschobene Altersrente und sofortige Witwenrente beim Tod des Ehemannes geschlossen. Der Versicherungsbeitrag betrug nach dem Versicherungsschein 1.000,--DM monatlich bei einer vereinbarten Zahlungsdauer von 17 Jahren. Nach dem Vertrag hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin Anspruch auf Zahlung der Altersrente mit 65 Jahren, bei seinem Tod erwarb die Klägerin mit dem Todestag einen Anspruch auf sofortige Witwenrente bei gleichzeitigem Ende der Beitragszahlung. Sämtliche Versicherungsleistungen aus dem Versicherungsschein erhöhten sich um Gewinnanteile gemäß § 19 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB).
Die Klägerin versicherte sich freiwillig bei der Beklagten, da sie die Voraussetzungen für die Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllte, ab dem 15.07.1996. Mit Bescheid vom 08.08.1996 stufte die Beklagte die Klägerin in die Versicherungsklasse (VK) 718 bzw. ab März 1996 in VK 726 und Juli 1996 in VK 728 ein und berücksichtigte dabei u.a. die aus der privaten Rentenversicherung bezogene Witwenrente (843,07 DM monatlich) in vollem Umfang.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.08.1996 Widerspruch ein unter Hinweis auf ein Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Rheinland-Pfalz (Az.: L 5 K 19/95, abgedruckt in: Der Betrieb 1996, S. 1186), wonach nur der Ertragsanteil einer entsprechenden Rente zur Beitragsbemessung im Rahmen der freiwilligen Versicherung heranzuziehen sei. Sie machte des Weiteren geltend, die Bestimmungen des § 12 Abs. 2 der Satzung der Beklagten über die beitragspflichtigen Einnahmen seien unwirksam, da sie nicht hinreichend bestimmt seien ("alle Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung"). Schon die Formulierung "beitragspflichtig seien die beitragspflichtigen Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds" seien zu unbestimmt. Das gleiche gelte für die Deklarierung "alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten". Insoweit werde nicht hinreichend deutlich, was mit der Differenzierung zwischen "alle Einnahmen" und "Geldmittel" gemeint sei. Insoweit habe der Satzungsgeber seiner gesetzlichen Pflicht nicht genügt, weil eine möglichst umfangreiche und vollständige Aufzählung von beitragspflichtigen Fallgruppen geboten gewesen sei. Schließlich seien auf den Versicherungsvertrag 92.000,-- DM gezahlt worden, so dass die jetzige Versicherungsrente neben dem Zinsanteil auch einen schlichten Kapitalrückfluss enthalte. Dieser Kapitalrückfluss dürfe nicht mit Beiträgen belastet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.1997 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil, anders als in dem vom LSG Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall, die Rente als Ausgleich für die durch den Eintritt des versicherten Risikos ausfallenden Einnahmen gezahlt werde. Die Rente diene damit der Bestreitung des Lebensunterhalts der Klägerin, so dass die Beitragseinstufungen zu Recht erfolgt seien.
Die Klägerin hat am 04.06.1997 vor dem Sozialgericht - SG - Düsseldorf Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Auffassung vertreten hat, bezüglich der privaten Witwenrente dürfe lediglich der sogenannte Ertragsanteil bei der Beitragsbemessung Berücksichtigung finden. Des Weiteren hat sie ihre Ansicht wiederholt, dass die entsprechenden Satzungsbestimmungen der Beklagten nicht hinreichend bestimmt seien.
Mit Urteil vom 17.09.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.10.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.11.1998 Berufung eingelegt, mit der sie ihre bisherigen Darlegungen wiederholt.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 17.09.1998 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Beitragsbescheides vom 08.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 zu verurteilen, ihr einen neuen Krankenversicherungs-Beitragsbescheid zu erteilen, in dem die private Versicherungsrente von der xxxxxxxx-Lebensversicherung von monatlich 843,07 DM nur noch mit dem sogenannten Ertragsanteil gemäß § 22 Zf. 1 EStG zur Beitragsbemessung herangezogen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass entsprechend einer Entscheidung des Bundessozialgerichts - BSG - (Az.: 12 RK 66/93 = BSGE 76, 34 ff.) bezüglich der gleichlautenden Satzung einer anderen Krankenkasse von der hinreichenden Bestimmtheit ihrer Satzungsregelungen auszugehen sei. Im übrigen sieht sie die Ausführungen des angefochtenen Urteils als zutreffend an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden können, da auf die entsprechende Möglichkeit, deren Zulässigkeit aus den Bestimmungen der §§ 110 Abs. 1, 126, 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) folgt, mit der Ladung hingewiesen worden ist.
Die auf die Überprüfung der Berechnung des Krankenversicherungsbeitrages durch den Bescheid vom 08.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 beschränkte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte den Beitrag zutreffend unter vollständiger Berücksichtigung der von der Klägerin bezogenen privaten Witwenrente berechnet hat.
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder wird nach § 240 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Satzung der Krankenkasse muß mindestens die Einnahme des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrundezulegen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). § 12 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten in der hier anzuwendenden Fassung vom 01.04.1995 bestimmt, dass bei der Beitragsbemessung die durchschnittlichen monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen (1/12 der Brutto-Jahreseinnahme) maßgebend unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds sind. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung (§ 12 Abs. 2 Satz 2). Diese Regelung verstößt nicht gegen die Ermächtigungsgrundlage des § 240 Abs. 1 SGB V.
In der Begründung des Entwurfs des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) zu Art. 1 § 249 (BT-Drucks. 11/2237, S. 225), soweit diese Vorschrift unverändert dem jetzigen § 240 Abs. 1 SGB V entspricht, heißt es:
"Die Vorschrift ermöglicht es allen Krankenkassen, das Beitragsrecht für freiwillige Mitglieder autonom in der Satzung zu regeln. Dieses Recht hatten bisher nur die Ersatzkassen. Damit können sachgerechte Sonderregelungen insbesondere für selbständige und einkommenslose freiwillig versicherte Ehegatten getroffen werden. Bei der Beitragsgestaltung ist die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, d.h. alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, sind ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung zugrundezulegen. Diese Regelung bedeutet aber auch, dass der Beitragsberechnung nicht automatisch bestimmte Einnahmen zum Lebensunterhalt unterstellt werden können, ohne dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft wird."
Dieser Zielvorgabe wird die Bestimmung des § 12 Abs. 2 der Satzung der Beklagten gerecht, da sie in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung "alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zu den beitragspflichtigen Einnahmen" anrechnet. Dass die steuerrechtliche Beurteilung insoweit nicht ausschlaggebend ist, entspricht im übrigen ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Sozialrecht (SozR) 3-2500 § 240 Nr. 19; Urt. v. 16.04.1985 - 12 RK 47/83 - in: Urteilssammlung der Krankenkassen - USK - 85233).
Die Regelung des § 12 Abs. 2 der Satzung der Beklagten ist auch nicht wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam, denn angesichts der Vielfältigkeit der Einkommensgestaltungen ihrer Mitglieder kann von der Beklagten nicht verlangt werden, dass sie ins Einzelne gehende Regelungen schafft. Ihr muss vielmehr das Recht eingeräumt werden, typisierende allgemeine Regelungen zu treffen, wie sie auch den Bestimmungen für die Pflichtversicherten entsprechen (so im Ergebnis auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 19). Dem hat die Beklagte mit der Regelung des § 12 Abs. 2 ihrer Satzung Rechnung getragen.
Entsprechend der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Satz 2 ihrer Satzung hat die Beklagte zu Recht die an die Klägerin von der xxxxxxxx Lebensversicherungs AG gezahlte Witwenrente in vollem Umfang bei der Beitragsbemessung berücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass der Anspruch auf die Witwenrente durch die Entrichtung frei williger Beiträge seitens des verstorbenen Ehemanns der Klägerin erworben worden ist. Allerdings hat das BSG hinsichtlich der vor Inkrafttreten des § 240 SGB V gültigen Vorgängervorschrift des § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO, wonach ein bestimnmter Teil des Arbeitsentgelts und "sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt" bis zu einem bestimmten Betrag zu berücksichtigen waren, entschieden, dass bei Leibrenten lediglich der sogenannte Ertragsanteil bei der Beitragsbemessung berücksichtigungsfähig war (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 12). Diese Rechtsprechung beruhte auf der Überlegung, dass zum einen nach der gesetzgeberischen Intention durch § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO nur solche Einnahmen erfasst werden sollten, die dem Arbeitsentgelt als Mittel der Deckung des allgemeinen Lebensunterhalts gleichzusetzen sind und der typischen Funktion des Arbeitsentgelts beim Pflichtversicherten entsprechen (BSG a.a.O. S. 36) und zum anderen Leibrenten auf einem rechtlich verselbständigten Stammrecht beruhen, welches im Wege eines gegenseitigen Vertrages durch Hingabe eines Vermögenswertes begründet wird, und für das als Gegenleistung die Rentenzahlung erbracht wird, die sich aus einem Kapitaltilgungsanteil und einem der jeweiligen Höhe des Restkapitalwertes entsprechendem Zinsanteil zusammensetzt, wobei nur letzterer eine dem Arbeitsentgelt entsprechende Einnahme darstellt (BSG a.a.O. S. 37). Ob diese Grundsätze nach Inkrafttreten des SGB V im Hinblick auf die oben dargestellten gesetzgeberischen Motive zur Einführung des § 240 SGB V noch Geltung haben, kann dahinstehen (bejahend LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 15.02.1996 - L 5 K 19/95 in: Sozialgerichtsbarkeit - SGb - 1996, 486; ablehnend LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.03.1999 - L 4 KR 1772/97 - (nicht veröffentlicht) unter Hinweis darauf, dass § 240 SGB V die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit allgemein zum Maßstab erhoben habe).
Auch unter Geltung des § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO war bereits anerkannt, dass eine entsprechende Aufteilung in Vermögens- und Ertragsanteil nicht zu erfolgen hatte, wenn die bezogene Rente auf einer reinen Risikoversicherung beruhte (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 32). In diesen Fällen steht nicht die Umschichtung oder der Verzehr des Vermögens im Vordergrund, sondern es realisiert sich das versicherungsbedingte Risiko, indem der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals hat und der Versicherer das Risiko der Erbringung der Versicherungsleistung trägt (BSG a.a.O.). Die hier von der Klägerin bezogene (vorgezogene) Witwenrente ist einer Leistung aus einer solchen Risikoversicherung gleichzustellen.
Der Versicherungsschutz begann nach dem Versicherungsschein mit Aushändigung des Letzteren und Zahlung des Einlösungsbeitrags. Der Anspruch auf Witwenrente entstand mit dem Tod des Ehegatten. Damit beruhte der Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers aber weder auf der Hingabe eines einmaligen erheblichen Geldbetrages oder sonstigen Vermögenswertes, sondern auf einer fortlaufenden Beitragszahlung, wobei jederzeit der Versicherungsfall der Witwenrente eintreten konnte. Auch wenn im Hinblick auf die mögliche Dauer der Beitragszahlung, die nach dem Versicherungsschein bei Ereichen des 65. Lebensjahres des Ehemanns 17 Jahre betrug, eine erhebliche Kapitaleinzahlung zustandekommen konnte, so konnte diese auch äußerst gering im Verhältnis zum Zahlungsanspruch sein, wenn der Tod des Ehegatten unmittelbar nach Zahlung des Einlösungsbeitrages eintrat, da mit dem Todestag des versicherten Ehemanns die Beitragszahlungsperiode endete. Zwar waren hier zu diesem Zeitpunkt Beiträge in Höhe von 92.000,-- DM eingezahlt worden, dem stand aber bei einer Grundrente von 745,82 DM im Fall des Erreichens der durchschnittlichen Altersgrenze ein erheblich höherer Rentenzahlungsanspruch oder im Fall des vorzeitigen Todes der Witwe ein erheblich geringerer Leistungsanspruch gegenüber, da in diesem Fall der Versicherer die Rente lediglich so lange fortzuzahlen hat, bis insgesamt 60 Monatsraten erreicht sind. Da der Witwe schließlich nach dem Versicherungsschein auch kein Wahlrecht zwischen Kapitalrückerstattung und Auszahlung der Rente zusteht, muß der durch den Versicherungsvertrag begründete Witwenrentenanspruch als Risikoversicherung angesehen werden, so dass diese in vollem Umfang zur Anrechnung kommt.
Diesem Ergebnis steht auch nicht das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Grundgesetz entgegen, denn auch bei Pflichtversicherten sind Renten beitragspflichtige Einnahmen (§ 228, 229 SGB V), selbst wenn sie auf allein vom Arbeitnehmer finanzierten Beitragszahlungen beruhen (BSG SozR 3-2500 § 229 Nr. 7), so dass solche Einkünfte auch bei den freiwillig Versicherten zur Anrechnung kommen können (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 32).
Die Berufung mußte daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die uneingeschränkte Berücksichtigung der von der Klägerin aufgrund eines privaten Versicherungsvertrages bezogenen vorzeitigen Witwenrente bei der Höhe ihres Beitrages zur Krankenversicherung.
Die 1941 geborene Klägerin hatte gemeinsam mit ihrem 1940 geborenen und am 14.02.1996 verstorbenen Ehemann bei der xxxxxxxx-Lebensversicherungs AG zum 01.07.1988 einen Versicherungsvertrag über aufgeschobene Altersrente und sofortige Witwenrente beim Tod des Ehemannes geschlossen. Der Versicherungsbeitrag betrug nach dem Versicherungsschein 1.000,--DM monatlich bei einer vereinbarten Zahlungsdauer von 17 Jahren. Nach dem Vertrag hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin Anspruch auf Zahlung der Altersrente mit 65 Jahren, bei seinem Tod erwarb die Klägerin mit dem Todestag einen Anspruch auf sofortige Witwenrente bei gleichzeitigem Ende der Beitragszahlung. Sämtliche Versicherungsleistungen aus dem Versicherungsschein erhöhten sich um Gewinnanteile gemäß § 19 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB).
Die Klägerin versicherte sich freiwillig bei der Beklagten, da sie die Voraussetzungen für die Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllte, ab dem 15.07.1996. Mit Bescheid vom 08.08.1996 stufte die Beklagte die Klägerin in die Versicherungsklasse (VK) 718 bzw. ab März 1996 in VK 726 und Juli 1996 in VK 728 ein und berücksichtigte dabei u.a. die aus der privaten Rentenversicherung bezogene Witwenrente (843,07 DM monatlich) in vollem Umfang.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.08.1996 Widerspruch ein unter Hinweis auf ein Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Rheinland-Pfalz (Az.: L 5 K 19/95, abgedruckt in: Der Betrieb 1996, S. 1186), wonach nur der Ertragsanteil einer entsprechenden Rente zur Beitragsbemessung im Rahmen der freiwilligen Versicherung heranzuziehen sei. Sie machte des Weiteren geltend, die Bestimmungen des § 12 Abs. 2 der Satzung der Beklagten über die beitragspflichtigen Einnahmen seien unwirksam, da sie nicht hinreichend bestimmt seien ("alle Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung"). Schon die Formulierung "beitragspflichtig seien die beitragspflichtigen Einnahmen unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds" seien zu unbestimmt. Das gleiche gelte für die Deklarierung "alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten". Insoweit werde nicht hinreichend deutlich, was mit der Differenzierung zwischen "alle Einnahmen" und "Geldmittel" gemeint sei. Insoweit habe der Satzungsgeber seiner gesetzlichen Pflicht nicht genügt, weil eine möglichst umfangreiche und vollständige Aufzählung von beitragspflichtigen Fallgruppen geboten gewesen sei. Schließlich seien auf den Versicherungsvertrag 92.000,-- DM gezahlt worden, so dass die jetzige Versicherungsrente neben dem Zinsanteil auch einen schlichten Kapitalrückfluss enthalte. Dieser Kapitalrückfluss dürfe nicht mit Beiträgen belastet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.1997 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil, anders als in dem vom LSG Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall, die Rente als Ausgleich für die durch den Eintritt des versicherten Risikos ausfallenden Einnahmen gezahlt werde. Die Rente diene damit der Bestreitung des Lebensunterhalts der Klägerin, so dass die Beitragseinstufungen zu Recht erfolgt seien.
Die Klägerin hat am 04.06.1997 vor dem Sozialgericht - SG - Düsseldorf Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Auffassung vertreten hat, bezüglich der privaten Witwenrente dürfe lediglich der sogenannte Ertragsanteil bei der Beitragsbemessung Berücksichtigung finden. Des Weiteren hat sie ihre Ansicht wiederholt, dass die entsprechenden Satzungsbestimmungen der Beklagten nicht hinreichend bestimmt seien.
Mit Urteil vom 17.09.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 12.10.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.11.1998 Berufung eingelegt, mit der sie ihre bisherigen Darlegungen wiederholt.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 17.09.1998 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Beitragsbescheides vom 08.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 zu verurteilen, ihr einen neuen Krankenversicherungs-Beitragsbescheid zu erteilen, in dem die private Versicherungsrente von der xxxxxxxx-Lebensversicherung von monatlich 843,07 DM nur noch mit dem sogenannten Ertragsanteil gemäß § 22 Zf. 1 EStG zur Beitragsbemessung herangezogen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass entsprechend einer Entscheidung des Bundessozialgerichts - BSG - (Az.: 12 RK 66/93 = BSGE 76, 34 ff.) bezüglich der gleichlautenden Satzung einer anderen Krankenkasse von der hinreichenden Bestimmtheit ihrer Satzungsregelungen auszugehen sei. Im übrigen sieht sie die Ausführungen des angefochtenen Urteils als zutreffend an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden können, da auf die entsprechende Möglichkeit, deren Zulässigkeit aus den Bestimmungen der §§ 110 Abs. 1, 126, 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) folgt, mit der Ladung hingewiesen worden ist.
Die auf die Überprüfung der Berechnung des Krankenversicherungsbeitrages durch den Bescheid vom 08.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 beschränkte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte den Beitrag zutreffend unter vollständiger Berücksichtigung der von der Klägerin bezogenen privaten Witwenrente berechnet hat.
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder wird nach § 240 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) durch die Satzung geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Satzung der Krankenkasse muß mindestens die Einnahme des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrundezulegen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). § 12 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Beklagten in der hier anzuwendenden Fassung vom 01.04.1995 bestimmt, dass bei der Beitragsbemessung die durchschnittlichen monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen (1/12 der Brutto-Jahreseinnahme) maßgebend unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds sind. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung (§ 12 Abs. 2 Satz 2). Diese Regelung verstößt nicht gegen die Ermächtigungsgrundlage des § 240 Abs. 1 SGB V.
In der Begründung des Entwurfs des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) zu Art. 1 § 249 (BT-Drucks. 11/2237, S. 225), soweit diese Vorschrift unverändert dem jetzigen § 240 Abs. 1 SGB V entspricht, heißt es:
"Die Vorschrift ermöglicht es allen Krankenkassen, das Beitragsrecht für freiwillige Mitglieder autonom in der Satzung zu regeln. Dieses Recht hatten bisher nur die Ersatzkassen. Damit können sachgerechte Sonderregelungen insbesondere für selbständige und einkommenslose freiwillig versicherte Ehegatten getroffen werden. Bei der Beitragsgestaltung ist die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen, d.h. alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, sind ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung zugrundezulegen. Diese Regelung bedeutet aber auch, dass der Beitragsberechnung nicht automatisch bestimmte Einnahmen zum Lebensunterhalt unterstellt werden können, ohne dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft wird."
Dieser Zielvorgabe wird die Bestimmung des § 12 Abs. 2 der Satzung der Beklagten gerecht, da sie in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung "alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zu den beitragspflichtigen Einnahmen" anrechnet. Dass die steuerrechtliche Beurteilung insoweit nicht ausschlaggebend ist, entspricht im übrigen ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Sozialrecht (SozR) 3-2500 § 240 Nr. 19; Urt. v. 16.04.1985 - 12 RK 47/83 - in: Urteilssammlung der Krankenkassen - USK - 85233).
Die Regelung des § 12 Abs. 2 der Satzung der Beklagten ist auch nicht wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam, denn angesichts der Vielfältigkeit der Einkommensgestaltungen ihrer Mitglieder kann von der Beklagten nicht verlangt werden, dass sie ins Einzelne gehende Regelungen schafft. Ihr muss vielmehr das Recht eingeräumt werden, typisierende allgemeine Regelungen zu treffen, wie sie auch den Bestimmungen für die Pflichtversicherten entsprechen (so im Ergebnis auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 19). Dem hat die Beklagte mit der Regelung des § 12 Abs. 2 ihrer Satzung Rechnung getragen.
Entsprechend der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Satz 2 ihrer Satzung hat die Beklagte zu Recht die an die Klägerin von der xxxxxxxx Lebensversicherungs AG gezahlte Witwenrente in vollem Umfang bei der Beitragsbemessung berücksichtigt. Dem steht nicht entgegen, dass der Anspruch auf die Witwenrente durch die Entrichtung frei williger Beiträge seitens des verstorbenen Ehemanns der Klägerin erworben worden ist. Allerdings hat das BSG hinsichtlich der vor Inkrafttreten des § 240 SGB V gültigen Vorgängervorschrift des § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO, wonach ein bestimnmter Teil des Arbeitsentgelts und "sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt" bis zu einem bestimmten Betrag zu berücksichtigen waren, entschieden, dass bei Leibrenten lediglich der sogenannte Ertragsanteil bei der Beitragsbemessung berücksichtigungsfähig war (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 12). Diese Rechtsprechung beruhte auf der Überlegung, dass zum einen nach der gesetzgeberischen Intention durch § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO nur solche Einnahmen erfasst werden sollten, die dem Arbeitsentgelt als Mittel der Deckung des allgemeinen Lebensunterhalts gleichzusetzen sind und der typischen Funktion des Arbeitsentgelts beim Pflichtversicherten entsprechen (BSG a.a.O. S. 36) und zum anderen Leibrenten auf einem rechtlich verselbständigten Stammrecht beruhen, welches im Wege eines gegenseitigen Vertrages durch Hingabe eines Vermögenswertes begründet wird, und für das als Gegenleistung die Rentenzahlung erbracht wird, die sich aus einem Kapitaltilgungsanteil und einem der jeweiligen Höhe des Restkapitalwertes entsprechendem Zinsanteil zusammensetzt, wobei nur letzterer eine dem Arbeitsentgelt entsprechende Einnahme darstellt (BSG a.a.O. S. 37). Ob diese Grundsätze nach Inkrafttreten des SGB V im Hinblick auf die oben dargestellten gesetzgeberischen Motive zur Einführung des § 240 SGB V noch Geltung haben, kann dahinstehen (bejahend LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 15.02.1996 - L 5 K 19/95 in: Sozialgerichtsbarkeit - SGb - 1996, 486; ablehnend LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.03.1999 - L 4 KR 1772/97 - (nicht veröffentlicht) unter Hinweis darauf, dass § 240 SGB V die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit allgemein zum Maßstab erhoben habe).
Auch unter Geltung des § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO war bereits anerkannt, dass eine entsprechende Aufteilung in Vermögens- und Ertragsanteil nicht zu erfolgen hatte, wenn die bezogene Rente auf einer reinen Risikoversicherung beruhte (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 32). In diesen Fällen steht nicht die Umschichtung oder der Verzehr des Vermögens im Vordergrund, sondern es realisiert sich das versicherungsbedingte Risiko, indem der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals hat und der Versicherer das Risiko der Erbringung der Versicherungsleistung trägt (BSG a.a.O.). Die hier von der Klägerin bezogene (vorgezogene) Witwenrente ist einer Leistung aus einer solchen Risikoversicherung gleichzustellen.
Der Versicherungsschutz begann nach dem Versicherungsschein mit Aushändigung des Letzteren und Zahlung des Einlösungsbeitrags. Der Anspruch auf Witwenrente entstand mit dem Tod des Ehegatten. Damit beruhte der Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers aber weder auf der Hingabe eines einmaligen erheblichen Geldbetrages oder sonstigen Vermögenswertes, sondern auf einer fortlaufenden Beitragszahlung, wobei jederzeit der Versicherungsfall der Witwenrente eintreten konnte. Auch wenn im Hinblick auf die mögliche Dauer der Beitragszahlung, die nach dem Versicherungsschein bei Ereichen des 65. Lebensjahres des Ehemanns 17 Jahre betrug, eine erhebliche Kapitaleinzahlung zustandekommen konnte, so konnte diese auch äußerst gering im Verhältnis zum Zahlungsanspruch sein, wenn der Tod des Ehegatten unmittelbar nach Zahlung des Einlösungsbeitrages eintrat, da mit dem Todestag des versicherten Ehemanns die Beitragszahlungsperiode endete. Zwar waren hier zu diesem Zeitpunkt Beiträge in Höhe von 92.000,-- DM eingezahlt worden, dem stand aber bei einer Grundrente von 745,82 DM im Fall des Erreichens der durchschnittlichen Altersgrenze ein erheblich höherer Rentenzahlungsanspruch oder im Fall des vorzeitigen Todes der Witwe ein erheblich geringerer Leistungsanspruch gegenüber, da in diesem Fall der Versicherer die Rente lediglich so lange fortzuzahlen hat, bis insgesamt 60 Monatsraten erreicht sind. Da der Witwe schließlich nach dem Versicherungsschein auch kein Wahlrecht zwischen Kapitalrückerstattung und Auszahlung der Rente zusteht, muß der durch den Versicherungsvertrag begründete Witwenrentenanspruch als Risikoversicherung angesehen werden, so dass diese in vollem Umfang zur Anrechnung kommt.
Diesem Ergebnis steht auch nicht das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Grundgesetz entgegen, denn auch bei Pflichtversicherten sind Renten beitragspflichtige Einnahmen (§ 228, 229 SGB V), selbst wenn sie auf allein vom Arbeitnehmer finanzierten Beitragszahlungen beruhen (BSG SozR 3-2500 § 229 Nr. 7), so dass solche Einkünfte auch bei den freiwillig Versicherten zur Anrechnung kommen können (BSG SozR 2200 § 180 Nr. 32).
Die Berufung mußte daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
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