L 2 RJ 457/02

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 6 RJ 3313/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 RJ 457/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach zusätzlicher Ausbildung durch ein Abendstudium mit erfolgreichem Abschluss am Institut für Lehrerausbildung in Warschau (Oktober 1978) ist die in Polen zurückgelegte Beitragszeit einer zuvor bereits ohne Hochschulausbildung in einem Berufsschulkomplex eingesetzten Lehrerin der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Februar 2002 (S 6 RJ 3313/99) geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 23. Februar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 1999 verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 12. Januar 1996 teilweise zurück zu nehmen und die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. November 1978 bis 30. April 1987 der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen sowie die mit Bescheid vom 1. März 1999 bewilligte Altersrente dementsprechend neu zu berechnen.

II. Die Beklagte hat die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in gesetzlichem Umfang zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht ihre in Polen vom 1. November 1978 bis 30. April 1987 zurückgelegte Versicherungszeit der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch (SGB) VI zuzuordnen und eine Neuberechnung ihrer Altersrente.

Die am 14. Februar 1939 geborene Klägerin ist am 22. Mai 1987 aus Polen in die Bundesrepublik zugezogen. Sie ist Inhaberin des Vertriebenenausweises "A". Die Klägerin stand in der Zeit vom 1. September 1960 bis 30. August 1970 in einem Beschäftigungsverhältnis bei dem Stadtamt, Abteilung für Bildung und Erziehung in S./O., anschließend bis 30. April 1987 im dortigen Bergbauberufsschulenkomplex als Lehrerin. Die Beklagte stellte durch bindend gewordenen Bescheid vom 12. Januar 1996 die im Versicherungsverlauf der Klägerin enthaltenen Zeiten bis zum 31. Dezember 1989 nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) VI fest. Die Beitragszeit ab 1. September 1960 wurde der Qualifikationsgruppe 2, Bereich 18 der Anlage 14 zum SGB VI zugeordnet.

Mit Bescheid vom 23. Februar 1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. März 1999 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Dabei wurden die im Bescheid vom 12. Januar 1996 festgestellten Daten übernommen. Die Klägerin erhob am 15. März 1999 Widerspruch und machte u.a. geltend, die Beschäftigungszeiten als Lehrerin vom 1. September 1970 bis zum 30. April 1987 in der Steinkohlegrube "S." müssten der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet werden. Mit Bescheid vom 31. August 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die mit dem bindend gewordenen Bescheid vom 12. Januar 1996 erfolgte Bewertung sei nicht zu beanstanden und insoweit seien auch die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht gegeben.

Die Klägerin erhob dagegen am 13. September 1999 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage. Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2000 machte sie u.a. erstmals auch geltend, die Zeit ab 1. November 1978 sei der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen und dementsprechend sei eine Neubewertung der zurückgelegten versicherungsrechtlichen Zeiten vorzunehmen. Dazu trug sie vor, sie habe auf Veranlassung der Bergbaugrundschule der Steinkohlengrube ihre Lehrerausbildung durch ein Abendstudium am Institut für Lehrerausbildung in Warschau erweitert und dort vor der Staatlichen Prüfungskommission ein Examen im Fachbereich Physik abgelegt. Die Klägerin übersandte ihr Diplom vom 25. Oktober 1978 in einer Übersetzung vom 15. März 1983. Die Ausbildung sei einem Hochschulstudium gleichzustellen. Die mit ihrem Vorbringen verbundene Klageerweiterung sei sachdienlich, denn die für die Zuordnung in die Qualifikationsgruppe maßgeblichen tatsächlichen Umstände seien schon im Verwaltungsverfahren benannt, so dass die Beklagte nach § 44 SGB X auch hätte tätig werden können. In diesem Zusammenhang überreichte die Klägerin die Kopie eines Schreibens des Hessischen Kultusministers vom 21. März 1988, mit dem die Anerkennung des abgelegten Diploms in Polen mit der ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen in Hessen verbindlich in Aussicht gestellt worden war. Die Beklagte verwies demgegenüber auf den Feststellungsbescheid vom 12. Januar 1996 und bat um richterlichen Hinweis hinsichtlich der Zulässigkeit der Klageerweiterung. Nachdem dieser Hinweis mit Verfügung vom 31. August 2000 ergangen war, teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. September 2000 mit, sie halte nach nochmaliger Überprüfung die Zuordnung der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI für zutreffend. Die Klägerin habe keinen für die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 erforderlichen Hochschulabschluss erreicht. Das Diplom des Instituts für Lehrerbildung vom 25. Oktober 1978 und das Schreiben vom Hessischen Kultusminister vom 21. März 1988 reichten für eine Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 nicht aus.

Durch Urteil vom 8. Februar 2002 wies das Sozialgericht die auf Zuordnung von in Polen zurückgelegten Beitragszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung sowie auf Zuordnung von Beitragszeiten ab 1. November 1978 in die Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI gerichtete Klage ab. Hinsichtlich des Anspruchs auf Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 führte das Sozialgericht im Wesentlichen aus, die Klägerin sei durch das erfolgreich abgelegte Diplom nicht Hochschulabsolventin im Sinne der Qualifikationsgruppe 1 geworden. Das Institut für Lehrerbildung stehe nicht einer Hochschule oder Universität im Sinne der Definitionen der Qualifikationsgruppe 1 gleich. Dies werde insbesondere aus dem Schreiben des Hessischen Kultusministers vom 21. März 1988 deutlich, denn die Anerkennung des Diploms als erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen in Hessen sei nur unter der Voraussetzung in Aussicht gestellt worden, dass zuvor erfolgreich ein je 30 Minuten dauerndes Kolloquium in Physik und in allgemeiner Didaktik der Grundschule absolviert werden. Außerdem sei die in Aussicht gestellte Anerkennung des Bildungsabschlusses nur unter Berücksichtigung der langjährigen Tätigkeit der Klägerin als Grundschullehrerin erfolgt. Der erfolgreiche Besuch des Instituts für Lehrerbildung in Polen stelle eine mittlere Berufsausbildung auf Fachschulniveau dar, nicht dagegen eine höhere Ausbildung auf Hochschulniveau. Daher sei die von der Beklagten vorgenommene Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI für die Zeit ab November 1978 im Ergebnis zutreffend.

Gegen das ihr am 5. April 2002 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin am 6. April 2002 eingelegte Berufung, mit der die Klägerin nur noch die Zuordnung der in Polen zurückgelegten Beitragszeiten ab 1. November 1978 bis zum 30. April 1987 in die Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI und eine Neuberechnung ihrer Altersrente beansprucht. Die Klägerin trägt vor, bei dem Institut für Lehrerausbildung und Bildungsforschung habe es sich um eine Institution mit Hochschulcharakter gehandelt. In dem Diplom sei ausdrücklich vermerkt, das die mit der staatlichen Prüfung erreichte Qualifikation gleichwertig mit einem Berufshochschulstudium sei. Hintergrund für das abgelegte Diplom sei eine ab 1. September 1977 aufgenommene Beschäftigung als Berufsschullehrerin in der Bergbau-Fachschule - Technikum für Berufstätige des Ministeriums für Bergbau und Energetik gewesen - Fachschule zur Ausbildung/technisches Abitur und zum Bergbautechniker bzw. Steiger -. Zur Weiterführung dieser Tätigkeit sei ein Nachweis hinsichtlich eines Fachhochschulstudiums verlangt worden. Da sie im Rahmen ihres 3-jährigen Studiums bereits weiter fortgeschritten gewesen sei, habe man ihr eine 1-jährige Frist eingeräumt, um das Fachhochschulstudium mit der staatlichen Prüfung zu beenden. Entsprechend sei ein befristeter Arbeitsvertrag mit der Bergbau-Fachschule abgeschlossen worden. Nach erfolgreichem Studienabschluss sei der Arbeitsvertrag mit der Bergbau-Fachschule auf unbegrenzte Zeit verlängert worden. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin die Übersetzung eines Arbeitszeugnisses vom 16. September 1986 zu den Akten gereicht. Darüber hinaus sei im Schreiben des Hessischen Kultusministeriums vom 21. März 1988 auf die Ablegung des 1. Staatsexamens für das Lehramt an Grundschulen in Hessen verzichtet worden. Man habe sich in zwei 30-minütigen Kolloquien lediglich davon überzeugen wollen, dass im Wesentlichen die deutsche Sprache als Unterrichtsprache einwandfrei beherrscht werde. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 7. Mai 2002 und 1. August 2002 jeweils mit Anlagen sowie 15. April 2003 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Februar 2002 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 23. Februar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 1999 zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Feststellungsbescheides vom 12. Januar 1996 die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. November 1978 bis zum 30. April 1987 der Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen und die mit Bescheid vom 1. März 1999 bewilligte Altersrente dementsprechend neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Besuch des Instituts für Lehrerausbildung könne einem abgeschlossenen Berufsschulstudium nicht gleichgestellt werden. Im Übrigen verweist sie auf die unterschiedlichen Übersetzungen des Diploms der Klägerin vom Erwerb von Fähigkeiten, die höheren Berufsfachstudien gleichen.

Der Senat hat Auskünfte eingeholt von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, B., vom 10. Februar 2003 und vom Amt für Lehrerausbildung, K. vom 21. März 2003.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten, die vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hatten (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung der Klägerin ist begründet; das angefochtene Urteil ist daher zu ändern. Die Beklagte ist verpflichtet, den Feststellungsbescheid vom 12. Januar 1996 teilweise zurückzunehmen. Die von der Klägerin in Polen zurückgelegten Beitragszeiten vom 1. November 1978 bis zum 30. April 1987 sind mit dem höheren Rentenhöchstwert in die Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI einzuordnen und die mit Bescheid vom 1. März 1999 bewilligte Altersrente der Klägerin ist dementsprechend neu zu berechnen. Dieses Begehren, über das das Sozialgericht nach zulässiger Klageerweiterung (§ 99 Abs. 1 SGG) entschieden hat, war allein noch Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Nach dem mit Wirkung vom 1. Juli 1990 neugefassten Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes zum deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen (DPSVA) 1975 sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen Rentenversicherung in Anwendung des Fremdrentengesetzes und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnt (siehe dazu BSG, Beschluss vom 25. Juli 2001, Az.: B 5 RJ 6/00 R). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 FRG werden die in einem Vertreibungsgebiet - vorliegend Polen - zurückgelegten Beitragszeiten den in der bundesdeutschen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten und den ihnen zu Grunde liegenden Beschäftigungen einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Bundesgebiet gleichgestellt. Dazu ist im vorliegenden Fall der bindend gewordene Feststellungsbescheid der Beklagten vom 12. Januar 1996 ergangen, dessen teilweise Rücknahme die Klägerin wegen höherer fiktiver und als versichert geltender Arbeitsverdienste als Voraussetzung für eine Neufeststellung der ihr bewilligten Altersrente beansprucht. Welche als versichert geltenden fiktiven Arbeitsverdienste anzusetzen sind, ergibt sich aus der Vorschrift des § 22 FRG, die wiederholt gesetzlichen Änderungen unterworfen war (siehe dazu BSG, Urteil vom 14. Mai 2003, Az.: B 4 RA 26/02 R S. 6 unter Hinweis auf den Vorlagebeschluss vom 16. Dezember 1999, B 4 RA 49/98 R). Die im vorliegenden Fall zu beachtende Änderung ist durch Art. 14 Abschnitt B und Art. 15 des Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25.Juli 1991 (BGBl. I 1606) zum 1. Januar 1992 erfolgt. Durch Bezugnahme in § 20 Abs. 1 Satz 1 FRG auf § 256b Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 SGB VI wurde die Entgeltpunktbewertung für glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten auch auf FRG-Zeiten erstreckt. Im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung und der Schaffung eines einheitlichen Rentensystems hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Zeiten der FRG-Berechtigten wie DDR-Zeiten zu bewerten sind, für die die tatsächlichen Entgelte nicht bekannt sind (Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers. 1995, 354 mit Hinweis auf Gesetzesbegründung). Anstelle der Einkommensverhältnisse in der alten Bundesrepublik wurde an die der ehemaligen DDR und deren Wirtschaftsstrukturen angeknüpft. Die Leistungsgruppeneinstufung wurde ersetzt durch die Einordnung nach Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI und die diesen Gruppen in der Anlage 14 zugewiesenen Durchschnittsverdienste je nach Wirtschaftsbereich. Die Klägerin, die im Jahre 1987 und damit vor dem 1. Juli 1990 in die alte Bundesrepublik gekommen war, unterliegt der Absenkung ihres Rentenanspruchs durch das RÜG. Die besitzstandsschützende Übergangregelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) bei einem Zuzug bis 30. Juni 1990 und ein Anspruch auf Zahlung einer Rente für die Zeit vor dem 1. Januar 1996 liegen nicht vor; die Klägerin bezieht erst seit März 1999 eine Altersrente. Nach der Anlage 13 Satz 1 zum SGB VI sind Fremdrentenzeiten in eine der darin im Einzelnen beschriebenen insgesamt 5 Qualifikationsgruppen einzuordnen, wenn ein Versicherter deren Merkmale erfüllt und entsprechend berufstätig gewesen ist. Die gesetzliche Einstufung knüpft an zwei Voraussetzungen an. Dies sind die Erfüllung der benannten (formellen) Qualifikationsmerkmale und die tatsächliche Ausübung einer den Qualifikationsgruppen entsprechenden Tätigkeit. Kennzeichnend für die fünf Qualifikationsstufen ist, dass vorwiegend (insbesondere in den ersten vier Gruppen) auf der Grundlage formaler Kriterien (formale Ausbildungsabschlüsse) eine Stufung von Berufsbildern erfolgt. Der gesetzliche Ergänzungstatbestand zum Grundtatbestand betrifft darüber hinaus den Versicherten, der aufgrund lang-jähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben hat, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen; sie sind in diese (höhere) Gruppe einzustufen (BSG, Urteil vom 14. Mai 2003 a.a.O.). Die hier streitige (höchste) Qualifikationsgruppe 1 erfasst Hochschulabsolventen, d.h. Personen,

1. die in Form eines Direkt-, Fern-, Abend- oder externen Studiums an einer Universität, Hochschule, Ingenieurhochschule, Akademie oder an einem Institut mit Hochschulcharakter ein Diplom erworben oder ein Staatsexamen abgelegt haben, 2. denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder wissenschaftlicher Leistungen ein wissenschaftlicher Grad oder Titel zuerkannt ist (z.B. Attestation im Bereich Volksbildung, DR.h.c., Prof.), 3. Inhaber gleichwertiger Abschlusszeugnisse staatlich anerkannter höherer Schulen und Universitäten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium (z.B. Teilstudium), das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschloss. Demgegenüber sind in die Qualifikationsgruppe 2 einzustufen Fachschulabsolventen, d.h. Personen, 1. die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden gesetzlichen Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist, 2. denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist, 3. die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen, 4. technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) führten. Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.

Für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe ist maßgebend, ob die fremde Ausbildung Ausbildungsabschlüssen in der früheren DDR gleichwertig war (den Anforderungen im Beitrittsgebiet entsprach). Daraus leitet sich ab, dass die Berufsqualifikation des Herkunftsgebietes und ihr Niveau zu ermitteln und dann mit den DDR-Verhältnissen in Beziehung zu setzen ist (vgl. dazu Müller, a.a.O. 1995, 354 ff.). Eine gewisse Erleichterung ergibt sich daraus, dass die Systeme der Berufsbildung in der DDR und den FRG-Herkunftsländern oft vergleichbare Grundzüge aufweisen. Nach diesen rechtlichen Vorgaben ist das von der Klägerin am 25. November 1978 erfolgreich abgelegte Diplom des Instituts für Lehrerbildung in Warschau über den Erwerb von Fähigkeiten, die höheren Berufsfachstudien gleichen, einem Hochschulabschluss i.S.d. Qualifikationsgruppe 1 gleichzusetzen. Die Klägerin hat mit ihrem Diplom den erforderlichen formalen Abschluss als maßgebendes Qualifikationsmerkmal nachgewiesen. Bei der Übertragung polnischer Abschlusszeugnisse auf DDR-Verhältnisse ist im vorliegenden Fall die Zweiteilung des polnischen Hochschulsystems zu beachten, die dem DDR-System fremd war (Einzelheiten bei Müller a.a.O., S. 356 und 363). In Polen wurde zwischen einem stark praxisorientiertem Berufsstudium und dem wissenschaftlichen Magisterstudium unterschieden; beide konnten an allen Hochschuleinrichtungen durchgeführt werden. Zudem gab es Einrichtungen zum Erwerb mittlerer Berufsbildungen, zu denen u.a. die Lehrerbildungsanstalt und die Bildungsanstalt für den Primarunterricht rechneten (Müller, a.a.O., S 357). Nach der vom Senat eingeholten Auskunft der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 10. Februar 2003 wurde die Lehrerausbildung in Polen zu Beginn der 70-er Jahre auf Hochschulniveau angehoben. Auch bereits ohne Hochschulqualifikation im Schuldienst tätige Lehrkräfte sollten nachträglich eine Hochschulqualifikation erlangen. So konnten sich auch ältere Lehrkräfte nach einer bestimmten Vorbereitungszeit dem Examen zur Erlangung von Qualifikationen gleichwertig einem Berufsstudium (für Lehrer) unterziehen. Das erfolgreiche Bestehen des Examens führte zur rechtlichen Gleichstellung mit den Absolventen eines 3-jährigen Berufshochschulstudiums für Lehrer in Polen. Daraus leitet sich für die seit September 1970 zunächst als Lehrerin ohne Berufshochschulqualifikation in Polen tätige Klägerin nach ihrer Diplomierung eine Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 als gleichwertig ab. Die Aufwertung der Berufsqualifikation im Herkunftsland hatte für die Klägerin nach erfolgreichem Studienabschluss die Anhebung auf Hochschulniveau entsprechend DDR-Verhältnissen zur Konsequenz.

Dem steht nicht entgegen, dass der Hessische Kultusminister mit Schreiben vom 21. März 1988 die Anerkennung der genannten Prüfung als erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen in Hessen nur unter der Voraussetzung in Aussicht gestellt hat, dass zuvor erfolgreich ein je 30 Minuten dauerndes Kolloquium in Physik und in allgemeiner Didaktik der Grundschule absolviert werde. Die Einstufung in die Qualifikationsgruppen ist nicht auf bundesdeutsche Verhältnisse bezogen und die erfolgte Anerkennung des polnischen Diploms durch das Kultusministerium ist im Hinblick auf eine mögliche Verwendung im hiesigen Schuldienst erfolgt. Wenn aber die Anlage 13 aufgrund des § 22 Abs. 1 FRG rechtserheblich wird, kommt es auf die Gegebenheiten im betroffenen Vertreibungsgebiet an (BSG, Urteil vom 14. Mai 2003 a.a.O., S.10). Dies gilt auch bei unverändert ausgeübter Tätigkeit nach geänderter Qualifikation, denn daran schließt sich ein Wechsel in der Qualifikationsgruppe an (vgl. Müller a.a.O., S. 365 unten). Dementsprechend ist auch der Hinweis im Schreiben der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 10. Februar 2003 nicht entscheidend, dass im Falle der Klägerin eine materielle Gleichwertigkeit mit der Qualifikation nach einem regulären Hochschulstudium nicht angenommen werden könne; die im Herkunftsland erfolgte rechtliche Gleichstellung ist vielmehr maßgeblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
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