L 16 KR 125/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KR 26/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 125/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 5. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte dem Kläger Kosten zu erstatten hat, die ihm dadurch entstanden sind, daß er eine endoskopische, minimalinvasive Bandscheibenoperation durch einen Nichtvertragsarzt hat durchführen lassen.

Der Kläger ist am xx.x.1944 geboren und bei der beklagten Ersatzkasse freiwillig versichert. Er begab sich im April 1997 wegen Rückenbeschwerden in die Behandlung des Dr. Kxxux aus Hxxxxx. Die ser veranlaßte die Durchführung von Untersuchungen durch den Orthopäden Dr. Rxxxxxxxl aus Bxxxxx (17.4.1997) und den Radiologen Dr. Mxxxxx von der Ev. Krankenhaus GmbH in Hxxxxxxxx (25.4.1997). Dr. Rxxxxxxxx diagnostizierte als Ergebnis einer MRT u.a. einen Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 links. Der Kläger unterzog sich deshalb - nach Voruntersuchung und Vorbereitung am Vortag - am 29.4.1997 - einer ambulanten Operation nach einer minimalinvasiven Methode - endoskopische Nukleotomie mit Sequesterentfernung - bei dem zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassenen Orthopäden Dr. Hxxxxxxx aus Mxxxxxx (privatärztliche, nach GOÄ-Ziffern spezifizierte Rechnung vom 30.4.1997 über 6619.- DM). Dieser hatte die zur vertragsärztlichen Versorgung gleichfalls nicht zugelassenen Anästhesisten Drs. Bxxx und Wxxxx hinzugezogen (privatärztliche Rechnung vom 29.4.1997 über 1140.- DM).

Mit Schreiben vom 24.6.1997 wandte sich der Kläger am 25.6.1997 erstmals in dieser Angelegenheit an die Beklagte; er bat die Arztkosten zu übernehmen und trug vor: Grund für seine Entscheidung für die endoskopisch, minimalinvasive Operationsmethode sei gewesen, daß drei in den Jahren 1994 bis 1996 bei seiner Frau nach der klassischen Methode durchgeführte Bandscheibenoperationen insgesamt ca. 100.000.- DM gekostet und das Verbleiben einer Versteifung zur Folge gehabt hätten, während eine Bekannte nach dem minimalinvasiven Eingriff völlig schmerz- und behandlungsfrei sei, wie auch er nach Ablauf von nun fast acht Wochen nach dem Eingriff völlig schmerzfrei sei und Lähmungserscheinungen nicht mehr zu beklagen habe. Die Beklagte erstattete dem Kläger die von den Drs. Rxxxxxxxx und Mxxxxx liquidierten Kosten abzüglich eines Abschlags nach § 13 Abs 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) V (Vermerk vom 1.7.1997). Zahlungen auf die Rechnungen der Drs. Hxxxxxxx, Bxxx und Wxxxx lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 2.7.1997 und den Widerspruch des Klägers in der Sache zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 22.1.1998), weil deren Leistungen entgegen § 2 SGB V nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen und nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörten, weil Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V nur aus Anlaß der Behandlung durch Vertragsärzte erfolgen dürfe (Hinweis auf BSG Urteil vom 10.5.1995 1 RK 14/94), und weil der Kläger sich nicht vor Inanspruchnahme der außervertraglichen Leistung an die Kasse gewandt habe (Hinw. auf BSG Urt.v. 18.1.1996 1 RK 8/95).

Der Kläger hat am 17.2.1998 Klage erhoben. Seine Bevollmächtigten haben die o.a. Arztrechnungen, eine Aufstellung der der Ehefrau des Klägers entstandenen Kosten, einen Arztbrief des Dr. Hxxxxxxx vom 29.4.1997 sowie Presseverlautbarungen über die streitige Methode zu den Akten gereicht und geltend gemacht: der Kläger habe nach Maßgabe von § 13 SGB V Kostenerstattung wählen dürfen; auch habe ein Fall des § 13 Abs 3 SGB V vorgelegen, da er wegen nicht mehr auszuhaltender Schmerzen dringend eine erfolgversprechende Behandlung habe wählen müssen, wobei eine vorherige Antragstellung nicht tunlich gewesen sei; es habe sich um eine Notfallbehandlung iS von § 76 Abs 1 S. 2 SGB V gehandelt; die Wirtschaftlichkeit der minimalinvasiven Methode sei durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu belegen und im übrigen müsse das Recht auf freie Arztwahl im Lichte neuerlicher Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) neu gewürdigt werden; so habe der EuGH mit sei ner Entscheidung vom 28.4.1998 in NJW 1998,1771 entschieden, daß eine nationale Regelung, die die Erstattung der Kosten für Zahnbehandlung durch einen Zahnarzt in einem anderen Mitgliedsstaat nach den Tarifen des Versicherungsstaates von der Genehmigung des Trägers der Sozialen Sicherheit des Versicherten abhängig mache, gegen die Art 59 und 60 EGV verstoße.

Der Kläger hat vor dem SG beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3.7.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 22.1.1998 zu verurteilen, auf Rechnung von Dr. Hxxxxxxx vom 30.4.1997 einen Betrag von 6619,00 DM und auf Rechnung von Drs. Bxxx und Wxxxx vom 29.4.1997 einen Betrag von 1140,00 DM zu erstatten.

Die Beklagte hat vor dem SG beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten.

Das SG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 5. Mai 1999 abgewiesen. Auf die Gründe des Urteils wird Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das Urteil - ihm zugestellt am 20.5.1999 - am 18.6.1999 Berufung eingelegt. Die Beteiligten haben ihr Vorbringen wiederholt und ergänzt.

Das erkennende Gericht hat sich mit einer Anfrage an den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gewandt. Auf die Anfrage vom 27.3.2000, die Antwort vom 29.3.2000 und den Inhalt des vom Bundesausschuß beigefügten Aufsatzes "Der Bandscheibenvorfall" (aus Dt Ärzteblatt 96, Heft 9 vom 5.3.1999, A-548) wird Bezug genommen. Die Beklagte hat einen in der Sitzung des Senats vom 13.4.2000 unter dem Vorbehalt des Widerrufs bis zum 2.5.2000 geschlossenen Vergleich am 27.4.2000 widerrufen.

Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer den Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Das erkennende Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung durch Urteil des Berichterstat ters entscheiden (§§ 155 Abs 3 und 4, 124 Abs 2 SGG).

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Dortmund vom 5. Mai 1999 ist unbegründet. Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der ihm durch Inanspruchnahme der Münchner Ärzte entstandenen Kosten. Einem solchen Anspruch stehen mehrere Grundsätze des Rechts des gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nebeneinander entgegen und diese Grundsätze bleiben, soweit hier von Belang und ersichtlich, auch durch neuerliche Rechtsprechung des EuGH unangetastet.

Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit das SGB nichts Abweichendes vorsieht (§ 2 Abs 1 S. 1 SGB V). Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB vorsieht. Als solche Ausnahmefälle kamen hier nur die der Absätze 2 und 3 des § 13 SGB in Betracht.

Freiwillige Mitglieder, wie der Kläger, können für die Dauer der freiwilligen Versicherung anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen (§ 13 Abs 2 S. 1 SGB V in der ab dem 1.1.1993 geltenden Fassung des Gesetzes vom 21.12.1992 - BGBl 2266 -, neugefaßt durch Gesetze vom 23.6.1997 - BGBl 1520 - und vom 19.12.1998 - BGBl 3853 -). Der Kläger hat dazu vor dem Senat erklärt: wie die Abrechnung mit Dr. Kxxxx in der Vergangenheit erfolgt sei, könne er nicht sagen; ob er über Krankenschein oder im Wege der Kostenerstattung behandelt worden sei, wisse er nicht; er, Gesellschafter und Geschäftsführer eines Maschinenbauunternehmens, sei in der Vergangenheit - soweit er sich erinnern könne - nicht wesentlich krank gewesen. Der Terminsvertreter der Beklagten konnte zur Klärung der Frage der Wahl von Kostenerstattung durch den Kläger nichts beitragen. Der Senat brauchte dem aber nicht weiter nachzugehen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, daß er aufgrund früherer Praxis oder auch nunmehr konkludent im Nachhinein durch sein Schreiben an die Beklagte vom 24.6.1997 wirksam iS von § 13 Abs 2 SGB V Kostenerstattung gewählt hat, scheitert ein Anspruch aus § 13 Abs 2 SGB V daran, daß auch diese Vorschrift den grundsätzlich auf Leistungen von zugelassenen Leistungserbringern beschränkten Leistungsanspruch aller in der GKV Versicherten (§§ 2 Abs 2 S. 2, 76 SGB V) nicht um die Möglichkeit erweitert, Nichtvertragsärzte in Anspruch zu nehmen. Dies hat der Gesetzgeber im zweiten Halbsatz von § 13 Abs 2 S. 1 SGB V in der ab dem 1.7.1997 in Kraft getretene Fassung des Gesetzes vom 23.6.1997 (BGBl 1520) ausdrücklich klargestellt, und diese Klarstellung ist alsdann Inhalt von § 13 Abs 2 S. 2 SGB V in der der zeit geltenden Fassung des Gesetzes vom 19.12.1998 (BGBl 3853) geworden: "Es dürfen nur die im Vierten Kapitel genannten Leistungserbringer in Anspruch genommen werden". Dieser Grundsatz hat freilich nach der Rechtsprechung des BSG auch schon zuvor und damit auch schon zur Zeit des Eintritts des hier streitigen Versicherungsfalles gegolten (vgl. BSG Urt.v. 10.5.1995 1 RK 14/94 = BSGE 76,101 = SozR 3-2500 § 13 Nr 7 = USK 95 10; SozR 3-2500 § 13 Nr 9), und eine andere Sicht würde eine durch sachliche Gründe nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von freiwillig und pflichtversicherten Mitgliedern der GKV und damit einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) beinhalten. § 13 Abs 2 SGB V konnte mithin Anspruchsgrundlage für die Erstattung des von den Nichtvertragsärzten Drs. Hxxxxxxx, Bxxx und Wxxxx nicht sein.

II.

1. Natürlich dürfen in Notfällen ausnahmsweise auch den kassenärztlichen Mechanismen zur Prüfung von Qualität und Wirtschaftlichkeit ihrer Leistung nicht unterworfene Nichtvertragsärz te zu Lasten der Kassen in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs 2 S. 1 SGB V). Dem entspricht im Leistungsrecht die erste Möglichkeit des § 13 Abs 3 SGB V, nach der von der Krankenkasse Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung - soweit sie notwendig war - in entstandener Höhe zu erstatten sind, so sie dem Versicherten dadurch entstanden sind, daß die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Mit Recht weist insoweit aber die Beklagte daraufhin, daß es sich hier schon dem zeitlichem Zusammenhang nach ersichtlich nicht um einen Notfall gehandelt hat, da der Kläger sich mit dem Eingriff bis zum 29.4.1997 hat Zeit lassen können, nachdem er lange zuvor den behandelnden Vertragsarzt ? Dr. Kxxxx wegen seiner Beschwerden aufgesucht hat te, und nachdem jedenfalls am 17.4.1997 schon die für den Eingriff maßgebliche Diagnose feststand. Demgegenüber greift auch der Einwand der Bevollmächtigten des Klägers nicht, die Beschwerden seien - das könne die Ehefrau des Klägers bezeugen - derartig massiv gewesen, daß eine kurzfristige Behandlung durch den Spezialisten habe erfolgen müssen. Es erscheint schon fraglich, wie kurzfristig der Termin mit dem Spezialisten aus Mxxxxxx hat vereinbart werden können. Es haben aber ohnehin - dies ist allgemeinkundig - solcher Art Spezialisten jedenfalls an jedem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Krankenhaus mit Notfallaufnahme und orthopädisch/chirurgischer Abteilung zur Verfügung gestanden. Die Bevollmächtigten des Klägers verkennen insoweit die Bedeutung, die der Notfallbegriff hier erfährt. Die §§ 76 Abs 1 S. 2, 13 Abs 3 1. Mögl SGB V beinhalten einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch aus einer Garantiehaftung der Krankenversicherungsträgers für das System der GKV; daraus folgt, daß eine Leistung nur dann "unaufschiebbar" iS des Gesetzes ist, wenn kein anderer als ein außervertraglicher Leistungserbringer zur Verfügung steht (BSG in SozR 3.2500 § 13 Nr 11; BSGE 79,190; BSG Urt.v. 19.6.1999 B 1 KR 5/98 R). Die Behauptung des Versicherten hingegen, nur ein Nichtvertragsarzt habe ihm zumutbar und wirtschaftlich helfen können, schafft und beschreibt keinen Notfall. 2 ... Genau besehen behauptet der Kläger nicht einmal dies, wenn er vor dem Senat vorträgt: die Schmerzen an der Wirbelsäule hätten sich während eines Aufenthaltes in den USA eingestellt; sofort nach der Rückkehr habe er sich in die Behandlung des Dr. Kxxxx begeben; Dr. Kxxxx habe ihn generell auf die Möglichkeit der minimalinvasiven Behandlung hingewiesen und wegen der schlechten Erfahrungen seiner Frau mit der klassischen Operationsmethode angeboten, Kontakt mit einem Arzt herzustellen, der minimalinvasiv-endoskopisch operiere; ein Bekannter aus seinem Sportverein habe ihn dann allerdings auf Dr. Hxxxxxxd aus Mxxxxxx verwiesen; an diesen habe er sich dann am Wochenende über dessen Notfallnummer gewandt, eine Behandlung vereinbart, die dann unmittelbar in der nächsten Woche habe stattfinden können und ein voller Erfolg gewesen sei; angesichts der geschilderten Abläufe, daß er zuvor nicht wesentlich krank gewesen sei und nicht sagen könne, ob er ggf. über Krankenschein oder im Wege der Kostenerstattung behandelt worden sei, habe er auch nicht daran gedacht, bei der Krankenkasse oder Herrn Dr. Kxxxx nach einem Vertragsarzt zu fragen, der derartige Operationen im Auftrage der Beklagte hätte durch führen können.

Der Kläger hat sich danach Gedanken nur über die Frage von Art und Beginn des Eingriffs nicht aber darüber gemacht, ob der von ihm bevorzugte Weg der minimalinvasiv-endoskopischen Operation nun im oder nur außerhalb des Systems seiner Versicherung zu verwirklichen war. Auch er selbst ist damit von Vorliegens eines Notfalls im o.a. Sinn nicht ausgegangen. Auf ausdrücklichen Hinweis des Senats, daß die Kasse unter Umständen für ein Fehlverhalten eines Vertragsarztes einzustehen habe (vgl. BSGE 73,271 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4; BSGE 79,190; BSG Urt.v. 19.6.99 B 1 KR 5/98 R) hat der Kläger zudem ausdrücklich erklärt, Dr. Kxxxx habe keine Gelegenheit mehr gehabt, ihn in dieser Frage zu beraten und/oder sich falsch zu verhalten. Daraus, daß die Beklagte die Kosten der Untersuchungen durch die Drs. Roxxxxxxx und Mxxxxx erstattet hat (Erstattungsvermerke vom 1.7.1997), konnte der Kläger schließlich bei der Wahl von Dr. Hxxxxxxx (Fehl)Schlüsse im Hinblick auf die Erstattung der Kosten der folgenden Behandlung in Mxxxxxx schon deshalb nicht ziehen, weil die Rechnung des Dr. Mxxxxx erst am Tag des Beginns der Behandlung durch Dr. Hxxxxxxx am 28.4.1997 ausgestellt ist, während die von Dr. Rxxxxxxxx vom 22.5.1997 datiert.

III.

1. Nach der zweiten Möglichkeit des § 13 Abs 3 SGB V sind von der Krankenkasse Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung - soweit sie notwendig war - in entstandener Höhe auch dann zu erstatten, so sie dem Versicherten dadurch entstanden sind, daß die Kasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. D a d u r c h können aber Kosten nur entstehen, wenn sie entstanden sind, n a c h d e m die Kasse die Leistung abgelehnt hat (vgl. SozR 3-2200 § 182 Nr 15; SozR 3-2500 § 33 Nr 15; BSG Urt.v. 6.2.1997 3 RK 9/96 = ErsK 97, 110 = ZfS 97,110 zur Frage, ob womöglich der Widerspruchsbescheid abgewartet werden muß); BSG Entsch.v. 15.4.97 1 BK 31/96 = NZS 97, 569). Da die streitigen Kosten Ende April 1997 entstanden, die erste Ablehnung der Leistung aber im Juli 1997 erfolgt ist - sei es durch den Bescheid vom 2.7.1997 oder bei einem Telefongespräch mit dem Kläger am selben Tage - konnte die Ablehnung der Leistung durch die Beklagte einen Kostenerstattungsanspruch nicht auslösen.

2. Ein solcher Anspruch hätte ferner erfordert, daß die Beklagte eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hätte, was wiederum voraussetzt, daß der Kläger einen Leistungsanspruch hatte (BSGE 73,271 = SozR 3-2500 § 32 Nr 2). Insoweit geht der Hinweis der Beklagten fehl, die von Dr. Hxxxxxxx durchgeführte Operation habe nicht dem "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse" entsprochen (§ 2 Abs 1 S. 3 SGB V), es habe sich um "neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gehandelt", deren Anwendung zu Lasten der GKV nach § 135 SGB V vom Vorliegen einer Empfehlung in den Richtlinien der Bundesausschüsse nach § 92 Abs 1 S. 2 Nr 5 SGB V abhängig gewesen sei. Es hat zwar der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen mit Schreiben vom 29.3.00 bestätigt, daß er sich mit dem Verfahren der "endoskopischen, minimalinvasiven Bandscheibenoperation" bisher nicht beschäftigt und auch keinen Antrag erhalten hat, diese Methode auf ihren Nutzen, ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Der Bundesausschuß hat auch mit Vorlage des Aufsatzes "Der Bandscheibenvorfall" von Schulitz et alt. zu bedenken gegeben, daß man dort zu dem Resultat komme, daß die offenen, konventionellen Bandscheibenoperationsverfahren in ihrem Nutzen nach wie vor höher einzustufen seien, und daß derzeit noch nicht sicher beurteilt werden könne, ob die technisch wesentlich anspruchsvolleren endoskopischen Verfahren ihrem Anspruch gerecht würden. Das ist aber keineswegs gleichzusetzen damit, daß diese Methode nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspräche. Für das Gegenteil spricht die weitere Mitteilung des Bundesausschusses, nach Auskunft der Geschäftsführung des Bewertungsausschusses, der gemäß § 87 Abs 2 SGB V den Inhalt und die Bewertung der abrechnungsfähigen Leistungen der GKV im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) definiere, seien endoskopisch minimalinvasive Bandscheibenoperationen bereits jetzt als Leistungsbestandteil der GKV über entsprechende Gebührenpositionen des EBM abrechnungsfähig, sodaß eine Durchführung und Abrechnung "auf Krankenschein" möglich sei. Ist dies so, so handelt es sich bei der streitigen Methode nicht um "neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" iS von § 135 SGB V, weil dieser Begriff nur als Abgrenzung zu denjenigen medizinischen Maßnahmen zu verstehen ist, deren Qualität aufgrund der tatsächlichen Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung bereits feststeht oder unterstellt wird; (vgl. BSG in SozR 3-2500 § 135 Nr 4; Urt.v. 28.6.00 B 6 KA 26/99 R). Aus der Antwort des Bundesausschusses vom 29.3.2000, dem die Behandlungsunterlagen aus dem Jahre 1997 mitübersandt worden waren, ergibt sich indes nicht eindeutig, ob die beschriebene Sachlage auch schon im Anwendungszeitpunkt Ende April 1997 vorlag. Es bedurfte aber auch hier weiterer Abklärung nicht, da ein Anspruch des Klägers aus § 13 Abs 3 2. Mögl SGB V, wie erörtert, bereits an der zu 1. beschriebenen Kausalität, der Einhaltung des Beschaffungsweges scheitert.

IV.

Was die danach maßgeblichen Grundsätze der GKV anbetrifft, so erfahren diese keine Einschränkung durch höherrangiges Recht. Hinsichtlich der Urteile des EuGH in Sachen Kxxx und Dxxxxx hat das BSG zwar in einer Entscheidung vom 17.3.1999 (B 1 KR 3/98 = NZS 00,103) die Frage offengelassen, ob aus Gründen der Gleichbehandlung auch die Inanspruchnahme nicht zugelassener Ärzte im Inlandmöglich sein müßte. Das ist aber wohl nur deshalb geschehen, weil es sich um eine ohnehin unzulässige Klage eines Arztes auf Feststellung handelte, daß die Krankenkassen den Versicherten Kostenerstattung ermöglichen müßten. Die offen gelassene Frage läßt sich nämlich eindeutig dahin beantworten, daß die o.a. Entscheidungen des EuGH überhaupt nichts dafür hergeben, das in Deutschland seit nicht wenigen Jahrzehnten verankerte Sachleistungssystem (vgl. BSGE 19,21,23 = SozR Nr 14 zu § 184 RVO; BSG Beschl. v. 21.6.1989 1 RR 7/88 = SGb 89,518) mit dem damit verbundenen Vertragsarztsystem (vgl. BVerfGE 11,30 und Engelmann in NZS 00,1) auszuhebeln. Insoweit mag der Hinweis genügen, daß der EuGH etwa im Urteil vom 28.4.98 "Kohl" (C-158/97) = Slg 98,1935 = NJW 98,1771) zunächst den grundsätzlichen Vorrang des nationalen Rechts in Sachen der Sozialen Sicherheit hervorhebt (Rdn 17 aaO), sich dann ausschließlich mit einem System der Kostenerstattung befaßt (hier der Erstattung nach den Tarifen der luxemburgischen UCM - Rdn 23), um schließlich ausdrücklich zu bestätigen daß nationale Einschränkungen des Dienstleistungsverkehrs aus Gründen des Erhalts eines bestimmten Umfangs der medizinischen und pflegerischen Versorgung pp erlaubt sind (Rdn 51). Der EuGH hat aaO allein deshalb eine nationale Regelung ... mit Art 59 und 60 EGV für unvereinbar erklärt, weil er die u.a. von der UCM vorgetragenen Gründen des Gemeinwohls (Rdn 38) aus tatsächlichen Gründen für nicht gegeben ansah, weil er in diesem Fall keine wesentlichen Auswirkungen auf die Finanzierung diese Systems der Sozialen Sicherheit erkennen konnte (Rdn 42). Demgegenüber kann nicht der geringste Zweifel bestehen, daß das hiesige System der GKV, weil wesentlich auf dem Sachleistungs- und Vertragsarztprinzip gründend, mit dem Fortfall dieser Prinzipien nicht mehr existieren könnte. So hat mittlerweile der Generalanwalt des EuGH in der dort noch anhängigen Sache "Smits (épouse Geraets) und Peerbooms" C-157/99 in seinem Schlußantrag vom 18.5.2000 (unter 41, 42) ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich die Streitsache Kxxx von der anhängigen Sache grundlegend dadurch unterscheide, daß in jener das Kostenerstattungsprinzip eines luxemburgischen Trägers auf dem Prüfstand gestanden habe, während der anhängigen Streitsache "Smits et alt." das Sachleistungsprinzip eines niederländischen Trägers zugrundeliege, mit für die Versicherten kostenlosen Leistungen, bei dem er, der Generalanwalt, sich frage, ob man von Dienstleistung iS von Art 60 des Vertrages sprechen könne angesichts der Tatsache, daß der Begünstigte die Leistung nicht gegen Zahlung von Entgelt erlange.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Es bestand Anlaß, die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zuzulassen, weil die Frage der Beeinträchtigung nationalen durch europäisches Recht hier nach Auffassung des erkennenden Gerichts zwar eindeutig zu beantworten ist, aber gleichwohl von Beteiligten immer wieder aufgeworfen wird.
Rechtskraft
Aus
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