L 16 KR 82/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 44 (26) KR 65/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 82/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 41/00 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Februar 1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung für eine extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) bei Fersensporn.

Der 1927 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Ausweislich eines Befundberichts seines behandelnen Orthopäden Dr. M (vom 21.01.1997) wurde bei ihm im November 1996 eine deutliche spitzzipflige Ausziehung eines heftig abstehenden Fersensporns von ca. 0,8 cm Länge am rechten Fuß diagnostiziert. Auf seinen Antrag von Februar 1997 erklärte die Beklagte ihre Bereitschaft (Schreiben vom 05.05.1997), sich im Rahmen "einer Einzelfallentscheidung - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" an den Kosten der ESWT in Höhe von DM 1.369,50 zu beteiligen.

Am 14.11.1997 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für weitere zwei bis drei Stoßwellenbehandlungen unter Vorlage eines Attestes seines behandelnden Orthopäden Dr. M vom 11.11.1997. Darin ist u.a. ausgeführt, nach Durchführung einer sonstigen konservativen Maßnahme seien die genehmigten zweimaligen extrakorporalen Stoßwellenbehandlungen durchgeführt worden, obwohl aus medizinischer Sicht angesichts des klinischen Befundes drei bis vier Behandlungen notwendig gewesen wären. Da der Kläger den Sommer über weitgehend beschwerdefrei gewesen sei, habe man auf die Durchführung weiterer Stoßwellentherapien unter Kostengesichtspunkten verzichtet worden. Seit vier Wochen komme es jetzt aber zum ersten Rezidiv, das inzwischen "schonentlastet" und erneut "bespritzt" worden sei. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.12.1997 ab. Die ESWT sei eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Die kassenärztliche Bundesvereinigung habe in Zusammenarbeit mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen Richtlinien über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) erarbeitet. Für die ESWT könne im geprüften Einzelfall eine Kostenerstattung je Krankheitsfall in Höhe von DM 1.369,50 erfolgen. Bereits am 05.05.1997 habe die Beklagte für den vorliegenden Krankheitsfall DM 1.368,00 überwiesen, so dass noch ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von DM 1,50 verbleibe. Der hiergegen am 17.12.1997 vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.1998 zurück gewiesen. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, die ESWT zähle nicht zur vertragsärztlichen Versorgung, weswegen grundsätzlich auch für eine entsprechende Privatbehandlung keine Kosten erstattet werden könnten. Aus einem früheren - möglicherweise - fehlerhaften Verwaltungshandeln könnten keine Ansprüche auf Leistungen hergeleitet werden.

Hiergegen hat der Kläger am 27.04.1998 Klage erhoben und vorgebracht, bei ihm seien bereits sämtliche konservative Behandlungsmaßnahmen durchgeführt gewesen, bevor er, um einer kostspieligen und für ihn belastenden Operation aus dem Wege zu gehen, die Kostenerstattung für ESWT n beantragt habe. Andere Behandlungsmaßnahmen, wie gepolsterte Einlagen und Schuhzurichtungen, hätten zu keinem Erfolg geführt. Für die beantragte Behandlungsmethode liege eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen vor, die bestätigten, dass bei verschiedenen therapierestistenten Verläufen die Anwendung der Stoßwellentherapie zu guten Erfolgen geführt habe. Zudem habe die Beklagte mit ihrem "Abhilfebescheid" vom 05.05.1997 im vorausgegangenen Verfahren die ärztliche Aussage des behandeln den Orthopäden als nicht widerlegt angesehen und sich bereit erklärt, die Kosten der Therapie teilweise zu übernehmen.

Auf den Hinweis des Sozialgerichts, der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe zwischenzeitlich beschlossen, dass die ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen zu Methoden gehöre, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen (Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 25.07.1998), erklärte der Kläger, er stelle diese Entscheidung des Ausschusses zur gerichtlichen Überprüfung. Der Bundesausschuss trete hier als "Nebengesetzgeber" auf, ohne seine Legimitation in rechtmäßiger Weise vom eigentlichen Gesetzgeber ableiten zu können. Als eingesetztes Selbstverwaltungsgremium besitze der Ausschuss keine rechtmäßige Befugnis, über die Kassenzulassung neuer Therapierichtungen zu entscheiden. Der vom Sozialgericht zitierte Beschluss sei somit in nicht rechtmäßiger Weise zustande gekommen. Die formale Befugnis des Ausschusses, über die Kassenzulassungen neuer Therapierichtungen zu entscheiden, sei rechtswidrig. Die Entscheidungsfindung im konkreten Fall sei rechtsfehlerhaft, die Entscheidung sei nahezu willkürlich getroffen worden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls des Ausschusses sei der Genehmigungsantrag bezüglich der Stoßwellentherapie nach einer Ablehnungsempfehlung des vortragenden Vorsitzenden im Eilverfahren "abgenickt" worden. Die argumentative Tischvorlage sei ohne jegliche Beachtung geblieben. In medizinischer Hinsicht sei die Entscheidung zudem nicht begründet. Die Stoßwellen-Standard-Therapie gelte in medizinischen Fachkreisen als absolut überzeugend. Auch finanzielle Erwägungen trügen die Entscheidung nicht, vielmehr bestehe ein hohes Einsparpotential bei Kassenzulassung dieser Therapie. Im Falle des Klägers komme hinzu, dass er als Diabetiker durch eine - ohne die Stoßwellentherapie notwendige - Operation besonders gefährdet werde. Schließlich besitze er einen grundrechtlich abgesicherten Anspruch, dass ihm ein medizinischer Fortschritt nicht durch Entscheidungen von Rechtsträgern oder Selbstverwaltungsgremien vor enthalten werde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.1998 zu verurteilen, die Kosten für die beiden weiteren durchgeführten Behandlungen der extrakorporalen Stoßwellentherapie zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage könne keinen Erfolg haben, da die strittige Behandlungsmethode nunmehr in der Anlage B der NUB-Richtlinien enthalten sei. Es handele sich somit um eine Behandlungsmethode, die keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden habe, so dass eine Kostenübernahme nicht erfolgen dürfe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass eine Kostenübernahme einer neuen Behandlungsmethode nicht davon abhängig gemacht werden dürfe, ob sie im Einzelfall zum Erfolg geführt habe (Urteil vom 26.09.1997 - 1 RK 17/95). Ferner seien nach der Rechtsprechung Krankenkassen oder Sozialgerichte nicht dazu berufen, die herrschende Meinung der Wissenschaft für unrichtig und eine Mindermeinung für zutreffend zu erklären. So habe das BSG im Urteil vom 16.12.1993 - 4 RK 5/92 - ausgeführt, die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien - jedenfalls im Leistungsrecht - nicht dazu berufen, in medizinisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzungen ihre im Einzelfall mittels ausgewählter Sachverständiger gefundende medizinische Ansicht an die Stelle des Regelwerks des vom Gesetzgeber autorisierten besonders sachkundigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu setzen. Dieser sei heterogen zusammengesetzt. Er sei fähig und gesetzlich dazu bestellt, die gesamte Breite und Tiefe der ärztlichen Erfahrung sowie die allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnisse und jeweils den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Ergebe die Prüfung, dass eine Richtlinie rechtlich gültig und ihr Inhalt, wenn auch medizinisch wissen schaftlich nicht unumstritten, so doch sachlich vertretbar sei, sei dieses Regelwerk (nicht die Meinung einzelner Personen) für die Sachentscheidung maßgebend. Auch der Hinweis, dass durch die Kostenübernahme der streitigen Behandlung Kosten eingespart werden könnten, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Krankenversicherung beruhe auf dem Gedanken des Solidarausgleichs innerhalb der Versichertengemeinschaft, sie kenne nicht das Prinzip des Finanzausgleichs zwischen Versicherten- und Kassenvermögen, mit dem Effekt, dass - angeblich - ersparte Aufwendungen der Kasse den Versicherten gutzubringen sind.

Mit Urteil vom 16.02.1999 hat das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf den bestandskräftigen Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 24.04.1998 zurückgewiesen. Einen Mangel des Leistungssystems trotz oder aufgrund dieses Beschlusses vermöge die Kammer nicht anzunehmen. Im Parallelverfahren mit gleichgelagerter Problematik sei vorgetragen worden, es habe eine kontroverse Diskussion über die Anerkennung der ESWT im Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen stattgefunden. Insofern sei nicht ersichtlich, dass der Bundesausschuss auf der Grundlage unzureichender Unterlagen entschieden haben sollte. Die rein medizinische Entscheidung könne nicht nur durch das Gerichtüberprüft werden. Ein Anspruch des Klägers lasse sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass die Beklagte ihm die Kostenerstattung für die beiden ersten Behandlungseinheiten bewilligt habe.

Gegen dieses ihm am 19.03.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.04.1999 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht gehe irrig davon aus, es seien keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine sachwidrige Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bzw. für einen Verfahrensmangel beim Zustandekommen des Beschlusses zu finden. Jedenfalls hätte das Gericht den Vortrag des Klägers zum Anlass nehmen müssen, insofern eigene Ermittlungen an zustellen. Klarzustellen sei, dass der behandelnde Arzt dem Kläger mitgeteilt habe, eine Operation hätte keinen Erfolg und die typischen negativen Folgen einer Operation sollten vermieden werden. Der Kläger habe zunächst Einlagen und später besondere Polsterungen getragen. Diese hätten aber zu Verspannungen und Verwachsungen als Folge hiervon zu Entzündungen über dem Knie einhergehend mit einem falschen Auftritt geführt. Der Kläger betont, er habe vor Beginn der ESWT sämtliche vertragsärztliche Behandlungsmethoden ausgeschöpft gehabt. Erst die ESWT habe zu einem dauerhaften Erfolg geführt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Dortmund vom 16.02.1999 abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält über das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Beteiligten verschiedene Unterlagen zugeleitet: ein Schreiben des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, Arbeitsausschuss "NUB-Richtlinien" vom 14.01.1997 (eingeholt zum Az.: S 4 Kr 112/96), eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. S, vom 15.03.1998 (eingeholt zum Az.: S 4 Kn 112/96), sowie den Zusammenfassenden Bericht des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesauschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen des Jahres 1998 zur Bewertung der ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V.

Die Verwaltungsakte der Beklagten hat neben der Prozessakte vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 08.12.1997 in der Fassung des Wider spruchsbescheides vom 24.03.1998, mit dem die Beklagte die Erstattung der Kosten für weitere extrakorporale Stoßwellenbehandlungen abgelehnt hat, ist rechtmäßig.

Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die ESWT von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen ist. Denn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat beschlossen, dass die ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen zu den Methoden gehört, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen (Beschluss des Bundesausschusses vom 24.04.1998, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 136 vom 25.07.1998, gültig seit dem 26.07.1998 - Überführung aus Anlage B Nr. 2 der Richtlinien über die Einführung Neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen in Anlage B ("nicht anerkannt"); Nr. 23 der Beschlüsse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (NUB-Richtlinien) durch Beschluss des Bundesausschusses vom 10.12.1999, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 56 vom 21.03.2000, gültig seit dem 22.03.2000). Bei diesen NUB-Richtlinien handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen, die in Verbindung mit § 135 Abs.1 SGB V verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkassen sind. Die NUB-Richtlinien sind nicht nur von den Vertragsärzten zu beachten, sie legen vielmehr auch zwischen Versicherten und Krankenkassen verbindlich fest, was zum Leistungsumfang gehört (BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 32/95 - SozR 3-2500 § 135 SGB V Nr. 5). Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies: Sowohl die Krankenkassen als auch die Gerichte haben die Entscheidung des Bundesausschusses zu beachten. Der Versicherte, der sich - wie der Kläger - eine in den Richtlinien ausgeschlossene Behandlung auf eigene Rechnung beschafft hat, kann im Kostenerstattungsverfahren nicht mit Erfolg ein wenden, die betreffende Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen.

Die vom Kläger vorgebrachten Bedenken gegen die Rechtsetzung durch Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden überzeugen nicht. Der Kläger hält nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen eine Übertragung von Normsetzungsbefugnissen auf die gemeinsame Selbstverwaltung für generell unzulässig und stellt die demokratische Legitimation der Selbstverwaltungsinstitutionen in Frage. Nach Auffassung des Senats ist der Gesetzgeber aber zur Übertragung von Befugnissen zu autonomer Rechtsetzung berechtigt. Es ist ihm insbesondere von Verfassungs wegen nicht verwehrt, solchen Körperschaften, in denen die Interessen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen gebündelt werden, Aufgaben zur gemeinsamen Erledigung zu übertragen und ihnen dazu gemeinsam auszuübende Rechtssetzungsbefugnisse einzuräumen. Der Senat folgt insofern der von dem Vorsitzenden Richter am BSG Dr. K. E. in seinem Aufsatz "Untergesetzliche Normsetzung im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung durch Verträge und Richtlinien",(Neue Zeitschrift für Sozialrecht - NZS - 2000, S. 1 ff., 6) vertretenen Ansicht, dass die Normsetzung durch die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen als verfassungsrechtlich zulässig zu bewerten ist. Denn der nachkonstitionsnelle Gesetzgeber hat an das historisch gewachsene System einer gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen und damit auch ein Kollektivvertragssystem angeknüpft, das eine gemeinsame Normsetzung bedingt. Und er hat dieses System durch gesetzgeberische Akte ausgestaltet und verfeinert. Er hat insbesondere durch § 93 Abs. 1 SGB V den Bundesausschüssen die Aufgabe übertragen, "die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten" zu beschliessen. Nach Satz 2 Ziff. 5 dieser Norm sollen die Ausschüsse insbesondere Richtlinien beschliessen über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden.

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber dem Bundesausschuss nicht eine ungebundene Regelungsmacht eingeräumt. Der Gesetzgeber hat dem Bundesausschuss vielmehr - wie Schnapp dies in "Aktuelle Rechtsquelleprobleme im Vertragsarztrecht" (Die Sozialgerichtsbarkeit - SGb - 1999, 62, 65) formuliert - mit § 92 SGB V ein strukturiertes Entscheidungsprogramm zugewiesen, das erkennen läßt, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz der Bundesausschuss von der Ermächtigung Gebrauch machen soll. In der Begründung zum Gesetzentwurf des 2. GKV-ÄndG (BT-Drucks. 13/7264 S. 64 zu Art. 1 Nr. 27a, zu Buchstabe b, c, d) wird ausgeführt, durch die Richtlinien des Bundesausschusses sollten Leistungs- und Leistungserbringungsrecht mit verbindlicher Wirkung sowohl für Versicherte und Krankenkassen als auch für Vertragsärzte und Kassenärztliche Vereinigungen in Übereinstimmung gebracht werden.

Der Kläger kann auch nicht erfolgreich geltend machen, die Entscheidungsfindung des Bundesausschusses sei vorliegend rechtsfehlerhaft bzw. die Entscheidung nahezu willkürlich getroffen worden. Denn der Bundesausschuss hat ausweislich seines zusammenfassenden Berichts vom 22.07.1999 über die Beratungen des Jahres 1998 zur Bewertung der ESWT die eingeholten Stellungnahme und die neue wissenschaftliche Literatur beraten. Bezüglich der Indikationen "Plantare fascitis mit und ohne Fersensporn" hat der Ausschuss bei allen Studien erhebliche methodische Mängel festgestellt und ist zusammenfassend zu der Auffassung gekommen, dass der Nutzen und die Notwendigkeit auch bei dieser Indikation nicht belegt sei. Das Verfahren befinde sich bei dieser Indikation in der Phase der experimentellen klinischen Evaluation (siehe Abschnitt 7.4.2 des Berichts).

Der Kostenerstattungsanspruch des Klägers scheitert im übrigen auch daran, dass er sich die ESWT beschafft hat, ohne die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Denn die dritte und vierte Behandlungseinheit erfolgte ausweislich der vorgelegten Rechnungen am 29.04. und 16.05.1997. Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten aber nur Kosten zu erstatten, die dadurch entstanden sind, das die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24.09.1996 - SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 11 und vom 15.04.1997 - SozR 3- 2500 § 13 Nr. 15) muß zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründeten Umstand und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Kausalzusammenhang bestehen, ohne den die Bedingung des § 13 Abs. 1 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt ist. Das bedeutet, dass die Krankenkasse nur für solche Leistungen aufzukommen hat, die sie auch bei rechtzeitiger bzw. ordnungsgemäßer Bereitstellung der geschuldeten Behandlung hätte gewähren müssen. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Kriterien ist für den geltend gemachten Anspruch kein Raum. Denn die vorgenannten Behandlungstermine liegen sowohl vor der Antragstellung am 14.11.1997 als auch der Entscheidung der Beklagten durch Bescheid vom 08.12.1997.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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