L 4 RA 319/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 RA 34/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 319/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 6/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. August 2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten. III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Anspruchs des Klägers auf originäre Zusatzversorgung aus der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) zum 31.12.1991.

Der am ...1942 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Elektromechanikers und war vom 01.03.1959 bis 30.12.1991 beim VEB F ...K ..., unterbrochen von einer Zeit der Ableistung des Grundwehrdienstes und einer Tätigkeit bei der NVA vom 11.04.1960 bis 22.07.1963, versicherungspflichtig beschäftigt. Berufsbegleitend absolvierte er ein Fachschulstudium an der Ingenieurschule für Elektrotechnik M ... in der Fachrichtung "Elektronische Geräte/Fertigung" und war nach erfolgreichem Abschluss berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (Urkunde vom 06.09.1969). Nach weiterer beruflicher Ausbildung an der Technischen Hochschule K ... erlangte er im Juni 1976 den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" (Urkunde vom 03.06.1976).

Vom 01.10.1976 bis 30.06.1990 war der Kläger Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) und entrichtete entsprechende Beiträge. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) nach der Verordnung vom 17.08.1990 (GBl. S. 844) und der dazu erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 (2. DB; GBl. S. 487) hatte er bis zur Schließung der Zusatzversorgungssysteme zum 30.06.1990 nicht erhalten.

Seit 01.06.1990 war der Kläger arbeitsunfähig und bezog ab Juli 1990 bis 08.12.1991 Krankengeld. Seit 09.12.1991 gewährte ihm der Rentenversicherungsträger nach den rentenrechtlichen Regelungen des Beitrittsgebiets Invalidenrente in Höhe von 764,00 DM sowie Zusatzinvalidenrente von 509,00 DM. Damit bestand zum 31.12.1991 eine Gesamtrentenleistung vom 1.273,00 DM (vgl. Rentenbescheid vom 20.08.1992). Diese Bestandsrente wurde zum 01.01.1992 nach § 307a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewertet und angepasst (Rentenbescheid vom 30.09.1992). Danach ergab sich zum 01.01.1992 unter Berücksichtigung eines Auffüllbetrages ein monatlicher Zahlbetrag vom 1.386,65 DM.

Im Rahmen der Kontenklärung für einen künftigen Anspruch auf Regelaltersrente stellte der beklagte Versorgungsträger zunächst mit Bescheid vom 25.01.2000 fest, dass für den Kläger vom 01.09.1969 bis 30.06.1990 Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem vorliegen, die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 AAÜG). Der Rentenversicherungsträger werde prüfen, ob er weitere Daten aufgrund der festgestellten Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung für die Neufeststellung der Leistung benötige. In diesem Fall werde der beklagte Versorgungsträger in einem weiteren Bescheid die erforderlichen Daten feststellen. Dieser weitere, in Bestandskraft erwachsene Feststellungsbescheid erging am 12.02.2001. Damit wurden für den bereits festgestellten Zeitraum der in der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nachgewiesenen Zeiten das erzielte Arbeitsentgelte sowie die Zahl der Arbeitsausfalltage festgestellt und dem Rentenversicherungsträger mitgeteilt.

Einen Antrag des Klägers auf Berücksichtigung der überführten Daten des Versorgungsträgers und Neufeststellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte der Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom 19.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2001 ab. Die Anerkennung von Zeiten nach dem AAÜG führe nicht dazu, dass nach § 307b Abs. 1 SGB VI ein Anspruch auf eine Neufeststellung der bisherigen Bestandsrente entstehe. Ein derartiger Anspruch sei nach dem eindeutigen, einer Auslegung nach Sinn und Zweck der Regelung nicht zugänglichen Wortlaut des § 307b Abs. 1 SGB VI nur gegeben, wenn am 31.12.1991 zumindest dem Grunde nach Anspruch auf eine nach §§ 2, 4 AAÜG überführte Leistung aus der Zusatz- oder Sonderversorgung bestanden habe. Dieser Anspruch sei bei von § 307a Abs. 1 bis 5 SGB VI erfassten Bestandsrentnern des Beitrittsgebiets nicht gegeben; ein solcher Anspruch könne auch nicht nachträglich durch die Anerkennung von Zeiten nach dem AAÜG entstehen. Somit verbleibe es bei der gem. § 307a Abs. 1 bis 3 SGB VI umgewerteten Erwerbsunfähigkeitsrente. Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Chemnitz Klage erhoben (S 11 RA 390/01), die wegen der Klärung, ob am 31.12.1991 für den Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Zusatzversorgung bestand, ruht.

Am 26.11.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung, dass dem Grunde nach am 31.12.1991 ein Anspruch auf Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben bestanden hat. Dieses Begehren lehnte der beklagte Zusatzversorgungsträger mit Bescheid vom 27.12.2001 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 11.12.2002 ab. Ein Anspruch auf originäre Zusatzversorgung habe zum 31.12.1991 nicht bestanden. Die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach dem Wortlaut der jeweiligen Versorgungsordnung bedinge nicht gleichzeitig, dass auch Versorgungsansprüche nach originärem Versorgungsrecht entstanden seien. Während sich die Zeiten im SGB VI nach § 5 Abs. 1 AAÜG auf gesetzlicher Novation ab 01.01.1992 begründeten, sei für Ansprüche bis 31.12.1991 weiterhin das originäre Versorgungsrecht der ehemaligen DDR maßgebend geblieben. Dieses Versorgungsrecht setze für einen Leistungsanspruch jeweils die tatsächliche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem und das Fortbestehen der Anwartschaft zum Zeitpunkt des Leistungsfalles zwingend voraus. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger nicht gegeben. Er habe ab 09.12.1991 Invalidenrente und Zusatzinvalidenrente aus der FZR bezogen.

Mit der am 08.01.2003 beim Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage führte der Kläger sein Ziel zur Feststellung eines originären Anspruchs auf Zusatzversorgung zum 31.12.1991 weiter. Ein solcher Anspruch ergebe sich aus § 3 Buchst. b der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17.08.1950. Schließlich habe die Beklagte mit bindendem Bescheid vom 12.02.2001 seine Beschäftigungszeiten vom 01.09.1969 bis 30.06.1990 als Zugehörigkeitszeiten zur AVItech anerkannt.

Nach Anhörung der Beteiligten gab das Sozialgericht der Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 statt und verurteilte die Beklagte festzustellen, dass für den Kläger ein Anspruch auf originäre Zusatzversorgung aus dem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG bestanden hat. Der Kläger habe zwar keine Versorgungszusage erhalten, nach § 5 Abs. 1 AAÜG hänge aber die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht notwendig davon ab, ob und wann in der DDR eine Versorgungszusage erteilt worden sei. Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG lägen auch vor, wenn eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, für die eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei (vgl. BSG, Urteil vom 24.3.1998 - B 4 RA 27/97 R). Die Bewertungsregelungen der §§ 5 bis 8 AAÜG seien entsprechend den Vorgaben des Einigungsvertrages zunächst auf Ansprüche und Anwartschaften anzuwenden, die nach Bundesrecht (rückschauend) als zum 01.07.1990 bestehend anerkannt und zum 31.12.1991 in die Rentenversicherung des Beitrittsgebietes überführt worden seien. Eine solche Berechtigung habe sich aus einer Rentenbewilligung oder einer Versorgungszusage der früher in der DDR hierfür zuständigen Organe ergeben können, die gemäß Art. 19 Einigungsvertrag als Verwaltungsakt im Sinne des Bundesrechts nach dessen Maßstäben und im hierdurch vorgegebenen Umfang weiterhin zu beachten sei. Daneben sei eine Versorgungsanwartschaft nach den Regelungen des Einigungsvertrages auch noch bei Positionen anzunehmen, aufgrund derer (ohne erteilte Versorgungszusage) mit einer Bewilligung eines "Versorgungsanspruchs" zum 01.07.1990 habe gerechnet werden dürfen, falls der Leistungsfall bis Ende Juni 1990 eintrat oder eingetreten wäre (BSG, Urteil vom 12.06.2001 - B 4 RA 107/00 R, m.w.N.). Beim Kläger sei der Leistungsfall erst nach dem 01.07.1990 eingetreten. Er hätte danach zum 01.07.1990 noch mit einer Bewilligung seines "Versorgungsanspruchs" rechnen können. Insoweit bestehe für den Kläger ein Vertrauensschutz. Schließlich habe die Beklagte im Bescheid vom 12.02.2001 bindend festgestellt, dass der Kläger die entsprechenden Zeiten bis zum 30.06.1990 in einem Versorgungssystem zurückgelegt habe. Er habe damit auch Anspruch auf Feststellung, dass ein originärer Anspruch auf die begehrte Zusatzversorgung bestanden habe.

Gegen den der Beklagten am 27.08.2003 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 03.09.2003 eingelegte Berufung. Das Sozialgericht verletze mit seiner Entscheidung die Regelungen des Einigungsvertrages (EV) hinsichtlich des Verbots der Neueinbeziehungen in die durch das Rentenangleichungsgesetz vom 28.06.1990 geschlossenen Zusatzversorgungssysteme der DDR. Das AAÜG gelte, wenn der Leistungsfall noch am 30.06.1990 eingetreten wäre und der Berechtigte bei bundesrechtlicher Auslegung und Anwendung der Regelungen der Versorgungssysteme einen Versorgungsanspruch zum 30.06.1990 gehabt hatte. Dies sei stets der Fall, wenn eine Einzelfallregelung, also eine Versorgungszusage bereits vorgelegen habe, oder nur durch eine nach Art. 19 EV aufzuhebende Entscheidung außer Kraft gesetzt worden sei. Darüber hinaus habe aus der am 01.08.1991 (Inkrafttreten des AAÜG) allein maßgeblichen Sicht des Bundesrechts am 30.06.1990 eine Versorgungsanwartschaft bestanden, wenn in bundesrechtlicher Auslegung der Regelungen der Versorgungssysteme der Versorgungsträger zwingend und ohne eigenen Entscheidungsspielraum, eine Versorgungszusage zu erteilen gehabt hätte. Wenn der Betroffene alle Voraussetzungen hierfür bereits erfüllt gehabt habe, habe - bundesrechtlich - die noch ausstehende Versorgungszusage keine rechtsbegründende, sondern nur noch feststellende Bedeutung gehabt. Der Kläger habe am 30.06.1990 diese Voraussetzungen erfüllt. Er habe somit vom 01.09.1969 bis zum 30.06.1990 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG erworben, die als Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 AAÜG gelten. Der Versorgungsträger habe über diese Zeiten einen Feststellungsbescheid (§ 8 Abs. 1 AAÜG) erteilt. Der Kläger, der in der DDR weder eine Versorgungszusage gehabt habe, noch aufgrund einer Einbeziehung in die AVItech eine Anwartschaft erworben habe, habe nach dem am 01.08.1991 in Kraft getretenen AAÜG nur Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem erwerben können. Mit dem Rentenangleichungsgesetz vom 28.06.1990 habe der DDR-Gesetzgeber die Zusatzversorgungssysteme geschlossen und Neueinbeziehungen untersagt. Dieses Verbot der Neueinbeziehung habe der Einigungsvertrag bestätigt (EV Nr. 8 und 9). Auch da die Einbeziehungsregelungen des Versorgungssystems kein Bundesrecht geworden seien (BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 31/01 R), könne der Kläger für Dezember 1991 keinen Versorgungsanspruch erworben haben. Der Kläger habe keine nach § 4 AAÜG in die Rentenversicherung zu überführende Versorgung gehabt. Für eine Versorgungsleistung sei stets ein Verwaltungsakt einer staatlichen Stelle der DDR erforderlich gewesen. Er habe auch keine Versorgungsanwartschaft zu Zeiten der DDR erworben, die nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 AAÜG in die Rentenversicherung zu überführen gewesen wäre, denn eine solche Anwartschaft setzte die durch einen Verwaltungsakt staatlicher Stellen erfolgte Zusicherung voraus, dass bei Eintritt des Leistungsfalls eine Versorgungsleistung gewährt werden würde. Der Kläger habe aufgrund der bundesrechtlichen Vorschriften, die am 01.08.1991 in Kraft getreten seien, Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem erworben. Daraus folge jedoch nicht, dass ein Anspruch auf Versorgungsleistung zum 31.12.1991 bestanden habe. Die Anordnung des EV, bis zum 31.12.1991 die leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungsordnung anzuwenden, habe sich grundsätzlich nur auf Personen bezogen, die am 30.06.1990 in ein Zusatzversorgungssystem nach den Regelungen der Vorsorgungsordnung einbezogen gewesen seien. Wegen des Verbots der Neueinbeziehung habe der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines Versorgungsanspruchs für Dezember 1991 gehabt, denn der Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem gründe sich auf gesetzliche Regelungen, die erst nach Schließung der Versorgungssysteme in Kraft getreten seien.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 13.08.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Für seinen Anspruch könne sich der Kläger auf § 4 Abs. 2 Nr. 2 AAÜG stützen, wonach die in Sonderversorgungssystemen erworbenen Ansprüche auf Altersrente in die Rentenversicherung überführt werden. Dasselbe gelte für Invalidenvollrenten. Der Kläger beziehe seit 09.12.1991 eine Invalidenrente. Ausweislich der Rentenauskunft vom 01.03.2001 habe der Rentenversicherungsträger im Versicherungsverlauf vom 02.04.1990 bis 30.06.1990 für 2 Monate Arbeitsausfalltage und vom 01.07.1990 bis 08.12.1991 für 17 Monate Krankheit vorgemerkt. Das Arbeitsverhältnis selbst habe zum 31.12.1991 geendet. Für den Kläger seien vom 01.09.1969 bis 30.06.1990 Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt worden. Der Kläger könne also nicht wegen des Verbots der Neueinbeziehung von einer erneuten Feststellung seines Anspruchs ausgeschlossen werden. Das Verbot der Neueinbeziehung treffe auf ihn nicht zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 144, 151, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, für den Kläger das Bestehen einen Anspruch auf originäre Zusatzversorgung aus der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) zum 31.12.1991 festzustellen. Ein Anspruch auf Zusatzversorgung aus der AVItech hat für den Kläger zum 31.12.1991 (auch nicht dem Grunde nach) bestanden, denn eine Versorgungszusage, die allein einen Rechtsanspruch auf Leistungsgewährung hätte auslösen können, war dem Kläger bis zur Schließung der Zusatzversorgung zum 30.06.1990 nicht erteilt worden.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts lässt sich ein Leistungsanspruch aus dem Zusatzversorgungssystem aufgrund der Feststellung und Überführung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach dem am 01.08.1991 in Kraft getretenen AAÜG nicht begründen. Ein solcher Anspruch ergäbe sich ausschließlich aus den Regelungen der maßgeblichen Versorgungsordnung; für den Kläger aus der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950 (VO-AVItech; GBl. S. 844) und der dazu erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 (2. DB; GBl. S. 487) i.d.F. des § 22 Rentenangleichungsgesetz vom 28.06.1990 (RAnglG; GBl. I S. 495).

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, das als Art. 3 des Renten- Überleitungsgesetzes (RÜG) vom 25.07.1991 verkündet wurde, gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Die in Versorgungssystemen nach Anlage 1 Nr. 1 bis 22 und Anlage 2 zum AAÜG erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alters und Todes werden zum 31.12.1991 in die Rentenversicherung überführt. Vom 01.01.1992 an sind die Regelungen dieser Versorgungssysteme unbeschadet des § 4 Abs. 4 insoweit nicht mehr anzuwenden (§ 2 Abs. 2 AAÜG). Dazu zählt § 4 Abs. 1 AAÜG nochmals abschließend auf, welche in Zusatzversorgungssystemen erworbenen Ansprüche auf Leistungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen sind. Für die Überführung der in Versorgungssystemen erworbenen Anwartschaften in die Rentenversicherung verweist § 4 Abs. 5 AAÜG auf die Vorschriften der §§ 5 bis 8 AAÜG über die Berücksichtigung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem. Bereits aus diesen genannten Vorschriften lässt sich entnehmen, dass das AAÜG ausschließlich die Modalitäten der Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen regelt; aus dem AAÜG sich Leistungsansprüche jedoch nicht herleiten lassen.

Soweit der beklagte Versorgungsträger mit den Bescheiden vom 25.01.2000 und 12.02.2001 in verfassungskonformer Auslegung des AAÜG aus bundesrechtlicher Sicht Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zur AVItech festgestellt hat, ergibt sich für den Kläger daraus nur der Anspruch auf Berücksichtigung dieser Zeiten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung, auf die ab 01.01.1992 das SGB VI anzuwenden ist (vgl. § 5 Abs. 1 AAÜG). Diese Zeiten werden bei einem künftigen Anspruch auf Regelaltersrente in Anwendung des § 259b SGB VI auch Berücksichtigung finden.

Seinen zum 31.12.1991 geltend gemachten Leistungsanspruch aus der AVItech kann der Kläger daher nur auf die VO-AVItech und die dazu ergangene 2. DB stützen. Die danach maßgeblichen leistungsrechtlichen Regelungen sind, soweit der Einigungsvertrag (EV) selbst versorgungsrechtliche Vorgaben (z.B. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 zum EV (nachfolgend: Nr. 9 EV), Art. 8, 9 Abs. 2, 17, 19) nicht enthält, nach Nr. 9 EV Buchst. b Satz 2 bis zur Überführung der erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung (zum 31.12.1991) nur nachrangig und lückenfüllend weiter anzuwenden. Demzufolge waren nach der Anordnung des EV die Regelungen der Versorgungssysteme ab 03.10.1990 bis zum 31.12.1991, und nur als sekundäres (und partielles) Bundesrecht, anzuwenden.

Mit Blick auf diesen bundesrechtlichen Anwendungsbefehl des EV und den Zeitpunkt der Überführung konnten "(Leistungs-)Ansprüche" aus einem Versorgungssystem gegen den jeweiligen Versorgungsträger nur noch bis zum 31.12.1991 entstehen, sofern am 03.10.1990 eine Anwartschaft bestanden hatte. Demgegenüber konnten Anwartschaften auf Leistungsansprüche nach originärem Versorgungsrecht nur bis zum 30.06.1990 entstehen. Dies folgt aus dem Neueinbeziehungsverbot der Nr. 9 Buchst. a Satz 1 Halbsatz 2 EV. Danach waren Neueinbeziehungen in einem noch "nicht geschlossenen" System ab 03.10.1990 rechtlich nicht mehr zulässig, d.h. schlechthin verboten, ggf. unwirksam. Damit konnten in einem solchen System Anwartschaften ab 03.10.1990 nicht mehr erworben werden. Ferner hat der EV auch Einbeziehungen in Versorgungssysteme ab 01.07.1990 für unwirksam erklärt. Dies ergibt sich aus dem am 03.10.1990 zu sekundärem Bundesrecht erhobenen Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) der DDR vom 28.06.1990 (GBl. I S. 495), das ein Neueinbeziehungsverbot bereits ab 01.07.1990 ausgesprochen hatte. Gemäß § 22 Abs. 1 RAnglG sind alle Zusatzversorgungssysteme bereits mit Wirkung vom 30.06.1990 geschlossen. Damit sind in diesen Systemen Neueinbeziehungen ab 01.07.1990 grundsätzlich nicht mehr rechtswirksam (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 09.04.2002 - B 4 RA 3/02 R und B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; 7).

Am 30.06.1990 hatte der Kläger die Voraussetzungen für eine Versorgungsanwartschaft in der AVItech nicht erfüllt, denn eine Versorgungszusage war ihm bis dahin nicht erteilt worden. Nach dem Neueinbeziehungsverbot in Nr. 9 Buchst. a Satz 1 Halbsatz 2 EV (und in § 22 Abs. 1 RAnglG) erfasst der EV nur solche Personen, die bereits vor dem 01.07.1990 von der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren. Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVItech grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR (vgl. dazu § 3 der 2. DB zur AVItech). Lag sie am 30.06.1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 EV bindend gebliebenen Verwaltungsakt (im bundesrechtlichen Sinn) eine Versorgungsanwartschaft, aus der er aufgrund der bundesdeutschen Anordnung der Weitergeltung der leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme (EV Nr. 9 Buchst. b Satz 2) noch bis zum 31.12.1991 Leistungsansprüche geltend machen konnte.

Da der Kläger aber bis zum 30.06.1990, der durch § 22 Abs. 1 RAnglG angeordneten Schließung der Zusatzversorgungssysteme, eine Versorgungszusage nicht erhalten hatte, kann ihm auch zum Zeitpunkt seiner Invalidisierung zum 09.12.1991 kein Anspruch auf originäre Zusatzversorgung, d.h. auf Leistungen aus der AVItech, zustehen. Die Beklagte hat damit zu Recht einen Anspruch des Klägers auf originäre Zusatzversorgung zum 31.12.1991 abgelehnt.

Aus den genannten Gründen war auf die Berufung der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). -
Rechtskraft
Aus
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