L 3 KA 534/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 5087/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KA 534/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten; im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

I

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung der Quartalsabrechnung 1/1998 wegen der mehrfachen Abrechnung von Leistungen der Nr. 54 b und c des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) bzw. der Anlage 1 der Gebührenordnung des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (nachfolgend nur Bema-Nr. 54 b und c).

Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt in E. und nimmt seit 1988 an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 01.08.2000 teilte ihm die Beklagte mit, das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 13.05.1998 entschieden, dass die Wurzelspitzenresektion an mehrwurzeligen Zähnen nur einmal je Zahn und Sitzung abrechenbar sei. Sie werde entsprechende Berichtigungen der Fälle des Quartals 1/1998 zum Ende des Quartals 3/2000 durchführen und sein Konto mit einem Betrag von DM 3.213,57 (= EUR 1.643,07) belasten. Die zu berichtigenden Fälle seien der Anlage, einer nach Rechnungskassen, Patienten, Behandlungsdaten, jeweiliger Bema-Nummer und Betrag geordneten Aufstellung zu entnehmen.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, es sei bereits eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der Quartalsabrechnung 1/1998 durchgeführt worden. Für eine Wiederaufnahme und erneute sachlich-rechnerische Berichtigung bestehe kein Raum mehr. Im Übrigen sei kein gesetzlicher und kein vertraglicher Rechtsgrund für die Rückbelastung erkennbar. Die Abrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 habe zum Zeitpunkt des Erlasses des Honorarbescheids der damaligen Rechtslage entsprochen. Die inzwischen durch die Entscheidung des BSG eingetretene Änderung der Rechtslage könne nur zu einer Aufhebung von Honorarbescheiden für die Zukunft führen. Selbst wenn der Honorarbescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen sein sollte, wäre eine Berichtigung nur unter den in § 45 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) genannten Voraussetzungen, nämlich unter Abwägung seines Vertrauens auf den Bestand der Honorarabrechnung gegenüber dem Berichtigungsanspruch der Beklagten zulässig.

Mit Bescheid vom 27.10.2000, dem eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, wiederholte die Beklagte die bereits ausgesprochene sachlich-rechnerische Berichtigung. Sie betonte, entsprechend der Entscheidung des BSG sei sie zur Berichtigung verpflichtet und habe hierbei lediglich die "Verjährungsfrist" von vier Jahren, beginnend mit Ende des Kalenderjahres, an dem die Leistung erbracht worden sei, zu beachten. Nur für davorliegende Zeiträume bestehe ein Vertrauensschutz zugunsten des Klägers. Es bleibe daher bei der ausgesprochenen Rückbelastung. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, die Buchungsanzeigen erfüllten nicht die Voraussetzungen für die Aufhebung eines bereits bestandskräftigen Honorarbescheids. Eine gesetzliche oder vertragliche Rechtsgrundlage gebe es hierfür nicht. § 16 des Bayerischen Gesamtvertrages (GV-Z) begründe ein Nachprüfungsrecht nur dann, wenn die Krankenkassen fristgerechte Anträge gestellt hätten. Nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit könne die Beklagte ohne solche Anträge korrigierend eingreifen. Ein Fall der offensichtlichen Unrichtigkeit liege nicht vor. Die Abrechnungen der Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c habe er nach der von der Beklagten herausgegebenen Vertragsmappe korrekt vorgenommen. Im Übrigen seien die für Berichtigungen geltenden Fristen abgelaufen, die mit dem Eingang der Abrechnungsunterlagen bei der Beklagten in Lauf gesetzt würden. Die Bescheide seien auch nicht mit einer dem § 35 Abs.1 SGB X entsprechenden Begründung versehen. Zu seinen Gunsten bestehe ein Vertrauensschutz. Eine Berichtigung könne nur mit Wirkung für die Zukunft vorgenommen werden. Die Beklagte entgegnete, die sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorarbescheids für den Abrechnungszeitraum 1/1998 führe sie auf Grund fristgerechter Anträge der Krankenkassen bzw. deren Verbände von Amts wegen durch. Zahnarztbezogene Einzelanträge der Kassen lägen nicht vor. Der vom Kläger behauptete Vertrauensschutz greife nicht ein. Nach der Rechtsprechung des BSG gelte für Berichtigungen eine 4-jährige "Verjährungsfrist", welche hier nicht abgelaufen sei. Aus diesen Gründen müsse es bei der Rückbelastung bleiben.

In der Sitzung der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigung am 24.01.2001 entschied die Beklagte, dem Widerspruch des Klägers nicht stattzugeben. Die Entscheidung der Widerspruchsstelle gab sie dem Kläger mit Bescheid vom 09.02.2001 bekannt.

Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben, das die von der Mehrfachabrechnung betroffenen Krankenkassen bzw. ihre Verbände beigeladen hat. Der Kläger hat beantragt, den Bescheid vom 27.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2001 aufzuheben und den berichtigten Betrag für das Quartal 1/1998 in Höhe von DM 3.213,57 (= EUR 1.643,07) nachzuvergüten. Zur Begründung seiner Klage hat er u.a. vorgetragen, die Beklagte habe bereits eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarbescheide zu den Quartalen 2/1997, 4/1997 und 2/1998 durchgeführt und in bestandskräftigen Bescheiden vom 17.09.1998, 22.06.1999 und 22.07.1999 hierüber entschieden. Sie habe sogar einen Teilabhilfebescheid zur Honorarabrechnung des Quartals 2/1997 erteilt. Eine nochmalige Überprüfung könne nur noch unter Beachtung der Vorgaben des § 45 SGB X durchgeführt werden. Er verweise auf die Entscheidung des BSG vom 09.05.1990 - 6 RKA 5/89.

Mit Urteil vom 29.08.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Berichtigung hinsichtlich der Bema-Nr. 54 b und c bejaht, der Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 zugestimmt und sich im Übrigen auf die Widerspruchsbegründung der Beklagten bezogen.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und diese damit begründet, er habe erstmals durch das Rundschreiben Nr.10 vom 25.11.1998 Kenntnis davon erlangt, dass die Abrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 streitbefangen sei. Für eine Berichtigung von Abrechnungen vor diesem Zeitpunkt finde sich kein Rechtsgrund. Der Honorarabrechnungsbescheid sei nicht mit einem Vorbehalt versehen gewesen, so dass er von der Endgültigkeit des an ihn ausgezahlten Quartalshonorars habe ausgehen können. Insoweit bestehe zu seinen Gunsten Vertrauensschutz. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte bezüglich der Abrechnungen der Quartale 2/1997, 4/1997 und 2/1998 bereits Berichtigungen vorgenommen und die Abrechnung des Quartals 1/1998 einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen habe. In solchen Fällen habe das BSG, zuletzt in den Urteilen vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R - und vom 26.06.2002 - B 6 KA 6/01 R, eine Vertrauensabwägung gefordert. Die Beklagte hat durch die vom Kläger zitierten Urteile des BSG die Rechtmäßigkeit ihres Handelns bestätigt gesehen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 und des Bescheids vom 27.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2001 zu verurteilen, das berichtigte Honorar für das Quartal 1/1998 von DM 3.213,57 (= EUR 1.643,07) auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1 hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen. Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 143 i.V.m. § 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 27.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2001 entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Beklagte war berechtigt, die Honorarabrechnung des Klägers für das Quartal 1/1998, soweit darin die Bema-Nr. 54 b bzw. c bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen bei Patienten in derselben Sitzung mehrfach abgerechnet wurden, zu berichtigen. Sie konnte den überzahlten Betrag zurückfordern bzw. mit dem laufenden Honoraranspruch des Klägers verrechnen. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen.

Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Berichtigung ist aus § 75 Abs.1 und Abs.2 Satz 2 1.Halbsatz des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) und den gesamtvertraglichen Bestimmungen des § 19 a des Bundesmantelvertrages für Zahnärzte (BMV-Z) bzw. § 16 GV-Z im Primärkassenbereich und dem § 12 Abs.1 Satz 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich abzuleiten. Danach obliegt es der Beklagten, die vom Vertragszahnarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen. Hierzu ist sie von Amts wegen verpflichtet. Daneben besteht die Möglichkeit, dass Kassen ihrerseits Anträge stellen, um damit ein Prüfungsverfahren durch die Beklagte einzuleiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 24.08. 1994 - 6 RKA 20/93; vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R; vom 12.12. 2001 und vom 26.06.2002, beide a.a.O.) kann eine Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragszahnarztes auch dann noch erfolgen, wenn aufgrund der eingereichten Honorarabrechnungen bereits Auszahlungen an ihn geleistet wurden. Der Vertragszahnarzt hat dann das zuviel erhaltene Honorar zurückzahlen bzw. die Beklagte kann mit Ansprüchen des Zahnarztes aus einer späteren Honorarabrechnung aufrechnen.

Aufgrund dieser rechtlichen Befugnis und Verpflichtung war die Beklagte bereits von Amts wegen - und nicht erst wie der Kläger meint, aufgrund von Berichtigungsanträgen der Kassen - berechtigt, die vom Kläger in den nach Krankenkassen geordneten, aufgelisteten und namentlich benannten Fällen mehrfach in Rechnung gestellten Gebühren nach der Bema-Nr. 54 b und c zu berichtigen. Es trifft zwar zu, dass die Kassen innerhalb der nach den Gesamtverträgen vereinbarten Fristen Berichtigungsanträge genereller Art im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des BSG gestellt hatten und diese dem Kläger nicht bekannt gegeben worden waren. Auf die Kenntnis des Klägers solcher Anträge kommt es jedoch nicht an, weil die Beklagte, wie bereits ausgeführt, ohnehin eine Berichtigung von Amts wegen entsprechend dem Urteil des BSG vom 13.05.1998 durchführte.

Darin hatte das BSG entschieden, dass bei einer Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn, auch wenn mehrere Wurzelspitzen reseziert werden, die Bema-Nr. 54 b nur einmal abrechenbar ist. Ausgangspunkt der vom BSG getroffenen Entscheidung war das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27.11.1996, das anders als das Landessozialgericht Schleswig-Holstein im Urteil vom 02.07.1991 die Abrechnung der Resektion mehrerer Wurzelspitzen an einem mehrwurzeligen Zahn in einer Sitzung nur einmal für zulässig erachtete. Das BSG stellte klar, dass unter den verschiedenen in Betracht kommenden Auslegungsregeln und unter dem gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung eine Mehrfachabrechnung nicht rechtens sei. Hätten die Vertragspartner, die allein für die Festlegung der Gebührenabrechnung zuständig sind, eine Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b, nämlich je Wurzel bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen gewollt, so hätten sie dies durch einen eindeutigen Wortlaut und einen entsprechenden Zusatz deutlich machen müssen. Da sie dies nicht taten und sich aus der Entstehungsgeschichte der Bema-Nr. 54 b nichts anderes herleiten lasse, bestehe kein Raum für eine erweiternde Auslegung. Die Funktionszuweisung an den Bewertungsausschuss nach § 87 SGB V habe zur Folge, dass die Vertragspartner den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihre Punktzahlen in eigener Verantwortung bestimmen könnten. Die Angemessenheit von Vergütungen könne erst dann von Gerichten beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre.

Insoweit bleibe es, wenn in derselben Sitzung mehrere Wurzelspitzen eines mehrwurzeligen Seitenzahnes reseziert werden mussten, obwohl damit i.d.R. ein Mehraufwand verbunden sei, beim einfachen Ansatz der Bema-Nr. 54 b.

Soweit der Kläger die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen auch bezüglich der Bema-Nr. 54 c rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Ausführungen des BSG im Urteil vom 13.05.1998 auf die Abrechenbarkeit der Bema-Nr. 54 c ohne weiteres übertragbar sind. Dass die Mitglieder des Bewertungsausschusses im Jahr 2004 eine andere Bewertung für Wurzelspitzenresektionen beschlossen und dies durch einen eindeutigen Wortlaut klar stellten, führt zu keiner anderen Entscheidung. Denn bei der hier erhobenen Anfechtungsklage ist das Recht anzuwenden, das zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes galt (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 54 Anm. 32). Die Neufassung ab 2004 kann somit nicht maßgeblich sein.

Damit steht fest, dass die Mehrfachabrechnung der Bema-Nrn. 54 b und c durch den Kläger bereits zum Zeitpunkt seiner Honoraranforderung für das Quartal 1/1998 nicht der Rechtslage entsprach. Die Quartalshonorarabrechnung war unrichtig und daher zu berichtigen.

Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dieser Berichtigungsbefugnis der Beklagten nicht entgegen. Honorarbescheide ergehen grundsätzlich unter dem Vorbehalt der späteren Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit. Dies betonte das BSG zuletzt in seinen Urteilen vom 31.10.2001 und vom 12.12.2001 (beide a.a.O.). Denn, so führte das BSG aus, nur so lasse sich erreichen, dass die Vertrags(zahn)ärzte möglichst rasch zu ihrem Honorar kommen und eine endgültige Prüfung mit einer eventuellen Berichtigung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Schließlich liegt es im Interesse der Zahnärzte, so schnell wie möglich zu ihrem Honorar zu kommen. Als Kehrseite dieser Begünstigung müssen sie es hinnehmen, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Berichtigung stattfindet. Ein Vertrauensschutz auf den Bestand der Honorarabrechnung ist insoweit nicht gegeben. Die Bestimmungen über die Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich korrigieren zu können, verdrängen die Regelung des § 45 SGB X in ihrem Anwendungsbereich. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich aufgrund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des SGB V erlassen worden sind. Dabei ist die Berichtigungsbefugnis nicht auf die Fälle beschränkt, in denen dem Vertrags (zahn)arzt ein Fehler, z.B. die unrichtige Handhabung der Gebührenordnung, anzulasten ist. Vielmehr ist einzige Voraussetzung die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Auf den Vortrag des Klägers, er habe bis zu dem Rundschreiben der Beklagten vom 25.11.1998 nicht gewusst, dass die Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b umstritten bzw. sogar rechtswidrig sei, kommt es nicht an. Vertrauensschutz entsteht zudem nicht bereits dadurch, dass die Beklagte nicht unverzüglich die vom Vertragszahnarzt vorgelegte Abrechnung beanstandet. Vielmehr kann sie einen Zeitraum von vier Jahren, beginnend mit der Bekanntgabe des Honorarbescheides an den Zahnarzt, nutzen und von ihrem Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung oder zur Wirtschaftlichkeitsprüfung Gebrauch machen. Erst nach Ablauf dieser Ausschlussfrist kommt eine Berichtigung nicht mehr in Betracht, auch wenn dies gesetzlich nicht verankert ist. Das BSG leitet eine solche Ausschlussfrist aus dem Rechtstaatsprinzip ab. Zugunsten des Vertragsarztes dürfe es keine zeitlich unbegrenzte Berichtigungsmöglichkeit geben; vielmehr müsse ab einem bestimmten Zeitpunkt Rechtssicherheit bestehen. In Anlehnung an die im Sozialrecht in verschiedenen Bestimmungen normierte Verjährungsfrist von vier Jahren sei für die hier in Rede stehende Ausschlussfrist ebenfalls ein solcher Zeitraum angemessen (BSG vom 16.06.1993 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 19 m.w.N., vom 15.11. 1995 = SozR 3-5535 Nr.119; vom 10.05.1995 - 6 RKA 17/94; vom 12.12.2001, a.a.O.). Die Ausschlussfrist von vier Jahren ab der Honorarabrechnung für das Quartal 1/1998 war zum Zeitpunkt des Bescheides vom 27.10.2000 noch nicht abgelaufen.

Der Einwand des Klägers, durch die Berichtigungen der Quartalsabrechnungen 2/1997, 4/1997 und 2/1998 in den Bescheiden vom 17.09.1998, 22.06.1999 und 22.07.1999 bzw. die Wirtschaftlichkeitsprüfung im Quartal 1/1998 habe der Honorarbescheid für das Quartal 1/1998 seine Vorläufigkeit verloren mit der Folge, dass spätere Berichtigungen nur noch nach § 45 SGB X vorgenommen werden könnten, ist nicht begründet. Zum einen sind auch nach dem klägerischen Vortrag im hier streitigen Quartal 1/1998 keine Berichtigungen vorgenommen worden, sondern nur bezüglich des Quartals 2/1997 und dort nur wegen Leistungen nach der Bema-Nr. 57. Zum anderen betraf auch die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnung konservierend-chirurgischer Leistungen der Quartale 4/1997 und 2/1998 in keinem Fall die Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b oder c. Aus dem vom Kläger vorgelegten Beschluss des Prüfungsausschusses Niederbayern/Oberpfalz gem. § 106 SGB V vom 25.11.1999, der die streitbefangene Quartalsabrechnung 1/1998 betraf, lassen sich ebenso wenig Anhaltspunkte für ein Verhalten der Beklagten erkennen, das beim Kläger ein besonderes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen der Bema-Nr. 54 b hätte fördern können. Denn darin ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Leistungen der Bema-Nr. 54 b und c eine Überprüfung entfalle, da die Kassen Antrag auf sachlich-rechnerische Berichtigung gestellt hätten.

Es liegt kein der Entscheidung des BSG vom 26.06.2002 (a.a.O.) vergleichbarer Fall vor. Darin war auf den Widerspruch des Arztes die zuvor ausgesprochene Gebührenberichtigung wieder zurückgenommen worden. Bei dieser Konstellation sei - so das BSG - die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben worden, als dass dann nur noch nach § 45 SGB X berichtigt werden könne. Aus dieser Formulierung, vor allem aus dem Wort "insoweit" folgt, dass ein Vertrauensschutz nur dann geschaffen wird, wenn eine Berichtigung gerade wegen desselben Tatbestands erfolgte und dann wieder rückgängig gemacht wurde. Vergleichbares trifft hier nicht zu. Es ist nicht vertretbar, einen umfassenden Ausschluss späterer Berichtigungen anzunehmen, wenn nur in Teilen richtig gestellt wurde. Zum einen wäre dann die Beklagte gut beraten, etwaige Berichtigungsgründe zu sammeln und kurz vor Ablauf der 4-jährigen Ausschlussfrist umfassend zu berichtigen, was einer schnellen, auch im Interesse des betroffenen Zahnarztes liegenden Klärung zuwiderlaufen würde. Zum anderen wäre derjenige Arzt vor jedweder späteren Berichtigung geschützt, dessen Honorarabrechnung zunächst, weil Fehler schnell erkennbar waren, in einem unwesentlichen, wirtschaftlich unbedeutenden Teil berichtigt wurde und sich erst später andere, ins Gewicht fallende Unrichtigkeiten offenbarten. In keiner Weise wird daraus ersichtlich, dass sich aus den vom Kläger vorgelegten Berichtigungsbescheiden in ihm die Vorstellung entwickeln musste, er könne auf die Zulässigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c vertrauen.

Der Kläger kann sich, um die Aufhebung des Berichtigungsbescheides vom 27.10.2000 und die Rückzahlung des einbehaltenen Honorars zu erreichen, auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte den ursprünglichen Honorarbescheid nicht mit einem Vorbehalt der späteren Berichtigung und Kürzung versah. Sie hätte, so meint der Kläger, auf den vor dem SG Kiel anhängigen Rechtsstreit hinweisen müssen. Nach Auffassung des Senats wäre es völlig überzogen, wollte man von der Beklagten fordern, sie habe auf die zahlreichen streitigen Gebührenansätze und die in der gesamten Bundesrepublik diesbezüglich anhängigen Verfahren hinzuweisen und Honorarbescheide unter einen konkret zu bezeichnenden Vorbehalt zu stellen. Anderes gilt, wenn die Unrichtigkeit des Regelwerkes, wie des Honorarverteilungsmaßstabs, dessen Anwendung in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt und auf dem die gesamte Honorarabrechnung beruht, streitbefangen ist. Unrichtigkeiten beim Ansatz einzelner Gebühren gehören hingegen zum typischen Risiko des Vertragsarztes. Mit Berichtigungen muss er rechnen. Es kann ihm zugemutet werden, den Wegfall einzelner - wirtschaftlich nicht existenzgefährdender - Honorarposten ins Kalkül zu ziehen.

Der Senat kommt zum Ergebnis, dass hier kein besonderer Fall vorliegt, bei dem ausnahmsweise Vertrauensschutzgesichtspunkte analog § 45 SGB X beachtet werden müßten. Der von der Beklagten zum Quartal 1/1998 erlassene Bescheid vom 27.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2001 ist rechtmäßig. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Abs.1 und Abs.4 SGG in der bis zum 02.01.2001 geltenden Fassung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe, die die grundsätzliche Bedeutung nahelegen würden, nicht zu erkennen sind und bezüglich der vom Kläger angesprochenen Streitpunkte bereits höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved