L 20 RJ 38/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 RJ 455/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 38/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.10.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1955 geborene Kläger hat nach seinen Angaben eine Lehre zum Kfz-Schlosser im Jahre 1971 abgebrochen. Er war von 1989 bis 1999 als Bürobote bei der B. (Hauptstelle) in N. versicherungspflichtig beschäftigt; seitdem besteht Arbeitslosigkeit.

Am 26.10.2000 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU). Die Beklagte ließ ihn untersuchen durch die Sozialmedizinerin Dr.D. , den Chirurgen Dr.P. und den Nervenarzt Dr.D. , die übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangten, der Kläger könne noch leichte Arbeiten in Vollschicht leisten; auch ein Einsatz als Bürobote sei denkbar und zumutbar, jedoch nicht beim letzten Arbeitgeber.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 14.02.2001 ab, da der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Der Kläger erhob Widerspruch und machte auf die Vielzahl seiner Gesundheitsstörungen aufmerksam, die nicht gebührend berücksichtigt seien. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 03.05.2001 zurück. Der Kläger sei bei vollschichtigem Leistungsvermögen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Dagegen hat der Kläger am 29.05.2001 Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und erneut auf seine vielfältigen Leidenszustände hingewiesen. Es stünden sowohl eine Knieoperation wie auch ein handchirurgischer Eingriff bevor. Das SG hat Befundberichte des Allgemeinarztes Dr.W. , des Orthopäden Dr.K. und des Nervenarztes Dr.M. zum Verfahren beigenommen und die Schwerbehinderten-Akte des AVF N. beigezogen (GdB = 70). Auf Veranlassung des SG haben der Orthopäde Dr.R. das Gutachten vom 15.05.2002 und der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.H. das Gutachten vom 08.08.2002 jeweils nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Die Sachverständigen haben den Kläger für fähig erachtet, zumindest leichte körperliche Arbeiten mit im Einzelnen beschriebenen qualitativen Einschränkungen in Vollschicht zu leisten. Mit Urteil vom 30.10.2002 hat das SG die Klage - gerichtet auf Gewährung von Rente wegen EU - abgewiesen. Die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers sei zwar beeinträchtigt, jedoch nicht in einem Maße, dass quantitative Leistungseinbußen zu bestätigen seien. Der Kläger sei vielmehr in der Lage, noch leichte Arbeiten in Vollschicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Bei dieser Leistungsbeurteilung seien sich die angehörten Sachverständigen einig; das Gericht habe keine Bedenken, sich den Gutachten im Ergebnis anzuschließen. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig, da er zuletzt als ungelernter Arbeiter beschäftigt gewesen sei. Der konkreten Be- nennung einer Verweisungstätigkeit bedürfe es nicht, da beim Kläger weder der Fall einer schweren spezifischen Leistungsminderung oder der der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 17.01.2003 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Dieser macht geltend, er habe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Chance auf Erlangung einer Arbeitsstelle, gerade auch wegen seiner qualitativen Einschränkungen. Eine weitere Begutachtung, vorwiegend auf psychologischem Fachgebiet, wurde angeregt. Der Kläger hat einen Arztbrief des Radiologen Dr.W. vom 04.04.2003, betreffend MR der LWS, vorgelegt. Der Senat hat Befundberichte des Orthopäden Dr.K. , des Nervenarztes Dr.M. , des Anästhesisten Dr.S. eingeholt und die Akten und ärztlichen Unterlagen der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) in Bayreuth beigezogen. Auf Veranlassung des Senats hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.B. B. das Gutachten vom 01.06.2004 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat folgende Diagnosen genannt: Somatoforme Schmerzstörung mit Neigung zu depressiven Verstimmungen, Verdacht auf Persönlichkeitsstörung, Migränoide Kopfschmerzen, Zustand nach Verletzung des linken Unterarms mit Läsionen des linken Medianus und Ulnaris, Hals- und Lendenwirbelsäulen-Wurzelreizsyndrom. Der Kläger könne noch leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ausüben, und zwar in Vollschicht. Insoweit sei den Vorgutachten von Dr.D. und Dr.H. in vollem Umfange zuzustimmen. Es sollten keine besonderen Ansprüche an das Feinhandgeschick links, weniger auch rechts, gestellt werden und stresshafte Arbeitsbedingungen vermieden werden. Unter diesen Gegebenheiten könne der Kläger auch noch als Bürobote arbeiten. Vordringlich empfahl der ärztliche Sachverständige die Durchführung einer stationären psychosomatischen Reha-Maßnahme, für die der Kläger auch motiviert sei. Die Beteiligten haben sich zum Ergebnis der Begutachtung nicht geäußert.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 30.10.2002 und den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Eintritt der vollen EU zum Zeitpunkt der Antragstellung im Oktober 2000 anzuerkennen und die entsprechenden Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakte des SG Nürnberg sowie die ärztlichen Unterlagen der LBG Franken und Oberbayern vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) oder EU (§§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VI- in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung) oder auch Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach der seit 2001 geltenden Neuregelung nicht zusteht. Das vom SG gefundene Ergebnis ist durch die Beweiserhebung im Berufungsverfahren in vollem Umfange bestätigt worden. Auch Dr.B. hat den Kläger im Gutachten vom 01.06.2004 für fähig erachtet, leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Vollschicht zu leisten. Der Senat schließt sich der übereinstimmenden Leistungsbeurteilung durch unabhängige Sachverständige an, da die Gutachten von Dr.P. , Dr.D. , Dr.R. und Dr.H. und zuletzt Dr.B. , in ihren Aussagen eindeutig, schlüssig und begründet sind. Auch die letzte chirurgische Begutachtung für die LBG vom 29.12.2003 durch Dr.E., N. , hat keine Verschlechterung, sondern eher eine leichte Besserung des Gesamtbefindens des Klägers erkennen lassen.

Der Kläger ist, wie auch das SG herausgestellt hat, nach seiner Ausbildung und seinem beruflichen Werdegang auf das gesamte Tätigkeitsfeld des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, da sein "bisheriger Beruf" der eines ungelernten Arbeiters war. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, da weder die Funktionseinschränkung des linken Armes und der linken Hand noch die psychischen Beeinträchtigungen eine schwere spezifische Behinderung i.S. der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darstellen. Selbst wenn dem Kläger, wie er verlangt, eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen wäre, könnte er ohne weiteres auf die Tätigkeiten eines Büroboten verwiesen werden, die er über zehn Jahre lang verrichtet hat. Sowohl die Gutachter aus dem Verwaltungsverfahren, der Chirurg Dr.P. und der Nervenarzt Dr.D. , haben ebenso wie die Sachverständigen aus dem erstinstanzlichen Verfahren, der Orthopäde Dr.R. und der Nervenarzt Dr.H. , und schließlich auch Dr.B. B. im Gutachten vom 01.06.2004 betont, dass der Kläger nicht gehindert ist, die üblichen Berufstätigkeiten eines Büroboten weiterhin zu verrichten. Lediglich an seiner letzten Arbeitsstelle sollte er wegen der entstandenen Differenzen mit dem Arbeitgeber nicht mehr eingesetzt werden. Ob dem Kläger mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen ein zustandsangemessener Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden kann, fällt in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung und muss bei der Prüfung der Erwerbsminderung unberücksichtigt bleiben.

Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen mit der Folge, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (§ 193 SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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