L 17 U 293/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 5028/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 293/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei Verrichtungen, die sowohl privaten unversicherten als auch betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt sind - sog. gemischte Tätigkeiten - ist auf die tatsächlichen Umstände am Unfalltag abzustellen. Es genügt, dass die Tätigkeit für betriebliche Zwecke am Unfalltag nicht unwesentlich gewesen ist.
2. Sog. Erstangaben eines Versicherten stehen zu späteren Angaben nicht im Widerspruch, wenn durch diese eine Präzisierung und Ergänzung erfolgt.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 05.08.2003 und der Bescheid vom 21.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2001 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall vom 01.09.2000 als landwirtschaftlichen Unfall anzuerkennen und zu entschädigen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall des Klägers vom 01.09.2000 als landwirtschaftlicher Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der 1965 geborene Kläger verunfallte am 01.09.2000 beim Abbau eines Holzspaltgerätes von einem Traktor, als er mit dem linken Arm in die Zapfwelle geriet. Dadurch wurde ihm der linke Unterarm abgerissen. Der Kläger ist mit Wiesen- und Ackerflächen von 0,24 ha, 0,16 ha Klein- und Ziergarten sowie 0,04 ha Haus- und Hoffläche bei der Beklagten versichert. Auf einem landwirtschaftlichen Grundstück seines Vaters (3.260 qm) baute er Kartoffeln und Futterrüben an, die der Fütterung seiner 45 bis 50 Hühner, 25 bis 30 Hasen und 5 Puten dienten.

Der Kläger hatte am Vormittag des Unfalltages mit dem Spalten von Holz begonnen und seine Tätigkeit wegen aufkommenden Regens gegen 15.00 Uhr eingestellt. Danach ereignete sich der Unfall. Das gespaltene Holz hatte der Kläger teilweise aus einer Fällaktion von städtischen Alleebäumen (Pappeln) der Stadt Bad K. zugekauft. Teilweise stammte es von abgesägten Obstbäumen und Obstbaumästen aus den Grundstücken des Klägers und seines Vaters.

Bei einer Einvernahme des Klägers im Städtischen Klinikum F. durch einen Außendienstmitarbeiter der Beklagten am 04.09.2000 gab der Kläger zur Herkunft des gespaltenen Holzes an, er habe das Holz von der Stadt Bad K. erworben und dieses sei für den Holzvergaserkessel bestimmt gewesen, mit dem seit ca. drei Jahren das komplette Haus in der Zeit von Oktober bis Ende März geheizt werde. Der Kläger focht seine Unterschrift unter die vom Außendienstmitarbeiter aufgenommene Aussage mit Schreiben vom 08.09.2000 wegen Verhandlungsunfähigkeit an. Er sei an diesem Tag erst von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt worden und sei an einer Schmerzpumpe angeschlossen gewesen. Er habe deshalb an einer Bewusstseins- und Wahrnehmungstrübung gelitten. Nach einer Zeugenerklärung seines Zimmernachbarn im Städt. Klinikum F. , G. H. vom 08.09.2000 sei es ihm außerordentlich schwer gefallen, sich gedanklich auf die Einvernahme zu konzentrieren. Mit Schreiben vom 28.09.2000 teilte der Kläger mit, dass das Holz, das zum Teil von eigenen Obstbäumen gestammt habe, gleichzeitig für den regelmäßig geheizten Ofen in der Werkstatt erforderlich sei. Der Ofen der Werkstatt würde auch zum Abkochen von Kartoffeln für Hühnerfutter (52 Hühner) verwandt.

Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Unfalls als landwirtschaftlichen Unfall mit Bescheid vom 21.12.2000 mit der Begründung ab, der Kläger habe nach seinen am 04.09.2000 gemachten Angaben mit dem Holzspalter käuflich erworbenes Holz gespalten, das für das Beheizen des eigenen privaten Wohnhauses bestimmt gewesen sei. Gleichlautende Angaben habe bei der Besichtigung durch den Technischen Aufsichtsdienst (TAD) am gleichen Tag auch die Mutter des Klägers gemacht. Somit sei der Holzspalter für Tätigkeiten verwendet worden, welche dem privaten Haushalt zuzurechnen seien. Im Hinblick auf die geringe Größe des landwirtschaftlichen Kleinunternehmens sei der Haushalt nicht als wesentlicher Bestandteil des landwirtschaftlichen Unternehmens versichert.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger erneut geltend, er habe nicht lediglich käuflich erworbenes Holz, sondern auch das Holz eines Kirschbaums sowie eines Mirabellenbaumes, die Anfang 2000 gefällt worden seien, gespalten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2001 zurück und führte aus, es habe selbst dann kein Versicherungsschutz bestanden, wenn ein Teil des Holzes von den eigenen Obstbäumen gestammt habe. Denn derartige Baumwartungsarbeiten stünden nur unter Versicherungsschutz, wenn sie in einem Zug und in unmittelbarem Anschluss an das Ausasten bzw Fällen erfolgten. Werde das Holz erst erheblich später zu Brennholz verkleinert, sei diese Tätigkeit als Bestandteil des nicht versicherten Haushaltes anzusehen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) hat der Kläger u.a. vorgetragen, dass nicht nur das Obstholz von seinen eigenen landwirtschaftlichen Flächen, sondern auch ein Teil des dazugekauften Holzes für die Befeuerung des Ofens in der Werkstatt diene. In der Werkstatt würde Hühner- futter auf dem Ofen zubereitet und in den Wintermonaten würden darin Maschinen und Geräte repariert und überholt. Am 01.09.2000 sei zuerst das Obstholz gespalten worden, weil es obenauf gelegen habe. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.08.2003 abgewiesen. Es hat keinen inneren Zusammenhang zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und einer landwirtschaftlichen Tätigkeit gesehen und im Wesentlichen ausgeführt: Das Sägen von Brennholz stehe nur ausnahmsweise unter Versicherungsschutz, wenn das Brennholz in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Holzgewinnung aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb verarbeitet werde oder wenn es überwiegend für landwirtschaftliche Zwecke oder zur Verwendung in einem landwirtschaftlichen Haushalt bestimmt sei. Das Obstbaumholz sei bereits im Frühjahr 2000 geschlagen und abgelagert worden, so dass kein direkter zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang mit der Holzgewinnung bestanden habe. Auch habe das Holz nicht überwiegend landwirtschaftlichen Zwecken, sondern dem Haushalt des Klägers gedient, da nur ein äußerst geringer Anteil für das Kochen von Futtermitteln für die Hühner habe verwendet werden sollen. Der Haushalt des Klägers diene angesichts der geringen Größe nicht wesentlich der Landwirtschaft.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und die Auffassung vertreten, für die Annahme eines Versicherungsschutzes sei es ausreichend, dass er zum Unfallzeitpunkt auch Obstholz habe verarbeiten wollen und hierbei der Unfall passiert sei. Hierzu sei nicht notwendig, dass das Holz dem Betrieb überwiegend gedient habe. Die Beklagte hat vom TAD am 04.09.2000 gefertigte Fotografien des Holzplatzes vorgelegt und sich auf die Aussage der Mutter des Klägers (H. A.) bezogen, wonach das zu spaltende Holz von der Stadt Bad K. erworben und im Frühjahr 2000 zum Holzlagerplatz gebracht worden sei. Der Senat hat den Techn. Aufsichtsbeamten W. , die Eltern des Klägers, O. und H. A. , sowie die Ehefrau des Klägers, M. A. , als Zeugen zu den Umständen der Holzbearbeitung am Tag des Unfalles, der Tierhaltung im Jahr 2000 und der Nutzung der Waschküche als Werkstattraum vernommen. Der Zeuge W. hat ausgesagt, dass der Holzspalter bei der Besichtigung am 04.09.2000 auf Meterholz (der Länge nach) eingestellt gewesen sei und man damit auch Baumstämme mit einem Durchmesser von 10 bis 15 Zentimeter habe spalten können. Die Mutter des Klägers habe ihm seitlich zum Nachbargrundstück hin gestapelte Holzscheite gezeigt und gesagt, dass das gespaltene Holz von der Stadt Bad K. gewesen sei und dieses Holz vorwiegend zum Heizen der Zentralheizung des Wohnhauses verwendet würde. Der Zeuge Otto A. hat angegeben, dass sein Sohn 45 bis 50 Hühner, 25 bis 30 Hasen und 5 Puten zur Zeit des Unfalls gehabt habe. Die Hühner seien mit Kartoffeln und Weizen gefüttert worden. Kartoffeln und Rüben seien auf dem Grundstück, auf welchem auch die Hühner und Hasen untergebracht seien, angebaut worden. Das Getreide sei zugekauft worden. Das Heu habe von einer Wiese hinter dem Acker gestammt. Im Werkstattraum seien neben anderen Arbeiten auf dem dort befindlichen Herd zwei Mal die Woche Kartoffeln gekocht worden. Für diesen Herd sei ausschließlich Obstholz verwendet worden, weil dieses nicht so rauche und besser brenne. Nur wenn kein Obstholz mehr dagewesen sei, sei auch anderes Holz genommen worden. Im Unfalljahr seien auf dem Grundstück sieben bis acht Bäume gefällt worden. Ein Teil des am Unfalltag gespaltenen Holzes sei Obstholz gewesen. Die Zeugin H. A. hat vorgetragen, dass die Hühner, Hasen und Puten dem Kläger gehörten. Diese Tiere seien u.a. mit Kartoffeln gefüttert worden, die auf dem Grundstück hinter dem Hühnerhaus angebaut und im Werkstattraum (zwei bis drei Mal die Woche) gekocht worden seien. Der Herd im Werkstattraum sei mit klein geschnittenem und klein gehacktem Obstbaumholz geschürt worden. Die Zeugin M. A. hat bestätigt, dass man die dem Kläger gehörenden Hasen und Hühner u.a. mit Kartoffeln gefüttert habe, die in der Werkstatt gekocht worden seien.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 05.08.2003 und den Bescheid vom 21.12.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 01.09.2000 als landwirtschaftlichen Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialge richts Würzburg vom 13.08.2003 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Unfallakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Die Beklagte hat zu Unrecht abgelehnt, den Unfall vom 01.09.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Würzburg war daher aufzuheben und die Beklagte zur Anerkennung und Entschädigung des Unfalls zu verurteilen.

Gemäß § 8 Abs 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Kläger war als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes Mitglied der Beklagten und ist damit nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst. a SGB VII versichert. Ein bei dieser Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer erlittener Arbeitsunfall setzt weiter voraus, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sogenannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274; BSG SozR 2200 § 548 Nrn 82 und 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77; 61, 127, 128). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; es muss bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit im Unfallzeitpunkt als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 mwN). Es muss somit sicher feststehen, dass eine auch zu diesem Zeitpunkt versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 61, 127, 128 mwN). Allerdings kommt es bei Tätigkeiten als Unternehmer für die Frage, ob der Versicherte zur Unfallzeit eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, nicht auf das Abgrenzungskriterium der Handlungstendenz an. Entscheidend ist vielmehr, ob die Tätigkeit in den Bereich des eigenen Unternehmens fällt. Es kommt also darauf an, dass die zum Unfall führende Tätigkeit als solche im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit liegt (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 30 unter Verweisung auf Krasney in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band II, Unfallversicherungsrecht, § 8 RdNrn 12, 40, 48).

Die landwirtschaftliche Unfallversicherung erfasst Unternehmen der Landwirtschaft. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die "Land" bewirtschaften (Bodenbewirtschaftung), also um Tätigkeiten, die dazu bestimmt sind, Bodengewächse überwiegend planmäßig aufzuziehen und abzuernten (BSGE 64, 252, 253). Hierunter fällt auch die Aufzucht und Haltung von Vieh, sofern ein Zusammenhang mit der Bodenbewirtschaftung und ein angemessenes Verhältnis der Anzahl der Tiere zur Größe und Ertragsfähigkeit des Bodens besteht. Auch kleine und kleinste landwirtschaftlich genutzte Fächen, die nur einen geringen Ertrag abwerfen, stellen landwirtschaftliche Unternehmen dar und unterliegen der gesetzlichen Unfallversicherung (BayLSG Breith 1983, 877 mwN). Es unterliegt auch keinem Zweifel, dass Hühner, Hasen und Puten im Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Unternehmen der Bodenbewirtschaftung gehalten werden können und dann diesem zuzurechnen sind (BayLSG aaO mwN). Eine Hühnerhaltung ist Teil des landwirtschaftlichen Betriebes, wenn (mindestens) etwa 1/5 des Futterbedarfs aus den Erzeugnissen des eigenen Betriebes gedeckt wird. Es ist nicht erforderlich, dass das Futter überwiegend in dem eigenen landwirtschaftlichen Unternehmen erzeugt wird, vielmehr besteht ein Zusammenhang mit diesem Unternehmen auch dann, wenn ein für die natürliche Betrachtungsweise ins Gewicht fallender Teil des Futters unmittelbar dem Bodenertrag entstammt (BSG, Urteil vom 21.03.1974 Az: 8/7 RU 58/72 = RdL 1974, 332 - 333 = juris Nr KSRE000830003). Bei der Beurteilung der Frage, wer landwirtschaftlicher Unternehmer ist, kommt es bei landwirtschaftlichen Betrieben auf die Eigentumsverhältnisse nicht an (aaO unter Verweisung auf BSGE 18, 219, 220 = Breith 1963, 796).

Der Kläger betreibt eine Kleinstlandwirtschaft, mit der er bei der Beklagten versichert ist. Er pflanzt nach seiner Aussage und den Bekundungen seiner Eltern Kartoffeln und Rüben auf dem 3.260 qm großen Acker seines Vaters an. Das für die Tierhaltung erforderliche Heu stammt von einer Wiese hinter dem Acker. Die Erträgnisse verwendet der Kläger zum Füttern von 45 bis 50 Hühnern, 25 bis 30 Hasen und fünf Puten. Somit dient die Bodenbewirtschaftung überwiegend der Gewinnung von Viehfutter, mit der Folge, dass auch die "Kleinviehhaltung geringen Umfangs" als Teil des landwirtschaftlichen Betriebs anzusehen ist (BSG aaO).

Der Kläger verunfallte bei einer unternehmerischen Tätigkeit. Mit dem Abbau des Holzspalters vom Traktor beendete der Kläger eine Tätigkeit, die mit seinem landwirtschaftlichen Unternehmen im Zusammenhang gestanden hat. Nach den Gesamtumständen und unter Berücksichtigung der Aussagen der vom Senat gehörten Zeugen ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger am Unfalltag Obstholz gespalten hat, das für die Beheizung des Ofens in der Werkstatt Verwendung finden sollte. Das (bereits abgelagerte) Obstholz sollte nach den glaubhaften Bekundungen des Klägers und der Zeugen O. und H. A. üblicherweise zum Abkochen der Kartoffeln und Rüben verwendet werden, da dieses Holz weniger rauche und besser brenne. Die Mutter des Klägers pflegte auf dem Ofen zwei bis drei Mal in der Woche das Futter für die Hühner und Hasen des Klägers zu kochen. Dass der Kläger am Unfalltag (auch) Holz gespaltet hat, das zum Futter kochen dienen sollte, ergibt sich nicht nur aus den glaubhaften Aussagen des Klägers sowohl vor dem Sozialgericht als auch vor dem Senat, sondern auch aus dem von der Beklagten dem Senat vorgelegten Bildmaterial im Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen W ... Auf dem von der Beklagten vorgelegten Bild (Blatt 62 der Akte des Landessozialgerichts) ist ein Holzstoß zu sehen, der überwiegend aus gespaltenem Obstholz besteht. Obenauf liegen - der hellen Farbe nach zu urteilen - einige längere Scheite von Alleebäumen. Dass der Kläger das Obstholz am Unfalltag gespalten hat, ist deshalb glaubhaft, weil das genannte Bild am 04.09.2000, also wenige Tage nach dem Unfall von dem Zeugen W. aufgenommen worden ist und dieser als Zeuge bekundet hat, dass die Mutter des Klägers ihm das von ihrem Sohn gespaltene und an der Grenze zum Nachbargrundstück gestapelte Holz gezeigt hat.

Die Aussage des Klägers gegenüber einem Außendienstbeamten der Beklagten im Krankenhaus am 04.09.2000, dass das gespaltene Holz für die Heizung des Wohnhauses bestimmt gewesen sei, hindert eine Anerkennung des Unfalles als landwirtschaftlichen Arbeitsunfall nicht. Die sogenannten Erstangaben des Versicherten haben nicht grundsätzlich höheren Beweiswert als dessen spätere Angaben (BSG SozR 4-2700 § 4 Nr 1). Weder das Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch die Zivilprozessordnung (ZPO) kennen eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG; § 286 ZPO) sind vielmehr alle Angaben zu würdigen (Anmerkung Schaller Juris PR-SozR 18/2004 zum o.g. BSG-Urteil). Aus den ersten Angaben des Klägers folgt nicht automatisch, dass es sich beim Holz spalten in seiner Gesamtheit um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Klägers gehandelt hat. Es sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen (BSG aaO mwN). Es ist für den Senat nachvollziehbar, dass der Kläger bei seiner Einvernahme im Krankenhaus kurz nach dem Verlassen der Intensivstation keine umfassenden und detaillierten Angaben zur Verwendung des Holzes gemacht hat. Seine späteren glaubhaften Einlassungen und die Aussagen der gehörten Zeugen sowie das von der Beklagten vorgelegte Bildmaterial lassen nicht daran zweifeln, dass der Kläger am Unfalltag auch Obstbaumholz gespalten hat, das dem landwirtschaftlichen Betrieb gedient hat. Die späteren Angaben des Klägers stehen nicht im Widerspruch zu den früheren Angaben, sie stellen vielmehr eine Präzisierung und Ergänzung dar.

Im Übrigen kann nicht - wie das Sozialgericht angenommen hat - auf die Gesamtmenge des (noch) zu spaltenden Holzes (zugekauftes Holz und Obstbaumholz) abgestellt werden und hieraus eine Geringfügigkeit des für landwirtschaftliche Zwecke genutzten Holzes abgeleitet werden. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Umstände am Unfalltag. Die auf dem vorgelegten Lichtbild gezeigte Menge des am Unfalltag gespaltenen Obstholzes macht deutlich, dass das Holzspalten für landwirtschaftliche Zwecke am Unfalltag nicht unwesentlich gewesen ist.

Der Versicherungsschutz des Klägers ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger neben Obstholz auch zugekauftes Holz am Unfalltag gespalten hat. Für Verrichtungen, die sowohl privaten unversicherten als auch betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt sind - sog. gemischte Tätigkeiten - besteht Versicherungsschutz dann, wenn die Verrichtung im Einzelfall dazu bestimmt war, auch betrieblichen Interessen wesentlich zu dienen. Die Verrichtung braucht nicht überwiegend betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt gewesen sein (BSG HVBG-INFO 2000, 2611-2615 mwN). Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt war, ist, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG aaO mwN).

Das Holz der Alleebäume sollte vorwiegend für die Zentralheizung des Dreifamilienhauses genutzt werden, während das Obstholz zum Futterkochen und Beheizen des Werkstattraumes verwendet werden sollte. Insoweit diente die zum Unfall führende Verrichtung - Abbau des Holzspalters vom Traktor - sowohl eigenwirtschaftlichen als auch betrieblichen Interessen. Wegen des einheitlichen Arbeitsvorgangs kann die Spalttätigkeit aber nicht in eine unversicherte und eine versicherte Tätigkeit aufgeteilt werden, vielmehr ist vorliegend von einer gemischten Tätigkeit auszugehen. Diese diente vorliegend wesentlich betrieblichen Interessen, weil der Kläger diese Tätigkeit (hypothetisch) auch dann vorgenommen hätte, wenn der private Zweck entfallen wäre. Der Kläger hätte die für die Fütterung der Tiere notwendige Bearbeitung des Obstholzes (hypothetisch) auch dann vorgenommen, wenn das Holz der Alleebeäume nicht zugekauft worden wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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