L 9 KR 74/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 KR 1851/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 74/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. April 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt eine Bemessung seines Krankenversicherungsbeitrages nicht nach dem Zahlbetrag, sondern dem Ertragsanteil seiner Rente.

Der 1932 geborene Kläger bezieht eine Altersrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) sowie eine so genannte Zusatzversorgung des Baugewerbes. Nachdem er zunächst bei der beklagten Krankenkasse freiwillig versichert war, gehört er seit dem 01. April 2002 der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) an. Anlässlich der hierdurch bedingten neuen Beitragsfestsetzung beantragte er, seine BfA-Rente nur in Höhe von 52,69 % bzw. – dem Steuerrecht entsprechend - in Höhe des Ertragsanteils für die Beitragsberechnung heranzuziehen. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2002 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass bei versicherungspflichtigen Rentenbeziehern nach § 237 Satz 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, zu denen nach § 228 Abs. 1 SGB V u.a. das Altersruhegeld der BfA zähle, der Beitragsbemessung zur Krankenversicherung zugrunde gelegt werde. Unter Zahlbetrag der Rente sei dabei der - unter Anwendung aller Versagens-, Kürzungs- und Ruhensvorschriften - zur Auszahlung gelangende Betrag ohne die Kinderzuschüsse zu verstehen. Die Tatsache, dass die Rente steuerrechtlich lediglich mit dem Ertragsanteil zu berücksichtigen sei, sei hierbei ohne Bedeutung.

Mit seiner dagegen gerichteten Klage hat der Kläger begehrt, die Beitragsvereinnahmung auf den Teil der Rente zu beschränken (nach seinen Berechnungen: 71,5 %), für den als Arbeitslohn nicht bereits Krankenkassenbeiträge gezahlt worden seien. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 04. April 2003 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das System der gesetzlichen Krankenversicherung auf dem Solidaritätsprinzip beruhe. Aus Gründen und im Interesse der sozialen Gerechtigkeit sei es zulässig, auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versicherten abzustellen. Renten beruhten auf früherem Einkommen und seien daher Maßstab der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des pflichtversicherten Rentners. Es sei daher korrekt, den Zahlbetrag der Rente der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.

Gegen dieses ihm am 20. Mai 2003 zugestellte Urteil richtet sich die von dem Kläger am 13. Juni 2003 eingelegte Berufung. Er meint, das erstinstanzliche Urteil ignoriere die Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 06. März 2002 – 2 BvL 17/99 – und vom 15. März 2000 – 1 BvL 16/96 - sowie Art. 3 und Art. 20 des Grundgesetzes (GG). Dass Krankenversicherungsbeiträge nach dem Zahlbetrag der Renten zu bemessen seien, sei verfassungswidrig. Der Teil des Arbeitslohnes, der dem Arbeitnehmer zunächst vorenthalten und an die Rentenversicherung weitergeleitet, später dann aber als Teil der Rente wieder an ihn ausbezahlt werde, werde zweimal mit Krankenversicherungsbeiträgen belastet. Dies sei nicht gerechtfertigt. Beiträge zur Krankenversicherung stellten de facto Steuern dar. Deshalb seien die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, nach denen Arbeitslohn nicht zweimal besteuert werden dürfe, auch auf Krankenversicherungsbeiträge zu übertragen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. April 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, zur Beitragsbemessung lediglich 71,5 % seiner ihm von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gewährten Altersrente heranzuziehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuverweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für rechtmäßig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Verwaltungsakte verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung geworden sind.

II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung – anders als der Kläger - nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Beteiligten sind dazu vorher angehört worden.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Das erstinstanzliche Urteil bewertet die Sach- und Rechtslage zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat die Beklagte der Bemessung des von ihm zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrages den Zahlbetrag und nicht nur einen Ertragsanteil seiner Rente zugrunde gelegt.

Nach § 237 SGB V wird bei versicherungspflichtigen Rentnern, zu denen der Kläger gehört, der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente zugrunde gelegt. Die von dem Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Norm teilt der Senat nicht. Das Bundessozialgericht hat bereits in seinen Entscheidungen vom 21. Dezember 1993 (12 RK 28/93, SozR 3-2500 § 237 Nr. 3) sowie vom 28. Januar 1999 (B 12 KR 24/98 R, SozR 3-2500 § 237 Nr. 7) ausgeführt, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, dass u.a. Renten einheitlich mit ihrem Bruttobetrag der Beitragsberechnung zugrunde gelegt würden, und das Beitragsrecht keinen Grundsatz kenne, wonach Einkünfte lediglich einmal beitragspflichtig sein dürften. Bereits zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom 15. April 1986 (1 BvR 1304/85, SozR 2200 § 385 Nr. 15) entschieden, dass die für den Bereich des Steuerrechts geltenden Grundsätze sich nicht auf das Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen ließen, da sich die generalisierende Beitragsbemessung in der Sozialversicherung grundlegend von der Ermittlung der individuellen Steuerschuld unterscheide, bei der gerade die besonderen Belastungen und Verhältnisse eines Bürgers Berücksichtigung fänden. Diesen Auffassungen schließt sich der Senat an. Die von dem Kläger angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts können keine andere Entscheidung rechtfertigen. Auch wenn der Kläger den zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrag de facto als Steuer empfinden mag, stellt er rechtlich gesehen eine solche gerade nicht dar. Denn während eine Steuer eine einmalige oder laufende Geldleistung ist, die keine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt und die von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt wird, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft, handelt es sich bei Beiträgen um Geldleistungen, die dem Einzelnen im Hinblick auf eine besondere Gegenleistung des Beitragsberechtigten auferlegt werden. Schon vor diesem Hintergrund scheidet ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus, weil gerade nicht wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird. Dass Art. 20 GG verletzt sein könnte, ist bereits im Ansatz nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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