Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 3 RJ 94/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 167/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 04. August 2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflichtigkeit der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Kläger.
Die Beigeladene zu 1) war zwischen August 1993 und Juni 1995 für die Kläger, die eine Anwaltssozietät in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreiben, tätig und verrichtete im Wesentlichen Schreibarbeiten. Die Beigeladene zu 1) stellte hierfür den Klägern die gearbeiteten Stunden zu einem Stundenlohn von 18,-- bzw. 20,-- DM monatlich in Rechnung, ohne die Tätigkeiten im einzelnen zu benennen. Ab dem 01.07.1995 wurde die Beigeladene zu 1) von den Klägern als geringfügig Beschäftigte geführt.
Nach einer Betriebsprüfung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 05.06.1998 Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01.12.1993 bis 30.06.1995 in Höhe von insgesamt 6.352,82 DM für die Beigeladene zu 1) nach, weil diese irrtümlich als Selbständige behandelt worden sei, da Indizien, die auf eine Selbständigkeit hinwiesen, wie z.B. ein Unternehmerrisiko, nicht vorgelegen hätten.
Die Kläger legten am 06.07.1998 Widerspruch ein, weil die Beigeladene zu 1) die Kriterien einer freien Mitarbeiterin erfülle. Sie habe sehr unterschiedlich - monatlich zwischen 468,-- DM und 1.377,-- DM verdient, was auf deren Unternehmerrisiko schließen lasse. Die Beigeladene zu 1) habe selbst bestimmt, wann sie - sofern Bedarf bestand - tätig geworden sei. Auch bei Bedarf sei sie nur tätig geworden, wenn sie Lust oder Zeit gehabt habe, soweit dies ihre hauptberufliche Tätigkeit als Bibliothekarin zugelassen habe. Die Büroorganisation und deren Ausgestaltung - hinreichend sozialversicherungspflichtige Voll- und Teilzeit kräfte im Sekretariatsbereich - hätten auch nie die Vorgabe von bestimmten Arbeiten und Arbeitszeiten erfordert. Die Beigeladene zu 1) hätte die Schreibarbeiten vom Band zu Hause erledigen dürfen. Aus der Art der Tätigkeit - Schreibarbeiten - seien natürlich bestimmte Vorgaben unabdingbar; diese seien aber stets sachbezogen und ergebnisorientiert, nie aber personenbezogen gewesen.
Nach schriftlicher Befragung der Beigeladenen zu 1) - wegen deren Angaben wird auf den von ihr am 28.09.1998 ausgefüllten Fragebogen nebst Anlagen (Bl. 72 bis 78 der Verwaltungsakte der Beklagten) Bezug genommen - wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.1999 den Widerspruch als unbegründet zurück, weil die Beigeladene zu 1) bei ihrer Tätigkeit kein Unternehmerrisiko getragen, nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, kein eigenes Kapital eingesetzt, Arbeitsgerät und Arbeitsmaterial gestellt erhalten habe und auch in sonstiger Weise nicht an der Tragung von Unkosten beteiligt worden sei. Ihre Freiheit habe allein darin bestanden, durch Mehrarbeit die Einkünfte zu erhöhen, so dass sie mit Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sei, die durch Überstunden ihren Verdienst erhöhten.
Die Kläger haben am 09.04.1999 Klage erhoben. Sie haben geltend gemacht, die Beigeladene zu 1) sei nicht in den Betrieb i.S. einer zeitlichen, örtlichen und fachlichen Weisungsgebundenheit eingegliedert gewesen. Insbesondere stehe dem entgegen, dass es der Beigeladenen zu 1) freigestanden habe, die erforderlichen Arbeiten durch einen Dritten erledigen zu lassen oder auch selbst für Dritte tätig zu werden. Gegenüber den vielfältigen Aufgaben der weiteren Mitarbeiter in ihrem - der Kläger - Sekretariat habe die Beigeladene zu 1) nur einen geringen Teil entsprechende Aufgaben übernommen. Zu 99 % ihrer Tätigkeit sei sie mit den vertraglich vereinbarten Schreibarbeiten befasst worden und allenfalls in einem Umfang von 1 % habe sie sonstige Aufgaben übernommen. Unter diesen Umständen komme dem Gesichtspunkt des Unternehmerrisikos - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Durch Gerichtsbescheid vom 04.08.2000 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den ihnen am 01.09.2000 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 29.09.2000 Berufung eingelegt. Sie sind der Auffassung, das Bestehen eines Unternehmerrisikos könne lediglich ein Indiz für die Beurteilung der Abhängigkeit der Beschäftigung sein, jedoch müsse das Gesamtbild beachtet werden. Zum einen sei die Beigeladene zu 1) diesem Risiko auch ausgesetzt gewesen, weil sie ohne Einsatz keine Gegenleistung erhalten habe, zum anderen sei zu beachten, dass sie Aufträge der Kläger aus welchen Gründen auch immer abgelehnt habe und manchmal wochenlang nicht zur Verfügung gestanden habe. Darüber hinaus sei sie im wesentlichen hinsichtlich der Gestaltung ihrer Tätigkeit bezüglich des Einsatzes der Arbeitskraft, des Arbeitsortes und der Arbeitszeit frei gewesen. Soweit das SG der Freiheit der Beigeladenen zu 1), die Arbeit zu delegieren, keine Bedeutung beigemessen habe, habe es verkannt, dass insoweit allein entscheidend die Möglichkeit der Delegation, nicht aber deren tatsächliche Wahrnehmung sei. Auch das Fehlen eigener Arbeitsmaterialien sei insoweit ohne Belang, da allein entscheidend die Möglichkeit freier Arbeitsgestaltung sei.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 04.08.2000 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 05.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Senat hat die Beigeladene zu 1) angehört. Wegen deren Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.08.2001 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Kläger und der Beigeladenen verhandeln und entscheiden können, da die Beteiligten mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit, deren Zulässigkeit aus dem Regelungsgehalt der §§ 110 Abs. 1, 126, 127 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) folgt, hingewiesen worden sind.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte die Versicherungspflicht für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei den Klägern festgestellt und entsprechende Beiträge nacherhoben hat.
Die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - [SGB V]), in der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI - Gesetzliche Rentenversicherung -), in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI - Soziale Pflegeversicherung -) sowie die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit (§ 168 Abs. 1 des hier noch anzuwendenden Arbeitsförderungsgesetzes - AFG -) setzt jeweils voraus, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in seiner bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung (a.F., jetzt § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), der gemäß § 173a AFG auch für die Beitragspflicht gilt, die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Eine Beschäftigung in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. Sozialrecht [SozR] 3-2400 § 7 Nrn. 4, 13, 15, zuletzt BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R -). Die selbständige Tätigkeit wird dem gegenüber vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 22; SozR 3-2400 § 7 Nr. 15). Die abhängige Beschäftigung grenzt sich von der selbständigen Tätigkeit danach ab, welche die ser Merkmale überwiegen, wobei das Gesamtbild der Arbeitsleistung und die tatsächlichen Verhältnisse ausschlaggebend sind, sofern sie von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen (BSG a.a.O.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4, 13; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien stellt sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Kläger nach ihrer tatsächlichen Ausprägung als abhängige Beschäftigung dar. Der Senat sieht insoweit insbesondere aufgrund der Angaben der Beigeladenen zu 1), der die Kläger auch nicht widersprochen haben und die im wesentlichen mit deren Vorbringen übereinstimmen, folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Klägern ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden. Es ist mündlich vereinbart worden, dass die Beigeladene zu 1) für die Kläger vorrangig Schreibarbeiten und diese in den Abendstunden nach Bedarf und Abkömmlichkeit der Beigeladenen zu 1) erledigen sollte. Als Vergütung war ein fester Stundenlohn von zunächst 18,-- DM und später 20,-- DM vereinbart. Die Arbeiten wurden ausschließlich in den Kanzleiräumen der Kläger ausgeführt. Die erforderlichen Arbeitsutensilien und -materialien wurden von den Klägern gestellt. Bei Bedarf übernahm die Beigeladene zu 1) auch sonstige Büro-/Sekretariatsarbeiten (z.B. Sortierarbeiten, Telefondienste), jedoch in einem lediglich geringen Umfang von maximal 10 % der Gesamtarbeiten. Danach stellt sich aber die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht wesentlich anders dar als die sonstiger angestellter Bürokräfte. Die Arbeiten waren durch die Kläger vorgegeben, es bestand zwischen ihnen und der Beigeladenen zu 1) Einvernehmen darüber, dass die Arbeiten in den Kanzleiräumen unter Verwendung der dortigen Betriebsmittel gefertigt wurden. Soweit die Kläger geltend machen, ihnen sei gleichgültig und daher der Beigeladenen zu 1) freigestellt gewesen, wo sie die Vertragsarbeiten erbrachte, begegnet dies schon gewissen Zweifeln, weil die Beigeladene zu 1) angegeben hat, dass sie zeitweise auf Diktate in den Büroräumen gewartet habe. Letztlich kann dies aber dahinstehen, denn da ohnehin für die Vertragsparteien feststand, dass die Beigeladene zu 1) mangels entsprechender eigener Ausrüstung ihre Arbeit nur in den Büroräumen der Kläger verrichten konnte, kommt dies gleichsam der Bestimmung des Arbeitsortes durch den Auftraggeber gleich. Wenn die Kläger unter Bezugnahme auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zum Frachtführer (vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG] in Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht [NZA] 98, 364) meinen, maßgeblich müsse allein die abstrakte Gestaltungsmöglichkeit sein, verkennen sie zum einen, dass nach § 425 Handelsgesetzbuch (HGB) der Frachtführer ein grundsätzlich selbständig Gewerbetreibender ist, und zum anderen bleibt maßgeblich die tatsächliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses. Anderenfalls könnte jeder Arbeitgeber die Sozialversicherungspflicht dadurch umgehen, dass er seinen Beschäftigten theoretische Freiheiten einräumt, deren Wahrnehmung nach den tatsächlichen Gegebenheiten aber nicht in Betracht kommt. Unter diesen Umständen kommt auch der Freiheit der Beigeladenen zu 1), für weitere Auftraggeber tätig werden zu können, keine wesentliche Bedeutung zu. Abgesehen davon, dass die Beigeladene zu 1) in dem hier entscheidungserheblichen Zeitraum für andere Auftraggeber nicht tätig geworden ist, hätte sie auch bei solchen nur in vergleichbarer Weise wie für die Kläger arbeiten und da mit in arbeitnehmertypischer Weise tätig werden können.
Gegen die Selbständigkeit der Klägerin spricht insoweit auch, dass sie nicht entsprechend werbend am Arbeitsmarkt aufgetreten ist. Unüblich für eine Gewerbetreibende ist des weiteren die Form der Abrechnung der erbrachten Arbeit ausschließlich nach Stundenlohn.
Schließlich hat die Beigeladene zu 1) auch keine für eine Unternehmerin typischen Risiken getragen. Sie hat keine Betriebsmittel eingesetzt und keine laufenden Kosten abzudecken gehabt. Allein die Gefahr (wobei deren Realisierung ohnehin als eher unwahrscheinlich erscheint, da weder die Kläger selbst noch die Beigeladene zu 1) angegeben haben, dass letztere häufig vergeblich ihren Arbeitseinsatz angeboten habe), Auftragsarbeiten zu erhalten, ist daher nicht geeignet, der Sphäre der Beigeladenen zu 1) bedeutsame unternehmerische Risiken zuzuweisen.
Angesichts dieser Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen, kommt den gegenteiligen Gesichtspunkten der freien Wahl der Arbeitszeit und der Berechtigung der Arbeitsablehnung lediglich eine untergeordnete Bedeutung zu, zumal diese Freiheiten dadurch eine Einschränkung erfahren, dass zwischen den Klägern und der Beigeladenen zu 1) feststand, dass die Arbeiten in der Regel zu bestimmten Tageszeiten ausgeführt werden mussten.
Da Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der streitigen Beiträge nicht gegeben sind und die Beklagte auch nur solche Beiträge mit dem angefochtenen Bescheid gefordert hat, die noch nicht der Verjährung unterlagen (§§ 23 Abs. 1 Satz 2, 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), musste die Berufung der Kläger daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflichtigkeit der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Kläger.
Die Beigeladene zu 1) war zwischen August 1993 und Juni 1995 für die Kläger, die eine Anwaltssozietät in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreiben, tätig und verrichtete im Wesentlichen Schreibarbeiten. Die Beigeladene zu 1) stellte hierfür den Klägern die gearbeiteten Stunden zu einem Stundenlohn von 18,-- bzw. 20,-- DM monatlich in Rechnung, ohne die Tätigkeiten im einzelnen zu benennen. Ab dem 01.07.1995 wurde die Beigeladene zu 1) von den Klägern als geringfügig Beschäftigte geführt.
Nach einer Betriebsprüfung forderte die Beklagte mit Bescheid vom 05.06.1998 Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01.12.1993 bis 30.06.1995 in Höhe von insgesamt 6.352,82 DM für die Beigeladene zu 1) nach, weil diese irrtümlich als Selbständige behandelt worden sei, da Indizien, die auf eine Selbständigkeit hinwiesen, wie z.B. ein Unternehmerrisiko, nicht vorgelegen hätten.
Die Kläger legten am 06.07.1998 Widerspruch ein, weil die Beigeladene zu 1) die Kriterien einer freien Mitarbeiterin erfülle. Sie habe sehr unterschiedlich - monatlich zwischen 468,-- DM und 1.377,-- DM verdient, was auf deren Unternehmerrisiko schließen lasse. Die Beigeladene zu 1) habe selbst bestimmt, wann sie - sofern Bedarf bestand - tätig geworden sei. Auch bei Bedarf sei sie nur tätig geworden, wenn sie Lust oder Zeit gehabt habe, soweit dies ihre hauptberufliche Tätigkeit als Bibliothekarin zugelassen habe. Die Büroorganisation und deren Ausgestaltung - hinreichend sozialversicherungspflichtige Voll- und Teilzeit kräfte im Sekretariatsbereich - hätten auch nie die Vorgabe von bestimmten Arbeiten und Arbeitszeiten erfordert. Die Beigeladene zu 1) hätte die Schreibarbeiten vom Band zu Hause erledigen dürfen. Aus der Art der Tätigkeit - Schreibarbeiten - seien natürlich bestimmte Vorgaben unabdingbar; diese seien aber stets sachbezogen und ergebnisorientiert, nie aber personenbezogen gewesen.
Nach schriftlicher Befragung der Beigeladenen zu 1) - wegen deren Angaben wird auf den von ihr am 28.09.1998 ausgefüllten Fragebogen nebst Anlagen (Bl. 72 bis 78 der Verwaltungsakte der Beklagten) Bezug genommen - wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.1999 den Widerspruch als unbegründet zurück, weil die Beigeladene zu 1) bei ihrer Tätigkeit kein Unternehmerrisiko getragen, nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügt, kein eigenes Kapital eingesetzt, Arbeitsgerät und Arbeitsmaterial gestellt erhalten habe und auch in sonstiger Weise nicht an der Tragung von Unkosten beteiligt worden sei. Ihre Freiheit habe allein darin bestanden, durch Mehrarbeit die Einkünfte zu erhöhen, so dass sie mit Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sei, die durch Überstunden ihren Verdienst erhöhten.
Die Kläger haben am 09.04.1999 Klage erhoben. Sie haben geltend gemacht, die Beigeladene zu 1) sei nicht in den Betrieb i.S. einer zeitlichen, örtlichen und fachlichen Weisungsgebundenheit eingegliedert gewesen. Insbesondere stehe dem entgegen, dass es der Beigeladenen zu 1) freigestanden habe, die erforderlichen Arbeiten durch einen Dritten erledigen zu lassen oder auch selbst für Dritte tätig zu werden. Gegenüber den vielfältigen Aufgaben der weiteren Mitarbeiter in ihrem - der Kläger - Sekretariat habe die Beigeladene zu 1) nur einen geringen Teil entsprechende Aufgaben übernommen. Zu 99 % ihrer Tätigkeit sei sie mit den vertraglich vereinbarten Schreibarbeiten befasst worden und allenfalls in einem Umfang von 1 % habe sie sonstige Aufgaben übernommen. Unter diesen Umständen komme dem Gesichtspunkt des Unternehmerrisikos - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Durch Gerichtsbescheid vom 04.08.2000 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den ihnen am 01.09.2000 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 29.09.2000 Berufung eingelegt. Sie sind der Auffassung, das Bestehen eines Unternehmerrisikos könne lediglich ein Indiz für die Beurteilung der Abhängigkeit der Beschäftigung sein, jedoch müsse das Gesamtbild beachtet werden. Zum einen sei die Beigeladene zu 1) diesem Risiko auch ausgesetzt gewesen, weil sie ohne Einsatz keine Gegenleistung erhalten habe, zum anderen sei zu beachten, dass sie Aufträge der Kläger aus welchen Gründen auch immer abgelehnt habe und manchmal wochenlang nicht zur Verfügung gestanden habe. Darüber hinaus sei sie im wesentlichen hinsichtlich der Gestaltung ihrer Tätigkeit bezüglich des Einsatzes der Arbeitskraft, des Arbeitsortes und der Arbeitszeit frei gewesen. Soweit das SG der Freiheit der Beigeladenen zu 1), die Arbeit zu delegieren, keine Bedeutung beigemessen habe, habe es verkannt, dass insoweit allein entscheidend die Möglichkeit der Delegation, nicht aber deren tatsächliche Wahrnehmung sei. Auch das Fehlen eigener Arbeitsmaterialien sei insoweit ohne Belang, da allein entscheidend die Möglichkeit freier Arbeitsgestaltung sei.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 04.08.2000 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 05.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Senat hat die Beigeladene zu 1) angehört. Wegen deren Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.08.2001 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Kläger und der Beigeladenen verhandeln und entscheiden können, da die Beteiligten mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit, deren Zulässigkeit aus dem Regelungsgehalt der §§ 110 Abs. 1, 126, 127 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) folgt, hingewiesen worden sind.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte die Versicherungspflicht für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei den Klägern festgestellt und entsprechende Beiträge nacherhoben hat.
Die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - [SGB V]), in der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI - Gesetzliche Rentenversicherung -), in der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI - Soziale Pflegeversicherung -) sowie die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit (§ 168 Abs. 1 des hier noch anzuwendenden Arbeitsförderungsgesetzes - AFG -) setzt jeweils voraus, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in seiner bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung (a.F., jetzt § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), der gemäß § 173a AFG auch für die Beitragspflicht gilt, die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Eine Beschäftigung in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. Sozialrecht [SozR] 3-2400 § 7 Nrn. 4, 13, 15, zuletzt BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R -). Die selbständige Tätigkeit wird dem gegenüber vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 22; SozR 3-2400 § 7 Nr. 15). Die abhängige Beschäftigung grenzt sich von der selbständigen Tätigkeit danach ab, welche die ser Merkmale überwiegen, wobei das Gesamtbild der Arbeitsleistung und die tatsächlichen Verhältnisse ausschlaggebend sind, sofern sie von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen (BSG a.a.O.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4, 13; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien stellt sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Kläger nach ihrer tatsächlichen Ausprägung als abhängige Beschäftigung dar. Der Senat sieht insoweit insbesondere aufgrund der Angaben der Beigeladenen zu 1), der die Kläger auch nicht widersprochen haben und die im wesentlichen mit deren Vorbringen übereinstimmen, folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Klägern ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden. Es ist mündlich vereinbart worden, dass die Beigeladene zu 1) für die Kläger vorrangig Schreibarbeiten und diese in den Abendstunden nach Bedarf und Abkömmlichkeit der Beigeladenen zu 1) erledigen sollte. Als Vergütung war ein fester Stundenlohn von zunächst 18,-- DM und später 20,-- DM vereinbart. Die Arbeiten wurden ausschließlich in den Kanzleiräumen der Kläger ausgeführt. Die erforderlichen Arbeitsutensilien und -materialien wurden von den Klägern gestellt. Bei Bedarf übernahm die Beigeladene zu 1) auch sonstige Büro-/Sekretariatsarbeiten (z.B. Sortierarbeiten, Telefondienste), jedoch in einem lediglich geringen Umfang von maximal 10 % der Gesamtarbeiten. Danach stellt sich aber die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht wesentlich anders dar als die sonstiger angestellter Bürokräfte. Die Arbeiten waren durch die Kläger vorgegeben, es bestand zwischen ihnen und der Beigeladenen zu 1) Einvernehmen darüber, dass die Arbeiten in den Kanzleiräumen unter Verwendung der dortigen Betriebsmittel gefertigt wurden. Soweit die Kläger geltend machen, ihnen sei gleichgültig und daher der Beigeladenen zu 1) freigestellt gewesen, wo sie die Vertragsarbeiten erbrachte, begegnet dies schon gewissen Zweifeln, weil die Beigeladene zu 1) angegeben hat, dass sie zeitweise auf Diktate in den Büroräumen gewartet habe. Letztlich kann dies aber dahinstehen, denn da ohnehin für die Vertragsparteien feststand, dass die Beigeladene zu 1) mangels entsprechender eigener Ausrüstung ihre Arbeit nur in den Büroräumen der Kläger verrichten konnte, kommt dies gleichsam der Bestimmung des Arbeitsortes durch den Auftraggeber gleich. Wenn die Kläger unter Bezugnahme auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zum Frachtführer (vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG] in Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht [NZA] 98, 364) meinen, maßgeblich müsse allein die abstrakte Gestaltungsmöglichkeit sein, verkennen sie zum einen, dass nach § 425 Handelsgesetzbuch (HGB) der Frachtführer ein grundsätzlich selbständig Gewerbetreibender ist, und zum anderen bleibt maßgeblich die tatsächliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses. Anderenfalls könnte jeder Arbeitgeber die Sozialversicherungspflicht dadurch umgehen, dass er seinen Beschäftigten theoretische Freiheiten einräumt, deren Wahrnehmung nach den tatsächlichen Gegebenheiten aber nicht in Betracht kommt. Unter diesen Umständen kommt auch der Freiheit der Beigeladenen zu 1), für weitere Auftraggeber tätig werden zu können, keine wesentliche Bedeutung zu. Abgesehen davon, dass die Beigeladene zu 1) in dem hier entscheidungserheblichen Zeitraum für andere Auftraggeber nicht tätig geworden ist, hätte sie auch bei solchen nur in vergleichbarer Weise wie für die Kläger arbeiten und da mit in arbeitnehmertypischer Weise tätig werden können.
Gegen die Selbständigkeit der Klägerin spricht insoweit auch, dass sie nicht entsprechend werbend am Arbeitsmarkt aufgetreten ist. Unüblich für eine Gewerbetreibende ist des weiteren die Form der Abrechnung der erbrachten Arbeit ausschließlich nach Stundenlohn.
Schließlich hat die Beigeladene zu 1) auch keine für eine Unternehmerin typischen Risiken getragen. Sie hat keine Betriebsmittel eingesetzt und keine laufenden Kosten abzudecken gehabt. Allein die Gefahr (wobei deren Realisierung ohnehin als eher unwahrscheinlich erscheint, da weder die Kläger selbst noch die Beigeladene zu 1) angegeben haben, dass letztere häufig vergeblich ihren Arbeitseinsatz angeboten habe), Auftragsarbeiten zu erhalten, ist daher nicht geeignet, der Sphäre der Beigeladenen zu 1) bedeutsame unternehmerische Risiken zuzuweisen.
Angesichts dieser Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) sprechen, kommt den gegenteiligen Gesichtspunkten der freien Wahl der Arbeitszeit und der Berechtigung der Arbeitsablehnung lediglich eine untergeordnete Bedeutung zu, zumal diese Freiheiten dadurch eine Einschränkung erfahren, dass zwischen den Klägern und der Beigeladenen zu 1) feststand, dass die Arbeiten in der Regel zu bestimmten Tageszeiten ausgeführt werden mussten.
Da Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der streitigen Beiträge nicht gegeben sind und die Beklagte auch nur solche Beiträge mit dem angefochtenen Bescheid gefordert hat, die noch nicht der Verjährung unterlagen (§§ 23 Abs. 1 Satz 2, 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), musste die Berufung der Kläger daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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