L 6 VS 1/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 16 (10) V 41/94
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 VS 1/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 14.10.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines chronischen Schmerzsyndroms im Bereich der Augen und Stirn als Wehrdienstbeschädigung und Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H.

Der 1965 geb. Kläger leistete vom 05.01.1987 bis 30.09.1987 seinen Grundwehrdienst bei der Heeresfliegerwaffenschule in C1 ab. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er vorzeitig aus dem Wehrdienst entlassen. Während der Grundausbildung absolvierte der Kläger die Ausbildung und Prüfung für den LKW-Führerschein.

Am 05.08.1992 beantragte der Kläger die Gewährung von Versorgungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) i.V.m. Soldatenversorgungsgesetz (SVG), wegen Augenschmerzen und einem Taubheitsgefühl im Stirnbereich.

Der Beklagte zog die Akten des Wehrbereichsgebührnisamtes III bei. Diese enthielten die G-Karte und zahlreiche ärztliche Befund- und Behandlungsberichte, u.a. Befundberichte vom Januar 1987 von dem Neurologen und Psychiater Dr. T, dem Augenarzt Dr. P und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H; außerdem Berichte von dem Augenarzt Dr. E v. 13.03.1987 sowie einen Entlassungsbericht des Bundeswehrkrankenhauses I v. 14.07.1987, einen Befundbericht von dem Augenarzt Dr. I vom 14.07.1987 und einen Bericht des westfälischen Landeskrankenhauses H1 vom 06.10.1987.

Sodann holte die Versorgungsverwaltung einen Befundbericht von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. I1 vom 29.03.1993 ein, dem weitere Arztberichte vom Ev. K-Krankenhaus C (19.03.1991 u. 05.08.1991) und vom DRK-Schmerzzentrum N (29.01.1991) beigefügt waren.

Nach versorgungsärztlicher Auswertung lehnte der Beklagte die Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung mit Bescheid vom 13.07.1993 ab. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei den vom Kläger beschriebenen Symptomen nicht um Schädigungsleiden, sondern um eine neurotische Fehlentwicklung mit im Vordergrund stehenden Schmerzzuständen handele. Für eine Verursachung durch den Wehrdienst ergebe sich kein Anhalt.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, er sei zum Dienst eingezogen worden, obwohl er auf seinen Gesundheitszustand aufmerksam gemacht habe. Insbesondere sein psychischer Zustand sei aber nicht gewürdigt worden.

Der Beklagte zog einen Entlassungsbericht der Klinik für psychosomatische Medizin X vom 22.09.1988 bei und holte einen weiteren Befundbericht von dem Allgemeinmediziner Dr. I1 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung wies der Beklagte mit Bescheid vom 11.02.1994 den Widerspruch des Klägers aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurück.

Mit der am 10.03.1994 eingereichten Klage hat der Kläger die Feststellung eines chronischen Schmerzsyndroms als Folge eines nicht behandelten latenten Außenschielens als Wehrdienstbeschädigung sowie Versorgung nach einer MdE um 50 v.H. beansprucht. Er hat einen Bericht der F-Universität U vom 01.10.1992 vorgelegt. Danach leide er an einer funktionellen Augenerkrankung.

Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S (01.04.1995) und dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. I1 (10.04.1995) eingeholt.

Im Weiteren hat es ein medizinisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S1, Chefarzt der Augenklinik der Städt. Kliniken C in Auftrag gegeben. Dieser ist in seinem Gutachten vom 15.01.1997 sowie in den ergänzenden Stellungnahmen vom 07.04.1999 und 26.08.1999 zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger leide an trockenen Augen mit ausgeprägter Tränensekretionsstörung und an Doppelbildern durch ein latentes bis manifestes Außenschielen in der Nähe. Aus augenärztlicher Sicht sei eine Wehrdienstbeschädigung nicht nachvollziehbar. Ein latentes Schielen komme bei etwa 80% der Bevölkerung vor. Eine Überbeanspruchung der Augenmuskulatur sei in diesem Zusammenhang noch nie nachgewiesen worden. Eine Verursachung oder Verstärkung durch die Tätigkeit bei der Bundeswehr liege nicht vor. Es sei daran zu zweifeln, dass die Beschwerden des Klägers mit den organischen Erkrankungen in Einklang zu bringen seien.

Sodann hat das Gericht auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein weiteres Sachverständigengutachten von Prof. Dr. G, E, eingeholt. Dieser hält nach seinem Gutachten vom 10.12.1997 einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Dienst in der Bundeswehr und der Chronifizierung der Beschwerden des Klägers für wahrscheinlich. Ein bereits vor der Musterung existierendes latentes Schielen sei bei der Musterungsuntersuchung nicht erkannt worden. Aufgrund einer auch durch die psychische Grundsituation des Klägers bedingten Art, alles genau zu machen, sei es zu einer Verfestigung des latenten Schielens gekommen.

Mit Urteil vom 14.10.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, weil die bei dem Kläger vorliegenden Augenschmerzen nicht durch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse im Sinne von § 81 Abs. 1 SVG hervorgerufen oder verschlimmert worden seien. Es habe weder eine falsche Behandlung des Klägers stattgefunden, noch seien außergewöhnliche Belastungen ersichtlich, die geeignet wären, die Beschwerden hervorzurufen.

Gegen das am 15.12.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.01.2000 Berufung eingelegt. Er beruft sich im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. G.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 14.10.1999 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13.07.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.02.1994 zu verurteilen, beim Kläger ein Schmerzsyndrom mit Chronifizierungscharakter nach einer durch eine wehrdienstbedingte Überbeanspruchung bei nicht erkanntem latenten Schielen sich entwickelte, dauerhafte Hypersensibilisierung (Schädigung) von Schmerzafferenzen im Sinne einer Verschlimmerung festzustellen und Versorgungsleistung nach einer MdE von mindestens 50 v.H. gemäß den gesetzlichen Bestimmungen unter Zugrundelegung des Antrags vom 05.08.1992 zu gewähren,

1. hilfsweise, zur Feststellung eines Fehlverhaltens der Bundeswehr von dort eine Auskunft einzuholen zu folgenden Fragen:

a) Welche Untersuchungen finden bei der Musterung hinsichtlich des Verwendungsausschlusses "Anforderung Augen" statt.

b) Wird der sogenannte "Aufdecktest" zur Feststellung eines "latenten Schielens" durchgeführt?

c) Welche medizinischen und verwendungstechnischen Folgen hat die Feststellung eines "latenten oder eines manifesten Schielens" bei der Musterung oder während des Wehrdienstes?

d) Was macht die Bundeswehr, wenn Soldaten über nachhaltige Augenschmerzen klagen?

e) Kann in Bundeswehrkrankenhäusern ein "latentes oder manifestes Schielen" festgestellt werden?

f) Läßt sich dort das Ausmaß der Heterophorie recht einfach mit dem "Maddox-Kreuz" bestimmen?

g) Wann werden Prismengläser verordnet?

2. weiter hilfsweise,

a) zur Feststellung der Augensituation vor 1987 Dr. I1 dazu zu befragen, ob die von ihm im Befundbericht vom 04.04.1996 angegebenen Augenschmerzen bereits vor der Bundeswehrzeit des Klägers angegeben wurden.

b) Pof. Dr. T und Dr. X dazu zu befragen, ob der Kläger ihnen gegenüber schon vor der Bundeswehrzeit Augenschmerzen angegeben hat.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Befundberichte eingeholt von dem Nervenarzt Dr. C (17.07.2001), dem Augenarzt Dr. P1 (23.07.2001), dem ein Arztbrief der Augenklinik H (20.10.2000) beigefügt war, sowie von dem Augenarzt Dr. X (29.10.2001).

Sodann hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung medizinischer Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N und von dem Arzt für Augenheilkunde Prof. Dr. L. Dr. N hat in seinem Gutachten vom 09.11.2002 ausgeführt, dass der Kläger an einem chronischen Schmerzsyndrom im Bereich beider Augenhöhlen mit psychogenen Komponenten leide. Es spreche mehr dagegen als dafür, dass diese Erkrankungen ursächlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung auf wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückzuführen seien. Der Kläger sei bei der Bundeswehr auch keinen speziell augenbelastenden Tätigkeiten ausgesetzt gewesen. Prof. Dr. L ist in seinem Gutachten vom 01.04.2004 zu dem Ergebnis gelangt, es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Augen des Klägers bei den Verrichtungen des Wehrdienstes nicht überbeansprucht wurden und dass die Beschwerden des Klägers nicht auf eine Augenerkrankung zurückzuführen seien.

Auf Anregung des Klägers ist erneut Prof. Dr. G gehört worden. Der Arzt hat in seinen ergänzenden Stellungnahmen (10.04.2001 und 17.11.2003 und 17.11.2004) weiterhin die Auffassung vertreten, das bei dem Kläger bestehenden Schmerzsyndrom sei auf ein latentes und anschließend nicht behandeltes Schielen zurückzuführen. Da das latente Schielen bei der Musterung nicht entdeckt worden sei, sei der Kläger fälschlicherweise als voll einsatzfähig eingestuft worden. Das Schmerzsyndrom sei mit aller Wahrscheinlichkeit durch die im Rahmen des Grundwehrdienstes entstandene Überbeanspruchung bei bestehender Überempfindlichkeit entstanden. Eine neurotische Fehlentwicklung liege bei dem Kläger nicht vor.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Veraltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch Anerkennung eines chronischen Schmerzsyndroms im Bereich beider Augen und eines Taubheitsgefühl im Bereich der Stirn als Wehrdienstbeschädigung im Sinne von § 81 SVG. Diese bei ihm unstreitig vorliegenden Gesundheitsstörungen sind weder durch eine Wehrdienstverrichtung noch durch einen Unfall während der Dienstausübung oder durch diensteigentümliche Verhältnisse (§ 81 Abs.1 SVG) hervorgerufen bzw. verschlimmert worden. Zu diesem Ergebnis ist der Senat nach Auswertung der vorliegenden Arztberichte und Sachverständigengutachten gelangt.

Voraussetzung für die Anerkennung einer bestimmten Gesundheitsstörung als Wehrdienstfolge ist zunächst, dass eine geschützte Tätigkeit ausgeübt wird, infolge derer es zu einem schädigenden Ereignis kommt. Dieses wiederum muss eine gesundheitliche Schädigung verursachen. Dabei müssen die geschützte Tätigkeit, das schädigende Ereignis und eine Gesundheitsstörung nachgewiesen, d.h. ohne vernünftige Zweifel bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Für den Ursachenzusammenhang zwischen geschützter Tätigkeit und schädigendem Ereignis sowie zwischen schädigendem Ereignis und der Gesundheitsstörung, die als möglicher Erst- oder Primärschaden in Betracht zu ziehen ist (haftungsbegründende Kausalität) genügt der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R = BSG SozR 3-3200 § 81 Nr.16). Wahrscheinlich ist ein solcher Ursachenzusammenhang, wenn mehr für als gegen ihn spricht (BSG, Urteil vom 26. 2. 1992, 9a RV 4/91 = BSG SozR 3-3200 § 81 Nr.3). Fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität, hat der schädigende Vorgang keinen zu berücksichtigenden Körperschaden ausgelöst. Ist eine Gesundheitsstörung hingegen ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen, ist diese Gesundheitsstörung Primär- bzw. Erstschaden.

Im vorliegenden Fall ist ein schädigendes Ereignis schon nicht nachgewiesen. Ein Unfall als Schädigungsursache kommt unstreitig nicht in Betracht. Einer Wehrdienstverrichtung des Klägers, die mit einer besonderen Überbeanspruchung der bereits vorgeschädigten Augen verbunden war, ist nicht ersichtlich. Durch die von ihm im Erörterungstermin am 05.11.1998 beschriebenen Tätigkeiten während der Grundausbildung, der anschließend 1 ½ Monate andauernden Fahrschule zur Erlangung des LKW Führerscheins und der erweiterten Grundausbildung hat keine Überbeanspruchung der Augen stattgefunden. In seiner Stammeinheit, einer Flugplatztruppe, der er in der weiteren Zeit zugeordnet war, bestand seine Aufgabe darin, den Flugplatz in Ordnung zu halten, Beleuchtung zu installieren und Transporte auszuführen. Er hat bis zu seiner Entlassung aus der Bundeswehr auch lediglich an einer 35 h-Übung teilgenommen. Eine besondere Überbeanspruchung hat er bei der Erörterung ebenso wenig angeführt, wie in der bis dahin geführten Korrespondenz. Diese war ausweislich des Schriftsatzes vom 15.01.1996 auch lediglich auf eine Falschbehandlung während der Bundeswehrzeit gestützt. Die vom Kläger beschriebenen Tätigkeiten, die abwechslungsreich waren, bedeuteten keine besondere Belastung der Augen, wie sie beispielsweise mit Bildschirmarbeit verbunden ist. Besondere Augenbelastungen hat der Kläger auch bei der Untersuchung durch Dr. S1 im Januar 1997 nicht angegeben. Danach ist zweifelhaft und auch nicht glaubhaft, dass der Kläger den von dem nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. G beschriebenen körperlichen Beanspruchungen tatsächlich ausgesetzt war. Dr. G beschreibt zwar Überbeanspruchungen durch Kompensationsmaßnahmen bei latent vorhandenem Schielen. Wehrdienstverrichtungen, die mit einer Überbeanspruchung der Augen verbunden sind, werden von ihm als gegeben unterstellt. Ob der Kläger solchen Belastungen tatsächlich ausgesetzt war, ergibt sich aus seiner Anamnese indes nicht. Soweit der Sachverständige als besondere Belastung der Augen das mit der Ausbildung zum LKW-Führerschein verbundene Lesen der Schulungsunterlagen von mehreren Stunden täglich anführt und hiermit das Brennen der Augen erklärt, so hatte der Kläger, der sich diese Argumentation zu eigen gemacht hat, dies bis dahin nicht erwähnt. Vielmehr ist es so, dass der Kläger sich bereits acht Tage nach Beginn des Wehrdienstes wegen unerträglicher Augenschmerzen in Behandlung begeben hat. Die Führerscheinausbildung mit der angeführten Überbeanspruchung durch stundenlanges Lesen, war hier noch gar nicht aktuell. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. S1 hat der Kläger in Widerspruch zu seinem heutigen Vorbringen angegeben, dass im November 1986, also viel früher, sehr starke Augenschmerzen aufgetreten seien. Dies verdeutlicht, dass der Sachverständige ergebnisorientiert Überbeanspruchungen konstruiert hat, um die von ihm angenommenen "Chronifizierung der Beschwerden" mit der Wehrdienstverrichtung "eher wahrscheinlich" machen zu können.

Aber selbst wenn man als schädigendes Ereignis eine Überbeanspruchung der Augen als nachgewiesen unterstellt, so ist das vom Kläger als gesundheitliche Schädigung beanspruchte "chronische Schmerzsyndrom im Bereich der Augen und der Stirn", das von Dr. G eher zurückhaltend mit "Chronifizierung der Beschwerden" beschrieben wird, nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung oder im Sinne der Verschlimmerung auf eine Überbeanspruchung der Augen zurückzuführen. Der Senat geht in Übereinstimmung mit den beiden augenärztlichen Sachverständigen Prof. S1 und Prof. L und dem Neurologen und Psychiater Dr. N davon aus, dass die bei dem Kläger vorliegenden Schmerzen auf einer neurotischen Fehlentwicklung beruhen und nicht auf das latente Schielen zurückzuführen sind. Beide augenärztliche Sachverständige schließen die Möglichkeit einer Überbeanspruchung der Augen durch die Bundeswehrtätigkeit kategorisch aus. Das bei dem Kläger vorliegende latente Schielen kommt nach ihren Ausführungen bei 75-80% der Bevölkerung vor. Es verursacht i.d.R. keine Beschwerden und wird nur behandelt, falls doch Beschwerden auftreten. Wenn die beim Kläger bestehenden Augenschmerzen tatsächlich durch das latente Schielen verursacht worden wären, müsste nach Auskunft der beiden augenärztlichen Sachverständigen die Behandlung mit Augentropfen und einer Prismabrille zu einer Besserung der Beschwerden geführt haben, was aber gerade nicht der Fall war. Der Senat schließt sich den nachvollziehbaren Darlegungen dieser Sachverständigen an, die in der Begründung und im Ergebnis keinen Anlass zu Zweifel geben. Das Gutachten von Prof. Dr. G überzeugt demgegenüber nicht. Dieser stellt die Überbeanspruchung der Augen durch das Lernen für die Führerscheinprüfung als belastendes Ereignis in den Vordergrund seiner Argumentation. Seine Schlussfolgerungen werden aber erheblich durch den Umstand in Zweifel gezogen, dass er die Angaben des Klägers bei der Untersuchung im August 1997, seit ca. zehn Jahren brennende Schmerzen mit Schmerzsyndrom hinter beiden Augen zu verspüren, ohne weiteres als gegeben unterstellt, demgegenüber auf die anderslautenden aktenkundigen ärztlichen Befunde der Ärzte Dr. I1 (29.03.1993), Dr. H (23.01.1987), Dr. X (29.10.2001) und Dr. T (13.01.1987 - acht Tage nach Eintritt des Klägers in die Bundeswehr erstellt) überhaupt nicht eingeht. Für eine neurologisch-psychiatrisch bedingte Erkrankung spricht, dass die Beschwerden des Klägers, beginnend mit Kopfschmerzen und Taubheitsgefühl hinter der Stirn, brennenden Augen, mündend in starke Augenschmerzen, bereits im Sommer 1985 begannen. Davon geht der Senat nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen aus. So hat der den Kläger behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. I1 in seinem Bericht vom 29.03.1993 dargelegt, der Kläger befinde sich bei ihm seit 1985 in ständiger Behandlung wegen zunehmender Augenschmerzen. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H berichtete am 23.01.1987, dass es bei dem Kläger, der sich seit einem Jahr in ihrer nervenärztlicher Behandlung befinde, während einer Griechenlandreise etwa Mitte 1985 erstmals zu starken Kopfschmerzen gekommen sei. Der Kläger habe sich während dieser Reise, die er mit zwei Freunden unternommen habe, als Außenseiter gefühlt. Diese Angaben werden durch den Bericht des Bundeswehrkrankenkauses I vom 14.07.1987 bestätigt. Nach einem Bericht des Diplom-Psychologen Erdmann von 1990 hat der Kläger dort angegeben, seit November 1986 an sehr starken Kopf- und Augenschmerzen zu leiden, die unmittelbar nach der Erkrankung des Vaters an einer Gehirnblutung aufgetreten seien. Der Augenarzt Dr. X hat in dem Befundbericht vom 29.10.2001 berichtet, dass der Kläger seit 1986 bei ihm in Behandlung war und seit ca. 5 Jahren, d.h. seit 1986 an Augenschmerzen litt. Schließlich hat der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. T angegeben, dass der Kläger bei ihm seit längerem in ambulanter Behandlung sei. Es beständen psychische Störungen im Sinne eines psychogenen Kopfschmerzes mit jetzt unerträglichen Schmerzen im Bereich der Augen und des Kieferbogens. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Augenbeschwerden schon vor Eintritt in den Wehrdienst vorgelegen haben. Er sieht keine Veranlassung, auf die unter 2) a. und b. in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge die Ärzte Dr. I1, Prof. Dr. T und Dr. X zur Augensituation vor 1987 ergänzend zu befragen. Die Augensituation vor 1987 ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Aufklärung. Der Kläger hat, wie schon erwähnt, bei Dr. S1 angegeben, dass im November 1987 sehr starke Augenschmerzen aufgetreten seien. Bei Dr. H hat der Kläger am 21.01.1987 angegeben, seit 1 ½ Jahren unter frontalen Kopfschmerzen zu leiden. Auch im Bericht der Klinik X vom 22.09.1988 werden seit drei Jahren bestehende Kopfschmerzen beschrieben. Diese Aussagen in den Berichten sind klar und auch zeitlich ohne weiters zuzuordnenden. Sie sind in sich stimmig und stehen im Einklang mit den mitgeteilten Befunderhebungen von Dr. I1, Prof. Dr. T und Dr. X. Widersprüche sieht der Senat nicht. Die Behauptung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 19.01.2005 Seite 2 oben, dass "vor dem Wehrdienst keine Augenschmerzen diagnostiziert worden sein können", ist schon unter Berücksichtigung der anderen Befunderhebungen von Dr. H und der Klinik X falsch. Haben danach die behaupteten gesundheitlichen Beschwerden schon vor Eintritt in den Wehrdienst vorgelegen, so ist die Schlussfolgerung von Dr. G, die Überbeanspruchung der Augen hätte zu der "Chronifizierung der Beschwerden" geführt, nicht wahrscheinlich. Dr. G ist von seiner Einschätzung augenscheinlich auch nicht sehr überzeugt, sonst hätte er nicht die vorsichtige Formulierung "eher wahrscheinlich" gewählt. Der Senat misst den Feststellungen von Dr. S1 und Prof. Dr. L auch deshalb ein größeres Gewicht zu, weil sie als Augenärzte eine höhere Kompetenz für die Beurteilung der hier maßgeblichen Fragen besitzen, als Prof. Dr. G, der Anästhesist und Schmerztherapeut ist.

Sind die vorstehend diskutierte Augenproblematik, insbesondere das chronifizierte Schmerzsyndrom im Bereich beider Augen und das Taubheitsgefühl im Bereich der Stirn nicht durch eine Überbeanspruchung der Augen durch den Wehrdienst entstanden oder verschlimmert worden, so sind die angeführten gesundheitlichen Schädigungen schließlich auch nicht auf wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zurückzuführen. Die geltend gemachte gesundheitliche Schädigung ist nicht Folge unzureichender oder falscher truppenärztlicher Behandlung. Auch wenn das verborgene bis manifeste Außenschielen bei der Musterungsuntersuchung erkannt und der Kläger deshalb anders eingesetzt worden wäre, so hätte dies keinen Einfluss auf die Weiterentwicklung der Krankheit gehabt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Erkrankung, die psychogener Natur ist, bei einer früheren Feststellung des verborgenen bis manifesten Außenschielens und einer anderen Verwendung bei der Bundeswehr einen günstigeren Verlauf genommen hätte.

Der weiteren Aufklärung entsprechend den in der mündlichen Verhandlung zur Vorbereitung der Nichtzulassungsbeschwerde (so der Bevollmächtigte) vorsorglich gestellten Hilfsanträgen zu 1) a. bis g. bedurfte es danach ebenfalls nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) sieht der Senat nicht als gegeben an.
Rechtskraft
Aus
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