L 5 RJ 345/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 78/01 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 345/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 19. März 2003 sowie des Bescheides vom 20. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2000 verurteilt, dem Kläger eine Rente auf Dauer wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2003 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19. März 2003 zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits zu einem Drittel zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1951 im vormaligen Jugoslawien geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger mit dortigem Wohnsitz. Er verfügt über keine Berufsausbildung und legte von 1971 bis 1978 78 Monate Pflichtbeitragszeiten in Deutschland zurück. Hier war er zunächst als Chemiewerker beschäftigt, anschließend bei zwei Elektrofirmen. Von Mai 1976 bis Mai 1977 nahm er an einem Fernlehrgang "Farbfernsehen von A -Z" ohne Abschluss/Prüfung teil. Mit dem dort erworbenen Wissen war er als Fernsehtechniker beschäftigt. Nach der Rückkehr in die Heimat arbeitete er bis 1991 als Techniker und nahm von 1991 bis 1996 am Bürgerkrieg teil. Gemäß Formblattbescheinigung H-RD 206 vom 03.02.2000 bezieht er seit dem 01.08.1996 eine kroatische Invalidenrente.

Der kroatische Versicherungsträger übersandte den Formblattantrag HR-D 201 vom 25.03.1996 mit einem Formblattgutachten HR-D 207 der Invalidenkommission Z. vom 12.01.1999 an die Klägerin. Nach den dortigen Feststellungen bestanden beim Kläger eine chronifizierte Form eines posttraumatischen Kriegsstress-Syndroms, Wirbelsäulenerkrankungen, eine leichte Fußheberlähmung rechts, Blutkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen. Infolge hiervon sei der Kläger als Elektrotechniker seit 20.03.1996 nur noch unter zweistündig einsetzbar.

Unter Auswertung dieses Gutachtens und weiterer Unterlagen aus der Heimat diagnostizierte der Prüfarzt der Beklagten Dr.D. unter dem 06.06.2000 eine reaktiv-bedingte neurotische Störung, Funktionsminderungen der Wirbelsäule, leichte Fußheberlähmung, Übergewicht bei Fettstoffwechselstörungen, Herzleistungsminderung bei labilem Bluthochdruck sowie beginnende Gefäßverengung der Beine. Dadurch sei der Kläger als Techniker eines TV-Services nur noch zwei Stunden täglich einsatzfähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch vollschichtig. Dem folgend lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20.06. 2000 ab. Ein hiergegen eingelegter Widerspruch, den der Kläger mit neueren Befund- und Behandlungsberichten untermauerte, blieb nach prüfärztlicher Stellungnahme ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 25.10.2000).

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG) hat der Kläger beantragt, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu leisten. Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten des Dr.Dr.W. sowie ein sozialmedizinisches der Dr.T. eingeholt einschließlich apparativer Zusatzuntersuchungen. Dr.Dr.W. hat den Kläger als voll orientiert, bewusstseinsklar ohne Auffälligkeiten in Aufmerksamkeit, Vigilanz, Kognition und Gedächtnis bei vollkommen ungestörtem Zeitgitter und erhaltenem Rechenvermögen beschrieben. Auch unter Berücksichtigung der Behandlungsberichte aus der Heimat insbesondere über stationäre psychiatrische Behandlungen sei das Beschwerdebild des Klägers nicht hinreichend ausgeprägt, um von einer quantitativ aufgehobenen Leistungsfähigkeit zu sprechen. Bei den Diagnosen "Spannungskopfschmerz und Dysthymie" sei der Kläger in der Lage, leichte Arbeiten unter nur qualitativen Einschränkungen acht Stunden täglich auszuüben.

Dr.T. hat im Vordergrund die psychische Problematik gesehen und diagnostiziert: - Dysthymie - Wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Veränderungen und nebenbefundlich: - Rezidivierende Gelenkbeschwerden ohne Bewegungseinschränkung, Tennisarm rechts, Senk-Spreizfuß, Zustand nach Rippenfraktur, Zustand nach Nasennebenhöhlenoperation sowie Fett-stoffwechselstörung.

Bluthochdruck und Fußheberlähmung sowie Durchblutungsstörungen der Beine seien nicht objektivierbar. Der Kläger könne leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit vollschichtig ausüben.

Dieser Einschätzung folgend hat das SG mit Urteil vom 19.03. 2003 die Klage abgewiesen, weil der Kläger wegen seines vollschichtigen Einsatzvermögens weder berufs- noch erwerbsunfähig sei. Er könne nach seinem beruflichen Werdegang sozial zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und sich zum einen auf seinen Gesundheitszustand, zum anderen auf eine - allerdings nicht nachweisbare - dreijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer berufen.

Der Senat hat ein psychiatrisches Sachverständigengutachten des Dr.S. (10.01.2004) eingeholt, der die Untersuchung in der Heimat und in der Muttersprache des Klägers durchgeführt hat. Dr.S. hat eine ängstlich-depressiv gefärbte anhaltende wahnhafte Störung, eine paranoide Persönlichkeitsstörung bei weiterer Progredienz diagnostiziert. Er hat die affektive Schwingungsfähigkeit als weitgehend aufgehoben bezeichnet bei Weininkontinenz, massiven Antriebsstörungen, Stimmenhören, Zwangsgedanken mit Repetitionsgang sowie Verfolgungs- und paranoiden Ideen. Es bestehe eine erhebliche Persönlichkeitsänderung mit einer ausgeprägten Einengung der Interessen, massiven Kontakt- und Kommunikationsstörungen bei affektiver Verarmung. Infolge dieser Erkrankungen könne der Kläger ab 01.03.1996 nur noch weniger als vier Stunden täglich leichte Arbeiten im Sitzen, in geschlossenen Räumen, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastung, ausüben.

Auf Einwand des Dr.L. vom 16.03.2004 hinsichtlich des Eintritts der Leistungsminderung hat Dr.S. ausgeführt, dass ihm im Hinblick auf die medizinische Dokumentation nichts anderes übrigbleibe, als den Beginn der zeitlichen Leistungseinschränkung auf den Tag seiner Untersuchung (27.11.2003) zu legen.

Daraufhin hat die Beklagte angeboten, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.12.2003, längstens bis Vollendung des 65. Lebensjahres, zu gewähren. Der Kläger hat dieses Angebot nicht angenommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 19.03.2003 sowie des Bescheides vom 20.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2000 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab 01.03.1996 zu bewilligen.

Die Beklagte hat im Verhandlungstermin vom 07.12.2004 das Angebot vom 30.08.2004 aufrecht erhalten und beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19.03.2003 im Übrigen zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 07.12. 2004 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet, soweit der Kläger mehr als das von der Beklagten Anerkannte begehrt.

Das Urteil bedarf keiner Begründung, soweit die Beklagte gemäß ihrem Anerkenntnis zur Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung verurteilt worden ist (§ 202 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. §§ 307, 313b Zivilprozessordnung - ZPO -).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10. 2000, mit welchem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund Antrags vom 25.03.1996 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 19.03.2003 damals zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, soweit dieser Anspruch über die von der Beklagten anerkannte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.12.2003 hinausgeht.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden alten Fassung (a.F.), da er den Rentenantrag vor 3. April 2001 (Montag) gestellt hat (§ 300 Abs.2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs.3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X ) und Rente (auch) für Zeiten vor dem 31. Dezember 2000 begehrt. Soweit ein Rentenanspruch erstmals für Zeiten ab dem 01.01.2001 in Betracht kommt, findet das SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden neuen Fassung (n.F.) Anwendung.

Nach § 43 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Der Kläger erfüllt zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der begehrten Rente, weil die versicherungsrechtlichen Zeiten, die der Kläger in der Heimat zurückgelegt hat, sowie der Rentenbezug in Kroatien seit dem 01.08.1996 gemäß dem deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommen (insbesondere Art.26 Abs.2 deutsch-kroatisches Sozialversicherungsabkommen vom 24. November 1997 - BGBl.II 1998 S.2034) Berücksichtigung finden. Beim Kläger liegt jedoch bis 31.12.2000 keine Berufsunfähigkeit vor.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung der bisherige Beruf, den der Versicherte in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübt hat (BSGE 50, 165).

Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar ist und für die sich der Betroffene sowohl gesundheitlich als auch fachlich eignet. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung die Berufe der Versicherten ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, in Gruppen eingeteilt. Sie werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.132, 138, 140). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Nach den eigenen Angaben des Klägers war er in Deutschland zunächst als Hilfsarbeiter in einer chemischen Fabrik, sodann als Arbeiter in einem Bohrunternehmen und nach Erlernen der deutschen Sprache sowie Ablegen eines einjährigen Fernkurses als Fernsehtechniker beschäftigt. Welche Qualität diese Fernseh- technikertätigkeit, die als diejenige mit der höchsten Qualifizierung einzustufen ist, hatte, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Die Beschäftigungsfirma H. H. in G. ist erloschen und hat über die Beschäftigung von Arbeitnehmern bis 1978 keine Unterlagen mehr. Nach dem Abschlusszeugnis vom 16.06.1977 hat der Kläger einen allgemeinen Lehrgang "Farbfernsehen von A - Z" durchlaufen, ohne dass dieser Lehrgang zu einer Abschlussprüfung einer unabhängigen oder anerkannten Stelle geführt hätte. Der Abschluss des Fernlehrgangs ist damit weder mit einer Berufsausbildung noch mit dem Abschluss eines anerkannten Lehrberufes vergleichbar. Ebenso wenig ist der Fernlehrgang mit einer Ausbildung zum angelernten Fernsehtechniker vergleichbar, wofür insbesondere die allgemeine Bezeichnung "Farbfernsehen von A - Z" spricht, die nicht erkennen lässt, dass spezielle technische Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt worden wären. In Anbetracht der Dauer von einem Jahr ist der Kläger damit dem angelernten Bereich zuzuordnen und zwar dem unteren Bereich (Anlernzeit bis zu 12 Monate). Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Behauptung des Klägers, er sei Berufskraftfahrer. Aus dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass der Kläger die entsprechende Fahrprüfung im Jahre 1973 in der Heimat zurückgelegt hat, zu einer Zeit, da er gemäß dem festgestellten Versicherungsverlauf in Deutschland voll beschäftigt war. Zudem war der Kläger in Deutschland nicht als Kraftfahrer tätig.

Der Kläger ist damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, ohne dass es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedüfte.

Der Kläger ist jedenfalls bis November 2003 (Untersuchung durch Dr.S.) medizinisch noch in der Lage gewesen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte Arbeiten mit einigen qualitativen Einschränkungen zu verrichten. Dies ergibt sich aus den Gutachten des Dr.Dr.W. , der Dr.T. sowie aus der ergänzenden Stellungnahme des Dr.S. selbst vom 16.07.2004.

Im Vordergrund stehen beim Kläger die psychischen Erkrankungen, die in seiner Heimat zur Berentung im Jahre 1996 geführt hatten. Wegen dieser Krankheit ist er dort mehrfach behandelt worden, wie sich auch aus dem Formblattgutachten sowie den weiteren medizinischen Befund- und Behandlungsberichten ergibt. Bedingt durch die Kriegsteilnahme 1991 bis 1996 hat der Kläger ein posttraumatisches Syndrom entwickelt mit Getriebensein, Reizbarkeit einschließlich vegetativer Störungen. Die entsprechenden Störungen hat Dr.Dr.W. in Anbetracht der seit Kriegsende und Berentung über sieben Jahren bestehenden Erkrankung sowie der in einer ausgiebigen Befundung erhobenen Feststellungen als Dysthymie beschrieben. Auch die Sozialmedizinerin Dr.T. hat diese Dysthymie bestätigt und überzeugend unter Auswertung der übrigen apparativen und bild- gebenden Diagnostik ein jedenfalls bis Anfang 2003 vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten ohne besondere Ansprüche an die nervliche Belastbarkeit festgestellt.

Damit steht fest, dass der Kläger nach § 43 SGB VI a.F. jedenfalls nicht berufsunfähig war. Weil die Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI a.F. noch weitergehende Voraussetzungen an die Leistungsfähigkeit stellt, war der Kläger somit auch nicht erwerbsunfähig (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R) oder für Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 2000 - teilweise oder ganz erwerbsgemindert nach §§ 43, 240 SGB VI n.F. - (welche ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen voraussetzten).

Dieses Leistungsbild hat sich nach den Feststellungen des Dr.S. nachweisbar zum Untersuchungsdatum 27.11.2003 geändert. Anlässlich seiner Untersuchung in der Heimat des Klägers, die Dr.S. in dessen Muttersprache durchgeführt hat, musste eine stark behindernde seelische Störung mit Zeit- und Zeitgitterstörungen, weitgehend affektiver aufgehobener Schwingungsfähigkeit, Ratlosigkeit, Unruhe, Anhedonie, massiven Angriffsstörungen einschließlich Illusionen mit Stimmenhören festgestellt werden, welche zu sozialem Rückzug und zunehmender Einkapselung bis hin zu Autismus bzw. Mutismus geführt hatte. Diese Störung war entsprechend dem überzeugenden Gutachten des Dr.S. als ängstlich-depressiv gefärbte anhaltende wahnhafte Störung bei paranoider Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren. Zusammen mit der beidseits ausgeprägten Cervicobrachialgie und Lumboischialgie sowie Discopathie der HWS und LWS war damit der Kläger ab Untersuchungsdatum 27.11.2003 nur noch in der Lage, weniger als vier Stunden täglich leichte Arbeiten im Sitzen, in geschlossenen Räumen ohne schweres Heben und Tragen sowie ohne Arbeiten im Bücken oder unter Akkord auszuüben.

Entsprechend der Stellungnahme des Dr.S. vom 16.07.2004 sowie nach den Einwendungen des Dr.L. sind aus den Feststellungen des Dr.S. selbst sowie aus den umfangreichen Befund- und Behandlungsberichten der Vergangenheit keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die die Annahme rechtfertigen würden, das zeitlich herabgesetzte Leistungsvermögen des Klägers sei nachweisbar bereits früher als zum Untersuchungszeitpunkt eingetreten.

Der Kläger ist damit erstmals nachweisbar seit 23.11.2003 nur noch in der Lage, unter vier Stunden täglich, d.h. im Zeitrahmen von drei bis sechs Stunden täglich, tätig zu sein. Er erfüllt damit nur die Voraussetzungen der teilweisen Erwerbsminderung gemäß § 43 SAGB VI n.F. Die Beklagte ist deshalb verpflichtet, dem Kläger eine entsprechende Rente ab 01.12.2003 zu bewilligen. Dies hatte die Beklagte auch anerkannt, weshalb eine Verurteilung insoweit erfolgt ist, weil der Kläger dieses Anerkenntnis nicht angenommen hat. Da ein weitergehender Anspruch auf Rente nicht zu begründen ist, war die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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