L 15 VH 2/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 VH 1/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VH 2/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 08.03.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

I.

Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob beim Kläger als weitere Schädigungsfolge eine Erhöhung des Augen- innendrucks anzuerkennen ist und ihm wegen besonderer beruflicher Betroffenheit höhere Beschädigtenversorgung sowie Berufsschadensausgleich zustehen.

Der 1948 in C. geborene Kläger stellte am 20.08.1984 beim Versorgungsamt Frankfurt am Main Erstantrag auf Versorgung nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG). Gemäß der Bescheinigung nach § 10 Abs.4 HHG vom 06.07.1984 hatte er sich vom 11.08.1972 bis 28.06.1978 in politischem Gewahrsam und zwar kurzfristig in Jugoslawien, Bulgarien und anschließend in der DDR (K. , B.) befunden.

Nach versorgungsärztlicher Untersuchung durch den Nervenarzt Dr.S. (Gutachten vom 04.10.1985) bejahte dieser als Haftfolge eine erlebnisreaktive psychische Störung im Sinne einer vermehrten Irritabilität mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 v.H. im Zeitraum von Mitte Februar 1984 bis Ende August 1985. Der Kläger wurde auch versorgungsärztlich durch den Internisten Dr.A. untersucht (Gutachten vom 11.09.1985). Laut Anamnese habe sich beim Kläger, als er 13 Jahre alt war, ein Verdacht auf Bronchialasthma ergeben. 1963 habe er eine Gehirnerschütterung erlitten und sei deshalb sechs Wochen im Krankenhaus behandelt worden. Während der Haft habe er im März 1973 Luftnot, Brennen in der Luftröhre und gelben Auswurf bemerkt und sei vier Wochen medikamentös behandelt worden. Von August 1973 bis Juni 1974 habe er in einem Arbeitslager als Betonbauer schwer arbeiten müssen und unter Luftnot gelitten. Ab 1975 habe er in einer Schneiderei Feuerwehrkleidung aus Asbest hergestellt. 1977 sei er in eine Abteilung versetzt worden, wo Gummianzüge für Atomschutz gefertigt worden seien; dabei sei er ständigen Dämpfen aus der Gummipresse ausgesetzt gewesen. Am 28.06.1978 sei er aus der Haft entlassen worden. Auch danach sei er wegen Luftnot behandelt worden. 1983 habe er noch in der DDR ein Heilverfahren wegen seiner Bronchien erhalten. Am 18.02.1984 sei er in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Er sei gelernter Betonbauer, aber seit Februar 1984 als Kabelwerker an der frischen Luft tätig. Dr.A. schlug aufgrund seiner Untersuchung die Anerkennung eines Bronchialasthmas ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion mit einer MdE um 10 v.H. vor.

Nach einer zahnärztlichen Begutachtung erging am 27.06.1986 ein Bescheid, in dem als Schädigungsfolgen nach dem HHG anerkannt wurden:

1. Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion.

2. Erlebnisreaktive Störungen.

3. Verlust der Zähne 11, 12, 14, 16, 17, 22, 23, 27, 36, 46.

Die MdE wurde mit 30 v.H. vom 01.08.1984 bis 31.08.1985 ein- geschätzt, danach unter 25 v.H. Der Kläger sei in seinem Beruf als Kabelwerker durch die Art der Schädigungsfolgen nicht besonders betroffen (§ 30 Abs.2 Bundesversorgungsgesetz - BVG -).

Einen Neufeststellungsantrag vom 01.04.1987 begründete der Kläger damit, dass er sich Mitte Februar 1987 erneut in nervenärztliche Behandlung bei Dr.L. in O. habe begeben müssen, weil er unter wahnsinnigen Angstzuständen gelitten habe. Er sei vom 16.02. bis 13.03.1987 im Psychiatrischen Krankenhaus P.-Hospital in R. stationär behandelt worden. Im Mai/Juni 1986 habe er wegen seines Bronchialasthmas in Bad S. eine Heilkur mit Erfolg absolviert. Da seine Lungenärztin geraten habe, einen Klimawechsel herbeizuführen, habe er sich entschlossen mit seiner Familie am 16.05.1987 ins Allgäu nach L. umzuziehen. Er legte auch eine entsprechende Bescheinigung der Lungenärztin Dr.B. vom 07.01.1987 vor.

Der Kläger wurde dann im Auftrag des Versorgungsamts Augsburg von der Nervenärztin Dr.R. am 11.02.1988 untersucht, die feststellte, dass der Kläger vom 16.02. bis 13.03.1987 psychiatrisch stationär wegen eines maniformen Zustandsbilds mit sexueller Problematik behandelt worden sei. Ein CCT-Befund vom 03.03.1987 (psychiatrisches Krankenhaus P.-Hospital) habe eine Entwicklungsstörung im frühen Kindesalter ergeben, ein Röntgenbefund einen Zustand nach linksfrontaler Schädelfraktur. Eine haftbedingte erlebnisreaktive Störung sei nicht feststellbar. Ein Zusammenhang zwischen dem maniformen Zustandsbild und der Frontalhirnstörung sei nicht sicher feststellbar, da der Kläger in der Haft am 16.03.1975 in Berlin auf den Hinterkopf gefallen sei. Der Kläger wurde auch lungenfachärztlich durch Prof.Dr.B. begutachtet, der keine klinisch bedeutsamen Beeinträchtigungen der Lunge fand.

Am 21.07.1988 erging daraufhin ein Bescheid über die Ablehnung einer Neufeststellung, da keine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen festzustellen sei. Es sei vielmehr beabsichtigt, die erlebnisreaktiven Störungen künftig nicht mehr als Schädigungsfolgen anzuerkennen. Ein entsprechender Bescheid erging am 19.08.1988. Darin wurden als Schädigungsfolgen nur noch 1. das Bronchialasthma und 2. der Zahnverlust anerkannt.

Nachdem der Kläger gegen den Bescheid vom 21.07.1988 Widerspruch eingelegt hatte, legte er ein ärztliches Gutachten vom 12.12.1988 von Dr.G. für die LVA Schwaben vor, der weder Heilbehandlungs- noch Berufsförderungsmaßnahmen für notwendig hielt. Am 28.08.1989 erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid.

Am 02.01.1991 beantragte der Kläger erneut eine Neufeststellung wegen Verschlimmerung seines Asthmas. Er befinde sich wegen eines akuten Anfalls seit 19.12.1990 (bis 08.01. 1991) in der Fachklinik W. im Allgäu, nachdem er wegen Atemnot während der Arbeit zusammengebrochen sei. Er legte auch aktuelle Arztbriefe vor. Darin wird auch über einen nicht befriedigend eingestellten Diabetes mellitus berichtet.

Am 21.02.1991 wurde der Kläger nochmals von Dr.G. für die LVA Schwaben untersucht, der folgende Diagnosen stellte: 1. Abnorme Persönlichkeitsentwicklung mit multiplen vegetativen Beschwerden; 2. Asthma bronchiale; Diabetes mellitus, bei Adipositas. 3. Es handle sich um einen Problemfall, bei dem die psychische Problematik im Vordergrund stehe.

Der Kläger befand sich im Übrigen vom 09. bis 23.08.1991 im Dr.O.Krankenhaus in L./Innere Abteilung und war vom 10.09. bis 19.11.1991 in der psychosomatischen Fachklinik Bad D. zur Kur. Im Anschluss daran habe er sich wegen hoher Zuckerwerte und schwerer Asthmaanfälle nochmals in das Dr.O.-Krankenhaus begeben müssen (vom 22.11. bis 19.12. 1991). Im August/September 1992 befand sich der Kläger in der Versorgungskurklinik P. Bad R ... Am 28.01.1992 habe er nach fast sechs Monaten wieder zu arbeiten begonnen. Es sei ihm ein neuer Arbeitsplatz zugeteilt worden (ohne Nachtschicht). Im Falle weiterer Krankmeldungen müsse er mit Konsequenzen rechnen.

Mit Schreiben vom 12.03.1993 teilte der Kläger mit, er sei am 23.02.1993 wegen einer Angstneurose mit dem Krankenwagen von C. nach K. ins Bezirkskrankenhaus gebracht worden. Seit dem 10.03.1993 befinde er sich in der psychosomatischen Klinik R. in Bad N ...

Aufgrund einer versorgungsärztlichen lungenärztlichen Untersuchung am 18.03.1992 durch Dr.S. mit ergänzender Stellungnahme vom 09.06.1993 erging am 15.06.1993 ein Änderungsbescheid, mit dem als Schädigungsfolge Nr.1 "Bronchialasthma" und Nr.2 "Zahnverlust" im Sinne der Entstehung anerkannt wurden und ab 01.01.1991 eine MdE in Höhe von 30 v.H. festgestellt wurde, weil sich die asthmatischen Beschwerden verschlimmert hätten.

Mit seinem Widerspruch vom 30.06.1993 machte der Kläger geltend, dass im Bescheid vom 15.06.1993 auch die Verschlimmerung der Zuckerkrankheit, seine psychischen Störungen und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule hätten berücksichtigt werden müssen. Auch sei seine MdE nach § 30 Abs.2 BVG höher zu bewerten, weil er beruflich besonders betroffen sei. Er habe aus gesundheitlichen Gründen kündigen müssen. Er legte diesbezüglich ein Attest des Betriebsarztes der Firma M. vom 21.06.1993 vor, in dem dem Kläger empfohlen wurde, seine Tätigkeit bei der Firma aus gesundheitlichen Gründen zu beenden. Er sei zunächst als Maschinenhelfer an den kontinuierlichen Anlagen tätig gewesen, sei aber aufgrund seiner Erkrankungen Anfang 1992 an die Kettentaktanlage versetzt worden, an der er sitzende Tätigkeit im Akkord ausübe. Es bestehe seit Kindheit ein Bronchialasthma, das sich in den letzten zwei Jahren erheblich verstärkt habe, zusätzlich seit zwei Jahren ein Diabetes mellitus, ferner ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit rezidivierenden Lumbalgien und Ischialgien und ein ausgeprägtes psychosomatisches Syndrom mit Depressionsneigung. Im letzten Jahr hätten sich insbesondere das Bronchialasthma und die psychische Dysregulation erheblich verstärkt, so dass der Kläger auch seine Tätigkeit an der Kettentaktanlage nicht mehr habe voll ausüben können. In einem Fragebogen der LVA Schwaben gab die Firma M. an, das seit Juni 1987 bestehende Arbeitsverhältnis sei zum 30.06. 1993 durch Aufhebungsvertrag beendet worden. Der Kläger habe angelernte Arbeit verrichtet und sei zuletzt nach Tarifgruppe 2 der chemischen Industrie bezahlt worden (monatlich 163,13 Studen x 17,48 DM = 2.852,00 DM). Er habe ab 01.03.1992 einen Schonarbeitsplatz - Stanzarbeiten an den Kettentaktmaschinen - gehabt, vorher sei er in der Extrusionsanlage Werker 1 gewesen. Der Kläger legte auch ein Abschlusszeugnis der 10-klassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule vom 02.07.1964 und ein Facharbeiterzeugnis der VEB-Tiefbau-Union K. bzgl. des Berufs Betonbauer vom 25.08.1967 vor.

Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr.B. am 09.11.1993 erging am 02.12.1993 ein zurückweisender Widerspruchsbescheid, wonach die Schädigungsfolgen und die MdE richtig festgestellt worden seien. Eine Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit sei nach § 29 BVG erst möglich, wenn erfolgversprechende und zumutbare Maßnahmen der Rehabilitation abgeschlossen worden seien. Dies sei vorrangig von der Regierung von Schwaben zu prüfen.

Am 30.06.1994 übersandte die Regierung von Schwaben - Hauptfürsorgestelle - ein Schreiben des Klägers vom 23.06.1994, in dem er dort u.a. eine besondere berufliche Betroffenheit geltend gemacht hatte (statt einer Reha-Maßnahme). Die Hauptfürsorgestelle erklärte sich gegenüber dem Kläger als unzuständig und bat das Versorgungsamt um zuständige Erledigung.

Das noch im Dezember 1993 vom Kläger eingeleitete Klageverfahren zum Sozialgericht Augsburg (S 11 V 137/93 HHG) führte zu einer Untersuchung und Begutachtung durch den Neurologen und Sozialmediziner Dr.H ... In seinem Gutachten vom 20.04.1994 kam der gerichtliche Sachverständige zum Ergebnis, dass ein bis in die frühe Kindheit zurückreichender Konflikt mit den Eltern, vor allem mit dem Stiefvater das Leben des Klägers bis heute beeinflusst habe. Der Kläger habe seinen leiblichen Vater nicht gekannt; sein Stiefvater und seine Mutter seien beide Angehörige der Volkspolizei gewesen. Beide hätten ihn kalt und lieblos behandelt und seinen jüngeren Halbbruder ihm vorgezogen. Sein Versuch, 1972 mit einem Freund über Jugoslawien in den Westen zu fliehen, sei gescheitert. Beim Kläger liege eine chronifizierte neurotische Entwicklung mit Neigung zu psychosomatischen Beschwerden vor. Die sechsjährige Haft in der ehemaligen DDR spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle. Der Kläger sei in dieser Zeit weder körperlich noch psychisch traumatisiert worden. Die in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1983 geforderten Voraussetzungen für eine haftbedingte psychische Schädigung lägen nicht vor. Hinzu komme, dass der Kläger bis zu seiner legalen Ausreise aus der DDR 1984 im dort erlernten Beruf als Betonbauer gearbeitet und dann im Westen rasch Arbeit gefunden habe.

Das Sozialgericht holte außerdem von dem Internisten Dr.R. ein internistisches Gutachten nach Aktenlage vom 18.05.1994 ein und zwar zu der Frage, ob sich der Diabetes wenigstens mittelbar auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückführen lasse. Dr.R. verneinte dies und bemerkte im Übrigen, die Anerkennung des Asthmaleidens im Sinne der Entstehung sei unrichtig.

Das Sozialgericht hat nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anschließend ein weiteres internistisch-pneumologisches Gutachten von Dr.H. vom 18.11.1994 eingeholt. Dieser kam zum Ergebenis, dass der Diabetes sicher haftunabhängig entstanden sei, der Schweregrad der Erkrankung aber wesentlich durch die notwendige Cortikoidtherapie des Asthmas mitbeeinflusst werde. Seines Erachtens sei auch das bereits in der Jugendzeit vorwiegend exogen-allergische Asthma durch die Haftbedingungen richtungweisend verschlechtert worden. Der jetzt vorliegende erhebliche Schweregrad des Asthmas sei weitgehend durch Faktoren bestimmt, die nicht durch Haftbedingungen erklärbar seien. Das Asthma bronchiale sei insgesamt mit einer MdE um 60 v.H. zu bewerten, wobei 30 v.H. schädigungsbedingt seien. Der Diabetes sei mit einer Gesamt-MdE von 30 v.H. einzuschätzen, wobei als mittelbare Schädigungsfolge eine MdE von 10 v.H. zutreffe. Insgesamt liege eine schädigungsbedingte MdE um 40 v.H. vor.

Aufgrund einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr.L. vom 10.02.1995, die nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) den Diabetes sogar mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 40, den Gesamt-GdB ohne die psychische Störung (GdB 40) und ohne WS-Erkrankung (GdB 20) mit GdB 80 einschätzte und Merkzeichen "G" vorschlug, unterbreitete der Beklagte am 17.02.1995 ein Vergleichsangebot, das vom Kläger am 20.03.1995 angenommen wurde. Die schädigungsbedingte Verschlimmerung des Asthmas mit einer MdE um 30 v.H. wurde dabei als nicht richtunggebend bezeichnet, weil - wie im Gutachten ausgeführt - der erhebliche Schweregrad weitgehend nicht mit den Haftbedingungen im Zusammenhang stehe. Auch die cortisonbedingte Verschlimmerung des Diabetes sei nicht richtunggebend. Dem Vorschlag, den Verschlimmerungsanteil mit MdE 10 v.H. einzuschätzen, könne gefolgt werden; insgesamt ergebe sich eine MdE um 40 v.H.

Die Beklagtenakte enthält anschließend medizinische Gutachten von Dr.G. und Dr.K. vom Januar, April und Mai 1994, von Dr.M. (MDK Bayern) vom Juni 1994, ferner Berichte über stationäre Behandlungen im Bezirkskrankenhaus K. und in der psychosomatischen Klinik Bad N. in der ersten Jahreshälfte von 1993.

Am 15.05.1995 erließ der Beklagte den Ausführungsbescheid zu dem außergerichtlichen Vergleich vom 17.02./20.03.1995, in dem als Folgen einer Schädigung im Sinne des HHG anerkannt wurden:

1. Cortisonpflichtiges Asthma bronchiale mit Lungenfunktionseinschränkung.

Cortisonbedingte Verschlechterung des Diabetes mellitus.

2. Verlust der Zähne 11, 12, 14, 15, 16, 17,18, 22, 23, 24, 27, 36, 46.

Schädigungsfolge Nr.2 hervorgerufen, Nr.1 verschlimmert (nicht richtunggebend). Die MdE wurde mit 40 v.H. ab 01.01.1991 eingeschätzt.

Im Zusammenhang mit einem längeren Streit zwischen der AOK L. und dem Versorgungsamt Augsburg über die Frage, ob die seit 03.06.1993 bestehende Arbeitsunfähigkeit mit Schädigungsfolgen in ursächlichem Zusammenhang stehe und ob ein Dauerzustand erreicht sei, beschwerte sich der Kläger im Juli 1995 beim Amtsleiter des Versorgungsamts über diese Sachbehandlung. Er verlangte auch eine Stellungnahme zum Schreiben der Hauptfürsorgestelle vom 30.06.1994 bzgl. seiner beruflichen Betroffenheit. Ein entsprechendes Antwortschreiben findet sich in den Akten nicht. Die AOK Bayern, Direktion L. , teilte dem Kläger mit Schreiben vom 25.03.1996 mit, dass auch der eigene medizinische Dienst - wie der Beklagte - zum Ergebnis gekommen sei, dass bei der Arbeitsunfähigkeit ab 03.06.1993 die versorgungsfremden Erkrankungen deutlich überwogen hätten.

II.

Am 05.04.1996 stellte der Kläger den streitgegenständlichen Antrag auf Neufeststellung seiner erlebnisreaktiven Störungen als Schädigungsfolgen. Er habe bedauerlicherweise versäumt, gegen den Bescheid vom 21.07.1988 sowie den negativen Widerspruchs- bescheid, mit denen diese Störungen aberkannt wurden, Klage zu erheben. Es habe sich seit der Anerkennung durch das Versorgungsamt Frankfurt nichts geändert, außer dass noch mehr psychische Störungen dazu gekommen seien. Mit Schreiben vom 19.04.1996 stellte der Klägers zusätzlich Antrag auf Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit und Erhöhung der MdE von bisher 40 v.H., weil er wegen seines Asthmas und des Diabetes schädigungsbedingt seinen Beruf als Betonbauer nicht mehr ausüben könne.

Im Zusammenhang mit einer Ministerialeingabe veranlasste das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung die Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Prof.Dr. L. (Klinikum Rechts der Isar der TU München). Dieser führte in seinem Gutachten vom 15.02.1998 in der Anamnese eine Reihe belastender Hafterlebnisse auf: in S. Vergewaltigung von zwei in der Nachbarzelle untergebrachten Frauen durch Wärter; im Sicherheitsgefängnis in C. nächtliche Schikanen durch Licht, Lärm und Verhöre; im Gefängnis in B. (von 1975 bis 1978) Angst vor mitgefangenen Schwerverbrechern und einem Homosexuellen. Nach Angaben des Klägers müsse dieser oft in geradezu zwanghafter Weise an seine Gefängnisaufenthalte zurückdenken, vor allem an die Erlebnisse in Bulgarien und in B ... Er träume von Vergewaltigungen, bei denen er vergeblich einzugreifen versuche. Er werde allerdings sehr häufig auch von Erinnerungen an seine Kindheit geplagt. Der Gutachter kam aufgrund seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass beim Kläger auf psychiatrischem Gebiet eine Neurose mit zwischenmenschlichen Beziehungsproblemen, sozialen Anspassungstörungen, Panikattacken, klaustrophischen Symptomen, polyphagen Verhaltensweisen, depressiver Gestimmtheit und vegetativen Funktionsstörungen bestehe. Außerdem seien auch anfallsweise auftretende illusionäre Wahrnehmungsveränderungen vorhanden, die vermutlich neurotisch, unter Umständen auch hirnorganisch bedingt seien. Gleichzeitig liege auch eine posttraumatische Belastungsstörung, die durch die politische Haft verursacht worden sei, vor. Sie spiele aber gegenüber den obengenannten neurotischen Störungen nur eine untergeordnete Rolle ohne nennenswerte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit. Die anfangs genannte neurotische Störung sei schon vor der politischen Haft vorhanden gewesen. Die Haft habe aber mit Wahrscheinlichkeit zu einer Verschlimmerung der neurotischen Störung beigetragen. Der Verschlimmerungsanteil sei mit einer MdE um 10 v.H. zu bewerten. Dies gelte ab Erstantrag.

Prof.Dr.L. erwähnte in seiner Begutachtung auch ein zwischenzeitlich im Rahmen des Klageverfahrens S 12 Ar 273/96 vom Sozialgericht Augsburg eingeholtes neuropsychiatrisches Gutachten von Dr.F. vom 14.07.1997. Dieser hatte beim Kläger u.a. eine chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung sowie eine erhebliche Konversionsneurose mit Neigung zu phobischen Reaktionen und somatoformen Funktionsstörungen festgestellt und eine Rentengewährung auf Zeit befürwortet. Der Internist und Lungenfacharzt Dr. K. hielt den Kläger in seinem im selben Streitverfahren eingeholten Gutachten vom 06.04. 1997 trotz seiner körperlichen Funktionsausfälle für fähig, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Belastung des Atmungssytems auszuführen. Die LVA Schwaben bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 17.02. 1998 vom 01.02.1997 zunächst bis 31.12.1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit.

Mit Schreiben vom 22.04.1998 teilte der Kläger dem Beklagten mit, sein Lungenleiden habe sich seit November 1994 wesentlich verschlechtert; er sei am 02.04.1998 wegen akuter Luftnot ins Städtische Krankenhaus L. eingewiesen worden. Er habe 20 bis 40 mg Cortison einnehmen müssen, was zu einer Verschlechterung des Diabetes mellitus geführt habe. Außerdem sei von einem Augenfacharzt ein erhöhter behandlungsbedürftiger Augeninnendruck festgestellt worden. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.04.1998 verneinte die Internistin Dr.L. eine schädigungsbedingte weitere Verschlimmerung der anerkannten Atemwegs- und Zuckererkrankung. Beim Kläger habe sich bereits im 6. Lebensjahr eine spastische Atemwegserkrankung manifestiert, an der auch seine Mutter gelitten habe. Die beruflichen Tätigkeiten vor, während und nach der Haft seien ausgesprochen ungünstig für eine Person mit spastischer Atemwegserkrankung gewesen. Dies gelte insbesondere für die Tätigkeitszeiträume als Betonwerker, als Hersteller von Asbestanzügen und Gummiverarbeiter. Auch die Tätigkeit eines Kabelwerkers sei mit Kälte, Nässe und Zugluft ungünstig gewesen. Auch als Chemiearbeiter habe er eine sehr staubbelastete Tätigkeit ausgeübt, später habe er mit einem Kleber bzw. atemreizenden Dämpfen zu tun gehabt. Zusätzlich habe ein teilweise erheblicher Nikotinkonsum bestanden. Es sei auch eine ausgeprägte allergische Komponente dokumentiert: 1984 habe eine Testung Allergien auf Roggen, Gräser, Nessel, Schimmelpilze, Hausstaub ergeben.

Am 06.08.1998 erging nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch Dr.K. auf den Antrag des Klägers vom 05.04.1996 ein Bescheid nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), mit dem die Bescheide vom 27.06.1986 und vom 19.08.1988 einschließlich der Folgebescheide insoweit zurückgenommen wurden, als die neurotische Störung nicht als Schädigungsfolge nach § 4 HHG anerkannt und die erlebnisreaktiven Störungen nicht mehr als Schädigung im Sinne des § 4 HHG anerkannt worden waren. Als zusätzliche Schädigungsfolgen wurden ab 01.08.1984 anerkannt: 2.Neurotische Störung im Sinne der Verschlimmerung (nicht richtunggebend). 3. Posttraumatische Belastungsstörung im Sinne der Entstehung. Unter Berücksichtigung der übrigen mit Bescheid vom 15.05.1995 anerkannten Schädigungsfolgen blieb die Gesamt-MdE nach § 30 Abs.1 BVG unverändert ab 01.01.1991 bei 40 v.H.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28.08.1998 Widerspruch ein.

Zum Neufeststellungsantrag vom 19.04.1996/22.04.1998 (§ 48 SGB X) und zum Widerspruch des Klägers zog der Beklagte die Unterlagen der LVA Schwaben, insbesondere ein nervenärztliches Gutachten von Dr.K. vom 18.05.1995 bei, holte eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.B. auch zur Frage der besonderen Betroffenheit des Klägers ein, einen augenärztlichen Befund von Dr.R. vom 10.12.1998 sowie ein augenärztliches Gutachten von Dr.M. vom 19.05. 1999, der von einer überwiegend cortisonbedingten Entstehung eines Glaukoms sowie einer Linsentrübung (Katarakta corticalis incipiens) mit einer MdE von unter 10 v.H. ausging. Dieser Auffassung widersprach Dr.B. in einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme, da der Zeitraum der durch die anerkannten Schädigungsfolgen bedingten Cortisoneinnahme gegenüber dem Zeitraum für die nicht schädigungsbedingte Form des Asthmaleidens mit Cortisonpflichtigkeit von untergeordneter Bedeutung sei.

Daraufhin erging am 03.08.1999 nach § 48 SGB X ein Bescheid, mit dem der Antrag auf Neufeststellung des Versorgungsanspruchs abgelehnt wurde. Die Erhöhung des Augendrucks könne nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden. Die MdE betrage wie bisher 40 v.H. Eine Erhöhung der MdE wegen Verschlimmerung des Asthmaleidens oder des Diabetes sei ebenfalls nicht möglich, da diese Erkrankungen als Schädigungsfolgen im Sinne einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung anerkannt seien. Das bedeute, dass im Falle einer Zunahme dieser Gesundheitsstörungen ausschließlich von einem eigenständigen Verlauf der zugrunde liegenden Krankheitsbilder auszugehen sei. Auch der Antrag auf Höherbewertung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit und auf Berufsschadensausgleich wurde abgelehnt. Die Aufgabe der erlernten Tätigkeit als Betonbauer sei zwar letztlich aufgrund der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung erforderlich gewesen. Der als Schädigungsfolge anerkannte Verschlimmerungsanteil sei jedoch gegenüber der eigenständigen Entwicklung des Krankheitsbilds von untergeordneter Bedeutung. Auch die bei der Firma M. ausgeübte Tätigkeit als Chemiearbeiter habe wegen der schädigungsunabhängig entstandenen Atemwegserkrankung und deren Eigengesetzlichkeit und nicht wegen der Haft beendet werden müssen. Grund für die Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit, die laut Mitteilung der LVA bis Dezember 2001 verlängert worden sei, sei nach einer internistisch-pulmologischen sowie einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung vor allem die psychische Erkrankung des Klägers gewesen. Auch hier sei der Anteil der anerkannten Schädigungsfolgen von untergeordneter Bedeutung.

Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.08.1998 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.1999 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde auf die eingeholten Rentengutachten der Dres.K. und F. und das versorgungsärztliche Gutachten des Prof.Dr. L. Bezug genommen. Der Bescheid vom 03.08.1999 sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden und nicht zu beanstanden.

Hiergegen hat sich der Kläger mit Klage an das Sozialgericht Augsburg gewandt (Schriftsatz vom 03.09.1999; S 11 VH 1/99). Er hat anfangs beantragt, Versorgung nach einer höheren MdE als bisher wegen Leidensverschlimmerung zu gewähren, die Erhöhung des Augendrucks als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen und Berufsschadensausgleich zu gewähren.

Nach Beiziehung von Befundberichten von der praktischen Ärztin Dr.B. , dem Augenarzt R. und dem Psychotherapeuten W. hat das Sozialgericht ein internistisches Gutachten nach Aktenlage von Dr.R. vom 02.05.2000 eingeholt. Darin hat der Sachverständige die streitgegenständlichen Entscheidungen des Beklagten bestätigt. Das Cortisonglaukom sei erst 20 Jahre nach Haftentlassung manifest geworden. Es handle sich um eine Komplikation der Asthmabehandlung in der Spätphase im Rahmen des schicksalhaften Verlaufs. Die Tätigkeiten als Betonbauer und Chemiearbeiter seien für den Kläger wegen des genetisch bedingten Asthmaleidens ungeeignet gewesen. Die Erwerbsunfähigkeitsrente sei wegen einer schädigungsfremden neurotischen Störung zuerkannt worden.

Auf Antrag des Klägers (§ 109 SGG) hat das Sozialgericht anschließend ein Gutachten von Dr. H. vom 25.09.2000 eingeholt. Dieser hat aufgrund einer lungenfachärztlichen Untersuchung festgestellt, dass es nicht zu einer wesentlichen Verschlimmerung der anerkannten Asthmaerkrankung gekommen sei, da nunmehr mindestens in Ruhe eine nur ganz geringfügige Lungenfunktionseinschränkung zu messen sei. Es sei dennoch nicht zu einer wesentlichen Besserung gekommen, da sich jetzt eine bronchiale Hyperreagibilität mit sehr niedriger Histaminschwelle feststellen lasse. Die Gesamt-MdE mit 40 v.H. sei weiterhin gerechtfertigt. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Aufgabe der Berufe als Betonbauer und Chemiearbeiter mit einem Asthma und Diabetes behaftet gewesen. Mit diesen Erkrankungen seien beide Tätigkeiten nicht zumutbar gewesen. Rein medizinisch gesehen seien die Schädigungsfolgen durchaus wesentliche Gründe, den Beruf als Betonbauer oder die Tätigkeit eines Chemiearbeiters aufzugeben. Er sei der Ansicht, dass die Schädigungsfolgen annähernd gleichwertige Bedingung für die Berufsaufgabe gewesen seien.

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.11.2000 hat Dr.L. Dr.H. insoweit zugestimmt, als sich sowohl das Asthma als auch die Zuckererkrankung, allerdings unter hohem Cortison- bzw. Insulineinsatz gebessert hätten und eine Erhöhung der MdE mangels Verschlimmerung keinesfalls in Frage komme. Die bisherige Bewertung könne allerdings trotz Besserung grenzwertig beibehalten werden. Ihrer Ansicht nach sei jedoch die schädigungsunabhängige Hyperreagibilität des Bronchialsystems an sich und nicht der anerkannte schädigungsbedingte Anteil der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung dafür verantwortlich, dass die Tätigkeit eines Betonbauers bzw. Chemiearbeiters nicht ausgeübt werden dürfe. Auch ohne den schädigungsbedingten Verschlimmerungsanteil hätte sich dieselbe Situation ergeben.

In der mündlichen Verhandlung am 08.03.2001 hat der Kläger nur noch beantragt, das Glaukom als Schädigungsfolge anzuerkennen, höhere Beschädigtenversorgung wegen besonderer beruflicher Betroffenheit sowie Berufsschadensausgleich zu gewähren.

Das Sozialgericht hat daraufhin die Klage durch Urteil abgewiesen. Der angefochtene Bescheid nach § 44 SGB X vom 06.08.1998 sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung der Erhöhung des Augendruckes nach § 48 SGB X als weitere Schädigungsfolge wegen angeblicher cortisonbedingter Verschlechterung der Diabeteserkrankung. Ein entsprechender kausaler Zusammenhang sei nach den überzeugenden Ausführungen von Dr.R. nicht herzustellen. Das Gericht hat schließlich die Begründung für die Ablehnung einer besonderen beruflichen Betroffenheit des Klägers durch den Beklagten für richtig angesehen, da der Kläger in Anbetracht seines genetisch bedingten Asthmaleidens, das einem "Vorversicherungsleiden" entspreche, ungeeignete Berufe ergriffen habe, die er unter gesundheitlichen Aspekten nicht habe ausüben dürfen.

Gegen das Urteil vom 08.03.2001 hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Mit Schriftsatz vom 06.08.2002 hat er dieselben Anträge wie zuletzt im Klageverfahren gestellt. Zur Begründung seiner besonderen beruflichen Betroffenheit hat sich der Kläger auf das Gutachten von Dr. H. vom 25.09.2000 gestützt.

Im Erörterungstermin am 11.12.2001 hat der Kläger vorgetragen, er habe nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland schädigungsbedingt weder den Beruf des Betonbauers noch einen gleichwertigen Beruf ausüben können. Er sehe auch seine Berufsaufgabe im Juli 1993 als Chemiewerker als schädigungsbedingt an.

Der Senat hat ärztliche Unterlagen der LVA Schwaben beigezogen und ein augenfachärztliches Gutachten von Prof.Dr.K. vom 25.09.2002 mit ergänzender Stellungnahme vom 19.11.2002 eingeholt. Nach Auffassung von Prof.Dr.K. liegt beim Kläger keine glaukomatöse Schädigung des Sehnervens vor.

Der Senat hat schließlich noch von der Nervenärztin Dr.P. ein Gutachten vom 25.05.2004 eingeholt. Die gerichtliche Sachverständige hat den Kläger am 25.05.2004 untersucht und von ihm vorgelegte ärztliche Unterlagen (Attest des Arztes für Psychosomatische Medizin, Psychoanalyse, W. , ohne Datum, bei dem der Kläger seit 1993 in psychotherapeutischer Behandlung sei; Abschlussbericht der H.-Klinik W. über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 21.01. bis 01.04. 2003 insbesondere wegen depressiver Verstimmungen seit vier Monaten infolge von familiären Auseinandersetzungen) in die Beurteilung einbezogen. Sie hat folgende Diagnosen auf nervenärztlichem Fachgebiet gestellt: - Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung, - rezidivierende depressive Episoden und Essstörung, - narzisstische Persönlichkeitsstörung. Insgesamt seien die objektivierbaren psychopathologischen Auffälligkeiten mäßig gewesen. Beim Kläger liege eine narzisstische Persönlichkeitsstörung vor, das heißt, eine Beeinträchtigung in der Regulation des Selbstwertgefühls mit frühkindlichen Neurotizismen und dem massiven psychosomatischem Symptom einer Essstörung. Wegen der traumatisierenden Kindheitserfahrungen wären nach Auffassung der Sachverständigen die oben genannten Störungen auch ohne die politische Haft eingetreten, hätten aber nicht das jetzige Ausmaß erreicht. Es liege ferner eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung vor, deren typische Symptome "hochgradige Abhängigkeit sowie Anspruchshaltung gegenüber anderen, Überzeugung, durch die Krankheit verändert oder stigmatisiert zu sein, soziale Isolation, Passivität, ständige Klagen, krank zu sein, dysphorische oder labile Stimmung, deutliche Störung der sozialen und beruflichen Funktionsfähigkeit im Vergleich zum prämorbiden Niveau" beim Kläger ebenfalls vorlägen, auch wenn bei ihm eine soziale Isolation, Passivität oder ständige Klagen, krank zu sein, nur eingeschränkt vorhanden seien. Eine posttraumatische Belastungsstörung lasse sich beim Kläger nicht objektivieren, da die medizinisch wissenschaftlich vorgeschriebenen mindestens sechs Symptome aus drei verschiedenen Bereichen nicht festgestellt werden könnten. Auch hätten ihn beispielsweise Ängste erst acht Jahre nach der Haft gequält. Der Kläger gebe selber an, dass die Symptome zwischenzeitlich über Jahre "ruhten". Die Haft sei nicht zumindest annähernd gleichwertige Mitursache neben anderen vorbestehenden Persönlichkeitsstörungen für die vorliegende Persönlichkeitsänderung, da bereits vor der Verhaftung am 11.08.1972 frühkindliche Neurotizismen nachweisbar vorhanden gewesen seien. Da sich die Merkmale der narzisstischen Persönlichkeitsstörung nicht von den Folgen der Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung im einzelnen trennen ließen, sei letztere lediglich als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anzuerkennen. Die bisher vom Beklagten vorgenommene Anerkennung einer Neurose im Sinne der Verschlimmerung und einer posttraumatischen Belastungsstörung im Sinne der Entstehung halte sie nicht für sinnvoll. Die vor und nach der Haft bestehenden Persönlichkeitsbesonderheiten seien als ein Komplex zu betrachten, der sich durch die Haft verschlimmert habe. Die MdE für den Verschlimmerungsanteil schätze die Sachverständige, ähnlich wie Prof.Dr. L. , mit einem Grad von 10 bis 15 v.H. ein. Die gesamte psychische Störung sei nach dem Schwerbehindertenrecht mit einem GdB von 40 zutreffend festgestellt. Mitentscheidend für die Bewertung sei die Lebenssituation des Klägers seit 1996, der bis Anfang 2004 eine feste Beziehung zu einer Frau mit zwei Kindern gehabt habe. Vor allem wegen Meinungsverschiedenheiten über die richtige Erziehung der Kinder sei es im Frühjahr 2004 zur Trennung gekommen. Der Kläger wohne jetzt allein, habe jedoch gute Kontakte zu zwei Freunden, mache häufig Wanderungen, beschäftige sich mit Musik und Video und habe Freude an schönen Urlauben, die er in den letzten Jahren regelmäßig gemacht habe sowie auch aktuell den Möglichkeiten entsprechend wieder plane. In Anbetracht dessen sei die von Dr.F. in seinem Gutachten vom Juli 1997 für die LVA Schwaben gestellte Diagnose einer chronifizierten posttraumatischen Belastungsstörung mit erheblicher Konversionsneurose bei sozial vollkommener Isolierung unzutreffend. Die oben genannte im Sinne der Verschlimmerung anzuerkennende Schädigungsfolge sei keine wesentliche Ursache für die Aufgabe des Berufs des Chemiewerkers bei der Firma M. gewesen. Unter anderem sei auch die dem Kläger bezahlte Abfindung in Höhe von 20.000,00 DM ein Grund für die Aufgabe der Beschäftigung gewesen. Der psychosomatische Anteil des Asthmas sei ihres Erachtens bei genetischer Vorbelastung und multiplen- den Beruf des Chemiewerkers in keinem Fall zu erwarten gewesen seien. Auch sei die von der LVA Schwaben ab Februar 1997 angenommene Erwerbsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht entgegen dem Gutachten von Dr.F. nicht zumindest annähernd gleichwertig auf Schädigungsfolgen zurückzuführen. Die die Belastbarkeit des Klägers vermindernden psychischen Beeinträchtigungen seien wesentlich durch anderweitige psychosoziale Probleme verursacht und aufrecht erhalten worden und nicht durch die über Jahrzehnte relativ stabile haftbedingte Persönlichkeitsänderung.

Der Beklagte hat sich aufgrund einer Stellungnahme des Nervenarztes Dr.K. zusammen mit dem Internisten Dr.S. mit Schriftsatz vom 13.07.2004 bereit erklärt, die im Bescheid vom 06.08.1998 unter Ziffern 3) und 4) anerkannten Schädigungsfolgen folgendermaßen neu zu bezeichnen: "Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung." Eine höhere Gesamt-MdE als 40 v.H. nach § 30 Abs.1 BVG lasse sich bei einem Verschlimmerungsanteil von 10 bis 15 v.H. für die psychische Symptomatik nicht vertreten. Eine Erhöhung der MdE nach § 30 Abs.2 BVG komme aus denselben Gründen wie bisher nicht in Betracht, weil die aufgegebenen Berufe wegen der Veranlagung zu Asthma hätten gar nicht ergriffen werden dürfen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 08.03.2001 und Änderung der Bescheide vom 06.08.1998/03.08.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.08.1999 zu verurteilen, als weitere Schädigungsfolge eine Erhöhung des Augendruckes anzuerkennen sowie ihm ab April 1996 wegen besonderer beruflicher Betroffenheit eine höhere Beschädigtenversorgung zu bewilligen und Berufsschadensausgleich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 08.03.2001 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die beigezogenen erledigten Klageakten des Sozialgerichts Augsburg (S 12 Ar 273/96, S 11 V 137/93.HHG), die Akten des Beklagten (zwei Bände nach dem HHG, eine Schwerbehindertenakte), das Gutachtensheft der LVA Schwaben sowie die Sozialgerichtsakten des ersten und zweiten Rechtszugs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nach § 10 Abs.3 HHG i.V.m. §§ 143, 51 Abs.1 Nr.6 SGG statthaft. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und somit zulässig; es erweist sich jedoch als unbegründet.

I.

Zwischen den Beteiligten war noch streitig, ob der Antrag vom 22.04.1998 nach § 48 SGB X auf Anerkennung einer Augeninnen- druckerhöhung bzw. eines Glaukoms als weitere Schädigungsfolge zu Recht abgelehnt worden ist. Diese Ablehnung ist nicht zu beanstanden.

Der gerichtliche Sachverständige Prof.Dr.K. hat in seinem Gutachten vom 25.09.2002 und insbesondere auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19.11.2002 überzeugend dargelegt, dass beim Kläger weder eine Gesichtsfeldeinschränkung noch ein erhöhter Augeninnendruck im Sinne eines Glaukoms festzustellen war. Beide Sehnerven haben einen normalen Befund gezeigt. Zwar kann das Cortison vorübergehend zu einer Augeninnendruckerhöhung geführt haben. Nach lokaler Medikation lag der Druck jedoch im Normbereich (14 und 17 mm/Hg). Auch durch die Zuckererkrankung bedingte Schädigungen waren am Auge nicht erkennbar. Die vom Augenarzt Dr.R. angefertigten Gesichtsfelder vom 25.09.1998, 04.12.1998, 22.11.1999 und 13.01.2000 entsprachen nicht den Standardanforderungen für ein augenärztliches Gutachten; nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht Nr. 26.4 ist der manuelle Einsatz eines "Goldmann-Perimeters" erforderlich. Die außerdem widersprüchlichen Gesichtsfelder von Dr.R. sind daher - wie Prof.Dr.K. zutreffend feststellte - nicht verwertbar. Dr.M. führte zwar am 19.05.1999 ein "Goldmann-Gesichtsfeld" mit Marke III/4 durch und stellte eine glaukombedingte geringe Gesichtsfeldeinschränkung mit einem GdB von unter 10 fest. Diesem Ergebnis widersprach jedoch Prof.Dr.K. aufgrund seiner genaueren Untersuchung, die einen Normalbefund ergeben hatte.

Aufgrund des vom Senat eingeholten schlüssigen augenärztlichen Gutachtens von Prof.Dr.K. erübrigen sich weitere Überlegungen zum Kausalzusammenhang zwischen der geltend gemachten Glaukomerkrankung und dem schädigungsbedingten Anteil der Cortisonbehandlung des Asthmas sowie der schädigungsbedingt verschlimmerten Diabeteserkrankung. Nach dem oben genannten Gutachten ist davon auszugehen, dass beim Kläger keine Glaukomerkrankung besteht. Die Beteiligten haben auch keine Zweifel an der Beurteilung durch Prof.Dr.K. vorgetragen.

II.

Zwischen den Beteiligten war außerdem noch streitig, ob die beim Kläger gemäß § 30 Abs.1 BVG anerkannte MdE von 40 v.H. nach § 30 Abs.2 BVG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit zu erhöhen ist.

Der streitgegenständliche diesbezügliche Ablehnungsbescheid vom 03.08.1999 ist vom Sozialgericht zu Recht nicht beanstandet worden.

Dieser Bescheid wurde als Neufeststellungsbescheid bezeichnet, obwohl die Begründung zu § 30 Abs.2 BVG der eines Erstbescheides entspricht. Letzteres ist auch zutreffend, weil bisher über die Frage der Berufsaufgabe des Klägers als Betonbauer und als Chemiewerker (1984 und 1993) im Bescheid vom 27.06.1986 und im Widerspruchsbescheid vom 02.12.1993 noch keine Entscheidung getroffen worden ist. Mit Bescheid vom 27.06.1986 ist allerdings eine besondere berufliche Betroffenheit des Klägers hinsichtlich seiner Tätigkeit als Kabelwerker bindend abgelehnt worden.

Nach § 30 Abs.2 BVG liegt eine besondere berufliche Betroffenheit unter anderem dann vor, wenn der Beschädigte durch die Art seiner Schädigungsfolgen weder seinen bisher ausgeübten, begonnenen oder nachweisbar angestrebten noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben kann.

Ein sozial nicht mehr gleichwertiger Beruf und damit ein "sozialer Abstieg" wird von der Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.1969, BSGE 29,139 und 09.05.1979 - 9 RV 71/78) im allgemeinen dann angenommen, wenn eine erhebliche finanzielle Einkommenseinbuße in Kauf genommen werden muss. Ein erheblicher Minderverdienst setzt in der Regel ein 20 %-iges Defizit voraus (Wilke, BVG, 7. Auflage, Rdnr.30 zu § 30 BVG).

Ausgehend vom Rentenbescheid vom 09.02.1998 verdiente der Kläger im Jahr 1985 durchschnittlich ca. 2.630,00 DM monatlich. In Anbetracht seiner zehnjährigen Oberschulbildung und seines Facharbeiterzeugnisses nach zweijähriger Ausbildung zum Betonbauer, ausgestellt von der VEB-Tiefbau-Union K. , wäre der Kläger grundsätzlich nach § 3 Abs.1 Nr.1 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) als Arbeiter der Hoch- und Tiefbau-Industrie nach Leistungsgruppe 1 (Facharbeiter) einzustufen, auch wenn normalerweise für eine solche Einstufung eine dreijährige Berufsausbildung gefordert wird, nicht jedoch ein der mittleren Reife vergleichbarer Schulabschluss. Das Vergleichseinkommen nach dieser Einstufung hätte ab Juli 1984 3.180,00 DM und ab Juli 1985 3.226,00 DM betragen. Von Juli bis Dezember 1987 betrug der tatsächliche durchschnittliche Monatsverdienst 3.545,00 DM. Der zuletzt von der Firma M. angegebene Verdienst bis Juni 1993 in Höhe von 2.852,00 DM bleibt dagegen weit hinter dem Vergleichseinkommen (ab Juli 1992) in Höhe von 4.224,00 DM zurück. Danach läge jedenfalls für die Zeit der Beschäftigung bei der Firma M. ein wenigstens 20 %-iger Mindestverdienst vor. Ein Anspruch auf MdE-Erhöhung wegen besonderer beruflicher Betroffenheit kann daraus allerdings nur abgeleitet werden, wenn dieser Mindestverdienst zumindest annähernd gleichwertig wegen der anerkannten Schädigungsfolgen eingetreten ist. Dies ist unter Berücksichtigung der Gründe für die Aufnahme und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma M. und für den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit nicht der Fall.

1. Die Aufgabe der Kabelwerkertätigkeit und die Aufnahme der Tätigkeit als Chemiewerker Ende Mai 1987 können nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als annähernd gleichwertig schädigungsbedingt angesehen werden.

Zwar hat der Kläger geltend gemacht, sein Asthma habe sich an seinem bisherigen Arbeitsplatz in O. verschlechtert und er habe sich auf medizinischen Rat seiner Lungenärztin entschlossen, in ein günstigeres Klima an den Bodensee zu ziehen. Nach Auffassung des Senats waren aber hauptsächlich schädigungsunabhängige psychiatrische Probleme des Klägers für diese Entscheidung maßgeblich. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief des psychiatrischen Krankenhauses P. Hospital vom 03.04.1987, wo sich der Kläger vom 16.02. bis 13.03.1987 in stationärer Behandlung befand und als Diagnose "maniformes Zustandsbild", Herzneurose mit Angst- und Beklemmungsgefühlen angegeben wurden, die sich Ende vergangenen Jahres intensiviert hätten. Der Kläger habe unter "Anfällen" mit Druckgefühl im Kopf gelitten, wobei sich Gegenstände um ihn herum verkleinert hätten mit einem komischen Gefühl in der Herzgegend. Auch die versorgungsärztlichen Gutachten von Dr.R. und Prof.Dr.B. vom Februar 1988 sahen schädigungsunabhängige psychische Probleme im Vordergrund; gleichzeitig wurde das Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion nur mit einer MdE um 10 v.H. eingeschätzt. Hinzu kommt, dass der Kläger dann ab Juli 1987 im Allgäu bei der Firma M. eine im Hinblick auf seine Lungenerkrankung kontraindizierte Arbeit als Chemiewerker aufnahm, dort nach seinen Angaben nur sechs Monate als Maschinenführer, ab Februar 1988 als Lagerist bzw. nach den Angaben der LVA Schwaben als Werker Nr.1 in der Extrusionsanlage gearbeitet hat. Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass der Kläger (zumindest annähernd gleichwertig) bedingt durch seine Lungenerkrankung, die damals nicht sehr ausgeprägt war, den beruflichen Wechsel vollzogen hat.

2. Der Kläger hat auch sein Arbeitsverhältnis bei Firma M. nicht schädigungsbedingt zum 30.06.1993 gelöst. Er hat einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen und eine Abfindung von 20.000,00 DM erhalten. Laut betriebsärztlichem Attest von Dr. S. vom 21.06.1993 wurde ihm geraten, seine Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen zu beenden, weil sich insbesondere sein Bronchialasthma und die psychische Dysregulation im letzten Jahr erheblich verstärkt hätten und er außerdem seit zwei Jahren an einem Diabetes mellitus und einem Lendenwirbelsäulensyndrom mit rezidivierenden Lumbalgien und Ischialgien leide.

Entsprechend diesem Attest waren die Gesundheitsstörungen des Klägers in ihrer Gesamtheit für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgeblich. Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr.L. vom 10.02.1995 und entgegen dem Bescheid des Beklagten nach dem SchwbG vom 30.06.1993 lagen damals (1993) zur Überzeugung des Senats beim Kläger ein Gesamt-GdB von 100 und das Merkzeichen "G" vor und zwar wegen folgender Gesundheitsstörungen: Psychische Störung - GdB 40 - Asthma bronchiale - GdB 60 - Diabetes mellitus - GdB 40 - Wirbelsäulenerkrankung - GdB 20 -

Der schädigungsbedingte Anteil dieser Gesundheitsstörungen betrug deutlich weniger als die Hälfte und war deshalb nicht annähernd gleichwertig und damit nicht wesentlich an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beteiligt. Dies ergibt sich bereits, wenn man den MdE-Grad der Schädigungsfolgen von 40 v.H. zu dem GdB von 100 ins Verhältnis setzt und dabei zusätzlich berücksichtigt, dass es einen GdB von mehr als 100 nicht gibt. Auch bei einer Synopse der einzelnen Gesundheitsstörungen kommt man zum gleichen Ergebnis. Die WS-Erkrankung ist nicht schädigungsbedingt, der schädigungsbedingte Anteil des Diabetes beträgt ein Viertel, derjenige des Asthmas die Hälfte und die psychische Störung ist zu einem Viertel bis ca. einem Drittel schädigungsbedingt.

Hinzu kommt, dass es nach Auffassung des Senats die psychische Erkrankung des Klägers war, die vorrangig zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Fa. M. zum 30.06.1993 führte. Die psychischen Probleme des Klägers prägten das Krankheitsbild in der ersten Hälfte des Jahres 1993. Der Kläger war in diesem Halbjahr zweimal in stationärer Behandlung, jedes Mal wegen psychiatrischer Diagnosen: vom 24.02. bis 10.03.1993 im Bezirkskrankenhaus K. wegen Herzneurose und psychogener Essstörung nach einer Geburtagsfeier seiner Mutter im C. und vom 10.03. bis 25.05.1993 in der Psychosomatischen Klinik Bad N. wegen derselben gesundheitlichen Problematik. In den Berichten der beiden Kliniken wurde der Kläger als leicht reizbar geschildert mit geringer Frustrationstoleranz; er habe buntschillernde Kleidung getragen, den Kopf kahl geschoren und sei mit sämtlichen Funktionsträgern der Klinik in Konflikt geraten.

Wie oben bereits dargelegt betrug der schädigungsbedingte (Verschlimmerungs-) Anteil an dem von Dr.P. bestätigten GdB von 40 (SchwbG) für die psychische Störung nach der Einschätzung dieser Sachverständigen (MdE 10 bis 15 v.H.) ein Viertel bis etwa ein Drittel, nach derjenigen des Sachverständigen Prof.Dr.L. (MdE 10 v.H.) ein Viertel. An der vorrangig infolge psychischer Gesundheitsstörungen erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Fa. M. war der schädigungsbedingte Anteil dieser Gesundheitsstörungen somit zu deutlich weniger als der Hälfte beteiligt. Eine wesentliche Mitverursachung hat daher auch insoweit nicht vorgelegen.

Dr.H. hat zwar in seinem Gutachten vom 25.09.2000 eine annähernd gleichwertige schädigungsbedingte Berufsaufgabe wegen Asthmas und Diabetes bejaht. Der Senat vermochte sich dem aber nicht anzuschließen. Denn Dr.H. hat seine Auffassung nicht näher begründet und insbesondere keine Abwägung der haftbedingten Verschlimmerungsanteile im Verhältnis zu den schädigungsunabhängigen, das Arbeitsverhältnis beeinflussenden Gesundheitsstörungen vorgenommen. Mit den Sachverständigen Dr.P. und Dr.R. ist der Senat vielmehr der Überzeugung, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Fa. M. nicht wesentlich aus schädigungsbedingten Gründen erfolgt ist. Diese Auffassung wird auch gestützt durch die negativen Entscheidungen des Beklagten und der AOK Bayern/L. zur Frage der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 03.06.1993.

3. Schließlich trat auch die ab Juli 1996 (von der LVA Schwaben) festgestellte Erwerbsunfähigkeit des Klägers nicht im Wesentlichen schädigungsbedingt ein. Die LVA nahm aufgrund des Gerichtsgutachtens des Nervenarztes Dr.F. vom 14.07.1997 im Klageverfahren S 12 Ar 273/96 zum oben genannten Zeitpunkt zwar Erwerbsunfähigkeit an, weil der Kläger insbesondere auch unter einer haftbedingten posttraumatischen Belastungsstörung leide. Diese im Gutachten von Dr.F. wenig eingehend begründete Auffassung wurde aber von Dr.P. in ihrem ausführlichen Gutachten überzeugend widerlegt. Es fehlen die nach DSM IV (Krankheitsklassifikationssystem mit diagnostischen Kriterien der Amerikanischen Psy- chiatrischen Vereinigung, 4. Auflage, 1994, auf das auch der Ärztliche Sachverständigenbeirat, Sektion Versorgungsmedizin, im Beschluss vom 12./13.11.1997 abgestellt hat) geforderten Symptome für die oben genannte Störung; insbesondere war der Kläger entgegen seinen Angaben bei der Untersuchung durch Dr.F. auch nach seiner Scheidung 1991 niemals längere Zeit sozial isoliert bzw. zurückgezogen. Selbst wenn somit an der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie auch einer Konversionsneurose gezweifelt werden muss, steht doch fest, dass die Annahme der Erwerbsunfähigkeit des Klägers vorrangig mit seinen - überwiegend schädigungsunabhängigen - psychischen Problemen begründet wurde. Ein zu einem wesentlichen Anteil schädigungsbedingter Eintritt der Erwerbsunfähigkeit kann somit nicht festgestellt werden.

III.

Es besteht auch kein Anspruch auf Berufsschadensausgleich, weil dieser nach § 30 Abs.3 BVG eine Minderung des Einkommens aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die anerkannten Schädigungsfolgen veraussetzt. Ein solcher schädigungsbedingter Minderverdienst konnte aus oben ausgeführten Gründen beim Kläger nicht nachgewiesen werden.

Aus diesen Gründen hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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