L 6 U 27/04

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 8 (4) U 98/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 27/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für die Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung einer nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) während der Tätigkeit versicherten Person ist die Unfallkasse des Bundeslandes örtlich zuständig, in dem die Vollstreckungsbehörde ihren Sitz hat, die die Tätigkeit verfügt hat. Die Zuständigkeit richtet sich nicht nach der Stelle bzw. dem Betrieb, bei der die Arbeit geleistet wird.
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 4. Dezember 2003 wird – bis auf die Entscheidung über den Streitwert – aufgehoben und festgestellt, dass die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger für den Arbeitsunfall des Beigeladenen vom 10. Februar 1999 ist.
Die Beklagte hat die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die beteiligten Unfallkassen streiten darüber, welche von ihnen für die Entschädigung des Arbeitsunfalls des Beigeladenen zuständig ist.

Der Beigeladene war zu einer Geldstrafe bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft P. (Land B. ) war für die Vollstreckung der Strafe zuständig. Sie gab dem Beigeladenen, der die Geldstrafe nicht aufbringen konnte, die Gelegenheit, die Strafe durch Ableistung einer gemeinnützigen Tätigkeit bei der Gemeinde D. (S. ) zu tilgen. Der Beigeladene machte hiervon Gebrauch und meldete sich zur Arbeit bei der Gemeinde D ... Am 10. Februar 1999 half er bei der Entfernung von Strauchwerk und wildwachsenden Eschen. Bei dieser Tätigkeit geriet er mit dem rechten Bein in eine laufende Kettensäge (Unfallanzeige der Gemeinde vom 11. Februar 1999) und erlitt eine schwere Weichteilverletzung am rechten Unterschenkel mit Durchtrennung des Wadenbeins, der Muskeln und Nerven (Durchgangs-Arzt-Bericht vom 11. Februar 1999 und Krankenhausentlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. vom 4. März 1999).

Zwischen den beteiligten Unfallkassen kam es zum Streit über die Zuständigkeit für die Abwicklung und Entschädigung des Unfalls. Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Beklagte sei zuständig, weil die b. Staatsanwaltschaft, die die gemeinnützige Arbeit des Beigeladenen angeordnet habe, vollziehende Behörde und damit das Unternehmen im Sinne der Vorschriften sei. Demgegenüber meinte die Beklagte, die Klägerin sei zuständig, weil die Gemeinde D. als Beschäftigungsgeber in deren Zuständigkeitsbereich liege.

Die Klägerin übernahm als die zuerst in Anspruch genommene Versicherung die beim Beigeladenen erforderlichen Leistungen und meldete mit Schreiben vom 14. Mai 1999 und 01. September 2000 bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch über bis dahin aufgelaufenen Kosten in Höhe von 60.033,38 DM an. Mit Bescheiden vom 31. August 2000 und 14. Januar 2002 gewährte die Klägerin dem Beigeladenen ab 5. Januar 2000 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 von Hundert. Sie teilte ihm außerdem mit, es liege ihrer Ansicht nach ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall vor, jedoch sei nicht sie, sondern die Beklagte zuständig. Solange die Zuständigkeit nicht geklärt sei, gewähre sie die Rente als vorläufige Leistung. Mit der am 26. Juli 2002 beim Sozialgericht Dessau erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Beklagte für den Versicherungsfall des Beigeladenen zuständig und verpflichtet ist, ihr die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten zu erstatten. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. Dezember 2003 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwischen dem Beigeladenen und der Gemeinde D. habe kein Arbeitsverhältnis und kein Beschäftigungsverhältnis bestanden, denn er habe eine "freie Arbeit" im Sinne des Art. 293 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) ausgeübt. Bei seiner Tätigkeit sei er gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) - Gesetzliche Unfallversicherung – versichert gewesen. Mangels spezieller Regelung sei gemäß §§ 128 Abs. 1 Nr. 8, 130 Abs. 1 Satz 1, 133 Abs. 1 und 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII der Unfallversicherungsträger zuständig, der örtlich für die Gemeinde D. zuständig sei. Die Gemeinde sei das Bezugsunternehmen im Sinne der Vorschriften, weil das Ergebnis des Unternehmens, die freie Arbeit des Beigeladenen, ihr unmittelbar zum Vorteil gereicht habe, indem sie sich dadurch Arbeitskräfte erspart habe. Auf das Interesse des Beigeladenen und der Staatsanwaltschaft komme es nicht an. Da die Gemeinde in S. liege, sei die Klägerin zuständig.

Gegen das ihr am 5. Februar 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Februar 2004 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, § 128 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII sei eine spezielle Regelung im Sinne des § 133 Abs. 1 2. Alternative SGB VII, welche die Zuständigkeit der Unfallversicherung des Landes für gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII Tätige vorschreibe. Sie schließe die allgemeine, sich nach dem Unternehmen richtende Bestimmung aus. In den Fällen der "freien Arbeit" sei die Unfallkasse des Bundeslandes zuständig, dessen Strafvollzugsbehörde das Tätigwerden anordne, denn die Staatsanwaltschaft nehme gleichzeitig die Aufgabe der Vollzugseinrichtung war. Es komme nicht darauf an, wem der Arbeitseinsatz letztlich nutze. Die Gemeinde D. könne nicht Vollzugsbehörde sein, weil sie – im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft P. – gegenüber dem verurteilten Beigeladenen ebenso wenig mit Hoheitsrechten gegenüber dem Beigeladenen ausgestattet gewesen sei, wie jeder andere private Beschäftigungsgeber. Sie kontrolliere und koordiniere lediglich die Arbeitsaufnahme und informiere die Staatsanwaltschaft hierüber; disziplinarische Maßnahmen könne sie nicht veranlassen. Ihre Stellung sei nicht mit der einer Vollzugseinrichtung zu vergleichen.

Die Klägerin beantragt ihrem Vorbringen nach,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 4. Dezember 2003 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger für den Arbeitsunfall des Beigeladenen vom 10. Februar 1999 ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, es komme hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht darauf an, dass die Staatsanwaltschaft P. Vollstreckungsbehörde sei, sondern vielmehr darauf, dass der Vollzug bei der auf seinen Antrag dem Beigeladenen zugewiesenen Beschäftigungsstelle, der Gemeinde D. , erfolgt sei. Diese sei somit vollziehende Einrichtung, für die die Klägerin örtlich zuständig sei.

Der mit Beschluss vom 12. Juli 2004 Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beteiligten haben übereinstimmend die Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gegeben.

Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die bei der Beratung und Entscheidungsfindung vorlagen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung entschieden, weil die Beteiligten übereinstimmend ihre Zustimmung zu dieser Verfahrensweise gegeben haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft. Zwar führen die beteiligten Unfallkassen nach ihrem übereinstimmenden Vortrag keinen Erstattungsstreit, sondern es soll festgestellt werden, welcher Träger in der Vergangenheit und Zukunft für den Versicherungsfall zuständig ist. Hinter dem Begehren steht aber ein Gegenstand, nämlich die an den Beigeladenen ausgeschütteten Leistungen und die Kosten des Verwaltungsverfahren (Gutachten etc.), der sich beziffern lässt und der ausweislich des Schreibens der Klägerin vom 1. September 2000 schon damals deutlich den Grenzwert der Berufungsbeschwer bei Erstattungsstreitigkeiten von 5000,00 EUR mit 60.033,38 DM (30.694,58 EUR) überschritt. Der auf das Feststellungsbegehren reduzierte Antrag, der gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG zulässig mit der Klage verfolgt werden kann, ist auch sachgerecht, weil es den Beteiligten nicht in erster Linie um die Erstattung der bezifferbaren vorläufig aufgewandten Kosten geht, sondern darum, wer auch zukünftig für die Leistungen an den Beigeladenen (z. B. die Verletztenrente auf unbestimmte Zeit) zuständig ist.

Die Berufung ist begründet, denn die Beklagte ist der für den Versicherungsfall des Beigeladenen vom 10. Februar 1999 zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.

Zwischen den Beteiligten ist weder streitig, dass der Beigeladene kraft Gesetzes gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war, als er am 10. Februar 1999 den Arbeitsunfall erlitt, noch, dass gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII ein Unfallversicherungsträger im Landesbereich, eine Unfallkasse (§ 116 SGB VII), sachlich für die Versicherung dieser Personen zuständig ist. Daher erübrigen sich Ausführungen des Senats hierzu.

Zwar ergibt sich die örtliche Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherungen aus den §§ 130 ff. SGB VII, wonach diese sich grundsätzlich nach dem Sitz des Unternehmens richtet. Hilfsweise ist die Unfallversicherung zuständig, die für das Unternehmen zuständig ist, in dem die versicherten Personen tätig sind (§ 133 Abs. 1 1. Alternative SGB VII). Jedoch zielt diese Regelung erkennbar auf den Regelfall der echten Unfallversicherung für Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ab und kann daher bei denjenigen, die den in § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII genannten Personen eine Beschäftigung geben (Beschäftigungsgeber), nur im Lichte des der Versicherung zugrundeliegenden Tatbestandes angewendet werden. Im Gegensatz zu den "Wie-Beschäftigten" gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dominiert bei den im Rahmen des § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII Tätigen im Hinblick auf die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht das "Beschäftigungsverhältnis", also die Beziehung zwischen dem "Arbeitnehmer" und dem "Arbeitgeber", sondern das besondere Gewaltverhältnis, dass zwischen dem Verurteilten und der Vollstreckungsbehörde besteht. Unterstützt wird dies durch die unmissverständliche Regelung des Art. 293 Abs. 2 Satz 1 EGStGB, wonach durch die Arbeitsleistungen, die zur Abwendung einer Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe erbracht werden, kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung begründet wird. Darum ist die Auffangregelung des § 133 Abs. 1 2. Alternative SGB VII, wonach hilfsweise jene Unfallversicherung zuständig ist, die für ein Unternehmen zuständig ist, zu dem der Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung steht, entsprechend anzuwenden (vgl. Freischmidt in Hauck, SGB VII K § 185 Rn 6). Es kommt daher nicht darauf an, bei welchem Beschäftigungsgeber der Verurteilte tätig wird, sondern aufgrund welches besonderen Gewaltverhältnisses er gearbeitet hat. Jede andere am Wortlaut des Gesetzes orientierte Auslegung würde mit der sachlichen Zuständigkeit kollidieren, denn dies würde bedeuten, dass die Personen im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII ebenso wie die "Wie-Beschäftigten" des Abs. 2 Satz 1 gemäß § 121 Abs. 1 SGB VII bei den gewerblichen Fachberufsgenossenschaften versichert wären, wenn der Beschäftigungsgeber ein in diesen Berufsgenossenschaften versichertes Unternehmen. Dies aber wäre mit der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 128 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII nicht zu vereinbaren. Verrichtet deshalb zum Beispiel eine Person zur Tilgung einer Ersatzfreiheitsstrafe eine gemeinnützige Tätigkeit in einem Pflegeheim, dann ist sie nicht in der eigentlich für dies Unternehmen zuständigen Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege versichert, sondern es dominiert die gesetzliche Zuweisung an die Unfallkasse des Landes (vgl. Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung, § 2 SGB VII Rn. 727: Vollzugsanstalt ist Unternehmer, wenn Gefangene zur Arbeit z. B. in der Landwirtschaft eingesetzt werden, keine Zuständigkeit der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft). Da unfallversicherungsrechtlich nicht die Beziehung zu dem Beschäftigungsgeber dominiert, sondern das besondere Gewaltverhältnis, ist auch die Unfallkasse zuständig, die örtlich für den Träger der Vollstreckungsgewalt zuständig ist. Dies ist zunächst gemäß §§ 4 und 7 Abs. 1 der Strafvollstreckungsordnung (StrVollstrO, Bundeseinheitliche Verwaltungsvorschrift der Länder vom 1. April 2001, BAnz. Nr. 87, S. 9157), soweit nichts anderes bestimmt ist, die Staatsanwaltschaft, die für das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig ist. Dies ist im unfallversicherungsrechtlichen Sinne aber auch die nach der StrVollstrO um Vollstreckungshilfe ersuchte andere Staatsanwaltschaft oder die Vollzugseinrichtung, die die Vollstreckung der Strafe oder Anordnung durchführt (z. B. Justizvollzugsanstalt). Vollzugseinrichtung in diesem Sinne kann im Lichte des besonderen Gewaltverhältnisses des Verurteilten aber nur die Stelle sein, die mit der entsprechenden Vollstreckungsgewalt ausgestattet ist. Aus den im Rahmen der Vollstreckungsgewalt erlassenen Anordnungen und der damit verbundenen Verantwortung leitet sich der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII ab, soweit diese Anordnungen ein Tätigwerden im Sinne dieser Vorschrift beinhalten. Die Gemeinde D. repräsentierte die Vollstreckungsgewalt ebenso wenig wie das eben beispielhaft zum Vergleich angeführte Pflegeheim oder jede andere privat-gemeinnützige Einrichtung.

Auch die Komplementärregelungen über Beitragspflichten und die Tragung der Kosten etwaiger Versicherungsfälle bei gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII tätigen Personen stützen nach Ansicht des Senats die dargestellte Zuständigkeit. Für gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII Versicherte sind keine Beiträge zu entrichten (§ 185 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Gemäß § 185 Abs. 2 Satz 2 SGB VII werden die Kosten, die wegen Versicherungsfällen dieser Versicherten anfallen, entgegen den allgemeinen Vorschriften nicht auf die Mitgliedsunternehmen der Unfallkassen, sondern auf das Land umgelegt. Das bedeutet, dass das Bundesland, dessen Vollstreckungsbehörde eine Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII anordnet bzw. dem Verurteilten gewährt, im Ergebnis die Kosten eines etwaigen Arbeitsunfalls zu tragen hat.

Der Senat teilt insoweit nicht die von der Beklagten zitierte Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 30. Januar 1975 (2 RU 200/72, BSGE 39, 104) zur Herleitung der Zuständigkeit. Das BSG hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Angabe der im Revisionsverfahren beigeladenen Länderausführungsbehörde gestützt, es bestehe ein Konsens der Länderausführungsbehörden für die Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland, dass für Unfälle von nach § 540 Reichsversicherungsordnung (RVO – jetzt: § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII) Versicherten regelmäßig die Zuständigkeit des Landes gegeben sei, in dem der Strafvollzug stattfinde und dass nicht entscheidend sei, welches Gericht die Strafe verhängt habe. Nach Auffassung des Senats eröffnen die Vorschriften des SGB VII keine Möglichkeit, eine (örtliche) Zuständigkeit wie etwa in § 134 Satz 1 2. Halbsatz SGB VII zu vereinbaren. Eine Zuständigkeitsregelung nach dem Territorialprinzip, wie sie beispielsweise für nach § 2 Abs. 1 Nr 13 a und c SGB VII versicherte Nothelfer und Verfolger ausdrücklich in § 130 Abs. 4 Satz 1 SGB VII getroffen wurde, existiert für die nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII Versicherten nicht.

Die örtliche Zuständigkeit der Unfallkasse knüpft im Fall des Arbeitsunfalls des Beigeladenen daher an der Anordnung der Staatsanwaltschaft P. an. Da diese die Vollstreckungsgewalt hinsichtlich der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe des Beigeladenen nicht an eine andere Vollzugseinrichtung abgegeben hat, sondern unmittelbar selbst die Anordnungen hinsichtlich der freien Arbeit an Stelle der Ersatzfreiheitsstrafe bei dem Beschäftigungsgeber, der Gemeinde D. , erlassen hat, ist das zu ihr bestehende Verhältnis, dass auch die Versicherung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII vermittelt, ausschlaggebend. Zuständige Unfallkasse im Bereich der Staatsanwaltschaft P. ist die Beklagte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 SGG in der ab 2. Januar 2002 geltenden Fassung in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Weder die Klägerin noch die Beklagte gehören zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen. Da die Klägerin obsiegt, hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits zugelassen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Der Senat meint, im Ergebnis nicht von der genannten Rechtsprechung des BSG abzuweichen (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Denn in dem dort entschiedenen Fall unterlag die gemäß § 540 RVO (Vorgängervorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII) tätige Person der tatsächlichen Gewalt der Fürsorgeeinrichtung, weil sie gemäß der Hausordnung zur Ableistung der Arbeit, bei der der Unfall geschah, verpflichtet war. Nach der hier vertretenen Ansicht war sie dadurch der abgeleiteten Vollstreckungsgewalt ausgesetzt. Zu der Frage, ob ein Beschäftigungsgeber für eine freie Arbeit eines Verurteilten eine Vollzugseinrichtung im Sinne der im zitierten Urteil vertretenen Auffassung ist, hat sich das BSG noch nicht geäußert.

Gemäß § 72 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in der seit 1. Juli 2004 geltenden Fassung und §§ 14 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG in der vorherigen Fassung beträgt der Auffangstreitwert 4.000,00 EUR. Die Streitwertfestsetzung ist von den Beteiligten nicht angefochten worden. Unabhängig davon ist auch von dem Auffangstreitwert gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG alte Fassung auszugehen, weil die Beteiligten sich nicht über die Höhe der zu erstattenden Leistungen streiten, sondern allein über die dem Erstattungsanspruch vorgelagerte Frage der Zuständigkeit. In diesem Fall ist es angemessen, den Streitwert, wie geschehen, nicht nach den tatsächlichen Leistungen an den Beigeladenen zu bemessen.
Rechtskraft
Aus
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